RESIDENZ-JOURNAL - Das neugestaltete Atrium der Residenz Rüppurr lädt zum Verweilen ein! - Wohnstift Karlsruhe
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
RESIDENZ- JOURNAL Das neugestaltete Atrium der Residenz Rüppurr lädt zum Verweilen ein! Ausgabe 45 Oktober - November - Dezember 2020
Wolfgang Pflüger Direktor Liebe Leserin, lieber Leser, traditionsgemäß bringen wir Ihnen einige Zahlen und Fakten aus dem Jah- resabschluss 2019 des Wohnstift Karlsruhe e.V. zur Kenntnis. Alle Jahres- abschlusszahlen beziehen sich in der Regel auf den Stichtag 31.12.2019. Der Verein Wohnstift Karlsruhe hat derzeit 27 Mitglieder. Der Vorstand des Vereins wurde zuletzt im Mai 2017 neu gewählt. Er besteht aus 8 Personen. Vorsitzender ist Heinz Fenrich, Stellvertreter Dr. Thomas Müller. Weitere gewählte Vorstandsmitglieder sind Petra Becker (Schriftführerin), Elke Ernemann, Ralph Ganz (Schatzmeister), Gerd Hurst, Martin Kirsch und Josef Seekircher. Ehrenvorsitzender ist Prof. Dr. Gerhard Seiler. Im Berichtsjahr haben drei reguläre Vorstandssitzungen und eine Mitgliederversammlung stattgefunden. Die Schwerpunkte der Beratungen in den Gremien lagen auf der weiteren Um- setzung der „Pflegekonzeption 2019“, d.h. der erweiterten ambulanten Versorgung unserer Be- wohner in den Appartements, auf den Maßnahmen zur Brandverhütung sowie der wirtschaft- lichen Führung des Vereins. Geschäftsführer des Vereins war bis zum 31.05.2019 Rüdiger Frank, seit 01.06.2019 wurde mir die Leitung übertragen. Mein Stellvertreter ist Christoph Zajontz-Wittek. Beim Verein Wohnstift Karlsruhe waren zum Jahresende insgesamt 437 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt, bei rd. 590 Bewohnern in beiden Residenzen. D.h. rechnerisch haben wir je Bewohner knapp 0,75 Mitarbeiter, ein vergleichsweise weit überdurchschnittliches Betreuungsverhältnis, das natürlich auch seinen Preis hat. Über 56% oder 11,5 Mio. € der Be- triebskosten entfallen nur auf das Personal. Deshalb sind Tariflohnsteigerungen auch immer der bestimmende Maßstab bei Pensionspreis- oder Pflegekostenerhöhungen. In der Residenz Rüppurr wohnten in den Appartements 337 Personen, davon 237 Frauen und 100 Männer. Die meisten Bewohnerinnen und Bewohner, und zwar 176, sind zwischen 80 und 90 Jahre alt. Aber 42 sind jünger als 80 Jahre. 147 Bewohnerinnen und Bewohner leben seit mehr als 5 Jahren in der Residenz Rüppurr, darunter 67, die mehr als 10 Jahre, und sogar 19, die schon mehr als 20 Jahre bei uns wohnen. Im vergangenen Jahr sind 42 Personen mit einem Durchschnittsalter von 83,8 Jahren neu eingezogen. Am Jahres- ende waren rd. 94,5 % der Appartements vermietet. In der FächerResidenz lebten 205 Personen in den Appartements, davon 145 Frauen und 60 Männer. 46 Mieter sind jünger als 80 Jahre. Das Durchschnittsalter beträgt 84,0 Residenz Rüppurr (RR) Jahre. Am Jahresende waren rd. 99 % der Appartements vermietet. Kulturelle, musikalische wie auch politische und literarische Veranstaltungen erfuh- ren im Berichtsjahr wieder regen Zuspruch. In beiden Residenzen fanden wöchentlich wechselnd eine Vielzahl kultureller und gesellschaftlicher Veranstaltungen wie Kon- zerte, Vorträge, Lesungen usw. mit guter Resonanz seitens der Bewohner statt. Es wurden insgesamt acht Ausflüge durchgeführt, darunter eine 5-Tage-Reise im Juli in die Fränkische Schweiz. Jahreszeitliche Feste wie Sommerfest, Oktoberfest und die FächerResidenz (FR) Weihnachtsfeier ergänzten das Programm. Traditionell lud auch wieder die Karne- IMPRESSUM Foto Titelseite Herausgeber Redaktion: Erlenweg 2 Das neugestaltete Wohnstift Karlsruhe e.V. Martin Achtnich, RR 76199 Karlsruhe Atrium der Gestaltung: Werner Backhaus, RR Tel. 0721 - 88 01-1 Residenz Rüppurr Elvira Bersieck Marthamaria Drützler-Heilgeist, FR Fax 0721 - 88 01-580 V.i.S.d.P.: Ingeborg Niekrawitz, FR E-Mail info@wohnstift-ka.de Wolfgang Pflüger Ingrid Rumpf, FR www.wohnstift-ka.de 2
valsgesellschaft Badenia zur großen Prunksitzung in den Joseph-Keilberth-Saal der Resi- denz Rüppurr ein. Besonders erwähnenswert ist die hohe Qualität der Pflege in den stationären Pflegeeinrich- tungen. Die Fachkraftquote liegt in der Regel 20 % über der gesetzlich geforderten Mindest- ausstattung von 50% und die Mitarbeiterzahl insgesamt ebenfalls 25 % über dem mit den Pflegekassen vereinbarten Personalschlüssel. Die jährlichen Qualitätsprüfungen durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen bescheinigten beiden stationären Pflegeabteilun- gen ein sehr gutes Ergebnis. In beiden Residenzen gibt es sogenannte „Pflegehotels“, d.h. vollständig möblierte Apparte- ments incl. Pflegebetten. Zielgruppe für dieses Angebot sind externe Personen, die aus einem Krankenhausaufenthalt nach Hause entlassen werden. Im Pflegehotel erhalten diese alle notwendigen hauswirtschaftlichen Leistungen sowie Vollpension. Sie leben in einer ge- schmackvoll eingerichteten Wohnung und können bei Bedarf pflegerisch vom hauseige- nen ambulanten Pflegedienst versorgt werden. Diese Möglichkeit wurde in beiden Residen- zen gut nachgefragt. Das Wohnstift hat seit 1997 seinen eigenen ambulanten Hausdienst (AHD). Dieser begann seinerzeit mit den vorgeschriebenen drei Vollzeitstellen. Stand 31.12.19 waren mittlerweile 64 Mitarbeitende auf 41,5 Vollzeitstellen beschäftigt. In der Residenz Rüppurr fanden im Berichtsjahr durch den AHD rund 118.000 Besuche in den Appartements statt und in der FächerResidenz rund 43.000. In vielen Fällen wurde durch die Tätigkeit des ambulanten Dien- stes ein Umzug in den Wohnbereich Pflege vermieden. Im Monat Dezember 2019 wurden in beiden Residenzen insgesamt 139 Bewohner in ihrem Appartement vom AHD behandelt und gepflegt. Die Pflegequalität des ambulanten Dienstes wurde durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen am 15.08.2019 geprüft und mit dem Ergebnis 1,0 -sehr gut- be- wertet. Temple Neuf Durch ständige Bau-, Instandhaltungs- und Renovierungsarbeiten (2019 für rd. 1,2 Mio. €) wird gewährleistet, dass immer ein repräsentativer, aber auch hoher technischer Stand unse- rer Residenzen vorgewiesen werden kann. Nachfolgend die größten Maßnahmen der Resi- denz Rüppurr (RR) und der FächerResidenz (FR): - Installation einer Brandmeldeanlage in allen Etagen der drei Wohnhäuser (RR) - Umbau und Sanierung der stationären Pflege im ersten Obergeschoss (RR) - Komplettsanierung der Lüftungsanlage in den Speisesälen und im Joseph-Keilberth- Saal (RR) - Verlegung neuer Teppichböden auf mehreren Etagen (RR) - Umsetzung weiterer Brandschutzforderungen (Feuerwehraufstellflächen, Aufzugs- steuerung u.v.m.) - Umstellung der Beleuchtung auf langlebige und stromsparende LED in den öffent- lichen Bereichen im EG und auf den Etagen (RR und FR) - Umstellung auf neue Software für Dokumentation und Abrechnung (RR und FR) - Einführung mobiler Dokumentation mit elektronischen Geräten in der stationären und ambulanten Pflege (RR und FR) Zur Sicherung der hohen Qualität treffen sich die verantwortlichen Mitarbeiter unter Leitung der Geschäftsführung bzw. der Hauptabteilungsleiter regelmäßig zu Besprechungen und Qualitätszirkeln. Zudem nimmt der Geschäftsführer regelmäßig an den Sitzungen der von den Bewohnern gewählten Beiräte teil. Freundliche Grüße aus Rüppurr Ihr Besuchen Sie unsere neu gestaltete Webseite: www.wohnstift-ka.de Wolfgang Pflüger 3
11 Jahre Residenz-Journal Beileibe kein Jubiläum, aber immerhin eine Schnapszahl – und aus gegebenem Anlass (Wechsel in der Redaktionsleitung) Zeit für eine Rückschau. Die erste Ausgabe unseres Residenz-Journals erschien im Oktober 2009, mit einer bis heute unveränderten Auflage von ca. 3.500 Exem- plaren. Bis allerdings die erste Ausgabe in Druck ging, gab es jede Menge zu besprechen und jede Menge Klärungsbedarf. RESIDENZ- JOURNAL Mit der Idee eines Journals war der Schreiber Anfang 2009 in den dama- ligen Bewohnerbeirat der Residenz Rüppurr gekommen – und hatte offene Türen eingerannt. Der Bewohnerbeiratskreis zeigte sich sehr aufgeschlossen, die Resonanz auf diese Idee war äußerst positiv. Allerdings wollte man keinesfalls eine Hauszeitung, wie sie es in eini- gen anderen Heimen schon gab. „Wir wollen keine vorgefertigte Zeit- schrift, in der nur zwei oder drei Seiten tatsächlich von uns geschrieben sind.“ Die Zeitschrift sollte schon das Niveau der Bewohner des Hauses Dies ist ein Herbsttag, wie ich keinen sah! Die Luft ist still, als atmete man kaum, Und dennoch fallen raschelnd, fern und nah, widerspiegeln und sich deutlich von anderen Heimzeitschriften unter- Die schönsten Früchte ab von jedem Baum. scheiden. Außerdem sollten nicht nur unsere Bewohnerinnen und O stört sie nicht, die Feier der Natur! Dies ist die Lese, die sie selber hält, Denn heute löst sich von den Zweigen nur, Bewohner das Journal erhalten, sondern auch die zahlreichen für das Wohnstift vorgemerkten Interessenten sowie zur Auslage einige Kran- Was vor dem milden Strahl der Sonne fällt. Friedrich Hebbel (1813 - 1863) kenhäuser und soziale Institutionen. Ausgabe 1 Die Redaktion unserer Zeitschrift sollte aber nicht aus dem Bewohner- Oktober - November - Dezember 2009 beirat bestehen, sondern eine eigenständige Gruppe aus Bewohnern sein. Gesagt getan, es bildete sich das erste Redaktionsteam, bestehend aus Werner Back- haus (bis heute!), Dorothee Geyer, Dr. Leonhard Müller, Christa Visel – und mit mir, Rüdiger Frank, als „Chefredakteur“. So jedenfalls sahen es die Redakteure, da ich der verantwortli- che Herausgeber war. Nicht zu vergessen sei unsere „Chefsekretärin“ Elvira Bersieck, die sich bis heute für Satz und Layout verantwortlich zeigt. Für mich war die Redaktionsleitung schon allein deshalb eine neue Erfahrung, weil ich mich allein lauter Lehrern gegenüber sah. Von Beginn an wurde es auch als Problem gesehen, dass kein Vertreter aus der FächerResidenz im Redaktionsteam dabei war, denn schließlich sollte dieses Heft ein Journal für beide Residenzen des Wohnstifts sein. Die Kritik aus der FächerResidenz ließ nicht lange auf sich warten. So wurde schon das Vorwort der 2. Ausga- be vom damaligen Vorsitzenden des Bewohnerbeirats der FächerResidenz mit unter- schrieben, als Zeichen, dass auch die Bewohner dieses Hauses hinter dem Journal stehen. Aber das allein reichte nicht; was die Rüppurrer Redaktion brauchte, waren Mitarbeiter aus der FächerResidenz. Glücklicherweise folgte Frau Marthamaria Drützler-Heilgeist der Auf- forderung ihres früheren Direktors Dr. Leonhard Müller und ist seit der dritten Ausgabe bis zum heutigen Tag im Redaktionsteam dabei. Heute ist dieses pari besetzt. Bleibt noch der Name der Publikation: Wenn das kollektive Gedächtnis nach so langer Zeit nicht irrt, geht er auf einen kleinen Wettbewerb zurück, bei dem der Vorschlag der damaligen Rüppurrer Bewohnerin Eleonore Stier die Mehrheit erhielt. Wie schon ab der ersten Ausgabe lebt das Journal bis heute von den breit gefächerten Arti- keln der Redaktionsmitglieder und vereinzelten Artikeln aus dem Kreis der Bewohner. Jedes Redaktionsmitglied hatte immer seine eigenen Schwerpunkte, seien es allgemeine 4
Berichte über Veranstaltungen in den Residenzen, Reisen der beiden Häuser (oft mehrtä- tig), Hintergründe zur badischen Geschichte, bedeutende Bauwerke oder Institutionen in Karlsruhe, Reflexionen, Gedichtinterpretationen, Buchbesprechungen, Bewohner- und Mitarbeiterinterviews, Rätsel, Wanderungen, Berichte aus der Verwaltung der Residenzen, Koch- und Backrezepte u.v.m. Persönlich freue ich mich, dass es tatsächlich gelungen ist, dieses Residenz-Journal dauer- haft zu etablieren. Der Vorstand des Wohnstift Karlsruhe e. V. stand von Anfang an hinter diesem „Projekt“, auch wenn der damalige Vorsitzende, Prof. Dr. Seiler, zunächst sehr vor- sichtig war mit seiner Einschätzung und zweifelnd fragte, „wie lange das wohl erscheint“. Aber bis zum heutigen Tag ist seinen Aussagen im Vorwort der 3. Ausgabe nichts hinzuzu- fügen: „Die ersten Ausgaben des Residenz-Journal haben mich wirklich überrascht. Ich hatte nicht erwartet, dass es möglich sein würde, aus Kreisen der Bewohnerinnen und Bewohner eine so gelungene, informative und lebhafte Zeitschrift mit hohem Informa- tionswert entstehen zu lassen. Dazu gratuliere ich dem Redaktionsteam sehr herzlich. Meine Vorstandskollegen des Wohnstifts und ich würden uns sehr freuen, wenn dieses Journal in dieser Qualität weiter redigiert wird.“ Sehr herzlich bedanke ich mich bei allen meinen Redaktionskolleginnen und -kollegen für die Zusammenarbeit mit mir und für die Zeit, die sie in das Schreiben ihrer Artikel einbrin- gen, und für das gegenseitige Korrekturlesen wie auch für die Endkorrektur von Herrn Back- haus. Wichtig waren aber auch die Ideen und das Schreiben von Artikeln auf Vorrat, damit der Stoff nicht ausgeht, weshalb selbst Corona das pünktliche Erscheinen der Ausgabe 44 nicht verhindern konnte. Dank sei aber auch gesagt für die Ausdauer in den nicht immer einfachen Redaktionssitzungen, in denen oft um jedes Wort gerungen wird. Dem Residenz-Journal wünsche ich noch ganz viele weitere Jahre und dem Redaktions- team viel Ausdauer und Glück bei der Gestaltung der kommenden Ausgaben. Rüdiger Frank RESIDENZ- JOURNAL RESIDENZ- JOURNAL RESIDENZ- JOURNAL Hei, hei, hei so eine Schneeballschlacht, ja das ist was für die Großen und die .... 104 Jahre und mittendrin: Wieder eine Reise der besonderen Art: Ausgabe 6 Januar - Februar - März 2011 Lotte Backhaus Fünf Tage an Mosel und Saar Ausgabe 19 April - Mai - Juni 2014 Ausgabe 37 Oktober - November - Dezember 2018 5
10 Jahre Bibliothek der FächerResidenz In einer der letzten Ausgaben des Residenz-Journals (Nr. 43) wurde die Bibliothek der Residenz Rüp- purr vorgestellt mit dem Titel “Schätze im Keller“. Eine Bibliothek hat auch die FächerResidenz, allerdings befindet sich der „Schatz“ nicht im Keller, sondern auf einer Ebene mit der Rezeption auf zwei Zimmer verteilt, zum einen in der früheren Bibliothek, dem jetzigen Kaminzimmer, in dem tatsäch- lich ein funktionsfähiger Kamin steht und breite Ledersessel und ein Sofa zum Verweilen einladen. Allerdings handelt es sich hier eher um eine Prä- senzbibliothek mit Nachschlagewer- ken, Kunstbänden, Geschichts- und Politikbänden, Biographien, allesamt recht voluminös und nur zum Nach- schlagen gedacht. Zeitschriften aller möglichen Fachgebiete und vor allem aktuelle Tageszeitungen ergänzen das Angebot. Auch ein großer Fernsehapparat steht – schön versteckt hinter einer Schiebetür – zur Verfügung für gemeinsames Fernsehen. Kurzum, man befindet sich in einer Art Lese- zimmer. Die eigentliche Bibliothek mit Büchern zum Ausleihen liegt zwei Räume weiter und dient gleichzeitig als Computer-Raum. Die Tische stehen rechts neben dem Eingang, und der größte Teil des Raumes ist bestückt mit voll besetzten Bücherregalen. Ein großer Teppich und mehrere kleine, aber bequeme Stühle am Fenster schaffen eine einladende Atmo- sphäre. Wichtiger ist aber ein kleiner runder Tisch in der Mitte, auf dem Bücher abgelegt werden und der notfalls auch als kleiner Arbeitsplatz genutzt werden kann. Wie in Rüp- purr sind die Bücher nach Rubriken und innerhalb derselben nach Autoren geordnet, zum Beispiel Philosophie, Religion, Krimis, Reise, Märchen und Sagen und natürlich Belletristik. Innerhalb der Rubriken sind die Bücher dann nach Autoren alphabetisch geordnet. Die Bibliothek erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit, Wissenschaftlichkeit oder strenge Systematik. Zu erwähnen ist aber, dass in zwei großen Leitzordnern sämtliche Hefte des Residenz- Journals mitsamt einem Register und für jeden einsehbar stehen. Seit zehn Jahren wird die Bibliothek von einem Bewohner ehrenamtlich betreut, der seine Identität hinter dem Decknamen „Heinzelmännchen“ verbirgt. Grund genug, zu diesem Jubiläum ein Interview mit ihm zu führen. Residenz-Journal: Sie haben von Anfang an die Bibliothek betreut. Was hat Sie vor zehn Jah- ren bei Ihrem Einzug dazu bewogen, die Bibliothek einzurichten? Heinzelmännchen: Nun, ich war relativ jung und wollte nicht nur kommen, zahlen und versorgt werden, sondern mich in die Gemeinschaft einbringen, aber so, dass es nicht in eine Last mit großer Verantwortung ausartet. Da ich Freude an Büchern habe, übernahm ich die Betreuung der Bibliothek. Die OHL= Oberste Haus-Leitung unterstützte mich bei der Beschaffung der Einrichtung, aber das steht ja alles schon im Journal 8/2011. Am 6
Anfang waren wir zu zweit, derzeit bin ich alleine, aber unterstützt von einem anderen Heinzelmännchen, das mir bei „Arbeitsüberlastung" beispringt. RJ: Nun kostet das Verwalten einer Bibliothek bekanntlich sehr viel Zeit. Schon allein das Ausleihen und die Rückgabe von Büchern ist mit viel Arbeit verbunden. H: Genau aus diesem Grund verwende ich ein ganz einfaches Konzept: Jeder kann sich ein Buch ausleihen. Hat er es ausgelesen, legt er es auf den kleinen runden Tisch, der in der Bibliothek steht, und ich sortiere es wieder ein – kein Katalog, keine Ausleih-Kartei- karten, keine Leihfrist, keine Kontrolle, kein Aufwand, fertig. Will jemand der Bibliothek ein Buch spendieren, so legt er es ebenfalls auf den Tisch und teilt auf einem Zettel seine Spendenabsicht und seinen Namen mit. Einsortiert werden die Bücher dann – sofern noch Platz vorhanden – von mir. Natürlich gibt es einen gewissen Schwund. Aber das macht nichts, denn ich habe keine Nachschubsorgen. RJ : Dann besteht der eigentlich Aufwand also im Beschaffen und Ordnen der Bücher? H: Das Beschaffen bereitet keine Sorgen. Neue Bewohner ziehen ein und können häufig nur einen kleinen Teil ihrer Bücher unterbringen. Vielfach haben die Erben beim Ausräu- men einer Wohnung kein Interesse an den Büchern, und ich kann mir brauchbare Bücher aussuchen. Immer wieder stiften Bewohner auch Bücher, die sie gelesen haben und der Bibliothek vermachen. Falls ich einmal von mir aus eine wichtige Anschaffung für die Bibliothek machen möchte, sei es ein Buch, sei es ein Regal oder sonstiges Material, dann stelle ich einen Antrag bei Herrn von Sondern, unserem Hausleiter. Das kommt aber sehr selten vor, und er hat auch noch nie „nein“ gesagt. Viel schwieriger als das Anschaffen ist das Entsorgen von Büchern. RJ: Inwiefern? H: Ich erhalte oftmals große Mengen an Büchern aus Umzügen und Erbschaften, viel mehr, als Platz vorhanden ist. Wohin damit? Lange Zeit stapelte ich in einem Abstellraum Bücher, die ich nicht aufstellen konnte. Zum Glück haben wir inzwischen Kontakt zu „Bü- cher Wichtig“, und sie werden bei uns abgeholt. RJ: Seit zehn Jahren können Sie das Verhalten der Bewohner beobachten. Was ist Ihnen aufgefallen? H: Ich führe keine Statistik, aber ich beobachte, dass es weniger die Sachbücher sind, die ausgeliehen werden, als vielmehr Unterhaltungsliteratur im weitesten Sinn und Kriminal- romane. Was mich aber ärgert, sind Bewohner, die sich nicht an die Regeln halten und Bücher selbst – meist falsch – zurückstellen oder die Büche- rei als Entsorgungsstation missbrauchen wollen und einfach einen Riesenstapel auf den Tisch legen. Bis mir einmal der Kragen platzte und ich einen Aushang mit der Überschrift „Für alle, die nur Singen und Klatschen in der Schule hatten: … " auf dem Tisch auslegte. Zum Glück sind solche Leute die Ausnahme, und ich mache meinen Bibliotheksdienst gerne. RJ: Danke für dieses Gespräch und Danke für die Arbeit, die Sie für uns alle geleistet haben. Die Bibliothek ist in guten Händen, und wir wünschen uns, dass Sie sie noch viele Jahre betreuen werden. Marthamaria Drützler-Heilgeist, FR Bilder mit freundlicher Genehmigung von Hans-Joachim Alexander, FR 7
Große Freude im Zoo: Wohnstift ist Pate einer Elefanten-Seniorin Das Wohnstift Karlsruhe e. V. mit seinen beiden Residenzen für Senioren hat die Paten- schaft über eine Elefantendame in der Altersresidenz für Asiatische Elefantenkühe im Karlsruher Zoo übernommen. Die rund 550 Bewohner der Residenz Rüppurr und der FächerResidenz in der Nordstadt dokumentieren damit ihre besondere Beziehung zum 155 Jahre alten Zoo in der Fächer- stadt. „Diese Kooperation zwischen den älteren Herrschaften und den Elefanten in unserer Altersresidenz ist eine großartige Idee und hat viel Charme“, freut sich Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt. Auch der Geschäftsführer des Wohnstifts, Wolfgang Pflüger, strahlt: „Viele unserer Bewohner sind Karlsruher, die schon als Kind mit Eltern und Groß- eltern den Zoo besucht haben. Und auch die Zugezogenen gehen sehr gerne in den Zoo.“ Zoo-Chef Dr. Reinschmidt macht den Bewohnern und Mitarbeitenden des Wohnstifts im Gegenzug eine Freude mit übertragbaren Freikarten. „Die werden sicher häufig genutzt werden“, ist sich Geschäftsführer Pflüger sicher. Hierfür sind 6 Jahreskarten in der Residenz Rüppurr und 4 Jahreskarten in der FächerRe- sidenz an der Rezeption hinterlegt und können dort, nach vorheriger Reservierung, ab- geholt werden. Die Geschäftsführung hofft auf regen Zuspruch für dieses Angebot und wünscht viel Spaß beim Besuch des Zoos bzw. Stadtgartens. Textauszüge und Bilder mit freundlicher Genehmigung des Zoos Karlsruhe. Die Zoofreunde (v. l.) Renate Menzel und Ilse Wadle übergeben zusammen mit Zoodirektor Dr. Matthias Reinschmidt (r.) die Urkunde an Wolfgang Pflüger, Ge- schäftsführer des Wohnstifts Karlsruhe e.V. 8
Winter an der Alb Gegenüber dem Musikzimmer und dem Lesezimmer in der Residenz Rüppurr, über der Sitzgruppe vor der Kapelle, erfreut auf dem Weg ins Haus II seit einiger Zeit die Leihgabe einer Bewohnerin, Frau Lucia Groos. Das Originalgemälde, 200 mal 110 cm, trägt den Titel „Winter an der Alb in Rüppurr“; rechts unten die Signatur: Ad. Luntz 1929. Eine ruhige Winterlandschaft, eine friedliche Stimmung im Abendlicht. Schneebedeckte Felder, winterkahle Bäume, aber nicht abweisend. Die einzigen sichtbaren Lebewesen sind die schmalen Silhouetten einiger Vögel, die sich rechts oben in den mildleuchten- den Himmel erheben, und Enten am Flussrand. Auch in den Häusern, die die linke Seite des Bildes bestimmen, zeigt sich niemand, und doch sind da sichtbare Zeichen, dass in den Häusern Leben ist: der Schornstein qualmt; das grüne Häuschen mit dem Herzen in der Tür; daneben frisch gewaschene Wäsche; zum Trocknen ist es wohl zu kalt. Ich bleibe hängen an den schneebedeckten Wiesen. Wie selten haben wir diesen Blick noch – schneebe- deckte Flächen! Unberührter Schnee, eine gnädige Decke über Schmutz und Dreck des Lebens – auch Sinnbild einer Sehnsucht in uns. Die ruhig fließende Alb leitet den Blick des Betrachters diagonal durch das Bild – aus dem Häuserschatten heraus in das mild leuchtende Abendlicht, das sich im Wasser spiegelt. Die Fließrichtung der Alb freilich ist entgegengesetzt. Das Auge wird gegen den Strom geführt – hin zur Quelle, zum Ursprung. Bilder mit freundlicher Genehmigung von Hannelore Waltenberger, RR 9
Da mag einem das Motto der frühen Humanisten einfallen Ad fontes, oder die alte Weis- heit: Wer zur Quelle gelangen will, muss gegen den Strom schwimmen. Auf wie vielen Gebieten gilt das: gegen den Strom, gegen den Mainstream! Der Fluss verbindet Dunkles und Helles, Häuserschatten und Himmelsgold. Es fließt ineinander; es gehört alles zusammen. Der Maler des Bildes ist Adolf Luntz. Die Leihgeberin war mit dem Enkel des Malers ver- heiratet. Luntz, 1875 in Wien geboren, Sohn des Wiener Architekten Viktor Luntz, studier- te an der Wiener Kunstakademie. Er begegnete dem Karlsruher Akademieprofessor Gustav Schönleber, wechselte an die Karlsruher Kunstakademie und wurde Meister- schüler Schönlebers. 1905 ließ sich Adolf Luntz als freier Maler in Karlsruhe nieder und wurde zu einem aner- kannten Landschafts- und Figurenmaler und Lithographen. Er starb 1934 in Karlsruhe. Beim Recherchieren über Adolf Luntz fand ich im Internet den Hinweis auf ein fünf Jahre vorher entstandenes Bild mit dem Titel „Vorfrühling an der Alb“, offensichtlich an dersel- ben Stelle gemalt. Nur wenig hat sich in den fünf Jahren zwischen 1924 und 1929 verän- dert. Und wieder zeigen ein paar Wäschestücke, diesmal auf dem Holzzaun, dass in den Häusern Leben herrscht. Dieses Bild wird von einem unbekannten Besitzer bei eBay für 999 € angeboten. Wer weiß – vielleicht kommt eine Leserin oder ein Leser auf die Idee, das ergänzende Bild zu erwerben und der Rüppurrer Residenz als Geschenk oder als Leihgabe zur Verfü- gung zu stellen? Damit zum Winter auch noch der Vorfrühling kommt … Martin Achtnich, RR 10
Eine besondere Jubilarin in der FächerResidenz: Gerlinde Hämmerle Nicht zum ersten Mal erscheint im Residenz-Journal ein Bericht über Gerlinde Hämmerle, aber dieses Mal gibt es einen ganz besonderen Anlass, nämlich ihren 80. Geburtstag: Grund zum Gratulieren und Rückschau zu halten. Ein vollständiger Überblick über ihre Lebensdaten, ihre zahlreichen politischen Ämter und ihre ausserpolitischen Aktivitäten wäre zu umfangreich, um hier vollständig sein zu können, und sagte zudem herzlich wenig über den Menschen aus. Aber ein wenig sollte man doch über sie wissen: 1940 in Wolfach geboren, wohnte Frau Hämmerle mit ihrer Familie seit 1954 in Karlsruhe. Nach dem Studium arbeitete sie als Lehrerin an der Helene- Lange-Schule Karlsruhe, aber gleichzeitig begann ihr politischer Aufstieg von der Stadträtin zur Bundestagsabgeordneten und Parlamentarischen Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion bis hin zur Präsidentin des Regierungspräsidiums Karlsruhe. Sie erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter auch das Bundesverdienstkreuz, vor allem aber die Ehrenbürgerwürde der Stadt Karlsruhe. Doch welche Höhen sie auch erklomm, nie verlor sie die Bodenhaftung. Als Lehrerin an einer Hauswirtschaftsschule kam sie mit allen Schichten der Bevölkerung in Berührung und lernte etwas, das wenige Politiker können: zuhören. Man kauft es ihr ab, dass die Ideale der SPD die ihren sind. Die Bodenhaftung zeigte sich auch in ihrem Engagement für Baden und für Karlsruhe als Funktionsträgerin vieler historisch-politischer Vereine. Schon lange gilt ihr Interesse auch dem „Verein Wohnstift Karlsruhe“, in den sie 2007 eintrat und wo sie als Schriftführerin im Vorstand bis zu ihrem Einzug in die FächerResdienz im Jahr 2011 tätig war. Nach wie vor setzt sie sich aber als Mitglied des Vorstands für das Wohnstift und seine Bewohner ein. In diesen Tagen nun feierte Gerlinde Hämmerle ihren 80. Geburtstag, natürlich corona-gerecht, und das heisst, dass von „feiern“ keine Rede sein konnte. In gehörigem Abstand konnten einige wenige mundschutzbewehrte und gut desinfizierte Bewohner der Residenz Frau Hämmerle alles Gute wünschen. Dazu kam noch eine kleine Handvoll handverlesener und getesteter Gratulanten - darunter immerhin auch ihre Nachfolgerin als Regierungspräsi- dentin, Silvia Felder. Eine derart eingeschränkte Feier entspricht so gar nicht dem Stellenwert, den Gerlinde Hämmerle in der FächerResidenz genießt. So hat sie schon bei ihrem Einzug, passend zum Namen ihrer neuen Heimat, Teile ihrer – zum Teil sehr wertvollen – Fächersammlung zur Verfügung ge- stellt, die nun in einer Vitrine am Haupteingang von Bewohnern wie Besuchern bewundert werden können. Und auch sonst bringt sie sich ein. Oft leiht sie ihre Stimme den Texten, Geschichten und Erzählungen, die bei Veranstaltungen vorgelesen werden. Unvergessbar sind die Faschingsfeiern des Bewohnerbeirats, bei dem sie, in das schweißtreibende Kostüm eines „Wolfacher Schellenhansele“ gekleidet, einen Hauch von alemannischer „Fasnet“ in die badische FächerResidenz zaubert. Mit routinierten Moderationen hilft sie mancher Bilder mit freundlicher Genehmigung von Hans-Joachim Alexander, FR 11
Vorführung über die Bühne – vielen von uns ist ihr verkaufsfördernder Auftritt bei einer Hutmodenschau mit den aussortierten Hüten einer Bewohnerin noch in intensiver Erinnerung. Denjenigen Bewohnerinnen und Bewohnern, die an ihrer Führung durch die Badische Geschichte im Schloss teilgenommen haben, werden neben den historischen Fakten auch die gemeinsam gesungenen Lieder mit Gitarrenbegleitung aus der Badischen Revolution von 1848/49 im Gedächtnis bleiben. Besonders gut in Erinnerung geblieben sind aber die Auftritte der Band „Combo Symba- dico“, die aus Mitgliedern des Regierungspräsidiums besteht. Mit flotten Melodien und Rhythmen unterhält und begeistert die Combo und spielt sogar zum Tanz auf. Wehmütig denkt man an die Zeit zurück, in der man sich so nahe kommen durfte – und hofft darauf, dass es wieder eine Zeit ohne Corona-Einschränkungen geben wird, in der zur Musik der Band getanzt werden darf. Sehr beliebt war vor der Coronapandemie am ersten Montag eines Monats das Singen bekannter Volkslieder im Foyer des Untergeschosses, begleitet von einem hauseigenen Trio aus Dr. Helmut Hoffmann am Klavier, Günther Kiefer mit der Mandoline und natürlich Gerlinde Hämmerle mit ihrer Gitarre. Zu Coronazeiten spielte das Trio dann alle 14 Tage gegen die Einsamkeit. Die Bewohner stehen oder sitzen über vier Stockwerke verteilt im gebotenen Abstand am Geländer oder weit gestreut im Foyer. Für viele Bewohner war das besonders in den Zeiten des geschlossenen Cafés die einzige Gelegenheit, ihren Mitbewohnern überhaupt zu begegnen; und auch jetzt noch wird diese Gelegenheit gerne wahrgenommen, denn an ein gemeinsames Mittagessen im Speisesaal ist vorläu- fig nicht zu denken. Die FächerResidenz und ihre Bewohnerinnen und Bewohner gratulieren „ihrer“ Gerlinde Hämmerle und wünschen ihr - zugegebenermaßen nicht ganz uneigennützig, aber umso herzlicher – noch viele Jahre in der FächerResidenz . Marthamaria Drützler-Heilgeist, FR **** Kurznachrichten aus unseren Residenzen Residenz Rüppurr Wer im nahen Oberwald in eine Notlage gerät, kann sich u.U. auffindbar machen. An markanten Stellen, z.B. Wegkreuzungen, sind Schilder installiert. Sie nennen die Notruf- nummern 112 und 110 sowie eine vierstellige weitere Nummer, mit der auch in schwieri- gem Gelände der Standort eindeutig bezeichnet wird. FächerResidenz Der derzeit wegen Corona geschlossene Speisesaal wurde renoviert und umgestaltet : der Parkettboden abgeschliffen und neu versiegelt, Wände und Säulen gestrichen, die Tische, dem derzeitigen Abstandsgebot folgend, neu angeordnet. Die Telefonanlage wurde ausgetauscht, da es für die alte Anlage keine Ersatzteile mehr gibt. Auch das hausinterne WLAN wurde abgeschaltet, doch auf Wunsch erhält man ein wohnungsspezifisches WLAN mittels einer Connectbox. Im Aufenthaltsbereich des Erd- und Untergeschosses ist weiterhin eine WLAN-Anbindung insbesondere für Smartpho- nes möglich. Das eine Zeitlang ausgesetzte Boule-Spielen mittwochs nahe dem Springbrunnen ist wieder möglich. Jeder ist will kommen, Anmeldung nicht erforderlich. 12
Wir gratulieren zum Geburtstag! Im Oktober 2020 Residenz Rüppurr Gisela Westermann 99 Jahre Irma Pfortner 95 Jahre Jürgen Frommer 90 Jahre Ilse Garbers 90 Jahre FächerResidenz Dr. Harro Petersen 95 Jahre Fritz Fahrenbruch 90 Jahre Gudrun Lange Klara Stenke 90 Jahre 90 Jahre Herzlichen Im November 2020 Residenz Rüppurr Hans Bauer 97 Jahre Erna-Maria Siegfried 97 Jahre Hannelore Breuning 95 Jahre Im Dezember 2020 Residenz Rüppurr Elisabeth Albert 102 Jahre Elisabeth Burkart Gisela Schuler 99 Jahre 97 Jahre Glückwunsch! Maria Künzel 96 Jahre Elise Stichling 96 Jahre Johanna Bühler 95 Jahre Melanie Fischer 95 Jahre Amanda Schmidt 95 Jahre Gerlinde Votrubec 95 Jahre FächerResidenz Irene Seemann 95 Jahre Besichtigungen, sowohl in der “FächerResidenz” als auch in der “Residenz Rüppurr”, sind in der aktuellen Situation nur nach Vereinbarung möglich! 13 Weitere Infos auf unserer neuen Webseite www.wohnstift-ka.de
Neue Bewohner In der Residenz Rüppurr Marie-Luise Berger App. II- 9/ 7 Herzlich Karl und Ingeborg Ecklebe App. I- 9/ 1 willkommen Bernd und Barbara Feldhaus App. III-11/ 9 Sybille Hellmuth App. I-10/ 2 Dr. Walter und Lotte Küster App. I- 5/ 9 Bernhard und Katharina Löhle App. I- 1/ 9 Edith Müller App. II-11/ 2 Annemarie Nuß App. II- 6/11 Wulf und Ursula Oelhoff App. I- 3/ 8 Klaus und Anne-Marie Völker App. III- 5/ 3 In der FächerResidenz Brigitte Hock App. 212 Evi Scheib App. 331 Wir sind gerne Eva Städtler App. 423 für Sie da! Günther und Ingrid Voth App. 253 n Last und ef lexione R Chancen der Gedenktage in Deutschland In den Jahren 2019 und 2020, das ist Ihnen sicher aufgefallen, gab es unge- wöhnlich zahlreiche Gedenktage. 1914 begann das Zeitalter der Welt- kriege mit seinen immer noch unfass- baren Verheerungen und Verbrechen, und die Daten markanter Ereignisse aus dieser Zeit rundeten sich zu Gedenkjahren und -tagen: Beginn und Ende der Kriege, die Befreiung der nationalsozialistischen Konzentrationslager, der Abwurf der Bombe über Hiroshima oder die Zerstörung Dresdens, um nur einige Beispiele zu nennen. Neben den Gedenktagen des Schreckens gibt es auch Daten zu positiven Entwicklungen, wie die Verabschiedung demokratischer Verfassungen, die Einführung des Wahlrechtes für Frauen oder die Vollendung der Deutschen Einheit. Ihrer in Reden zu gedenken macht kaum Probleme, man kann Stolz und Ermutigung daraus schöpfen. Die anderen aber, diese Gedenktage des Schreckens, sie sind immer noch und immer wieder unendlich schmerzlich. Prominente Vertreter aus Politik und Medien ringen um eine angemessene Haltung und vor allem um angemessene Worte, die glaubwürdig sind und bekunden, dass es uns ernst ist, dass das keine Routine für uns geworden ist. Und man weiß, die Welt schaut uns zu. 14
Ich möchte einen wichtigen Aspekt dieser Schwierigkeit, die auch die Lehrer an deut- schen Schulen betrifft, mit einer kleinen Episode aus meinem Lehrerinnenleben beleuch- ten: Für mich als Lehrkraft für Geschichte mit vielen Stunden in der gymnasialen Oberstufe war das Thema „Drittes Reich“ allgegenwärtig. Anfang der 90er Jahre muss es gewesen sein, ich stand vor ca. 18 - 20 Schülern und Schülerinnen einer 12. Klasse, das Thema war die Außen- und Kriegspolitik Nazideutschlands. Gleich zu Anfang der Stunde erfolgte die übliche Zusammenfassung des Stoffes der letzten Stunde. Ich gab etwa folgenden Satz von mir: „Im Juni 1941 eröffneten wir also den Krieg gegen die Sowjetunion…“. An dieser Stelle wurde ich unterbrochen durch einen lauten Schlag mit der Faust auf den Tisch und mit den heftig hervor geschleuderten Sätzen: „Hören Sie auf mit diesem Scheiß-Wir! Ich war das nicht, meine Eltern waren das nicht, und wenn ich Ihr Alter richtig einschätze, waren Sie das auch nicht. Und was mein Opa gemacht hat, das ist mir so was von egal!“ Im Raum: Stille für eine kurze Schrecksekunde. Ich ließ mich langsam auf den Stuhl hinter dem Lehrerpult fallen und wartete. Dann kamen vorsichtige Stimmen aus der Klasse, die das mit dem „Wir“ bestätigten, und sie fügten Sätze etwa folgenden Inhalts (aus dem Gedächtnis zitiert) hinzu: „Sie sagen ‚wir', seit Sie das Dritte Reich mit uns durchnehmen.“ „Wirklich, und wir finden das nicht in Ordnung.“ „Was haben wir damit zu tun?“ Das offenbart eine entscheidende Frage, die Generationenfrage: „Was haben wir damit zu tun?“ Ich hatte mich durch dieses „Wir“, ohne es mir bewusst zu machen, identifiziert mit der Schuld Deutschlands, denn ich hatte als Kind im Grundschulalter noch einiges erlebt, konnte noch aus eigener Anschauung berichten von Menschen in blau-weiß gestreifter Arbeitskleidung hinter elektrisch geladenem Stacheldraht, von „Fremdarbeiterinnen“ aus Polen, die unser Lehrer „Polackenweiber“ nannte und die, wie er uns warnend mitteilte, „dreckig und verlaust“ seien und die „nur lügen und klauen“. Diese unbewusste Identifikati- on war dann auch für die Schüler/innen nachvollziehbar. Aber ein „Wir“, das diese jungen Menschen einbezog, die Anfang der 70er Jahre geboren waren, das stand mir nicht zu, dagegen wehrten sie sich zu Recht. Zu der denkwürdigen Rede, die Richard von Weizsäcker zum „40. Jahrestag des Endes des Krieges und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft“ am 8. Mai 1985 im Deutschen Bundestag hielt, hatte er ausdrücklich gebeten (entgegen den ursprünglichen Absichten der Regierung), keine ausländischen Besucher einzuladen. Und er benutzte dann zu wie- derholten Malen dieses in Schuld und Scham und in Dankbarkeit für den Neuanfang ver- einende solidarische „Wir“. Heute, 35 Jahre später, müsste man das sicher anders sagen. Das hier deutlich werdende Problem ist seit einigen Jahren unbestreitbar und ergibt sich naturgemäß daraus, dass die Generation derer, die noch eine bewusste Erinnerung an diese Zeit haben, ausstirbt. Was ist nun mit dieser Last zu machen? Wie ist das Wissen darum weiterzugeben, wie zu inte- grieren in das „Wir“ der Deutschen von heute? Ein zweites Problem entsteht neuerdings aus der Tatsache, dass eine wachsende Zahl von jungen Menschen bei uns als Deutsche lebt, deren Eltern und Großeltern aus anderen Kulturen und Vergangenheiten kommen. Wie soll man ihnen diese Dinge vermitteln, wie die Erinnerung weitergeben? Für den besonderen Fall der deutschen Schuld in den Jahren des Nationalsozialismus gab es viele Jahre lang den Begriff „Bewältigung der Vergangenheit“. Der ist seit einigen Jahren mit Recht aus dem offiziellen Sprachgebrauch verschwunden, denn er legte nahe, dass da etwas Schwieriges zur Verarbeitung anstand, was dann aber irgendwann „bewältigt“ und erledigt sein könnte. Das darf nicht sein, darüber herrscht, von einigen Unbelehrbaren abgesehen, Einigkeit. Was aber schützt die Gedenkveranstaltungen davor, je länger zurückliegend umso mehr, zur Routine zu werden, zur unvermeidlichen Pflichtübung mit 15
dem immer gleichen Vokabular? Für die überzeugende Gestaltung des Erinnerns an den Holocaust, der in seiner monströsen Qualität unvergleichlich bleibt, gibt es keine einfache Lösung, und es kann kein eingeübtes Ritual des Gedenkens geben. Statt „erinnern“ würde ich gern den Begriff „vergegenwärtigen“ einsetzen. Er verlangt, etwas in die Gegenwart zu holen, anzuschauen, auszuhalten, nach Ursachen zu suchen und die gewonnene Er- kenntnis seinem Bild von der deutschen Geschichte einzuverleiben, immer wieder neu. Dass das unendlich mühsam sein kann, ist nicht nur unbestritten, es ist auch notwendig. Den Worten und Gesten dürfen solche Mühen ruhig anzumerken sein. Noch eine Beobachtung möchte ich anfügen: Es ist ein sehr junges Phänomen in unserer Zeit, dass Nationen sich kollektiv und bewusst den Verbrechen in ihrer Geschichte stellen. Wir erleben es gerade in den USA, wo das Erinnern an die Sklaverei zu dramatischen Ver- werfungen in der Gesellschaft führt, oder in Belgien, wo man um die koloniale Vergangen- heit des Landes und die damit verbundenen Verbrechen im Kongo streitet. Es ist allemal erhebender, ruhmreiche Erinnerungen zu pflegen und sich mit Freiheitshelden der Ver- gangenheit zu identifizieren, das stärkt den Zusammenhalt. Aufarbeitung von Verbrechen, Wahrhaftigkeit und Scham stören da nur. Autokraten in aller Welt stützen gerade Käthe Kollwitz heute wieder ihre Macht mit der Pflege des Nationalstolzes. Die ganze Wahrheit Mutter mit totem Sohn über die eigene Geschichte öffentlich einzugestehen, ist also nirgends ein (Berlin, Neue Wache) bequemer Prozess. Unsere Gegenwart lernt das gerade. Im Rahmen eines sol- chen Lernprozesses dürfte es nicht zu schwer sein, eine globale Perspektive zu entwickeln, die dann auch Jugendlichen aus Migrantenfamilien vermittelbar ist. Neben der Frage „Wie konnte das in Deutschland geschehen?“ müsste dann die Frage stehen „Wie konnte das in der Welt, in der Geschichte der Menschheit geschehen?“ Daraus könnte dann ein neues globales „Wir“ erwachsen, das junge Menschen, egal von welcher Herkunft, vereinigt in dem Willen, menschenver- achtende und verrohende Entwicklungen zu erkennen und zu bekämpfen. **** Ingrid Rumpf, FR Vor 30 Jahren - Bye, bye US-Army! Vor dreißig Jahren verließen die Amerikaner ihr Paul-Revere- Village, in dem heute die FächerResidenz an der Stelle des amerikanischen Offizierscasinos steht. Johanna Förstel, eine unserer Rezeptionsdamen, hat das als Zeitzeugin mit erlebt. Seit über dreißig Jahren wohnt sie in unserem Viertel und kennt die Entstehung der heutigen Nordstadt aus eige- nem Miterleben. Wir freuen uns, dass Frau Förstel dem Resi- denz-Journal einiges über diese Zeit berichtet hat: 1984 zog sie mit ihrem Mann, der Soldat bei der Bundes- wehr war, in die Von-Beck-Straße, wo in dem jeweils letz- Bild: Hans-Joachim Alexander ten Wohnblock rechts und links im Wendehammer ausschließlich Bundeswehrangehörige mit ihren Familien wohnten, also in die unmittelbare Nähe der Amerikaner. Den dienstlichen Kontakten bei Schießübungen und Wettschießen der Bundeswehrsoldaten mit den US- Soldaten aus dem Paul-Revere-Village folgten sehr schnell auch private Kontakte zwi- schen den Familien. Auch als die Familie Förstel in die Hardtwaldsiedlung zog, blieben diese freundschaftlichen Beziehungen bestehen. Andere Bewohner der Hardtwaldsiedlung hat- ten dagegen kaum Kontakte zu den Amerikanern, sie bildeten eine Gemeinschaft in sich, die so ausgeprägt und vertrauensvoll war, dass man die Wohnungs- und Gartentüren nicht verschließen musste, wenn man aus dem Haus ging. Bei der übrigen Karlsruher Bevölke- rung war das nicht unbedingt üblich. 16
Die amerikanische Community war sehr kontaktfreudig und freundlich. Die baumbestan- denen Rasenflächen zwischen den Häusern mit den einladenden Steintischen wurden häufig für Barbecue-Treffen der Bewohner genutzt. Wenn Frau Förstel mit ihren drei Kin- dern sonntags in der Siedlung spazieren ging, dauerte es nie lange, ebis lF sie von irgendje- mandem zum Mitessen eingeladen wurden. Etwas schwierig war die Spielplatzsituation. Der Engländerplatz bei der Jugendherberge lud nicht zum Verweilen ein, dort lagen viele Fixer-Spritzen. Also ging man mit den Kin- dern auf den Spielplatz der Amerikaner oder der Franzosen, die am Ende der Knielinger Allee wohnten und dort auch ihren Fuhrpark hatten. Übrigens heißt dieser Platz noch heute im Volksmund „Franzosenwiese“, wobei sicher viele der heutigen Bewohner nicht mehr wissen dürften, woher der Name kommt. Die Amerikaner achteten in ihrem Viertel sehr auf die Sauberkeit der Straßen und Plätze. Jede Woche reinigten US-Mannschaften das Gelände. Nach dem Abzug der Amerikaner aus dem Paul-Revere-Village fiel die wöchentliche Reinigung weg, und das Bild änderte sich abrupt: Sauberkeit auf den Straßen und Plätzen wurde von den neuen Bewohnern nicht mehr so groß geschrieben. Einen großen Einschnitt für das Verhältnis des Amerika- nerviertels zu seiner Nachbarschaft brachte das Jahr 1990. Damals, vor dreißig Jahren, änderte sich alles. Am 2. August annektierte der Irak das benachbarte Kuwait, und ab Januar 1991 begann eine Koalition, geführt durch die USA, mit Kampfhandlungen zur Befreiung Kuwaits. Viele US-Soldaten aus dem Amerikanerviertel mussten in den Krieg ziehen, denn nach der Wende und dem Wegfall der innerdeutschen Grenze waren sie zum Schutz der Bun- Ausflug an den desrepublik in Deutschland ja nicht mehr vonnöten. Der Mummelsee Beginn dieses Krieges führte zu umfangreichen Siche- rungsmaßnahmen im Viertel. Über Nacht wurde die Sied- lung der Amerikaner abgeriegelt, Militärposten kontrol- lierten die Zufahrtswege. Die Kontakte brachen ab, die Familien der Soldaten waren in einem Ghetto gefangen. Ein Lichtblick in dieser traurigen Zeit, in der die Frauen um ihre Männer und die Kinder um ihren Vater bangten, war ein von der Bundeswehr für diese Familien organisierter Ausflug an den Mummelsee im Schwarzwald, der auch von den Nachbarn unter dem Motto unterstützt wurde: „Wir lassen euch nicht alleine“. Auch nach der Befreiung Kuwaits und dem Ende des Golfkriegs im März 1991 war dann nichts mehr so, wie es vorher war, denn die in Deutschland stationierten Truppen wurden abgezogen und mussten in die USA zurückkehren. Der Abschied von Karlsruhe und Deutschland fiel den meisten schwer. Viele der Soldaten waren in Deutschland weit bes- ser gestellt als in ihren Heimatorten. Auch viele Deutsche aus der Umgebung trugen schwer am Abschied, verloren sie doch mit den Amerikanern freundliche, ruhige und liebenswerte Nachbarn. Ein Kapitel Karlsruher Stadtgeschichte wurde geschlossen, und es begann die Geschich- te der heutigen Nordstadt. Johanna Förstel / Marthamaria Drützler-Heilgeist, FR Bilder mit freundlicher Genehmigung von Johanna Förstel 17
75 Jahre Frieden - welch ein Geschenk! 75 Jahre Frieden – welch ein Geschenk! So sieht das auch Rudolf Niekrawietz, Bewohner der FR und Ehemann unserer Redaktionskollegin, der noch im letzten Kriegsjahr mit noch 75 nicht einmal 17 Jahren zur Wehrmacht eingezogen wurde. In diesem Artikel erinnert er sich an dieses letzte Jahr. Als im September 1939 der 2. Weltkrieg ausbrach, war ich 13 Jahre alt, und mein erster Gedanke war, ich sei zu jung, um dabei zu sein. Welch ein Irrtum! Zunächst begann ich nach der Hauptschule eine Lehre als Feinmechaniker und wurde bei den ersten Bombenangriffen zum Sicherheits- und Hilfsdienst herangezogen. Es waren schreckliche Erlebnisse, und die Auswirkung von Luftminen hat sich bei mir bis heute ein- geprägt, so wie das in Flammen stehende Hamburg mit seinen vielen Toten. Der Luftkrieg der britischen Royal Air Force ging in die Geschichte unter dem Namen Gomorrha ein und kostete 35.000 Menschen das Leben. Mir war bekannt, dass ich kurz vor meinem 17. Geburtstag den Einberu- fungsbefehl bekommen würde, und wollte mich schon freiwillig mel- den, was mein Vater mit Nachdruck verhindert hat. Am 4.4.1944 war es soweit, ich wurde gemustert, und da meine Lehrfirma für die Luftwaffe tätig war, kam in meinen Wehrpass die Eintragung „fliegertechnisches Personal“. Am 2. Mai wurde ich als Arbeitsmann nach Barth an der Ostsee einberu- fen. Auf Grund meiner Ausbildung wurde ich in der Waffenkammer ein- Rudolf Niekrawietz August 1944 gesetzt. Von dort wurde ich zu einer fliegertauglichen Untersuchung nach Stendal geschickt. Das Ergebnis lautete: Wehrfliegertauglich - Fallschirmschützenjäger untauglich. Als Begrün- dung gab man an, ich sei mit meinem Körpergewicht unter 75 kg zu leicht für das Fall- schirmspringen. Der nächste Standort war die fliegertechnische Schule FTS5 in Wischau (heute CSR). Wegen einer Lungenentzündung kam ich ins Lazarett nach Brünn. Kaum zurück, wurde unsere Schule geräumt, da sie für die Einquartierung von Luftwaffenhelferinnen aus Frankreich gebraucht wurde. Nun stellte man uns vor die Entscheidung: Waffen-SS oder Fallschirmjäger. Instinktiv ent- schieden wir uns alle für die zweite Alternative, was auch hieß, wir konnten unsere Unifor- men behalten und blieben zusammen, wussten aber nicht, wo wir eingesetzt werden soll- ten. Der Truppentransport erfolgte in Güterwagen, und wir waren sieben Tage ohne Zie- langabe unterwegs. Überraschend kam dann der Befehl, unsere Reichsmarkbeträge anzugeben, da wir in der Nacht die italienische Grenze überschreiten würden und das Geld nach der Devisenbestimmung in Lire umgetauscht würde. Die Nachricht, es gehe nicht an die Ostfront, sondern nach Italien, löste bei uns so einen Freudentaumel aus, dass man das Gefühl hatte, der Zug spränge aus den Gleisen. Zur weiteren Ausbildung kamen wir auf die Nahkampfschule nach Magre bei Schio. Wir wurden Tag und Nacht mit Nachtmärschen und Überlebenstraining gedrillt. Sonntags wurde uns erlaubt, in die Kirche zu gehen. Ich nahm an einer katholischen Messe teil, wo 5 18
ich durch ein Missgeschick sehr auffiel. Mein unhandlicher Karabiner fiel mit einem lauten Knall auf die Steinfliesen, und alle schauten mich erschrocken an. Ich wäre am liebsten in die Erde versunken, aber der Priester zelebrierte seine Messe ohne Unterbrechung weiter. Ich tat wohl den Kirchgängern leid, denn in den folgenden Tagen bekam ich beim Bäcker und in anderen Läden immer etwas extra bei meinen Einkäufen für die Kameraden. Der Ort wird mir wohl wegen einer anderen Begebenheit immer in Erinnerung bleiben. Ich war in den Mor- genstunden auf Patrouille und sah einen Mann durch die Straßen huschen, der auf meinen Ruf „Parole!“ nicht reagierte. Vom Warnschuss aufgeschreckt, rief der Mann, er sei der Bäcker und müsse Brot backen und verteilen. Nach kurzer Ausbildung als Nahkämpfer wurden wir von der 1. Fallschirmspringerdivision, den „Grünen Teufeln“ (den Namen hatten uns die Amerikaner wegen unserer grünen Hosen gegeben), direkt an die Front geschickt; da es an dieser Front keine Flugzeuge mehr gab, erfolgte der „Erdeinsatz“. Im Grunde befanden wir uns auf einem geordneten Rückzug. Unter anderem mussten wir Kreuzungen von Landstraßen bei Feinddruck sprengen, um sie unpassierbar zu machen. Es war eine völlig sinnlose Maßnahme, da die Shermann- und Flam- menpanzer querfeldein jedes Hindernis niederwalzten. Die Zündschnüre durften erst in letz- ter Minute gezündet werden, denn oft befanden sich noch deutsche Fahrzeuge in Feindes- land, für die man die Straßen freihalten sollte. Bei so einem Einsatz war ich völlig allein auf mich gestellt. Mit einer Papierfackel habe ich die vier Zündschnüre angezündet und bin dann sofort weggelaufen. Trotzdem trafen mich Sand und Steine an Kopf und Rücken. Inzwischen waren die Amerikaner in der Emilia Reggio angekommen. Versehen mit einem Marschbefehl wurde ich nach Poggio Rustico geschickt, wohl gemerkt ohne Karte oder Kom- pass. Auf dem Weg dahin traf ich einen höheren Dienstgrad, den ich um Hilfe bat. Seine Ant- wort lautete: „Dann grüß mal dort die Kameraden von der anderen Feldpostnummer“ - der Ort war bereits von den Amerikanern eingenommen worden. Ein Schlüsselerlebnis hatte ich, als wir in der Nähe eines Flusses zu zweit in einem Einmann- loch Wache schoben und das gegenüberliegende Ufer beobachteten. Dort marschierten Amerikaner, wahrscheinlich zur Essensausgabe. Als ich meinen Kameraden fragte, warum wir nicht schießen, sagte er nur: „Die wollen genauso nach Hause wie du“. Mit diesem Satz hat er meine Betrachtungsweise über das Kriegsgeschehen sehr stark verändert. Es begann die letzte Phase. In den Kriegswirren verlor ich einmal meine Einheit und war tage- lang auf mich allein gestellt. Ich marschierte immer in Richtung Norden, in der Hoffnung, meine Kameraden wieder zu finden. Nachts schlief ich in Scheunen, Heuschobern, Ställen oder im Freien. Eine alte Bäuerin stellte mir kuhwarme Milch neben mein Lager und fragte mich dabei, ob es meine Mutter erlaube, dass ich hier sei, was sicher auf mein kindliches Aus- sehen zurückzuführen war. Die Freude, als ich meine Truppe wiederfand, war groß. Alle dachten, dass sie mich nie wie- der sehen würden. Der Rotwein, den wir von den Bauern bekamen, floss in Strömen, und ich hatte meinen ersten Rausch. Am Morgen wachte ich im Hof umgeben von Hühnern auf, die das Erbrochene aufpickten. Traurig machten mich auch die Bestattungen meiner gefallenen Kameraden, und die Ver- luste waren sehr hoch. Wir entnahmen den Toten die Kennmarke (die sogenannte Hunde- marke), begruben sie schnell und versahen die Stelle mit einem aus Ästen gebastelten Kreuz. Ein rasch gesprochenes Vater Unser war die ganze Trauerfeier. Im April 1945 erreichte unsere Einheit, bzw. was von ihr übrig geblieben war, den Po, der nur eiskaltes Wasser führte. Von hier sollten wir schwimmend das andere Ufer erreichen. An der 19
Stelle traf ich das erste Mal unseren General Schulz, der mit viel Umsicht den Rückzug leitete. Nur schwer Verwundeten wurde der Transport auf Booten gewährt, die Übrigen mussten schwimmen. Am Ende des Krieges wurde die 1. Fallschirmspringerdivsion interniert, das heißt nicht gefangen genommen. In Modena war dann ein großes Gefangenenlager für alle Landser. Offiziere wurden sehr schnell von uns getrennt. Dort verbrachten wir die Monate von Mai bis August 1945 bei Wind und Wetter ungeschützt unter freiem Himmel. Als erstes wur- den die Bauern entlassen, die in der Heimat dringend gebraucht wurden, dann kamen die Eisenbahner und alle Jugendlichen, die in der Gefangenschaft noch keine 18 Jahre alt waren. Ich war dabei und glücklich, dass ich gesund war und noch alle Glieder hatte. Bis heute bin ich dankbar, dass es seit 75 Jahren in Deutschland keinen Krieg mehr gab Rudolf Niekrawietz und wir in Frieden leben. Rudolf Niekrawietz, FR **** Vor 50 Jahren: Baden und Württemberg bleiben endgültig zusammen Ein großer Teil unserer Mitbewohner ist nicht in Baden-Württemberg oder gar in Karlsruhe geboren. Deshalb soll anlässlich der 50-jährigen Wiederkehr der Abstimmung darüber, ob Baden als eigenständiges Bundesland wieder hergestellt werden soll, der schwierigen Entste- hung unseres Bundeslandes gedacht werden. Die Entstehung des Landes Baden-Württemberg ist mit einem Schönheitsfehler behaf- tet. Bedingt durch die Aufteilung in Besatzungszonen 1945 nach dem Krieg waren die alten Länder willkürlich zerschnitten worden. So gehörten Nordbaden und Nordwürt- temberg zur amerikanischen Besatzungszone, deren Militärregierung sie als Land Würt- temberg-Baden zusammenfasste, wohingegen die südlichen Teile Badens und Würt- tembergs sowie Hohenzollern Teile der französischen Besatzungszone bildeten. Diese von den Besatzungsmächten geschaffenen Länder Württemberg-Baden, Baden und Württemberg-Hohenzollern wurden am 23. Mai 1949 Teile der Bundesrepublik Deutsch- land. Im Artikel 118 Grundgesetz wurden diese drei Länder angehalten, eine Neugliederung durch gegenseitige Vereinbarung vorzunehmen. Eine Übereinkunft der Regierungen der drei Länder scheiterte aber daran, dass Württemberg-Baden und Württemberg- Hohenzollern die Vereinigung der Gebiete zu einem Südweststaat wollten, während Süd- baden die Wiederherstellung der ursprünglichen Länder anstrebte. Daraufhin verab- schiedete der Bundestag im Mai 1951 ein Gesetz, das eine Volksabstimmung mit einer Einteilung in vier Abstimmungsgebiete vorsah (Nordwürttemberg, Nordbaden, Würt- temberg-Hohenzollern und Südbaden). Voraussetzung für eine Vereinigung der Länder war zum einen eine Mehrheit im gesamten Abstimmungsgebiet und zum anderen eine Mehrheit in drei der vier Abstimmungsgebiete. Da in den vier Abstimmungsgebieten die Mehrheit der Bevölkerung aus Württembergern bestand, konnte davon ausgegangen werden, dass die erste der vom Bundestag beschlossenen Voraussetzungen, die Mehrheit der Stimmen im gesamten Abstim- mungsgebiet, erfüllt würde. 20
Sie können auch lesen