Psychosomatik in der Allgemeinmedizin - Erfahrungen in der Weiterbildung Allgemeinmedizin
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Fortbildung Psychosomatik in der Allgemeinmedizin Erfahrungen in der Weiterbildung Allgemeinmedizin Dr. med. Wolfgang Hönmann chen Grundversorgung praxisnah darzu- stellen. Ebenso werden Entspannungsver- fahren erläutert und praktisch geübt. Auf zwei Themenbereiche soll im Folgenden näher eingegangen werden: 1. Das Balance-Modell nach N. Peseschki- an und seine Anwendung in der Praxis. 2. Wege der Kommunikation: Fünf Stufen des Gespräches und die Interaktionssta- dien. 1. Das Balance-Modell nach Peseschkian und seine Anwendung in der Praxis Einleitung ma Psychosomatik in der Allgemeinmedi- Foto: © Prostock-studio – stock.adobe.com zin etabliert. Nach Rudolf [4] sind es vier Ebenen, auf Die Psychosomatische Grundversorgung die sich der Fokus des Arztes beim gehört schon seit Jahren (1995) zum Aus- Das Weiterbildungsangebot Betrachten des Patienten richtet: bildungsteil der Weiterbildung zum Fach- an der Akademie der LÄKH • Die biologische Ebene – Naturwissen- arzt für Allgemeinmedizin [1]. Seit 2005 schaftlich ausgerichtete Medizin. ist die von der Bundesärztekammer vor- Die Akademie für Ärztliche Fort- und Wei- • Die personale Ebene – Das erlebende geschriebene „Psychosomatische Grund- terbildung Bad Nauheim der Landesärzte- Subjekt, Persönlichkeit. versorgung“ Pflichtteil der Weiterbil- kammer Hessen (LÄKH) bietet drei Kurse • Die interpersonale Ebene – Soziale Na- dungsordnung zum Facharzt für Allge- an, die speziell an den Bedürfnissen der tur mit ihren Beziehungserfahrungen. meinmedizin [2]. Damit ist gleichzeitig Allgemeinmedizin ausgerichtet sind • Die soziokulturelle Ebene – Kulturspe- der vorgesehene Kurs von der Kassenärzt- (Abb. 1 führt zu Inhalten und Anmel- zifische Werte, Normen und Ziele der lichen Vereinigung anerkannt, die Abrech- dung). Dieser Erfahrungsbericht bezieht Gemeinschaft. nungsziffern 35100 und 35110 (Psycho- sich auf die Kurse A und B. Dazu gehören Damit wird die Grundlage einer Bio-Psy- somatisches Erstgespräch und psychoso- 20 Stunden Theorie, 30 Stunden Interven- cho-Sozialen Medizin beschrieben, wobei matische Behandlung) als Kassenarzt ab- tionstechniken und 30 Stunden Balint- die biologische Krankheit aus psychologi- zurechnen. Auch in der neuen Weiterbil- Gruppe. Es geht darum, den angehenden scher Sicht, das psychologische Gesche- dungsordnung ist die Psychosomatische Allgemeinmedizinern aus der Praxis he- hen aus soziologischer Perspektive und Grundversorgung Bestandteil der Weiter- raus die besondere Sichtweise der Psycho- das psychologische Krankheitsgeschehen bildung zum Facharzt für Allgemeinmedi- somatik näher zu bringen. Somit ist dies aus biologisch-naturwissenschaftlicher zin geblieben [3]. Somit hat sich das The- ein Angebot, eigene Fälle der Hausärztli- Warte betrachtet wird. „Die Leib-Seele- Polarisierung erscheint dann als überflüs- Abb. 1: Akademie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung siges Scheinproblem“ [4]. Diese Sichtweise deckt sich gut mit der Psychosomatische Grundversorgung für die Kurs-Weiterbildung Auffassung der Positiven Psychotherapie Allgemeinmedizin nach N. Peseschkian [5]. Im Zentrum Termine: Kurs A: Termin auf Anfrage steht dabei das Balance-Modell (Abb. 2). Kurs B: Fr., 23.09.–Sa., 24.09.2021 Danach verfügt jeder Mensch über vier Kurs C: Sa., 05.02.2022 verschiedene Lebensbereiche. Diese prä- gen seine Persönlichkeit, beeinflussen die Information Joanna Jerusalem Lebenszufriedenheit, das Selbstwertge- und Anmeldung: Fon: 06032 782-203 fühl, den Umgang mit Konflikten und He- Der QR-Code führt E-Mail: joanna.jerusalem@laekh.de rausforderungen. direkt zu Inhalten und Anmeldung. Bei diesem ganzheitlichen Menschenbild spricht man von biologisch-körperlichen, Online-Ausgabe | Hessisches Ärzteblatt 9/2021
Fortbildung rational-intellektuellen, sozio-emotionalen Abb 2: Das Balance-Modell – mit Energie/Zeit-Aufwand, nach [5] und geistig-spirituellen Sphären und Fä- higkeiten [6]. Das Potenzial zu allen vier Fähigkeiten ist in jedem Menschen ange- Körper, Gesundheit legt und wird durch Erziehung, Umwelt Mittel der Sinne und Sozialisation entweder besonders be- 100% tont oder vernachlässigt. Ziel ist eine aus- gewogene Balance, die durch gleichmäßi- Sinn, Zukunft, Fantasie Leistung, Beruf 100% 100% ges Einbringen von Zeit und Energie in die- Mittel der Vorstellung Mittel des Verstandes se Lebensbereiche erfolgt [7]. Zu diesen und Intuition vier Bereichen der Lebensenergie, Aktivi- täten und Reaktionen gehören: 100% • Körperliche Aktivität wie Ernährung, Bewegung, Schlaf-Wachrhythmus, Aus- Kontakt, Beziehungen sehen, Ästhetik sowie Körperkontakt Mittel der Tradition, und Sexualität. Frage: Wie wichtig ist Erfahrung und Kommunikation dieser Bereich, wie viel Selbstwert- gefühl erhalten Sie hierdurch? Anamnese zur Funktionalität des Symptoms • Berufliche Leistung wie Beruf, Ausbil- dung, Wirtschaftlichkeit und Haushalt. Körper, Sinne, Wenn der Körper sprechen könnte, was würde er Ihnen aktuell Frage: Wie viel Selbstwertbestätigung Gesundheit sagen? erhalten Sie durch Ihren Beruf? Leistung, Beruf Was machen Sie anders, seit Sie die Symptome haben? • Beziehung und Kontaktgestaltung in Kontakt, Wie hat sich die Beziehung zum Partner, zur Familie und Partnerschaft, Familie und Freundes- Beziehungen Freunden durch die Symptome verändert? kreis sowie soziales Engagement z. B. auch gegenüber Fremden. Frage: Ge- Sinn, Zukunft, Wie haben sich die Symptome auf Ihre Sicht der Zukunft, auf Ihre ben Ihnen Partner und Kinder Selbst- Fantasie Überzeugungen und Lebensziele ausgewirkt? wertbestätigung? • Sinn, Zukunft und Religionsausübung, Lebensphilosophie, Meditation und Erwachsene im Arbeitsfeld und in Bezie- Was ist in der jüngeren Zeit alles auf Sie Zielsetzungen, Ideen und Visionen für hungen sowie ältere Menschen mit typi- und Ihre Familie zugekommen? Bitte nen- das Leben, Umgang mit dem Tod. Fra- schen Beschwerden in der „dritten Le- nen Sie chronologisch Ereignisse nach fol- ge: Wie viel Raum nimmt die Fantasie benshälfte“ wie auch Todesfälle. Dies spie- genden Gesichtspunkten: ein, z. B. Lesen, Musik, Glauben, Nach- gelt die bio-psycho-soziale Herausforde- 1) Körperlich/gesundheitlich: z. B. denken über den Sinn des Lebens? [7] rung der Hausärztin oder des Hausarztes Beschwerden, Symptome, Unfälle, Eine Ausgewogenheit dieser vier Lebens- und unterstreicht ihre/seine diesbezügli- Krankheiten. felder sind nach Peseschkian ein wesentli- che Kompetenz [9]. Unter diesem Aspekt 2) Beruflich/finanziell: z. B. Arbeits- cher Beitrag für Gesundheit und Resi- ergibt sich für die Allgemeinmedizin eine platzwechsel/-verlust, Stress, Mob- lienz. Insofern kann das Modell ein Bei- besondere Anamnese, die nach Verände- bing, Überforderung, Hausbau, Um- spiel für Salutogenese und Gesundheit rungen oder Verlusten in diesen vier Berei- züge, Schulden. sein [8]. Sind alle vier Bereiche ausgegli- chen des Balance-Modells fragt. 3) Partnerschaftlich/familiär/Freundes- chen, der Mensch im Gleichgewicht, so ► In der psychosomatischen Sprechstun- kreis: z. B. Trennung von Eltern/Part- kann er auf diese Qualitäten aufbauen de sollte primär nicht nach Problemen ner (Scheidung), Kinder, Enttäu- und darauf bei Belastungen zurückgrei- oder Konflikten gefragt werden, sondern schungen, Freunde. fen. Bei den psychischen und psychoso- eher neutral nach Dingen oder Ereignis- 4) Todesfälle: z. B. Verwandte, Freunde, matischen Störungen, die uns in der allge- sen, die auf einen Menschen zugekommen Nachbarn, Kollegen. meinärztlichen Praxis begegnen, ist meist sind. Die häufig zu erlebende Abwehr des Wichtige lebensgeschichtliche Daten kön- ein Ungleichgewicht dieser Lebensfelder Patienten bezüglich „psycho“-somati- nen so schnell erfasst und im therapeuti- zu finden. scher Zusammenhänge wird dadurch we- schen Gespräch besprochen werden. ► Auslöser sind regelhaft Veränderungen niger aktiviert oder verstärkt. im Leben oder Verluste, nach denen der Patienten sollen Lösungen eigenständig Hausarzt immer fragen sollte. Psychosomatische Anamnese finden und formulieren Hausärztliche Tätigkeit umfasst sämtliche für die Allgemeinmedizin Unser aller medizinische „Sozialisation“ ist Lebensbereiche eines Menschen mit ihren Ein Gespräch mit Patienten zur psychoso- in der Regel geprägt durch die Überzeu- dynamischen Entwicklungsphasen. In der matischen Anamnese kann sich an folgen- gung, dem hilfesuchenden Patienten Ant- Praxis begegnen Kinder und Jugendliche, den Punkten orientieren, vgl. [5]: worten zu geben, meist in Form von Medi- Hessisches Ärzteblatt 9/2021 | Online-Ausgabe
Fortbildung kation oder Empfehlungen bezüglich sei- Mut, Konflikten der Patienten nicht aus- Frage an den Patienten: Wie zufrieden nes Verhaltens. Im psychosomatischen zuweichen. sind Sie zur Zeit mit Ihrer Situation? Füh- Kontext ist hier ein Umdenken nötig, was len Sie sich ausgeglichen? Wofür wenden Hausärzte ähnlich wie Psychotherapeuten Erfassung der Zeit-/Energie-Achse Sie viel Zeit auf? Wofür hätten Sie gerne davon abhalten soll, Lösungen für den Pa- Alle vier Lebensbereiche Körper, Kontakt, mehr Zeit? Sind Sie der Meinung, dass sie tienten zu produzieren. Leistung, Fantasie/Zukunft ergänzen allen wichtigen Dingen Ihres Lebens genü- ► Wichtig ist die Erkenntnis: Der Patient sich. Die einseitige, chronische Überbeto- gend Zeit einräumen? [5] findet selbst „seine“ Lösung, die schon in nung eines Lebensbereiches führt Der Patient trägt seine individuelle Ein- ihm steckt. Diese ist ihm nur noch nicht zwangsläufig zu Problemen in den ande- schätzung in das Diagramm der Zeit-/Ener- bewusst. Ärztinnen und Ärzte können Hil- ren ebenso wichtigen Bereichen. Zeitwei- gie-Achse ein und beschreibt damit seine festellung geben, die individuelle Lösung se kann eine Überbetonung kompensiert momentane Lebenssituation in Form seiner zu finden, aber müssen in Konfliktsituatio- werden, aber nicht auf Dauer. Energie- und Zeiteinteilung. In Abb. 2 ist nen keine Lösung präsentieren. Diese ► Werden Lebensbereiche über längere das Balance-Modell zusammen mit der „Botschaft“ entlastet die meisten Kolle- Zeit einseitig betont, gerät das Leben aus Zeit-/Energie-Achse mittels Koordinaten- ginnen und Kollegen ungemein und macht der Balance. system symbolisiert. Abb. 2a (nach der Li- Tab. 1: Verbundenheit – Unterscheidung – Ablösung/Integration 1. Verbundenheit: Anbieten und Herstellen der Beziehung/ Beziehungsangebot: • Zuhören, Zeit und Geduld haben, Vertrauen aufbauen. • Die Sprache des Patienten sprechen. • Beziehung auf der Ebene von Mensch zu Mensch – Gleichwertigkeit, Augenhöhe. Im Stadium der Verbundenheit entsteht eine Atmosphäre des Vertrauens, der Wertschätzung, des Sich-Angenommen- und Verstanden-Fühlens. Dies kommt dem Klientenzentrierten Gespräch nach Rogers nahe [10]. Folgende Verhaltensweisen werden dort postuliert: • Verbalisierung emotionaler Erlebnisinhalte. • „Non directive“ – keine Lenkung. • Empathie – bedingungsloses Verstehen. • Echtheit und Kongruenz. Wenn dies gelungen ist, kann die nächste Stufe des Gespräches stattfinden. Dann ist der Patient offen und bereit für die Auseinandersetzung mit dem Konflikt. 2. Unterscheidung Kernstück der ärztlich-therapeutischen Arbeit. Differenzierungsangebot: Arzt und Patient agieren auf unterschiedlichen Ebenen: • einerseits die ärztliche Kompetenz, • andererseits die hilfesuchenden Patienten. Nach dem Realitätsprinzip nimmt jede Seite verschiedene Standpunkte ein. Es obliegt der Sachkunde der Ärztin oder des Arztes, diese unterschiedlichen Positionen offen gegenüberstellen und dabei eine Auseinandersetzung mit dem aktuellen Konflikt zu ermöglichen. „Die Lösung liegt im Patienten“: Gegensätzlichkeiten sind angesprochen und offen dargestellt. Nun muss das Gespräch beendet werden. Hier kommt der letzte Schritt. 3. Ablösung/Integration • Zusammenfassen des bisher Erreichten – was ist der Konsens? • Was ist noch offen geblieben und kann später neu aufgegriffen werden? • Was nehme ich als Ärztin oder Arzt an neuen Informationen mit? • Was habe als Ärztin oder Arzt aus dem Gespräch gelernt? • Hilfe zur Selbsthilfe – Zielerweiterung. • Eigenverantwortung stärken. So können Patienten verabschiedet und in die Eigenverantwortung entlassen werden. Meist gibt das auf beiden Seiten ein gutes „Gefühl“. Sollte sich dieses gute Gefühl nicht einstellen, das Problem des Patienten noch nachträglich spürbar sein, wäre die Reflexion mit einem Kollegen hilfreich oder der Fall könnte in der Balint-Gruppe vorgestellt werden. Online-Ausgabe | Hessisches Ärzteblatt 9/2021
Fortbildung teratur) kann zum Reinschreiben durch Pa- übt, die den Erfordernissen der hausärztli- tion zeigen sich in den Traditionen der Be- tienten kopiert und ggf. vergrößert wer- chen Bedingungen angepasst ist. grüßung, Begegnung und Verabschie- den. Fünf Stufen des Gesprächs spiegeln die In- dung. Beispiel: „Guten Tag“ zeigt Verbun- In der Regel ist bei Stress und Burn-out teraktionsstadien [7] als Strukturvorgabe denheit; „Wie geht es?“ leitet die Unter- der Bereich Leistung (Leistungsgesell- des ärztlichen Gesprächs. Die Ärztin oder scheidung, also den Austausch über das schaft) überbetont, sodass Konflikte in der Arzt haben die Aufgabe: noch Unbekannte ein; „Auf Wiedersehen“ den anderen Bereichen deutlich werden: 1) Beobachtung/Distanzierung ist Zeichen der Ablösung mit dem Beziehungskonflikte, Zukunftsaspekte → aktives Zuhören. Wunsch, sich wiederzusehen. (Wie soll das weitergehen?), körperliche 2) Inventarisierung Eine gelingende Interaktion muss in dieser Beschwerden. Aus dem Balance-Modell → Fragen stellen. Reihenfolge durchgeführt werden. In kann dann im therapeutischen Sinne eine 3) Situative Ermutigung Tab. 1 werden die drei Stadien weiter aus- individuelle Empfehlung zu mehr Ausge- → Ermutigen/Hoffnung geben. differenziert. Zusammengefasst mit den glichenheit der Lebensbereiche gegeben 4) Verbalisierung der eigenen Ansicht fünf Interaktionsstadien ergibt sich daraus werden: „Bring mehr aktive Energie in die → Konfliktbearbeitung. die Synthese: anderen Bereiche deines Lebens. Fülle sie 5) Zielerweiterung Verbundenheit: Gesamtprozess der aus!“ Somit sollen die zu kurz gekomme- → Beratung und Handeln. Anamnese; Stufen 1–3: Befunderhebung nen Fähigkeiten reaktiviert werden. In den zwischenmenschlichen Beziehun- und Bewertung. Das Balance-Modell kann u. a. als Gesund- gen strukturieren außerdem Unterscheidung: Therapeutischer Pro- heitsmodell im Sinne der Salutogenese; als • Verbundenheit zess; Stufe 4: umfassender Sinn, Beratung Krankheitsmodell im Sinne nicht aktivier- • Unterscheidung im Ambivalenz-Konflikt. ter Lebensbereiche, als Konfliktverarbei- • Ablösung/Integration Ablösung: Integration von Plus und Minus; tung sowie Therapiemodell im Sinne einer das zwischenmenschliche Zusammenle- Stufe 5: Anteile als Chance für die Zu- positiven Aktivierung verwendet werden. ben (N. Peseschkian 1977b, 139ff.). Sie kunft. Der Vorteil für Patienten ist die eindeutige sind gewissermaßen der Kompass für eine ► Offene Fragen seitens des Arztes oder Sprache – ohne Fachausdrücke. gelungene Kommunikation [5, 7]. Diese der Ärztin bieten Hilfe zur Selbsthilfe. In natürlichen Stadien menschlicher Interak- Tab. 2 werden die fünf Gesprächsstufen in 2. Wege der Kommunikation: Struktur des ärztlichen Gespräches Tab. 2: Fünf Stufen des Gesprächs und mögliche offene Fragen 1. Stufe: • Wie geht es Ihnen? Schon das empathische Zuhören des Arz- Beobachtung/ • Um was geht es Ihnen heute? tes entlastet den Patienten sehr. Hier spie- Distanzierung • Wie fühlen Sie sich jetzt? len Zeit, Geduld und Vertrauen eine ent- • Was hat sich bisher bei Ihnen verändert? scheidende Rolle. Damit soll eine ärztliche • Was bewirkt das bei Ihnen? Haltung ausgedrückt werden. Leider steht • Wie macht sich das bemerkbar? diese zu oft im Gegensatz zur Alltagser- • Wie erleben Sie das? fahrung in der Praxis. Im Kurs wird in Kleingruppen eine Gesprächsführung ge- 2. Stufe: Inventarisierung • Was bedeutet das für Sie in den vier Berei- Psychosomatische Anamnese chen des Balance-Modells (siehe Abb. 2)? • Was ist in der jüngeren Zeit auf Sie zuge- kommen? Ansprechpartner 3. Stufe: • Was hat Ihnen bisher geholfen? Akademie für ärztliche Fort- und Wei- Situative Ermutigung/Hoffnung • Was konnten Sie bisher selbst erledigen? terbildung der LÄK Hessen: • Wie haben Sie das geschafft? www.akademie@laekh.de 4. Stufe: • Womit kommen Sie alleine nicht zurecht? Institute für Allgemeinmedizin an der Verbalisierung • Wo brauchen Sie Hilfe? Goethe-Universität Frankfurt am Main Auftragsklärung, offenes • Wie könnte ich Ihnen helfen? und der Philipps-Universität Marburg Gespräch, Realitätsprinzip 5. Stufe: • Was fällt Ihnen durch unser Gespräch auf? Kompetenzzentren Weiterbildung Zielerweiterung • Was denken Sie über unser Gespräch? Allgemeinmedizin: www.kwhessen.de • Was war wichtig für Sie? Was nehmen Sie Koordinierungsstelle Weiterbildung mit? Allgemeinmedizin: • Was hat Sie angesprochen? www. allgemeinmedizinhessen.de • Was ist noch offen geblieben? Hessisches Ärzteblatt 9/2021 | Online-Ausgabe
Fortbildung Form von Fragen an den Patienten darge- hausärztlich tätigen Kolleginnen und Kol- Dr. med. stellt. legen näher zu bringen und damit die Sen- Wolfgang Hönmann sibilität und Sichtweise auf den „ganzen Facharzt für Ausblick Menschen“ zu schärfen. Die positiven Allgemeinmedizin/ Rückmeldungen und nicht zuletzt auch Psychotherapie, Mein Anliegen war, meine langjährigen Er- die fruchtbare Bearbeitung eigener Fälle Kelkheim/Taunus Foto: privat fahrungen als Leiter der Kurse „Psychoso- in den Balint-Gruppen haben mir noch E-Mail: wolfgang matische Grundversorgung“ der Akade- einmal verdeutlicht, wie wichtig es ist, @whoenmann.de mie für Ärztliche Fort- und Weiterbildung psychosomatisch zu denken und „den der LÄKH in Bad Nauheim zu skizzieren ganzen Menschen im Blick“ zu haben. Mit Der Autor ist Weiterbildungsbefugter für und einen kleinen Einblick in die Arbeits- diesem Verständnis können Allgemeinme- Allgemeinmedizin und für Psychotherapie weise zu geben. Wir haben versucht, psy- dizin und hausärztliches Anliegen gelin- an der WIAP (Wiesbadener Akademie für chosomatisches Denken und Erleben den gen. Psychotherapie). Literatur zum Artikel: Psychosomatik in der Allgemeinmedizin [1] Kursbuch Allgemeinmedizin, 3. Auf- Psychotherapie – Lehrbuch für Ärz- Hüther, G.: Die Macht der inneren Bilder, lage Bundesärztekammer 1998 te und Psychologen, Springer 3. Aufl. Vandenhoeck & Ruprecht, 9. Aufl. 2015 2007 [2] Kurs Weiterbildung Allgemeinmedi- Köhler, Thomas: Psychosomatische zin WBO 2005, Bundesärztekammer Krankheiten, Kohlhammer, 3. Aufl. 1995 2005 Weiterführende Literatur Mentzos, Stavros: Lehrbuch der Psycho- [3] Muster Kursbuch Psychosomatische Ahrens, Stephan; Schneider, Wolfgang dynamik, Vandenhoeck & Ruprecht, Grundversorgung Bundesärztekam- (Hrsg.): Lehrbuch der Psychotherapie 2. Aufl. 2009 mer 2018 und Psychosomatischen Medizin, Schat- tauer 2. Aufl. 2002 Rudolf Gerd: Wie Menschen sind – An- [4] Rudolf, G. Psychotherapeutische thropologie aus psychotherapeutischer Medizin und Psychosomatik, Thieme Arbeitskreis PISO (Hrsg.): Somatoforme Sicht, Schattauer 2015 4.Aufl. 2000 Störungen Band 2, Hogrefe 2012 Schubert, Christian: Psychoneuroimmu- [5] Peseschkian, N. Psychosomatik und Bauer, J.: Das Gedächtnis des Körpers, Se- nologie und Psychotherapie, Schattauer, Positive Psychotherapie Fischer 6. rie Piper 2004 2. Aufl. 2015 Auflage 2005 Brisch, Karl Heinz: Bindungstheorie. In: Strauß B., Nolte T.: Bindungsforschung. [6] Peseschkian, N. Positive Familien- Uexküll, Psychosomatische Medizin, Ur- In: Egle, Heim, von Känel (Hrsg.): Psy- therapie, Fischer 1997 ban und Fischer, 7. Aufl. 2011 chosomatik Neurobiologisch fundiert und evidenzbasiert, Lehr- und Handbuch [7] Peseschkian/Remmers, Positive Psy- Henningsen, Gerd Rudolf Peter: Somato- Kohlhammer, 2020, 1. Aufl. chotherapie, Reinhardt 2013 forme Störungen, Schattauer 1998 Tress, Kruse, Ott: Psychosomatische [8] Jork K., Peseschkian N.: Salutogene- Hoffmann, Sven Olaf; Hochapfel, Frank R. Grundversorgung – Kompendium der in- se und Positive Psychotherapie, Hu- (Hrsg.): Neurotische Störungen und psy- terpersonellen Medizin, Schattauer, 3. ber 2. Aufl. 2006 chosomatische Medizin, Schattauer, Aufl. 2004 8. Aufl. 2009 [9] Hönmann W.: Arbeitsunterlagen Was erhält Menschen gesund? Antonov- Kurs A, LÄKH Bad Nauheim 2019 Hüther, G.: Biologie der Angst, Sammlung skys Modell der Salutogenese. Bundes- Vandenhoeck, 7. Aufl. 2007 zentrale für gesundheitliche Aufklärung, [10] Eckert, J. Gesprächspsychotherapie. Band 6 In: Reimer, Eckert, Hautzinger, Wilke Online-Ausgabe | Hessisches Ärzteblatt 9/2021
Fortbildung Abb 2a: Energie/Zeit-Aufwand – zum Reinschreiben durch Patienten, nach [5] Körper 100 % Fantasie / Zukunft 100 % 100 % Leistung 100 % Kontakte Hessisches Ärzteblatt 9/2021 | Online-Ausgabe
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