Presseheft Kinostart: 7. Dezember 2018 - Gartenbaukino
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präsentiert Ein Film von Gaspar Noé Mit Sofia Boutella, Souhela Yacoub, Romain Guillermic u.v.m. Kinostart: 7. Dezember 2018 Presseheft VERLEIH: PRESSE: Alamode Film Österreich Michaela Englert englert@thimfilm.at VERTRIEB: 0699/ 19 46 36 34 Thimfilm GmbH Leitermayergasse 43/4 1180 Wien Pressematerial finden Sie auf www.filmpresskit.at
CLIMAX BESETZUNG Selva SOFIA BOUTELLA David ROMAIN GUILLERMIC Lou SOUHEILA YACOUB Daddy KIDDY SMILE Emmanuelle CLAUDE GAJAN MAULL Gazelle GISELLE PALMER Taylor TAYLOR KASTLE Psyche THEA CARLA SCHOTT Ivana SHARLEEN TEMPLE Lea LEA VLAMOS Alaia ALAIA ALSAFIR Rocket KENDALL MUGLER Riley LAKDHAR DRIDI Omar ADRIEN SISSOKO Bats MAMADOU BATHILY Alou ALOU SIDIBE Ashley ASHLEY BISCETTE Mounia MOUNIA NASSANGAR Sila TIPHANIE AU Sara SARAH BELALA Cyborg ALEXANDRE MOREAU Naab NAAB Strauss STRAUSS SERPENT Tito VINCE GALLIOT CUMANT CREW Regie, Drehbuch GASPAR NOÉ Kamera BENOÎT DEBIE Schnitt GASPAR NOÉ DENIS BEDLOW Szenenbild JEAN BABASSE Ton KEN YASUMOTO Kostüm FRED CAMBIER
Choreographie NINA McNEELY Regieassistenz CLAIRE CORBETTA DOLL Herstellungsleiter SERGE CATOIRE Visuelle Effekte RODOLPHE CHABRIER MAC GUFF LINE Musikberatung PASCAL MAYER / NOODLES Produzenten EDOUARD WEIL VINCENT MARAVAL BRAHIM CHIOUA Koproduzenten GASPAR NOÉ RICHARD GRANDPIERRE MICHEL MERKT PATRICK QUINET Ausführende Produzenten EDDY MORETTI DANNY GABAI Produktion RECTANGLE PRODUCTIONS WILD BUNCH In Koproduktion mit LES CINEMAS DE LA ZONE ESKWAD KNM ARTE FRANCE CINEMA ARTEMIS PRODUCTIONS Assoziierte Produktion VICE STUDIO Mit der Unterstützung von CENTRE NATIONAL DU CINEMA ET DE L’IMAGE ANIMEE (CREATION VISUELLE ET SONORE NUMERIQUE) LA SACEM In Koproduktion mit VOO & BE TV SHELTER PROD In Verbindung mit TAXSHELTER.BE & ING Mit Beteiligung von CINEVENTURE 3 TECHNISCHE DATEN Land Frankreich 2018 Länge 95 Minuten 2
KURZINHALT & PRESSENOTIZ 21 junge Tänzer sind bereit. Ein Tag noch, dann werden sie auf Tournee gehen, erst in Frankreich, dann in den USA. Vor der Abreise haben sie sich versammelt. Sie wollen zusammen tanzen. Sich näher kommen. Reden und feiern. Unablässig pumpt die Musik Beats in den Raum. Sangria fließt in Strömen. Die Stimmung ist bestens. Bis Selva (SOFIA BOUTELLA) eine Entdeckung macht: Jemand hat Drogen in die Drinks gemischt. Nach und nach beginnen sie zu wirken. Panik macht sich breit. Der Schuldige wird gesucht, ein kollektiver Horrortrip beginnt. Aus Angst wird Paranoia, aus unterschwelliger Aggression offene Gewalt, aus Zuneigung unkontrollierte Begierde. Die energetische Choreographie löst sich in Chaos auf. Die Tänzer taumeln, stolpern und tanzen weiter in höchster Ekstase bis zum Morgengrauen als die Polizei eintrifft und das ganze Ausmaß entdeckt. Gaspar Noé macht keine halben Sachen: IRREVERSIBEL. ENTER THE VOID. LOVE. Seine Filme sind visionäre, körperlich spürbare Erfahrungen, kompromisslos und berauschend und endlos faszinierend. CLIMAX steht den Vorgängern in nichts nach: Es ist der mitreißendste Film des argentinisch- französischen Agent provocateurs, eine in langen eigenwilligen Einstellungen gedrehte Höllenfahrt, angefüllt mit unfassbaren Tanzszenen. An der Spitze des attraktiven Casts, bestehend aus den besten Tänzern, die Noé finden konnte, steht die legendäre Breakdancerin Sofia Boutella (KINGSMAN, DIE MUMIE, ATOMIC BLONDE). Die treibende Musik wurde von dem angesagten französischen DJ Kiddy Smile furios gemischt. Bei der diesjährigen Weltpremiere in Cannes wurde CLIMAX in der Reihe Quinzaine des Réalisateurs mit dem Hauptpreis ausgezeichnet und sorgte wiederholt für Szenenapplaus. Zu Recht. CLIMAX ist ein Filmrausch, dem man sich nicht entziehen kann. 3
DAS ENDE INHALT Eine junge Frau stolpert durch den Schnee. Sie zieht eine Blutspur hinter sich her. Sie stürzt, kriecht weiter und bleibt erschöpft liegen. DER ABSPANN DIE BEWERBUNG 21 junge Tänzer stellen sich in Bewerbungsvideos vor. Die Choreographin Emmanuelle stellt eine Truppe der besten Tänzer Frankreichs zusammen, die zunächst in ihrer Heimat auf Tour gehen und dann weiter in die USA reisen soll. In die Kamera erzählen sie, warum sie dabei sein wollen, wie ihre Lebenserfahrungen aussehen, was ihre Philosophie ist, wie sie zu Tanz, Liebe und Drogen stehen. DER TANZ In einer leerstehenden Schule außerhalb der Stadt haben sich die 21 Tänzer in der Turnhalle versammelt. Am nächsten Tag soll die Tour beginnen. Jetzt will man noch einmal zusammen tanzen, sich besser kennenlernen, feiern. Vor einer französischen Fahne hat DJ Daddy seine Plattenspieler aufgebaut. Die Tänzer finden sich zusammen zu einer atemberaubenden Choreographie, die so unterschiedliche Stile wie Voguing, Krumping, Waacking und Electro harmonisch miteinander vereint. DER SMALLTALK Nach dem Tanz zerstreuen sich die Tänzer im Raum und unterhalten sich miteinander. Die Stimmung ist ausgezeichnet, im Hintergrund läuft unablässig die Musik von DJ Daddy. Die Choreographin Emmanuelle hat Sangría für alle gemischt. Mit ein oder zwei Ausnahmen nehmen die jungen Leute das Angebot gerne an. Der Alkohol fließt in Strömen. Die Zungen beginnen sich zu lockern, die Atmosphäre wird aggressiver. Einer merkt an, dass sich der Raum verboten anfühle, als ginge etwas Unheimliches von ihm aus. DER ZWEITE TANZ Wieder geht es auf den Dancefloor. Diesmal tanzen die jungen Leute nicht zusammen: Umringt von den anderen zeigt jeder einzeln, was er auf dem Kasten hat. Am Schluss sind sie eine miteinander feiernde Masse. DER VORSPANN DER TRIP Die ersten unter den Tänzern beginnen sich unwohl zu fühlen. Manchen wird schlecht, manche fangen an zu halluzinieren. Entsetzt stellen sie fest, dass jemand Drogen in die Sangría gemischt haben muss. Die Stimmung kippt. Panik macht sich breit. Der Schuldige wird gesucht. DER HORRORTRIP... ... beginnt. 4
WIE? Regiekommentar von Gaspar Noé Situationen, in denen völlig unvermittelt Chaos und Anarchie ausbrechen, haben mich immer schon fasziniert. Sie können unterschiedlichster Natur sein: Straßenkeilereien. Schamanistische Sitzungen, die von psychedelischen Pilzen verstärkt werden. Partys, bei denen die Feiernden kollektiv die Kontrolle verlieren, weil sie exzessiv Alkohol konsumiert haben. Das gilt auch für die Herstellung meiner Filme. Nichts bereitet mir größeres Vergnügen, als vor dem Drehtag nichts geschrieben zu haben und völlig unvorbereitet zu sein. Wenn die Dinge sich, soweit es möglich ist, vor meinen Augen entwickeln, wie bei einer Dokumentation. Wenn dann zusätzlich Chaos ausbricht, macht mich das noch glücklicher. Weil ich weiß, dass jetzt Bilder entstehen, die voller Kraft sind, die näher an der Realität sind als am Theater. Deshalb habe ich auf ein traditionelles Drehbuch verzichtet. Ich habe mich dafür entschieden, diese fiese und verwunschene Geschichte ganz simpel und geradlinig zu erzählen. Ein Trupp Tänzer versammelt sich in einem isolierten Gebäude, um sich auf eine Aufführung vorzubereiten. Nach der letzten Probe bricht Chaos aus. Ich habe mit einer eine Seite langen Outline begonnen. Das erlaubte es mir, beim Dreh Momente der Wahrheit einzufangen und diese Abfolge von Ereignissen kollektiv in Bildern festzuhalten. Wenn man will, dass Tänzer, Schauspieler oder Laien sich körperlich und verbal auf chaotische Weise ausdrücken, kommt man an Improvisation nicht vorbei. Was das Tanzen betrifft, war nur die erste Szene choreographiert. Ansonsten hatten die Tänzer alle Freiheit, sich in ihrer eigenen Sprache auszudrücken, die sich oft ganz nahe am Unterbewussten bewegt. Auf diese Weise offenbaren sie ihre individuellen inneren Tumulte. In Tanzstilen wie Voguing, Waacking oder Krump stellen die Teilnehmer ihre körperlichen Fähigkeiten mit bestürzender Spontaneität aus. Wenn man es mit den bestmöglichen Tänzern zu tun hat, dann ist dieser Akt besonders überwältigend. Die Szenen wurden chronologisch gedreht. Ich wollte ein allgemeines Vertrauen aufbauen. Und ich wollte einen Wettbewerbsgeist kultivieren, der die Tänzer zu immer noch psychotischeren Darstellungen antreibt. Anders als bei konventionelleren Darstellungen von Tanz, wo jeder Schritt geplant und festgelegt ist, versuchte ich, meine Protagonisten dazu anzutreiben, Stadien der Besessenheit zu simulieren, wie man es bei ritueller Trance erlebt. Obwohl Drogen durchaus eine Rolle spielen in der Geschichte, hatte ich diesmal nicht die Absicht, veränderte Stadien der Wahrnehmung subjektiv mit Hilfe visueller Effekte und Sound darzustellen. Im Gegenteil. Ich wollte den Figuren immer von außen zusehen. Eine andere Regel war, so schnell wie möglich und in langen Einstellungen zu drehen. Das war möglich, weil wir uns entschieden hatten, an einem ungewöhnlichen Drehort zu filmen. Das erlaubte es mir, alle Szenen während zwei 5
Wochen im Februar 2018 festzuhalten. Dennoch probten wir die erste choreographierte Szene mit unseren Tänzern. Und um sie auf die anderen Tanzsequenzen einzustimmen, ließen wir sie die Musik anhören, die wir bereits ausgesucht hatten. Wenn man über Tanz redet, redet man über Musik. Um der Ära zu entsprechen, in der der Film spielt, gibt es darin kein Stück, egal ob elektrifiziert oder melodisch, das es Mitte der Neunzigerjahre nicht bereits gab. Um einen familiären emotionalen Zustand zu erzielen, versuchten wir Stücke einzusetzen, die ein möglichst breites Publikum ansprechen. 6
WARUM? Manchmal gibt es Ereignisse, die sind symptomatisch für eine Ära. Diese Ereignisse explodieren, ob aus eigenem Antrieb oder gesteuert, bis sie die Strafverfolgungsbehörden erreichen. Manche von ihnen gelangen dann an die Öffentlichkeit. Sie erhalten eine neue Dimension. Sie werden vergrößert, reduziert, falsch dargestellt, verdaut oder auch nicht. Gelebtes Leben, ob nun glorreich oder schandhaft, wird auf Papier festgehalten und verschwindet dann schnell im kollektiven Vergessen. Existenz ist nur eine flüchtige Illusion, die jeder von uns mit ins Grab nimmt. Wenn wir Biographien lesen, wird alles und das Gegenteil behauptet. Bei Skandalen oder Nachrichten verhält es sich genauso. Die neuen Kommunikationskanäle, die sich in den letzten 20 Jahren verbreitet haben, haben Objektivität eine Illusion werden lassen. Menschen – wie Tiere – werden geboren, leben und sterben. Die Spuren, die wir hinterlassen, sind nicht mehr als ein Gänseblümchen in einem riesigen Feld. Freuden und Schmerz, Leistungen und Versagen sind nur Teil einer virtuellen Wahrnehmung, sie finden in einer Gegenwart statt, die außerhalb ihrer Erinnerung keine Rolle spielen. Im Jahr 1996 sorgten mehr als eine Million Geschichten für Schlagzeilen. Geschichten, die heute längst vergessen sind. Und morgen erst recht. Manche, die damals am Leben waren, sind auch heute noch unter uns. Aber von der großen Mehrheit ist nichts mehr übrig. Ein Name auf dem Friedhof vielleicht oder in einer alten Zeitung, die im Keller vor sich hin modert. Wenn sie besonders intensiv sind, erlauben es uns die Genüsse der Gegenwart, die endlose Leere zu verdrängen. Freude, Ekstase – ob nun konstruktiv oder destruktiv – sind wie ein Gegenmittel für diese Leere. Liebe, Kunst, Tanz, Krieg, Sport scheinen unsere kurze Zeit auf der Erde zu rechtfertigen. Von diesen Ablenkungen hat mich Tanz immer schon am glücklichsten gemacht. Als ich nun also einen neuen Film machen wollte, schien es mir besonders aufregend, ihn auf einer Schlagzeile von damals basieren zu lassen und mit Tänzern zu besetzen, deren Talent mich fasziniert. Mit diesem Projekt war es mir möglich, abermals meine Träume und Albträume auf der Leinwand zu Leben zu erwecken. 1996 ist gerade einmal eine Nacht her. Nur dass es damals noch keine Mobiltelefone und kein Internet gab. Aber die beste Musik dieses Morgens gab es bereits. In Frankreich brachten Daft Punk ihre erste Platte auf den Markt. LA HAINE war gerade in die Kinos gekommen. Und dem Magazin „Hara-Kiri“ gelang es eindeutig nicht, wieder auf die Beine zu kommen. Das Massaker der Adepten der Sonnentempler wurde von den okkulten Mächten des Staates unterdrückt. Und es gab jene, die davon träumten, ein mächtiges und friedvolles Europa zu errichten, während ein barbarischer Krieg sein Inneres infizierte. Kriege sorgen für Bewegung, Bevölkerungen verändern sich genauso wie unsere Überzeugungen und Lebensweisen. Und das, was sich Gott nennt, wird sich immer auf die 7
Seite der effektivsten Schusswaffe schlagen. Was war, wird sein. Das Komma mag sich bewegen, aber die Essenz des Satzes wird sich nicht verändern. 8
WER? Von Anfang an sah es das Konzept vor, einen Film mit den besten Tänzern zu machen, die sich in Frankreich finden ließen oder zum Dreh reisen konnten. Die Absicht war es, in den Mittelpunkt der Handlung den körperlichen Ausdruck zu stellen. Deshalb suchten Serge Catoire und ich gezielt nicht nach Schauspielern, sondern besuchten Krump-Battles und Voguing-Bälle rund um Paris und sahen uns Tanzvideos im Internet an. Sehr schnell und instinktiv verstanden wir, mit welchen Tänzern es wunderbar wäre, eine Truppe zu formen und einen Film zu drehen. Wir überzeugten die wagemutigen Edouard Weil (Rectangle Productions) und Vincent Maraval (Wild Bunch), die bereits bei LOVE unsere Koproduzenten gewesen waren, und dieser Low-Budget-Film nahm Fahrt auf. Bei unserem allerersten Besuch eines Voguing-Balls waren wir Gäste von Léa Vlamos, und ich lernte Kiddy Smile kennen, ein großartiger DJ und Musiker, der mich einlud, die Tanzbattles von der Bühne aus zu beobachten. Serge und ich hatten eine solche überwältigende Energie in Paris nicht mehr gespürt, seitdem wir als junge Männer mitten in gewalttätige Straßendemonstrationen geraten waren. Es gelang uns, Kontakt zu den Tänzern aufzunehmen, die uns träumen ließen. Wir stellten ihnen unser Filmprojekt vor, das bereits eine Handlung hatte, aber keine festgelegten Dialoge. Zu unserer Überraschung meldete der Sender ARTE Interesse an unserem Projekt an. Kiddy fungierte als unser „Gottvater“. Er kontaktierte – und vor allem: er überzeugte! – in unserem Namen manche seiner Freunde aus dem Voguing-Zirkel. Es lag auf der Hand, ihm die Rolle des DJ Daddy anzubieten. Gleichzeitig hatte ich die Eingebung, Kontakt zu der legendären Sofia Boutella in Los Angeles aufzunehmen, die ich zuvor schon einmal getroffen hatte, und sie für die Hauptrolle der Choreographin zu gewinnen. Ihre Tanzvideos faszinierten mich ebenso wie sie selbst. Seit einiger Zeit hatte sie sich auf die Schauspielerei verlegt und war in einer Reihe zunehmend größerer Filme zu sehen gewesen. Ich wusste, dass sie die Kraft haben würde und den Wahnsinn, die nötig waren, um diese extreme und vielschichtige Rolle zu spielen. Bevor sie mir eine Antwort gab, empfahl sie mir die aus ihrer Sicht beste Wahl für die Choreographie des Films, Nina McNeely. Ich kann ihr nicht genug danken für diese brillante Idee. Die Präsenz gewisser Tänzer ließ uns wieder für andere interessant erscheinen. Kleine Gruppen reagierten positiv auf unsere Angebote. Wir hatten das große Glück, Waackers, Krumpers und eine Gruppe von Elektrotänzern (darunter Romain Guillermic und Taylor Kastle) zu treffen, die uns postwendend Videos von sich zuschickten, wie sie verschiedene Stadien der Trance simulierten. Genuss folgte auf Genuss. Im Januar meldete ich mich bei meinen vertrautesten Mitstreitern, die sich für den Dreh Platz in ihrem Terminplan freiräumten (Benoît Debie, Lazare Pedron, Ken Yasumoto, Rodolphe Chabrier, Pascal Mayer, Fred Cambier, Denis Bedlow, Marc Boucrot, Tom Kan und Laufrent Lufroy). Zu ihnen stießen als Unterstützer außerdem Thomas Bangalter und zwei wunderbare neue Mitstreiter: Szenenbildner Jean Rabasse und die erste Regieassistentin Claire Corbetta-Doll. In Rekordzeit trieben wir eine stillgelegte Schule in Vitry auf und waren in der Lage, uns die Rechte an Musikstücken zu sichern, von deren Einsatz ich träumte. Zwei Tage vor Drehstart trafen wir die 9
Akrobatin und Schauspielerin Souheila Yacoub und beschafften dem beeindruckenden Kontortionisten Strauss Serpent eine Arbeitsgenehmigung, damit er aus Kamerun zu uns stoßen konnte. Wir ließen uns leiten von unseren eigenen unterschiedlichsten Erfahrungen mit unkontrollierten Zusammenstößen und erlebten einen Dreh, der geprägt war von einer Atmosphäre des puren Genusses. Die Improvisationen der Tänzer, auf dem Dancefloor wie auch bei den aus dem Stegreif entstandenen Dialogen, begeisterten uns alle. Zwei Monate danach liegt das Ergebnis vor. Wir freuen uns, diese bescheidene Nachstellung einer freudvollen wie auch traurigen Realität vorzustellen. Mein Dank geht an die, die uns gemacht haben, und die, die nicht mehr unter uns sind... Die Party kann beginnen! GASPAR NOÉ 10
WAS NOCH? MUSIK TROIS GYMNOPEDIES (ERIK SATIE) von GARY NUMAN SOLIDIT von CHRIS CARTER SUPERNATURE von CERRONE BORN TO BE ALIVE von PATRICK HERNANDEZ PUMP UP THE VOLUME von M/A/R/R/S FRENCH KISS von LIL LOUIS SUPERIOR RACE und TECHNIC 1200 von DOPPLEREFFEKT DICKMATIZED von KIDDY SMILE SANGRIA und WHAT TO DO von THOMAS BANGALTER VOICES von NEON THE ART OF STALKING von SUBURBAN KNIGHTS ROLLIN’ & SCRATCHIN’ von DAFT PUNK WINDOWLICKER von APHEX TWIN ELECTRON von WILD PLANET TAINTED LOVE / WHERE DID OUR LOVE GO von SOFT CELL UTOPIA ME GIORGIO von GIORGIO MORODER ANGE von ROLLING STONES MAD von COSEY FAN TUTTI und COH CLIMAX spielt im Jahr 1996. Entsprechend wählte Gaspar Noé ausschließlich Musik aus, die es zu dieser Zeit bereits gab und teilweise zu dieser Zeit populär war. Mit Ausnahme einer Instrumentalschleife von „Angie“ von den Rolling Stones, die während der Nachernte der gemeinsamen Horrornacht zu hören ist, handelt es sich bei sämtlichen Tracks um Tanzmusik. Eine wichtige Rolle spielen dabei Nummern von Cerrone und Giorgio Moroder, beides wichtige Pioniere europäischer Discomusik Mitte der Siebzigerjahre, einer aus Italien, der andere aus Deutschland. Nicht nur prägten sie den Sound der Musik von damals, die erstmals einer schwulen Minderheit ein popkulturelles Zuhause gab, ihr musikalischer Ansatz ist auch Grundlage für alle späteren Formen populärer Tanzmusik, von House und Techno über modernere Sounds wie French House oder Electro. Aus den Siebzigern stammt außerdem ein Discohit von Patrick Hernandez, „Born to Be Alive“. Der zunehmend größeren Bedeutung synthetischen Sounds wird der Film mit zwei Hits von Soft Cell gerecht, die Sixties-Coverversionen „Tainted Love“ und „Where Did Our Love Go“, die wichtige Hymnen der schwulen Szene ihrer Zeit waren. Beginnend mit „Pump Up the Volume“ von M/A/R/R/S, der 1987 der erste auf Samples beruhende Popsong war, der in den Charts die Top 10 knackte, wechselt Noé musikalisch in die Zeit, die von Techno und House aus Detroit beeinflusst ist: „Electron“ von Wild Planet, „French Kiss“ von Lil Louis 11
oder „Voices“ von Neon sind allesamt Dancefloor-Tracks aus den späten Achtzigern und frühen Neunzigern, als die moderne Ravekultur zur treibenden Kraft der Jugendkultur wird. Schließlich kommt man mit einem frühen Track von Daft Punk, den Pionieren des French House, in der Gegenwart des Films an (zwei weitere Stücke stammen von Daft-Punk-Mitglied Thomas Bangalter, der bei der Auswahl der Musik beratend zur Seite stand). Aus der Rolle fällt die Wahl von „Windowlicker“ von Aphex Twin: Der verstörende Technotrack stammt aus dem Jahr 1999 – aber ganz offenbar verbeugt sich Gaspar Noé nicht nur vor der Musik des unangepassten Musikrevolutionärs, sondern auch vor dem zugehörigen Videoclip, der von Chris Cunningham inszeniert wurde und als eines der erschreckendsten Musikvideos überhaupt gilt. Die Verwandtschaft mit der Geisteshaltung und Weltsicht von CLIMAX ist offenkundig. Und schließlich gibt es noch Experimentelles von der Avantgarde-Künstlerin Cosey Fan Tutti, die in den Siebzigerjahren zu der transgressiven Experimentalband Throbbing Gristle gehört hatte: Die Formation stellte für die damalige Musikszene in etwa das dar, was Gaspar Noé im heutigen Filmbetrieb ist: Agent provocateurs, immer bereit zum Tabubruch und der Grenzüberschreitung. Im Übrigen gehört auch Chris Carter, dessen früher Elektrotrack „Solidit“ aus dem Jahr 1980 auf dem Soundtrack vertreten ist, zu den Gründungsmitgliedern von Throbbing Gristle. Nach deren Auflösung im Jahr 1981 gründete er zusammen mit seiner Partnerin Cosey Fan Tutti das Duo Chris & Cosey. TANZ Eine ebenso wichtige Rolle wie die Musik spielt für CLIMAX selbstverständlich der Tanz. Mehrere verschiedene moderne Stilrichtungen aus der Ballroom-Szene kommen dabei zum Einsatz. Ihre Anfänge lassen sich zurückverfolgen entweder in die schwule Discoszene der späten Siebzigerjahre, aus der in den Achtzigern in New York die subversive Ballroomkultur entsteht oder in die schwarze Hip-Hop-Kultur, in deren Mittelpunkt (neben dem Rappen und der Graffitikunst) als körperlicher Ausdruck der Breakdance und seine zahllosen Spielarten stehen. Aus diesem Umfeld stammt Hauptdarstellerin Sofia Boutella, die mittlerweile zwar auch als Schauspielerin hoch gehandelt wird, aber zunächst als Tänzerin auf sich aufmerksam machte: Ihre hochenergetischen und der Schwerkraft trotzenden Auftritte in einer Reihe von Spots für Nike gelten längst als Kult. In den Ballrooms entsteht das Voguing, das seinen Namen von dem französischen Modemagazin bezieht und das zunächst 1989 mit Malcolm McLarens Videoclip zu „Deep in Vogue“ und im Jahr darauf mit Madonnas „Vogue“ in den Mainstream drängte – ein Tanz, der einen Auftritt auf einem Laufsteg nachstellt und diverse Posen festhält, als würde man in einem Schnappschuss verewigt werden. In den Ballrooms von Paris ist auch das Krumping ein wichtiger Tanz. Dabei handelt es sich um einen aggressiv wirkenden Freestyletanz, der vor allem von Männern getanzt wird und der sich durch das schnelle Kreisen von Armen und betontes Aufstampfen auszeichnet. Entstanden ist das Krumping zunächst als „Clowning“ in der Folge der L.A. Riots im Jahr 1992 in den schwarzen Vierteln von South Central. Zehn Jahre entwickelte sich daraus das Krumping, ein Kunstbegriff, der lautmalerisch eine Entsprechung für die kraftvollen Bewegungen darstellen soll. In Musikvideos taucht das Krumping auf u. a. in Missy Elliotts „I’m Really Hot“, „Galvanize“ von den Chemical Brothers oder auch Madonnas „Hung Up“. David LaChapelle drehte mit RIZE eine ganze Dokumentation, die sich dem Tanzstil widmet. 12
Waacking ist heute die weibliche Antwort auf Krumping, wobei die Anfänge dieses Stils auf die schwulen Discoclubs von Los Angeles zurückgehen, wo der Tanz zunächst als „Punking“ bezeichnet wurde. Auch hier geht es um schnell kreisende Armbewegungen, die allerdings stärker auf den Rhythmus der Musik – in den meisten Fällen Disco aus den Siebzigern – abgestimmt werden. Insgesamt wirkt der Tanz geschmeidiger und musikalischer als das Krumping. Und schließlich findet noch der in Paris äußerst populäre Electro Dance (auch bekannt als Tecktonik und Milky Way) Einzug in die Tanzszenen von CLIMAX: Der Stil geht aus dem Street Dance hervor und vereinigt unterschiedliche Stile, darunter auch Voguing, Krumping und Waacking. Zumeist wird Electro Dance zu entsprechend aufpeitschender elektronischer House-Musik oder Techno getanzt. Die französische Variante beginnt als „Tecktonik“ im Jahr 2002 und erfreut sich in Frankreich und Tunesien großer Beliebtheit. 13
VOR UND HINTER DER KAMERA GASPAR NOÉ (Regie, Produktion, Drehbuch, Schnitt) GASPAR NOÉ ist gebürtiger Argentinier, der aber in Frankreich aufgewachsen ist, von wo aus er auch als Filmregisseur arbeitet. Erstmals sorgte er für Aufsehen mit seinem vielbeachteten Debüt SEUL CONTRE TOUS („Menschenfeind“, 1998), der auf seinem Kurzfilm „Carne“ basierte. Zur internationalen Sensation wurde Noé im Anschluss mit IRREVERSIBLE („Irreversibel“, 2002), der im Wettbewerb von Cannes für Furore sorgte. Die lange Wartezeit von sieben Jahren bis zu seinem nächsten Langfilm überbrückte Noé mit den Kurzfilmen „Eva“ und „SIDA“ sowie Segmenten der Omnibusfilme DESTRICTED (2006) und 8 (2008). ENTER THE VOID wurde 2009 im Wettbewerb von Cannes schließlich als psychedelisches Meisterwerk gefeiert. Es folgten der Kurzfilm „42 One Dream Rush“ und Segmente der Omnibusfilme 7 DÍAS EN LA HABANA („7 Tage in Havanna“, 2012) und SHORT PLAYS (2014). 2015 kehrte er im Rahmen der Mitternachtsreihe mit LOVE zurück nach Cannes, Noés erster Film, der in 3D gedreht wurde. GASPAR NOÉ Filmographie 1991 CARNE Kurzfilm 1998 SEUL CONTRE TOUS („Menschenfeind“) 2002 IRREVERSIBLE („Irreversibel“) 2009 ENTER THE VOID („Enter the Void“) 2015 LOVE 2018 CLIMAX SOFIA BOUTELLA (Selva) SOFIA BOUTELLA ist eine facettenreiche Schauspielerin, deren Karriere ihre künstlerische Vielseitigkeit genauso unterstreicht wie ihre anziehende Stärke und ihr Charisma. Gerade erst sah man sie in Drew Pearces HOTEL ARTEMIS („Hotel Artemis“, 2018) mit Jodie Foster sowie in Ramin Bahranis Verfilmung von Ray Bradburys FAHRENHEIT 451 (2018) für HBO, in der auch Michael Shannon und Michael B. Jordan Rollen übernommen haben. Im vergangenen Jahr war Boutella in Alex Kurtzmans DIE MUMIE („The Mummy“, 2017) in den Kinos zu sehen, einer neuen Kinoversion der legendären Filme mit Tom Cruise und Russell Crowe, sowie dem Actionhit ATOMIC BLONDE („Atomic Blonde“, 2017) mit Charlize Theron. Davor spielte sie in Justin Lins STAR TREK BEYOND („Star Trek Beyond“, 2016), Teil drei der Blockbuster-Reihe mit Chris Pine, Zachary Quinto, Zoe Saldana, Simon Pegg und Idris Elba. Zuvor wiederum hatte sie eine Rolle in Matthew Vaughns Spionagefilm KINGSMAN: THE SECRET SERVICE („Kingsman: The Secret Service“, 2014) mit Colin Firth, Samuel L. Jackson und Michael Caine. Zu ihrer Filmographie zählen zudem Charles Henri Bellevilles JET TRASH (2016) mit Robert Sheehan, STREETDANCE 2 („StreetDance 2“, 2012), in dem sie die Rolle der Eva inne hatte, sowie die französische Produktion LE DEFI (2002). 14
Die international gefeierte Tänzerin war zudem in einer Reihe von Nike-Spots zu sehen, die der renommierte Creative Director Jamie King choreographierte und ihre Talente im Street Dance zeigen. 2006 gewann sie mit ihrer Truppe The Vagabond Crew den World Championship Hip-Hop Battle. Daraufhin wurde sie als aufstrebender Stern der Tanzwelt wahrgenommen und durfte mit Madonna als Teil ihrer Dance-Gruppe auf Tour gehen. Ferner ist sie eine der Hauptfiguren in Michael Jacksons Video „Hollywood Tonight“. Boutella wurde in Algerien geboren und wuchs in Frankreich auf. Derzeit lebt sie in Los Angeles. KIDDY SMILE (DJ Daddy; Musik) KIDDY SMILE ist eine Galionsfigur der militanten schwulen Ballroom-Szene in Frankreich. Geboren als Pierre Hache, wuchs er als Sohn von Eltern aus Kamerun in dem Pariser Banlieue Grossay auf. Von jungen Jahren an begeisterte er sich für Hip-Hop und begann, sich in der zweiten Hälfte der Nullerjahre als Tänzer einen Namen zu machen. Er wurde von Beth Ditto entdeckt und tanzte für The Gossip und LCD Soundsystem. Als seine Tanzkarriere stagnierte, begann er mit dem Arbeiten als DJ und wurde mit seinem Mix aus Jersey Club, House und Grime schnell zu einer der sichtbarsten Figuren im Pariser Ableger des New Yorker Ballrooms House of Ninja. 2016 veröffentlichte er das Aufsehen erregende Musikvideo „Let a Bitch Know“; im Jahr darauf folgte „Teardrops in the Box“. In Kürze erscheint sein erstes Album. NINA McNEELY (Choreographie) NINA McNEELY ist eine Choreographin aus Los Angeles. Außerdem arbeitet sie als Visual Artist und als Kreativdirektorin. Sie hat mit bekannten Künstlern gearbeitet wie Diplo, Sia, Christina Aguilera, Chloe X Halle, A.T. Huang, Björk, Banks, 30 Seconds to Mars, Floria Sigismundi, Rihanna, Ry X, Dillon Francis, Eve, Me und Grimes. BENOÎT DEBIE (Kamera) Der Belgier BENOÎT DEBIE gilt als einer der herausragenden Kameramänner der Gegenwart, der gleich mit seinem ersten Film, Gaspar Noés höchst kontroversem IRREVERSIBEL („Irréversible“, 2002) für Furore sorgte. Seither gilt er als Fachmann für abgründige Stoffe mit starker visueller Handschrift, wie er im Anschluss in Filmen wie Dario Argentos THE CARD PLAYER („The Card Player“, 2002), Fabrice du Welz’ höchst verstörenden Schockern CALVAIRE („Calvaire“, 2004) und VINYAN („Vinyan“, 2008) oder DAY NIGHT DAY NIGHT („Day Night Day Night“, 2007) von Julia Loktev eindrucksvoll unter Beweis stellte. Umlängst sah man Debies kraftvolle Bildgebung bei Wim Wenders’ 3D-Drama EVERY THING WILL BE FINE („Every Thing Will Be Fine“, 2015), der im Wettbewerb der Berlinale seine Weltpremiere feierte. Danach war er für Wenders auch Kameramann von DIE SCHÖNEN TAGE VON ARANJUEZ („Les beaux jours d'Aranjuez“, 2016) und GRENZENLOS („Submergence“, 2013). Davor steuerte er die knalligen 15
Farben für Harmony Korines Independenthit SPRING BREAKERS („Spring Breakers“, 2012) und die düstere Atmosphäre von Ryan Goslings Regiedebüt LOST RIVER („Lost River“, 2014) bei. Auf sein Konto gehen überdies der Horrorfilm CARRIERS („Carriers“, 2009), die Musikbio THE RUNAWAYS („The Runaways“, 2010) mit Kristen Stewart und Dakota Fanning und die pechschwarze Krimikomödie GET THE GRINGO („Get the Gringo“, 2012) mit Mel Gibson. Als Debies Meisterwerk gilt allerdings bis heute seine wahnwitzige Leistung bei Gaspar Noés neonfarbenen Todestrip ENTER THE VOID („Enter the Void“, 2009). LOVE („Love“, 2015) war darauf die dritte Arbeit des vielbeschäftigten Belgiers mit dem Regisseur. In Venedig feierte gerade der von Debie bebilderte THE SISTERS BROTHERS („The Sisters Brothers“, 2018) von Jacques Audiard Weltpremiere. 16
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