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PRESS REVIEW Daniel Barenboim Stiftung Barenboim-Said Akademie & Pierre Boulez Saal Monday, December 14, 2020
PRESS REVIEW Monday, December 14, 2020 Berliner Morgenpost, PBS, BSA, DIVAN, DB „In der Musik vereint“. Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra in der Waldbühne Welt am Sonntag, DB „Ich rede mit Beethoven”. Interview mit Daniel Barenboim Frankfurter Allgemeine Zeitung Bundesweiter Lockdown von Mittwoch an Berliner Morgenpost Chefdirigent Doyle verlängert am Rias Kammerchor Frankfurter Allgemeine Zeitung Musikdirektor in Wien Frankfurter Allgemeine Zeitung Ein paar Takte und Blue Notes zu Beethoven, getauft am 17. Dezember vor 250 Jahren Frankfurter Allgemeine Zeitung Das war es wert: Theaterstatistik fürs Geschichtsbuch Der Tagesspiegel Veranstalter Dieter Semmelmann über Absagen, Hilfsprogramme und Shows unter Pandemie- Bedingungen Die Welt Wie die Mailänder Scala ihre Saisoneröffnung als Online-Event inszenierte: Protokoll einer Blamage Frankfurter Allgemeine Zeitung Zwei neue Einspielungen von Georg Friedrich Händels „Messias“ von der Gaechinger Cantorey aus Stuttgart und dem Rias Kammerchor Berlin
14.12.2020 Berliner Morgenpost VERMISCHTES SEITE 6 | SONNTAG 13. DEZEMBER 2020 In der Musik vereint Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra in der Waldbühne Michael Barenboim (Violine); Kian Soltani (Violoncello); West-Eastern Divan Orchestra mit Daniel Barenboim. (v. l. n. r.). Fotos: Monika Rittershaus/Marcus Hoehn CLEAR/Mateo Juventino 1 Erleben Sie Daniel Barenboim und die jungen Musikerinnen und Musiker des West-Eastern Divan Orchestra beim Open-Air-Konzert in der sommerlichen Naturkulisse der Waldbühne Berlin! Nach dem großen Jubiläumsjahr 2019 zu seinem 20-jährigen Bestehen holt das Orchester am Samstag, dem 14. August 2021 den in diesem Sommer aufgrund der Corona-Pandemie verschobenen Auftritt in Berlin nach: Unter der Leitung von Maestro Barenboim stehen Brahms’ Doppelkonzert für Violine und Cello mit den Solisten Michael Barenboim und Kian Soltani sowie weitere populäre Werke auf dem Programm. Seien Sie mit der ganzen Familie bei diesem außergewöhnlichen Event dabei und schenken Sie sich und Ihren Liebsten Musik unter freiem Himmel in einzigartiger Atmosphäre! https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/783/articles/1263762/6/5 1/2
14.12.2020 Berliner Morgenpost Alles begann mit einem Workshop, zu dem Daniel Barenboim und Edward W. Said im Jahr 1999 junge Musikerinnen und Musiker aus Israel, Palästina und anderen Ländern des Nahen Ostens und Nordafrikas in die damalige europäische Kulturhauptstadt Weimar einluden. Das Ziel: durch die Erfahrung gemeinsamen Musizierens und des Zusammenlebens auf Augenhöhe einen Dialog zwischen Menschen zu ermöglichen, die sich sonst nur im Klima feindseliger Auseinandersetzungen begegnen konnten. Beim Namen des Projekts stand Johann Wolfgang von Goethe mit seiner Gedichtsammlung West-östlicher Divan Pate, einer poetischen Brücke zwischen Kulturen des Ostens und Westens. Die Resonanz machte deutlich, dass der musikalische und zwischenmenschliche Austausch über den Workshop hinaus fortgesetzt werden musste: „Keiner von uns hatte damit gerechnet, doch sofort war klar, dass wir ein Orchester vor uns hatten“, erinnert sich Daniel Barenboim an die Geburtsstunde des West-Eastern Divan Orchestra. „Niemals aber hätten wir uns damals im Traum vorstellen können, dass dieses Orchester über 20 Jahre später als musikalischer Botschafter der Verständigung durch die ganze Welt reisen würde. „Die ersten Arbeitsphasen und Konzerte fanden in Weimar und Chicago statt, und schnell wurde das West-Eastern Divan Orchestra zu den wichtigsten internationalen Festivals und in die bedeutendsten Konzertsäle eingeladen. Heute sind die Musikerinnen und Musiker regelmäßig bei den Festspielen in Salzburg und Luzern, den BBC Proms in London, im Wiener Musikverein, der Carnegie Hall, der Mailänder Scala und im Centro Cultural Kirchner in Buenos Aires zu Gast. Die Arbeit des West-Eastern Divan Orchestra führte schließlich 2012 zur Gründung der Barenboim-Said Akademie und fünf Jahre später zur Eröffnung des Pierre Boulez Saals im ehemaligen Magazingebäude der Staatsoper Unter den Linden im Herzen Berlins. Seitdem sind die drei Institutionen vereint in ihrer Mission, die Musik zu einer Botin des Humanismus und der transkulturellen Verständigung zu machen – und die Vision Daniel Barenboims und Edward W. Saids weiterzutragen. Erleben Sie das legendäre Orchester unter der Leitung von Daniel Barenboim mit Michael Barenboim (Violine) und Kian Soltani (Violoncello) am Samstag, 14. August 2021, um 19 Uhr in der Waldbühne Berlin. Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2020 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/783/articles/1263762/6/5 2/2
Print Quelle: Welt am Sonntag, Bundesausgabe Nr. 50/2020 vom 13.12.2020, S.58 (Wochenzeitung / Sontag, Berlin) Reichweite: 429.894 Autor: Elmar Krekeler Quellrubrik: Kultur WELTamSONNTAG Auflage: 121.097 Ressort: Kultur Seitentitel: WSBE-VP1 11 lch rede mit Beethoven 11 Am 17. Dezember wird der 250. Geburtstag des Komponisten gefeiert. Daniel Barenboim hat nun alle Klaviersonaten eingespielt - bereits zum fünften Mal in seinem Leben. Warum macht er das? Von Elmar Krekeler sel, dieser Akkordfarbe ändert sich al Klar. les. Deswegen ist Musiker ja so eine WELT am Sonntag: privilegierte Existenz, weil man so viel Wie klingt das dann? Man könnte jetzt so einen My studieren kann, wie man will, es wird thos stricken. Vom einsamen immer alles neu, manchmal mit der Warum spielst du ... denn so ei Maestro, der in seiner Villa sitzt kleinsten Entscheidung, die man nen Unsinn! und sich langweilt und, von Co trifft Mit den Sonaten ist es - bei mir Beethoven hat ja als erster Kom rona stillgelegt, überlegt, er wenigstens - wie mit philosophischen ponist ziemlich penibel vorge könnte sich zum fünften Mal Büchern, die kann man auch immer schrieben, wie etwas gespielt vornehmen, Beethovens Klavier wieder lesen und findet immer wieder werden soll. Klassische Frage: sonaten einzuspielen. etwas Neues. Die "Ethik" von Spinoza Nehmen Sie seine Metronoman Daniel Barenboim: zum Beispiel, das ist mein philosophi gaben ernst? An eine Aufnahme hatte ich gar sches Lieblingsbuch, seit ich 14 bin. Auf gar keinen Fall. Komponisten nicht gedacht. Ich hätte die Sonaten Damit komme ich auch zu keinem En schreiben die Zahlen hin, bevor sie Mitte Mai in Wien spielen sollen. Erst de. das Stück gehört haben, ohne eine als das abgesagt worden war, kam die Ahnung vom Gewicht des Klanges. Als Idee mit der Aufnahme. Ich hatte das Ist man Beethoven in den Sinfo ich Chefdirigent beim Orchestre de Gefühl, dass ich tatsächlich Neues ge nien oder in den Sonaten näher? Paris war, gaben wir bei Pierre Boulez funden hatte in den Partituren. Für mich ist es die gleiche Welt und Orchesterstücke in Auftrag. Er wollte die gleiche Distanz. Der größte Unter zwölf "Notations" schreiben. Vier hat Kaufen Sie sich zujeder Aufnah schied zwischen dirigieren und Kla er geschrieben. Die fünfte "Notation" me einen neuen Satz Noten? vier spielen ist, dass man als Dirigent kam 22 Jahre später. Da war ich Muss ich nicht. Ich schreibe nicht in nicht die Möglichkeit zu üben hat. schon beim Chicago Symphony Or meine Partituren hinein. Die sind so Auch die ärmste Familie kann ein Kla chestra. Boulez kam zur Uraufführung wieso fast jungfräulich. vier finden, auf dem man spielen nach Chicago. In einer Probe habe ich Als Sie das erste Mal die Sonaten kann. Üben heißt ja auch suchen, un ihn dann sehr, sehr vorsichtig gefragt: komplett im Konzert gespielt ha tersuchen. Praktisch untersuchen. "Sind Sie sicher wegen der Metro ben, waren Sie siebzehn. Wie Das kann der Dirigent nur theore nomzahl?" - "Nein, machen Sie, wie findet man in Stücken, die man tisch. Wenn ein Dirigent zur Probe Sie denken. Aber warum fragen Sie?" seit sechzig Jahren wortwörtlich kommt, erwartet das Orchester von - "Ihre Angaben scheinen mir zu in den Fingern hat, noch Neues? ihm, dass der Dirigent weiß, was er schnell. Der Text ist so komplex, dass Es geht gar nicht ums Spielen, um will. Der Anteil der Intuition ist beim man nicht alle Details wird hören Fingerfertigkeit. Sondern prinzipiell Dirigieren geringer als beim Klavier können in dem Tempo." - "Macht erst einmal darum, was es eigentlich spielen. Dirigieren war für mich als nichts. Wenn Sie zufrieden sind, dann heißt, einen musikalischen Text zu le Pianist sehr hilfreich, weil ich mir da werden wir sehen." Das haben wir sen_ Das heißt Verbindungen zu su durch selbst viel näher gekommen dann getan. Und es war gut. Auf mei chen und herzustellen_ Gleichzeitig in bin. Weil ich durchs Dirigieren gelernt ne Frage: "Verzeihen Sie, Sie sind der Vergangenheit, der Gegenwart habe, besser zu hören. Ich höre mich nicht nur ein großer Komponist und und der Zukunft zu sein_ Ganz prosa besser als früher. ein großer Dirigent, wieso haben Sie isch herauszufinden, wo etwas her Apropos zuhören. Es geht das eine Zahl angegeben, die um so viel kommt, wo es hinwill. Ein Piano ist Gerücht, Sie seien als Orchester höher ist als das, was Sie eigentlich nach einem Pianissimo lauter als ein erzieher ein - na ja - harter jetzt wollen?", hat er dann typisch Piano nach einem Forte. Diese Ver Hund. Sind Sie mit sich beim französisch geantwortet: "Wenn ich bindungssuche ist eine Lebensarbeit. Üben so kritisch wie mit Ihrem schreibe, koche ich mit Wasser. Wenn Damit kommt man nicht zu einem Solo-Oboisten bei der Probe? ich dirigiere, koche ich mit Feuer." Ende. Jedes Mal wenn ich eine Beet Viel kritischer. Ich kann ja dafür, hoven-Sonate spiele, finde ich etwas, dass etwas nicht so wird, wie ich es Mit Boulez konnten Sieja im das ich bis dahin nicht bemerkt hatte. mir vorher vorgestellt habe, niemand merhin reden. Reden Sie mit anderen verantwortlich machen als Beethoven? Zum Beispiel? mich selbst. Ich rede mit ihm. Er hört mich halt Das muss gar nichts Großes sein. Eine nicht. Phrasierung, ein Dynamikwechsel, die Schimpfen Sie mit sich? Nun ist ja das ganze Jahr über Farbe eines Akkordes_ Mit dieser sehr viel von Beethovens huma Phrasierung, diesem Dynamikwech- nistischer Botschaft die Rede. 4
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/1 F.A.Z. - Politik Montag, 14.12.2020 Bundesweiter Lockdown von Mittwoch an Einzelhandel muss weitgehend schließen/Merkel: Wir sind zum Handeln gezwungen oll. BERLIN. Das öffentliche Leben in Deutschland wird angesichts der sich ausbreitenden Corona- Pandemie schon am Mittwoch drastisch eingeschränkt. Der Einzelhandel mit Ausnahme der Geschäfte für den täglichen Bedarf muss schließen. Das teilte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Sonntag nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten mit. Der seit Anfang November geltende Teil-Lockdown habe „nicht gereicht“, sagte Merkel. „Wir sind zum Handeln gezwungen und handeln jetzt auch.“ Das exponentielle Wachstum der Corona-Neuinfektionen habe eine Zeitlang gestoppt werden können, sagte Merkel. Dann habe es aber eine „Seitwärtsbewegung“ gegeben, und seit eini- gen Tagen gebe es wieder ein exponentielles Wachstum. Die nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina hatte in der vergangenen Woche einen Lockdown mit Geschäftsschließungen spätestens nach Weihnachten bis zum 10. Januar gefordert. „Corona ist außer Kontrolle geraten“, sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). „Die Philosophie heißt: Daheim bleiben!“ Deutschland drohe ansonsten zum Sorgenkind Europas zu werden. Von der Geschäftsschließung ausgenommen sind der Einzelhandel für Lebensmittel, Wochenmärkte für Lebensmittel, Direktvermarkter von Lebensmitteln, Abhol- und Lieferdienste, Getränkemärkte, Reformhäuser, Babyfachmärkte, Apotheken, Sanitätshäuser, Drogerien, Optiker, Hörgeräteakustiker, Tankstellen, Auto- und Fahrradwerkstätten, Banken und Sparkassen. Für Weihnachten sollen nach dem Beschluss die strengen Regeln für private Kontakte – maximal fünf Personen aus maximal zwei Hausständen – gelockert werden. Die Personen müssen aus dem engsten Familienkreis kommen. Kontrollieren wird der Staat die Kontaktbeschränkungen zu Hause nicht. „Es wird keine Stichproben unter Weihnachtsbäumen geben“, sagte der nordrhein-westfäli- sche Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). An Silvester und Neujahr wird ein bundesweites An- und Versammlungsverbot gelten. Der Verkauf von Feuerwerk werde verboten. Das sei „de facto ein Böllerverbot“, sagte Söder. Neun Monate nach dem ersten Corona-Lockdown sollen die meisten Kitas und Schulen in Deutschland geschlossen oder nur noch eingeschränkt betrieben werden. Merkel und die Ministerpräsidenten vereinbarten, dass Schüler und Kita-Kinder spätestens von Mittwoch an für zunächst dreieinhalb Wochen zu Hause bleiben sollen. Das Bundesarbeits- und Sozialministerium wird in Abstimmung mit dem Bundesfamilienministerium zusätzliche Möglich- keiten für Eltern schaffen, für die Betreuung der Kinder bezahlten Urlaub zu nehmen. Die gesetzli- chen Regelungen dafür werden noch in dieser Woche auf den Weg gebracht. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) sagte: „Wir müssen jetzt stark sein. Stark sein in Geduld, Disziplin und Ausdauer. Und wir müssen zusammenhalten, um der Pandemie weiterhin gemeinsam die Stirn zu bieten.“ Die Bundesregierung rechnet damit, dass die Corona-Hilfen für den bis 10. Januar geltenden Lock- down zusätzlich elf Milliarden Euro pro Monat kosten werden. Der Bundeshaushalt 2021 habe aber genügend Puffer, um dies stemmen zu können, sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) am Sonntag nach der Bund-Länder-Schalte. Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) sprach von einem nötigen Kraftakt. Beide Minister hatten sich darauf geeinigt, dem Handel nicht mit Umsatz- https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/1 1/2
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/1 hilfen, sondern unter anderem mit Fixkostenzuschüssen aus den „Überbrückungshilfen III“ zu helfen. Der Handelsverband Deutschland hatte schon vor dem Treffen gewarnt, dass eine Schließung des Einzelhandels mehr als die Hälfte der Innenstadthändler in Existenzgefahr bringe. Die Konditionen der Überbrückungshilfen sollen verbessert werden. 500000 Euro soll es maximal für die direkt und indirekt von den Schließungen betroffenen Unternehmen geben. Bisher lag der Höchstbetrag bei 200000 Euro pro Monat. Die Regelung gelte für Handelsunternehmen, Solo-Selbständige und selb- ständige Angehörige der freien Berufe. Für die betroffenen Unternehmen soll es zudem Abschlags- zahlungen geben. Mit Teilabschreibungen solle der Wertverlust von Waren und anderen Wirt- schaftsgütern im Einzelhandel aufgefangen werden. Dadurch könnten die Geschäfte diese steuer- mindernd geltend machen. Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner sagte nach den Beschlüssen, dass es mit der jetzigen Strategie nicht möglich sein werde, nach dem 10. Januar wieder ins Alltags- leben zurückzukehren. Es brauche eine dauerhafte Strategie, sonst hangele man sich von einem Lockdown zum nächsten. In Amerika sollen nach der dort erfolgten Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer die Vakzine bis Montag auf die 145 Impfzentren des Landes verteilt werden. (Siehe Seiten 2 und 10, Wirtschaft, Seite 17, sowie Rhein-Main-Zeitung.) https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/1 2/2
14.12.2020 Berliner Morgenpost KULTUR SEITE 21 | SAMSTAG 12. DEZEMBER 2020 Musik Chefdirigent Doyle verlängert am Rias Kammerchor Justin Doyle bleibt weitere fünf Jahre Chefdirigent des Rias Kammerchors in Berlin. Sein Vertrag sei bis Ende Juli 2027 verlängert worden, teilte die Einrichtung mit. Der Brite verantwortet den Chor seit 2017, er ist auch dessen künstlerischer Leiter. Doyle war früher Chorknabe an der Westminster Cathedral in London. Den Chor des früheren Rundfunks im amerikanischen Sektor Berlins (Rias) gibt es seit 1948. dpa Berliner Morgenpost: © Berliner Morgenpost 2020 - Alle Rechte vorbehalten. https://emag.morgenpost.de/titles/bmberlinermorgenpost/10120/publications/782/articles/1263142/21/4 1/1
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466053/14 F.A.Z. - Feuilleton Samstag, 12.12.2020 Musikdirektor in Wien Der israelische Dirigent Omer Meir Wellber wird von September 2022 an neuer Musikdirektor der Volksoper Wien. Er vervollständigt damit die neue Leitung des Hauses an der Seite der Regisseurin Lotte de Beer, die als Intendantin antritt. Neben der Leitung von Neuproduktionen und Repertoire- vorstellungen wird Wellber fünf Spielzeiten lang die Verantwortung tragen für den musikalischen Bereich des Hauses und die Entwicklung von Ensemble, Orchester und Chor. Bereits vom Frühjahr 2021 an wird er die Vorbereitungen der neuen Direktion mitgestalten. Wellber, der zu den gefragtes- ten Dirigenten weltweit gehört, ist laut einer ersten Stellungnahme „fest entschlossen, die Volksoper zu einem der aufregendsten europäischen Musiktheater zu machen“. F.A.Z. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466053/14 1/1
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 F.A.S. - Feuilleton Sonntag, 13.12.2020 Mit dem Körper komponiert Ein paar Takte und Blue Notes zu Beethoven, getauft am 17. Dezember vor 250 Jahren Dass Ludwig van Beethoven eine Herausforderung und eine Zumutung ist, das spürt und erfährt man womöglich am besten, wenn man erst einmal die Rolling Stones auflegt, „You Can’t Always Get What You Want“, einen fünfzig Jahre alten Song mit verkatertem Text und einem berauschenden Refrain, was eine subtile Spannung schafft. Donald Trump spielte diesen Song bei seinen Wahl- kampfauftritten, die Rolling Stones versuchten, das zu verbieten, dann war zum Glück der Wahl- kampf vorbei. Dass Donald Trump etwas missverstanden hat, erschließt sich sofort beim Hören. Dass die Musik aber beschädigt, ja dass die Rolling Stones widerlegt wären, bloß weil ihr politischer Gegner sich diesen Song für seine Zwecke angeeignet hat: Davon kann keine Rede sein. Man kriegt, was man will, wenn man den Song auflegt. Dass das mit Beethoven viel komplizierter ist, das sieht und hört man, zum Beispiel, in einem alten Filmausschnitt (der auf Youtube verfügbar ist): Es ist das Jahr 1942, der 19. April, der Vorabend von Hitlers Geburtstag, und in der alten Berliner Philharmonie dirigiert Wilhelm Furtwängler die Neunte Symphonie. Es sind die letzten fünf Minuten, das jubilierende Finale, Furtwängler tanzt fast beim Dirigieren. Und im Publikum sitzt und lauscht, fast andächtig, ein Publikum, das wie die Elite des Naziregimes aussieht, mittendrin Joseph Goebbels. Einmal gibt es einen Schnitt, und man sieht neben dem Orchester ein Hakenkreuz hängen, so groß wie hundert Geigen. Und spätestens in diesem Moment möchte man sich abwenden oder die Ohren zuhalten, weil beides zusammen doch nicht möglich ist: der Chor, der „alle Menschen werden Brüder“ singt, und die sogenannten Herren- menschen im Parkett; die ungeheure Freiheit dieser Musik und die Befehlsempfänger, die auch morgen ihrem Führer nicht widersprechen werden. Und wenn Furtwängler, der Chor und das Orchester sich verbeugen und der Applaus nicht aufhören will, dann meint man in diesem Hände- klatschen das Dementi Beethovens zu hören, die kategorische Verneinung, die Absage an alle, die bis dahin glaubten, dass solche Musik ihre Hörer zu Höherem dränge und bewege. Kann schon sein, dass das eine romantische Illusion ist, altmodische Schwärmerei, pubertärer Kitsch – aber es ist halt zugleich auch die schwer zu widerlegende Wahrheit eines jeden Kopfes, der einiger- maßen geübt im Hören ist und empfänglich genug, sich in den besten Momenten dieser Musik nicht nur hinreißen, berühren, begeistern zu lassen. Sondern sich gewissermaßen zu erheben und sich als Teil zu empfinden von etwas, was größer und bedeutender ist als nur der eigene Geschmack und die eigene Leidenschaft. Dass das keine Frage der Moral ist, dass es also nicht bloß das Gute ist, zu dem diese Musik einen erhebt, das kann man allerdings sehr gut sehen und hören in Stanley Kubricks dystopischem Film „A Clockwork Orange“, in dem die Neunte Symphonie, vor allem ihr zweiter Satz, als akustischer Terror angewandt und erfahren wird; Alex, der kaputte Held des Films, kann am Schluss die Musik nicht mehr ertragen und stürzt sich aus dem Fenster. Und trotzdem bleibt es ein Skandal, dass Beethoven den Nazis eine Freude war. Haben sie nicht Bücher, in denen weit weniger Aufruhr und Widerstand war, verboten und verbrannt? Haben sie nicht Gemälde, weil darin zu viel Freiheit war, in die Depots verbannt? Hätten sie nicht Beethoven verbieten müssen? Der Jazz war doch auch verboten. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 1/4
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 Schließlich hat uns das jetzt zu Ende gehende Beethoven-Jahr gelehrt, dass Beethovens Musik zu hören geradezu ein Beweis staatsbürgerlicher Reife und demokratischer Gesinnung sei: Beethoven stehe „für ein kosmopolitisches Lebensgefühl, für eine Gesellschaft, in der Musik einen wesentlichen Teil der Zivilisation ausmacht, für die unbedingte Anerkennung der Menschenrechte...“, so hat das der Musikwissenschaftler Ulrich Konrad, stellvertretend für die gesamte sinnstiftende Klasse, ausge- drückt. Schon im Koalitionsvertrag für die vergangene Legislaturperiode hatten sich die Regierungs- parteien auf Folgendes geeinigt: „Der 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven im Jahr 2020 bietet herausragende Chancen für die Kulturnation Deutschland im In- und Ausland. Deshalb ist die Vorbereitung dieses wichtigen Jubiläums eine nationale Aufgabe.“ Aber wer die Botschaft Beethovens zu hören meint, muss fast immer Dinge außerhalb der Musik zitieren. Schillers „Ode an die Freude“, das Libretto des „Fidelio“, die Widmung der Eroica für Bona- parte, die Beethoven angeblich von der Partitur kratzte, als Napoleon sich zum Kaiser krönte. Und wer die Musik in Worte fassen will, hat ständig mit Übersetzungsfehlern zu kämpfen. Beethoven sei die deutsche Musik schlechthin, haben die Deutschen einander schon deshalb erzählt, weil sie damit quasi teilhatten an seinem Genie; aber in ihren Tornistern hatten die Soldaten des Ersten Weltkriegs die Beethoven-Biographie des Franzosen Romain Rolland, die ihnen wenig half beim Überleben in den Schützengräben. Beethoven, das sei gewissermaßen der Soundtrack der Aufklärung, nicht nur weil der Komponist in seinem Tagebuch einmal Kant zitiert, den Satz vom bestirnten Himmel über uns und dem Sittenge- setz in uns; deshalb aber auch. Nur dass Beethoven, manchmal in ein und demselben Stück, auch das Gegenteil ist, rauschhaft, dunkel, absolut unvernünftig in seiner Leidenschaft. Und natürlich kann man die Musik als Ausdruck und Erkenntnis des Menschseins, ja, wie Richard Wagner das nannte, als „menschliches Evangelium“ hören. Nur kommt dabei womöglich das Göttliche zu kurz; und der Unmensch Goebbels hörte nicht auf, ein Unmensch zu sein, wenn die Neunte Symphonie verklungen war. Ludwig van Beethoven, gestorben vor 193 Jahren, wäre interessant für uns Heutige auch dann, wenn er nur halb so gute Musik komponiert hätte: als Charakterkopf und Unterwerfungsverweigerer in einer Welt, in welcher die Bürger noch längst nicht an der Macht waren; als Solo-Selbständiger, freier Unternehmer und Agent seines eigenen Talents; als großer Liebender, dessen Begehren keine Standesgrenzen kannte, weshalb es dann nie etwas Festes wurde mit den adeligen Damen, die er anhimmelte und denen er seine zartesten Kompositionen widmete; schließlich als Sieger über sein eigenes Gebrechen, als der Mann, der seiner Taubheit die schönste Musik abringen konnte. Der „Spiegel“ hat, anlässlich des 249. Geburtstags vor einem Jahr, noch einmal die populäre Vermu- tung artikuliert, dass ein glücklich verheirateter Beethoven wohl kaum Musik von solcher Tiefe und Vollkommenheit hätte schreiben können. Genauso gut kann man aber das Gegenteil behaupten: dass nämlich, wer solche Musik im Kopf hat, für die Wirklichkeit, zum Beispiel einer ordentlichen Ehe, verloren ist. Mit drei Flaschen Wein am Tag hat Beethoven zuletzt diese Verlorenheit bekämpft; und das Blei, mit dem der Wein damals versetzt war, hat ihn schließlich vergiftet. Was jedem, der sich an die Heldensagen modernerer Musik erinnern kann, an die Geschichten vom Leben und Sterben von Charlie Parker, Amy Winehouse, Prince, vertraut vorkommen muss. Und natürlich sind Heldensage und Geniekult die angemessenen Formen, sich mit Beethovens Leben und Werk zu befassen – auch wenn Experten und Akademiker davor warnen, weil Schwärmerei den analytischen Blick eher trübe und auch das größte Genie aus seinem musikalischen, gesellschaftli- chen und politischen Kontext heraus betrachtet werden müsse. Und eine feministische Kritik sieht im Geniekult ohnehin nur den Versuch, männliche Dominanz zu feiern. Wobei das eine ja nicht der https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 2/4
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 Widerspruch zum anderen ist; im Gegenteil: Je mehr man weiß über diese Musik, je genauer man ihre Bedingungen und ihre Machart durchschaut, desto mehr Anlass findet die Emphase. Und der Wille, diese Musik zu feiern und ihren Schöpfer zu bewundern und zu verehren, die Bereit- schaft, sich hinzugeben und auszuliefern und die Musik wie einen Rausch zu erleben, ist auf jeden Fall angemessener als der Versuch, darin die Vertonung der allgemeinen Erklärung der Menschen- rechte zu hören, eine Kritik der musikalischen Vernunft (oder auch das musikalische Pendant zu Hegels Logik, was Adorno gern bewiesen hätte; woran er aber gescheitert ist). Man meint ja (und weiß es nicht genau, weil man in andere Köpfe nicht hineinhören kann) in diesen Tagen eine andere, eine sinnlichere, unbefangenere, lässigere Art, Beethoven zu hören, wahrzuneh- men. Man bekommt, wenn man nicht völlig weltfremd gelebt hat, ja den Pop, den Jazz, den Hip-Hop nicht heraus aus seinem Kopf. Und manchmal ist es, als wären Grundkenntnisse dieser Musik sogar hilfreich: die herrlichen Blue Notes im ersten Satz der Waldsteinsonate, die vertrackten Grooves im dritten Satz der Appassionata, der symphonische Powerpop im zweiten Satz der Siebten Symphonie oder der zweite Satz der Eroica, der in manchen Takten nach New Orleans klingt – all das öffnet sich einem Kopf, der mit den synkopischen Rhythmen der populären Musik vertraut ist, viel leichter. Und dann, vielleicht der schwierigste Fall, die 32. Sonate, seine letzte, der Thomas Mann eine unver- gessliche Passage im „Doktor Faustus“ widmete, wobei er, wenn er die Frage nach Subjektivität und Objektivität dieser Harmonien diskutierte, dabei von Theodor W. Adorno so gut befeuert wurde, dass sich der Text bei Adorno auch damit bedankte, dass Mann, wenn er das zarte Thema der Arietta lautmalerisch zu fassen suchte, immer wieder die Silben „Wie-sen-grund“ anschlug. Adorno spricht vom „Widersinn, dass der letzte Beethoven zugleich subjektiv und objektiv genannt wird. Objektiv ist die brüchige Landschaft, subjektiv das Licht, darin einzig sie erglüht.“ Man folgt alldem sehr gern und zustimmend; und zugleich möchte man fragen: Habt ihr nicht den Thelonious-Monk-haften Minimalismus im Thema gehört? Und dann, im Mittelteil, den besten Boogie der ganzen Wiener Klassik? Und kann es eigentlich sein, dass sechzig, siebzig Jahre später, als der Jazz und der Blues entstanden, jemand auf einem verstimmten Piano in einer Honky-Tonk- Bar in Louisiana genau diesen zweiten Satz spielte. Und dass das Publikum darin seinen Blues und seine Sehnsucht sehr gut ausgedrückt fand? Seit mehr als hundert Jahren kursiert das Gerücht, Beethoven sei schwarz gewesen, Abkömmling afrikanischer Söldner in den spanischen Niederlanden; und in den frühen Sechzigern, als es den amerikanischen Schwarzen darum ging, sich aus einer weißen Geschichtsschreibung zu befreien, wurde diese Hypothese ziemlich populär. Der genealogische Beweis war schwer zu führen, der musi- kalische ging umso einfacher: Hört doch nur auf die Synkopen, die Bluestöne, die Breaks in den Sonaten! Was natürlich schon deshalb Quatsch ist, weil niemand den Blues in den Genen hat. Oder gar im Blut. Richtig ist aber, dass diese Musik mit dem Körper komponiert ist und mit dem Körper wahrgenom- men werden will. Zum einen, weil der ertaubende Beethoven mit dem Trommelfell allein eben kaum noch etwas hörte. Und zum anderen, weil die Säle, in denen die Symphonien uraufgeführt wurden, so klein waren, dass, wenn da ein Symphonieorchester spielte, der Lärm gewaltig war. Hundertzehn Quadratmeter hat der Saal im Palais Lobkowitz, wo die Eroica uraufgeführt wurde – in einem Inter- view mit der „Zeit“ hat die Musikwissenschaftlerin Birgit Lodes darauf hingewiesen, dass der Schall- druck so hoch war, wie wenn in der Berliner Philharmonie tausend Musiker spielten. Im Berghain wäre es leise dagegen. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 3/4
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 In einem Beitrag fürs Online-Magazin „Van“ hat der Schriftsteller Thomas von Steinaecker die Frage, ob Beethoven schwarz war, sehr nachvollziehbar mit „nein“ beantwortet. Die schönste Pointe liefert aber Charles M. Schulz in einem Peanuts-Comic, der darin eingebettet ist. Da sitzt Schroeder, wie immer, an seinem Kinderklavier und spielt Beethoven, und Lucy sitzt neben ihm und erzählt, was sie gerade gelesen hat: „Einige Wissenschaftler fühlen, dass Beethoven schwarz war.“ – „Wirk- lich?“, fragt Schroeder, dann schweigt er erst einmal. Und dann: „Willst du mir damit sagen, dass ich all die Jahre ,Soul‘-Musik gespielt habe?“ Was soll man ihm schon antworten als: „Ja, klar!“Claudius Seidl Einen Text über die medizinischen Leiden Ludwig van Beethovens lesen Sie auf Seite 65. https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466061/44 4/4
14.12.2020 https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/11 F.A.Z. - Feuilleton Montag, 14.12.2020 Das war es wert: Theaterstatistik fürs Geschichtsbuch Diese Zahlen klingen wie aus einer anderen Welt: In der Spielzeit 2018/19 fanden in Deutschland 65 995 Bühnenvorstellungen statt. Inklusive der öffentlich getragenen Theater, der Festspiele, der Privattheater, der selbständigen Sinfonieorchester und der Rundfunkorchester besuchten rund 35 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer die Häuser, 300000 mehr als im Vorjahr. Wer durch die aktuelle Theaterstatistik des Deutschen Bühnenvereins blättert, den überkommt das bittere Gefühl tragischer Vergänglichkeit. Wer hätte noch zu Beginn des Jahres gedacht, dass diese Spielzeit eine so andere, so viel ärmere werden würde? Als „Dokumentation der letzten Spielzeit vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie“ werde ihre Statistik „in die Geschichte eingehen“, prophezeite der Bühnenverein unter seiner neuen Führung nicht ohne Pathos. Ihr frisch gekürter Präsident Carsten Brosda hatte am Wochenende gegenüber der F.A.S. die Schließungen von Theatern „auch mit Disziplinlosigkeiten in anderen Bereichen der Gesellschaft“ in Zusammenhang gebracht und gefordert, dass „die Kultur in der ersten Welle der Lockerungen dabei sein“ müsse. Das klang im Rückblick auf die gestern beschlossenen, nun wieder umfassenderen Verschärfungen dann fast schon rührend optimistisch. Immerhin stehen die geschlossenen Theater nun ab Mittwoch nicht mehr allein da, sondern teilen ihr Schicksal mit (fast) allen anderen Einrichtungen unserer Öffentlichkeit. Wozu lohnt also dann der schwelgende Blick in Statistiken aus vergangenen Theatertagen? Weil sich die Gesellschaft und insbesondere die Politik noch einmal vor Augen führen sollte, was ihr die Bühnenkultur vor Corona wert war und auch was sie ihr an durchaus berechenbarem Wert gebracht hat: Bei den öffentlich getragenen Theatern und Orchestern betrugen die staatlichen Zuschüsse rund 2,74 Milliarden Euro, die Eigeneinnahmen stiegen von 569344 auf 586757 Millionen Euro um immerhin 3,1 Prozent. Beim fest angestellten Personal stiegen die Zahlen ebenfalls wieder leicht um 0,8 Prozent von 44 821 auf 45 188 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Anzahl der nicht ständig Beschäftigten weist ebenso eine Steigerung um 0,7 Prozent von 32 495 auf 32 719 aus. Diese Zahlen sollte die Politik im Blick behalten, wenn sie demnächst ihre Kulturhaushalte verab- schiedet und über etwaige Budgetkürzungen diskutiert. stra https://zeitung.faz.net/webreader-v3/index.html#/466063/11 1/1
14.12.2020 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 Montag, 14.12.2020, Tagesspiegel / Kultur „Wir hoffen auf einen Sommer mit Konzerten“ Veranstalter Dieter Semmelmann über Absagen, Hilfsprogramme und Shows unter Pandemie-Bedingungen Herr Semmelmann, dies war ein Jahr fast ohne Konzerte. Bei welchem Auftritt hat es Ihnen persönlich besonders leidgetan, dass er nicht stattfinden konnte. Ich möchte da kein Konzert herausheben, weil wir von Sarah Connor über Roland Kaiser bis hin zu Céline Dion so viele tolle Shows geplant hatten. Es ist für jede einzelne ein kleines Drama, dass sie nicht stattfinden konnte. Das gesamte Jahr 2020 war – ich sage es mal salopp – ein beschissenes Jahr. Es sind Dinge passiert, die wir uns nicht in den schlimmsten Albträumen hätten vorstellen wollen. Mittlerweile haben wir uns mit dieser Situation einigermaßen abgefunden. Wir sind damit beschäftigt, Schadensbegrenzung zu betreiben, möglichst alle Shows zu verlegen und damit zumindest langfristig zu retten. Wie viele Ihrer Konzerte waren betroffen? Wir mussten rund 1500 Veranstaltungen verlegen oder absagen. Das betrifft ein Volumen von weit über zwei Millionen Tickets. Können Sie absehen, wie hoch hierzulande in etwa der Gesamtverlust der Konzertveranstalter ausfallen wird? https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 1/4
14.12.2020 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 Das kann ich nicht genau beziffern, aber der Schaden geht insgesamt sicher in die Milliarden. Unsere Branche umfasst sehr viele unterschiedliche Beteiligten: Nicht nur die Seite der Veranstalter, sondern alle, die zur Durchführung von Konzerten notwendig sind: Da sind natürlich die Künstler, die Bands, die Technik, die Crews, die Security und das sonstige Personal, wo oft Soloselbstständige beschäftigt sind. Das geht bis hin Veranstaltungsstätten, Cateringfirmen und auch zu den Taxifahrern, denen Kundschaft fehlt. Wird es eine Pleitewelle bei den über 450 deutschen Konzertveranstaltern geben? Jens Michow, Präsident des Bundesverbandes der Konzert- und Veranstaltungswirtschaft, glaubt das 50 Prozent der Veranstalter nicht überlebensfähig sind. Das ist natürlich eine sehr hohe Zahl und es fällt mir schwer, das objektiv zu begutachten, aber ich denke schon, dass es spätestens 2022 einen Aderlass geben wird und wir einen weiteren Konzentrationsprozess erleben werden. Zur Unterstützung der Firmen gibt es diverse staatliche Fördermaßnahmen. Wie beurteilen Sie diese? Die helfen eher den kleineren und mittelgroßen Betrieben. Wir als sehr großes Unternehmen scheitern da leider bisher an den Förderbedingungen und haben von diesen Zuschüssen bisher kaum etwas erhalten. Konnten Sie denn vom „Neustart Kultur“-Programm profitieren, in dem Kulturstaatsministerin Monika Grütters eine Milliarde Euro zur Verfügung stellt? Ein begrüßenswerter Ansatz. Allerdings verteilt sich diese Milliarde auf wahnsinnig viele Unternehmen und Sparten, wozu auch die ohnehin subventionierten Kulturbereiche gehören. Für die kommerzielle Veranstaltungsbranche sind etwa 100 Millionen übrig geblieben, und die werden nach einem relativ komplizierten Modell verteilt. Mittel aus dem „Neustart Kultur“ gibt es für neue Projekte, die nicht gewinnbringend durchgeführt werden können. Es werden aber keine Verluste oder Schadenersatz für die letzten Monate übernommen. Das ist hilfreich, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dann haben Sie sich gar nicht beworben? Doch, wir haben uns mit Veranstaltungen beworben, die wir im nächsten Jahr – auch unter Pandemiebedingungen – durchführen wollen und haben auch eine Zusage bekommen. Man muss aber ehrlicherweise sagen, dass man sich als Veranstalter sehr genau überlegt, ob man Projekte angeht, die wahrscheinlich einen Verlust verursachen werden, den man dann durch Fördermittel ausgleichen kann. Wobei auch kein Gewinn in Aussicht steht. Ich möchte den „Neustart Kultur“ gar nicht schlechtreden. Letztendlich ist jede Unterstützung begrüßenswert und wir sind durchaus dankbar. Aber unser Problem löst dieses Programm sicher nicht. Was wünschen Sie sich stattdessen? Wir haben seit März 2020 unverschuldet mehr oder weniger Berufsverbot. Unser Wunsch wäre, dass alle Unternehmen der Branche Förderungen erhalten. Also auch die vielen Einzel-Firmen, die sich mittlerweile zu einer konzernähnlichen Struktur zusammengeschlossen haben. Wir fordern keinen kompletten Umsatz- Ersatz, denn das ist bei unserer Größenordnung auf Dauer unrealistisch, sondern einen umfassenden Ersatz unserer Fixkosten, rückwirkend bis zum Beginn https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 2/4
14.12.2020 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 des ersten Lockdowns und für die nächsten Monate. Die Kosten sind unser großes Problem, denn wir müssen weiterhin Büromieten, Versicherungen und laufende Kosten bezahlen und können nicht alle Mitarbeiter komplett in Kurzarbeit schicken, denn die Verlegung der Konzerte muss ja organisiert werden. Ihr Unternehmen hat im September unter Hygieneauflagen sieben Konzerte für 5000 Besucherinnen und Besucher in der Berliner Waldbühne veranstaltet. Wie wurde das angenommen und hat es sich gelohnt? Das war für uns nach langer Zeit mal wieder ein Licht am Ende des Tunnels und wurde gut angenommen. Wir hatten eine Auslastung von etwa 75 Prozent, einige Konzerte waren auch ausverkauft. Man hat die Sehnsucht der Menschen nach Live-Erlebnissen gesehen. Und es ist zu keiner einzigen Infektionen gekommen. Wirtschaftlich ist das natürlich kein tragfähiges Modell, obwohl die Künstler auf ihre normalen Gagen verzichtet haben. Aber die Musiker und die Crews hatten wieder einmal Arbeit. Wir haben die Hoffnung, dass wir zumindest im Sommer nächstes Jahr wieder Konzerte machen können, vielleicht sogar in der Form und im Umfang, wie wir sie in der Vergangenheit organisieren konnten. Das ist mein größter Wunsch für das nächste Jahr. Das wird Finanzminister Scholz freuen zu hören, denn er sagte letztens im Tagesspiegel- Gespräch, dass er die Konzertveranstalter ermutigen möchte, wieder loszulegen, damit es nicht dazu komme, dass die Pandemie vorbei sei und es keine Konzerte gäbe. Sie legen also wieder los? Ja, klar. Vielleicht muss man das dem Finanzminister noch mal erklären: Wir haben ja unglaublich viel Konzerte von diesem auf das nächste Jahr verlegt. Die stehen ohnehin an. Es ist das A und O, dass wir die jetzt nicht nochmal verlegen müssen. Wir würden die Shows gerne durchführen im nächsten Jahr. Und wenn wir vom Finanzminister die angekündigte Zusage bekommen, dass gegebenenfalls die Schäden oder die Verluste ersetzt werden, die durch reduzierte Besucherkapazitäten entstehen, dann werden wir das auch realisieren können. Wir brauchen aber relativ schnell eine gesicherte Aussage wie dieses Modell genau aussehen wird. Der Teufel liegt im Detail. Wo sehen Sie Probleme? Ich habe manchmal das Gefühl, dass in den Ministerien größtenteils Leute verantwortlich sind, die vor allem mit der subventionierten Kultur zu tun haben – mit Theatern, städtischen Konzertsälen, Orchestern. Es besteht weniger Erfahrung, wie die moderne Kultur funktioniert. Wir arbeiten jetzt mit unseren Verbänden daran entsprechende Vorschläge vorzubereiten und sie im Finanz- und Wirtschaftsministerium vorzustellen. Unter Dach und Fach ist es noch nicht. Aber alle Beteiligten arbeiten konstruktiv zusammen und sind gewillt gute Konzepte zu entwickeln. Der von Scholz angesprochene Ausgleich für pandemiebedingt ausfallende Konzerte ab der zweiten Jahreshälfte 2021 würde also schon mal helfen? Genau, das würde helfen. Können Sie sich vorstellen im nächsten Jahr auch mit Schnelltests oder Impfbestätigungen vor Konzerten zu arbeiten? https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 3/4
14.12.2020 https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 Wir haben viele verschiedene Konzepte in der Schublade und sind für alle Eventualitäten vorbereitet. Im Moment liegt der Fokus der Verantwortlichen verständlicherweise auf anderen Dingen. Doch wir erwarten, dass wir ab Mitte Januar angehört werden, wenn die Inzidenzzahlen hoffentlich zurückgegangen sind und das Impfen begonnen hat. Wir möchten mit unseren Künstlern für unser Publikum wieder tolle Erlebnisse schaffen. Professionelle Veranstalter können das – wir haben es in den letzten Monaten bewiesen und wir sind uns unserer Verantwortung sehr wohl bewusst. Kommt es dann auf den deutschen Bühnen zu einem Konzert-Stau, weil so viel verschoben wurde? Das ist ein Hauptproblem: Wir haben jetzt schon Termin-Not, weil wahnsinnig viele verlegte Veranstaltungen noch durchgeführt werden müssen. Neue Tourneen-Planungen beginnen meist erst im Jahr 2022. Aber erstmal müssen die Tickets, die die Fans behalten haben, abgearbeitet werden. Wir fordern sie gerade in einer Kampagne noch einmal auf, die Karten nicht zurückzugeben, solidarisch zu sein und an uns zu glauben. Auch deshalb ist das vom Finanzminister angestoßene Programm wichtig, damit wir das popkulturelle Leben auf den Bühnen wieder beginnen kann, das seit fast einem Jahr stillsteht. Das Gespräch führte Nadine Lange. Dieter Semmelmann gründete 1991 Semmel Concerts. Die Firma beschäftigt 150 Mitarbeitende und organisiert jährlich 1500 Veranstaltungen für über fünf Millionen Besucher. https://epaper.tagesspiegel.de//webreader-v3/index.html#/473567/18-19 4/4
22 FEUILLETON N DIE WELT MONTAG, 14. DEZEMBER 2020 ormalerweise würde jetzt Jahr vergüteten Bühnenarbeiter an. werbeträchtiger Ausschnitt seines die Novitätenhölle der Und der diesjährige Sommerfestspiele- Tourprogramms. Weihnachtsopernproduk- Wellenbrecher Salzburg lässt mitteilen, Frauen werden in große, seltsame tionen ihren Rachen öff- dass am 10. Dezember das Programm Couture-Roben verpackt, am schrillsten nen. In diesem Jahr gibt für 2021 verkündet wird und gerade Marina Rebeka in einen ganzen Veil- es gerade einmal zwei frische Verdi-In- 70.000 Vorschauen gedruckt und dann chenladen, die Männer singen stoisch szenierungen im gesamten deutsch- verschickt werden. im Frack. Auf den Boden werfen darf sprachigen Raum. Via Stream, mit gar Noch ist allerdings der 7. Dezember, sich nur Ludovic Tézier beim Posa-Tod keinem oder nur kleinem Live-Chor im traditionell – zumindest seit 1951 – nicht (in Fjodor Schaljapins Pelzmantel). Die Oper Opernhaus. Das kommt einer Kastrati- nur der Gedenktag des Mailänder Stadt- Überhaupt wirken die „Don Carlo“- on gleich. heiligen Sankt Ambrosius, sondern auch Ausschnitte vor einem verschneiten Sa- der festlichen Inaugurazione der Scala- lonwagen, wo Elina Garanca als Prin- VON MANUEL BRUG Saison. Diese Eröffnung, überfüllt, poli- zessin von einer Zofe Tee eingeschenkt schafft sich ab zeiabgesperrt, glamourös und vulgär, bekommt, wie „Doktor Schiwago“ mit In Leipzig hat man den „Troubadour“ weltweit übertragen, von den italieni- der falschen Musik. So fährt der Opern- auf 90 Minuten heruntergehackt, Jakob schen Zeitungen tage- wie seitenlang zug immer mehr nach nirgendwo. Peters-Messers angedeutete Inszenie- gecovert, ist immer noch das schlagzei- Der verharrt mit Carlos Álvarez als rung spielt zwischen mit rot-weißen lenträchtigste Opernevent des Jahres. Jago einmal kurz vor einem brennenden Bändern gesichertem Sperrmüll auf der Doch das berühmte Opernhaus ist Weißen Haus. Der greise Möchtegern- Vorbühne. Es gibt keine Vorgeschichte längst wieder in Covid-Quarantäne, Bariton Plácido Domingo, stimmlich und keinen Sinti-Chor, Azucena steigt spielt nicht. Der neue Intendant Domi- fahl mit Wackel-Legato und nach seiner gleich mit ihrer Arie aus dem zweiten nique Meyer hat gerade einen Karten- Corona-Genesung müde aussehend, Bild ein. einnahmenverlust von 26 Millionen versucht, noch einmal vor Mikrofonen Marina Prudenskaya singt das sehnig- Euro publik gemacht. Auch die Inaugu- mit einem „Andrea Chenier“-Clip anrührend. Auch die Lenore von Rober- razione mit Donizettis „Lucia di Lam- staatsmännisch zu posieren. Und als ta Mantegna schafft sich mit der schö- mermoor“ wurde schon vor Wochen Liù hat Aleksandra Kurzak vor wasser- nen Fülle ihres warmen Soprans Raum abgesagt. leichentotem Ophelia-Foto in einem ro- und Aura. Dann fährt ein Treppenturm Stattdessen singen jetzt deren Prota- sa Tüllalbtraum ertrinkend mit herab- herein, zwei Statistenritter mit Flügeln gonisten auf Arte voraufgezeichnet aus hängenden Strähnen einen ziemlichen kämpfen. Ansonsten ist das trotz Anto- der Konserve. Die aufstrebende ameri- bad hair day. nio Foglianis befeuerndem Dirigat des kanisch-kubanische Sopranistin Lisette „Die Bühne ist ein Raum der Möglich- Gewandhausorchesters eine maue An- Oropesa singt aus „Lucia“, einigerma- keiten“, verheißt das Pseudobildungs- gelegenheit. ßen surreal auf einem Steg über einem fernsehen zwischen den Musikaus- In Zürich, wo man nur für die Kame- Wasserbecken und vor einem Video- schnitten, die das Scala-Orchester un- ras von Arte „Simon Boccanegra“ her- meeresstrand neben beschirmten Stati- ter seinem maskenvermummten Chef ausbringt, sieht alles besser aus. Weil sten in einem muschelornamentierten Riccardo Chailly vom überbauten Par- Andreas Homoki so zeitlos moderni- Armani-Kleid mit ebenfalls surrealem kett aus versiert begleitet. Dann singt stisch und öde Regie führt wie immer, Dekolleté; Christa Ludwig hätte es „Bu- Marianne Crebassa die Carmen im Was- wirkt diese Genueser Dogengeschichte senquetsche“ genannt. Juan-Diego ser und Piotr Beczala die Blumenarie in der Wüstenei sich drehender weißer Floréz singt aus dem „Liebestrank“ im vor einer virtuellen Monsterdistel. Salonfluchten (mit besonders vielen blauen Edelanzug und in einem Am- Eleonora Buratto und George Petean Türen!) auch so makellos geschmacks- biente à la Fellinis „La strada“. mühen sich mit dem „Maskenball“ vor neutral wie immer. „A riveder le stelle“ – „Die Sterne Krähen auf Telefondrähten. Roberto Die Chöre kommen nur aus dem Off wiedersehen“ – heißt der vorab für die Alagna, der hier 2006 mitten in einer wie Fabio Luisis sachliche Verdi-Aku- Kameras aus Konserven zusammenge- „Aida“-Inaugurazione-Folgevorstellung stikzurichtung, weil man in Zürich die bosselte Galaabend. Er hätte ein viel ge- dem buhenden Publikum davonlief, Kollektive per Glasfaserkabel aus dem sehenes Manifest für die Relevanz der kehrt erstmals mit „Tosca“ wieder. Kilometer entfernten Probenraum Gattung Oper werden können. Aber er Jonas Kaufmann hatte für „Nessun überträgt. Der Fernsehtechniker mischt präsentiert nur wort- und sinnfrei alt- dorma“ vor Spiralnebeln kurzfristig ab- also doppelt, was sich inzwischen schon Kristine Opolais singt in modische Tradition im scheinbar mo- gesagt; er wurde durch Piotr Beczala er- etwas besser anhört als bei früheren einem Live-Intermezzo die dernen, völlig austauschbaren Videoa- setzt. Da hat dann auch der Chor mit Streams. „Madame Butterfly“ nimationskleid. In Italien, dem Land, Maske im Logenrund einen Miniauf- Gespannt war man auf das Boccane- das die Oper erfunden hat, verharrt die- tritt, so wie schon zu Beginn mit der gra-Debüt von Christian Gerhaher. se als Kunstform eben bis heute im De- Nationalhymne, in die auch die Bühnen- Der Liedpapst singt in seiner erst zwei- korationsstatus. Es geht um Bellezza arbeiter auf der Szene mit einstimmten. ten Verdi-Rolle den alten Korsaren, der und Sprezzatura, nie um Relevanz für Mit Rossinis wunderbarem Freiheits- sich an späten Vaterfreuden labt und die Gegenwart. schluss aus „Wilhelm Tell“ geht es ins dann vergiftet stirbt, mit deutschem Und so hat der hier viel gebuchte Re- Finale. Man erinnert an Arturo Toscani- Ernst, drangvoller Eleganz und druck- gisseur Davide Livermore den dreistün- ni, der war einmal das gute Gewissen reicher Emphase. Die ihm naherücken- digen Arienparcours vor dem Pixels- des Hauses. Die Rai-Kamera fliegt über den Objektive verstärken das pla- creen vorwiegend mit Versatzstücken den Dom, die Galleria und die Piazza stisch-bannende, eingedüstert-bittere aus eigenen Inszenierungen versehen. Scala durch die leere Stadt. Charakterbild. Da fliegen Autos und stehen Eisenbahn- Normalerweise ist da an Sant’Ambri- Am Morgen drauf sitzt Gerhaher in wagen herum. Dazwischen rezitieren gio auch spät noch dicht gedrängt Le- München in einer ebenfalls per Video im Ausland unbekannte Schauspieler in ben. So, wie die Scala-Inaugurazione verfolgbaren Pressekonferenz. Er führt den Prunkfoyers, auf Treppen und im normalerweise ein so nerviges wie lie- mit seiner Prominenz das Aktionsbünd- Scala-Museum melodramatisch Tief- benswertes Durcheinander aus Getüm- nis „Aufstehen für die Kunst“ von 25 in schürfendes von Dante, Shakespeare, mel, klingenden Telefonini, schwatzen- Bayern Kulturschaffenden an, die per Verdi, Primo Levi und Rudolf Nurejew. den Adabeis, sich ereifernden Loggio- TEATRO ALLA SCALA Eilantrag beim Verwaltungsgerichtshof 25 Sängerstars sind aufgeboten, kein nisti, arroganten Promis, echten Fans gegen die rigide freistaatliche Theater- Werk ist freilich jünger als Puccinis „Tu- ist. Kaum Disziplin, aber Leben und schließungspolitik klagen möchten. Zu- randot“ von 1925. Mit Ausnahme eines Italianità! nächst müssen sie sitzen bleiben und „Walküre“-Ausschnitts mit Andreas Ein Laserdreieck leuchtet vom Scala- sich neu justieren, denn die Staatsregie- Scharger und Camilla Nylund in tiefen Bühnenturm in die dunklen Straßen. Wie die Mailänder Scala ihre Saisoneröffnung als rung hat den „Katastrophenfall“ ausge- Fauteuils, schmeckt das Menü komplett Tristezza! Am schmerzlichsten fehlt – rufen. So bleibt es bei verbalen Gefech- italienisch. Applaus, Reaktion, die Geste des Huma- Online-Event inszenierte: Protokoll einer Blamage ten über die „Fragwürdigkeit gesetzge- Einen Hauch Moderne bringt, wäh- nen als Antwort. So bleiben die Gesänge berischer Aktionen“. rend die anderen beteiligten Tänzer des aus der TV-Dose (die nach der Livesen- Indessen ordnet die seit März ge- Scala-Balletts als Hüpfpuppen behan- dung, obwohl einen Monat bei Arte- schlossene New Yorker Metropolitan delt werden, einzig dessen wie meist Concert abrufbar, aus technischen Opera wegen eines Gewerkschafts- hemdloser Etoile Roberto Bolle mit Gründen lange nicht mehr neu zu öff- streits die Aussperrung ihrer 300 im einer Laserchoreografie zu Synthie- nen ist) eben Tütensuppe mit Ge- Durchschnitt mit 260.000 Dollar pro Mucke und Satie – die ist freilich nur ein schmacksverstärker. ANZEIGE Himmlisches Angebot: WELT AM SONNTAG und DIE WELT 4 Wochen für zzt. nur 40,90 € lesen – 34 % sparen und ein attraktives Weihnachtsgeschenk sichern. Villeroy & Boch Mühlen-Set In 18/10-Edelstahl, mit hochwertigem Porzellanmahlwerk. Höhe: 20 cm. Prämie WMF Isolierbecher Kupfer zur Wahl Mit 360°-Öffnung und Automatikverschluss. Für 0,35 Liter. 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