RETROSPEKTIVE STUDIE ÜBER INFEKTIÖSE URSACHEN, KLINIK, LABORDIAGNOSTIK UND THERAPIE BEI AN DURCHFALL ERKRANKTEN KÄLBERN AUS DEM PATIENTENGUT DER ...
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Dieses PDF/A-Dokument wurde maschinell aus der approbierten Originalversion erzeugt. Die Originalversion finden Sie an der Universitätsbibliothek der Veterinärmedizinischen Universität, Wien Aus dem Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen der Veterinärmedizinischen Universität Wien (Departmentsprecher: Univ. Prof. Dr. Michael Hess) Klinik für Wiederkäuer (Leiter: Univ. Prof. Dr. Walter Baumgartner) RETROSPEKTIVE STUDIE ÜBER INFEKTIÖSE URSACHEN, KLINIK, LABORDIAGNOSTIK UND THERAPIE BEI AN DURCHFALL ERKRANKTEN KÄLBERN AUS DEM PATIENTENGUT DER WIEDERKÄUERKLINIK DER VETERINÄRMEDIZINISCHEN UNIVERSITÄT WIEN DIPLOMARBEIT zur Erlangung der Würde einer MAGISTRA MEDICINAE VETERINARIAE der Veterinärmedizinischen Universität Wien vorgelegt von Elisabeth Böhm Wien, im Juni 2008
Betreuer und 1. Begutachter: Univ. Prof. Dr. Walter Baumgartner (Leiter der Klinik für Wiederkäuer, Department für Nutztiere und öffentliches Gesundheitswesen der Veterinärmedizinischen Universität Wien) Mitbetreuende Assistentin: Dr. Daniela Klein 2. Begutachter: A. Univ. Prof. Dr. Karin Möstl (Klinische Virologie Department für Pathobiologie der Veterinärmedizinischen Universität Wien)
INHALTSVERZEICHNIS 1 EINLEITUNG 6 2 LITERATURÜBERSICHT 7 2.1 Pathophysiologie der Diarrhöe 7 2.2 Erreger 8 2.2.1 Viren 8 2.2.1.1 Rotaviren 8 2.2.1.2 Coronaviren 9 2.2.1.3 Andere Virusarten 9 2.2.2 Bakterien 9 2.2.2.1 Escherichia coli (E. coli) 10 l.l.lAA EnterotoxischeE. coli (ETEC) 10 2.2.2.1.2 Shiga-Toxin-bildende E. coli (STEG) 10 2.2.2.2 Clostridium perfringens (Cl. perfringens) 11 2.2.2.3 Salmonellen 11 2.2.2.4 Campylobacter 11 2.2.3 Protozoen 11 2.2.3.1 Kryptosporidien 12 2.2.3.2 Kokzidien 12 2.2.3.3 Giardien 13 2.3 Pathophysiologische Folgen der Diarrhöe 14 2.3.1 Dehydratation 14 2.3.2 Azidose 14 2.3.3 Hy perkaliämie 15 2.3.4 Hypoglykämie 15 2.3.5 Hypothermie 15 2.4 Therapeutische und prophylaktische Maßnahmen bei Kälberdurchfall 16 2.4.1 Therapie 16 2.4.2 Prophylaxe 19 3 MATERIAL UND METHODE 21 4 ERGEBNISSE 23 4.1 Nationale 23 4.2 Anamnese 23 4.3 Klinik 24 4.3.1 Klinische Symptome 24 43.2 Kotbeschaffenheit 26 4.4 Blutparameter 27 4.4.1 Säuren-Basen-Haushalt und Blutgase 27 4.4.1.1 pH-Wert 27 4.4.1.2 Basenexcess (BE) 28 4.4.1.3 Bikarbonat (HCO3-) 29
4.4.1.4 Standardbikarbonat (SBC) 29 4.4.1.5 Kohlendioxid und Sauerstoff Partialdruck (pCOa und pOa) 29 4.4.2 Weitere Laborparameter 29 4.4.2.1 Natrium 29 4.4.2.2 Kalium 30 4.4.2.3 Chlorid 31 4.4.2.4 Hämatokrit 31 4.5 Erreger 32 4.6 Therapie 33 4.7 Krankheitsverlauf 34 5 DISKUSSION 36 6 ZUSAMMENFASSUNG 40 7 SUMMARY 41 8 LITERATURVERZEICHNIS 42 9 ANHANG 48
Verzeichnis der verwendeten Abkürzungen Abb. Abbildung BE Basendefizit Ca^ ionisiertes Kalzium er Chlorid E. coli Escherichia coli ETEC Enterotoxische E. coli GFR glomeruläre Filtrationsrate HCO3- Hydrogencarbonat hgr. Hochgradig Hat Hämatokrit K" Kalium KM Körpermasse L Liter LT hitzelabiles Enterotoxin 1 MAT Milchaustauscher 1 mgr. mittelgradig 1 Na^ Natrium 1 o.B. Ohne Besonderheit | ORL Orale Rehydratationslösimg PA Perkussionsauskultation 1 PCO2 Kohlendioxidpartialdruck 1 PO2 Sauerstofipartialdruck i RT-PCR Reverse-Transkriptase-Polymerase- 1 Kettenreaktion SA Schwingauskultation SBH Säure-Basen-Haushalt STEG Shiga-Toxin-bildende E. coli ST hitzestabiles Enterotoxin Tab. Tabelle TIS Tierspitalsinformationssystem
1 EINLEITUNG Durchfalle stellen nach wie vor die häufigsten Probleme in der Kälberaufzucht dar. Diese fuhren zu großen wirtschaftlichen Verlusten, bedingt durch vermindertes Wachstum, erhöhten Futter- und Zeitaufwand, Tierverluste sowie Kosten für Diagnose und Therapie. Eine Vielzahl an nicht infektiösen (Haltungs- und/oder Fütterungsmängel) und infektiösen Ursachen fuhren zum Krankheitsbild des Kälberdurchfalls. Zu den infektiösen Faktoren zählen Viren (insbesondere Rota- und Coronaviren), Bakterien (Escherichia coli, Clostridium perfringens, Salmonellen, Campylobacter) und Protozoen (Kryptosporidien, Kokzidien, Giardien). Häufig handelt es sich jedoch um Mischinfektionen mit den zuvor genannten Erregem. Im Verlauf einer Enteritis kommt es zu Störungen im Flüssigkeits- und Elektrolythaushalt sowie im Energiestoffwechsel, die zu Dehydratation und metabolischer Blutazidose führen (GLAWISCHNIG et al., 1990). Das Ziel einer erfolgreichen Therapie ist der Ausgleich der Flüssigkeits- und Elektrolytverlus- te, die Ausbilanzierung des Säuren-Basen-Haushaltes (SBH) und die Zufuhr von Energie. Am einfachsten wäre die Rehydratation auf oralem Weg. Die ist aber nur bei Kälbem mög- lich, die noch selbstständig stehen und alleine Flüssigkeit aufnehmen. Bei hochgradig an Durchfall erkrankten Kälbern, insbesondere solche die nicht mehr trinken und kaum stehen können, werden große Flüssigkeitsmengen benötigt, die in Form einer Dau- ertropfinfiision verabreicht werden müssen (PHILLIPS, 1985; GLAWISCHNIG et al., 1990; ROSSOWetal., 1994). Für die Korrektur der Azidose und des Flüssigkeitshaushaltes werden Elektrolytlösungen un- terschiedlicher Zusammensetzung mflindiert (DIRKSEN et al., 1976; PHILLIPS, 1985). Thema dieser Arbeit ist es, die infektiösen Ursachen bei den an die Klinik für Wiederkäuer mit Durchfall überwiesenen Kälbem aus den Jahren 2006 und 2007, festzustellen und die Therapie in Hinblick auf die Dauer imd den Erfolg zu evaluieren. Dazu wurden von 127 mit an Durchfall erkrankten Kälbem die Anamnese, Nationale, klini- sche Erstuntersuchung, Diagnosen, Blutgasuntersuchung, Ergebnisse der parasitologischen, bakteriologischen und virologischen Kotuntersuchung, Therapie in Form von Art, Menge und Dauer erhoben und ausgewertet.
2 LITERATURUBERSICHT 2.1 Pathophysiologie der Diarrhöe Als Diarrhöe wird eine Vermehrung von Menge, Wassergehalt und Absatzhäufigkeit der Fä- zes bezeichnet (KRAFT, 1990). Dabei werden osmotische, sekretorische und gemischte For- men von Diarrhöe unterschieden (HERMUHLHEIM, 1992). Als Ursache von Durchfallerkrankungen kommen sowohl nicht infektiöse als auch infektiöse Faktoren in Frage. Zum größten Teil liegt eine Kombination verschiedener Faktoren vor, die letztlich zur klinischen Erkrankung führt. Zu den nicht infektiösen Auslösern zählen: Aufiiahme von zu grossen Milchmengen pro Mahlzeit zu schnelles Trinken zu heiße Tränke zu kalte Tränke schlechtes Stallklima Mängel in der Milchaustauscher- (MAT-) Zubereitung zu enger Kontakt zu Nachbartieren Stallklimamängel mangelhafte Trinkwasserqualität ungenügende Trinkwassermenge Aufiiahme von zu viel Trinkwasser Die Schwere der klinischen Erkrankung ist abhängig von der Virulenz und dem Zusammen- spiel der Erreger sowie vom Alter und Immunlage der betroffenen Kälber (DOLL, 2006). Im Rahmen des Durchfallgeschehens kann sich die Kotbeschaffenheit in Konsistenz, Farbe imd Geruch sovsde in der Absatzhäufigkeit ändern. Beimengungen wie Blut, Fibrin oder Schleim sind häufig festzustellen. Ausgangspunkt aller pathophysiologischer Veränderungen bei einer akuten Diarrhöe sind die massiven Elektrolyt- und Flüssigkeitsverluste (KASKE, 1993). Als Folge der unzureichenden Resorptions- und Sekretionsvorgänge werden bei erkrankten Kälbern 20 - 40fach höhere Mengen an Natrium, Chlorid und Wasser mit dem Kot ausge- schieden als bei gesunden Tieren (LEWIS u. PHILLIPS, 1972). Schwer erkrankte Kälber können pro Tag bis zu 7 Liter Wasser über den Kot verlieren (DOLL, 1992). Auch Bikarbonat, das im Blut die wichtigste Puffersubstanz darstellt, geht in großen Mengen über den Kot verloren (DOLL, 1992). Dies resultiert in einer metabolischen Blutazidose. Aus diesen Gründen sind die klinischen Erscheinungen als Folge des Durchfalls anzusehen. Die Symptome beinhalten ein vermindertes Allgemeinverhalten, eine veränderte Körperhal- tung bis hin zum Festliegen, kühle Akren sowie eingesunkene Bulbi und eine verminderte Hautelastizität als Zeichen einer Dehydratation. So führen Durchfallerkrankungen mit entsprechender Intensität und Dauer zu systemischen Veränderungen, die letztlich mit dem Tod des Tieres enden können.
2.2 Erreger Verschiedene Erreger können als Mono- oder Mischinfektionen Kälberdurchfall hervorrufen. Hierzu zählen insbesondere Viren, Bakterien und Protozoen. 2.2.1 Viren Die Hauptrolle am Durchfallgeschehen von Seiten der Viren spielen Rota- imd Coronaviren. Auch Toro-, Calici-, Parvo-, Adeno-, Astro- und Pesti-Viren können Durchfalle hervorrufen. 2.2.1.1 Rotaviren Das früher unter Nebraska-Kälberdiarrhoe-Virus bekannte Rotavirus ist ein imbehüUtes RNA Virus, das zur Familie der Reoviridae gehört. Rotaviren lösen bei vielen Tieren wie Kälbern, Ferkeln, Hunden, Katzen, Geflügel und auch beim Menschen Durchfall aus (KASKE, 1993). Man unterscheidet verschiedene Gruppen (A - E), wobei Rotaviren der Grupf)e A als typische Erreger der Neugeborenendiarrhoe gelten. Häufig kommt es bereits während oder kurz nach der Geburt zur Infektion, so dass es bereits früh zu klinischen Symptomen kommt (DOLL, 2006). Hauptsächlich sind Kälber im Alter von 5 Tagen bis 2 Wochen betroffen (DOLL, 2006; KERSTING, 1998). Vermutlich hängt hier auch das Auftreten des Durchfalls mit dem Weg- fall der laktogenen Immunität zusammen. Das Virus besitzt eine relativ kurze Inkubationszeit (13 Stunden bis 2 Tage). Nach oraler Aufnahme gelangt das Virus zu den Zielzellen, den Enterozyten des Jejimums und proximalen Ileums und infiziert diese, wobei vor allem das obere Drittel der Darmzotten betroffen ist (BERSCHNEIDER u. ARGENZIO, 1984; HESS, 1987). Durch die Virusvermehnmg gehen die Enterozyten zu Grunde. Zerstörte Zellen lösen sich von der Lamina propria ab und gelangen in das Darmlumen (RADOSTITIS, 1965; HUNT, 1993). Die Folgen sind eine Zottenatrophie und Resorptionsstörungen. Diese Atro- phie ist 18 - 24 Stunden post infectionem am markantesten ausgeprägt (HESS, 1987). Der Verlust der Zottenspitzen fuhrt ziun Wegfall von membranständigen Enzymen, die bei gesxmden Tieren beispielsweise für die Spaltung von Milchzucker verantwortlich sind (KAS- KE u. KUNZ, 2003). Von den nicht befallenen Krypten werden unreife Zellen zur Zottenspitze nachgeschoben, um die zu Grunde gegangenen Epithelzellen zu ersetzen. Es kommt zur verminderten Flüssigkeitsresorption (Malabsorption) und durch den Verbleib von Kohlenhydraten und Proteinen im Darmlumen zur Maldigestion. Die undifferenzierten Zellen aus dem Kryptenbereich besitzen vorwiegend sekretorische Funktion, was zu einem Wassereinstrom vom Blut ins Darmlumen fuhrt (KASKE, 1993). Die Viren besitzen eine hohe physikalisch-chemische Stabilität, wodurch es ihnen möglich ist, mindestens ein halbes Jahr in infektiöser Form zu überleben (DOLL, 2006).
2.2. L2 Coronaviren Das RNA hältige, behüllte Coronavirus, das zur Familie der Coronaviridae gehört, ist eben- falls am Durchfallgeschehen der Kälber beteiligt (KASKE, 1993). Anders als Rotaviren sind Coronaviren nicht nur auf den Darmtrakt beschränkt (HESS, 1987). Sie werden mit respirato- rischen Erkrankungen sowie mit der Winterdysenterie in Verbindung gebracht (HOFMANN u. ARENS, 1981; DOLL, 2006). Die Infektion erfolgt auch bei diesen Viren über den oralen Weg. Meist erkranken Kälber im Alter von 7 Tagen (DOLL, 2006). Das Virus kommt in den Duodenalenterozyten und in den Kryptenepithelien des Colons vor (REYNOLDS et al., 1985). Wie bei der Rotavirusinfektion kommt es auch hier zum Funktionsverlust der Epithelien, zur Zottenatrophie und zu Resorptionsschwderigkeiten (BACHMANN, 1977). Der durch das Coronavirus ausgelöste Durchfall ist im Gegensatz zum Rotavirus langwieriger und das Krankheitsgeschehen schwerwiegender, da größere Darmabschnitte (Dünndarm und Dickdarm) befallen sind (BACHMANN, 1977). 2.2.13 Andere Virusarten Weitere Virusarten, die aus dem Kot von Durchfallkälbem isoliert werden, können unter ex- perimentellen Bedingungen eilleine oder mit anderen Erregem Durchfall auslösen (DOLL, 2006; HASCHEK et al., 2006). Hierzu zählen: Adenoviren, Astroviren, Parvoviren und das Calicivirus (STORZ et al., 1969; WOODE et al., 1978; WOODE et al., 1984). Meist verlaufen diese Infektionen klinisch inapparent oder sehr milde, so dass ihnen im Rah- men der Kälberdiarrhoe eine untergeordnete Rolle zukommt (DOLL, 2006). Auch das Torovirus ist am Durchfallgeschehen beteiligt, betroffen sind meist Jungtiere im Alter von 1 Woche bis 2 Monaten (DOLL, 2006). Diese Altersangaben konnte HASCHEK et al. (2006) ebenfalls in ihrer Arbeit bestätigen. Eine Virusprävalenz von 5,2 % in Niederöster- reich und der Steiermark konnte dabei festgestellt werden (HASCHEK et al., 2006). Bei expe- rimentell mit dem Virus infizierten Kälbern konnte eine zelluläre Darmschädigung vom mitt- leren Jejunum bis zum Dickdarm nachgewiesen werden (FAGERLAND et al., 1986). Akute BVD-Virusinfektionen können bei Kälbern ohne ausreichende kolostrale Immunität im Zusammenwirken mit anderen enteropathogenen Erregem ebenfalls mit Durchfall einherge- hen (DOLL, 2006). 2.2.2 Bakterien Wichtigste Erreger sind Escherichia coli, Clostridium perfringens und Salmonella spp. Weiters können Campylobacter spp., Proteus spp. und Klebsiella spp. Durchfall beim Kalb verursachen.
10 2.2.2.1 Escherichia coli (E. coli) E. coli ist ein obligates im distalen Dünndarm und Dickdarm vorkommendes gramnegatives Stäbchen (DOLL, 2006). Damit sie eine Durchfallerkrankung auslösen können, müssen die Bakterien nach oraler Auf- nahme in den Dünndarm gelangen, was unter physiologischen Bedingungen aufgrund des niedrigen pH-Wertes im Labmagen nicht der Fall ist (KASKE, 1993). Da die Bakterien bei sehr jungen Kälbern durch die geringe Salzsäuresekretion im Labmagen nicht abgetötet wer- den, wird bei diesen Tieren eine bakterielle Invasion des Dünndarms erleichtert (KASKE, 1993). Pathogene E. coli besitzen verschiedene Virulenzfaktoren (Hämolysine, Adhäsine, Enteroto- xine und Shiga Toxine). Wichtig sind folgende Stämme, die sich an Hand der klinischen Symptomatik sowie ihrer Virulenzfaktoren unterscheiden: - enterotoxische E. coli (ETEC) Shiga-Toxin-bildende E. coli (STEC). 2.2.2.1.1 Enterotoxische E. coli (ETEC) Die Prävalenzen liegen zwischen 3 und 54 % (DOLL, 2006). Kälber erkranken vor allem bis zum 5. Lebenstag, später sind fimbriensp)ezifische Darmrezeptoren, die eine Infektion begüns- tigen, vermindert. Über ihre spezifische Oberflächenstrukturen (Fimbrien), ist es diesen Bakterien möglich, sich an die Enterozyten der Darmschleimhaut zu heften (KASKE, 1993). Diejenigen Stämme, die für Kälber pathogen sind, besitzen das Fimbrienantigen F5 (früher K99) und/oder F 14 (DOLL, 2006). ETEC bilden zusätzlich hitzestabiles (ST) und hitzelabiles (LT) Enterotoxin, wobei die Präva- lenz von LT bildenden E. coli laut SOBJINSKI (1998) unter 1% liegt. Das ST-Enterotoxin regt die Chloridsekretion in den Kryptenzellen an, die dadurch aber nicht geschädigt werden. Auch sind die Enterozyten an der Zottenspitze kaum befallen; die Zell- morphologie und die Absorptionsfähigkeit der Enterozyten bleiben unverändert (KASKE 1993; KERSTING, 1998; WEISS u. POSPISCHIL, 1999). 2.2.2.1.2 Shiga-Toxin-bildende E. coli (STEC) STEC bekam die Bezeichnung aufgrund der Ähnlichkeit der von ihnen gebildeten Toxine mit dem Shigatoxin der Shigellen (Erreger der bakteriellen Ruhr des Menschen; DOLL, 2006). Eine andere Bezeichnung ist auch Verozytotoxin. Insbesondere Kälber zwischen 5 Tagen und 1 Monat sind betroffen. STEC können zusätzliche Virulenzfaktoren besitzen, wie die Bildung des EHEC-Hämolysins und die Fähigkeit zur Auslösung der Attaching-and-Efifacing-Läsion (DOLL, 2006). Bei der Sektion findet man eine fibrinös-hämorrhagische Entzündung des Darms, vor allem in Kolon und Rektum (WEISS u. POSPISCHIL, 1999).
11 2.2.2.2 Clostridium perfringens (CL perfringens) Clostridien sind grampositive, anaerobe Sporenbildner. Sie sind weltweit verbreitet und kommen im Grundwasser, Staub sowie im Darmkanal von Mensch und Tier vor (insbesonde- re Typ A). Ihre Sporen können jahrelang aktiv bleiben. Gehäuft kommt die Clostridiose bei Kälbern bis 10 Tage und bei Masttieren vom 1 bis 4 Mo- nat vor (KLEE, 2006). Je nach produziertem Haupttoxin werden Cl. perfringens in fünf Typen (A - E) unterteilt (KLEE, 2006). Das Toxin schädigt und zerstört die Mikrovilli. Dadurch können sich die Keime besser anhef- ten und vermehren, wobei es letztlich zu Nekrosen im Bereich des Dünndarms und zu Blu- tungen kommt (KLEE, 2006). 2.2.2.3 Salmonellen Salmonellen sind gramnegative bewegliche aerobe und fakultativ anaerobe Stäbchen, die der Familie der Enterobacteriaceae angehören. Sie sind in der Natur weit verbreitet und verursachen nicht nur bei Tieren, sondern auch bei Menschen Diu"chfallerkrankungen. Die wichtigsten Serotypen beim Rind sind S. dublin, S. typhimurium, S. muenchen und S. Co- penhagen. Betroffen sind meist Kälber im Alter von 2 - 12 Wochen (RADEMACHER, 2007). Salmonellen fuhren zu einer Enterocolitis mit enteritischem oder typhoidem Verlauf. Weiters können sie eine Septikämie mit Endotoxinämie verursachen (KLEE, 2006). Der typische Durchfallkot ist hellgelb, wässrig mit Firbin und Blut (KLEE, 2006). Erregerreservoire sind vor allem klinisch unauffällige Ausscheider, kontaminierte Futtermittel oder Wasser, andere Tierarten und der Mensch (KERSTING, 1998). 2.2.2.4 Campylobacter Die Bedeutung der verschiedenen Campylobacter Arten im Zuge des Durchfallgeschehens beim Kalb ist noch nicht eindeutig geklärt (DOLL, 2006). 2.2.3 Protozoen Von Bedeutung am Durchfallgeschehen sind Kryptosporidien, Kokzidien und Giardien.
12 2.23.1 Kryptosporidien Krytosporidien gehören zum Stamm der Apicomplexa, Unterklasse Coccidea und Familie der Cryptosporidiidae. Zur Zeit sind 14 verschiedene Arten bekannt, wobei Cryptosporidium parvum (C. parvum) am bedeutsamsten für landwirtschaftliche Nutztiere ist (TENTER, 2006). C. parvum wird beim Kalb als einer der bedeutensten Durchfallerreger angeführt (Prävalen- zen bis zu über 60 %), wobei die Befallsraten von Betrieb zu Betrieb stark schwjmken (ROMMEL, 2000; DOLL, 2006). Kälber erkranken im Alter von 1-2 Wochen, frühestens ab dem 4. Lebenstag (DOLL, 2006). Als Erregerreservoir sind vor allem klinisch gesunde Tiere aller Altersklassen von Bedeutung (DOLL, 2006). Kryptosporidien besiedeln den mittleren Dürmdarm, vorzugsweise kaudales Jejxmum und 1- leum, sowie teilweise den Dickdarm. Sie verdrängen den Mikrovillisaum, es kommt zu einer Zottenatrophie und somit zu Malabsorption und -digestion (JUNGMANN u. HIEPE, 1983). Dadurch wird die resorbierende Oberfläche des Darms verkleinert imd dem Organismus Me- taboliten entzogen bzw. das Eindringen wird den Bakterien, Viren oder toxischen Stoffen erleichtert (FIEDLER et al., 1982). Zur Infektion kommt es durch die orale Aufnahme von oozystenhaltigem Kot sowie damit kontaminiertem Wasser, Futter oder Gegenständen. Nach einer ungeschlechtlichen Vermehrung (Merogonie) im Bürstensaum des Dünndarms folgt eine geschlechtliche Entwicklungsphase (Gamogonie), in deren Folge Oozysten entste- hen (ROMMEL, 2000). Bereits nach einer Präpatenz von 4 bis 6 Tagen, werden erneut Oozysten mit dem Kot ausge- schieden und kommen als Ansteckungsquelle für andere Tier in Frage (FIEDLER et al., 1982; JUNGMANN u. HIEPE, 1983) Die Oozysten sind gegenüber äußeren Einflüssen sehr widerstandsfähig und köimen mehrere Monate in der Umwelt überleben (ROMMEL, 2000). 2.2.3.2 Kokzidien Beim Rind gibt es weltweit 21 verschiedene Eimeria Arten, wovon die meisten nur bedingt pathogen sind. E. bovis und E. zuernii gelten als die pathogensten Arten (GRÜNDER, 2006). Die Prävalenzen schwanken je nach Haltungssystem und Weideverhältnisse zwischen 12 imd 100% (TENTER, 2006). Während die meisten Eimerienarten epitheliale Dünndarmschäden hervorrufen, überwiegen beim Befall mit E. bovis und E. zuernii Dickdarmläsionen, die tiefere Gewebeschichten erfas- sen (TENTER, 2006). Die Eimeriose wird durch hohe Besatzdichte, mangelhafte Hygiene, hohe Stalltemperatur und hohe Luftfeuchtigkeit besonders gefordert (GRÜNDER, 2006). Vor allem die verminderten täglichen Zunahmen fuhren zu relativ hohen wirtschaftlichen Verlusten. Betroffen sind insbesondere Kälber im Alter von 3 Wochen bis 6 Monaten. Die Darmkokzidiose beginnt mit 1-3 Tagen dauernden dünnbreiigem bis wässrigem Durch- fallkot (GRÜNDER, 2006). Im weiteren Verlauf enthält der Kot Schleim oder Fibrin sowie Blutbeimengungen („Rote Ruhr"; GRÜNDER, 2006).
13 Zur Infektion kommt es durch die orale Aufnahme sporulierter Oozysten, deren Sporozoiten in Darmepithelzellen eindringen und hier eine ungeschlechtliche und geschlechtliche Vermeh- rung durchmachen (GRÜNDER, 2006). Oozysten werden etwa 5 bis 25 Tage post infectio- nem erneut mit dem Kot ausgeschieden. Die Sporulation erfolgt in der Außenwelt und dauert durchschnittlich 2 bis 3 Tage. Sporulierte Oozysten sind sehr widerstandsfähig imd können in günstigem Milieu bis zu ei- nem Jahr lebensfähig bleiben (ROMMEL, 2000). 2.2.3.3 Giardien Die beim Kalb vorkommende Art ist Giardia intestinalis (DOLL, 2006). Die Infektion erfolgt oral, verläuft aber meist subklinisch, kann aber bei Kälbern zu wässri- gem Kot fuhren (GRÜNDER, 2006). In Europa liegt die durchschnittliche Prävalenz bei Kälbern bei 30 % (TENTER, 2006). Betroffen sind Kälber im Alter von 3-10 Wochen; die Präpatenz beträgt 4-6 Tage (ROM- MEL, 2000).
14 2.3 Pathophysiologische Folgen der Diarrhöe 2.3.1 Dehydratation Die oft tödlichen Auswirkungen des Durchfalls sind die Folgen der enteralen Flüssigkeits- und Elektrolytverluste (DOLL et al., 1995). In der Literatur gibt es verschiedene Angaben über die Menge des Flüssigkeitsverlustes pro Tier und Tag. Unter anderem berichteten DOLL et al. (1995) von einem Flüssigkeitsverlust von über 4 (bis 7) Liter, WATT (1967) schätzte die über den Darm ausgeschiedene Wasser- menge auf 100 ml/kg Körpermasse (KM) innerhalb von 12 Stunden, PHILLIPS (1985) von 50 ml/kg KM pro Tag bzw. nach LEWIS und PHILLIPS (1972) verliert der erkrankte Kälber- organismus täglich etwa 9 % seines Gesamtkörperwassers. Der erhebliche fakale Wasserver- lust kann auch durch die Verminderung der täglichen Urinmenge auf ein Drittel und weniger nicht kompensiert werden (LEWIS u. PHILLIPS, 1978). Als Folge der hohen Elektrolyt- und Flüssigkeitsverluste entwickelt sich ein hypovolämisches Schockgeschehen, das durch hypotone Dehydratation, metabolischer Azidose, Hyperkaliämie und häufig auch Hypoglykämie und Hypothermie gekennzeichnet ist (PHILIPPS et al., 1971; BERCHTOLD et al., 1982). Bei durchfallkranken Kälbern wird regelmäßig eine metabolische, teilweise respiratorisch kompensierte Blutazidose beobachtet (BERCHTOLD et al., 1982). Diese ist gekennzeichnet durch nachfolgende Veränderungen im Blut: • Absinken des pH-Wertes (< 7,36) (KASKE, 1993) • Absinken des HCO3- (< 24 mmol/1) (KASKE, 1993) • Kaliumanstieg • mehr oder weniger deutlicher Abfall von Natrium • Absinken des pCOi durch den Versuch der Kompensation durch Hyperventilation 2.3.2 Azidose Bei einem Blut pH-Wert von unter 6,8 besteht fur das betroffene Kalb Lebensgefahr (KAS- KE, 1993; HARTMANN et al., 1997). Eine Studie von HARTMANN et al. (1984) ergab, dass der Tod der an Durchfall erkrankten Kälber bei einem pH-Wert von 6,81 eintrat. Die Niere übernimmt im gesimden Organismus die Regulation des Säure-Basen-Haushaltes. Bei länger andauerndem Durchfall kommt es zur Hypovolämie und Hypoxie im Gewebe. Da- durch nimmt die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) ab (HARTMANN u. REDER, 1995), es kommt zur verminderten Sekretion und Resorption. Durch die sinkende renale Säuresekretion kommt es zur sogenannten Retentionsazidose (HARTMANN et al., 1984). Die sinkende GFR macht sich auch in einer steigenden HamstofOconzentration des Blutes bemerkbar. Durch die Gewebehyix)xie wird die aerobe Glykolyse auf eine anaerobe umgestellt, es kommt zur Anflutung von Laktat im Blut (Laktatazidose). Weiters kommt es im Laufe des Durchfallgeschehens zu intestinalen Bikarbonatverlusten (Subtraktionsazidose; KASKE, 1993), da durch pathogene Bakterien u.a. die Sekretion von Bikarbonat-Ionen erhöht wird (HARTMANN et al., 1997).
15 Klinische Zeichen einer Azidose sind: zunehmende Schwäche und Apathie der Tiere, redu- zierte Sauglust, vertiefte und frequente Atmung ohne vorliegende Lungenerkrankung. 2.3.3 Hyperkaliämie Obwohl erhebliche Mengen an Kalium über den Kot verloren gehen, kommt es bei schwer- kranken Tieren im Laufe des Durchfallgeschehens zu einer Hyperkaliämie. Einerseits wird im Zuge der metabolischen Azidose Kalium in der Zelle gegen Wasserstoffionen im Blut ausge- tauscht (POSPISCHIL, 1989). Andererseits kommt es aufgrund des osmotischen Gradienten zur Verschiebung von Kalium aus dem Intrazellularraum in den Extrazellularraum. Die Hyperkaliämie fiihrt zu einer Störung des zellulären Membranpwtentials, was vor allem die Herztätigkeit negativ beeinflusst (KASKE, 1993). 2.3.4 Hypoglykämie Kurz vor dem Tod kann bei erkrankten Kälbern eine Hypoglykämie im Blut festgestellt wer- den. Diese kann zurückgeführt werden auf: • Inappetenz • verminderte Glukoseresorption im Darm • einen gesteigerten Glukoseumsatz • eine eingeschränkte Glukoneogenese oder • Entzündungsmediatoren und Endotoxine (KASKE, 1993) 2.3.5 Hypothermie Häufig wird bei erkrankten Kälbern eine verminderte innere Körpertemperatur (unter 38,5 °C) festgestellt. Dadurch versucht der Körper dem Energiemangel entgegenzuwirken. Ausgelöst wird die Untertemperatur durch einen Glukosemangel im Gehirn (KASKE u. KUNZ, 2003). Dadurch wird ein Überleben trotz Energiemangels für kürzere Zeit sicherge- stellt (KASKE, 1993). Trotzdem fuhrt der Glukosemangel zur Apathie. Fällt der Glukosewert weiter, kommt es zu Krämpfen und/oder zum Koma (KASKE u. KUNZ, 2003).
16 2.4 Therapeutische und prophylaktische Maßnahmen bei Kälberdurchfall 2.4.1 Therapie Therapeutische Bemühungen sollten auf drei Grundlagen aufgebaut sein: • symptomatische Therapie • diätetische Therapie • kausale Therapie falls notwendig Im Rahmen der symptomatischen Behandlung sind folgende Maßnahmen von großer Bedeu- tung: • Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr • Ausgleich der Azidose • Energie Substitution Solange die betroffenen Kälber noch selbstständig trinken, ist die Behandlung auf oralem Weg möglich. Wird aber eine verminderte oder fehlende Tränkeaufiiahme beobachtet, wird eine parenterale Flüssigkeitstherapie über Infusionen nötig (HARTMANN u. BACHMANN, 2008). Orale Flüssigkeits- und Elektrolytzufuhr: Um eine Austrocknung zu verhindern, sollte den Kälbern bereits bei den ersten Anzeichen von Diarrhöe dreimal täglich 1 bis 2 Liter einer oralen Rehydratationslösung (ORL) als Zwi- schentränke zusätzlich zur Milchtränke angeboten werden. Die Milchtränke sollte dabei 12 % der Körpermasse ausmachen. Kuhmilch enthält nicht genügend Natrium und Puffersubstanzen, um die vom Durchfall her- vorgerufenen Verluste auszugleichen. Auch ist der Gehalt an Elektrolyten in der Milch oder im MAT lediglich ausreichend für vitale, nicht aber für erkrankte Kälber (HARTMANN u. BACHMANN, 2008). Rehydratationslösimgen sollen folgende Elektrolytgehalte aufweisen (DOLL, 2006): • 80 - 100 mmol/1 Natrium • 20-30 mmol A Kalium • 40-70 mmol /l Chlorid • mindestens 30 mmol Bikarbonat oder andere Puffersubstanzen Jedoch sollten Kalium nur in kleinsten Mengen oder zu Anfang gar nicht gegeben werden, da sich die Hyperkaliämie weiter verschlimmem könnte und es zu einer erhöhten Belastung des Herzens kommt (HARTMANN et al., 1980). Parenterale Flüssigkeits- imd Elektrolytsubstitution: Einerseits müssen die bereits bestehenden Verluste ersetzt, der Erhaltungsbedarf gedeckt und die kommenden Verluste mit einbezogen werden. Dabei stößt die orale Rehydratationsthera- pie auf ihre Grenzen. Auch eine intravenöse Infiision, die in der Praxis meist 500 ml beinhal-
17 tet, verschafft nur eine kurzzeitige Besserung des Allgemeinbefindens, meist kommt es nach 12 Stunden erneut zu einer Verschlechterung (KASKE, 1993). Bei hochgradiger Dehydratation zeigen die Kälber oft keinen Saugreflex mehr und sind fest- liegend. In solchen Fällen muss die Rehydratationstherapie durch eine intravenöse Dauer- tropfinfusion erfolgen (DIRKSEN et al., 1976; DOLL, 1994). Dabei muss meist nur ein Teil intravenös infundiert werden, denn bessert sich das Allgemeinbefinden der Kälber, kann der Rest auf oralem Weg erfolgen. In der Praxis gibt es oft Schwierigkeiten bei der Beurteilung des Dehydratationsgrades, mit der Abschätzung der zu substituierenden Flüssigkeits- und der notwendigen Puffermenge (ROSSOW et al., 1994). Hierfür gibt es wie in Tabelle 1 ersichtlich Symptome zur Abschät- zung der Flüssigkeitsverluste gemäß RADEMACHER (2007). Tab 1: Abschätzung der bereits bestehenden Flüssigkeitsverluste anhand des Dehydratati- onsgrades bei Kälbern mit Durchfall (RADEMACHER, 2007) Flüssigkeitsverluste erforderliche Flüssig- Grad der Aus- Symptome % bezogen auf die keitsmenge /Kalb in L. trocknung Körpermasse (40 kg KM) geringgradig Hautfalte bleibt stehen 6-7 2,4-2,8 mittelgradig Bulbi eingesunken 8-10 3,2-4,0 Bulbi tiefliegend/ festlie- schwergradig über 11-12 über 4,0 gend Die bereits bestehenden Verluste errechnet man nach der Formel: Grad Dehydratation (%) x Korpermasse (kg) durch 100 (ROSSOW et al., 1994). Der Erhaltungsbedarf liegt bei einem Kalb bei etwa 80 ml/kg, das wären bei einem 40 kg schweren Kalb 3,2 Liter an Flüssigkeit (ROSSOW et al., 1994). Die aktuellen Verluste bei einer mittelgradigen (mgr.) Diarrhöe werden mit 50 ml/kg und Tag (PHILLIPS, 1985), d.h. 2 Liter für ein 40 kg Kalb angenommen. Das würde für ein 40 kg schweres Kalb und einer Dehydratation von 8 % einen Bedarf von 3,2 + 3,2 + 2 = 8,4 Liter an Flüssigkeit in 24 Stunden ergeben. Energie-Substitution: In der Praxis gilt teilweise noch die Annahme, dass der Durchfall durch den Entzug der Milch für mehrere Tage verbessert werden kaim. So wird die Milchtränke durch die alleinige Gabe von Elektrolyt- und Diättränken ersetzt. Dabei wurde bereits in Untersuchungen bewiesen, dass der Durchfall nicht primär durch osmotische Mechanismen, sondern viel mehr durch sekretorische Prozesse ausgelöst wird. Demnach ist es nicht möglich, den Durchfall durch Milchkarenz nennenswert zu beeinflussen (DOLL et al., 1995). Wird den Kälbern also die Milch entzogen, werden sie zusätzlich geschwächt und magern stark ab. Dadurch sind sie auch für andere Erkrankungen empfanglicher (RADEMACHER, 2007). Deshalb sollten erkrankte Tiere weiterhin mit 12 % der Körpermasse oder nur mäßig reduziert 10 % der Körpermasse Milch oder MAT weitergefuttert werden (HARTMANN u. BACHMANN, 2008). Wie oben bereits erwähnt, sollten Elektrolyt- und Diättränken zusätz- lich zur Milch verabreicht werden. Siehe dazu Tränkeplan (Tab. 2).
18 Tab. 2: Tränkeplan (RADEMACHER, 2007) 1 Tränkeplan für Kälber mit Durchfall (40 - 50 kg Lebendmasse) 1 Morgens | 1,5 bis 2 Liter Vollmilch 1 Zwischentränke 1 bis 2 Liter Elektrolytlösung 1 1 Mittags 1 1,5 bis 2 Liter Vollmilch 1 1 Zwischentränke 1 bis 2 Liter Elektrolytlösung 1 Abends | 1,5 bis 2 Liter Vollmilch 1 1 Zwischentränke 1 bis 2 Liter Elektrolytlösung | Ausgleich der Azidose: Das Resultat der Rehydratationstherapie ist untrennbar mit dem Ausgleich der metabolischen Azidose verbimden. Laut BAUMGARTNER et al. (2005) weisen die Kälber 4 Wochen post partum einen physio- logischen pH-Wert von 7,37 - 7,40 und einen Basenbedarf (BE) von 1 - 5 auf. Die erkrankten Kälber zeigen diirch die metabolische Azidose niedriger Werte. Die größte Bedeutung ziun Ausgleich der Azidose hat für das Kalb dabei die Applikation von Bikarbonat erlangt. Die erforderliche Menge errechnet sich aus folgender Formel: Basenbedarf (mmol) = BE (Basendefizit in mmol/1) x Lebendmasse (kg) x Verteilungsvo- lumen (1/kg) Der Faktor fur das Verteilungsvolumen repräsentiert dabei das Volumen im Körper, indem sich die zugeführte PufFersubstanz verteilt. Für adulte Tiere werden 0,3 1/kg angegeben, für Kälber beträgt der Faktor 0,5 1/kg (HARTMANN u. REDER, 1995). Eine genaue Berechnxmg der zur Korrektur der Blutazidose nötigen Natriumbikarbonat- Menge ist nur mit Hilfe einer Blutgasuntersuchung möglich. Da in der Praxis oft die Mög- lichkeit fehlt eine solche Untersuchung durchzuführen, muss der Basenbedarf anhand der Kli- nik beurteilt werden (Tab. 3). Tab. 3: Schätzung des BE anhand der klinischen Symptome Grad der Azidose BE Klinik geringgradig -10 mmol/1 matt, weniger lebhaft 1 -10 bis-20 mmol/1 liegen viel, schwanken beim 1 mittelgradig Stehen, hängender Kopf > -20 mmol/1 apathisch, komatös, festlie- hochgradig gend Von einigen Autoren wird zur Korrektur einer Azidose auch Tris-PufFer (Trometamol, Tirs- hydroxymethyl-aminomethan oder THAM), meist in Kombination mit Natriumbikarbonat, vorgeschlagen (GLAWISCHNIG et al., 1990; HARTMANN u. REDER, 1995; SADIEK u. SCHLERKA, 1996). An der Reaktionsgleichung wird deutlich, dass der PufferefFekt von NaHCOa mit den im Or- ganismus vermehrt vorhandenen H^-Ionen sofort im extrazellulären Kompartiment einsetzt:
19 Na^ + HCO3- + H^ + A" ^ Na^ + A" + H2CO3 -^ Na^ + A' + H2O + CO2 Die Pufferreaktion findet imter Verbrauch von H^-Ionen statt imd führt über die Bildung von H2CO3 zur Produktion von H2O und CO2. Das entstehende CO2 wird dabei vom Organismus abgeatmet. Voraussetzung dafür ist eine intakte Lungenfunktion. Ist dies nicht der Fall, kommt es zu einer respiratorischen Azidose bzw. würde eine Hyperkapnie verstärkt werden. Laut HARTMANN und REDER (1995) wäre eine Verwendimg von Puffern, die CO2 produ- zieren, bei respiratorischen Azidosen wenig wirksam oder sogar kontraindiziert. Die kausale Therapie sollte im Rahmen des Durchfallgeschehens nicht mehr an erster Stelle stehen. Durch den Antibiotikaeinsatz wird die physiologische Darmflora verdrängt und pa- thogenen Keimen die Ansiedelung erleichtert. Der Einsatz von Antibiotika ist dann notwendig, wenn die innere Körpertemperatur über 39,5 °C ansteigt oder wenn zusätzlich andere Erkrankungen wie Nabel- oder Lungenentzündung vorliegen (RADEMACHER, 2007). Eine zusätzlich bedeutende Maßnahme stellt die Pflege und Haltung von erkrankten Kälbern dar. Wichtig ist die separate Unterbringung in einer sauberen und trockenen Box mit Frisch- luftzufuhr, aber keiner Zugluft. Da die Kälber häufig an Hypothermie leiden, wäre eine Wär- melampe angebracht. Kranke Tiere sollten regelmäßig zum Trinken kleinerer Mengen von Milch und Elektrolyttränke animiert werden. 2.4.2 Prophylaxe Die bedeutendste Maßnahme im Rahmen des Kälberdurchfalls ist die passive Übertragung von Antikörpern mit dem Kolostrum. Die so in den ersten Lebensstunden aufgenommenen Immimglobuline dienen dem Schutz vor Infektionen (DOLL et al., 1995). In Betrieben mit Durchfallproblemen empfiehlt sich die zweimalige Vakzination der Mutter- tiere (6-8 Wochen und 1 - 3 Wochen ante partum) gegen die häufig vorkommenden Durch- fallerreger (Rota- und Coronavirus sowie E. coli; BÜRKI et al., 1986). Durch diese Impfimg kormnt es zur Anreicherung und zur verlängerten Ausscheidung von spezifischen Antikörpern in der Milch. Die Impfung kann jedoch nur wirkungsvoll sein, wenn auch das Management in Hinblick auf Hygiene, Aufstallung, Tränkung etc. verbessert wird (RADEMACHER, 2007). Die Vitalität und Entwicklung des Kalbes post partum hängt vielfach von der Aufnahme aus- reichender Mengen matemaler Immimglobuline über das Kolostrum ab (SCHMIDT et al., 1982). Bei fehlender oder mangelhafter Aufiiahme kommt es aufgrund des Mangels an Im- munglobulinen zu einer erhöhten Anfälligkeit gegenüber Infektionen, zusätzlich zu einer verminderten Lebendmassezunahmen. Das Wissen einer rechtzeitigen und ausreichenden Versorgung mit hochwertigem Kolostrum sollte allgemein bekaimt sein. Dennoch ist ein Teil der neugeborenen Kälber unzureichend mit Immunglobulinen versorgt. Einige der Gründe sind: verspätete Kolostrumgabe, unzurei-
20 chende Menge und/oder Qualität. Je früher die Kolostrum-Aufnahme erfolgt, desto höher ist der Immunglobulin-Transfer in das Blutsystem des Kalbes (KRUSE, 1983). Die Salzsäure- und Proteasensekretion ist post partum noch gering, zusätzlich enthält das Ko- lostrum Hemmstoffe, dadurch ist eine Aufriahme der hnmunglobuline im Darm möglich, je- doch maximal für 48 Stunden (KOLB, 1979). Empfohlen wird eine Kolostrumaufnahme innerhalb der ersten drei Lebensstunden von 1,5 bis 2 Liter und nach weiteren drei Stunden dieselbe Menge. Insgesamt sollten die neugebore- nen Kälber Kolostrum von 12 % ihrer KM aufiiehmen. Sollte das Kalb nicht selbstständig trinken, können 4 Liter auf 2 Portionen mit der Sonde ein- gegeben werden (RADEMACHER, 2007). Beim Drenchen von Kolostrum bei gesunden Kälbern überwiegen die Vorteile gegenüber den Nachteilen. Das Kolostrum wdrd durch aktive Transportmechanismen in Psalter und Labma- gen geleitet und es kommt zu keinen nachteiligen Auswirkungen (DIRKSEN u. BAUR, 1991). Kommt es jedoch wiederholt dazu, entstehen im Hauben-Pansenraum kurzkettige Fett- säuren, die den pH-Wert absenken (DIRKSEN u. BAUR, 1991). Daraus folgen eine Pansena- zidose, metabolische Azidose und eine Ruminitis. Wenn sich ständig Antikörper im Darm befinden, ist es möglich die Infektion der Enterozyten zu verhindern, oder die Vermehrung der Viren zu hemmen, so dass schwerwiegende Durch- falle kaum vorkommen, obwohl Virus ausgeschieden wird (BACHMANN, 1985). Aus diesem Grund empfiehlt sich in Beständen mit Durchfallproblemen auch die sogenannte „Schutzfutterung" mit Erstkolostrum (WOODE et al., 1975). Dabei werden der Milchtränke vom 4. bis 14. Lebenstag täglich 0,5 bis 1 Liter Erstkolostrum zugesetzt (DOLL, 1995).
21 3 MATERIAL UND METHODE Die ausgewerteten Daten stammen aus dem Patientengut der Klinik fiir Wiederkäuer der Ve- terinärmedizinischen Universität Wien aus den Jahren 2006 und 2007. Sie umfassen 127 Käl- ber bis zum 70. Lebenstag, die mit dem Vorbericht Durchfall/Enteritis in die Klinik eingewie- sen wurden. Folgende Untersuchungen bzw. Blutparameter wurden bei allen 127 Kälbern durchgeführt bzw. erhoben: • Klinische Untersuchung nach BAUMGARTNER (2005) • Säure-Basen-Haushalt und Blutgase im venösen Blut: pH-Wert, Bikarbonat (HCO3-), Basenabweichung (BE), Kohlendioxidpartialdruck (pCOi) , Sauerstofi^partialdruck (PO2) • Hämatokrit (Ht) • Elektrolyte im Vollblut: Natrium (Na^, Chlorid (Cl"), Kalium (K^, ionisiertes Kalzi- um (Ca^ Für den Säure-Basen-Status wurde Blut aus der Vena jugularis extema entnommen. In regelmäßigen Intervallen bis zum Entlassungstag wurden die Werte des SBH imd der Blut- gase mit einzelnen Elektrolyten bestimmt. Die klinische Untersuchung beinhaltete vor allem die Beurteilung des Allgemeinverhaltens, des Dehytratationsgrades (anhand der Lage der Bulbi und der Zeitdauer bis zum Verstreichen einer Hautfalte, die im mittleren Halsdrittel aufgezogen wurde) innerer Körpertemperatvir, Sauglust, Lungenauskultation und Kotbeschaffenheit. Der Kot einiger Durchfallkälber wurde bakteriologisch, parasitologisch und virologisch unter- sucht. Die an der Klinik aufgenommenen Kälber wurden in Einzelboxen mit Stroheinstreu gehalten und erhielten dreimal täglich Vollmilch. Zwischen den Milchtränken erfolgte eine orale Gabe von Tee. In einem Tränkeplan wurden die angebotenen und die tatsächlich aufgenommenen Tränkemengen (Vollmilch und Tee) für jedes Kalb dokumentiert. Zusätzlich wurde Kälber- starter und Heu ad libitum angeboten. Kälber mit schlechter Tränkeaufhahme, hgr. Azidose oder festliegende Tiere erhielten über eine intravenöse Dauertropfinfiision eine parenterale Rehydratations- und Azidosetherapie. Eine Infusionslösung setzte sich in der Regel zusammen aus: • 0,9 %iger NaCl Lösung • 8,4 %ige Natrium Bikarbonat Lösung • 30 %ige oder 33 %ige Glukoselösvmg • evtl. Vitamin B Komplex, Vitamin E imd Selen Je nach Befunden und weiteren Erkrankungen wurde mit zusätzlichen Medikamenten (Anti- biotika, Vitamine, Mineralstoffe etc.) therapiert.
22 Die Datenerhebung erfolgte mit Hilfe der Krankenkarteien und des Tierspitalsinformations- systems (TIS), dabei wurden die Daten der Patientenkälber 2Mr Erleichterung der Auswertung codiert und einige Parameter in Gruppen eingeteilt (siehe Anhang 1). Die Auswertung der Parameter bezieht sich zum Teil auf unterschiedlich große Kälberzahlen, da nicht bei jedem Tier regelmäßig alle Parameter erhoben wurden. Die statistische Auswertung der Daten erfolgte mit dem Computerprogrammen Excel für Windows und SPSS für Windows.
23 ERGEBNISSE 4.1 Nationale Die Kälber gehörten zu 85,9 % (n = 109) der Rasse Fleckvieh an, der übrige Teil verteilte sich zu 3,9 % (n = 5) auf die Rasse Deutsche Schwarzbunte, 3,9 % (n = 5) Fleckvieh Kreuzung und 1,6 % (n = 2) der Rasse Limousin. 4,7 % (n = 6) waren sonstige Rassen wie Braimvieh, Weißblauer Belgier, u.a. 59,8 % der Kälber waren weiblich und 40,2 % männlich. Das Kör- pergewicht von 65 Kälbern, die gewogen wurden, lag zwischen 28 und 108 kg, im Mittel bei 61,81 kg. Eine Übersicht über die Altersverteilung der 127 Kälber gibt Abbildimg 1. 54 Kälber waren zum Zeitpunkt der Einlieferung in die Klimk unter 14 Tage alt. Der restliche Teil der Kälber war zum überwiegenden Anteil zwischen 30 vmd 44 Tage alt. Abb. 1: Altersverteilung der 127 Kälber 4.2 Anamnese Die Mehrzahl der Kälber (51,2 %) vmrde von Mastbetrieben gefolgt von Zuchtbetrieben (37,8 %) an die Veterinärmedizinische Universität Wien überwiesen. 51 der eingelieferten Kälber wurden zuvor in Gruppen, nur 20 Tiere in Kälberiglus gehalten. Von den 87 erhobenen Fütterungsanamnesen wurden 49 Kälber mit Milch, 36 mit MAT imd 2 mit Silage gefuttert. 62,1 % der Tiere bekam Heu und bei 40 % der Kälber wurde zusätzlich Starter angeboten.
24 Von den 127 eingelieferten Kälbern stand bei 112 Tieren (88,2 %) der Durchfall als Einwei- sungsgrund an erster Stelle. Zusätzlich zur Enteritits wurde Blutazidose (n = 38) und Bronchopneumonie (n = 18) als wei- tere Erkrankung diagnostiziert. Vereinzelt vorkommende Erkrankungen waren Pansentrinken, Nabelbruch, Trichophytie und Polyarthritis. Eine antibiotische Vorbehandlung durch den Haustierarzt oder Besitzer fand bei 60 Tieren (49,6 %) statt. Infiisionen unbekannter Zusammensetzung und Menge hatten 19 Kälber erhal- ten. Zusätzliche Therapeutika wie Vitamine, Spasmolytika, Antiphlogistika und andere Medi- kamente waren bei 61 der Kälber bereits vor der Einweisung in die Klinik eingesetzt worden. Keine antibiotische Vorbehandlung wiesen 61 (50,4 %) Tiere auf. Die am häufigsten verwendeten Antibiotika gehörten zur Gruppe der sonstigen (42,1 % aller verwendeten Antibiotika, mit Florfenicol, Terramycin, Gentavan und Tetrazykline) und der Gyrasehemmer (33,3 % aller verwendeten Antibiotika). 4.3 Klinik 4.3.1 Klinische Symptome Die bei der Einstellungsuntersuchung erhobenen Befiinde wurden in Befiindkategorien einge- teih (Tab. 4). Bei der klinischen Erstuntersuchung wiesen bis auf 21 Kälber alle ein gestörtes Allgemein- verhalten auf, wobei 31 Tiere festliegend waren. Von diesen Tieren waren 19 unter 15 Tage alt. Ein großer Teil der Kälber 44,1% zeigte einen mittelguten Ernährungszustand. Die innere Körpertemperatur befand sich bei 49 Kälbern im Normbereich (38,5- 39,2 °C), 31 Tiere wie- sen Untertemperatur (< 38,5 °C) auf, 46 Tiere wurden mit erhöhter innerer Körpertemperatur (> 39,2 °C) eingeliefert. Die Untersuchung des Atmungstraktes ergab bei 89 Kälbern eine veränderte Lungenauskulta- tion. Husten (22 Kälber), Nasenausfluß (29 Kälber) und Dyspnoe (15 Kälber) zeigten die we- nigsten. Die Lage der Bulbi war bei der Mehrheit der Kälber o.B. (ohne Besonderheit). Bei 37 % der Kälber war die Hautelastizität geringgradig (ggr.) vermindert, bei 4 Kälbern sogar aufgeho- ben. Der Nabel imd die Gelenke waren bei der Mehrheit der Tiere nicht verändert. Die Schwingauskultation (SA) und Perkussionsauskultation (PA) war mit Ausnahme von 2 Kälbern bzw. 1 Kalb immer negativ.
25 Tab. 4: Anzahl der Kälber (n, %) in Befundkategorie bei der Einstellungsuntersuchung Befund Rang Befundkategorie Kälber (n) (%) 1. Allgemeinbefinden Allgemeinverhalten 0 lebhaft und aufinerksam 21 16,5 n=127 1 ruhig und aufmerksam 53 41,7 2 ggr. vermindert 34 26,8 3 mgr. vermindert 12 9,5 4 hgr. vermindert 7 5,5 Körperhaltung 0 der Tierart entsprechend 77 60,6 n=127 1 aufgezogener Rücken 10 7,9 2 festliegend 31 24,4 3 durchtrittig 1 0,8 4 Stelzfiiß 1 0,8 5 Tenesmus ani 2 1,6 6 gestreckter Kopf-Hals 4 3,1 7 Karpalbeugehaltimg 1 0,8 Ernährungszustand 0 gut 35 27,6 n=127 1 mittelgut 56 44,1 2 mindergut 23 18,1 3 schlecht 13 10,2 4 sehr gut 0 0 5 adipös 0 0 Innere Körpertem- 1 40,0 4 3,1 2.R'espiratorische Symptome Husten 0 weder spontan noch auf 105 82,8 n=127 Reiz 1 spontan 6 4,7 2 auf Reiz 12 9,4 3 spontan und auf Reiz 4 3,1 Nasenausfluß 0 nein 98 77,2 n=127 1 ja 29 22,8 Dyspnoe 0 nein 112 88,2 n=127 1 ja 15 11,8 Lungenauskultation 0 ggr. verschärft vesikulär 38 29,9 n=127 1 verändert 89 70,1
26 3. Symptome der Dehydratation undAzidose Lage der Bulbi 0 o.B. 66 52,0 n=127 1 ggr. eingesunken 36 28,3 2 mgr. eingesunken 15 11,8 3 hgr. eingesunken 10 7,9 Hautelastizität 0 erhalten 28 22,1 n=127 1 ggr. vermindert 47 37,0 2 mgr. vermindert 33 26,0 3 hgr. vermindert 15 11,8 4 aufgehoben 4 3,1 4. weitere Befunde Nabel 0 nein 100 78,7 n=127 1 ja 27 21,3 Gelenke 0 nein 124 97,6 n=127 1 ja 3 2,4 SA 0 nein 124 98,4 n=126 1 ja 2 1,6 PA 0 nein 125 99,2 n=126 1 ja 1 0,8 4.3.2 Kotbeschaffenheit Wie aus Tabelle 5 ersichtlich, zeigte die Mehrheit der Kälber eine dürmbreiige oder flüssige Kotkonsistenz. Kotbeimengungen konnten bei 56 Kälbern nachgewiesen werden, dabei stand Schleim gefolgt von Blut an erster Stelle. Tab. 5: Kotbefiinde Kotkonsistenz 0 fladig 12 9,5 n=126 1 hart 0 0 2 dickbreiig 10 7,9 3 dünnbreiig 42 33,5 4 pastös 12 9,5 5 flüssig 41 32,5 6 wässrig 9 7,1 Kotbeimengungen 0 keine 70 55,5 n=126 1 Schleim 31 24,6 2 Blut 23 18,3 3 unverdautes Futter 1 0,8 4 sonstiges 1 0,8
27 4.4 Blutparameter 4.4.1 Säuren-Basen-Haushalt und Blutgase Während der Einstellungsuntersuchung erfolgte bei den Kälbern die Blutentnahme zur Erfas- sung des SBH, Blutgase und weiterer Laborparameter. Zur Darstellung physiologischer und pathologischer Ergebnisse des SBH wurden die Befunde in Gruppen geordnet. 4.4.1.1 pH-Wert Tabelle 5 zeigt, dass mehr als 2/3 der Kälber eine Azidose aufwiesen. Der durchschnittliche Blut-pH-Wert lag bei 7,19. Nur 30 Kälber wiesen bei der Einstellungsuntersuchung einen physiologischen pH-Wert auf Ein 46 Tage altes Kalb erreichte einen pH-Wert von 6,50, es zeigte bei der Einstellungsuntersuchimg eine gestreckte Kopf-Hals-Haltimg, einen mittelguten Ernährungszustand, mgr. verminderte Hautelastizität, hgr. anämische Schleimhäute, ggr. ver- zögertes Blutangebot und beidseits hgr. verschärft vesikuläres Atmen. Dieses Tier war nicht vorbehandelt. Der Kot war dünnbreiig, ockerfarben vmd stinkend. Es wurde an der Klinik mit 5000 ml 0,9 %iger NaCl-Lösung, 400 ml NaHCOj-, 500 ml 30 %ige Glukose und 40 ml Vi- tamin B versorgt. Aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes und auf Wunsch des Besit- zers wurde das Tier noch am selben Tag euthanasiert. Tab. 5: pH-Wert Parameter pH-Wert 1 Gruppe 1 2 3 4 1 Einheit 7,42 Kälber n (%) 18(14,2) 78 (61,4) 30 (23,6) 1 (0,8) Mittelwert 7,19 Minimum 6,50 Maximum 7,43 Abbildimg 2 zeigt die pH-Werte der 31 festliegenden Kälber in den entsprechenden Alters- gruppen. Unter den 31 Kälbern gab es nur 1 Tier, das einen physiologischen pH-Wert (7,33 - 7,42) aufwies.
28 14 ^ 12 Z 10 £ • pH < 7,00 2 8 D pH 7,00 - 7,32 1a 6 1 D pH 7,33 - 7,42 60 Alter Abb. 2: pH-Werte der festliegenden Kälber nach Alter 4.4.1.2 Basenexcess (BE) Nur 16 % der Kälber wiesen einen physiologischen BE auf. Der tiefste gemessene Wert lag bei -27,5 und der höchste bei 17,8 im Mittel lag der BE bei -6,77 (Tab. 6). Tab. 6: BE Parameter BE (mmol/l) Gruppe 1 2 3 4 5 Einheit 7,0 Kälber n (%) 48 (38,4) 32 (25,6) 20 (16,0) 16(12,8) 9 (7,2) Mittelwert -6,77 Minimum -27,5 Maximum 17,8
29 4.4.1.3 Bikarbonat (HCO3-) Der Großteil der Kälber (67,2 %) wies einen verminderten Bikarbonat-Wert auf Im Mittel lag erbeil9,98(Tab. 7). Tab. 7: HCO^- Parameter HCO3- (mmol/1) Gruppe 1 2 3 4 Einheit 30 Kalber n (%) 64(51,2) 20(16,0) 23(18,4) 18(14,4) Mittelwert 19,98 Minimum 3,10 Maximum 44,90 4.4.1.4 Standardbikarbonat (SBC) Der Standardbikarbonat Wert lag im Mittel bei 18,71 (Minimum 2,40 Maximum 41,00). 4.4.1.5 Kohlendioxid und Sauerstoff Partialdruck (pC02 und PO2) Der pCOi und p02 Wert wurde zwar ermittelt, sind aber, da aus dem venösen Blut stammend, nicht aussagekräftig. 4.4.2 Weitere Laborparameter Die folgenden Elektrolytwerte wurden aus dem Vollblut bestimmt. Die Werte der Gruppe 2 spiegeln die physiologischen Werte wieder. 4.4.2.1 Natrium Beim Großteil der Kälber befand sich der Na^ Wert in der Norm, was auch anhand des Mit- telwertes zu sehen ist (Tab. 8).
30 Tab. 8: Natriumwerte Parameter Na* (mmol/1) 1 Gruppe 1 2 3 Einheit 145 Kälber n (%) 39(31,2) 81 (64,8) 5 (4,0) Mittelwert 130,7 Minimum 97,0 Maximum 161,0 4.4.2.2 Kalium Bei 58 Kälbern war der Kalium Wert unter 4,4 mmol/1 abgesunken und bei 24 Kälbern über 5,3 mmol/1 erhöht. Der Mittelwert lag bei 4,80 mmol/1 was in der Norm ist (Tab. 9). Tab. 9: Kaliumwerte Parameter K* (mmol/1) Gruppe 1 2 3 1 Einheit 5,3 Kälber n (%) 58 (46,4) 43 (34,4) 24(19,2) Mittelwert 4,80 Minimum 2,20 Maximum 10,40
31 4.4.2.3 Chlorid Bei 15 Kälbern sank der Chloridwert imter 88 mmol/1 ab und erreichte bei 43 Kälbern Werte über 104 mmol/1. Der Mittelwert lag im Normbereich (Tab. 10). Tab. 10: Chlorid werte Parameter er (mmol/l) 1 Gruppe 1 2 3 Einheit 104 Kälber n (%) 15 (12,5) 62(51,7) 43 (35,8) Mittelwert 101,21 Minimum 63,00 Maximum 132,00 4.4.2.4 Hämatokrit Wie aus Tabelle 11 ersichtlich war der Hämatokritwert bei 23 Kälbern unter 26 % abgesun- ken und in 23 Fällen über 38 % erhöht. Tab. 11: Hämatokritwerte Parameter Hämatokrit % 1 Gruppe 1 2 3 1 Einheit 38 Kälber n (%) 23(18,4) 79 (63,2) 23 (18,4) Mittelwert 31,79 Minimum 11,00 Maximum 52,00
32 4.5 Erreger Die Kotuntersuchung von 96 Tieren ergab bei 78 Kälbern einen positiven Befund, dabei konnte bei 55 Tieren eine Mischinfektion festgestellt werden. Bei den verbleibenden 23 Käl- bern gelang der Nachweis eines Erregers: 3mal Rotaviren, 9mal Coronaviren, Imal Kryp- tosporidien, 6mal Kokzidien und 4mal E. coli. Bei 18 Kälbern konnte kein Erreger nachge- vdesen werden (Tab. 13). Tab. 13: Überblick über negative, einfach und mehrfach positive Kotproben Anteil der positiven Proben { 7^ren « • Rota\^ren •o D Kryptosporidien CO N Alter der Tiere Abb. 3: Erregerverteilung entsprechend dem Alter der Tiere
33 Bei den 55 bakteriologisch untersuchten Proben bestand zumeist eine Mischflora, in der E. coli mit 92,7 % überwog. Zusätzlich fanden sich 26mal Cl. perfringens, dreimal Salmonellen, und 17mal sonstige Keime wie Pilze, Campylobacter oder Aeromonas. Der Kot von 71 Kälbern wurde parasitologisch untersucht. Bei 70 % der Tiere war diese Un- tersuchung negativ. Bei der Mehrzahl der positiven Kälber wurden Kokzidien gefolgt von Kryptosporidien gefunden. Nur in einem Fall waren ausschließlich Kryptosporidien diagnos- tiziert worden. In zwei Fällen wurden Kryptosporidien kombiniert mit E. coli, viermal mit Coronaviren und in den anderen beiden Fällen mit einer Mischflora nachgewiesen. 4.6 Therapie Wie aus Abbildung 4 ersichtlich, bekam die Mehrzahl der Kälber NaHCOs-Mengen von über 500 ml, der Mittelwert lag bei 625 ml. Die Häufigkeit der Gabe lag im Mittel bei 3mal. Ein Kalb erhielt NaHCOa- von insgesamt 3000 ml 12 mal. Es wurde festliegend mit 41,3 °C inne- re Köpertemperatur eingeliefert, befand sich 15 Tage in einer Azidose. Im Kot konnten Coro- naviren und Kryptosporidien festgestellt werden. Es wurde nach 21 Tagen geheilt aus der Klinik entlassen. Aus Abbildung 5 geht hervor, dass die Mehrheit der Kälber NaCl Mengen von über 5000 ml erhalten hat. Der Mittelwert lag bei 7608 ml, und ein Maximum von 28.000 ml wurde er- reicht. Im Durchschnitt bekamen die Tiere NaCl 2mal mit einem Maximum von lOmal verab- reicht. 65 Kälber wurden an der Klinik antibiotisch behandelt, wobei die Mehrheit ein Cephalosporin erhielt, da 19 dieser Tieren eine veränderte Lungenauskultation und 6 Tiere eine erhöhte inne- re Körpertemperatur aufwiesen. 45 40 35 4- o £ 30 w ^25 1 « Z 20 5 15 f < 10 5+ 0 1000 Menge NaHCOs- Abb. 4: verabreichte Mengen NaHCOs-
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