Resolution-Bericht 2020 - Finma
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Resolution-Bericht 2020
Management Summary 2 Systemrelevante Finanzinstitute können bei einem 4. Rabatte: Die FINMA kann den beiden Grossban- ungeordneten Ausfall ganze Volkswirtschaften ge- ken Rabatte auf bestimmte Kapitalanforderungen Management Summary FINMA | Resolution-Bericht 2020 fährden und werden als „too big to fail“ (TBTF) be- gewähren, wenn diese ihre globale Resolvability zeichnet. Der Schweizer Gesetzgeber hat im Nach- wesentlich verbessert haben. gang zur Finanzkrise von 2007/2008 spezielle Regeln zur Stabilisierung, Sanierung oder Liquidation solcher Die systemrelevanten Grossbanken mussten der FIN- Institute erlassen. Diese verlangen neben erhöhten MA bis Ende 2019 einen umsetzbaren Notfallplan zur Kapital- und Liquiditätspuffern eine Recovery- und Prüfung unterbreiten. Dies ist Anlass für die FINMA, Resolution-Planung (Stabilisierungs- und Abwick- mit dieser Publikation öffentlich über die Fortschritte lungsplanung). In diesem Bereich stehen vier Instru- zu berichten. Gleichzeitig erklärt die FINMA, wie sie mente im Fokus: im Fall einer Resolution vorgehen würde. 1. Recovery-Plan: Die systemrelevante Bank oder Fi- Recovery-Pläne genehmigt und Schweizer nanzmarktinfrastruktur zeigt darin auf, wie sie sich Notfallpläne der Grossbanken umsetzbar selbst in einem Krisenfall zu stabilisieren gedenkt. Alle fünf systemrelevanten Schweizer Banken haben Die FINMA hat diesen Plan zu genehmigen. der FINMA einen Recovery-Plan unterbreitet, den sie 2. Schweizer Notfallplan: Die systemrelevante Bank genehmigen konnte. Die bei ihr bis Ende 2019 ein- zeigt darin auf, wie sie die für die Schweiz sys- gereichten Schweizer Notfallpläne hat die FINMA in- temrelevanten Funktionen (v.a. Zugang zu Bank- tensiv auf die Wirksamkeit der Massnahmen geprüft. Einlagen und Zahlungsverkehr) in einer Krise un- Bei der Credit Suisse beurteilt die FINMA die gesetzli- terbruchsfrei weiterführen wird. Die FINMA hat chen Vorgaben für einen umsetzbaren Notfallplan als diesen Plan zu prüfen und dessen Umsetzbarkeit erfüllt. Den Notfallplan der UBS erachtet sie auch als zu beurteilen. umsetzbar, macht jedoch einen Vorbehalt aufgrund 3. Resolution-Plan: Die FINMA erstellt für Credit Suis- innert kurzer Frist noch weiter abzubauender finanzi- se und UBS einen „Global-Resolution-Plan“. Dieser eller Verflechtungen innerhalb der Gruppe. zeigt auf, wie sie die gesamte globale Gruppe im Krisenfall rekapitalisieren, sanieren und/oder (teil-) liquidieren würde. Auch für die systemrelevanten inlandorientierten Banken und Finanzmarktinfra- strukturen hat die FINMA Resolution-Pläne zu er- stellen. Sie beurteilt die Resolvability eines Instituts danach, ob die Vorbereitungsmassnahmen des Instituts zur erfolgreichen Umsetzung des Plans genügen.
Management Summary Die Notfallpläne der drei inlandorientierten systemre- Global-Resolution-Pläne: Umsetzung im Gang 3 levanten Banken weisen per Ende 2019 verschiedene Die FINMA hat für beide Grossbanken einen Global- FINMA | Resolution-Bericht 2020 Management Summary Reifegrade auf, wobei noch keiner als völlig umsetz- Resolution-Plan erstellt, welcher die primäre Resolu- bar gilt. Bei der Zürcher Kantonalbank verbleibt na- tion-Strategie darlegt. Im Gegensatz zum Schweizer mentlich Aufbaubedarf in den Bereichen Kapital und Notfallplan bezieht sich der Resolution-Plan bei den Liquidität. Auch bei Raiffeisen und PostFinance sind Grossbanken auf deren gesamte Bankengruppe, weitere Arbeiten nötig, insbesondere fehlen Pläne, weshalb er als „global“ bezeichnet wird. Beide Ban- die aufzeigen, wie diese Banken die erforderlichen ken haben wesentliche Vorbereitungsmassnahmen verlustabsorbierenden Mittel für eine Rekapitalisie- getroffen und konnten damit grosse Fortschritte im rung im Krisenfall aufbauen werden. Bereich ihrer globalen Resolvability erzielen. So be- Überblick über den Stand der Arbeiten (per Ende 2019) Institut Recovery-Plan Schweizer Notfallplan Globale Resolvability Rabatte Credit Suisse Genehmigt Umsetzbar1 Vorbereitungs Rabattpotenzial zu 40 massnahmen noch Prozent ausgeschöpft6 nicht ausreichend5 UBS Genehmigt Umsetzbar1/2 Vorbereitungs Rabattpotenzial zu 42,5 massnahmen noch Prozent ausgeschöpft6 nicht ausreichend5 PostFinance Genehmigt Noch nicht umsetzbar3 Analog Notfallplan Nicht anwendbar Raiffeisen Genehmigt Noch nicht umsetzbar3 Analog Notfallplan Nicht anwendbar ZKB Genehmigt Plausibler Plan Analog Notfallplan Nicht anwendbar zur Erzielung der Umsetzbarkeit4 SIX x-clear Arbeiten noch nicht Nicht anwendbar Resolution-Plan in Nicht anwendbar abgeschlossen Entwicklung SIX SIS Arbeiten noch nicht Nicht anwendbar Resolution-Plan in Nicht anwendbar abgeschlossen Entwicklung 1 Die gesetzlichen (Mindest-)anforderungen sind in genügender Weise erfüllt, um den Notfallplan als umsetzbar zu beurteilen. 2 Der Notfallplan kann als umsetzbar beurteilt werden, mit dem Vorbehalt, dass die UBS bestimmte interne Abhängigkeiten innert kurzer Frist abbaut. 3 Es besteht noch kein umsetzbarer Notfallplan und kein plausibler Plan, wie die Defizite beseitigt werden. 4 Es besteht noch kein umsetzbarer Notfallplan, aber ein plausibler Plan, wie die Defizite beseitigt werden. 5 Die Vorbereitungsarbeiten sind noch zu wenig fortgeschritten, als dass der Global-Resolution-Plan als glaubwürdig beurteilt werden könnte. 6 Die Prozentzahl bezieht sich auf den im Jahr 2019 gewährten Rabatt, der unter Berücksichtigung der bis Ende 2018 umgesetzten Massnahmen festgelegt wurde.
Management Summary 4 urteilt die FINMA insbesondere die Anforderungen Recovery- und Resolution-Planung der Finanz- an die strukturellen Entflechtungen als erfüllt, z.B. marktinfrastrukturen im Aufbau Management Summary FINMA | Resolution-Bericht 2020 aufgrund der Errichtung von Holdingstrukturen und Systemisch bedeutsame Finanzmarktinfrastrukturen Schweizer Tochtergesellschaften. In anderen Prüfbe- haben in einem Recovery-Plan darzulegen, mit wel- reichen, namentlich Liquidität für den Fall einer Reso- chen Massnahmen sie sich im Fall einer Krise stabi- lution, sind die Umsetzungs- und Regulierungsarbei- lisieren wollen, sodass sie ihre systemisch bedeutsa- ten noch im Gang. Daneben werden im jährlich bei men Geschäftsprozesse fortführen können. Beide in den Grossbanken durchzuführenden Rabattprozess der Schweiz als systemisch bedeutsam bezeichneten einzelne Aspekte der Resolvability der Grossbanken Finanzmarktinfrastrukturen (SIX x-clear als Clearing- gemessen. Wie in den Vorjahren stellte die FINMA im haus und zentrale Gegenpartei sowie SIX SIS als Zen- Jahr 2019 Verbesserungen der globalen Resolvability tralverwahrerin) verfügen über Recovery-Pläne. Die fest. Mittlerweile hat die Credit Suisse ihr Rabattpo- Pläne wurden kontinuierlich verbessert. Aufgrund tenzial zu 40 Prozent und die UBS zu 42,5 Prozent der hohen Anforderungen an diese Pläne sind für ausgeschöpft. deren Genehmigung noch weitere Verbesserungen anzubringen. Die FINMA hat ausserdem die Arbeiten Die Resolution-Pläne für die inlandorientierten sys- für die Entwicklung von Resolution-Plänen für die temrelevanten Banken sind im Gegensatz zu den- SIX x-clear und SIX SIS aufgenommen. jenigen für die beiden Grossbanken nicht „global“, sondern betreffen wie deren Notfallplanung nur das Schweizer Geschäft. Diese Resolution-Pläne sind also sehr eng mit den Notfallplänen verknüpft und verlan- gen von den Banken keine materiellen zusätzlichen Vorbereitungsmassnahmen.
Inhaltsverzeichnis 6 Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte 5 FINMA | Resolution-Bericht 2020 Inhaltsverzeichnis 15 Die FINMA als Resolution-Behörde 25 Die Resolvability der Grossbanken 30 Der Schweizer Notfallplan 33 Recovery- und Resolution-Planung für Finanzmarktinfrastrukturen und Versicherungsunternehmen 35 Glossar
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Im Gefolge der globalen Finanzkrise von 2007/2008 musste vielerorts der Staat eingreifen, um grosse Finanzinstitute zu retten. Um dies in Zukunft in der Schweiz zu vermeiden, haben das Parlament und der Bundesrat im Jahr 2012 und in den Folgejahren eine „Too-big-to-fail”- Regulierung erlassen. Das TBTF-Problem 6 In der globalen Finanzkrise von 2007/2008 sahen sich erzahler gehen. Zudem führt die Annahme, dass der verschiedene Staaten gezwungen, in Not geratene Staat im Krisenfall Banken ab einer gewissen Grösse Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte FINMA | Resolution-Bericht 2020 Banken zu retten, da ein ungeordneter Ausfall dieser retten wird, zu unbeabsichtigten Marktverzerrungen Banken zu erheblichen Verwerfungen im Finanzsys- und Fehlanreizen. tem und einer Schädigung der jeweiligen Volkswirt- schaft geführt hätte. In diesem Zusammenhang hat In der Schweiz mussten die Behörden während der sich der Begriff „TBTF“ eingebürgert. Er charakteri- Finanzkrise ein Rettungspaket zugunsten der UBS siert Banken, die aufgrund ihrer Grösse sowie Vernet- schnüren. Denn es wurde befürchtet, dass die Bank zung mit dem Finanzsystem und der Volkswirtschaft ihre Geschäftstätigkeit ohne staatliche Hilfe nicht vom Staat nicht fallen gelassen werden können. hätte fortführen können und ein ungeordneter Staatliche Rettungen (in Englisch Bail-out genannt) Ausfall einer so grossen und weltweit vernetzten sind jedoch problematisch, weil sie zulasten der Steu- Finanzgruppe die nationale und die internationale Systemrelevante Banken Banken erbringen Dienstleistungen, die für das Funktionieren des Finanzsystems erforderlich sind. Funktionen sind systemrelevant, wenn sie für die schweizerische Volkswirtschaft unverzichtbar und nicht kurzfristig sub- stituierbar sind. Zu diesen zählen insbesondere das inländische Einlagen- und Kreditgeschäft sowie der Zahl- ungsverkehr (systemrelevante Funktionen). Zuständig für die Bezeichnung einer Bank als systemrelevant ist die Schweizerische Nationalbank (SNB). Sie hat bislang fünf Banken als systemrelevant eingestuft. G-SIBs und D-SIBs: Daneben hat der Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board – FSB) die beiden Schweizer Grossbanken als „Global Systemically Important Banks” (G-SIBs) bezeichnet, da ihr ungeordneter Ausfall die globale Finanzstabilität gefährden könnte. Diese Banken haben infolge dessen bestimmte internationale Grundsätze einzuhalten. Im Gegensatz dazu werden die nicht global, aber aus nationaler Sicht systemrelevan ten Banken, als „Domestic Systemically Important Banks” (D-SIBs) bezeichnet. In Übereinstimmung mit die ser Einteilung unterscheiden die Schweizer Regelungen zwischen international tätigen und inlandorientierten systemrelevanten Banken. Erstere haben strengere Anforderungen zu erfüllen. Global Systemically Important Banks (G-SIBs) / International tätige systemrelevante Banken: –– Credit Suisse –– UBS Domestic Systemically Important Banks (D-SIBs) / Inlandorientierte systemrelevante Banken: –– PostFinance –– Raiffeisen –– Zürcher Kantonalbank (ZKB)
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Internationale Bestrebungen Finanzstabilität gefährdet hätte. Diese staatliche Ret- Die Finanzkrise von 2007/2008 war ein weltwei- 7 tung der grössten Bank des Landes führte zu einem tes Phänomen. Etliche Länder, darunter die USA, FINMA | Resolution-Bericht 2020 Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Paradigmen wechsel: Der Staat und die Steuerzah- Grossbritannien und Deutschland, mussten grosse ler sollten im Krisenfall nicht mehr einem faktischen Finanzgruppen mit staatlichen Mitteln retten, um Zwang zur Rettung systemrelevanter Banken ausge- die Volkswirtschaften vor möglichen übergreifenden setzt sein. Das Parlament und der Bundesrat nahmen Verwerfungen zu schützen. Vor diesem Hintergrund sich angesichts der grossen Risiken für die schweize- gelangten die Regierungen zur Einsicht, dass glo- rische Volkswirtschaft der Sache rasch an. Gestützt bale Anstrengungen unternommen werden müs- auf den Bericht einer Expertenkommission legte der sen, um das Bankensystem als Ganzes stabiler und Bundesrat im Jahr 2011 einen Gesetzesentwurf für krisenresistenter zu machen und dass es neue und ein spezielles Regime für systemrelevante Banken vor. einheitliche Regeln zur Prävention und Bewältigung Die Anpassungen an die Bankengesetzgebung traten von Krisen braucht. Entsprechend formierten sich am 1. März 2012 in Kraft. im Nachgang zur Finanzkrise die G-20-Staaten und beschlossen Massnahmen zur Stärkung des globalen Finanzsystems. Die G20 beauftragten den Basler Ausschuss für Ban- kenaufsicht (Basel Committee on Banking Supervi- sion, BCBS) mit der Ausgestaltung neuer strengerer Standards in den Bereichen Kapital- und Liquidität. Ziel der Verschärfungen war es, dass die G-SIBs hö- here Verluste aus der laufenden Geschäftstätigkeit (Going-Concern) decken können und so die Ausfalls- wahrscheinlichkeit verringert und die Krisenresistenz entsprechend erhöht wird. Die Basel-III-Standards sehen nunmehr, verglichen mit den vor der Krise gel- tenden Standards, wesentlich strengere Kapitalan- forderungen vor. Zugleich hat der Basler Ausschuss Anforderungen an die Liquidität erlassen: Banken müssen angemessene Reserven an qualitativ hoch- wertigen und leicht verwertbaren Aktiven halten, um hohe Liquiditätsabflüsse abfangen zu können. Die G-20-Staaten gaben zudem dem FSB die Feder- führung zum Erlass von internationalen Standards für den Krisenfall. 2015 verabschiedete das FSB Prinzi- pien und Bedingungen zur Verlusttragung und Re- kapitalisierung von G-SIBs in Resolution, welche die Schweiz übernommen hat. Der Begriff „Resolution“ ist mit „Abwicklung“ gleichzusetzen und umfasst
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte 8 sowohl die Sanierung als auch die Liquidation eines Für die FINMA als Resolution-Behörde zweier G-SIBs Instituts. Als Prinzip hat sich weltweit durchgesetzt, mit bedeutenden internationalen Aktivitäten, na- Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte FINMA | Resolution-Bericht 2020 dass sich im Krisenfall die Gläubiger und nicht die mentlich in den USA und Grossbritannien, sind Steuerzahler an den Verlusten der Bank beteiligen diese Standards von grosser Bedeutung. Daher war sollten (sog. B ail-in). die FINMA von Beginn an aktiv an der internatio- nalen Standardsetzung beteiligt. Zusammen mit Ausserdem hat das FSB schon sehr bald nach der der Schweizerischen Nationalbank (SNB) hat sie als Finanzkrise an internationalen Standards zur Krisen- FSB-Mitglied eine aktive Rolle bei der Formulierung vorbereitung und -bewältigung gearbeitet. Es veröf- der internationalen Standards im Bereich Resolution fentlichte bereits im Jahr 2011 die „Key Attributes gespielt. Die FINMA ist in den relevanten FSB-Gremi- of Effective Resolution Regimes for Financial en, namentlich in der zentralen Steuerungsgruppe Institutions“. Diese gelten heute als global aner- „Resolution Steering Group“, vertreten und stellt kannter Standard für Resolution-Regelwerke, deren derzeit den Vorsitzenden dieses Gremiums. Umsetzung auch von der Schweiz als FSB-Mitglied erwartet wird. Die Key Attributes umfassen unter anderem Prinzipien zur Notfallplanung sowie zur Or- ganisation von grenzüberschreitenden Gremien zur Krisenvorsorge und Krisenbewältigung (sog. Crisis Management Groups). Ferner hat das FSB Leitlinien betreffend die Finanzierung von G-SIBs im Fall einer Resolution veröffentlicht.
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Anforderungen an systemrelevante Banken Hintergrund Gone-Concern-Anforderungen zusammen ergeben 9 Aufgrund der Erfahrungen aus der Finanzkrise und das Total des verlusttragenden Kapitals (Total Loss-Ab- FINMA | Resolution-Bericht 2020 Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte der Rettung der UBS setzte der Bundesrat 2009 eine sorbing Capacity – TLAC). Expertenkommission zur Entschärfung der TBTF-Prob- lematik ein. Die Vorschläge der Expertenkommission In der Schweiz bestehen im Einklang mit den interna- wurden hauptsächlich im Bankengesetz und in den tionalen Standards zwei Arten von Kapitalanforderun- dazugehörigen Ausführungserlassen umgesetzt. Das gen: Die gewichteten Anforderungen (RWA-Quote) Parlament und der Bundesrat definierten spezifische werden als Prozentzahl der risikogewichteten Aktiv gesetzliche Anforderungen, die von systemrelevan- positionen (Risk Weighted Assets – RWA) berechnet. ten Banken erfüllt werden müssen. Zudem passte der Daneben gelten Anforderungen in Bezug auf die un- Gesetzgeber mehrere Sanierungsbestimmungen an. gewichtete Eigenmittelquote (Leverage Ratio – LR), die Begleitend dazu erliess die FINMA eine Bankeninsol- als Prozentzahl des Gesamtengagements berechnet venzverordnung (Bankeninsolvenzverordnung-FINMA werden. Dabei dient die Leverage-Ratio-Anforderung – BIV-FINMA), welche auch die revidierten Gesetzes- als Sicherheitsnetz: Sie gewährleistet, dass unabhän- bestimmungen zum Sanierungsrecht konkretisiert. gig vom modellierten Risiko alle Positionen mit einem Mindestanteil an Eigenmitteln und zusätzlichen ver- Der Schweizer Ansatz bezweckt mit den besonde- lustabsorbierenden Mitteln unterlegt werden. ren Anforderungen an die systemrelevanten Banken, dass deren Widerstandsfähigkeit gestärkt und be- Die SNB hat verfügt, dass die beiden international tä- reits zu Normalzeiten angemessene Vorbereitungs- tigen Grossbanken Credit Suisse und UBS als Finanz- massnahmen für eine Sanierung bzw. für eine Liqui- gruppen systemrelevant sind. Gemäss Eigenmittel- dation getroffen werden. Zudem soll bei beiden als verordnung haben die beiden Grossbanken auf den internationale Konzerne organisierten Grossbanken verschiedenen Ebenen ihrer Gruppenstruktur unter- sichergestellt werden, dass deren systemrelevanten schiedliche Anforderungen zu erfüllen. Es bestehen: Funktionen auch im Fall der Liquidation bestimmter Gruppengesellschaften ohne Unterbruch fortgeführt 1. Anforderungen für die Gruppengesellschaften, in werden können. welche die Schweizer systemrelevanten Funktionen verlegt wurden (UBS Switzerland AG und Credit Kapitalanforderungen Suisse (Schweiz) AG), nachfolgend die „Schweizer Systemrelevante Banken müssen über mehr Kapital Einheiten“); als nicht systemrelevante Banken verfügen, um Ver- 2. Anforderungen auf Einzelinstitutsstufe sowie kon- luste aus der laufenden Geschäftstätigkeit decken solidiert für die Stammhäuser (UBS AG und Credit zu können (Going-Concern-Kapital). Daneben haben Suisse AG); und diese Banken zusätzliche verlustabsorbierende Mittel 3. Anforderungen für die konsolidierte Gruppe als bereitzustellen (Gone-Concern-Mittel). Letztere die- Ganzes. nen dazu, im Krisenfall noch mehr Verluste zu tragen, und können anlässlich einer Sanierung mittels Bail-in Für die ZKB gelten die Anforderungen konsolidiert in Eigenkapital gewandelt werden. Die Going- und die für die Gruppe und einzeln für das Stammhaus. Auch
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte 10 Ebenen der Kapitalanforderungen für G-SIBs Die Zuschläge betragen per Ende 2019 1,44 Prozent RWA-Quote und 0,5 Prozent Leverage Ratio für die Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte FINMA | Resolution-Bericht 2020 Credit Suisse und 1,08 Prozent RWA-Quote und 0,375 Holding Prozent Leverage Ratio für die UBS. Für die Raiffeisen betragen sie 0,36 Prozent RWA-Quote und 0,125 Prozent Leverage Ratio. Die ZKB und die PostFinance müssen keine Zuschläge erfüllen. Die Höhe des per Stammhaus Jahresende 2019 anwendbaren antizyklischen Kapital- puffers hängt vom Volumen der spezifischer Kreditpo- sitionen der jeweiligen Bank ab. Bei allen diesen Ins- Ausländische Schweizer Einheit Tochtergesellschaften tituten macht er jedoch gemessen an den gesamten Going-Concern-Anforderungen einen eher geringen Anteil aus. Konsolidierte Anforderungen Gruppe Einzelanforderungen Stammhaus Die Anforderungen an die Gone-Concern-Mittel für Konsolidierte Anforderungen Stammhaus die inlandorientierten systemrelevanten Banken betra- Einzelanforderungen Schweizer Einheit Konsolidierte Anforderungen Schweizer Einheit gen mindestens 40 Prozent ihrer Going-Concern-Ka- Anforderungen gemäss anwendbarem ausländischem Recht pitalanforderungen. Im Gegensatz dazu haben die Schweizer Einheiten der beiden international tätigen Grossbanken Gone-Concern-Mittel im Umfang von bei der Raiffeisen gelten die Anforderungen für die 62 Prozent ihrer Going-Concern-Anforderungen zu Gruppe konsolidiert als auch für die Raiffeisen Schweiz halten. Die Gone-Concern-Anforderungen für die Genossenschaft als zentrale Organisation im Genos- konsolidierte Gruppe der Grossbanken betragen 100 senschaftsverbund. Bei der PostFinance hingegen sind Prozent ihrer Going-Concern-Kapitalanforderungen lediglich die Anforderungen an das Stammhaus rele- abzüglich von Rabatten, die von der FINMA für Ver- vant, da diese keine für eine Konsolidierung relevante besserungen der Resolvability über die gesetzlichen Gruppengesellschaft aufweist. Anforderungen hinaus gewährt werden. Kapitalhöhe Die Gone-Concern-Anforderungen für die Stamm- Die Going-Concern-Kapitalanforderungen für alle häuser der Grossbanken auf Einzelinstitutsstufe erge- systemrelevanten Banken bestehen aus den folgenden ben sich aus der Summe der folgenden Elemente: drei Elementen: –– Die an die Tochtergesellschaften des Stammhauses –– Sockelanforderungen von 12,86 Prozent RWA-Quo- weitergegebenen zusätzlichen verlustabsorbieren- te und 4,5 Prozent Leverage Ratio; den Mittel, –– Zuschläge für den Marktanteil im inländischen Kre- –– die Gesamtkapitalanforderung für die Risiken des dit- und Einlagengeschäft und für die Grösse der Stammhauses als Einzelinstitut gegenüber Dritten Bank berechnet am Gesamtengagement; und abzüglich des erwähnten Rabatts und –– Antizyklische Kapitalpuffer (anwendbar für alle –– 30 Prozent der für das Stammhaus konsolidiert gel- Banken). tenden Gone-Concern-Anforderung.
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Eigenmittelanforderungen gemäss Eigenmittelverordnung 11 FINMA | Resolution-Bericht 2020 Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte International tätige systemrelevante Banken – Inlandorientierte systemrelevante Banken – D-SIBs G-SIBs (Gruppenanforderungen anhand Bsp. Credit Suisse ohne Rabatte) 14,3% Bail-in-Instrumente 5,14% Bail-in-Instrumente 4,3% HT-Cocos (AT1) 4,3% HT-Cocos (AT1) 5% Bail-in-Instrumente 1,8% Bail-in-Instrumente 10% CET1 1,5% HT-Cocos (AT1) 8,56% CET1 1,5% HT-Cocos (AT1) 3,5% CET1 3% CET1 RWA-Quote Leverage Ratio RWA-Quote Leverage Ratio Gone-Concern-Instrumente Going-Concern-Instrumente Die 30 Prozent, welche das Stammhaus bezogen auf umgewandelt werden, wenn das harte Kernkapital die konsolidiert geltenden Gone-Concern-Anforde- der Bank 7 Prozent der RWA-Quote unterschreitet. rungen zu halten hat, stellen einen Puffer dar, der Diese Instrumente werden gemeinhin als Wandlungs- im Krisenfall flexibel u.a. für die Rekapitalisierung der kapital mit hohem trigger (high-trigger contingent Tochtergesellschaften zur Verfügung stehen soll. convertible/write-off bonds – HT-Cocos) bezeichnet. Sie absorbieren Verluste in der Regel bereits vor einem Kapitalqualität Bail-in. Der Rest der Going-Concern-Anforderungen Die Going-Concern-Anforderungen können im Um- ist mit hartem Kernkapital zu erfüllen. Dabei handelt fang von maximal 4,3 Prozent RWA-Quote bzw. 1,5 es sich um verlustabsorbierendes Eigenkapital der bes- Prozent Leverage Ratio mit zusätzlichem Kernkapital ten Qualität, welches aus einbezahltem Kapital und (sog. Additional Tier 1 Capital- AT1) erfüllt werden. Reserven besteht. Dabei handelt es sich um unbefristete Schuldinstru- mente, die gemäss Vertrag abgeschrieben oder in har- Die Gone-Concern-Anforderungen sind grundsätzlich tes Kernkapital (Common Equity Tier 1 Capital- CET1) mit Bail-in-Bonds zu erfüllen. Dabei handelt es sich um
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte 12 Schuldinstrumente, die im Rahmen eines Sanierungs- hat im Juli 2019 angekündigt, die Liquiditätsanforde- verfahrens in Eigenkapital der Bank gewandelt werden rungen für systemrelevante Banken zu überprüfen. Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte FINMA | Resolution-Bericht 2020 können. Bail-in-Bonds können nur angerechnet wer- den, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen. Insbeson- Risikoverteilung dere müssen sie im Grundsatz von der Konzernoberge- Systemrelevante Banken müssen, gleich wie die üb- sellschaft ausgegeben werden, dem Schweizer Recht rigen Banken, ihre Klumpenrisiken begrenzen. Die unterstehen und einem Schweizer Gerichtsstand un- generelle Obergrenze für solche Positionen liegt terliegen und dürfen nicht verrechenbar oder besichert grundsätzlich bei 25 Prozent des Kernkapitals. Die be- sein. Zudem haben sie eine unwiderrufliche Klausel zu sonderen Anforderungen in Bezug auf systemrelevan- enthalten, wonach sich die Gläubiger mit einer allfäl- te Banken liegen darin, dass diese ihr Klumpenrisiko ligen, von der Aufsichtsbehörde angeordneten Wand- gegenüber anderen systemrelevanten Schweizer Ban- lung oder Forderungsreduktion (Bail-in) einverstanden ken sowie G-SIBs je auf 15 Prozent des Kernkapitals zu erklären. Daneben gilt, dass systemrelevante Banken begrenzen haben. keine Bail-in-Bonds anderer schweizerischer oder aus- ländischer systemrelevanter Banken auf eigenes Risiko Notfall-, Recovery- und Resolution-Planung halten dürfen. Damit soll das Ansteckungsrisiko aus- Im Notfallplan haben systemrelevante Banken nach- geschlossen werden. Schliesslich dürfen Bail-in-Bonds zuweisen, dass ihre systemrelevanten Funktionen in nicht in zu kleiner Stückelung verkauft werden. Dies der Schweiz im Fall drohender Insolvenz unabhän- verhindert den Erwerb dieser risikoreichen Instrumen- gig von den übrigen Teilen der Bank ohne Unterbre- te durch Kleinanleger. Den Banken steht es aber auch chung weitergeführt werden können. In diesem Sinn frei, die Gone-Concern-Anforderungen insgesamt fokussiert sich die Notfallplanung im Gegensatz zur oder Teile davon mit CET1- oder AT1-Instrumenten globalen Recovery- und Resolution-Planung auf das zu erfüllen. Solche höherwertige Eigenmittel werden Schweizer Geschäft der Banken. Für die inländisch mit einem Faktor 1,5 ihres Volumens zur Erfüllung der orientierten systemrelevanten Banken bedeutet dies, Gone-Concern-Anforderung angerechnet. dass die Resolution-Strategie abschliessend in deren Notfallplanung geregelt ist. Bei den international täti- Liquiditätsanforderungen gen Grossbanken bezieht sich die Notfallplanung auf Systemrelevante Banken müssen in der Lage sein, ih- deren Schweizer Geschäft. ren Zahlungsverpflichtungen auch in aussergewöhn- lichen Belastungssituationen nachzukommen. Sie Neben dem Notfallplan haben systemrelevante Ban- sollten gemäss internationaler Standards neben den ken einen Recovery-Plan (Stabilisierungsplan) zu erar- für alle Banken geltenden Anforderungen erhöhte beiten. Im Recovery-Plan hat die Bank aufzuzeigen, Liquiditätsanforderungen erfüllen. Jedoch gewährleis- mit welchen Massnahmen sie sich in einer Krise selbst ten die derzeit geltenden Liquiditätsanforderungen für nachhaltig stabilisieren kann, sodass ihre Geschäfts systemrelevante Banken keine höhere Liquiditätsaus- tätigkeit ohne Resolution fortgeführt werden kann. stattung im Vergleich zu den nicht systemrelevanten Die FINMA erstellt in Bezug auf die systemrelevanten Banken und würden voraussichtlich nicht genügen, Banken darüber hinaus einen Resolution-Plan (Ab- um den Liquiditätsbedarf im Fall einer Resolution zu wicklungsplan). Der Resolution-Plan beschreibt, wie decken. Zurzeit besteht kein explizites staatliches Si- die FINMA eine von ihr angeordnete Sanierung oder cherheitsnetz in Sachen Liquiditätshilfe. Der Bundesrat Liquidation der Bank durchführen wird, falls sich eine Bank nicht selbst stabilisieren kann.
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte 13 Recovery-, Notfall-, und Resolution-Plan FINMA | Resolution-Bericht 2020 Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Der Recovery-Plan (Stabilisierungsplan) Systemrelevante Banken haben der FINMA jährlich einen Recovery-Plan einzureichen. In diesem zeigt die Bank auf, mit welchen Massnahmen sie sich im Fall einer Krise nachhaltig stabilisieren und ihre Geschäftstätigkeit ohne staatliche Eingriffe fortführen kann. Der Recovery-Plan bezieht sich also auf die Zeit vor einer allfälli- gen im Zusammenhang mit einer Resolution stehenden Intervention der FINMA. Der Recovery-Plan bedarf der Genehmigung der FINMA. Alle systemrelevanten Banken haben der FINMA einen Recovery-Plan eingereicht. Die FINMA ist bei der Prüfung zum Schluss gekommen, dass diese die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, und hat die Pläne aus diesem Grund genehmigt. Auch die beiden systemrelevanten Finanzmarktinfrastrukturen haben je einen Recovery-Plan eingereicht. Aufgrund der an diese Pläne zu stellenden hohen Anforderungen sind für eine Genehmigung der Pläne noch weitere Verbesserungen erforderlich. Der Notfallplan Mit dem Notfallplan haben die systemrelevanten Banken den Nachweis zu erbringen, dass ihre systemrelevanten Funktionen in einer Krise weitergeführt werden können. Als systemrelevant gelten dabei nur Funktionen, die für die Schweizer Volkswirtschaft von Bedeutung sind. Bei der Notfallplanung wird also eine inländische Sicht eingenommen. Neben der Notfallplanung muss für systemrelevante Banken jedoch auch seitens der Banken ein Recovery-Plan und seitens der FINMA ein Resolution-Plan erstellt werden. Im Gegensatz zum Notfallplan erfas- sen diese ein Finanzinstitut in seiner Gesamtheit. Für die beiden international tätigen Grossbanken bedeutet dies, dass ihr Notfallplan lediglich die Schweizer Gruppeneinheit als Trägerin der in der Schweiz systemrelevan ten Funktionen betrifft, während die Recovery- und die Resolution-Planung für die gesamte Gruppe erstellt wird. Die FINMA prüft die Massnahmen des Notfallplans im Hinblick auf deren Wirksamkeit im Fall einer drohenden Insolvenz der Bank. Das Ergebnis dieser Prüfung wird nachfolgend erläutert. Der Resolution-Plan (Abwicklungsplan) Im Resolution-Plan legt die FINMA dar, wie eine von ihr angeordnete Sanierung oder Liquidation der system relevanten Bank durchgeführt werden kann. Der Fokus der Resolution-Planung für die systemrelevanten Banken in der Schweiz liegt auf der zumindest teilweisen Fortführung der Bankgeschäfte. Eine Sanierung muss nicht notwendigerweise die gesamte Bank betreffen. Vielmehr kann eine Bank grundlegend saniert werden, indem bestimmte Geschäftseinheiten und -bereiche verkauft, oder durch geordnetes Herunterfahren ganz eingestellt werden. Die FINMA erstellt die Resolution-Planung auf Basis der ihr von der betreffenden Bank eingereichten Informa- tionen. Dabei dienen ihr insbesondere die Informationen aus dem Schweizer Notfallplan sowie den lokalen ausländischen Notfallplänen für allfällige Tochtergesellschaften als Grundlage. So werden die Voraussetzungen geschaffen, um international tätige Finanzinstitute zu restrukturieren oder geordnet abzuwickeln, ohne dass systemrelevante Funktionen ausfallen.
Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte Laufende Regulierungsprojekte 14 Zurzeit wird das Bankengesetz teilrevidiert, um gewis- gen, die festlegen, dass das Gesellschaftskapital und se für die Durchführung einer Resolution essenzielle gewisses Fremdkapital vor der Durchführung eines Der Schweizer Ansatz und seine Geschichte FINMA | Resolution-Bericht 2020 Regelungen aus Gründen der Rechtssicherheit zu- Bail-in abgeschrieben werden müssen und in welcher künftig im Bankengesetz statt in der Bankeninsolvenz Rangfolge die Gläubiger eine Wandlung ihrer Forde- verordnung der FINMA zu verankern. Als wesentlich rungen hinzunehmen haben, in Zukunft im Banken- gelten namentlich die Regelungen zur Durchführung gesetz geregelt werden. Mitte 2019 wurde zu dieser des Bail-in. So sollen insbesondere die Bestimmun- Teilrevision eine Vernehmlassung durchgeführt. TBTF-Regulierungsrahmen für Banken Präventive Bestimmungen Reaktive Bestimmungen Grundsätze Intervention FINMA Art. 7 – 10a BankG Art. 25 BankG Eigenmittelanforderungen Rabatte Schutzmassnahmen Art. 10 BankG Art. 9 BankG Art. 65 – 66 BankV Art. 26 BankG Art. 124 – 133 ERV Art. 133 ERV Liquidität Sanierungsverfahren Bail-in Art. 9 BankG Art. 28 – 32 BankG Art. 31 BankG Art. 19 – 29 LiqV Art. 40 – 46 BIV-FINMA Art. 47 – 50 BIV-FINMA Notfall-, Recovery- und Konkursliquidation Resolution-Planung Art. 9 – 10 BankG Art. 33 – 37g BankG Art. 60 – 64 BankV Einlagensicherung BankG: Bankengesetz ERV: Eigenmittelverordnung LiqV: Liquiditätsverordnung Art. 37h – 37k BankG BIV-FINMA: Bankeninsolvenzverordnung-FINMA
Die FINMA als Resolution-Behörde Die FINMA bewilligt und beaufsichtigt Banken nicht nur, sondern ist im Krisenfall auch für deren Resolution, d.h. die Sanierung oder die Liquidation, zuständig. Eine Intervention der FINMA ist dann nötig, wenn sich eine Bank nicht aus eigener Kraft stabilisieren kann. Je nachdem, ob begründete Aus- sicht auf eine Sanierung besteht oder nicht, wird die FINMA ein Sanierungs verfahren durchführen oder über der Bank den Konkurs eröffnen. Aufgaben der FINMA Recovery-Phase (Stabilisierungsphase) Die FINMA ist über ihre Aufgabe als Bewilligungs- Eine Krise kann als Ereignis definiert werden, das eine 15 und Aufsichtsbehörde hinaus für die Resolution von Bank destabilisiert und zu ihrer Sanierung oder Liqui- FINMA | Resolution-Bericht 2020 Die FINMA als Resolution-Behörde Banken zuständig. Die FINMA ist auch Resolution-Be- dation führen kann. Das auslösende Ereignis kann hörde für Konzernobergesellschaften von Banken- bankenspezifisch sein (z.B. im Fall eines Handels- gruppen sowie Gruppeneinheiten, die wesentliche verlusts) oder die breitere Wirtschaft betreffen (z.B. Funktionen erfüllen, auch wenn diese selbst keiner im Fall einer Krise des Immobilienmarkts). Befindet typischen Banktätigkeit nachgehen. Als Resoluti- sich die Bank in einer Krise, so ist vor der allfälligen on-Behörde obliegt ihr im Fall der Unterschreitung Durchführung einer Resolution abzuklären, ob die der finanzbezogenen Mindestanforderungen (Ka- sich stellenden Probleme auf privatrechtlichem Weg, pital oder Liquidität) die Liquidation dieser Institute z.B. mittels eines Gesamt- oder Teilverkaufs der Bank oder deren Sanierung im Rahmen eines formellen oder mittels Zuschüssen von Eignern und Gläubigern, Sanierungsverfahrens. Der Fokus des vorliegenden gelöst werden können. Der Zeitraum, in dem sich die Berichts liegt auf der Rolle der FINMA als Resoluti- Bank bereits in einer angehenden Krise befindet, on-Behörde für systemrelevante Banken. sich aber ausserhalb staatlicher Massnahmen selbst zu stabilisieren versucht, wird als Recovery-Phase be- Als Resolution wird die behördliche Intervention bei zeichnet. einer Bank in Insolvenzgefahr bezeichnet, mit dem Ziel, diese Bank in geordneter Weise zu sanieren oder Formell beginnt die Recovery-Phase, sobald die Bank zu liquidieren. Resolution im Kontext von systemre- ihren Recovery-Plan aktiviert hat. Dies geschieht, levanten Banken beschäftigt sich schwergewichtig nachdem gewisse, im Voraus bestimmte Indikatoren mit der Too-big-to-fail-Problematik und dem Ziel, (vor allem finanzieller, aber auch operationeller Na- deren nachteilige Folgen für die Volkswirtschaft und tur) erfüllt oder unterschritten sind und die Bank zum das Finanzsystem zu beseitigen oder zu reduzieren. Schluss gekommen ist, dass sie sich in einer Krisen- Resolution bedeutet indes nicht, dass Marktaustritte situation befindet, die sie nur mit ausserordentlichen von Banken auf dem Weg des Konkurses nicht mög- Mitteln zu überwinden vermag. Ziel der Aktivierung lich sind. Als Aufsichts- und Resolution-Behörde ist des Recovery-Plans ist, dass sich die Bank aus eige- es nicht die Aufgabe der FINMA, Institute vor dem ner Kraft, d.h. ohne staatliche Intervention, wieder Scheitern zu bewahren. Marktaustritte müssen in ei- stabilisieren kann. Dabei wird ihr Handlungsspiel- ner freien Marktwirtschaft möglich sein, sie dürfen raum massgeblich von zum gegebenen Zeitpunkt jedoch nicht die Stabilität des Finanzsystems gefähr- noch vorhandenen Kapital- und Liquiditätspolstern den. Sodann ist das Ziel der Sanierung einer Bank definiert. Je mehr Ressourcen noch vorhanden sind, nicht notwendigerweise die Weiterführung des Insti- desto mehr Zeit steht für die Recovery-Phase zur Ver- tuts in seiner bisherigen Form. Vielmehr ist die Sanie- fügung. rung häufig mit einer Restrukturierung, zum Beispiel der Änderung des Geschäftsmodells, der Organisa- In ihrem Recovery-Plan soll die Bank vorausschauend tions- und der Eignerstruktur verbunden. Massnahmen anhand von Krisenszenarien definieren sowie deren Implementierung vorbereiten. Im Krisen- fall stehen diese Massnahmen der Bank zur Verfü- gung. Sie dienen insbesondere der Kapitalstärkung und der Liquiditätssicherung:
Die FINMA als Resolution-Behörde Auslöser einer Resolution 16 –– Massnahmen zur Kapitalstärkung: Darunter wer- Die FINMA wird intervenieren, sobald sich eine Bank den Massnahmen verstanden, die eine positive in einer konkreten Insolvenzgefahr befindet. Dies ist Die FINMA als Resolution-Behörde FINMA | Resolution-Bericht 2020 Auswirkung auf die Kapitalsituation der Bank ha- dann der Fall, wenn begründete Besorgnis besteht, ben. Infrage kommen namentlich die Durchfüh- dass die Bank überschuldet ist oder ernsthafte rung einer Kapitalerhöhung, die Ausgabe nach- Liquiditätsprobleme hat oder wenn die Bank Eigen- rangiger Schuldinstrumente oder der Verzicht auf mittelvorschriften nicht erfüllt. Die FINMA muss vor Zahlung von Dividenden. Auch denkbar ist der ausschauend sowohl anhand quantitativer als auch Verkauf einzelner Geschäftseinheiten oder der Ge- qualitativer Kriterien die Situation beurteilen. samtverkauf der Bank. –– Massnahmen zur Liquiditätssicherung: Darunter Der Gesetzgeber hat der FINMA den Auftrag erteilt, werden Massnahmen verstanden, die sicherstel- einer negativen Entwicklung zuvorzukommen und len, dass die Bank auch in einer Krise zahlungs- bereits zu intervenieren, bevor Einleger und weitere fähig bleibt. Dies kann beispielsweise mittels der Gläubiger im Rahmen einer Insolvenz zu vermeidba- Beschaffung von Fremdkapital am Kapitalmarkt, rem Schaden kommen. Es liegt jedoch in erster Linie über die Ausgabe von Pfandbriefen oder die Re- in der Verantwortung der Bankführung und der Ban- duktion von liquiditätsbindenden Geschäftsfel- keigner, eine drohende Insolvenz aus eigener Kraft dern erreicht werden. und ohne staatlichen Eingriff abzuwenden. Als staat- liche Eingriffe kommen zunächst die sogenannten Während der Recovery-Phase begleitet die FINMA die Schutzmassnahmen in Betracht. Das sind vorsor- Bank eng und achtet darauf, dass die von ihr getrof- gliche Massnahmen, mit denen eine unmittelbare fenen Massnahmen geeignet sind, die für die Krise Gefahr für die Gläubiger abgewendet werden soll. ursächlichen Probleme zeitlich rasch und nachhaltig So kann der Bank beispielsweise verboten werden, zu beheben. In diesem Rahmen kann sie ihre Auf- während einer bestimmten Frist Auszahlungen zu sicht intensivieren, zusätzliche Information verlangen tätigen. Damit kann sie von einem übermässigen Ab- oder einen Beauftragten mandatieren. Bereits in der zug der Einlagen im Fall eines Bank-Runs geschützt Recovery-Phase wird die FINMA eine allfällige Re- werden. Daneben können Schutzmassnahmen auch solution für den Fall planen, dass die Stabilisierung der Vorbereitung einer nachfolgenden Sanierung misslingt. Sie wird dabei laufend das Insolvenzrisiko oder des Bankenkonkurses dienen. im Auge behalten und die Umsetzbarkeit ihrer Reso- lution-Strategie überprüfen, sodass sie bei Eintritt der Insolvenzgefahr ohne Zeitverlust die notwendigen Massnahmen ergreifen kann.
Die FINMA als Resolution-Behörde Sanierungsverfahren Um eine Sanierung durchzuführen, bedarf es neben Das bankengesetzliche Sanierungsverfahren verfolgt 17 der Insolvenzgefahr einer weiteren Voraussetzung. das Ziel, Banken, die sich nicht aus eigener Kraft vor FINMA | Resolution-Bericht 2020 Die FINMA als Resolution-Behörde Sie darf nur angeordnet werden, wenn begründete einer Insolvenz bewahren können, mittels staatlicher Aussicht auf eine erfolgreiche Durchführung der Sa- Intervention, aber ohne staatliche Solvenz- bzw. Ka- nierung und auf Weiterführung einzelner Bankdienst- pitalhilfe zu stabilisieren und sie damit vor dem sofor- leistungen besteht. Ferner darf die FINMA nur dann tigen Bankenkonkurs zu bewahren. Voraussetzungen eine Sanierung durchführen, wenn dies die Gläubi- für die Eröffnung eines Sanierungsverfahrens sind die ger voraussichtlich besser stellt als der sofortige Ban- Insolvenzgefahr sowie die Aussicht auf eine erfolgrei- kenkonkurs (sog. Verbot der Schlechterstellung, vgl. che Durchführung einer Sanierung oder zumindest nachfolgend). Der Bankenkonkurs ist hingegen dann die Weiterführung einzelner Bankdienstleistungen. anzuordnen, wenn keine Aussicht auf Sanierung Zuständig für die Anordnung des Sanierungsverfah- besteht oder wenn eine solche gescheitert ist. rens ist die FINMA, wobei sie zur Vorbereitung und Durchführung des Verfahrens einen Sanierungsbe- Bei der Abwägung zwischen Bankenkonkurs und auftragten mandatieren kann. Bankensanierung steht der FINMA innerhalb des ge- setzlichen Rahmens ein Ermessen zu. Dabei wird sie Das Sanierungsverfahren beginnt mit einer Eröff- auch berücksichtigen, ob es sich bei der betroffenen nungsverfügung der FINMA, die öffentlich bekannt Bank um ein systemrelevantes Institut handelt. Im gemacht wird. Ein Sanierungsplan legt die Grund Fall von systemrelevanten Banken sind nicht nur die elemente des Verfahrens fest und bezeichnet die Interessen von Einlegern und Bankeignern, sondern durchzuführenden Massnahmen. Der Sanierungs- auch übergeordnete Interessen wie insbesondere die plan kann unterschiedliche Massnahmen vorsehen. Finanzstabilität zu berücksichtigen. Haupttreiber für Bei der Sanierung der Schweizer Grossbanken steht eine behördliche Intervention bei systemrelevanten der Bail-in von Gläubigerforderungen auf Stufe der Banken ist, dass die systemrelevanten Funktionen Konzernobergesellschaft im Vordergrund. Im Rah- weitergeführt werden können. Dies kann in der Re- men dessen tragen die Gläubiger von Bail-in-Bonds gel im Sanierungsverfahren bestmöglich gewährleis- den Verlust und werden, indem ihre Forderungen in tet werden. Aus diesem Grund steht bei systemre- Eigenkapital der Bank gewandelt werden, zu Aktio- levanten Banken die Anordnung einer Sanierung im nären (Bail-in); dies im Gegensatz zum Bail-out, bei Vordergrund. dem der Staat – und somit letztlich der Steuerzahler – die Sanierungskosten zu tragen hat.
Die FINMA als Resolution-Behörde 18 Der Bail-in Die FINMA als Resolution-Behörde FINMA | Resolution-Bericht 2020 Ziel: Mittels eines Bail-in soll eine Bank soweit rekapitalisiert werden, dass sie die Eigenmittelvoraussetzun- gen wieder erfüllt. Dabei erfolgt die Rekapitalisierung über die zwangsweise Beteiligung der Gläubiger. Deren Forderungen werden im Rahmen des Bail-in in Eigenkapital der Bank gewandelt. Bei den G-SIB werden gemäss der primären Resolution-Strategie der FINMA (vgl. nachfolgend) die jeweils von der Konzernobergesellschaft ausgegebenen Bail-in-Bonds in Eigenkapital gewandelt. Die Gläubiger anderer Gruppeneinheiten, insbesondere der Stammhäuser und deren Tochtergesellschaften, sind davon nicht betroffen. Verfahren: Im Rahmen eines Sanierungsverfahrens kann die FINMA einen Bail-in anordnen. Vor einem Bail-in muss das gesamte Aktienkapital der Bank vollständig herabgeschrieben werden. Dadurch verlieren die bis herigen Aktionäre ihr Eigentum an der Bank. Danach werden Gläubigerforderungen in Eigenkapital der Bank gewandelt und damit neue Aktien geschaffen. Hat beispielsweise ein Gläubiger ein von der Bank ausgegebenes Schuldinstrument erworben, verliert er durch den Bail-in seine Forderung auf Rückzahlung des vereinbarten Nominalwerts am Ende der Laufzeit des Instruments. Im Gegenzug für diesen Verlust erhält der Gläubiger einen entsprechenden Anteil an den neu geschaffenen Aktien und wird damit Eigentümer der sanierten Bank. Rangfolge: Der Bail-in folgt klaren Regeln insbesondere zur Rangfolge, gemäss der Gläubigerforderungen ge- wandelt werden. Vorab wird das Gesellschaftskapital herabgesetzt, danach werden nachrangige Forderungen gewandelt, dann die übrigen Forderungen und erst in letzter Linie die nicht privilegierten Einlagen (d.h. Einlagen über 100 000 Franken). Privilegierte Forderungen – insbesondere Einlagen von bis zu 100 000 Franken – sowie gesicherte und verrechenbare Forderungen sind vom Bail-in ausgeschlossen. Umsetzung: Der Bail-in beginnt – nach einer intensiven Vorbereitungsphase – mit einer Ad-hoc-Mitteilung der betroffenen Bank vor Handelsbeginn und der Benachrichtigung der Gläubiger der betroffenen Schuldinstru- mente. Die Börse SIX (an der die Aktien der Grossbanken gehandelt werden) wird auf Ersuchen der Bank den Handel der im Rahmen des Bail-in herabzuschreibenden Aktien sowie der zu wandelnden Schuldinstrumente aussetzen. Die im Rahmen des Bail-in neu geschaffenen Aktien werden als Wertrechte im Hauptregister der SIX SIS AG eingetragen. Der Handel mit diesen neuen Aktien kann voraussichtlich frühestens drei Tage nach Durch- führung des Bail-in aufgenommen werden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Umsetzung des Bail-in bei ausländischen Börsen, an denen die neuen Aktien auch registriert werden müssen, längere Zeit in Anspruch nehmen könnte. In den ersten Monaten nach dem Bail-in können die Mitwirkungsrechte der neuen Aktionäre beschränkt werden, damit die Sanierungsmassnahmen umgesetzt werden können. Daneben kann die FINMA Personen, die nach dem Bail-in eine wesentliche Beteiligung an der Bank halten, einer Eignungsprüfung unter- ziehen.
Die FINMA als Resolution-Behörde Neben dem Bail-in erwähnt das Gesetz auch aus- gen anordnen. Der Aufschub gilt für maximal zwei 19 drücklich die Möglichkeit einer teilweisen oder voll- Arbeitstage. Vertragliche Beendigungsrechte, die FINMA | Resolution-Bericht 2020 Die FINMA als Resolution-Behörde ständigen Übertragung von Aktiven und Passiven aufgrund während dieses Zeitraums angeordneter auf eine übernehmende Bank. Bei der Übernehmerin Massnahmen entstehen, können frühestens nach kann es sich um ein etabliertes Institut oder auch um Ablauf der Frist geltend gemacht werden. Eine Gel- eine für extra diesen Zweck geschaffene Bank (Brü- tendmachung ist gänzlich ausgeschlossen, wenn die ckenbank) handeln. Ziel dieser Massnahme ist es, Bank nach Ablauf des Aufschubs die Bewilligungs dass die betroffenen Dienstleistungen vom überneh- voraussetzungen wieder erfüllt. menden Institut fortgeführt werden. Ein Sanierungsverfahren kann die Rechte der Gläu- Diverse im Bankgeschäft übliche Verträge sehen für biger tangieren. Um diese vor unverhältnismässigen den Fall eines behördlichen Eingriffs die Entstehung Eingriffen zu schützen, darf ein Sanierungsverfahren von Beendigungsrechten oder eine automatische nur unter bestimmten Bedingungen durchgeführt Beendigung von Vertragsverhältnissen vor. Bereits werden. Einer der wesentlichen Schutzmechanismen die Eröffnung des Sanierungsverfahrens kann dazu ist das Verbot der Schlechterstellung. Dabei handelt führen, dass Gegenparteien der betroffenen Bank es sich um einen international anerkannten Grund- ihre Vertragsbeziehungen beenden. Dies kann die er- satz in der Sanierung. Demgemäss darf eine Sanie- folgreiche Sanierung einer Bank wesentlich erschwe- rung nur durchgeführt werden, wenn alle Gläubiger ren. Um dieser Gefahr entgegenzuwirken, kann die aufgrund der Sanierung nicht schlechtergestellt sind, FINMA einen Aufschub der Beendigung von Verträ- als sie es im Konkurs wären. Das Verbot der Schlechterstellung Durchführung: Das international anerkannte Verbot der Schlechterstellung (No Creditor Worse-Off, NCWO- Prinzip) wurde in der Schweiz insofern umgesetzt, als dass eine Sanierung nur durchgeführt werden darf, wenn alle Gläubiger dadurch bessergestellt sind, als sie es bei sofortiger Konkurseröffnung wären. Um dies sicherzu stellen, hat die FINMA vor Genehmigung des Sanierungsplans eine Bewertung durchzuführen. Will sie beispiels- weise einen Bail-in anordnen, hat sie schätzungsweise festzulegen, welchen Wert die neu geschaffenen, den Gläubigern zuzuteilenden Aktien haben. Diesen Wert (zuzüglich einer allfällig verbleibenden und nicht vom Bail-in betroffenen Forderung der Gläubiger) hat sie der hypothetischen Konkursdividende gegenüberzustellen. Nur wenn ersterer Wert höher ausfällt als letzterer, kann der Sanierungsplan genehmigt werden. Bewertung: Sowohl der Wert der mittels Bail-in neu geschaffenen Aktien als auch die Konkursdividende, welche die Gläubiger bei sofortiger Eröffnung des Bankenkonkurses erhalten würden, können nicht mit abso- luter Sicherheit ermittelt werden. Vielmehr wird die FINMA mithilfe der Bank und externer Beauftragter, diese Werte unter Berücksichtigung der zum gegebenen Zeitpunkt vorhandenen Informationen schätzen.
Die FINMA als Resolution-Behörde Die primäre Resolution-Strategie für Schweizer Grossbanken 20 Die Anordnungen aus dem Sanierungsplan entfalten Die primäre Resolution-Strategie der FINMA für eine unmittelbar mit der Genehmigung volle Rechtswir- international tätige Schweizer Grossbank ist deren Die FINMA als Resolution-Behörde FINMA | Resolution-Bericht 2020 kung. Wird zum Beispiel ein Bail-in angeordnet, so Sanierung mittels „Single Point of Entry“ (SPoE)-Bail- ändert sich die Bilanz der Bank unmittelbar mit der in. Die FINMA interveniert dazu auf Stufe der höchs- Genehmigung des Plans. Dies ist von entscheiden- ten Konzerneinheit, der sogenannten Konzernober- dem Vorteil, da eine Sanierung in der Regel rasch gesellschaft. Beide Schweizer Grossbanken sehen in durchgeführt werden muss. In diesem Sinn reicht ihrer Gruppenstruktur eine solche vor (Credit Suisse ein Wochenende aus, um einen Bail-in durchzufüh- Group AG bzw. UBS Group AG). Der SPoE-Ansatz ren. Die Genehmigung des Sanierungsplans erfolgt hat bei diesen international tätigen Grossbanken idealerweise zu Beginn des Wochenendes nach Bör- den entscheidenden Vorteil, dass lediglich die Hei- senschluss und wird öffentlich bekannt gemacht. Die maufsichtsbehörde ein Sanierungsverfahren durch- Bekanntgabe der Massnahme nach Börsenschluss führen muss. Denn nur sie hat den unmittelbaren soll überhastete Reaktionen des Marktes verhin- aufsichtsrechtlichen Zugriff auf die Konzernoberge- dern. Die Rechtswirkungen des Bail-in, namentlich sellschaft. Damit wird vermieden, dass verschiedene die Herabsetzung des Gesellschaftskapitals und die Aufsichts- und Resolution-Behörden in unterschied- Umwandlung der Forderungen, treten sogleich mit lichen Rechtsordnungen gleichzeitig Verfahren über der Genehmigung des Sanierungsplans ein. Da- verschiedene Gruppengesellschaften der Bank eröff- hingegen müssen weitere den Bail-in begleitende nen. Dies würde zu komplexen und schwer zu bewäl- Massnahmen, beispielsweise die Einstellung gewis- tigenden Konstellationen führen. ser Geschäftsfelder, in der folgenden Zeit umgesetzt werden. Beim Bail-in werden die Gläubigerforderungen in Aktienkapital der Bank umgewandelt, wodurch die Eigenkapitalbasis der Bank wiederhergestellt werden kann. Der Bail-in kann nur dann erfolgreich sein, wenn genügend wandelbare Forderungen vorhan- den sind, um die Eigenmittel der Bank wieder auf das erforderliche Mass anzuheben. Zu diesem Zweck haben systemrelevante Banken Gone-Concern-Mit- tel zu halten. Diese stellen Verbindlichkeiten der Bank dar und bestehen üblicherweise in Form von spezifischen Schuldinstrumenten, sogenannten Bail- in-Bonds. Bail-in-Bonds müssen bestimmten Anfor- derungen entsprechen. Insbesondere haben sie eine Klausel zu beinhalten, mit der sich der Käufer von vornherein mit einer allfälligen Wandlung des Inst- ruments im Krisenfall einverstanden erklärt. Damit wird die rechtliche Durchsetzbarkeit einer Wandlung dieser Bail-in-Bonds in Eigenkapital der Bank gewähr- leistet.
Die FINMA als Resolution-Behörde Obwohl die operativ tätigen Tochtergesellschaften Nach Durchführung eines Bail-in bei einer Grossbank 21 nicht direkt vom Sanierungsverfahren betroffen sind, ist mit umfassenden Restrukturierungen zu rechnen, FINMA | Resolution-Bericht 2020 Die FINMA als Resolution-Behörde stellt der SPoE-Ansatz sicher, dass in diesen Gruppen die im von der FINMA zu genehmigenden Sanie- einheiten entstandene Verluste absorbiert werden rungsplan umschrieben sind. Während der Bail-in die können. Dabei rekapitalisiert sich die Bankengruppe Rekapitalisierung sicherstellt, soll mit der Restruktu- über konzerninterne Mechanismen. Die Konzern rierung das Geschäftsmodell den neuen Verhältnis- obergesellschaft gibt die durch die Ausgabe von Bail- sen angepasst werden. in-Bonds aufgenommenen Mittel über interne Dar- lehen an die operativ tätigen Tochtergesellschaften weiter. Wenn eine solche Tochtergesellschaft über- mässige Verluste erleidet, verzichtet die Konzern obergesellschaft auf die Rückzahlung der internen Darlehen. Übersicht über den möglichen Ablauf einer Resolution bei einer Schweizer Grossbank Auffüllen der HT-Cocos Nach Sanierung Sanierung Liquidation Durch FINMA, in enger Zusammenarbeit mit ausländischen Regulatoren; Bank-Management suspendiert Restrukturierung Rekapitalisierung –– strukturell Normale Geschäftstätigkeit –– organisatorisch Bail-in der Gruppe Insolvenzgefahr –– Umwandlung Bail-in-Bonds in Eigenkapital Stabilisierung –– Finanzstabilität gesichert Wandlung/ Restrukturierung Geordnete Abschreibung Liquidation HT-Cocos Aufspaltung der übrigen Aktivitäten Auffüllen der HT-Cocos Verkauf von Aktiven Veräusserungen und Geschäftsbereichen Weiterführung Weitere Massnahmen aus –– lokale kritische Operationen dem Recovery-Plan –– systemrelevante Funktionen Schweiz Rekapitalisierungsquellen unzureichend Rekapitalisierungsquellen ausreichend
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