Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems

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Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
Requalifizierung eines
Reinraumbekleidungssystems
unter Berücksichtigung der typischen Alterungserscheinungen

                    A
                          usgehend von einer Frage während eines Behörden-Audits eines Pharma-
                          unternehmens bezüglich Qualifizierungsdaten für die Reinraumbekleidung
                          der Reinheitszone A/B wurde im Rahmen eines Gemeinschaftsprojektes
                    diese Reinraumbekleidung requalifiziert*. Die Beteiligten berichten hier von den
                    wichtigsten Ergebnissen und deren Interpretation.
                    * Die Reinraumbekleidung war zum Zeitpunkt des Behörden-Audits schon mehrere Jahre im Einsatz in Reinheitszone A/B; anhand von mikro-
                    biologischen Personal- und Umgebungskontrollen war die korrekte Funktionalität der Reinraumkleidung indirekt nachgewiesen, jedoch lag
                    eine initiale Qualifizierung der Reinraumbekleidung gemäss aktueller Anforderungen nicht vor. Aufgrund des bereits etablierten Einsatzes der
                    Reinraumbekleidung wird diese Studie als Requalifizierung der Reinraumkleidung bezeichnet.
Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
den kann. Dabei stellt natürlich das produzie-       Das betreffende Reinraumbekleidungs­
                                                    rende Personal ein hohes mikrobiologisches           system des in diese Projektarbeit
                                                    und partikuläres Kontaminationsrisiko dar.           involvierten Pharmaproduzenten ist
                                                    Die Reduktion des vom Personal ausgehen-             wie folgt festgelegt:
                                                    den Kontaminationsrisikos wird u. a. mit der
                                                    Reinraumbekleidung als einziger Filter zwi-          P 2-teilige reinraumtaugliche Zwischen-
                                                    schen Mensch und Produkt gewährleistet. Somit          bekleidung, bestehend aus einem lang-
                                                    kommt der Reinraumbekleidung folgerichtig              ärmligen Oberteil und einer Hose sowie
                                                    eine besondere Bedeutung zu. Die gewähl-             P 3-teilige Oberbekleidung bestehend aus
                                                    te Reinraumbekleidung als ein essentieller             Haube, Overall und Überziehstiefel.
                                                    Bestandteil der Kontaminationskontrollstrategie
                                                    gilt es somit zu überprüfen / qualifizieren, zu      Bei der Zwischenbekleidung kommt ein rein-
                                                    bewerten und ggf. auch zu optimieren.                raumtaugliches Material, welches aus 100%-
                                                                                                         Polyester-Mikrofaserfilamenten gewebt wird,
                                                    Ein internationaler Pharmaproduzent als              zum Einsatz. Bei der Oberbekleidung handelt es
                                                    Nutzer von Reinraumbekleidung, der Rein-             sich um ein Material, das zu 98 % aus Polyester
                                                    raumbekleidungshersteller Dastex mit dem             und zu 2 % aus Carbon besteht und sich schon
                                                    Standort in Muggensturm (Deutschland)                seit vielen Jahren im Einsatz in Reimräumen
                                                    und der Textildienstleister Initial mit dem          bewährt hat.
                                                    Standort Reutlingen (Deutschland) haben
                                                    sich 2018 / 2019 der Fragestellung, wie lange        Zu den ergänzenden Bestandteilen des Rein-
                                                    Reinraumbekleidung (für die Sterilproduktion         raumbekleidungssystems zählen reinraumtaug-
                                                    in den Reinheitszonen A/B an einem schwei-           liche Socken, definierte Reinraumschuhe, Rein-
                                                    zer Standort des Pharmaproduzenten) ein-             raumbrille, Vliesunterziehhaube und Einweg-
                                                    gesetzt werden kann, genauer angenommen.             mundschutz sowie jeweils zwei Paar sterile
                                                    Im Rahmen einer gemeinsamen Projektarbeit            Handschuhe mit langen Stulpen (Länge: 12
                                                    sollte untersucht werden, wie sich die               inch), die über die Ärmel des Overalls gezogen
                                                    Reinraumbekleidung über die maximal defi-            werden können.
                                                    nierte Anzahl an Trage-, Dekontaminations- und
                                                    Sterilisationszyklen verhält. Konkreter ausge-       Die maximale Anzahl an Trage-, Dekontamina-
                                                    drückt, ob diese sich über die Zeitdauer der         tions- und Sterilisationszyklen der Oberbe-
                                                    Nutzung qualitativ verändert.                        kleidung ist auf 60 und die der Überzieh-
                                                                                                         stiefel auf 40 definiert (Anmerkung: aufgrund
                                                    Ziel war es unter möglichst praxisnahen              von mechanischen Belastungen während des
                                                    Bedingungen reproduzierbare Werte zu                 Aufbereitungsprozesses, verursacht durch die
                                                    folgenden Parametern zu bekommen:                    Stiefelsohlen, ist der Verschleiß bei Überzieh-
                                                                                                         stiefel höher als bei der Oberbekleidung). Von
                                                    P Partikelabgabe von Personen in Reinraum-           Seiten des Bekleidungsherstellers Dastex lie-
                                                      bekleidung verschiedenen Nutzungsalters            gen fundierte technische Daten vor, die auch
                                                      (luftgetragen)                                     Alterungserscheinungen (bedingt durch die regel-
1. Ausgangslage                                     P Lebensfähige Kontaminationen an                    mäßige Aufbereitung) mit beinhalten. Zudem
                                                      definierten Messpunkten auf der Außenseite         veröffentlichte Dastex bereits im Jahr 2017 eine
Wie oft ist eine Reinraumkleidung einsetzbar?         von Personen in Reinraumbekleidung                 Studie zum Thema Alterungserscheinungen nach
Eine Frage, die immer häufiger in Audits gestellt     (textile Oberfläche)                               60 Dekontaminations- und Sterilisationszyklen
wird und in vielen Fällen nicht unbedingt gleich                                                         – jedoch ohne dazwischenliegendes Tragen
beantwortet werden kann.                            Das bei dem Pharmaproduzenten für die Steril-        der Reinraumbekleidung (Alterungserscheinung
Hintergrund dieser Frage ist die leicht nachzu-     produktion in den Reinheitszonen A/B defi-           steriler Reinraumbekleidung, ReinRaumTechnik
vollziehende Erkenntnis, dass die Performance       nierte Reinraumbekleidungssystem wurde dort          1/2017, Wiley). Die Ergebnisse dieser Studie
einer waschbaren Reinraumbekleidung mit der         bereits vor einigen Jahren eingeführt und hat        zeigten zwar einen Rückgang der Filtrations-
zunehmenden Anzahl an Dekontaminations-             sich seit dieser Zeit gut etabliert. Die Resultate   effizienz; dieser war jedoch keinesfalls in einem
(= Waschen & Trocknen) mit anschließenden           aus dem mikrobiologischen Personalmonitoring         Ausmaß, das eine negative mikrobielle oder
Sterilisationszyklen sowie Tragezyklen durch        (Oberflächenkontrollen auf der Außenseite der        partikuläre Beeinflussung der Umgebung zur
alterungsbedingte Effekte über die Zeit abnimmt.    Reinraumbekleidung am Ende des Aufenthaltes          Folge haben könnte.
Dies gilt umso mehr, wird die Bekleidung noch       in den Reinheitszonen A/B) zeigte seit Ein-
zusätzlich sterilisiert. Auch die im Entwurf        führung dieses Reinraumbekleidungssystems            2. Projektdurchführung
(2020) zum neuen Annex 1 (GMP Leitfaden)            nur in geringer Anzahl Warn- und Aktions-
geforderte Kontaminationskontrollstrategie          grenzenüberschreitungen und wurde daher als          Für eine vergleichende Studie – Reinraum-
verlangt, dass alle Parameter, die eine Konta-      zuverlässiges Reinraumbekleidungssystem ein-         bekleidung im Neuzustand versus Reinraum-
mination des Produktes zur Folgen haben             gestuft. Jedoch fehlte bis dato die qualitative      bekleidung mit maximaler Anzahl an Auf-
könnten, so gestaltet werden, dass eine Kon-        Qualifizierung dieses Reinraumbekleidungs-           bereitungen (Waschen/Sterilisieren) mit jeweils
tamination des Produktes ausgeschlossen wer-        systems.                                             dazwischenliegendem Einsatz (Tragen) – bietet

2P
Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
Requalifizierung eines
                                                                                                                      Rein­raum­bekleidungssystems

Body-Box                                           Messvorrichtung BioTrak®                           Abklatschtest

sich die Nutzung der Body-Box-Methode mit          P Während des Bewegungsprogramms:                  Verglichen wurden drei Alterszustände
konstanten Umgebungsbedingungen an. Die                                                               der Reinraumbekleidung:
Body-Box-Methode wird u.a. in einer amerika-         •   Messung der Partikelabgabe
nischen Empfehlung (IEST RP-CC003.4) in ihren      		    (luftgetragen; optischer Partikelzähler;     1. Neuzustand ➜ Reinraumbekleidung wurde
Grundlagen dargestellt. Ausführlich beschrie-      		    28,3 L Probevolumen pro Minute;              drei Mal fachgerecht gewaschen und sterilisiert
ben wird das System der Body-Box in der            		    mittels BioTrak®) und                        (zur Entfernung potentieller Rest-Substanzen
Publikation „Body-Box-Test, eine Testmethode         •   Messung der Abgabe lebensfähiger 		          aus dem Gewebe)
auf dem Prüfstand“(ReinRaumTechnik 2/2004,         		    Kontaminationen (luftgetragen;               2. Endzustand ➜ Reinraumbekleidung, die
GIT-Verlag). Die Umgebungsbedingungen in der       		    laserinduzierte Fluoreszenz; 28,3 L 		       die festgelegte maximale Anzahl an Tragezyklen
genutzten Body-Box entsprechen denen einer         		    Probevolumen pro Minute;                     (60/40 Zyklen bei maximal 3,5 Stunden Trage­
Reinheitszone ISO 4 (ISO 14644-1).                 		    mittels BioTrak®)                            zeit) inklusive Wasch- und Sterilisationszyklen
                                                                                                      (123 °C für 30 min) erreicht hat
Im Rahmen dieser Studie, die in der Body-Box       P Vor Verlassen der Body-Box erfolgt               3. Sicherheitspolster ➜ Reinraumbekleidung,
der Firma Dastex durchgeführt wurde, wur­            die Überprüfung der Keimzahl an der              die die festgelegte maximale Anzahl an
den die im Folgenden aufgeführten Akti­vi­täten      Außenseite der Reinraumbekleidung                Tragezyklen (60/40) inkl. Dekontaminations- und
einer Person mit der beschriebenen Rein­­            mittels Oberflächen-Abklatschtest an 20          Sterilisationszyklen (123 °C für 30 min) erreicht
raumbekleidung (in verschiedenen Alte­  rungs­       Messpunkten verteilt auf Haube, Overall          hat, wurde weitere 20 Mal aufbereitet und
zuständen) bekleidet mit mikrobiologischen           und Überziehstiefel:                             sterilisiert, jedoch ohne dazwischenliegendes
Messungen und Partikelmessungen be­    gleitet.                                                       Tragen der Reinraumbekleidung. Diese zusätz-
Anhand der Messungen sollte die Durch­      läs­     •   1x Stirn                                     lichen Aufbereitungs- und Sterilisationszyklen
sigkeit resp. das Rückhaltevermögen der Rein­        •   1x Wange                                     der Reinraumbekleidung sollten ein Worst-
raumbekleidung bezüglich partikulärer und mi­        •   2x Bauch                                     Case-Szenario darstellen, anhand dessen die
krobieller Kontaminationen überprüft werden.         •   8x Arme (je 2x Oberarm und                   Leistungsfähigkeit des Bekleidungskonzeptes
                                                   		    2x Unterarm)                                 auch über die definierte Endzykluszahl hinaus
Eine für das korrekte Anziehen der Rein­             •   4x Beine (je 1x Oberschenkel vorne           überprüft werden sollte.
raum­kleidung geschulte Person führte in           		    und 1x Oberschenkel hinten)
der Body-Box folgende Aktivitäten durch:             •   2x Stiefel (je 1x pro Stiefel)               Pro Alterungsstadium wurden sowohl für
                                                     •   1x Gesäß                                     die Analyse in der Body-Box als auch zur
P Betreten der Body-Box                              •   1x Brust                                     Bestimmung der Restkontaminationswerte zehn
P Akklimatisierungszeit in der Body-Box                                                               Bekleidungssets untersucht, um eine ausrei-
  ohne Bewegungen                                  Der Echtzeit-Luftkeimzähler BioTrak® ermöglicht    chende Datengrundlage für eine statistische
P Start des festgelegten Bewegungs­programms       die Erfassung der Gesamtpartikelzahl der luftge-   Auswertung der Resultate zu erhalten.
  (abwechselnd Gehbewegungen und ruhiges           tragenen Partikel sowie eine Unterscheidung in
  Stehen); diese Aktivitäten sollten das Tragen    luftgetragene Partikel und luftgetragene lebens-
  der Reinraumbekleidung simulieren.               fähige Partikel anhand von Biofluoreszenz.         3. Ergebnisse
                                                   Die mikrobiologischen Analysen wurden bei
 Abschnitt                      Dauer              30 – 35 °C für 5 –7 Tage inkubiert und hin-        3.1 Restkontaminationswerte
                                                   sichtlich der Gesamtkeimzahl ausgewertet.          Die Bestimmung der Restkontaminationswerte
 Akklimatisierungszeit          1 –10 min          Zusätzlich erfolgte die Ermittlung der Rest­       durch die Wäscherei ergab, dass die Werte –
 (stehen)
                                                   kon­taminationswerte der aufbereiteten Rein­       auch bei zunehmendem Alter der Bekleidung
 Stehen		                            5 min         raum­bekleidung vor der Sterilisation mit Hilfe    annährend konstant blieben und immer deutlich
 Gehen		                             5 min         der Durchsaugmethode in Anlehnung an die           unter den typischen Grenzwerten (weniger als
                                                   ASTM-F51. Dabei wird mittels eines Partikel­       1.000 Partikel ≥ 5 µm / ft2) gemäß ASTM F51
 Stehen		                          10 min
                                                   messgeräts die Luft durch das Reinraumgewebe       lagen.
 Gehen		                           10 min          gesaugt; vorhandene Partikel werden dadurch
 Stehen		                            5 min         vom Gewebe gelöst und gemessen. Insgesamt          3.2 Mikrobiologische Resultate
                                                   wurden folgende Messpunkte definiert: Overall      Die Auswertung der mikrobiologischen Belas­
 Gehen		                             5 min
                                                   (Brust, Oberarm, Bauch, Oberschenkel vorne,        tung auf der Außenseite der Reinraumkleidung
Tabelle 1: Bewegungsprogramm:                      Oberschenkel hinten); Haube (Stirn, Wange          erfolgte durch den Pharmaproduzenten. Für die
durchgeführte Aktivitäten in der Body-Box          (Mundbereich); Stiefel (am Schaft oben).           statistische Analyse wurden die Resultate der

                                                                                                                                                   F3
Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
● 0 Zyklen
Requalifizierung eines                                                                                                                          (Neuzustand)
Rein­raum­bekleidungssystems                                                                                                                  ● 60 resp. 40 Zyklen
                                                                                                                                                (Endzustand)
                                                                                                                                                 KBE

                                                   KBE
einzelnen Prüfpunkte von der Aussenseite der
Reinraumbekleidung nicht getrennt betrachtet,
sondern zu einer Gruppe zusammengefasst. In
Abbildung 1 sind die individuellen Daten mit
eingezeichnetem Box-Plot der Bekleidungssets
mit 0 und 60 resp. 40 Dekontaminations-,
Sterilisations- und Tragezyklen dargestellt.

                                                                          Neuzustand                                Endzustand
Die statistische Auswertung der Reinraum­be­
klei­dung mit 0 und 60 resp. 40 Zyklen erfolg-                                                Alterszustand
te aufgrund des hohen Vorkommens von 0
KBE Ereignissen mittels eines generalisier-          Abbildung 1: Keimzahl-Analyse Bekleidungsaußenseite (Anzahl KBE = Koloniebildende
                                                     Einheiten) der Bekleidungssets (0 und 60 resp. 40 Dekontaminations-, Sterilisations- und
ten linearen Modells (Modell für negative            Tragezyklen – Zyklen) mit eingezeichneten Box-Plots.
Binomialverteilung). Zusätzlich wurde mittels
Chi2-Test überprüft, ob eine Assoziation beider
Alterungszustände vorliegt. Dabei wurden die         Daten der Partikelmessung (0 und 60 resp. 40             Die statistische Auswertung der Partikelmessung
ermittelten Keimzahlen gemäss der definierten        Dekontaminations-, Sterilisations- und Trage­            mit der Partikelgröße ≥ 5 µm (0 und 60 resp.
Aktionsgrenze für Reimraumbekleidung in >            zyk­­len) log transformiert und anschließend mit-        40 Dekontaminations-, Sterilisations- und
5 KBE (YES, Kontamination) und ≤ 5 KBE (NO,          tels eines 2-Stichproben T-Test auf Signifikanz          Tragezyklen) erfolgte aufgrund des hohen
keine Kontamination) kategorisiert.                  (p < 0,05) miteinander verglichen).                      Vorkommens von 0 Partikel Ereignissen mittels
                                                                                                              einem generalisierten linearen Modell (Modell
Die Ergebnisse des generalisierten linearen          Zwischen den Partikelmessungen (Partikelgröße            für negative Binomialverteilung). Zusätzlich
Modells deuten darauf hin, dass kein signi-          ≥ 0.5 µm) der Bekleidung mit 0 und 60 resp. 40           wurde mittels Chi2-Test überprüft, ob eine
fikanter Unterschied zwischen den beiden             Dekontaminations-, Sterilisations- und Trage­            Assoziation zwischen den Partikelmessungen
Bekleidungssets (0 und 60 resp. 40 Zyklen)           zyklen konnte kein signifikanter Unterschied             der verschiedenen Alterungszuständen vorliegt.
vorliegt (p = 0.469 > 0.05). Ausserdem konnte        (p = 0,1855 > 0.05) festgestellt werden. Daraus          Dabei wurden die ermittelten Partikelzahlen
keine Assoziation mittels Chi2-Test zwischen         resultierend sind die neuen Bekleidungen in              in Partikel vorhanden (YES, Kontamination)
den beiden Bekleidungssets (0 und 60 resp. 40        Bezug auf die Partikelabgabe (Partikelgröße ≥            und keine Partikel vorhanden (NO, keine
Dekontaminations-, Sterilisations- und Trage­        0.5 µm) vergleichbar mit den Bekleidungen, mit           Kontamination) kategorisiert.
zyklen) nachgewiesen werden. Basierend auf           60 resp. 40 Dekontaminations-, Sterilisations-
diesen Resultaten kann die Aussage getroffen         und Tragezyklen.                                         Die Ergebnisse des generalisierten linearen
werden, dass die Bekleidungssets mit 0 und                                                                    Modells deuten darauf hin, dass ein signi­
60 resp. 40 Zyklen mikrobiologisch vergleich-        In Abbildung 3 sind die individuellen Daten mit          fikan­ter Unterschied zwischen den beiden
bar sind.                                            entsprechenden Box-Plot der Partikel­  mes­sun­          Bekleidungssets (0 und 60 resp. 40 De­konta­
                                                     gen der Partikelgröße ≥ 5 µm (0 und 60 resp. 40          minations-, Sterilisations- und Trage­zyklen) vor-
3.3 Partikelresultate                                Zyklen) dargestellt.                                     liegt (p < 0.05).
Mit Hilfe des BioTrak®-Systems wurden wäh-
rend der Untersuchung der Reinraumkleidung
in der Body-Box die Partikelzahlen in der
Rückluft erfasst. Dabei wurde unterschieden                       2,5
in die gesamten luftgetragenen Partikel (total,
T: ausgewertete Partikelgrößen ≥ 0.5 µm und ≥
5 µm) und in lebensfähigen Partikel (viable, V:                   2,0
ausgewertete Partikelgröße ≥ 1 µm).

Die Ergebnisse der Partikelmessungen der Par­                     1,5
                                                   Log T 0,5 µm

tikel­größen ≥ 0,5 µm und ≥ 5 µm wurden
aufgrund der verschiedenen Datenverteilungen
(Partikelgrößen ≥ 0,5 µm logarithmische                           1,0
Normalverteilung, ≥ 5 µm negative Bi­no­mial­
verteilung) separat statistisch ausgewertet.
                                                                  0,5
In Abbildung 2 sind die individuellen log trans-
formierten Daten mit entsprechenden Box-Plot
der Partikelmessungen mit Partikelgröße ≥ 0.5                     0,0
µm (0 und 60 resp. 40 Wasch-, Sterilisations-
und Tragezyklen) dargestellt.                                                      0 Zyklen                           60 resp. 40 Zyklen        Each Pair
                                                                                                                                                Student’s t
                                                                                                                                                   0,05
Die Daten der Partikelmessungen mit der Par­                                                    Alterszustand

tikel­größe ≥ 0,5 µm unterliegen einer log-Nor-      Abbildung 2: log transformierte Daten der Bekleidung mit 0 und 60 resp. 40
malverteilung. Aus diesem Grund wurden die           Dekontaminations-, Sterilisations- und Tragezyklen mit eingezeichneten Box-Plots.

4P
Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
● 0 Zyklen
                                                                                         (Neuzustand)                                 Requalifizierung eines
                                                                                       ● 60 resp. 40 Zyklen                   Rein­raum­bekleidungssystems
                                                                                         (Endzustand)
                                                                                          T  5 µm
T  5 µm

                                                                                                              diesen keine weiteren Messungen durchge-
                                                                                                              führt werden konnten. Somit wurden die Daten
                                                                                                              aus dem Worst-Case-Szenario nicht weiter für
                                                                                                              einen Vergleich an dieser Stelle herangezo-
                                                                                                              gen. Insgesamt ließ sich mit dem untersuchten
                                                                                                              Sicherheitspuffer die 60 resp. 40 Zyklen als gute
                                                                                                              Endpunkte bestätigen.
                      Neuzustand                              Endzustand

                                        Alterszustand                                                         4. Ergebnisinterpretation
 Abbildung 3: Partikelmessung (Partikelgröße ≥ 5 µm) der Bekleidung                                           Anhand der Daten ist ersichtlich, dass das
 mit 0 und 60 resp. 40 Zyklen mit eingezeichneten Box-Plots.
                                                                                                              eta­b­lierte Bekleidungssystem den An­for­de­­­run­
                                                                                                              gen für den Einsatz in den Rein­        heits­
                                                                                                                                                           zonen
                                                                                                              A/B genügt und dass die festgelegten maxi-
 Im Gegensatz dazu konnte jedoch keine Asso­            Im Zuge der generell verhältnismäßig niedri­          malen Dekontaminations- und Sterili­       sations­
 zi­ation mittels Chi2-Test zwischen den Partikel­      gen erfassten Partikelzahlen konnten auch             zyklen inkl. dazwischenliegender Nut­         zung
 zahlen der Partikelgröße ≥ 5 µm und den                nur vereinzelt luftgetragene lebensfähige Par­        der Reinraumbekleidung sich als adäq­           uat
 beiden Bekleidungssets (0 und 60 resp. 40              ti­
                                                          kel mit dem BioTrak®-System erfasst wer-            erwiesen haben, da zwischen neuer Rein­
 Dekontamination- Sterilisations- und Trage­zyk­        den. Aufgrund der vielen Messpunkte ohne              raum­be­kleidung und Reinraumbekleidung
 len) nachgewiesen werden. Basierend auf die-           Be­fund, konnte hier keine statistische Analyse       nach maximaler Nutzung kein statistisch sig-
 sen unterschiedlichen Resultaten ist keine ein-        der Ver­ gleichbarkeit der Bekleidungssets der        nifikanter Unterschied nachgewiesen werden
 deutige Aussage bezüglich der Vergleichbarkeit         ver­schiedenen Alterszustände durchgeführt            konnte. Somit konnte das hier untersuchte
 anhand der Partikelzahlen der Partikelgröße            werden. In Abbildung 4 sind die Daten für             Bekleidungssystem für den Pharmaproduzenten
 ≥ 5 µm möglich. Eine mögliche Ursache für              die Alterszustände 0 und 60 resp. 40 Dekon­           erfolgreich requalifiziert werden. Die im Rahmen
 dieses nicht eindeutige Ergebnis könnte darauf         taminations-, Sterilisations- und Tragezyklen         dieser Studie erzielten Ergebnisse lassen sich
 zurückzuführen sein, dass die hier dargestellten       als Balkendiagramm aufbereitet. Während der           jedoch nicht ohne weiteres auf andere – wenn
 Untersuchungen der Reinraumkleidung „nur“              Phasen des Stehens konnten keine lebensfähi-          auch ähnliche – Reinraumbekleidungssysteme
 in einer Body-Box durchgeführt wurden, die             gen Partikel mit dem Zähler erfasst werden.           übertragen.
 keinen echten Reinraum der Zone A / B mit
 zugehöriger Personalschleuse darstellt, sondern        Die Untersuchung der zusätzlich aufbereiteten         Verschiedene Einflussfaktoren
 der Reinraum selber zwar eine ISO-Klasse 4             Bekleidungssets für das Worst-Case-Szenario,          können die Effizienz eines Reinraum­
 gewährleistet, die zugehörige Personalschleuse         konnte nur noch mit acht Bekleidungssets              bekleidungssystems verändern:
 „nur“ eine ISO-Klasse 7 darstellt. Somit können        durchgeführt werden. Einzelne Teile wiesen
 die Partikelzahlen nur bedingt gewertet werden.        Defekte an Verschleißteilen auf, weswegen mit         1) Jedes Reinraumtextil hat eigene Charak­te­
                                                                                                                 ris­tika, die sich mit zunehmender Anzahl an
                                                                                                                 Wasch-, Sterilisations- und Nutzungszyklen
                                                                                                                 unterschiedlich verändern können.
                                                                                                              2) Die reinraumtaugliche Zwischenbeklei­­dung
                                                                                                                 ist ein entscheidender Faktor in puncto
                                                                                                                 Effizienz eines Reinraumbekleidungssystems.
                                                                                                              3) Jede Reinraumwäscherei bereitet die
                                                                                                                 Reinraumbekleidung unter verschiedenen
                                                                                                                 Rahmenbedingungen auf.
                                                                                                              4) Die mechanische Beanspruchung durch
                                                                                                                 die Träger kann zwischen verschiedenen
                                                                                                                 Anwendern und/oder Anwendungsprozessen
                                                                                                                 stark variieren.
                                                                                                              5) Desinfektionsmittel oder andere zusätz-
                                                                                                                 lichen Einflüsse während des Tragens
                                                                                                                 haben Einfluss auf die Haltbarkeit der
                                                                                                                 Reinraumbekleidung.
                                                                                                              6) Der Sterilisationsprozess (Dauer, Temperatur,
                                                                                                                 Art) beeinflusst die Haltbarkeit und die
                                                                                                                 Effizienz der Reinraumbekleidung.
                                                                                                              7) Die Tragedauer kann zwischen verschiede-
                                                                                                                 nen Anwendungsprozessen stark schwanken.
                                                                                                              8) Art und Grad der Verunreinigungen, die zu
                                                                                                                 entfernen sind, können Auswirkungen auf
 Abbildung 4 luftgetragene Partikel (T=Gesamtpartikelzahl, V=lebensfähige Partikel)                              die Alterserscheinungen eines Reinraum­
 als Mittelwert pro Minute separiert nach Bewegungsphase (n.d. = nicht detektiert).                              textils haben.

                                                                                                                                                             F5
Requalifizierung eines Rein raum bekleidungssystems
Requalifizierung eines
Reinraumbekleidungssystems

Folglich sollte jeder Anwender das eigene Rein-      ergibt sich daraus die im Annex 1 geforder-
raumbekleidungssystem anhand der entspre-            te Kontaminationskontrollstrategie (mögliche
chenden Rahmenbedingungen qualifizieren/             Kontaminationsrisiken erkennen/definieren,
requalifizieren. Die Qualifizierung der Effizienz    bewerten und kontrollieren sowie bei Bedarf
der Reinraumbekleidung im Neuzustand ist             optimieren).
nicht ausreichend – die Qualifizierung der
Effizienz der Reinraumbekleidung mit der maxi-
mal festgelegten Anzahl an Dekontaminations-,        5. Ausblick
Sterilisations- und Tragezyklen sollte ebenfalls
erfolgen.                                            Die Frage nach Daten zur Qualifizierung /
                                                     Requalifizierung von Reinraumbekleidungs-
Bei einer Erstdefinition oder bei einem Wech-        systemen wird in der nächsten Zeit wahrschein-
sel des Reinraumbekleidungssystems ist               lich zunehmen. So wurden im Rahmen einer
dies anfänglich natürlich noch nicht mög-            Folgestudie mit einem weiteren Pharma-
lich. Hier kann und muss man sich letztend-          produzenten zusätzlich noch weitere Gewe-
lich auf Erfahrungswerte anderer Nutzer, auf         beeigenschaften im Hinblick auf Alterungs-
Studienergebnisse – wie die hier beschrie-           erscheinungen geprüft. Hierzu wurde das
benen – und die Herstellerabgaben verlas-            anerkannte Textilforschungsinstitut DITV Den-
sen. Gegebenenfalls lassen sich jedoch               kendorf mit den entsprechenden Tests beauf-
Alterungserscheinungen zeitnah simulieren, um        tragt. Untersucht wurden hier zum einen das
eine bessere Risikoabschätzung durchführen           Aufrauverhalten und die Zug- und Reißkräfte
zu können. Mit zunehmender Nutzung der               im Textil, sowie die Luftdurchlässigkeit und
Reinraumbekleidung sind dann – im Rahmen der         das Partikelrückhaltevermögen am DITV-
Qualifizierung – vergleichbare Überprüfungen,        Filterprüfstand gemäß VDI 3926.
wie in dieser Studie beschrieben, unter den spe-
zifischen Rahmenbedingungen möglich. Für die         Die in dieser neuen Studie mittels der Body-
Ergebnisinterpretation und -einordnung eben-         Box-Messmethode ermittelten Werte in punc-
falls essentiell sind die Resultate und Trenddaten   to Abgabe von luftgetragenen Partikeln und
der betriebseigenen, routinemäßigen mikro-           überlebensfähigen Kontaminationen stimmten
biologischen Keimzahlbestimmungen von                tendenziell mit den Erkenntnissen der in diesem
Reinraum sowie von der Reinraumbekleidung            Artikel erörterten Studie überein. Insbesondere
(Umgebungsmonitoring). Fügt man nun diese            die am Textilforschungsinstitut DITV Denkendorf    Die Autoren
beiden Elemente zusammen:                            ermittelten Daten zeigen – keinen signifikan-
                                                                                                        C. Moschner (1), A. Stärk (2)
                                                     ten Rückgang beim Partikelrückhaltevermögen
                                                                                                        H. Nagel (2), S. Gaza (1)
P Qualifizierung des Bekleidungssystems              (nach 60 bzw. 40 (für Stiefel) Wasch-,             (1)
                                                                                                              Dastex Reinraumzubehör GmbH & Co. KG
  sowie                                              Sterilisations- und Tragezyklen) – nur sehr        (2)
                                                                                                              Novartis Pharma Stein AG
P Resultate und Trenddaten der mikro-                geringe Abweichungen bei der mechanischen
  biologischen Keimzahlbestimmungen von              Belastbarkeit des Gewebes (nach 60 Wasch-,         Artikel veröffentlicht in
  Reinraum und Reinraumbekleidung während            Sterilisations- und Tragezyklen) und bestärkten    pharmind 1/2021
  der Anwendung der Reinraumbekleidung in            die Aussagen zu den hier angewendeten defi-
  den Reinheitszonen A / B                           nierten Wasch-, Sterilisations- und Tragezyklen.   Überarbeitete Fassung 2/2021
 CWS Cleanrooms Deutschland

                                                                                                        Dastex Reinraumzubehör
                                                                                                        GmbH & Co. KG
                                                                                                        Draisstraße 23
                                                                                                        76461 Muggensturm
                                                                                                        DEUTSCHLAND
                                                                                                        Telefon +49 7222 9696-60
                                                                                                        Telefax +49 7222 9696-88
                                                                                                        E-Mail info@dastex.com
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                                                                                                        www.dastex.com

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