Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
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Inhalt Zusammenfassung 4 Vorwort 6 1 Allgemeine Angaben zur Beratungsstelle 7 2 Personal 8 3 Leistungsspektrum 3.1 Aufgaben der Beratungsstelle 9 3.2 Konzept & Arbeitsschwerpunkte 10 3.3 Vernetzung 13 4 Klientenbezogene statistische Angaben 15 5 Anmeldegründe & Arbeitsfelder 26 6 Beratungsarbeit 6.1 Statistik zu Beratung & Therapie 28 6.2 Fallbezogene Tätigkeiten 31 6.3 Muttersprachlich russische Beratung 33 7 Interne Qualifizierung & Qualitätssicherung 35 8 Prävention, Multiplikatorenarbeit & Netzwerk 36 9 Öffentlichkeitsarbeit & Gremienarbeit 37 Internetauftritt und Anfahrt 38 Impressum 40 3
Zusammenfassung Fallzahlen 2017: N = 330 betreute Klienten/Familien, davon N = 241 Neuaufnahmen. N = 89 Übernahmen aus dem Vorjahr. N = 243 abgeschlossene Fälle. Insgesamt N = 688 Personen familienintern sowie N = 497 aus dem Um- feld in die Fallarbeit miteinbezogen. Wie in unserem Einzugsbereich üb- lich, hoher Anteil an sozial schwachen Familien (60,3% Klientel aus Un- terschicht und unterer Mittelschicht) und/oder von Familien mit Migrati- onshintergrund (52,1%). Klienten aus über 40 verschiedenen Nationen (v.a. aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion und südosteuropäischen Staaten). Migrantenanteil damit erneut sehr hoch. Beratungsgründe (Schwerpunkte): Hauptanmeldegründe sind Probleme im Sozialverhalten und in sozialen Beziehungen (27,7%), Erziehungs- und Beziehungsprobleme (17%), Lern- und Leistungsprobleme (14,6%). Weiter steigende Nachfrage bei Verdacht auf Umschriebene Entwicklungsstörungen im Rahmen der Be- gutachtung nach §35a KJHG (17%). Andere Schwerpunkte sind emotio- nale Störungen und familiäre Probleme im Zusammenhang mit Tren- nung und Scheidung. Familiäre Belastungen erhöhen das Risiko für psy- chische Auffälligkeiten oder erschweren die Arbeit mit den Klienten. Personalausstattung und Beratungskapazität: Die Wartezeit zwischen Anmeldung und Erstgespräch lag 2017 bei durchschnittlich 3,3 Wochen. Krisen und jugendliche Selbstanmelder erhalten sofort einen Termin. Als hauptamtliche Fachkräfte arbeiten an unserer Stelle zwei und Jugendlichenpsychotherapeutin (alle Vollzeit), eine Sekretärin (Teilzeit) und eine russischsprachige Psychologin B.A. mit 10 Wochen- stunden. Zusätzliche präventive und therapeutische Gruppenangebote gibt es durch eine Honorarkraft (Pädagoge B.Sc.). Konzeptionell eher längerfristige therapeutische Arbeit bei durchschnitt- lich 13,2 Fachleistungsstunden pro Fall. Hier zeigt sich der Vorteil unse- res flexiblen Settings (vgl. S. 11). Die Anmeldezahlen befinden sich seit einigen Jahren auf einem konstant hohen Niveau. 4
Prävention: Regelmäßige präventive Angebote wie Telefonsprechstunden, allgemei- ne Beratungen, Fortbildungen für Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten und Schulen, Elternabende oder Teilnahme an Arbeitskreisen im Rah- men der zeitlichen und personellen Möglichkeiten. Das Projekt „Faires Raufen“ als niederschwelliges Angebot zur Gewalt- prävention wurde weiter in Kooperation mit Schulen und Kindertages- stätten durchgeführt und ist seit mehreren Jahren fester Bestandteil unserer Arbeit. Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Schulen: Im Rahmen der Fallarbeit meist kontextbezogene Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Schulen, natürlich nur mit Einverständnis der Eltern. Verhaltensbeobachtungen im Alltagsumfeld. Kooperationen mit diversen Fachkräften aus Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitsbe- reich und pädagogischen Einrichtungen (vgl. S. 12). Darüber hinaus Kontakte über Fortbildungen für Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten und Schulen, Angebote für Arbeitskreise und zahlreiche Kooperations- treffen. Im Jahr 2017 wurden 266 Fachleistungsstunden (à 60 Min.) für fallbezo- gene Außenkontakte aufgewendet und hierbei 497 außerfamiliäre Be- zugspersonen erreicht. Damit kommen wir den Forderungen nach auf- suchender Arbeit und Lebenswelt- bzw. Sozialraumorientierung in um- fangreicher und effektiver Weise nach. Veränderungen zum Vorjahr und besondere Aktivitäten: Frau Julia Furman hat im Herbst 2017 ihre Tätigkeit an unserer Stelle beendet. Wir danken ihr für ihr sehr großes Engagement. Durch Frau Furman ist unsere Einrichtung zu einer wichtigen Anlaufstelle für Fami- lien aus dem russischsprachigen Raum geworden. Mit Frau Ganna Sav- chenko konnten wir eine Nachfolgerin finden, so dass das muttersprach- lich russische Angebot auch weiterhin an unserer Stelle fortgesetzt wer- den kann. Leider wurde diese wichtige Arbeit trotz mehrfacher Anfragen und Anträge bisher nicht ausgeweitet. Unser Angebot kann somit den Bedarf nur sehr bedingt decken. Im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Jugendhilfeplanung (siehe Jahresbericht 2016) wurde eine Erweiterung der Planstellen für die Erziehungsberatung (vor allem im Nürnberger Süden) gefordert. Der Caritasverband Eichstätt e.V. hat daher eine neue Personalstelle für un- sere Beratungsstelle beantragt. 5
Vorwort Trotz der allseits anerkannten Unterversorgung mit Beratungsangeboten im Nürnberger Süden schaffte es unser Antrag auf eine Stellenerweiterung im vergangenen Jahr anscheinend nicht einmal bis in den Jugendhilfeaus- schuss. Bei gleichbleibend hoher Nachfrage kam es dann so, wie seit lan- gem zu befürchten war: Längere, krankheitsbedingte Ausfallszeiten konnten von den verbliebenen MitarbeiterINNen trotz großem Einsatz nur zum Teil ausgeglichen werden. Hinzu kam der Wechsel in unserer russischsprachigen Beratung mit der erforderlichen Einarbeitungszeit sowie die lange Zeit schwierige Suche nach einer kompetenten und erfahrenen Honorarkraft für unsere Kinder- gruppen. Dies alles führte im Vergleich zu den Vorjahren zu einem spürba- ren Rückgang bei den Fallzahlen wie bei den geleisteten Fachleistungs- stunden. Angesichts des weit überdurchschnittlich hohen Anteils an Familien mit Migrationshintergrund (laut Nürnberger Nachrichten 56% der Einwohner z.B. in der Giesbertsstraße) und zum Teil prekären Einkommensverhältnis- sen in unserem direkten Einzugsbereich war hier gleichzeitig bei den letz- ten Bundestagswahlen der hohe Anteil an AFD-Wählern umso auffallender. Die beweist auch, wie unverzichtbar unsere Beratungsangebote für eine noch bessere Integration, den Abbau von zum Teil irrationalen Ängsten und Vorurteilen usw. in den letzten Jahrzehnten waren bzw. in den kommenden Jahren noch sein werden. So bleibt nur zu hoffen, dass wir uns nicht auf Jahre hin mit der aktuellen Situation im Sinne einer „Notstandsverwaltung“ zufriedengeben müssen, sondern mit einer irgendwann verbesserten Personalausstattung wieder aktiver Prozesse selbst initiieren und gestalten können. Für die erhaltene finanzielle wie inhaltliche Unterstützung gilt auch in die- sem Jahr unser Dank stellvertretend für die von uns betreuten Familien, Eltern, Kinder und Jugendlichen unserem Träger wie den kommunalen und staatlichen Zuschussgebern, ohne die unsere Arbeit bzw. die damit verbun- denen Hilfen für Familien nicht möglich wären. Für das Team der Beratungsstelle Michael Trips Diplom-Psychologe, Leiter der Beratungsstelle 6
1. Allgemeine Angaben Anschrift Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche Erziehungsberatungsstelle Giesbertsstraße 67 b 90473 Nürnberg Telefon: 0911 / 800 11 09 Fax: 0911 / 89 06 42 e-mail: erziehungsberatung@caritas-nuernberg-sued.de www.erziehungsberatung-nuernberg-sued.de Spenden: LIGA Bank Nürnberg IBAN: DE 9775 0903 0000 0510 3100 BIC: GENODEF1M05 Träger Caritasverband für die Diözese Eichstätt e.V. Residenzplatz 14 85072 Eichstätt Telefon: 08421 / 50901 Fax: 08421 / 50909 Internet: www.caritas-eichstaett.de Öffnungszeiten Anmeldung: Montag bis Donnerstag 8.00 - 12.00 und 13.00 - 16.00 Uhr Freitag 8.00 - 14.00 Uhr Abendtermine nach Bedarf der Klienten. Gesprächstermine nach Verein- barung. Regelmäßige feste Telefonsprechstunden mehrmals wöchentlich. 7
2. Personal FURMAN Julia Psychologin M.Sc. (Teilzeit 8 Std.), bis 30.09.2017 KELLNER Kristina Sekretärin (Teilzeit) NIEMEYER Elisabeth Diplom-Sozialpädagogin Heilpädagogin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin RUBCIC Sanela Sekretärin (Teilzeit), bis 03.02.2017 SAVCHENKO Ganna Psychologin in Ausbildung (Teilzeit 10 Std.), seit 01.10.2017 SEGER Martin Diplom-Psychologe Psychologischer Psychotherapeut TRIPS Michael Diplom-Psychologe Psychologischer Psychotherapeut Supervisor (Bayerische Psycho- therapeutenkammer) Mitarbeiterin auf Honorarbasis ADAM Daniel Pädagoge B.A. Für fachärztliche Fragen steht uns mit der Kinderärztin Frau Strohbach eine kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung. Praktikantinnen/Praktikanten Folgende Psychologie-, Schulpsychologie-, Pädagogik- bzw. Sozialpädago- gikstudentinnen, bzw. Studenten waren 2017 im Rahmen eines mehrwöchi- gen bzw. halbjährigen Praktikums in unserer Stelle zu Gast: Julia Bohnsack, Tatjana Fuchs, Anja Gaugigl (Universität Bamberg), Daniel Adam (Universität Ulm), Katrin Brunner (Technische Hochschule Nürnberg, Fachbereich Soziale Arbeit). 8
3. Leistungsspektrum 3.1 Aufgaben der Beratungsstelle Entsprechend der Beschreibung der Bundeskonferenz für Erziehungs- beratung (BKE) stehen Erziehungs- und Familienberatungsstellen „...allen Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Eltern und deren Familien offen, die im Erziehungsalltag auf Fragen, Schwierigkeiten oder Probleme stoßen, die die gesunde seelisch-geistige Entwicklung von jungen Men- schen betreffen.” Immer dann, wenn es in der Entwicklung von Kindern, in familiären Bezie- hungen, im elterlichen Handeln oder im Kontakt mit außerfamiliären Stel- len zu Fragen, Sorgen, Problemen oder Auffälligkeiten kommt, können sich Eltern an unsere Stelle wenden. Wir versuchen, gemeinsam die Prob- lematik zu erfassen, Zielvorstellungen zu erarbeiten, Lösungswege zu fin- den, sowie deren Umsetzung zu begleiten. Unsere Arbeit umfasst folgende Hauptaufgaben: (Psychologische) Diagnostik Beratung und Therapie Vermittlung geeigneter Förder- & Unterstützungsangebote Prävention Beratung in Fällen von Trennung und Scheidung Fachdienstliche Aufgaben Bei Bedarf - und unter Wahrung der Schweigepflicht - arbeiten wir auch mit anderen Fachkräften zusammen. Dabei können wir Kinder auch vor Ort (z.B. in der Schule, in der Kindertagesstätte) in ihrem alltäglichen Umfeld aufsuchen, mit den Betreuungspersonen sprechen und Interventionen im außerfamiliären Kontext initiieren und begleiten. Elementare Voraussetzungen unserer Arbeit sind: Freiwilligkeit aller Beteiligten Verschwiegenheit / Schweigepflicht Kostenfreiheit sämtlicher Leistungen Unabhängigkeit (von z.B. Ämtern, Schulsystem, Gesundheitssystem) Der Kontakt zu unserer Stelle ist jederzeit und unkompliziert möglich. Unser Angebot ist nicht an Auflagen des Jugendamtes bzw. des ASD gebunden und nicht hilfeplanpflichtig. Wir arbeiten unabhängig von Ämtern, Behörden oder anderen Einrichtungen. 9
3.2 Konzept und Arbeitsschwerpunkte Typische Aufnahmekriterien Entwicklungsprobleme von Kindern (z.B. Regulationsstörungen, Entwicklungsauffälligkeiten, Sprachstörungen, motorische Probleme, Wahrnehmungsstörungen, Einnässen, Einkoten, etc.). Schulische- und Verhaltensprobleme (z.B. verhaltens- und/oder leistungsbezogene Schulschwierigkeiten, Konzentrationsmängel, Haus- aufgabenprobleme, Schul-/Prüfungsangst, Defizite in sozialen und/oder emotionalen Kompetenzen, Teilleistungsstörungen, Schulverweigerung, internalisierende und externalisierende Verhaltensprobleme usw.). Emotionale Probleme (z.B. Ängste, Depression, Umgang mit Trau- er, Tod und anderen Belastungen, Selbstverletzendes Verhalten, An- passungsstörungen, Kinder psychisch kranker Elternteile usw.). Erziehungs- und Familienprobleme (z.B. Beziehungs- und Erzie- hungsschwierigkeiten, Trotzverhalten, Geschwisterrivalität, Pubertäts- probleme, Kommunikationsschwierigkeiten, Lügen, Stehlen, Gewalt in der Familie, sexueller Missbrauch, Trennung der Eltern, Probleme von Alleinerziehenden usw.). Schwierigkeiten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen (z.B. Pubertätsprobleme, Selbstwertprobleme, Ablösungsprobleme, Ängste, dissoziales und/oder delinquentes Verhalten, Essstörungen, Sexualprobleme, Schul-/Ausbildungs- oder Berufsprobleme usw.). Persönliche Probleme der Eltern, die die Erziehung und Entwick- lung von Kindern beeinträchtigen (z.B. Erziehungsunsicherheiten, Selbstwertprobleme, soziale Unsicherheit, Ängste, Depressionen, Zwän- ge, Schwierigkeiten im Umgang mit sich und anderen, psychosomati- sche Beschwerden usw.). Fragen und Probleme von Eltern bezüglich Partnerschaft, Trennung und Scheidung, soweit ein Kind oder Jugendlicher mit betroffen ist. 10
Arbeitskonzept Grundgerüst und Hintergrundphilosophie unserer Arbeit ist das sogenannte Das Selbstmanagement-Modell „Selbstmanagement”-Modell, das ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches als therapeutische Grundlage Problemlösevorgehen mit systemorientierten Sichtweisen verbindet und es erlaubt, Methoden aus verschiedenen therapeutischen sowie sozial- und heilpädagogischen Konzepten schlüssig zu integrieren. „Hilfe zur Selbst- hilfe”, Systemperspektive, ziel- und lösungsorientiertes Arbeiten, Befähigen („empowerment”) von Menschen zum Umgang mit den Anforderungen ih- res Lebens, Orientierung an der Lebenswelt unserer Klienten samt allen soziokulturellen Rahmenbedingungen, Stärkung von Autonomie und von Selbstverantwortung, Nutzung wesentlicher Ergebnisse der Grundlagenfor- schung, Evaluation, Qualitätskontrolle etc. sind einige Schlagworte dieses Ansatzes, der zwischenzeitlich in mehreren deutschsprachigen Versionen publiziert ist.1 Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit ist ein flexibles und damit prob- Flexibles Settingdesign lem- und lösungsangepasstes Settingdesign, welches modernen Forderun- gen an eine Therapie mit Kindern und Jugendlichen entspricht.2 Gerade der Einbezug verschiedener Familienmitglieder stellt aus unserer Sicht eine unverzichtbare Komponente in der therapeutischen Arbeit dar. Die Verant- wortung für Veränderung liegt damit nicht bei dem Kind oder dem/der Ju- gendlichen, die in eine Einzeltherapie mit gelegentlichen Elternkontakten kommen. Bei unserem Ansatz sind immer möglichst alle Beteiligten als wichtige Informanten, Ideengeber, Helfer oder Unterstützer gefragt. Gerade den Eltern kommt die wichtige Aufgabe zu, Veränderungsprozesse im All- tag zu beobachten, zu initiieren und hilfreich zu unterstützen. Ohne eine intensive Elternbeteiligung wäre das gar nicht möglich. Dies wurde in einer umfangreichen Metaanalyse auch statistisch bestätigt.3 Die Autorinnen be- klagen dabei die unzureichenden familienbezogenen Angebote in der am- bulanten Versorgung und bescheinigen den elternzentrierten Interventionen eine gute Wirksamkeit sowie hohe Kosteneffektivität. In unserem Alltag er- leben wir diese Diskrepanz zwischen hilfreichen Angeboten und institutio- nellen Zwängen (Abrechnungsmodalitäten, Vereinbarungen mit der Kas- senärztlichen Vereinigung etc.). Daher erscheint uns unser flexibles, fami- lienorientiertes Konzept sehr hilfreich und alltagsnah, was in unseren regel- mäßigen Evaluationsstudien (als Download auf unserer Homepage) auch deutlich nachgewiesen wurde. 1 SCHMELZER, D. & TRIPS, M. (1996). Der Selbstmanagement-Ansatz als grundle- gendes Arbeitsmodell einer Erziehungsberatungsstelle (als Download unter www.erziehungsberatung-nuernberg-langwasser.de). 2 SCHMITT, A. & WECKENMANN, M. (2009). Settingdesign in der (systemischen) Therapie mit Kindern, in: Familiendynamik, 34 (1), S. 74-91. 3 HERR, L., MINGEBACH, T., BECKER, K., CHRISTIANSEN, H. & KAMP-BECKER, I. (2015). Wirksamkeit elternzentrierter Interventionen bei Kindern im Alter von zwei bis zwölf Jahren, in: Kindheit und Entwicklung, 24 (1), S. 6-19. 11
Besondere Arbeitsschwerpunkte Unsere Fachkräfte sind für alle üblichen Arbeitsfelder einer Erziehungsbe- ratungsstelle zuständig. Durch spezielle Fort- und Weiterbildungen haben sich dabei bestimmte Arbeitsakzente herausgebildet. Diese sind z.B.: Klinisch-psychologische Störungsbilder mit Indikation für verhaltens- therapeutisch und systemisch orientierte Verfahren Förderorientierte Diagnostik und Behandlung von Kindern mit Wahrneh- mungs- und Teilleistungsproblemen oder Entwicklungsverzögerungen Therapeutische Gruppen zum Aufbau und zur Erweiterung sozialer Kompetenzen Psychomotorik-Förderung (meist in Kleingruppen) Gestalttherapeutische und heilpädagogische Einzel- oder Gruppenbe- handlung von Kindern Praxisberatung, Supervision und Fortbildung (vor allem für Mitarbeiterin- nen und Mitarbeiter in Kindertagesstätten) Präventive Gruppenangebote Beratung bei migrationsspezifischen Aspekten, auch auf englisch bzw. als muttersprachliches Angebot auf russisch. Diagnostische und therapeuti- In Anbetracht der vielfältigen Aufgabenbereiche und der oft komplexen sche Kompetenz wichtig Anmeldegründe ist eine therapeutische Zusatzqualifikation äußerst hilfreich und zum Teil auch unumgänglich. Werden beispielsweise Begutachtungen nach §35a KJHG gefordert, ist die Approbation des Gutachters eine ent- scheidende Voraussetzung. Da unser Arbeitsspektrum zum großen Teil auf der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Gesundheitssystem liegt, sind umfangreiche diagnostische und therapeutische Kompetenzen unumgäng- lich und darüber hinaus zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Auf- gabenstellungen zwingend erforderlich.4 Dies belegt auch eine Studie der Bundespsychotherapeutenkammer, nach deren Erkenntnissen fast die Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die an einer Beratungsstelle vorgestellt werden eine psychische Erkrankung aufweisen. Auch etwa ein Drittel der Eltern die Erziehungsberatung suchen sind von einer psychischen Erkran- kung betroffen. Daher ist die psychotherapeutische Kompetenz ein unver- zichtbarer Faktor für die Qualität unserer Arbeit.5 4 RÖTSCHKE, S. (2015). Erziehungs- und Familienberatung als Arbeitsfeld approbier- ter Psychotherapeuten, in: Psychotherapeutenjournal, 14 (2), S. 179f. 5 , Bundespsychotherapeutenkammer, 26.05.2015, unter http://www.bptk.de/ publikationen/bptk-studie.html 12
3.3 Vernetzung Unsere Stelle ist seit vielen Jahren verlässlicher Ansprechpartner im Be- reich der Arbeit mit Familien. Die langjährige personelle Stabilität und die umfangreiche kontextuelle Arbeit in den unterschiedlichsten Einzelfällen ermöglicht zahlreiche Kontakte im Sinne unserer Klienten und der Entwick- lung des Sozialraums. Fördereinrichtungen ● Ergotherapie städtische & staatliche Stellen ● Logopädie ● allgemeiner Sozialdienst ● Frühförderstellen ● Jugend-/Sozialamt ● schulvorbereitende ● Gesundheitsamt ● Stadtteilprojekte ● Lerntherapie ● Bündnis für Familie Gesundheitswesen überregional ● ÄrztInnen ● LAG/BKE Psychologische ● Kinderkliniken ● EBen CV Eichstätt Beratungsstelle ● Kinder- & Jugend- ● LvkE psychiater/KJP ● PTK Bayern ● Psychotherapeuti- sche Praxen ● Gesundheitsamt andere Beratungsstellen ● Erziehungsberatungsstellen Pädagogischer Bereich ● Schulpsychologische Dienste ● Beratungsstelle für Kinder mit ● Kindertagesstätten besonderem Förderbedarf ● Schulen ● Zentrale Beratungsstelle für ● schulbezogene behinderte und entwicklungs- Beratungsdienste verzögerte Kinder ● Jugendsozialarbeit an ● Ambulanter Krisendienst Schulen (JaS) ● Caritas Kreisstelle (u.a. allg. ● HPTen / Heime Sozialberatung, Schuldnerbe- ratung, Aussiedlerberatung) ● sonstige Fachberatungen Abbildung 1: Vernetzung mit anderen Einrichtungen 13
Andere Kooperationen beziehen sich auf die Teilnahme an regelmäßig stattfindenden Arbeitskreisen und Treffen mit Fachkräften, wie z.B.: Arbeitsgemeinschaft der Nürnberger Erziehungsberatungsstellen Treffen der Erziehungsberatungsstellen in der LAG Mittelfranken Fachforum „Beratungsdienste“ innerhalb des Landesverbandes kath. Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern e.V. (LvkE) Jugendhilfeausschuss der Stadt Nürnberg Arbeitskreis Trennung / Scheidung Arbeitskreis Gewaltprävention Psychotherapeutisches Fachteam (PTK) Regionale Arbeitskreise in Nürnberg-Langwasser Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PsAG) Hier müssen wir aus personellen wie zeitlichen Gründen und angesichts der hohen Anmeldezahlen nach wie vor die größten Abstriche machen, nehmen also meist nur dann an Treffen und Arbeitskreisen teil, wenn The- men anstehen, die unsere Beratungsarbeit direkt betreffen. Arbeit im Kontext als wichtiger Aus unserer inhaltlichen Konzepti- Bestandteil der Konzeption on (Beratung und Therapie als „Problemlösen in komplexen Sys- temen“, vgl. auch S. 11f.) ergibt sich die besondere Bedeutung des kontextuellen Rahmens. Jede Problematik ist multikausal verur- sacht und beeinflusst - wir müssen uns also von der Hoffnung verab- schieden, es gäbe die eine, „wahre“ Ursache für ein bestimm- tes Verhalten, die man nur herausfinden müsse und dementsprechend eine einzige Lösungsmöglichkeit. Neben der direkten therapeutischen Arbeit mit den Eltern und den Kindern bzw. Jugendlichen versuchen wir stets, die Umgebungsbedingungen im institutionellen, sozialen, räumlichen und öko- logischen Kontext mit in unsere Arbeit einzubeziehen. Jedes Verhalten, jede Person, jeder Teilaspekt steht immer in einem Netz von Bedingungen, die sich gegenseitig beeinflussen. In Abstimmung mit den Eltern suchen wir deshalb auch engen und persönlichen Kontakt zu den außerfamiliären Be- zugspersonen und den Alltagsräumen der Kinder. So gesehen gehört die „aufsuchende Erziehungsberatung“ bereits seit langem zu unserer alltägli- chen Arbeit, was durch die konstant hohen Kontakte zu Institutionen und außerfamiliären Bezugspersonen verdeutlicht wird. 14
4. Klientenbezogene statistische Angaben Bearbeitete Fälle An unserer Stelle wird jede Familie, die zu Terminen an unsere Stelle Transparente Datenerfassung kommt als „ein Fall“ gezählt - unabhängig von der Anzahl der beteiligten Kinder oder der Anmeldegründe. Über die unbefriedigende Diskussion über die Erfassung von Klienten haben wir in den letzten Jahresberichten aus- führlich berichtet. Für die Vergleichbarkeit und Nachvollziehbarkeit unserer Daten bieten wir eine transparente Darstellung und eine ausführliche Be- schreibung, wie diese Daten zustande gekommen sind. Ausschließlich telefonisch beratene Klienten - z.B. aus den Telefonsprech- stunden - oder Klienten, die trotz vereinbartem Termin nicht erscheinen, werden bei uns nicht als Fall gezählt und gehen nicht in die Statistik mit ein. 2017 2016 5-J-Ø insgesamt betreute Klienten/Familien 330 366 357 davon Neuaufnahmen 241 270 267 übernommen aus dem Vorjahr 89 96 90 abgeschlossene Fälle 243 277 266 insgesamt kontaktierte Personen 1185 1299 1305 kontaktierte Personen außerhalb der Familie 497 513 526 Wegen längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten sind die Fallzahlen und Tätigkeitseinheiten in 2017 deutlich geringer als im langjährigen Durch- schnitt. Dies kommt im Fall unserer „kleinen“ Stelle noch deutlicher zum Tragen, da eine Vollzeitkraft hier knapp ein Drittel der Belegschaft aus- macht und so auch einen großen Teil zum Gesamtergebnis beiträgt. Durch die ohnehin schon stark begrenzte Personalsituation kann die fehlende Ar- beitszeit nicht ausgeglichen werden. Dies geht leider auch zu Lasten unse- res Angebots. Mehrfach haben wir auf die hohe Nachfrage und geringe Personalkapazität im Nürnberger Süden hingewiesen. Auch im vergange- nen Jahr konnten wir keine ernsthaften Bemühungen erkennen, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen. So bleibt es beim Status Quo der „sozial-räumlichen Versorgungslücke.“ Die Anfragen an unsere Stelle sind ungebrochen hoch. Dies liegt zum ei- Konstant hohe Anmeldezahlen nen an der „Mundpropaganda“ durch ehemalige Klienten, die unsere Stelle weiterverweisen. Zum anderen wird der Bekanntheitsgrad unserer Stelle auch immer wieder durch die zahlreichen Kontakte mit außerfamiliären Be- zugspersonen und Institutionen im Umfeld gefestigt. 15
Unterversorgung mit Beratungs- angeboten Viel Kontakt zu außerfamiliären Im vergangenen Jahr standen wir mit N = 1185 Personen in direktem Kon- Bezugspersonen takt. Dies belegt unsere umfangreiche Arbeit im familiären und sozialen Kontext. In vielen Fällen gehen die Kontakte über die Arbeit mit den Eltern und Kindern hinaus, indem Kooperationen mit Erzieherinnen, Lehrkräften, Ärzten, anderen Therapeuten etc. stattfinden. Dies ist gerade der Vorteil unseres Konzeptes: Thera- peutische Arbeit mit Kin- dern kann aus unserer Er- fahrung heraus ohne die Mitwirkung der engeren und sekundären Bezugsperso- nen langfristig nur schwer erfolgreich sein. Im Durch- schnitt sind bei jeder Fami- lie auch 1,5 Personen aus dem direkten Umfeld der Kinder im Beratungspro- zess beteiligt. Dadurch ist ein Transfer in den Alltag der Familien besser möglich und Veränderungsansätze können nachhaltiger und sicherer in der Praxis umgesetzt werden. Die Vergleichszahlen unseres Fachverbandes LAG Bayern zeigen dass wir hier viel stärker als die meisten anderen Bera- tungsstellen externe Fachkräfte in die Arbeit mit Familien einbinden (bayernweit 0,36 Personen/Fall7). Kooperation zwischen Jugend- Immer häufiger erleben wir uns an der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe hilfe und Schule und Schule. Viele Eltern kommen wegen schulischen Problemen zu uns, oder werden von Schulen an unsere Stelle verwiesen. Im Bereich der Be- gutachtung bei umschriebenen Entwicklungsstörungen ist dies offensicht- lich, da neben der schulinternen Unterstützung durch Nachteilsausgleich und Notenschutz auch außerschulische Lerntherapie sinnvoll sein kann und hierfür ein Gutachten eines approbierten Psychotherapeuten nötig ist. Anders verhält es sich, wenn Kinder wegen Verhaltensproblemen in der 6 vgl.: KOMDAT, Heft 1/17, S. 2f., (auch unter www.akjstat.tu-dortmund.de). 7 Erziehungsberatung aktuell, 2/2017, S. 4. 16
Schule angemeldet werden. Oft wenden sich Eltern an unsere Stelle, da schulinterne Beratungsdienste nicht zeitnah oder längerfristig zur Verfü- gung stehen. Den Auftrag, die Regeleinhaltung im Unterricht zu gewährleis- ten, können wir hier nicht annehmen. Einerseits feh- len uns Kompetenzen für die Arbeit im schulischen Setting (Unterrichts- beobachtung, Beratung von Lehrkräften), anderer- seits sind wir nicht Paral- lelberatung zu schuli- schen Diensten. So kommt es häufig zu unre- alistischen Erwartungen bei Eltern, aber auch bei Lehrkräften. Nur im Zusammenspiel zwischen Ju- gendhilfe und Schule lassen sich hier hilfreiche Veränderungen für alle Be- teiligten erreichen. In der Praxis gestaltet sich dieser Prozess allerdings nicht immer einfach. Auffällig ist aber die Häufung der Verhaltensprobleme gerade in den Grundschulklassen. Hier fehlt es Lehrkräften, trotz inzwi- schen teilweise kleinerer Klassen, an Zeit, Möglichkeiten und Ausbildung im Umgang mit schwierigen Schülerinnen und Schülern. Kindern fehlen wiederum wichtige Voraussetzungen in der Akzeptanz von Rahmenbedin- gungen und Personen, im guten Kontakt mit Mitschülerinnen und Mitschü- lern und in der Fähigkeit sich selbst besser steuern zu können. Der Ruf nach der „außerschulischen Reparaturwerkstatt“ ist zwar naheliegend, aber illusorisch. Nur im alltagsnahen direkten Kontakt mit den Kindern und in der engen Kooperation mit den Eltern lassen sich effektiv Probleme angehen. An diesen Beispielen zeigt sich einmal mehr, wie weit doch der Wunsch nach Inklusion aller Kinder in eine einheitliche Schulform von der alltägli- chen Realität entfernt ist. Erfreulich ist in diesem Zusammenhang der weitere Ausbau der Jugendso- Jugendsozialarbeit als Partner zialarbeit an Schulen (JaS) in der Stadt Nürnberg. Für die Schülerinnen an Schulen und Schüler, aber auch für Lehrkräfte und Eltern ist es sehr wichtig An- sprechpartner in der Schule zu haben, die nicht in der Doppelrolle Lehrer/ Vertrauensperson stehen. Aber auch diese Fachkräfte sind keine „eierlegende Wollmilchsäue“, die alle Konflikte und Schwierigkeiten an Schulen lösen können, zumal sie nicht selten mit Erwartungen überhäuft werden. Am Beispiel von JaS zeigt sich, wie ein Zusammenspiel von Ju- gendhilfe und Schule funktionieren kann. Dass dies in der Zukunft wohl im- mer wichtiger wird zeigen die Rückmeldungen der Lehrkräfte, die Erfahrun- gen der JugendsozialarbeiterInnen, BeratungslehrerInnen und Schulpsy- chologInnen, wie auch die Anmeldezahlen an unserer Stelle. 17
Geschlechts- und Altersverteilung Deutlich mehr Jungen Nach der relativ konstanten Verteilung in unserer Klientel in den letzten angemeldet Jahren, waren die Jungen in 2017 wieder etwas häufiger an unserer Stelle vertreten (64,8% vs. 35,2%). Über zwei Drittel der angemeldeten Kinder sind demnach männlichen Geschlechts. Dies deckt sich mit epidemiologi- schen Studien, die vor allem im Alter bis zur Pubertät die Jungen als stär- ker belastet und auffälliger anführen. Der bekannte Schwerpunktwechsel bei Jugendlichen hin zu den weiblichen Teenagern hat nicht nur mit den veränderten Belastungen oder geringeren Auffälligkeiten zu tun. Für junge (und später auch ältere) Männer ist es anscheinend weniger attraktiv, sich externe Unterstützung und Hilfe zu holen, oder therapeutische Angebote zu nutzen. Abbildung 2: Altersverteilung nach Geschlecht Von Männern werden eher Vermeidung, Verweigerung, Flucht in alternative Strategien (Aggression, Alkohol, etc.) als Verarbeitungsstrategien und sel- tener lösungsorientierte und aktiv verändernde Prozesse gewählt. Im Grundschulalter treten Auffälligkeiten und Probleme oft zum ersten Mal stärker auf, da hier die Kinder und Familien meist auch zum ersten Mal mit klareren Strukturen, höherer Fremdbestimmtheit und größeren Anforderun- gen konfrontiert sind. 18
Familiensituation Die leicht positive Entwicklung bei den vollständigen Familien in 2016 wur- Weniger Kinder leben in voll- de leider im letzten Jahr wieder relativiert. Wie im langjährigen Durchschnitt ständiger Familie leben in deutlich weniger als zwei Drittel (58,2%) noch beide leibliche Eltern in ihrer Familie zusammen. Bei 10,6% der Familie gibt es neue feste Part- nerschaften, knapp ein Drittel der Kinder wachsen mit einem alleinerzie- henden Elternteil auf (31,2%). Abbildung 3: Familiensituation Die Betrachtung der Familienverhältnisse ist insbesondere in Bezug auf Hohe Belastungen für Kinder bei die emotionalen, psychischen und finanziellen Belastungen für die Eltern- Ehekonflikten teile und Kinder entscheidend. Selbst im Fall einer möglichst „vernünftigen“ Trennung der Eltern ohne laute Streitereien, langandauernde Konflikte und gerichtliche Auseinandersetzungen sind die Auswirkungen auf die Kinder massiv. Bei den Familien, die sich wegen hochstrittigen Beziehungen an unsere Stelle wenden leiden die Kinder neben den grundlegenden Proble- men mit der neuen Familiensituation und den begleitenden Bedingungen zusätzlich durch die emotionalen Extremsituationen in denen sich ihre El- tern befinden. Diesen ist es oft nicht möglich stützend, tröstend und ver- lässlich Sicherheit zu schaffen und so ihren Kindern in dieser schwierigen Zeit entscheidend beizustehen. 19
Schulbildung Kinder im Grundschulalter als Wie sich schon bei der Altersverteilung gezeigt hat, wird ein großer Teil der stärkste Gruppe Kinder im Grundschulalter an unserer Stelle angemeldet. Dies ist auch die Zeit, wo verstärkt Anforderungen an Kinder und Familien gestellt werden. Zunehmend sehen sich Schulen - trotz Jugendsozialarbeit und kleinere Klassenstärken - mit massiveren Problemen im Verhalten und Erleben vie- ler Kinder konfrontiert.8 Die höheren Anmeldezahlen von Realschülern und Gymnasiasten reprä- sentieren noch keinen Trend, dennoch zeigt sich, dass mit der problemati- schen Hürde des Übertritts nach der vierten Klasse nicht immer alle Proble- me gelöst sind. Abbildung 4: Schulbildung der „Indexpatienten“ Bei allen Anmeldegründen ist die schulische Situation der Kinder zwar auch zentrales Problem (vgl. auch S. 26f.). 8 vgl. S 16f. und z.B. https://n-land.de/news/altdorf/kinder-ohne-halt-und-orientierung (Abfrage am 18.12.2017). 20
Wirtschaftliche Situation Unser Angebot erreicht Familien aus allen Bevölkerungsbereichen. Fast Viele Familien mit niedrigen zwei Drittel der Familien haben schwierigere bis prekäre Einkommensver- Einkommensverhältnissen hältnisse. Das gesamte Familienleben - und damit auch die Bereiche, die zentrale Inhalte unserer Zusammenarbeit sind - wird durch die belastenden wirtschaftlichen Bedingungen bestimmt. Oft schlummert hier weiteres Kon- fliktpotential, wie z.B. Schulden, Arbeitslosigkeit, schlechte Versorgung o- der Streit und Gewalt in der Familie. Durch Trennungen ist das Armutsrisi- ko für Kinder zusätzlich erhöht. Abbildung 5: Verteilung über soziale Schichten Die Gruppe der Familien, die staatliche Leistungen zur Existenzsicherung Geringverdiener mit höherem beziehen sind bei den gewährten Hilfen zur Erziehung überrepräsentiert. Hilfebedarf Einkommensschwache Familien zeigen demnach einen höheren Bedarf an pädagogischer und psychologischer Unterstützung.9 In unserer Klientel sind 13,6% der betreuten Familien von staatlichen Transferleistungen ab- hängig. Neben sozial schwächeren Familien finden aber auch Eltern mit durch- schnittlichen und höheren Einkommen den Weg in unsere Beratungsstelle, was die gute Akzeptanz unserer Arbeit bestätigt. 9 vgl.: KOMDAT, Heft 1/17, S. 5, (auch unter www.akjstat.tu-dortmund.de). 21
Migration Mehr als die Hälfte der Familien Die Zahl der Familien mit Migrationshintergrund an unserer Stelle ist unge- mit Migrationshintergrund brochen hoch. Über die Hälfte der betreuten Menschen kommen aus an- deren Ländern (52,1%). Damit liegen wir erneut mit an der Spitze der bay- erischen Erziehungsberatungsstellen. Im Landesdurchschnitt beträgt der Anteil an Familien mit anderen Hekunftsländern nur 26,3%. An unserer Stelle sind es demnach doppelt so viele Menschen mit Migrationshinter- grund wie im bayernweiten Schnitt. Auch die Zahl der unter- schiedlichen Herkunftslän- der ist ungebrochen hoch. Menschen aus über 40 ver- schiedenen Nationen su- chen unsere Unterstützung. Dies zeigt die hohe Anfor- derung an eine interkulturel- le Kompetenz in der Bera- tung und Therapie. Auch wenn die Kinder hier Schu- len und/oder Betreuungseinrichtungen besuchen, wird in den Familien oft nicht deutsch gesprochen (in knapp der Hälfte der Familien mit Migrations- hintergrund), werden kulturelle Werte und Regeln anders interpretiert und Kinder zwischen zwei Welten leben Eltern zum Teil auch in „Parallelgesellschaften“. Gerade für die Kin- der ist diese Situation oft schwierig zu meistern, stehen sie doch zwischen der Herkunftsfamilie der Eltern und dem Land in dem sie (meist) geboren sind und aufwachsen. Der Begriff Heimat wird für diese Kinder manchmal unklar. Zum Teil kennen sie die Herkunftsländer der Eltern nur aus Erzäh- lungen oder von Kontakten zu anderen Familienangehörigen über Internet oder Telefon. Andererseits werden sie mit dem Leben in Deutschland kon- frontiert, das oft andere Schwerpunkte, Möglichkeiten und Freiheiten ver- mittelt. Umso weiter sich die kulturellen Werte und Normen zwischen Her- kunftsland der Eltern und Deutschland unterscheiden, umso schwieriger ist es oft für die Kinder, sich in diesen zwei Welten zurecht zu finden und ih- ren Platz und Weg zu gestalten. Hier setzt unsere Arbeit oft an der Infor- mation über hiesige Regeln, Rahmenbedingungen und Werte an. Gerade diese Informationen helfen, Missverständnisse zu vermeiden, Kooperation zu fördern und Verständnis für die Situation der Kinder zu erweitern. Die muttersprachliche russische Beratung ist hier sehr wichtig, stammt doch ein Großteil der Migranten an unserer Stelle aus dem russischen Sprach- raum (vgl. Tabelle 1). Leider wurde unsere Antrag, diese Arbeit weiter aus- zubauen nicht weiter verfolgt. 22
Neben den Migrantenfamilien aus dem russischen Sprachraum kommen Hohe Nachfrage russisch vermehrt Menschen aus osteuropäischen und afrikanischen Ländern an sprechender Familien unsere Stelle. Die Verteilung der Herkunftsländer zeigt aber auch, dass Menschen aus der ganzen Welt in Nürnberg beheimatet sind und auch den Weg zu unserer Stelle finden. Häufigkeit Prozentualer Anteil Russland 40 12,1 % Kasachstan 15 4,5 % Polen 13 3,9 % Afrikanische Staaten 10 3,0 % Ukraine 10 3,0 % Kroatien/Serbien/Bosnien/Kosovo 8 2,4 % Türkei 8 2,4 % Irak 8 2,4 % USA 8 2,4 % Rumänien 6 1,8 % Italien 6 1,8 % Tabelle 1: Häufige Herkunftsländer In vielen Migrantenfamilien wird die Muttersprache ge- sprochen (insg. 22,7% aller Familien). Dies ist verständ- lich, da Eltern sich in dieser Sprache viel besser ausdrü- cken können, oft selbst noch nicht gut deutsch kön- nen und die Kinder die Sprache der Eltern lernen sollen. Schwierig wird es vor allem für Kinder, die zwischen den Sprachen orientierungslos sind und we- der die Sprache der Eltern, noch die Sprache des Umfelds (KITA, Schule, Freunde, etc.) ausreichend beherrschen. Diese Kinder können sich dann Sprachprobleme als Katalysator nur schwer ausdrücken, ihre Gefühle und Bedürfnisse mitteilen und sich für andere Auffälligkeiten auf ein sicheres sprachliches Grundgerüst verlassen. Oft zeigen sich Ver- haltensprobleme als Folge von Verständnis- und Verständigungsschwierig- keiten. Kinder ziehen sich z.B. zurück und vermeiden sprachlichen Kon- takt, oder versuchen sprachliche Defizite über das Verhalten zu kompen- sieren. Umso wichtiger sind frühzeitige und nachhaltige Angebote zur Ent- wicklung von Sprachkompetenz in der gesamten Familie. 23
Empfehlende / überweisende Stellen Hohe Zufriedenheit führt zu Klienten erfahren auf verschiedenste Arten von unserer Stelle. Dies ver- Weiterempfehlungen deutlicht den hohen Bekanntheitsgrad unseres Angebotes und die gute Vernetzung. Der Anteil der Familien, die auf eigene Initiative bzw. auf Emp- fehlung von Bekannten zu uns kommen ist erneut sehr hoch. Abbildung 6: Überweisende Stellen Einzugsgebiet Haupteinzugsgebiet Langwasser Mit nur wenigen Ausnahmen (1,5%) wird unsere Stelle von Familien aus bzw. Nürnberger Süden dem direkten Einzugsgebiet aufgesucht. Knapp die Hälfte der Klienten stammen aus dem Stadtteil Langwasser (49,4%), der Großteil aus dem Nürnberger Süden. Die Beratungsstelle ist demnach vor Ort verankert und wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen. 24
Wartezeit Familien, die sich an unserer Stelle anmelden bekommen im Durchschnitt Wartezeit im Durchschnitt bei nach 3,3 Wochen einen Erstgesprächstermin. Zwei Drittel der Klientel war- dreieinhalb Wochen tet bis zu einem Monat. Die Wartezeiten entstehen einerseits dadurch, dass Klienten nicht einen sofortigen Erstgesprächstermin bekommen und dann auf weitere Termine warten müssen, wie in manchen anderen Stellen, andererseits die Nachfrage unsere Kapazitäten weit überschreitet. Nach- dem wir uns auch zu nachhaltiger und längerfristiger Zusammenarbeit mit den Familien verpflichten, können nicht immer sofort Termine vergeben werden. Abbildung 7: Wartezeit bis zum Erstgespräch Die trotz der angespannten Personalsituation recht geringe durchschnittli- che Wartezeit liegt an der hohen Zahl an Sofortterminen für Krisen und Jugendliche, die selbst Kontakt zu unserer Stelle suchen. Die Entschei- dung über einen sofortigen Ersttermin wegen einer vermeintlichen krisen- haften Zuspitzung fällt dabei nicht immer leicht. Dennoch ist es oft hilfreich durch schnelle Angebote für Entlastung bei den betroffenen Familien zu sorgen. Dies geht allerdings zu Lasten anderer Klienten, die dann länger warten müssen. Da die Personalkapazitäten aktuell krankheitsbedingt geringer sind, wird die Wartezeit im kommenden Jahr wohl leider wieder ansteigen. Im Vergleich zu anderen Beratungsstellen, niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten oder psychiatrischen Fachärzten sind diese Wartezeiten aber sehr gering. 25
5. Anmeldegründe / Arbeitsfelder Hauptanmeldegründe Schwerpunkte: Die Themen, mit denen sich Familien an unsere Stelle wenden, decken Probleme im Sozialverhalten den gesamten Bereich des Erlebens und Verhaltens bei Kindern, Jugendli- und in sozialen Beziehungen chen und in Familien ab. Schwerpunkte bilden erwartungsgemäß Erzie- hungs- und Beziehungsprobleme, sowie Auffälligkeiten im Sozialverhalten und in sozialen Beziehungen. Danach kommt aber auch schon der Bereich der kognitiven Entwicklung, der vor allem in Bezug zu schulischen Proble- men wichtig ist. Anmeldung erfolgte primär wegen Problemen / Fragen im Bereich… Häufigkeit Prozent … Sozialverhalten / soziale Beziehungen 179 27,7% … Erziehungs- & Beziehungsprobleme 110 17% … Leistung / kognitive Fähigkeiten 94 14,6% … emotionaler Bereich 82 12,7% … umschriebene Entwicklungsstörungen 82 12,7% … Trennung / Scheidung 54 8,4% … Körper / Psychosomatik 28 4,3% … allg. Erziehungs-, Schullaufbahn-, 17 2,6% Berufs- oder Lebensfragen Tabelle 2: Hauptanmeldegründe (Mehrfachnennungen möglich) Der Bereich Trennung und Scheidung ist in dieser Aufzählung überra- schend gering, dreht sich doch vieles in unserem praktischen Alltag auch um die Veränderungen in Familiensystemen und die Auswirkungen dieser. Das liegt daran, dass sich Familien oft nicht explizit wegen Problemen in diesem Bereich anmelden, in der Arbeit mit den Menschen diese Thematik dann aber oft breiten Raum einnimmt. Schulische Entwicklung oft Ur- Eine weitere Ausdifferenzierung der Anmeldegründe zeigt Abbildung 8. sache für Anmeldungen Dieser Ausschnitt aus den Problembereichen dokumentiert jedoch nur grob die Vielfalt unserer Arbeit. Auch hier zeigt sich, dass sich viele Eltern große Sorgen im Zusammenhang mit der schulischen Entwicklung ihrer Kinder machen. Schulleistungen, Hausaufgaben, aber auch umschriebene Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten nehmen einen großen Platz in unserer Arbeit ein. Als Folge von schulischen Belastungen kommt es oft zu Konflikten in der Familie oder Sekundärproblemen bei Kindern. Neben Auffälligkeiten im Verhalten sind es vor allem die emotionalen Stö- rungen (wie Ängste, Rückzugsverhalten, depressive Tendenzen), die gra- vierende Auswirkungen von Überlastungen sein können. 26
Die Diagnostik der umschrieben Entwicklungsstörungen (Legasthenie, Zunahme bei Begutachtung von Dyskalkulie) nimmt einen zunehmend breiten Raum unserer Arbeit ein. Teilleistungsschwächen Dies liegt daran, dass sich immer weniger Fachkräfte für diesen Bereich zuständig fühlen und umfangreiche Diagnostik und Begutachtung anbie- ten. Schön wäre hier eine bessere Koordination von schulischen und au- ßerschulischen Unterstützungsmöglichkeiten und eine zentrale Anlaufstel- le für Eltern. Aktuell müssen Kinder für eine externe Förderung auf Grund von unterschiedlichen Standards mehrfach begutachtet werden. Seit Jah- ren arbeiten wir an einer besseren Information und Aufklärung über diese Thematik. Abbildung 8: Differenzierte Betrachtung der häufigsten Anmeldegründe (prozentualer Anteil bezogen auf das Geschlecht, Mehrfachnennungen möglich) 27
6. Beratungsarbeit 6.1 Statistik zu Beratung & Therapie Fachleistungsstunden und Kontakte Durchschnittlich Im Jahr 2017 wurden 243 Fälle abgeschlossen. Die durchschnittliche Zahl 13,2 Fachleistungsstunden der Fachleistungsstunden betrug dabei 13,2 Tätigkeitseinheiten (TE à 60 pro Fall Minuten) pro betreuter Familie. Auf Grund von längeren Krankheitszeiten im Team konnten in 2017 nur weniger Fälle bearbeitet werden. Dies wird sich auch mittelfristig auf Wartezeiten und Fallzahlen im kommenden Jahr auswirken. Nach wie vor ist unsere Stelle stark frequentiert. Die Anmelde- zahlen sind konstant hoch und übersteigen die personellen Kompetenzen deutlich. Leider konnten wir auch im vergangen Jahr keine Verbesserung in der angespannten personellen Situation erreichen. Abbildung 9: Fachleistungsstunden pro Fall Deutlich höhere Kontaktzahlen Trotz des leichten Rückgangs ist die Zeit, die wir in unserer Arbeit mit Fa- als im Landesvergleich milien verbringen im Landesdurchschnitt sehr hoch. Während in Bayern über 40% der Klientel nur 1-3 Kontakte zur Erziehungsberatungsstelle hat, sind dies an unserer Stelle nur 3,3%. Nur ca. 23% der Familien erhalten im Landesdurchschnitt mehr als 10 Termine. An unserer Stelle sind dies mit 68,3% über zwei Drittel der Klientel. Jetzt könnten man folgern, dass ande- re Stellen effektiver und schneller arbeiten. Die Kontakthäufigkeit läßt aber keine Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit und die Zufriedenheit mit den Ergebnissen zu. Leider wird die Effektivität oft mit der Zahl der betreu- ten Klienten gleichgesetzt. Diese Zahlen sind bei geringerer Kontakthäufig- keit natürlich deutlich höher. Qualität in unserer Arbeit zeichnet sich aber 28
nicht durch viele Klienten mit kurzer Verweildauer aus. Unser Ansatz des „so kurz wie möglich, aber so viel wie nötig“ verdeutlicht die Bedeutung der Nachhaltigkeit, längerfristi- gen Zusammenarbeit und Beziehung, bei gleichzeiti- ger Berücksichtigung der Grenzen und Möglichkei- ten unseres Angebots. Be- ratung und Therapie braucht Zeit, Vertrauen und Kontakt. Eine fundier- te Diagnostik und Kontakte zu außerfamiliären Be- zugspersonen (z.B. auch Beobachtungen in Kindertagesstätten) führen zu deutlich höheren Stun- denzahlen. Dies ist für die Qualität unserer Arbeit sehr wichtig. Vor allem die oft komplexen Bedingungen und Belastungen, mit denen Familien be- Evaluation bestätigt Konzept schäftigt sind, erfordern intensive Zusammenarbeit. Unsere letzte Evaluati- onsstudie hat gezeigt, dass die Zufriedenheit mit den Ergebnissen vor al- lem mit der Qualität der Beziehung und der Flexibilität im zeitlichen Rah- men einhergeht. Feste Stundenkontingente (wie z.B. im Krankenkassen- system) oder Kontaktbudgets helfen hier nicht weiter. Die Konzeption der Erziehungsberatung bietet hier gerade durch die Flexibilität in Setting und Dauer wichtige Komponenten für effektive und alltagsnahe Arbeit mit den Familien. Ein kleiner Teil der angemeldeten Familien (N = 47, in der Zahl der bear- beiteten Fälle nicht enthalten) hatte entweder das Problem zwischenzeit- lich selbst gelöst, einen Platz an einer anderen Stelle erhalten oder zeigte kein Interesse mehr an einer Beratung. Dennoch erfordern auch diese An- meldungen Arbeitsaufwand (Verwaltung, Anmeldegespräch), der in die Fallzahlen nicht mit eingeht. 29
Zuordnung zu den KJHG-Paragraphen Schwerpunkt: Im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) sind die verschiedenen Hilfen Hilfen nach §28 KJHG zur Erziehung und deren Rahmenbedingungen festgelegt. Obwohl Erzie- hungsberatung als niederschwellige Hilfe unab- hängig vom Jugendamt und von aufwendigeren § 8a 0,6% Genehmigungsverfahren (wie z.B. Hilfeplan) han- § 17 4,0% deln kann, sind es doch die gesetzlichen Grundla- § 18 3,6% gen, die unsere Tätigkeit und deren Finanzierung § 28 71,5% definieren. § 35a 17,0% Die für die Arbeit in der Erziehungsberatung rele- § 41 3,3% vanten Paragraphen werden fast ausschließlich in Verbindung mit §28 geleistet. In diesem Abschnitt Tabelle 3: Verteilung wird die Erziehungsberatung als niederschwellige über die KJHG-§§ Weitere Leistungen fallen zwar teilweise unter andere Paragraphen, kön- nen aber kaum unabhängig von §28 gezählt werden. Demnach verwundert es nicht, dass ein Großteil unserer Arbeit vor allem dem §28 zuzuordnen ist. Die für die Erziehungsberatung relevanten Paragraphen beinhalten nach KJHG/SGB VIII folgende Aspekte: § 8a: Schutzauftrag bei (vermuteter) Gefährdung des Kindeswohls § 16: Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (keine spezi- fischen Symptome, sondern v.a. allgemeine Beratung) § 17: Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung § 18: Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personen- sorge (bezogen z.B. auf die Ausübung des Umgangsrechts) § 28: Erziehungsberatung (hier steht die Symptomatik des Kindes und oder der erzieherische Bedarf der Eltern im Vordergrund) § 35a: Eingliederungshilfe (v.a. Diagnostik und Begutachtung bei um- schriebenen Entwicklungsstörungen) § 36: Beteiligung an der Hilfeplanung in Zusammenarbeit mit dem ASD § 41: Beratung und Hilfe für junge Volljährige Die Beratung, Diagnostik und Begutachtung im Bereich der Eingliederungs- hilfe hat weiter zugenommen. Seit Jahren erleben wir hier einen stetigen Zuwachs, der vor allem durch den Wegfall von Alternativen und die langen Wartezeiten an anderen Stellen zu erklären ist. 30
6.2 Fallbezogene Tätigkeiten10 Tätigkeiten mit diagnostischem Schwerpunkt Leistungs- und Förderdiagnostik 295 T.E. Verhaltensbeobachtung 153 T.E. Verhaltensanalysen / Anamnesen / Katamnesen 209 T.E. Tätigkeiten mit beraterisch-therapeutischem Schwerpunkt Einzelberatung / -behandlung von Kindern 93 T.E. von Jugendlichen 108 T.E. von jungen Erwachsenen 108 T.E. von Eltern bzw. Elternteilen 1143 T.E. Beratung / Behandlung von Gesamtfamilien 15 T.E. von einem Elternteil mit Kind (gemeinsam) 278 T.E. Gruppen (klientenbezogene Erfassung) Therapeutische Kindergruppen 425 T.E. Therapeutische Elterngruppen 78 T.E. Sonstige Tätigkeiten Überweisung an andere Stellen zur parallelen Mitbetreuung in 10 Fällen zur dortigen Weiterbetreuung in 70 Fällen Gutachterliche Tätigkeiten, schriftliche Stellungnahmen 102 T.E. Fallbezogene Außenkontakte 266 T.E. Fallbesprechungen im Team 153 T.E. kurzfristig abgesagte Termine 139 T.E. 10 in Tätigkeitseinheiten (T.E.) zu je 60 Minuten incl. Vor-/Nachbereitung. 31
Die graphische Darstellung der Verteilung der Tätigkeitsbereiche verdeut- licht die Schwerpunkte bei der beraterisch-therapeutischen Elternarbeit und bei diagnostischen Tätigkeiten. Diese Kernkompetenzen psychologischer Arbeit sind zentrale Bestandteile unserer fachlichen Ausrichtung. Diagnostische Tätigkeiten Therapeutische Gruppen Fallbesprechungen Termine mit Familien oder Teilfamilien Termine mit Kindern oder Jugendlichen Einzeltermine Gutachten mit Eltern Außentermine Abbildung 10: Verteilung der Tätigkeitseinheiten (die Größe der Kreise steht für den prozentualen Anteil der Tätigkeitsbereiche) Eltern als Hauptverantwortliche Die intensive Elternarbeit ist vor allem auch deswegen nötig, da wir die im Veränderungsprozess Erziehungsberechtigten immer auch als wichtigen und nützlichen Partner, als Vorbild und als zentrale Veränderungsinstanz im Alltag des Kindes se- hen. Die Verantwortung liegt immer zunächst bei den Eltern. Natürlich er- arbeiten wir mit Kindern und Jugendlichen Strategien und individuelle Lö- sungsideen, aber ohne die Mitwirkung und Unterstützung der Eltern blei- ben diese oft weniger wirksam. Dies unterscheidet unseren Ansatz auch deutlich von der Arbeitsweise niedergelassener Kinder- und Jugendlichen- psychotherapeuten, die vorwiegend Einzeltermine mit den „Patienten“ an- bieten. 32
6.3 Muttersprachlich russische Beratung Durch den Ausbau der muttersprachlichen Beratungsangebote in Nürn- berg wird unser Team seit Ende 2008 von einer russisch sprechende Kol- legin ergänzt (aktuell 10 Wochenstunden). Das muttersprachlich russische Angebot umfasst folgende Schwerpunkte: Beratungsangebote für Familien mit gravierenden Sprach- und Verständigungsproblemen: Seit vielen Jahren arbeiten wir an un- serer Stelle mit einem sehr hohen Migrantenanteil. Ein Großteil dieser Familien stammt aus dem russischen Sprachraum. Daher kann gerade eine russisch sprechende Kollegin unsere Arbeit gut unterstützen. Motivation und Information zu Sprachlernangeboten: Die mutter- sprachliche Beratung soll keine langfristige Alternative zu deutschspra- chigen Angeboten sein. Im Rahmen dieser Arbeit ist es ein wichtiges Ziel, auch die weitere Perspektive in Deutschland, verbunden mit der Entwicklung der Sprachkompetenz zu thematisieren. Information über wichtige Rahmenbedingungen in Deutschland: Erhöhung der interkulturellen Kompetenz im Team: Durch Hinter- grundwissen über die russische Kultur, andere Erziehungsziele und Werte, familiäre Strukturen und institutionelle Systeme profitieren wir im Kollegenkreis von den Erfahrungen und Erklärungen aus „erster Hand“. Aufgrund der geringen Stundenzahl können diese Ziele nur Leitlinien in der praktischen Arbeit sein. Die hohe Nachfrage nach diesem Angebot und die Tatsache, dass in der Stadt Nürnberg und gerade in unserer Region die Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund und damit auch der Men- schen aus anderen Sprachräumen sehr hoch ist, unterstreicht die Notwen- digkeit, diese Angebote weiter auszubauen. Unsere langjährige Kollegin Julia Furman hat im Herbst ihre Arbeit an un- serer Stelle beendet. Durch ihr großes Engagement und ihr hohe fachliche Kompetenz hat sie die Stelle geprägt und hervorragende Arbeit geleistet. Wir freuen uns, mit Frau Ganna Savchenko wieder eine Psychologin aus dem russischen Sprachraum gefunden zu haben. Das muttersprachlich 33
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