Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung

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Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
Psychologische Beratungsstelle
für Eltern, Kinder & Jugendliche
Nürnberg-Langwasser
Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
Inhalt

Zusammenfassung                                      4

Vorwort                                              6

1    Allgemeine Angaben zur Beratungsstelle          7

2    Personal                                        8

3    Leistungsspektrum
     3.1 Aufgaben der Beratungsstelle                9
     3.2 Konzept & Arbeitsschwerpunkte              10
     3.3 Vernetzung                                 13

4    Klientenbezogene statistische Angaben          15

5    Anmeldegründe & Arbeitsfelder                  26

6    Beratungsarbeit
     6.1 Statistik zu Beratung & Therapie           28
     6.2 Fallbezogene Tätigkeiten                   31
     6.3 Muttersprachlich russische Beratung        33

7    Interne Qualifizierung & Qualitätssicherung    35

8    Prävention, Multiplikatorenarbeit & Netzwerk   36

9    Öffentlichkeitsarbeit & Gremienarbeit          37

     Internetauftritt und Anfahrt                   38

     Impressum                                      40

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Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
Zusammenfassung

    Fallzahlen 2017:
      N = 330 betreute Klienten/Familien, davon N = 241 Neuaufnahmen.
      N = 89 Übernahmen aus dem Vorjahr. N = 243 abgeschlossene Fälle.
      Insgesamt N = 688 Personen familienintern sowie N = 497 aus dem Um-
      feld in die Fallarbeit miteinbezogen. Wie in unserem Einzugsbereich üb-
      lich, hoher Anteil an sozial schwachen Familien (60,3% Klientel aus Un-
      terschicht und unterer Mittelschicht) und/oder von Familien mit Migrati-
      onshintergrund (52,1%). Klienten aus über 40 verschiedenen Nationen
      (v.a. aus Ländern der ehemaligen Sowjetunion und südosteuropäischen
      Staaten). Migrantenanteil damit erneut sehr hoch.

    Beratungsgründe (Schwerpunkte):
      Hauptanmeldegründe sind Probleme im Sozialverhalten und in sozialen
      Beziehungen (27,7%), Erziehungs- und Beziehungsprobleme (17%),
      Lern- und Leistungsprobleme (14,6%). Weiter steigende Nachfrage bei
      Verdacht auf Umschriebene Entwicklungsstörungen im Rahmen der Be-
      gutachtung nach §35a KJHG (17%). Andere Schwerpunkte sind emotio-
      nale Störungen und familiäre Probleme im Zusammenhang mit Tren-
      nung und Scheidung. Familiäre Belastungen erhöhen das Risiko für psy-
      chische Auffälligkeiten oder erschweren die Arbeit mit den Klienten.

    Personalausstattung und Beratungskapazität:
      Die Wartezeit zwischen Anmeldung und Erstgespräch lag 2017 bei
      durchschnittlich 3,3 Wochen. Krisen und jugendliche Selbstanmelder
      erhalten sofort einen Termin.
      Als hauptamtliche Fachkräfte arbeiten an unserer Stelle zwei

      und Jugendlichenpsychotherapeutin (alle Vollzeit), eine Sekretärin
      (Teilzeit) und eine russischsprachige Psychologin B.A. mit 10 Wochen-
      stunden. Zusätzliche präventive und therapeutische Gruppenangebote
      gibt es durch eine Honorarkraft (Pädagoge B.Sc.).
      Konzeptionell eher längerfristige therapeutische Arbeit bei durchschnitt-
      lich 13,2 Fachleistungsstunden pro Fall. Hier zeigt sich der Vorteil unse-
      res flexiblen Settings (vgl. S. 11). Die Anmeldezahlen befinden sich seit
      einigen Jahren auf einem konstant hohen Niveau.

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Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
Prävention:
  Regelmäßige präventive Angebote wie Telefonsprechstunden, allgemei-
  ne Beratungen, Fortbildungen für Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten
  und Schulen, Elternabende oder Teilnahme an Arbeitskreisen im Rah-
  men der zeitlichen und personellen Möglichkeiten.
  Das Projekt „Faires Raufen“ als niederschwelliges Angebot zur Gewalt-
  prävention wurde weiter in Kooperation mit Schulen und Kindertages-
  stätten durchgeführt und ist seit mehreren Jahren fester Bestandteil
  unserer Arbeit.

Zusammenarbeit mit Kindertagesstätten und Schulen:
  Im Rahmen der Fallarbeit meist kontextbezogene Zusammenarbeit mit
  Kindertagesstätten und Schulen, natürlich nur mit Einverständnis der
  Eltern. Verhaltensbeobachtungen im Alltagsumfeld. Kooperationen mit
  diversen Fachkräften aus Kinder- und Jugendhilfe, dem Gesundheitsbe-
  reich und pädagogischen Einrichtungen (vgl. S. 12). Darüber hinaus
  Kontakte über Fortbildungen für Mitarbeiterinnen in Kindertagesstätten
  und Schulen, Angebote für Arbeitskreise und zahlreiche Kooperations-
  treffen.
  Im Jahr 2017 wurden 266 Fachleistungsstunden (à 60 Min.) für fallbezo-
  gene Außenkontakte aufgewendet und hierbei 497 außerfamiliäre Be-
  zugspersonen erreicht. Damit kommen wir den Forderungen nach auf-
  suchender Arbeit und Lebenswelt- bzw. Sozialraumorientierung in um-
  fangreicher und effektiver Weise nach.

Veränderungen zum Vorjahr und besondere Aktivitäten:
  Frau Julia Furman hat im Herbst 2017 ihre Tätigkeit an unserer Stelle
  beendet. Wir danken ihr für ihr sehr großes Engagement. Durch Frau
  Furman ist unsere Einrichtung zu einer wichtigen Anlaufstelle für Fami-
  lien aus dem russischsprachigen Raum geworden. Mit Frau Ganna Sav-
  chenko konnten wir eine Nachfolgerin finden, so dass das muttersprach-
  lich russische Angebot auch weiterhin an unserer Stelle fortgesetzt wer-
  den kann. Leider wurde diese wichtige Arbeit trotz mehrfacher Anfragen
  und Anträge bisher nicht ausgeweitet. Unser Angebot kann somit den
  Bedarf nur sehr bedingt decken.
  Im Zusammenhang mit der Fortschreibung der Jugendhilfeplanung
  (siehe Jahresbericht 2016) wurde eine Erweiterung der Planstellen für
  die Erziehungsberatung (vor allem im Nürnberger Süden) gefordert. Der
  Caritasverband Eichstätt e.V. hat daher eine neue Personalstelle für un-
  sere Beratungsstelle beantragt.

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Vorwort

    Trotz der allseits anerkannten Unterversorgung mit Beratungsangeboten im
    Nürnberger Süden schaffte es unser Antrag auf eine Stellenerweiterung im
    vergangenen Jahr anscheinend nicht einmal bis in den Jugendhilfeaus-
    schuss. Bei gleichbleibend hoher Nachfrage kam es dann so, wie seit lan-
    gem zu befürchten war:
    Längere, krankheitsbedingte Ausfallszeiten konnten von den verbliebenen
    MitarbeiterINNen trotz großem Einsatz nur zum Teil ausgeglichen werden.
    Hinzu kam der Wechsel in unserer russischsprachigen Beratung mit der
    erforderlichen Einarbeitungszeit sowie die lange Zeit schwierige Suche
    nach einer kompetenten und erfahrenen Honorarkraft für unsere Kinder-
    gruppen. Dies alles führte im Vergleich zu den Vorjahren zu einem spürba-
    ren Rückgang bei den Fallzahlen wie bei den geleisteten Fachleistungs-
    stunden.

    Angesichts des weit überdurchschnittlich hohen Anteils an Familien mit
    Migrationshintergrund (laut Nürnberger Nachrichten 56% der Einwohner
    z.B. in der Giesbertsstraße) und zum Teil prekären Einkommensverhältnis-
    sen in unserem direkten Einzugsbereich war hier gleichzeitig bei den letz-
    ten Bundestagswahlen der hohe Anteil an AFD-Wählern umso auffallender.
    Die beweist auch, wie unverzichtbar unsere Beratungsangebote für eine
    noch bessere Integration, den Abbau von zum Teil irrationalen Ängsten und
    Vorurteilen usw. in den letzten Jahrzehnten waren bzw. in den kommenden
    Jahren noch sein werden.
    So bleibt nur zu hoffen, dass wir uns nicht auf Jahre hin mit der aktuellen
    Situation im Sinne einer „Notstandsverwaltung“ zufriedengeben müssen,
    sondern mit einer irgendwann verbesserten Personalausstattung wieder
    aktiver Prozesse selbst initiieren und gestalten können.

    Für die erhaltene finanzielle wie inhaltliche Unterstützung gilt auch in die-
    sem Jahr unser Dank stellvertretend für die von uns betreuten Familien,
    Eltern, Kinder und Jugendlichen unserem Träger wie den kommunalen und
    staatlichen Zuschussgebern, ohne die unsere Arbeit bzw. die damit verbun-
    denen Hilfen für Familien nicht möglich wären.

    Für das Team der Beratungsstelle

    Michael Trips
    Diplom-Psychologe, Leiter der Beratungsstelle

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Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
1. Allgemeine Angaben

Anschrift

Psychologische Beratungsstelle
für Eltern, Kinder und Jugendliche
Erziehungsberatungsstelle
Giesbertsstraße 67 b
90473 Nürnberg

Telefon:    0911 / 800 11 09
Fax:        0911 / 89 06 42
e-mail:     erziehungsberatung@caritas-nuernberg-sued.de
            www.erziehungsberatung-nuernberg-sued.de
Spenden:    LIGA Bank Nürnberg
            IBAN: DE 9775 0903 0000 0510 3100
            BIC: GENODEF1M05

Träger

Caritasverband für die Diözese Eichstätt e.V.
Residenzplatz 14
85072 Eichstätt

Telefon:    08421 / 50901
Fax:        08421 / 50909
Internet:   www.caritas-eichstaett.de

Öffnungszeiten

Anmeldung: Montag bis Donnerstag 8.00 - 12.00 und 13.00 - 16.00 Uhr
           Freitag 8.00 - 14.00 Uhr

Abendtermine nach Bedarf der Klienten. Gesprächstermine nach Verein-
barung. Regelmäßige feste Telefonsprechstunden mehrmals wöchentlich.

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Psychologische Beratungsstelle für Eltern, Kinder & Jugendliche Nürnberg-Langwasser - Erziehungsberatung
2. Personal

    FURMAN Julia                           Psychologin M.Sc.
                                           (Teilzeit 8 Std.), bis 30.09.2017

    KELLNER Kristina                       Sekretärin (Teilzeit)

    NIEMEYER Elisabeth                     Diplom-Sozialpädagogin
                                           Heilpädagogin, Kinder- und
                                           Jugendlichenpsychotherapeutin

    RUBCIC Sanela                          Sekretärin (Teilzeit),
                                           bis 03.02.2017

    SAVCHENKO Ganna                        Psychologin in Ausbildung
                                           (Teilzeit 10 Std.), seit 01.10.2017

    SEGER Martin                           Diplom-Psychologe
                                           Psychologischer Psychotherapeut

    TRIPS Michael                          Diplom-Psychologe
                                           Psychologischer Psychotherapeut
                                           Supervisor (Bayerische Psycho-
                                           therapeutenkammer)

    Mitarbeiterin auf Honorarbasis

    ADAM Daniel                            Pädagoge B.A.

    Für fachärztliche Fragen steht uns mit der Kinderärztin Frau Strohbach eine
    kompetente Ansprechpartnerin zur Verfügung.

    Praktikantinnen/Praktikanten

    Folgende Psychologie-, Schulpsychologie-, Pädagogik- bzw. Sozialpädago-
    gikstudentinnen, bzw. Studenten waren 2017 im Rahmen eines mehrwöchi-
    gen bzw. halbjährigen Praktikums in unserer Stelle zu Gast:

    Julia Bohnsack, Tatjana Fuchs, Anja Gaugigl (Universität Bamberg), Daniel
    Adam (Universität Ulm), Katrin Brunner (Technische Hochschule Nürnberg,
    Fachbereich Soziale Arbeit).

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3. Leistungsspektrum

3.1 Aufgaben der Beratungsstelle

Entsprechend der Beschreibung der Bundeskonferenz für Erziehungs-
beratung (BKE) stehen Erziehungs- und Familienberatungsstellen „...allen
Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, Eltern und deren Familien
offen, die im Erziehungsalltag auf Fragen, Schwierigkeiten oder Probleme
stoßen, die die gesunde seelisch-geistige Entwicklung von jungen Men-
schen betreffen.”

Immer dann, wenn es in der Entwicklung von Kindern, in familiären Bezie-
hungen, im elterlichen Handeln oder im Kontakt mit außerfamiliären Stel-
len zu Fragen, Sorgen, Problemen oder Auffälligkeiten kommt, können
sich Eltern an unsere Stelle wenden. Wir versuchen, gemeinsam die Prob-
lematik zu erfassen, Zielvorstellungen zu erarbeiten, Lösungswege zu fin-
den, sowie deren Umsetzung zu begleiten.

Unsere Arbeit umfasst folgende Hauptaufgaben:

(Psychologische) Diagnostik
Beratung und Therapie
Vermittlung geeigneter Förder- & Unterstützungsangebote
Prävention
Beratung in Fällen von Trennung und Scheidung
Fachdienstliche Aufgaben

Bei Bedarf - und unter Wahrung der Schweigepflicht - arbeiten wir auch mit
anderen Fachkräften zusammen. Dabei können wir Kinder auch vor Ort
(z.B. in der Schule, in der Kindertagesstätte) in ihrem alltäglichen Umfeld
aufsuchen, mit den Betreuungspersonen sprechen und Interventionen im
außerfamiliären Kontext initiieren und begleiten.

Elementare Voraussetzungen unserer Arbeit sind:

Freiwilligkeit aller Beteiligten
Verschwiegenheit / Schweigepflicht
Kostenfreiheit sämtlicher Leistungen
Unabhängigkeit (von z.B. Ämtern, Schulsystem, Gesundheitssystem)

Der Kontakt zu unserer Stelle ist jederzeit und unkompliziert möglich. Unser
Angebot ist nicht an Auflagen des Jugendamtes bzw. des ASD gebunden
und nicht hilfeplanpflichtig. Wir arbeiten unabhängig von Ämtern, Behörden
oder anderen Einrichtungen.

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3.2 Konzept und Arbeitsschwerpunkte

     Typische Aufnahmekriterien

     Entwicklungsprobleme von Kindern (z.B. Regulationsstörungen,
       Entwicklungsauffälligkeiten, Sprachstörungen, motorische Probleme,
       Wahrnehmungsstörungen, Einnässen, Einkoten, etc.).

     Schulische- und Verhaltensprobleme (z.B. verhaltens- und/oder
       leistungsbezogene Schulschwierigkeiten, Konzentrationsmängel, Haus-
       aufgabenprobleme, Schul-/Prüfungsangst, Defizite in sozialen und/oder
       emotionalen Kompetenzen, Teilleistungsstörungen, Schulverweigerung,
       internalisierende und externalisierende Verhaltensprobleme usw.).

     Emotionale Probleme (z.B. Ängste, Depression, Umgang mit Trau-
       er, Tod und anderen Belastungen, Selbstverletzendes Verhalten, An-
       passungsstörungen, Kinder psychisch kranker Elternteile usw.).

     Erziehungs- und Familienprobleme (z.B. Beziehungs- und Erzie-
       hungsschwierigkeiten, Trotzverhalten, Geschwisterrivalität, Pubertäts-
       probleme, Kommunikationsschwierigkeiten, Lügen, Stehlen, Gewalt in
       der Familie, sexueller Missbrauch, Trennung der Eltern, Probleme von
       Alleinerziehenden usw.).

     Schwierigkeiten von Jugendlichen und jungen Erwachsenen
       (z.B. Pubertätsprobleme, Selbstwertprobleme, Ablösungsprobleme,
       Ängste, dissoziales und/oder delinquentes Verhalten, Essstörungen,
       Sexualprobleme, Schul-/Ausbildungs- oder Berufsprobleme usw.).

     Persönliche Probleme der Eltern, die die Erziehung und Entwick-
       lung von Kindern beeinträchtigen (z.B. Erziehungsunsicherheiten,
       Selbstwertprobleme, soziale Unsicherheit, Ängste, Depressionen, Zwän-
       ge, Schwierigkeiten im Umgang mit sich und anderen, psychosomati-
       sche Beschwerden usw.).

     Fragen und Probleme von Eltern bezüglich Partnerschaft, Trennung und
       Scheidung, soweit ein Kind oder Jugendlicher mit betroffen ist.

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Arbeitskonzept

Grundgerüst und Hintergrundphilosophie unserer Arbeit ist das sogenannte                 Das Selbstmanagement-Modell
„Selbstmanagement”-Modell, das ein kognitiv-verhaltenstherapeutisches                    als therapeutische Grundlage
Problemlösevorgehen mit systemorientierten Sichtweisen verbindet und es
erlaubt, Methoden aus verschiedenen therapeutischen sowie sozial- und
heilpädagogischen Konzepten schlüssig zu integrieren. „Hilfe zur Selbst-
hilfe”, Systemperspektive, ziel- und lösungsorientiertes Arbeiten, Befähigen
(„empowerment”) von Menschen zum Umgang mit den Anforderungen ih-
res Lebens, Orientierung an der Lebenswelt unserer Klienten samt allen
soziokulturellen Rahmenbedingungen, Stärkung von Autonomie und von
Selbstverantwortung, Nutzung wesentlicher Ergebnisse der Grundlagenfor-
schung, Evaluation, Qualitätskontrolle etc. sind einige Schlagworte dieses
Ansatzes, der zwischenzeitlich in mehreren deutschsprachigen Versionen
publiziert ist.1

Ein wichtiger Schwerpunkt unserer Arbeit ist ein flexibles und damit prob-               Flexibles Settingdesign
lem- und lösungsangepasstes Settingdesign, welches modernen Forderun-
gen an eine Therapie mit Kindern und Jugendlichen entspricht.2 Gerade
der Einbezug verschiedener Familienmitglieder stellt aus unserer Sicht eine
unverzichtbare Komponente in der therapeutischen Arbeit dar. Die Verant-
wortung für Veränderung liegt damit nicht bei dem Kind oder dem/der Ju-
gendlichen, die in eine Einzeltherapie mit gelegentlichen Elternkontakten
kommen. Bei unserem Ansatz sind immer möglichst alle Beteiligten als
wichtige Informanten, Ideengeber, Helfer oder Unterstützer gefragt. Gerade
den Eltern kommt die wichtige Aufgabe zu, Veränderungsprozesse im All-
tag zu beobachten, zu initiieren und hilfreich zu unterstützen. Ohne eine
intensive Elternbeteiligung wäre das gar nicht möglich. Dies wurde in einer
umfangreichen Metaanalyse auch statistisch bestätigt.3 Die Autorinnen be-
klagen dabei die unzureichenden familienbezogenen Angebote in der am-
bulanten Versorgung und bescheinigen den elternzentrierten Interventionen
eine gute Wirksamkeit sowie hohe Kosteneffektivität. In unserem Alltag er-
leben wir diese Diskrepanz zwischen hilfreichen Angeboten und institutio-
nellen Zwängen (Abrechnungsmodalitäten, Vereinbarungen mit der Kas-
senärztlichen Vereinigung etc.). Daher erscheint uns unser flexibles, fami-
lienorientiertes Konzept sehr hilfreich und alltagsnah, was in unseren regel-
mäßigen Evaluationsstudien (als Download auf unserer Homepage) auch
deutlich nachgewiesen wurde.
1
  SCHMELZER, D. & TRIPS, M. (1996). Der Selbstmanagement-Ansatz als grundle-
gendes Arbeitsmodell einer Erziehungsberatungsstelle (als Download unter
www.erziehungsberatung-nuernberg-langwasser.de).
2
  SCHMITT, A. & WECKENMANN, M. (2009). Settingdesign in der (systemischen)
Therapie mit Kindern, in: Familiendynamik, 34 (1), S. 74-91.
3
  HERR, L., MINGEBACH, T., BECKER, K., CHRISTIANSEN, H. & KAMP-BECKER, I.
(2015). Wirksamkeit elternzentrierter Interventionen bei Kindern im Alter von zwei bis
zwölf Jahren, in: Kindheit und Entwicklung, 24 (1), S. 6-19.

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Besondere Arbeitsschwerpunkte

                                     Unsere Fachkräfte sind für alle üblichen Arbeitsfelder einer Erziehungsbe-
                                     ratungsstelle zuständig. Durch spezielle Fort- und Weiterbildungen haben
                                     sich dabei bestimmte Arbeitsakzente herausgebildet. Diese sind z.B.:

                                     Klinisch-psychologische Störungsbilder mit Indikation für verhaltens-
                                       therapeutisch und systemisch orientierte Verfahren
                                     Förderorientierte Diagnostik und Behandlung von Kindern mit Wahrneh-
                                       mungs- und Teilleistungsproblemen oder Entwicklungsverzögerungen
                                     Therapeutische Gruppen zum Aufbau und zur Erweiterung sozialer
                                       Kompetenzen
                                     Psychomotorik-Förderung (meist in Kleingruppen)
                                     Gestalttherapeutische und heilpädagogische Einzel- oder Gruppenbe-
                                       handlung von Kindern
                                     Praxisberatung, Supervision und Fortbildung (vor allem für Mitarbeiterin-
                                       nen und Mitarbeiter in Kindertagesstätten)
                                     Präventive Gruppenangebote
                                     Beratung bei migrationsspezifischen Aspekten, auch auf englisch bzw.
                                       als muttersprachliches Angebot auf russisch.

Diagnostische und therapeuti-        In Anbetracht der vielfältigen Aufgabenbereiche und der oft komplexen
sche Kompetenz wichtig               Anmeldegründe ist eine therapeutische Zusatzqualifikation äußerst hilfreich
                                     und zum Teil auch unumgänglich. Werden beispielsweise Begutachtungen
                                     nach §35a KJHG gefordert, ist die Approbation des Gutachters eine ent-
                                     scheidende Voraussetzung. Da unser Arbeitsspektrum zum großen Teil auf
                                     der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Gesundheitssystem liegt, sind
                                     umfangreiche diagnostische und therapeutische Kompetenzen unumgäng-
                                     lich und darüber hinaus zur Erfüllung der gesetzlich vorgeschriebenen Auf-
                                     gabenstellungen zwingend erforderlich.4 Dies belegt auch eine Studie der
                                     Bundespsychotherapeutenkammer, nach deren Erkenntnissen fast die
                                     Hälfte der Kinder und Jugendlichen, die an einer Beratungsstelle vorgestellt
                                     werden eine psychische Erkrankung aufweisen. Auch etwa ein Drittel der
                                     Eltern die Erziehungsberatung suchen sind von einer psychischen Erkran-
                                     kung betroffen. Daher ist die psychotherapeutische Kompetenz ein unver-
                                     zichtbarer Faktor für die Qualität unserer Arbeit.5

                                     4
                                       RÖTSCHKE, S. (2015). Erziehungs- und Familienberatung als Arbeitsfeld approbier-
                                     ter Psychotherapeuten, in: Psychotherapeutenjournal, 14 (2), S. 179f.
                                     5
                                                                                                                      ,
                                     Bundespsychotherapeutenkammer, 26.05.2015, unter http://www.bptk.de/
                                     publikationen/bptk-studie.html

                                12
3.3 Vernetzung

Unsere Stelle ist seit vielen Jahren verlässlicher Ansprechpartner im Be-
reich der Arbeit mit Familien. Die langjährige personelle Stabilität und die
umfangreiche kontextuelle Arbeit in den unterschiedlichsten Einzelfällen
ermöglicht zahlreiche Kontakte im Sinne unserer Klienten und der Entwick-
lung des Sozialraums.
                                            Fördereinrichtungen

                                            ● Ergotherapie
   städtische & staatliche Stellen
                                            ● Logopädie
   ● allgemeiner Sozialdienst               ● Frühförderstellen
   ● Jugend-/Sozialamt                      ● schulvorbereitende
   ● Gesundheitsamt
   ● Stadtteilprojekte                      ● Lerntherapie
   ● Bündnis für Familie

                                                      Gesundheitswesen
 überregional
                                                      ● ÄrztInnen
 ● LAG/BKE                   Psychologische           ● Kinderkliniken
 ● EBen CV Eichstätt         Beratungsstelle          ● Kinder- & Jugend-
 ● LvkE                                                 psychiater/KJP
 ● PTK Bayern                                         ● Psychotherapeuti-
                                                        sche Praxen
                                                      ● Gesundheitsamt
     andere Beratungsstellen

     ● Erziehungsberatungsstellen            Pädagogischer Bereich
     ● Schulpsychologische Dienste
     ● Beratungsstelle für Kinder mit        ● Kindertagesstätten
       besonderem Förderbedarf               ● Schulen
     ● Zentrale Beratungsstelle für          ● schulbezogene
       behinderte und entwicklungs-            Beratungsdienste
       verzögerte Kinder                     ● Jugendsozialarbeit an
     ● Ambulanter Krisendienst                 Schulen (JaS)
     ● Caritas Kreisstelle (u.a. allg.       ● HPTen / Heime
       Sozialberatung, Schuldnerbe-
       ratung, Aussiedlerberatung)
     ● sonstige Fachberatungen

Abbildung 1: Vernetzung mit anderen Einrichtungen

                                                                               13
Andere Kooperationen beziehen sich auf die Teilnahme an regelmäßig
                                   stattfindenden Arbeitskreisen und Treffen mit Fachkräften, wie z.B.:

                                   Arbeitsgemeinschaft der Nürnberger Erziehungsberatungsstellen
                                   Treffen der Erziehungsberatungsstellen in der LAG Mittelfranken
                                   Fachforum „Beratungsdienste“ innerhalb des Landesverbandes kath.
                                     Einrichtungen und Dienste der Erziehungshilfen in Bayern e.V. (LvkE)
                                   Jugendhilfeausschuss der Stadt Nürnberg
                                   Arbeitskreis Trennung / Scheidung
                                   Arbeitskreis Gewaltprävention
                                   Psychotherapeutisches Fachteam (PTK)
                                   Regionale Arbeitskreise in Nürnberg-Langwasser
                                   Psychosoziale Arbeitsgemeinschaft (PsAG)

                                   Hier müssen wir aus personellen wie zeitlichen Gründen und angesichts
                                   der hohen Anmeldezahlen nach wie vor die größten Abstriche machen,
                                   nehmen also meist nur dann an Treffen und Arbeitskreisen teil, wenn The-
                                   men anstehen, die unsere Beratungsarbeit direkt betreffen.

Arbeit im Kontext als wichtiger    Aus unserer inhaltlichen Konzepti-
Bestandteil der Konzeption         on (Beratung und Therapie als
                                   „Problemlösen in komplexen Sys-
                                   temen“, vgl. auch S. 11f.) ergibt
                                   sich die besondere Bedeutung des
                                   kontextuellen Rahmens. Jede
                                   Problematik ist multikausal verur-
                                   sacht und beeinflusst - wir müssen
                                   uns also von der Hoffnung verab-
                                   schieden, es gäbe die eine,
                                   „wahre“ Ursache für ein bestimm-
                                   tes Verhalten, die man nur herausfinden müsse und dementsprechend eine
                                   einzige Lösungsmöglichkeit. Neben der direkten therapeutischen Arbeit mit
                                   den Eltern und den Kindern bzw. Jugendlichen versuchen wir stets, die
                                   Umgebungsbedingungen im institutionellen, sozialen, räumlichen und öko-
                                   logischen Kontext mit in unsere Arbeit einzubeziehen. Jedes Verhalten,
                                   jede Person, jeder Teilaspekt steht immer in einem Netz von Bedingungen,
                                   die sich gegenseitig beeinflussen. In Abstimmung mit den Eltern suchen wir
                                   deshalb auch engen und persönlichen Kontakt zu den außerfamiliären Be-
                                   zugspersonen und den Alltagsräumen der Kinder. So gesehen gehört die
                                   „aufsuchende Erziehungsberatung“ bereits seit langem zu unserer alltägli-
                                   chen Arbeit, was durch die konstant hohen Kontakte zu Institutionen und
                                   außerfamiliären Bezugspersonen verdeutlicht wird.

                              14
4. Klientenbezogene statistische
   Angaben

Bearbeitete Fälle

An unserer Stelle wird jede Familie, die zu Terminen an unsere Stelle             Transparente Datenerfassung
kommt als „ein Fall“ gezählt - unabhängig von der Anzahl der beteiligten
Kinder oder der Anmeldegründe. Über die unbefriedigende Diskussion über
die Erfassung von Klienten haben wir in den letzten Jahresberichten aus-
führlich berichtet. Für die Vergleichbarkeit und Nachvollziehbarkeit unserer
Daten bieten wir eine transparente Darstellung und eine ausführliche Be-
schreibung, wie diese Daten zustande gekommen sind.
Ausschließlich telefonisch beratene Klienten - z.B. aus den Telefonsprech-
stunden - oder Klienten, die trotz vereinbartem Termin nicht erscheinen,
werden bei uns nicht als Fall gezählt und gehen nicht in die Statistik mit ein.

                                                          2017    2016 5-J-Ø

insgesamt betreute Klienten/Familien                     330     366  357
davon Neuaufnahmen                                       241     270  267
übernommen aus dem Vorjahr                                89      96   90
abgeschlossene Fälle                                     243     277  266
insgesamt kontaktierte Personen                         1185    1299 1305
kontaktierte Personen außerhalb der Familie              497     513  526

Wegen längeren krankheitsbedingten Fehlzeiten sind die Fallzahlen und
Tätigkeitseinheiten in 2017 deutlich geringer als im langjährigen Durch-
schnitt. Dies kommt im Fall unserer „kleinen“ Stelle noch deutlicher zum
Tragen, da eine Vollzeitkraft hier knapp ein Drittel der Belegschaft aus-
macht und so auch einen großen Teil zum Gesamtergebnis beiträgt. Durch
die ohnehin schon stark begrenzte Personalsituation kann die fehlende Ar-
beitszeit nicht ausgeglichen werden. Dies geht leider auch zu Lasten unse-
res Angebots. Mehrfach haben wir auf die hohe Nachfrage und geringe
Personalkapazität im Nürnberger Süden hingewiesen. Auch im vergange-
nen Jahr konnten wir keine ernsthaften Bemühungen erkennen, sich mit
diesem Thema auseinanderzusetzen. So bleibt es beim Status Quo der
„sozial-räumlichen Versorgungslücke.“

Die Anfragen an unsere Stelle sind ungebrochen hoch. Dies liegt zum ei-           Konstant hohe Anmeldezahlen
nen an der „Mundpropaganda“ durch ehemalige Klienten, die unsere Stelle
weiterverweisen. Zum anderen wird der Bekanntheitsgrad unserer Stelle
auch immer wieder durch die zahlreichen Kontakte mit außerfamiliären Be-
zugspersonen und Institutionen im Umfeld gefestigt.

                                                                                  15
Unterversorgung mit Beratungs-
angeboten

Viel Kontakt zu außerfamiliären    Im vergangenen Jahr standen wir mit N = 1185 Personen in direktem Kon-
Bezugspersonen                     takt. Dies belegt unsere umfangreiche Arbeit im familiären und sozialen
                                   Kontext. In vielen Fällen gehen die Kontakte über die Arbeit mit den Eltern
                                   und Kindern hinaus, indem Kooperationen mit Erzieherinnen, Lehrkräften,
                                   Ärzten, anderen Therapeuten etc. stattfinden. Dies ist gerade der Vorteil
                                                                                    unseres Konzeptes: Thera-
                                                                                    peutische Arbeit mit Kin-
                                                                                    dern kann aus unserer Er-
                                                                                    fahrung heraus ohne die
                                                                                    Mitwirkung der engeren und
                                                                                    sekundären Bezugsperso-
                                                                                    nen langfristig nur schwer
                                                                                    erfolgreich sein. Im Durch-
                                                                                    schnitt sind bei jeder Fami-
                                                                                    lie auch 1,5 Personen aus
                                                                                    dem direkten Umfeld der
                                                                                    Kinder im Beratungspro-
                                   zess beteiligt. Dadurch ist ein Transfer in den Alltag der Familien besser
                                   möglich und Veränderungsansätze können nachhaltiger und sicherer in der
                                   Praxis umgesetzt werden. Die Vergleichszahlen unseres Fachverbandes
                                   LAG Bayern zeigen dass wir hier viel stärker als die meisten anderen Bera-
                                   tungsstellen externe Fachkräfte in die Arbeit mit Familien einbinden
                                   (bayernweit 0,36 Personen/Fall7).

Kooperation zwischen Jugend-       Immer häufiger erleben wir uns an der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe
hilfe und Schule                   und Schule. Viele Eltern kommen wegen schulischen Problemen zu uns,
                                   oder werden von Schulen an unsere Stelle verwiesen. Im Bereich der Be-
                                   gutachtung bei umschriebenen Entwicklungsstörungen ist dies offensicht-
                                   lich, da neben der schulinternen Unterstützung durch Nachteilsausgleich
                                   und Notenschutz auch außerschulische Lerntherapie sinnvoll sein kann
                                   und hierfür ein Gutachten eines approbierten Psychotherapeuten nötig ist.
                                   Anders verhält es sich, wenn Kinder wegen Verhaltensproblemen in der
                                   6
                                       vgl.: KOMDAT, Heft 1/17, S. 2f., (auch unter www.akjstat.tu-dortmund.de).
                                   7
                                       Erziehungsberatung aktuell, 2/2017, S. 4.

                              16
Schule angemeldet werden. Oft wenden sich Eltern an unsere Stelle, da
schulinterne Beratungsdienste nicht zeitnah oder längerfristig zur Verfü-
gung stehen. Den Auftrag, die Regeleinhaltung im Unterricht zu gewährleis-
ten, können wir hier nicht
annehmen. Einerseits feh-
len uns Kompetenzen für
die Arbeit im schulischen
Setting (Unterrichts-
beobachtung, Beratung
von Lehrkräften), anderer-
seits sind wir nicht Paral-
lelberatung zu schuli-
schen Diensten. So
kommt es häufig zu unre-
alistischen Erwartungen
bei Eltern, aber auch bei Lehrkräften. Nur im Zusammenspiel zwischen Ju-
gendhilfe und Schule lassen sich hier hilfreiche Veränderungen für alle Be-
teiligten erreichen. In der Praxis gestaltet sich dieser Prozess allerdings
nicht immer einfach. Auffällig ist aber die Häufung der Verhaltensprobleme
gerade in den Grundschulklassen. Hier fehlt es Lehrkräften, trotz inzwi-
schen teilweise kleinerer Klassen, an Zeit, Möglichkeiten und Ausbildung
im Umgang mit schwierigen Schülerinnen und Schülern. Kindern fehlen
wiederum wichtige Voraussetzungen in der Akzeptanz von Rahmenbedin-
gungen und Personen, im guten Kontakt mit Mitschülerinnen und Mitschü-
lern und in der Fähigkeit sich selbst besser steuern zu können. Der Ruf
nach der „außerschulischen Reparaturwerkstatt“ ist zwar naheliegend, aber
illusorisch. Nur im alltagsnahen direkten Kontakt mit den Kindern und in der
engen Kooperation mit den Eltern lassen sich effektiv Probleme angehen.
An diesen Beispielen zeigt sich einmal mehr, wie weit doch der Wunsch
nach Inklusion aller Kinder in eine einheitliche Schulform von der alltägli-
chen Realität entfernt ist.

Erfreulich ist in diesem Zusammenhang der weitere Ausbau der Jugendso-         Jugendsozialarbeit als Partner
zialarbeit an Schulen (JaS) in der Stadt Nürnberg. Für die Schülerinnen        an Schulen
und Schüler, aber auch für Lehrkräfte und Eltern ist es sehr wichtig An-
sprechpartner in der Schule zu haben, die nicht in der Doppelrolle Lehrer/
Vertrauensperson stehen. Aber auch diese Fachkräfte sind keine
„eierlegende Wollmilchsäue“, die alle Konflikte und Schwierigkeiten an
Schulen lösen können, zumal sie nicht selten mit Erwartungen überhäuft
werden. Am Beispiel von JaS zeigt sich, wie ein Zusammenspiel von Ju-
gendhilfe und Schule funktionieren kann. Dass dies in der Zukunft wohl im-
mer wichtiger wird zeigen die Rückmeldungen der Lehrkräfte, die Erfahrun-
gen der JugendsozialarbeiterInnen, BeratungslehrerInnen und Schulpsy-
chologInnen, wie auch die Anmeldezahlen an unserer Stelle.

                                                                               17
Geschlechts- und Altersverteilung

Deutlich mehr Jungen        Nach der relativ konstanten Verteilung in unserer Klientel in den letzten
angemeldet                  Jahren, waren die Jungen in 2017 wieder etwas häufiger an unserer Stelle
                            vertreten (64,8% vs. 35,2%). Über zwei Drittel der angemeldeten Kinder
                            sind demnach männlichen Geschlechts. Dies deckt sich mit epidemiologi-
                            schen Studien, die vor allem im Alter bis zur Pubertät die Jungen als stär-
                            ker belastet und auffälliger anführen. Der bekannte Schwerpunktwechsel
                            bei Jugendlichen hin zu den weiblichen Teenagern hat nicht nur mit den
                            veränderten Belastungen oder geringeren Auffälligkeiten zu tun. Für junge
                            (und später auch ältere) Männer ist es anscheinend weniger attraktiv, sich
                            externe Unterstützung und Hilfe zu holen, oder therapeutische Angebote zu
                            nutzen.

                            Abbildung 2: Altersverteilung nach Geschlecht

                            Von Männern werden eher Vermeidung, Verweigerung, Flucht in alternative
                            Strategien (Aggression, Alkohol, etc.) als Verarbeitungsstrategien und sel-
                            tener lösungsorientierte und aktiv verändernde Prozesse gewählt. Im
                            Grundschulalter treten Auffälligkeiten und Probleme oft zum ersten Mal
                            stärker auf, da hier die Kinder und Familien meist auch zum ersten Mal mit
                            klareren Strukturen, höherer Fremdbestimmtheit und größeren Anforderun-
                            gen konfrontiert sind.

                       18
Familiensituation

Die leicht positive Entwicklung bei den vollständigen Familien in 2016 wur-      Weniger Kinder leben in voll-
de leider im letzten Jahr wieder relativiert. Wie im langjährigen Durchschnitt   ständiger Familie
leben in deutlich weniger als zwei Drittel (58,2%) noch beide leibliche Eltern
in ihrer Familie zusammen. Bei 10,6% der Familie gibt es neue feste Part-
nerschaften, knapp ein Drittel der Kinder wachsen mit einem alleinerzie-
henden Elternteil auf (31,2%).

Abbildung 3: Familiensituation

Die Betrachtung der Familienverhältnisse ist insbesondere in Bezug auf           Hohe Belastungen für Kinder bei
die emotionalen, psychischen und finanziellen Belastungen für die Eltern-        Ehekonflikten
teile und Kinder entscheidend. Selbst im Fall einer möglichst „vernünftigen“
Trennung der Eltern ohne laute Streitereien, langandauernde Konflikte und
gerichtliche Auseinandersetzungen sind die Auswirkungen auf die Kinder
massiv. Bei den Familien, die sich wegen hochstrittigen Beziehungen an
unsere Stelle wenden leiden die Kinder neben den grundlegenden Proble-
men mit der neuen Familiensituation und den begleitenden Bedingungen
zusätzlich durch die emotionalen Extremsituationen in denen sich ihre El-
tern befinden. Diesen ist es oft nicht möglich stützend, tröstend und ver-
lässlich Sicherheit zu schaffen und so ihren Kindern in dieser schwierigen
Zeit entscheidend beizustehen.

                                                                                 19
Schulbildung

Kinder im Grundschulalter als        Wie sich schon bei der Altersverteilung gezeigt hat, wird ein großer Teil der
stärkste Gruppe                      Kinder im Grundschulalter an unserer Stelle angemeldet. Dies ist auch die
                                     Zeit, wo verstärkt Anforderungen an Kinder und Familien gestellt werden.
                                     Zunehmend sehen sich Schulen - trotz Jugendsozialarbeit und kleinere
                                     Klassenstärken - mit massiveren Problemen im Verhalten und Erleben vie-
                                     ler Kinder konfrontiert.8
                                     Die höheren Anmeldezahlen von Realschülern und Gymnasiasten reprä-
                                     sentieren noch keinen Trend, dennoch zeigt sich, dass mit der problemati-
                                     schen Hürde des Übertritts nach der vierten Klasse nicht immer alle Proble-
                                     me gelöst sind.

                                     Abbildung 4: Schulbildung der „Indexpatienten“

                                     Bei allen Anmeldegründen ist die schulische Situation der Kinder zwar auch

                                     zentrales Problem (vgl. auch S. 26f.).

                                     8
                                      vgl. S 16f. und z.B. https://n-land.de/news/altdorf/kinder-ohne-halt-und-orientierung
                                     (Abfrage am 18.12.2017).

                                20
Wirtschaftliche Situation

Unser Angebot erreicht Familien aus allen Bevölkerungsbereichen. Fast          Viele Familien mit niedrigen
zwei Drittel der Familien haben schwierigere bis prekäre Einkommensver-        Einkommensverhältnissen
hältnisse. Das gesamte Familienleben - und damit auch die Bereiche, die
zentrale Inhalte unserer Zusammenarbeit sind - wird durch die belastenden
wirtschaftlichen Bedingungen bestimmt. Oft schlummert hier weiteres Kon-
fliktpotential, wie z.B. Schulden, Arbeitslosigkeit, schlechte Versorgung o-
der Streit und Gewalt in der Familie. Durch Trennungen ist das Armutsrisi-
ko für Kinder zusätzlich erhöht.

Abbildung 5: Verteilung über soziale Schichten

Die Gruppe der Familien, die staatliche Leistungen zur Existenzsicherung       Geringverdiener mit höherem
beziehen sind bei den gewährten Hilfen zur Erziehung überrepräsentiert.        Hilfebedarf
Einkommensschwache Familien zeigen demnach einen höheren Bedarf an
pädagogischer und psychologischer Unterstützung.9 In unserer Klientel
sind 13,6% der betreuten Familien von staatlichen Transferleistungen ab-
hängig.
Neben sozial schwächeren Familien finden aber auch Eltern mit durch-
schnittlichen und höheren Einkommen den Weg in unsere Beratungsstelle,
was die gute Akzeptanz unserer Arbeit bestätigt.

9
    vgl.: KOMDAT, Heft 1/17, S. 5, (auch unter www.akjstat.tu-dortmund.de).

                                                                               21
Migration

Mehr als die Hälfte der Familien   Die Zahl der Familien mit Migrationshintergrund an unserer Stelle ist unge-
mit Migrationshintergrund          brochen hoch. Über die Hälfte der betreuten Menschen kommen aus an-
                                   deren Ländern (52,1%). Damit liegen wir erneut mit an der Spitze der bay-
                                   erischen Erziehungsberatungsstellen. Im Landesdurchschnitt beträgt der
                                   Anteil an Familien mit anderen Hekunftsländern nur 26,3%. An unserer
                                   Stelle sind es demnach doppelt so viele Menschen mit Migrationshinter-
                                   grund wie im bayernweiten Schnitt.

                                   Auch die Zahl der unter-
                                   schiedlichen Herkunftslän-
                                   der ist ungebrochen hoch.
                                   Menschen aus über 40 ver-
                                   schiedenen Nationen su-
                                   chen unsere Unterstützung.
                                   Dies zeigt die hohe Anfor-
                                   derung an eine interkulturel-
                                   le Kompetenz in der Bera-
                                   tung und Therapie. Auch
                                   wenn die Kinder hier Schu-
                                   len und/oder Betreuungseinrichtungen besuchen, wird in den Familien oft
                                   nicht deutsch gesprochen (in knapp der Hälfte der Familien mit Migrations-
                                   hintergrund), werden kulturelle Werte und Regeln anders interpretiert und
Kinder zwischen zwei Welten        leben Eltern zum Teil auch in „Parallelgesellschaften“. Gerade für die Kin-
                                   der ist diese Situation oft schwierig zu meistern, stehen sie doch zwischen
                                   der Herkunftsfamilie der Eltern und dem Land in dem sie (meist) geboren
                                   sind und aufwachsen. Der Begriff Heimat wird für diese Kinder manchmal
                                   unklar. Zum Teil kennen sie die Herkunftsländer der Eltern nur aus Erzäh-
                                   lungen oder von Kontakten zu anderen Familienangehörigen über Internet
                                   oder Telefon. Andererseits werden sie mit dem Leben in Deutschland kon-
                                   frontiert, das oft andere Schwerpunkte, Möglichkeiten und Freiheiten ver-
                                   mittelt. Umso weiter sich die kulturellen Werte und Normen zwischen Her-
                                   kunftsland der Eltern und Deutschland unterscheiden, umso schwieriger ist
                                   es oft für die Kinder, sich in diesen zwei Welten zurecht zu finden und ih-
                                   ren Platz und Weg zu gestalten. Hier setzt unsere Arbeit oft an der Infor-
                                   mation über hiesige Regeln, Rahmenbedingungen und Werte an. Gerade
                                   diese Informationen helfen, Missverständnisse zu vermeiden, Kooperation
                                   zu fördern und Verständnis für die Situation der Kinder zu erweitern. Die
                                   muttersprachliche russische Beratung ist hier sehr wichtig, stammt doch
                                   ein Großteil der Migranten an unserer Stelle aus dem russischen Sprach-
                                   raum (vgl. Tabelle 1). Leider wurde unsere Antrag, diese Arbeit weiter aus-
                                   zubauen nicht weiter verfolgt.

                              22
Neben den Migrantenfamilien aus dem russischen Sprachraum kommen            Hohe Nachfrage russisch
vermehrt Menschen aus osteuropäischen und afrikanischen Ländern an          sprechender Familien
unsere Stelle. Die Verteilung der Herkunftsländer zeigt aber auch, dass
Menschen aus der ganzen Welt in Nürnberg beheimatet sind und auch
den Weg zu unserer Stelle finden.

                                        Häufigkeit    Prozentualer Anteil

Russland                                        40                12,1 %
Kasachstan                                      15                 4,5 %
Polen                                           13                 3,9 %
Afrikanische Staaten                            10                 3,0 %
Ukraine                                         10                 3,0 %
Kroatien/Serbien/Bosnien/Kosovo                  8                 2,4 %
Türkei                                           8                 2,4 %
Irak                                             8                 2,4 %
USA                                              8                 2,4 %
Rumänien                                         6                 1,8 %
Italien                                          6                 1,8 %

Tabelle 1: Häufige Herkunftsländer

In vielen Migrantenfamilien
wird die Muttersprache ge-
sprochen (insg. 22,7% aller
Familien). Dies ist verständ-
lich, da Eltern sich in dieser
Sprache viel besser ausdrü-
cken können, oft selbst
noch nicht gut deutsch kön-
nen und die Kinder die
Sprache der Eltern lernen
sollen. Schwierig wird es vor
allem für Kinder, die zwischen den Sprachen orientierungslos sind und we-
der die Sprache der Eltern, noch die Sprache des Umfelds (KITA, Schule,
Freunde, etc.) ausreichend beherrschen. Diese Kinder können sich dann       Sprachprobleme als Katalysator
nur schwer ausdrücken, ihre Gefühle und Bedürfnisse mitteilen und sich      für andere Auffälligkeiten
auf ein sicheres sprachliches Grundgerüst verlassen. Oft zeigen sich Ver-
haltensprobleme als Folge von Verständnis- und Verständigungsschwierig-
keiten. Kinder ziehen sich z.B. zurück und vermeiden sprachlichen Kon-
takt, oder versuchen sprachliche Defizite über das Verhalten zu kompen-
sieren. Umso wichtiger sind frühzeitige und nachhaltige Angebote zur Ent-
wicklung von Sprachkompetenz in der gesamten Familie.

                                                                            23
Empfehlende / überweisende Stellen

Hohe Zufriedenheit führt zu        Klienten erfahren auf verschiedenste Arten von unserer Stelle. Dies ver-
Weiterempfehlungen                 deutlicht den hohen Bekanntheitsgrad unseres Angebotes und die gute
                                   Vernetzung. Der Anteil der Familien, die auf eigene Initiative bzw. auf Emp-
                                   fehlung von Bekannten zu uns kommen ist erneut sehr hoch.

                                   Abbildung 6: Überweisende Stellen

                                   Einzugsgebiet

Haupteinzugsgebiet Langwasser      Mit nur wenigen Ausnahmen (1,5%) wird unsere Stelle von Familien aus
bzw. Nürnberger Süden              dem direkten Einzugsgebiet aufgesucht. Knapp die Hälfte der Klienten
                                   stammen aus dem Stadtteil Langwasser (49,4%), der Großteil aus dem
                                   Nürnberger Süden. Die Beratungsstelle ist demnach vor Ort verankert und
                                   wird von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen.

                              24
Wartezeit

Familien, die sich an unserer Stelle anmelden bekommen im Durchschnitt           Wartezeit im Durchschnitt bei
nach 3,3 Wochen einen Erstgesprächstermin. Zwei Drittel der Klientel war-        dreieinhalb Wochen
tet bis zu einem Monat. Die Wartezeiten entstehen einerseits dadurch,
dass Klienten nicht einen sofortigen Erstgesprächstermin bekommen und
dann auf weitere Termine warten müssen, wie in manchen anderen Stellen,
andererseits die Nachfrage unsere Kapazitäten weit überschreitet. Nach-
dem wir uns auch zu nachhaltiger und längerfristiger Zusammenarbeit mit
den Familien verpflichten, können nicht immer sofort Termine vergeben
werden.

Abbildung 7: Wartezeit bis zum Erstgespräch

Die trotz der angespannten Personalsituation recht geringe durchschnittli-
che Wartezeit liegt an der hohen Zahl an Sofortterminen für Krisen und
Jugendliche, die selbst Kontakt zu unserer Stelle suchen. Die Entschei-
dung über einen sofortigen Ersttermin wegen einer vermeintlichen krisen-
haften Zuspitzung fällt dabei nicht immer leicht. Dennoch ist es oft hilfreich
durch schnelle Angebote für Entlastung bei den betroffenen Familien zu
sorgen. Dies geht allerdings zu Lasten anderer Klienten, die dann länger
warten müssen.
Da die Personalkapazitäten aktuell krankheitsbedingt geringer sind, wird
die Wartezeit im kommenden Jahr wohl leider wieder ansteigen.
Im Vergleich zu anderen Beratungsstellen, niedergelassenen Kinder- und
Jugendlichenpsychotherapeuten oder psychiatrischen Fachärzten sind
diese Wartezeiten aber sehr gering.

                                                                                 25
5. Anmeldegründe / Arbeitsfelder

                                   Hauptanmeldegründe

Schwerpunkte:                      Die Themen, mit denen sich Familien an unsere Stelle wenden, decken
Probleme im Sozialverhalten        den gesamten Bereich des Erlebens und Verhaltens bei Kindern, Jugendli-
und in sozialen Beziehungen        chen und in Familien ab. Schwerpunkte bilden erwartungsgemäß Erzie-
                                   hungs- und Beziehungsprobleme, sowie Auffälligkeiten im Sozialverhalten
                                   und in sozialen Beziehungen. Danach kommt aber auch schon der Bereich
                                   der kognitiven Entwicklung, der vor allem in Bezug zu schulischen Proble-
                                   men wichtig ist.

                                   Anmeldung erfolgte primär wegen Problemen / Fragen im Bereich…

                                                                                         Häufigkeit      Prozent

                                   … Sozialverhalten / soziale Beziehungen                     179        27,7%
                                   … Erziehungs- & Beziehungsprobleme                          110          17%
                                   … Leistung / kognitive Fähigkeiten                           94        14,6%
                                   … emotionaler Bereich                                        82        12,7%
                                   … umschriebene Entwicklungsstörungen                         82        12,7%
                                   … Trennung / Scheidung                                       54         8,4%
                                   … Körper / Psychosomatik                                     28         4,3%
                                   … allg. Erziehungs-, Schullaufbahn-,                         17         2,6%
                                     Berufs- oder Lebensfragen

                                   Tabelle 2: Hauptanmeldegründe (Mehrfachnennungen möglich)

                                   Der Bereich Trennung und Scheidung ist in dieser Aufzählung überra-
                                   schend gering, dreht sich doch vieles in unserem praktischen Alltag auch
                                   um die Veränderungen in Familiensystemen und die Auswirkungen dieser.
                                   Das liegt daran, dass sich Familien oft nicht explizit wegen Problemen in
                                   diesem Bereich anmelden, in der Arbeit mit den Menschen diese Thematik
                                   dann aber oft breiten Raum einnimmt.

Schulische Entwicklung oft Ur-     Eine weitere Ausdifferenzierung der Anmeldegründe zeigt Abbildung 8.
sache für Anmeldungen              Dieser Ausschnitt aus den Problembereichen dokumentiert jedoch nur
                                   grob die Vielfalt unserer Arbeit. Auch hier zeigt sich, dass sich viele Eltern
                                   große Sorgen im Zusammenhang mit der schulischen Entwicklung ihrer
                                   Kinder machen. Schulleistungen, Hausaufgaben, aber auch umschriebene
                                   Entwicklungsstörungen schulischer Fertigkeiten nehmen einen großen
                                   Platz in unserer Arbeit ein. Als Folge von schulischen Belastungen kommt
                                   es oft zu Konflikten in der Familie oder Sekundärproblemen bei Kindern.
                                   Neben Auffälligkeiten im Verhalten sind es vor allem die emotionalen Stö-
                                   rungen (wie Ängste, Rückzugsverhalten, depressive Tendenzen), die gra-
                                   vierende Auswirkungen von Überlastungen sein können.

                              26
Die Diagnostik der umschrieben Entwicklungsstörungen (Legasthenie,          Zunahme bei Begutachtung von
Dyskalkulie) nimmt einen zunehmend breiten Raum unserer Arbeit ein.         Teilleistungsschwächen
Dies liegt daran, dass sich immer weniger Fachkräfte für diesen Bereich
zuständig fühlen und umfangreiche Diagnostik und Begutachtung anbie-
ten. Schön wäre hier eine bessere Koordination von schulischen und au-
ßerschulischen Unterstützungsmöglichkeiten und eine zentrale Anlaufstel-
le für Eltern. Aktuell müssen Kinder für eine externe Förderung auf Grund
von unterschiedlichen Standards mehrfach begutachtet werden. Seit Jah-
ren arbeiten wir an einer besseren Information und Aufklärung über diese
Thematik.

Abbildung 8: Differenzierte Betrachtung der häufigsten Anmeldegründe
             (prozentualer Anteil bezogen auf das Geschlecht,
            Mehrfachnennungen möglich)

                                                                            27
6. Beratungsarbeit

                                 6.1 Statistik zu Beratung & Therapie

                                 Fachleistungsstunden und Kontakte

Durchschnittlich                 Im Jahr 2017 wurden 243 Fälle abgeschlossen. Die durchschnittliche Zahl
13,2 Fachleistungsstunden        der Fachleistungsstunden betrug dabei 13,2 Tätigkeitseinheiten (TE à 60
pro Fall                         Minuten) pro betreuter Familie. Auf Grund von längeren Krankheitszeiten
                                 im Team konnten in 2017 nur weniger Fälle bearbeitet werden. Dies wird
                                 sich auch mittelfristig auf Wartezeiten und Fallzahlen im kommenden Jahr
                                 auswirken. Nach wie vor ist unsere Stelle stark frequentiert. Die Anmelde-
                                 zahlen sind konstant hoch und übersteigen die personellen Kompetenzen
                                 deutlich. Leider konnten wir auch im vergangen Jahr keine Verbesserung in
                                 der angespannten personellen Situation erreichen.

                                 Abbildung 9: Fachleistungsstunden pro Fall

Deutlich höhere Kontaktzahlen    Trotz des leichten Rückgangs ist die Zeit, die wir in unserer Arbeit mit Fa-
als im Landesvergleich           milien verbringen im Landesdurchschnitt sehr hoch. Während in Bayern
                                 über 40% der Klientel nur 1-3 Kontakte zur Erziehungsberatungsstelle hat,
                                 sind dies an unserer Stelle nur 3,3%. Nur ca. 23% der Familien erhalten im
                                 Landesdurchschnitt mehr als 10 Termine. An unserer Stelle sind dies mit
                                 68,3% über zwei Drittel der Klientel. Jetzt könnten man folgern, dass ande-
                                 re Stellen effektiver und schneller arbeiten. Die Kontakthäufigkeit läßt aber
                                 keine Rückschlüsse auf die Qualität der Arbeit und die Zufriedenheit mit
                                 den Ergebnissen zu. Leider wird die Effektivität oft mit der Zahl der betreu-
                                 ten Klienten gleichgesetzt. Diese Zahlen sind bei geringerer Kontakthäufig-
                                 keit natürlich deutlich höher. Qualität in unserer Arbeit zeichnet sich aber

                            28
nicht durch viele Klienten mit kurzer Verweildauer aus. Unser Ansatz des
„so kurz wie möglich, aber so viel wie nötig“ verdeutlicht die Bedeutung der
Nachhaltigkeit, längerfristi-
gen Zusammenarbeit und
Beziehung, bei gleichzeiti-
ger Berücksichtigung der
Grenzen und Möglichkei-
ten unseres Angebots. Be-
ratung und Therapie
braucht Zeit, Vertrauen
und Kontakt. Eine fundier-
te Diagnostik und Kontakte
zu außerfamiliären Be-
zugspersonen (z.B. auch
Beobachtungen in Kindertagesstätten) führen zu deutlich höheren Stun-
denzahlen. Dies ist für die Qualität unserer Arbeit sehr wichtig. Vor allem
die oft komplexen Bedingungen und Belastungen, mit denen Familien be-          Evaluation bestätigt Konzept
schäftigt sind, erfordern intensive Zusammenarbeit. Unsere letzte Evaluati-
onsstudie hat gezeigt, dass die Zufriedenheit mit den Ergebnissen vor al-
lem mit der Qualität der Beziehung und der Flexibilität im zeitlichen Rah-
men einhergeht. Feste Stundenkontingente (wie z.B. im Krankenkassen-
system) oder Kontaktbudgets helfen hier nicht weiter. Die Konzeption der
Erziehungsberatung bietet hier gerade durch die Flexibilität in Setting und
Dauer wichtige Komponenten für effektive und alltagsnahe Arbeit mit den
Familien.

Ein kleiner Teil der angemeldeten Familien (N = 47, in der Zahl der bear-
beiteten Fälle nicht enthalten) hatte entweder das Problem zwischenzeit-
lich selbst gelöst, einen Platz an einer anderen Stelle erhalten oder zeigte
kein Interesse mehr an einer Beratung. Dennoch erfordern auch diese An-
meldungen Arbeitsaufwand (Verwaltung, Anmeldegespräch), der in die
Fallzahlen nicht mit eingeht.

                                                                               29
Zuordnung zu den KJHG-Paragraphen

Schwerpunkt:                Im Kinder- und Jugendhilfegesetz (SGB VIII) sind die verschiedenen Hilfen
Hilfen nach §28 KJHG        zur Erziehung und deren Rahmenbedingungen festgelegt. Obwohl Erzie-
                            hungsberatung als niederschwellige Hilfe unab-
                            hängig vom Jugendamt und von aufwendigeren           § 8a           0,6%
                            Genehmigungsverfahren (wie z.B. Hilfeplan) han-      § 17           4,0%
                            deln kann, sind es doch die gesetzlichen Grundla-    § 18           3,6%
                            gen, die unsere Tätigkeit und deren Finanzierung
                                                                                 § 28          71,5%
                            definieren.
                                                                                 § 35a         17,0%
                            Die für die Arbeit in der Erziehungsberatung rele-   § 41             3,3%
                            vanten Paragraphen werden fast ausschließlich in
                            Verbindung mit §28 geleistet. In diesem Abschnitt    Tabelle 3: Verteilung
                            wird die Erziehungsberatung als niederschwellige     über die KJHG-§§

                            Weitere Leistungen fallen zwar teilweise unter andere Paragraphen, kön-
                            nen aber kaum unabhängig von §28 gezählt werden. Demnach verwundert
                            es nicht, dass ein Großteil unserer Arbeit vor allem dem §28 zuzuordnen
                            ist.

                            Die für die Erziehungsberatung relevanten Paragraphen beinhalten nach
                            KJHG/SGB VIII folgende Aspekte:

                            § 8a: Schutzauftrag bei (vermuteter) Gefährdung des Kindeswohls
                            § 16: Allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie (keine spezi-
                                     fischen Symptome, sondern v.a. allgemeine Beratung)
                            § 17: Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung und Scheidung
                            § 18: Beratung und Unterstützung bei der Ausübung der Personen-
                                     sorge (bezogen z.B. auf die Ausübung des Umgangsrechts)
                            § 28: Erziehungsberatung (hier steht die Symptomatik des Kindes und
                                     oder der erzieherische Bedarf der Eltern im Vordergrund)
                            § 35a: Eingliederungshilfe (v.a. Diagnostik und Begutachtung bei um-
                                     schriebenen Entwicklungsstörungen)
                            § 36: Beteiligung an der Hilfeplanung in Zusammenarbeit mit dem ASD
                            § 41: Beratung und Hilfe für junge Volljährige

                            Die Beratung, Diagnostik und Begutachtung im Bereich der Eingliederungs-
                            hilfe hat weiter zugenommen. Seit Jahren erleben wir hier einen stetigen
                            Zuwachs, der vor allem durch den Wegfall von Alternativen und die langen
                            Wartezeiten an anderen Stellen zu erklären ist.

                       30
6.2 Fallbezogene Tätigkeiten10

Tätigkeiten mit diagnostischem Schwerpunkt
Leistungs- und Förderdiagnostik                                                  295 T.E.
Verhaltensbeobachtung                                                            153 T.E.
Verhaltensanalysen / Anamnesen / Katamnesen                                      209 T.E.

Tätigkeiten mit beraterisch-therapeutischem Schwerpunkt
Einzelberatung / -behandlung
von Kindern                                                                      93 T.E.
von Jugendlichen                                                                108 T.E.
von jungen Erwachsenen                                                          108 T.E.
von Eltern bzw. Elternteilen                                                   1143 T.E.

Beratung / Behandlung
von Gesamtfamilien                                                                15 T.E.
von einem Elternteil mit Kind (gemeinsam)                                        278 T.E.

Gruppen (klientenbezogene Erfassung)
Therapeutische Kindergruppen                                                     425 T.E.
Therapeutische Elterngruppen                                                      78 T.E.

Sonstige Tätigkeiten
Überweisung an andere Stellen
  zur parallelen Mitbetreuung                                                   in 10 Fällen
  zur dortigen Weiterbetreuung                                                  in 70 Fällen
Gutachterliche Tätigkeiten, schriftliche Stellungnahmen                           102 T.E.
Fallbezogene Außenkontakte                                                        266 T.E.
Fallbesprechungen im Team                                                         153 T.E.
kurzfristig abgesagte Termine                                                     139 T.E.

10
     in Tätigkeitseinheiten (T.E.) zu je 60 Minuten incl. Vor-/Nachbereitung.

                                                                                               31
Die graphische Darstellung der Verteilung der Tätigkeitsbereiche verdeut-
                                   licht die Schwerpunkte bei der beraterisch-therapeutischen Elternarbeit und
                                   bei diagnostischen Tätigkeiten. Diese Kernkompetenzen psychologischer
                                   Arbeit sind zentrale Bestandteile unserer fachlichen Ausrichtung.

                                                  Diagnostische
                                                  Tätigkeiten
                                                                      Therapeutische
                                                                      Gruppen

                                                                                       Fallbesprechungen
                                                             Termine mit Familien
                                                             oder Teilfamilien

                                         Termine mit Kindern
                                         oder Jugendlichen
                                                                                     Einzeltermine
                                                      Gutachten                      mit Eltern

                                               Außentermine

                                   Abbildung 10: Verteilung der Tätigkeitseinheiten (die Größe der Kreise
                                                 steht für den prozentualen Anteil der Tätigkeitsbereiche)

Eltern als Hauptverantwortliche    Die intensive Elternarbeit ist vor allem auch deswegen nötig, da wir die
im Veränderungsprozess             Erziehungsberechtigten immer auch als wichtigen und nützlichen Partner,
                                   als Vorbild und als zentrale Veränderungsinstanz im Alltag des Kindes se-
                                   hen. Die Verantwortung liegt immer zunächst bei den Eltern. Natürlich er-
                                   arbeiten wir mit Kindern und Jugendlichen Strategien und individuelle Lö-
                                   sungsideen, aber ohne die Mitwirkung und Unterstützung der Eltern blei-
                                   ben diese oft weniger wirksam. Dies unterscheidet unseren Ansatz auch
                                   deutlich von der Arbeitsweise niedergelassener Kinder- und Jugendlichen-
                                   psychotherapeuten, die vorwiegend Einzeltermine mit den „Patienten“ an-
                                   bieten.

                              32
6.3 Muttersprachlich russische Beratung

Durch den Ausbau der muttersprachlichen Beratungsangebote in Nürn-
berg wird unser Team seit Ende 2008 von einer russisch sprechende Kol-
legin ergänzt (aktuell 10 Wochenstunden). Das muttersprachlich russische
Angebot umfasst folgende Schwerpunkte:

Beratungsangebote für Familien mit gravierenden Sprach- und
  Verständigungsproblemen: Seit vielen Jahren arbeiten wir an un-
  serer Stelle mit einem sehr hohen Migrantenanteil. Ein Großteil dieser
  Familien stammt aus dem russischen Sprachraum. Daher kann gerade
  eine russisch sprechende Kollegin unsere Arbeit gut unterstützen.
Motivation und Information zu Sprachlernangeboten: Die mutter-
  sprachliche Beratung soll keine langfristige Alternative zu deutschspra-
  chigen Angeboten sein. Im Rahmen dieser Arbeit ist es ein wichtiges
  Ziel, auch die weitere Perspektive in Deutschland, verbunden mit der
  Entwicklung der Sprachkompetenz zu thematisieren.
Information über wichtige Rahmenbedingungen in Deutschland:

Erhöhung der interkulturellen Kompetenz im Team: Durch Hinter-
  grundwissen über die russische Kultur, andere Erziehungsziele und
  Werte, familiäre Strukturen und institutionelle Systeme profitieren wir im
  Kollegenkreis von den Erfahrungen und Erklärungen aus „erster Hand“.

Aufgrund der geringen Stundenzahl können diese Ziele nur Leitlinien in der
praktischen Arbeit sein. Die hohe Nachfrage nach diesem Angebot und die
Tatsache, dass in der Stadt Nürnberg und gerade in unserer Region die
Zahl der Menschen mit Migrationshintergrund und damit auch der Men-
schen aus anderen Sprachräumen sehr hoch ist, unterstreicht die Notwen-
digkeit, diese Angebote weiter auszubauen.

Unsere langjährige Kollegin Julia Furman hat im Herbst ihre Arbeit an un-
serer Stelle beendet. Durch ihr großes Engagement und ihr hohe fachliche
Kompetenz hat sie die Stelle geprägt und hervorragende Arbeit geleistet.
Wir freuen uns, mit Frau Ganna Savchenko wieder eine Psychologin aus
dem russischen Sprachraum gefunden zu haben. Das muttersprachlich

                                                                               33
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