Rettungsdienstplan des Landes Hessen - Hessisches Sozialministerium

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Hessisches Sozialministerium

Rettungsdienstplan
des Landes
Hessen
2   Rettungsdienstplan des Landes Hessen
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                                                         3

Inhalt                                                                  3.2.3      Vorgaben für die
                                                                                   bereichsübergreifende Abstimmung
                                                                                   der Gesamtvorhaltung ............................17
Vorbemerkungen ................................................. 5
                                                                        3.3     Vorgaben zur Bemessung des
                                                                                Bedarfs an Rettungsmitteln ....................18
1          Gegenstand und Abgrenzung der                                3.3.1 Risikoabhängige
           Aufgaben des Rettungsdienstes .......... 5                           Fahrzeugbemessung für die
                                                                                Notfallversorgung....................................18
1.1     Definition und Aufgabenbeschreibung ..... 5
                                                                        3.3.1.1 Risikoabhängige Fahrzeugbemessung
1.1.1   Rettungsdienstphilosophie....................... 6                      für die notärztliche Versorgung...............20
1.1.2   Notfallversorgung ..................................... 7       3.3.2 Frequenzabhängige
1.1.3   Krankentransport...................................... 7                Fahrzeugbemessung ..............................21
1.1.4   Notfallpatientinnen/Notfallpatienten ......... 7                3.3.3 Gesamtbedarf an Rettungsmitteln ..........21
1.1.5   Notärztliche Versorgung .......................... 8            3.3.4 Neonatologische Intensivversorgung .....22
1.1.6   Notfalleinsätze.......................................... 8     3.4        Fachliche Anforderungen an die
1.1.6.1 Notfalleinsätze mit Sonderrechten auf                                      Ausstattung und Ausrüstung der
        der Anfahrt................................................ 8              Rettungsmittel .........................................22
1.1.6.2 Notfalleinsätze ohne Sonderrechte
        auf der Anfahrt ......................................... 9     3.4.1      Rettungsmittel zur Durchführung der
                                                                                   Notfallversorgung....................................22
1.1.7 Einsätze des Krankentransports ............ 10
                                                                        3.4.2      Rettungsmittel zur Durchführung von
1.1.8 Primäreinsatz ......................................... 10                   Krankentransporteinsätzen.....................22
1.1.9 Sekundäreinsatz .................................... 10           3.4.3      Rettungsmittel für hochkontaginöse
1.1.11 Luftrettung .............................................. 11               Infektionskrankheiten..............................23
1.1.12 Berg- und Wasserrettung....................... 11                3.5      Qualitätsvorgaben an das
                                                                                 Einsatzpersonal ......................................23
1.2        Aufgaben des Rettungsdienstes bei
           größeren Schadensereignissen und                             3.5.1 Qualifikation des Einsatzpersonals.........23
           im Katastrophenfall ................................ 11      3.5.1.1 Notfallversorgung....................................23
                                                                        3.5.1.1.1     Fahrerin/Fahrer...............................23
2          Anforderungen an die Organisation                            3.5.1.1.2     Beifahrerin/Beifahrer ......................23
           und Durchführung der
           Notfallversorgung ................................ 12        3.5.1.2 Notärztliche Versorgung .........................23
                                                                        3.5.1.2.1     Notarzt-Einsatzfahrzeuge (NEF) ....23
2.1        Vorgaben zur allgemeinen
           Organisation des Rettungsdienstes ....... 12                 3.5.1.2.2     Notarztwagen .................................23
                                                                        3.5.1.2.3     Ärztliche Besetzung........................23
2.2        Vorgaben für die bodengebundene
           Notfallversorgung ................................... 12     3.5.1.3 Luftrettung...............................................23
2.2.1      Hilfsfrist und Überprüfung der                               3.5.1.4 Krankentransport ....................................23
           Ergebnisqualität ..................................... 13    3.5.2 Fortbildung des Einsatzpersonals ..........23
2.2.2      Notärztliche Versorgung ........................ 15          3.5.3 Qualitätsvorgaben zur
                                                                                 Dienstplansicherheit ...............................24
3          Anforderungen an die                                         3.6        Struktur und Vorgaben für Zentrale
           Strukturqualität des                                                    Leitstellen................................................24
           Rettungsdienstes ................................. 15        3.6.1      Ordnungsrahmen....................................25
3.1        Möglichkeiten zur räumlichen                                 3.6.2      Vorgaben zur Durchführungsqualität......25
           Optimierung der Gesamtversorgung...... 15
3.2        Anforderungen an das Netz der                                4          Anforderungen an die Ausnahmen
           Rettungswachen und                                                      von der einheitlichen
           Notarztstandorte..................................... 16                Wahrnehmung von
3.2.1      Vorgaben zur Standortplanung                                            Notfallversorgung und
           bedarfsgerechter Rettungswachen ........ 16                             Krankentransport..................................25
3.2.2      Vorgaben für Notarztstandorte............... 17              4.1        Ausgangslage .........................................25
4                                                                         Rettungsdienstplan des Landes Hessen

4.2     Fachliche und wirtschaftliche                                     Anlage 4   Nachweisverfahren zur Ermitt-
        Randbedingungen zur Ermittlung der                                           lung der zweckmäßigsten Or-
        zweckmäßigsten Organisationsform...... 26
4.2.1.1 Organisatorische Einheit ........................ 26                         ganisationsform gemäß § 3
4.2.1.2 Organisatorische Trennung.................... 26                             Abs. 5 HRDG als Vorausset-
4.2.1.3 Teilweise organisatorische Trennung .... 27                                  zung zur Ausnahmeregelung
4.2.2 Fachliche Gesichtspunkte ...................... 28                             von § 3 Abs. 3 HRDG .................... 46
4.2.3 Wirtschaftliche Gesichtspunkte .............. 28
4.3       Nachweisverfahren ................................ 29
4.3.1     Abgrenzung entgegengesetzter
          Organisationsformen und
          Verfahrensablauf .................................... 29
4.3.2     Stufe 1: Bezugskosten der
          Normqualität ........................................... 30
4.3.3     Stufe 2: Kosten der reinen
          Notfallversorgung ................................... 31
4.3.4     Stufe 3: Grenzpreis für den
          Krankentransporteinsatz ........................ 32
4.3.5     Stufe 4: Wirtschaftliche
          Zweckmäßigkeit ..................................... 32
4.3.6     Vorgehen bei teilweiser
          organisatorischer Trennung ................... 33

5         Anforderungen an die Luftrettung
          sowie die Berg- und Wasserrettung... 33

5.1       Luftrettung .............................................. 33
5.2       Berg- und Wasserrettung ....................... 33
5.2.1     Ausstattung und Ausrüstung der
          Berg- und Wasserrettung ....................... 34
5.2.1.1   Bergrettung............................................. 34
5.2.1.2   Wasserrettung ........................................ 35
5.2.2     Qualifikation des Personals der Berg-
          und Wasserrettung ................................. 35
5.2.2.1   Bergrettung............................................. 35
5.2.2.2   Wasserrettung (einschließlich
          Eisrettung) .............................................. 35

6         Mindestanforderungen an die
          Bereichspläne....................................... 36

6.1       Ziel des Bereichsplanes ......................... 36

6.2       Inhalt des Bereichsplanes ...................... 36

Anlage 1 Indikationsliste für den Einsatz
         des Notarztes ................................... 38

Anlage 2        Einsatzformenkatalog für
                Notfalleinsätze............................... 39

Anlage 3        Zeitpunkte, Teilzeiten und Zeit-
                abschnitte im Rettungsablauf...... 41
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                   5

Vorbemerkungen                                            rechten Gesamtversorgung notwendige Vorhal-
                                                          tung begrenzt wird.
Nach § 22 Abs. 1 des Gesetzes zur Neuordnung          Der Rettungsdienstplan des Landes berücksichtigt
des Rettungsdienstes in Hessen (Hessisches Ret-       den vorgegebenen landesgesetzlichen Ordnungs-
tungsdienstgesetz 1998 – HRDG) ist ein Ret-           rahmen als Grundlage einer geordneten Weiter-
tungsdienstplan aufzustellen, der zur Sicherstel-     entwicklung des Gesamtsystems „Rettungsdienst“
lung einer einheitlichen Gesamtversorgung in den      in Würdigung der seitherigen partnerschaftlichen
einzelnen Rettungsdienstbereichen insbesondere        Zusammenarbeit aller am Rettungsdienst Beteilig-
die folgenden Vorgaben aktualisiert und konkreti-     ten.
siert:
                                                      Zweck der Rettungsdienstplanung auf Landesebe-
1. den Gegenstand und die Abgrenzung der Auf-         ne ist es, die Grundzüge einer bedarfsgerechten
   gaben des Rettungsdienstes,                        und wirtschaftlichen Versorgung der Bevölkerung
2. die wesentlichen Anforderungen an die Organi-      mit leistungsfähigen Einrichtungen des Rettungs-
   sation und Durchführung der Notfallversorgung      dienstes festzulegen und damit insbesondere den
   einschließlich der Qualifikation des Einsatzper-   im Rettungsdienst Tätigen einen Handlungsrah-
   sonals,                                            men zu geben.

3. das Verfahren zur Bemessung des Bedarfs an
   Rettungswachen und Rettungsmitteln ein-
   schließlich der Vorhaltung für die notärztliche    1     Gegenstand und Abgrenzung
   Versorgung,                                              der Aufgaben des Rettungs-
4. die wesentlichen Anforderungen an die Aus-               dienstes
   nahmen von der einheitlichen Wahrnehmung
   von Notfallversorgung und Krankentransport,        1.1    Definition und Aufgabenbe-
5. die fachlichen Anforderungen an die Ausstat-
                                                             schreibung
   tung und Ausrüstung der Rettungsmittel,            Mit dem Begriff „Rettungsdienst“ wird sowohl die
6. die Vorgaben für die bereichsübergreifende         Aufgabe als auch die Einrichtung Rettungsdienst
   Abstimmung der Gesamtvorhaltung,                   beschrieben. Der Rettungsdienst ist nach § 3 Abs.
                                                      1 HRDG eine Aufgabe der Gefahrenabwehr und
7. die zusätzlichen Anforderungen an die Berg-,       der Gesundheitsvorsorge. Er hat die bedarfsge-
   Luft- und Wasserrettung,                           rechte und wirtschaftliche Versorgung der Bevöl-
8. die Mindestanforderungen an die Bereichsplä-       kerung mit Leistungen der Notfallversorgung und
   ne.                                                des Krankentransports zu gewährleisten. Dies fin-
                                                      det in erster Linie in Form des bodengebundenen
                                                      Rettungsdienstes statt, der durch die Berg-, Luft-
Die Aufstellung des Rettungsdienstplanes und          und Wasserrettung ergänzt wird. Außerdem kann
dessen Anpassung hat nach § 22 Abs. 2 Satz 2          der Rettungsdienst weitere Leistungen der Ge-
HRDG in angemessenen Abständen durch das für          sundheitsvorsorge übernehmen, wenn dadurch
das Rettungswesen zuständige Ministerium im           seine rettungsdienstlichen Aufgaben nicht beein-
Einvernehmen mit dem für den Brandschutz, die         trächtigt werden und die Finanzierung gesichert
Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz zu-       ist.
ständigen Ministerium und im Benehmen mit dem         Der Rettungsdienst hat grundsätzlich die in § 3
Landesbeirat für den Rettungsdienst zu erfolgen.      Abs. 1 HRDG beschriebenen Aufgaben sachge-
                                                      recht und wirtschaftlich zu erfüllen. Die Aufgaben
                                                      der Notfallversorgung und des Krankentransports
Dabei ist entsprechend § 22 Abs. 2 Satz 2 HRDG        sind dabei in organisatorischer Einheit durchzufüh-
vorzusehen,                                           ren. Wenn dies fachlich und wirtschaftlich zweck-
− dass ein geeignetes Rettungsmittel jeden an         mäßig ist, können nach § 3 Abs. 3 HRDG Notfall-
  einer Straße gelegenen Notfallort in der Regel      versorgung und Krankentransport ausnahmsweise
  innerhalb von 10 Minuten (Hilfsfrist) erreichen     auch ganz oder teilweise organisatorisch getrennt
  kann und                                            durchgeführt werden.
− die Gesamtvorhaltung durch geeignete organi-        In der Notfallversorgung steht der Gefahrenab-
  satorische Maßnahmen auf die zur bedarfsge-         wehrgesichtspunkt im Vordergrund, weil mit einem
                                                      medizinischen Notfall immer ein Höchstmaß an
6                                                      Rettungsdienstplan des Landes Hessen

Gefahr für Leib und Leben verbunden oder dies zu       sorgung und des Krankentransports. Gemäß § 1
erwarten ist, wenn nicht schnellstmöglich qualifi-     HRDG gilt der Rettungsdienstplan daher nicht für
zierte Hilfe geleistet wird.
                                                       1. Sanitätsdienste der Polizei, der Bundeswehr
Gesichtspunkte der Gesundheits- und Daseinsvor-           und des Bundesgrenzschutzes,
sorge stehen beim Krankentransport im Vorder-
                                                       2. Sanitätsdienste innerhalb von öffentlichen Ver-
grund, wobei zu berücksichtigen ist, dass Einsät-
                                                          anstaltungen mit einer Vielzahl von Teilneh-
ze, die zunächst dem Krankentransport zuzuord-
                                                          mern,
nen sind, sich in ihrem Verlauf zu einem Einsatz
der Notfallversorgung entwickeln können. Die or-       3. die zur medizinischen Versorgung notwendigen
ganisatorische Einheit von Notfallversorgung und          Beförderungen von Personen innerhalb des
Krankentransport (siehe auch Kap. 4.2.1) ist als          Geländes von Betrieben,
Regelfall aus fachlichen und wirtschaftlichen
                                                       4. die sonstige Beförderung von Personen, die
Gründen geboten.
                                                          nach ärztlicher Beurteilung weder einer fachli-
Der Rettungsdienst hat damit das Ziel, bei allen          chen Betreuung und Hilfeleistung durch dafür
gesundheitlichen Störungen durch Erkrankungen,            qualifiziertes Personal, noch der Beförderung in
Verletzungen, Vergiftungen oder sonstigen medi-           einem Rettungsmittel bedürfen,
zinischen Gründen tätig zu werden, bei denen, oh-
                                                       5. die Beförderungen Behinderter, sofern deren
ne eine medizinische Versorgung des Betroffenen,
                                                          Betreuungsbedürftigkeit ausschließlich auf die
der Prozess der Gesundheitsstörung beschleunigt
                                                          Behinderung zurückzuführen ist,
wird, die Folgen irreversibel im Sinne eines blei-
benden Schadens oder des Todes sein können             6. Leistungserbringer, die ihren Betriebssitz und
oder die Verbesserung des Gesundheitszustandes            den Schwerpunkt ihrer betrieblichen Tätigkeit
ohne sein Einschreiten verlangsamt wird.                  außerhalb Hessens haben und in Hessen auf-
                                                          grund einer in einem anderen Bundesland er-
Über die beschriebenen Aufgaben hinaus hat der
                                                          folgten Zulassung nur tätig werden, weil der
Rettungsdienst nach § 6 Abs. 1 auch bei größeren
                                                          Ausgangs- oder Zielort einer rettungsdienstli-
Notfallereignissen unterhalb der Katastrophen-
                                                          chen Leistung in Hessen liegt,
schwelle mit einem erhöhten Anfall von Notfallpati-
entinnen und -patienten Maßnahmen der Notfall-         7. Einsätze, die ihren Ausgangs- oder Zielort au-
versorgung und - zeitlich nachrangig - des Kran-          ßerhalb der Bundesrepublik Deutschland ha-
kentransports sicherzustellen sowie die Sichtung,         ben, mit Ausnahme von Anschlusstransporten,
Organisation und Koordination der Hilfsmaßnah-            soweit sie nicht unter die Regelung der Nr. 6
men am Schadensort qualifiziert zu gewährleisten.         fallen. Anschlusstransporte in diesem Sinne
                                                          sind Beförderungen, denen eine Verordnung
Alle beschriebenen Aufgaben des Rettungsdiens-
                                                          über eine Krankenbeförderung zu Lasten der
tes sind in der Regelversorgung vorrangig dem
                                                          GKV im Sinne des SGB V zugrunde liegen.
bodengebundenen Rettungsdienst zuzuordnen, da
nur dieser Sektor des Rettungsdienstes in der La-
ge ist, alle rettungsdienstlichen Leistungen ständig   1.1.1    Rettungsdienstphilosophie
zu erbringen. Die Sicherstellung der bedarfsge-
                                                       Die Einrichtung Rettungsdienst und der Umfang
rechten Gesamtversorgung ist grundsätzlich Auf-
                                                       der zu erfüllenden Aufgaben werden durch die
gabe des bodengebundenen Rettungsdienstes.
                                                       zugrundeliegende Rettungsdienstphilosophie be-
Die Durchführung der bodengebundenen Notfall-
                                                       stimmt. Diese ergibt sich aus dem medizinisch-
versorgung einschließlich der Berg- und Wasser-
                                                       fachlichen, organisatorischen und funktionellen
rettung obliegt gemäß § 4 Abs. 1 HRDG den Land-
                                                       Rahmen sowie dem Stellenwert der Teilaufgaben
kreisen und kreisfreien Städten als Selbstverwal-
tungsangelegenheit. Die Aufgaben der Zentralen         − präklinische Notfallversorgung     einschließlich
Leitstellen sind den kreisfreien Städten und den         notärztlicher Versorgung,
Landkreisen nach § 5 Abs. 4 HRDG zur Erfüllung
                                                       − Verlegung von Notfallpatienten,
nach Weisung übertragen. Alleiniger Träger der
Luftrettung ist das Land. Wegen ihrer überregiona-     − Beförderung von medizinisch-fachlich betreu-
len Bedeutung kann die Luftrettung nur landesweit        ungsbedürftigen Patienten,
geplant werden.
                                                       − Transport von Arzneimitteln, Blutkonserven,
Der Anwendungsbereich des Rettungsdienstpla-             Organen und ähnlichen Gütern sowie von Spe-
nes des Landes deckt sich vollständig mit den ret-       zialisten, soweit sie zur Versorgung lebensbe-
tungsdienstgesetzlichen Aufgaben der Notfallver-         drohlich Verletzter oder Erkrankter dienen sol-
                                                         len,
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                    7

die dem Rettungsdienst in unterschiedlicher Form      richtung eines Verwaltungsmonopols sicherge-
übertragen werden können.                             stellt.
Um den sich wandelnden Anforderungen besser           Für die Nebenaufgaben, die identisch mit dem
Rechnung tragen zu können, werden die Aufgaben        Krankentransport sind, liegt die Zulassung der
des Rettungsdienstes in Kern- und Nebenaufga-         Leistungserbringer im öffentlichen Interesse an ei-
ben gegliedert. Dabei werden die Kernaufgaben         ner sachgerechten Aufgabenerfüllung und bleibt
als Pflichtaufgaben bestimmt mit dem Ziel, den        deshalb an ein besonderes Genehmigungsverfah-
Rettungsdienst über die Nebenaufgaben hinaus          ren gebunden. Dabei ist die seitherige Bedarfsprü-
auch für zusätzliche Aufgaben zu öffnen. Daraus       fung nach altem Recht als objektive Zugangsvor-
ergibt sich folgende Aufgabenhierarchie für den       aussetzung zugunsten einer Bedürfnisprüfung auf-
Rettungsdienst:                                       gegeben, die an die Qualitäts- und Wirtschaftlich-
                                                      keitskriterien des Kassenrechts (§§ 12, 70 SGB V)
a) Kernaufgaben
                                                      gebunden ist, soweit die Durchführung nicht in or-
− Versorgung und Betreuung von vital bedrohten        ganisatorischer Einheit mit der Notfallversorgung
  Patientinnen und Patienten am Notfallort ein-       erfolgt.
  schließlich deren Transport in eine geeignete
  Behandlungseinrichtung.
                                                      1.1.2    Notfallversorgung
− Beförderung und Betreuung von vital bedrohten
                                                      Gegenstand der Notfallversorgung (Notfallrettung)
  Patientinnen und Patienten von einer in eine
                                                      einschließlich der notärztlichen Versorgung ist
  zweite Behandlungseinrichtung sowohl im Sin-
                                                      gemäß § 2 Abs. 1 HRDG die medizinische Versor-
  ne von Verlegungen, als auch zu Zwecken der
                                                      gung von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten
  konsiliarärztlichen Versorgung, Diagnostik und
                                                      durch hierfür besonders qualifiziertes Personal und
  Betreuung.
                                                      gegebenenfalls ihre Beförderung unter fachge-
− Beförderung von Blut, Organen, Medikamen-           rechter Betreuung mit hierfür besonders ausges-
  ten, Spezialisten usw., soweit diese zur Versor-    tatteten Rettungsmitteln in eine für die weitere me-
  gung von vital bedrohten Patienten benötigt         dizinische Versorgung geeignete Behandlungsein-
  werden.                                             richtung. Notfallversorgung ist auch die Verlegung
                                                      von Notfallpatientinnen oder Notfallpatienten zwi-
b) Nebenaufgaben
                                                      schen Behandlungseinrichtungen mit dafür qualifi-
− Beförderung und Betreuung von Patientinnen          ziertem Personal in dafür geeigneten Rettungsmit-
  und Patienten von und zu sowie zwischen Un-         teln.
  tersuchungs- und/oder Behandlungseinrichtun-
                                                      Die Notfallversorgung ist als präklinische Einrich-
  gen, die im Zusammenhang mit der Beförde-
                                                      tung vorrangig eine medizinische Leistung, dar-
  rung einer qualifizierten, fachgerechten Betreu-
                                                      über hinaus eine Aufgabe der Gefahrenabwehr.
  ung bedürfen und/oder bei denen die besonde-
  ren Einrichtungen eines Fahrzeugs i. S. der gül-
  tigen Norm zur fachgerechten Transportdurch-        1.1.3    Krankentransport
  führung erforderlich sind.
                                                      Aufgabe des Krankentransports (qualifizierter
c) Zusätzliche Aufgaben                               Krankentransport) ist es, gemäß § 2 Abs. 3 HRDG,
                                                      kranke, verletzte oder sonst hilfsbedürftige Perso-
− Übernahme von Aufgaben im Rahmen des Hol-
                                                      nen, die keine Notfallpatientinnen oder Notfallpati-
  und Bringdienstes innerhalb von Behandlungs-
                                                      enten sind, in einem dafür geeigneten Rettungs-
  einrichtungen.
                                                      mittel zu befördern und die damit im Zusammen-
− Beförderung von Blutkonserven und Organen           hang stehende fachliche Betreuung durch ent-
  sowie von medizinischem Fachpersonal zur di-        sprechend qualifiziertes Personal durchzuführen.
  rekten Versorgung von Patientinnen und Pati-        Dazu gehört auch die Verlegung von Personen,
  enten.                                              die keine Notfallpatientinnen oder Notfallpatienten
                                                      sind.
− Beförderung von Patientinnen und Patienten,
  bei denen eine medizinische Versorgung Anlaß
  der Beförderung ist, die Kriterien aus dem Be-      1.1.4    Notfallpatientinnen/Notfallpatienten
  reich der Kern- und Nebenaufgaben aber nicht
                                                      Notfallpatientinnen und Notfallpatienten sind ge-
  erfüllt sind.
                                                      mäß § 2 Abs. 3 HRDG Personen, die sich infolge
Die Kernaufgaben, die identisch mit der Notfallver-   Erkrankung, Verletzung, Vergiftung oder aus sons-
sorgung sind, werden konsequent durch die Ein-        tigen Gründen in unmittelbarer Lebensgefahr be-
8                                                     Rettungsdienstplan des Landes Hessen

finden und einer Notfallversorgung und/oder Ü-           sorgungs- und Überwachungsmöglichkeit, er-
berwachung und gegebenenfalls eines geeigneten           forderlich.
Transports zu weiterführenden diagnostischen o-
                                                      • Der Zeitfaktor spielt eine wesentliche Rolle im
der therapeutischen Einrichtungen bedürfen. Not-
                                                        Sinne des Erfolges des rettungsdienstlichen
fallpatientinnen oder Notfallpatienten sind auch
                                                        Einsatzes; die Maßnahmen müssen unmittelbar
Personen, bei denen schwere gesundheitliche
                                                        und ohne zeitliche Verzögerung bzw. in einer
Schäden zu befürchten sind, wenn nicht unverzüg-
                                                        vorgegebenen kurzen Zeitspanne erfolgen.
lich geeignete medizinische Hilfe erfolgt.
                                                      • Zur Versorgung von Notfallpatientinnen und
1.1.5    Notärztliche Versorgung
                                                        Notfallpatienten ist die Beförderung von spe-
Die notärztliche Versorgung ist gemäß § 2 Abs. 4        ziellem Material, Organen, Blut usw. und/oder
HRDG die Versorgung von Notfallpatientinnen o-          speziellem Personal unverzüglich und/oder in
der Notfallpatienten durch Ärztinnen oder Ärzte mit     einer vorgegebenen Zeitspanne bzw. zu einem
besonderen notfallmedizinischen Kenntnissen und         festen Zeitpunkt in Verbindung mit höchster
Fertigkeiten (Qualifikation).                           Eilbedürftigkeit erforderlich.
Für den Einsatz von Notärztinnen oder Notärzten       Aus Gründen der Qualitätssicherung sowie aus
gilt eine Indikationsliste (Anlage 1).                Nachweisgründen soll die Entscheidung für einen
                                                      Notfalleinsatz grundsätzlich anhand des Einsatz-
                                                      formenkataloges für Notfalleinsätze (Anlage 2) vor
1.1.6    Notfalleinsätze
                                                      dem Auslösen des Alarms erfolgen. Die aufgeführ-
Die im Rahmen der Grunddefinition beschriebene        ten Einsatzformen definieren typische Einsatz-
Aufgabenstellung der Notfallversorgung (siehe         merkmale, die bei der Abfrage des Hilfeersuchens
auch Kap. 1.1.2) ist durch hohe fachliche Anforde-    den daraufhin einzuleitenden Einsatz als Notfall-
rungen und durch absolute zeitliche Priorität ge-     einsatz klassifizieren. Das Personal in der Zentra-
kennzeichnet. Da es sich dabei um eine klassische     len Leitstelle trifft seine Entscheidung für einen
Maßnahme der Gefahrenabwehr für Leib und Le-          Notfalleinsatz auf der Grundlage des ihm vom An-
ben handelt, ist auch ein Höchstmaß an Eingriffs-     rufer vermittelten Meldebildes (und nicht im nach-
berechtigung gegeben, da die hier bedrohten           hinein) und dokumentiert seine Entscheidung vor
Rechtsgüter zu den höchstrangigen unserer Gü-         dem Auslösen des Alarms. (Bei EDV-gestützter
terordnung gehören und eine erfolgreiche Gefah-       Bearbeitung erfolgt dies in der Annahmemaske
renabwehr auf diesem Sektor unabdingbar an das        durch Setzen des Eintragungsfeldes „Notfallein-
schnellstmögliche Handeln gebunden ist. Daraus        satz“ auf den Wert „Ja“, Grundeinstellung ist
resultieren auch höchste Anforderungen an die         „Nein“. Im Falle der Schriftdokumentation ist die
Gestaltung und Durchführung.                          Spalte „Notfalleinsatz“ anzukreuzen).
Einsätze der Notfallversorgung (Notfalleinsätze) im   Die Klassifizierung der Einsatzentscheidung durch
Sinne der rettungsdienstlichen Vorgaben sind ins-     das Personal in der Zentralen Leitstelle als Notfall-
besondere durch das Auftreten von Merkmalen,          einsatz bedeutet nicht zwangsläufig auch die An-
einzeln oder in Kombination, aus der folgenden        ordnung zum Gebrauch der Sonderrechte gemäß
Auflistung gekennzeichnet:                            § 35 Abs. 5a StVO an die Fahrzeugbesatzung.
                                                      Hierfür gelten grundsätzlich die in § 35 Abs. 5a
• Lebensbedrohung ist akut gegeben oder ist zu
                                                      StVO genannten tatbestandlichen Voraussetzun-
  erwarten.
                                                      gen (siehe auch Kap. 1.1.6.1). Die möglichen
• Schwerer gesundheitlicher Schaden ist akut          Einsatzformen für Notfalleinsätze (Anlage 2) sind
  gegeben oder ist zu erwarten.                       unabhängig vom Gebrauch der Sonderrechte. In
                                                      jedem Fall gilt jedoch: Sofern Sonderrechte auf der
• Eine qualifizierte Versorgung und/oder Betreu-
                                                      Anfahrt vom Personal in der Zentralen Leitstelle
  ung und/oder Überwachung durch eine Notärz-
                                                      aufgrund des Meldebildes angeordnet werden, ist
  tin oder einen Notarzt und/oder die Rettungs-
                                                      damit auch gleichzeitig die Klassifizierung des Ein-
  mittelbesatzung ist während der Beförderung
                                                      satzes als Notfalleinsatz getroffen. (Bei EDV-
  von Notfallpatientinnen und -patienten notwen-
                                                      gestützter Bearbeitung erfolgt dies in der Annah-
  dig oder zu erwarten.
                                                      memaske durch Setzen des Eintragungsfeldes
• Zur Beförderung ist eine besondere Fahrzeug-        „Sonderrechte auf Anfahrt“ auf den Wert „Ja“,
  ausstattung mit notfallmedizinischer Betreu-        Grundeinstellung ist „Nein“. Gleichzeitig wird dabei
  ungs- und/oder Versorgungsmöglichkeit, gege-        automatisch der Wert des Eintragungsfeldes „Not-
  benenfalls auch mit intensivmedizinischer Ver-      falleinsatz“ auf den Wert „Ja“ gesetzt. Im Falle der
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                        9

Schriftdokumentation ist die Spalte „Sonderrechte        Sonderrechtsanordnungen, z. B. in Form einer
auf Anfahrt“ anzukreuzen.)                               prophylaktischen Anordnung von Sonderrechten,
                                                         ist jedoch abzuraten.
1.1.6.1   Notfalleinsätze mit Sonderrechten auf          In Übereinstimmung mit den rettungsdienstgesetz-
          der Anfahrt                                    lichen Vorgaben zum Gegenstand der Notfallver-
                                                         sorgung folgt daraus: Um die aus dem Meldege-
Da Sonderrechte gemäß § 35 Abs. 5a StVO durch
                                                         spräch (Notruf) relevanten Einflussgrößen zum
Rettungsfahrzeuge im Straßenverkehr nur dann in
                                                         Gebrauch der Sonderrechte gemäß § 35 Abs. 5a
Anspruch genommen werden dürfen, „..., wenn
                                                         StVO auf der Anfahrt für die Notfall-Einsatzent-
höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu
                                                         scheidung umzusetzen, erfolgt durch das Personal
retten oder schwere gesundheitliche Schäden ab-
                                                         in der Zentralen Leitstelle im Zuge der Alarmierung
zuwenden“, bedeutet das tatbestandliche Vorlie-
                                                         technikunterstützt als aktive Handlung (per
gen der Voraussetzungen des § 35 Abs. 5a StVO
                                                         Sprechfunk, Draht oder Kurztext) die Anordnung
auch immer die Anordnung zur Ausübung der
                                                         zur Ausübung der Sonderrechte auf der Anfahrt für
Sonderrechte auf der Anfahrt für die alarmierte
                                                         die alarmierte Fahrzeugbesatzung.
Fahrzeugbesatzung.
                                                         Die Anordnung der Sonderrechte im Alarmfall
Daneben dient die Zeichensetzung gemäß § 38
                                                         durch das Personal in der Zentralen Leitstelle ist in
StVO (Blaues Blinklicht zusammen mit dem
                                                         der Leitstellendokumentation aktiv einzutragen und
Einsatzhorn) dem möglichst raschen Vorankom-
                                                         nicht etwa durch Verknüpfung, z. B. mit einem
men des Einsatzfahrzeuges zum Notfallort, wenn
                                                         Einsatzstichwort, zu automatisieren. Damit werden
höchste Eile geboten ist, um Menschenleben zu
                                                         gleichzeitig die eindeutigen Klassifizierungsmerk-
retten oder schwere gesundheitliche Schäden ab-
                                                         male „Anfahrt mit Sonderrechten“ und die Einsatz-
zuwenden und kann vom Fahrzeugführer im Be-
                                                         klasse „Notfalleinsatz“ gesetzt, welche bei einer
darfsfalle zur Kennzeichnung gegenüber den an-
                                                         rückbezogenen Betrachtung zu Analysezwecken,
deren Verkehrsteilnehmern gesetzt werden.
                                                         z. B. zur Bemessung der Kapazitäten der Notfall-
Ob höchste Eile geboten ist, um Menschenleben            versorgung oder zur Überprüfung der Einhaltung
zu retten oder schwere gesundheitliche Schäden           der Landesnorm im Rahmen der Qualitätssiche-
abzuwenden, ist vom Personal in der Zentralen            rung zwingend erforderlich sind. Alle Notfallanfahr-
Leitstelle unter Anlegen eines strengen Maßstabes        ten mit Sonderrechten auf der Anfahrt bilden die
zu entscheiden, weil die Anordnung von Sonder-           Gesamtmenge des bemessungsrelevanten „Not-
rechten eine Rechtsbeeinträchtigung der übrigen          fallaufkommens mit Sonderrechten auf der An-
Verkehrsteilnehmer, verbunden mit einer erhöhten         fahrt“ (siehe auch Kap. 3.3.1) sowie die Aus-
Gefährdung von Personen und Sachwerten bei je-           gangsmenge der hilfsfristrelevanten Notfallanfahr-
der Einsatzfahrt mit sich bringt. Sonderrechte dür-      ten (siehe auch Kap. 2.2.1).
fen nur deshalb in Anspruch genommen werden,
                                                         Inwieweit die Beförderung der Patientin oder des
weil sich die Patientin oder der Patient in einer le-
                                                         Patienten in eine Behandlungseinrichtung (Trans-
bensbedrohlichen Situation befindet, diese Situati-
                                                         portfahrt) unter Sonderrechten erfolgt, liegt in der
on unmittelbar bevorsteht oder der Patientin/dem
                                                         Entscheidung der Notärztin oder des Notarztes
Patienten ohne die schnellstmögliche Versorgung
                                                         bzw. des Fahrzeugführers. Grundsätzlich gilt auch
in einem Krankenhaus schwere gesundheitliche
                                                         hier das Anlegen eines strengen Maßstabes im
Schäden drohen würden.
                                                         Sinne von § 35 Abs. 5a StVO. Die Entscheidung
Das Personal in der Zentrale Leitstelle hat im           für den Gebrauch der Sonderrechte auf der Trans-
Rahmen seiner Möglichkeiten während des Dia-             portfahrt muss der Zentralen Leitstelle vom Fahr-
logs mit der Meldeperson die Dringlichkeit des Hil-      zeugführer unverzüglich mitgeteilt werden.
feersuchens vor Erteilung des Einsatzauftrages -
                                                         Zum Zwecke der Qualitätssicherung gilt: Ein auf-
soweit möglich - zu hinterfragen. Der Fahrer des
                                                         grund des Meldebildes als Krankentransport be-
Rettungsfahrzeugs darf bei Erhalt der Sonder-
                                                         gonnener Einsatz wird nicht im nachhinein als Not-
rechtsanordnung darauf vertrauen, dass eine
                                                         falleinsatz hochklassifiziert. Umgekehrt gilt eben-
dringliche Notsituation gegeben ist, auch wenn
                                                         so: Ein aufgrund des Meldebildes als Notfalleinsatz
sich dies später als falsch herausstellt, weil er kei-
                                                         begonnener Einsatz wird nicht aufgrund der vor
ne Möglichkeit hat, die Dringlichkeit des Einsatz-
                                                         Ort vorgefundenen Situation im nachhinein als
auftrages nachzuprüfen (Vertrauensschutz). Bei
                                                         Krankentransport zurückgestuft, wenn aufgrund
der Einschätzung des Personals in der Zentralen
                                                         der Rückmeldung die Einsatzmerkmale gemäß
Leitstelle über das Vorliegen einer Notfallsituation
                                                         Einsatzformenkatalog für Notfalleinsätze effektiv
entscheidet immer die Sicht „im vorhinein“, nicht
                                                         nicht vorliegen. Eine nachträgliche Abänderung
die Sicht „im nachhinein“. Von nicht-indizierten
10                                                     Rettungsdienstplan des Landes Hessen

der Ausgangsentscheidung des Personals in der          Um Einsätze des Krankentransports handelt es
Zentralen Leitstelle und der daraufhin erfolgten A-    sich insbesondere bei dem Auftreten von Merkma-
larmierungsmaßnahmen würde die dokumentierte           len aus der folgenden Auflistung:
Datenbasis zur Qualitätssicherung und für Opti-
                                                       • Lebensbedrohung ist grundsätzlich nicht zu er-
mierungsmaßnahmen gegenüber der Leitstellen-
                                                         warten.
entscheidung nachhaltig verändern. Dies ist zu
vermeiden.                                             • Eine qualifizierte Erstversorgung durch die Ret-
                                                         tungsmittelbesatzung ist im Regelfall nicht not-
1.1.6.2   Notfalleinsätze ohne Sonderrechte auf
                                                         wendig, kann aber erforderlich werden.
          der Anfahrt
                                                       • Eine fachliche Betreuung und/oder Versorgung
Die Klassifizierung der Einsatzentscheidung als
                                                         und/oder Überwachung während des Einsatzes
Notfalleinsatz auf der Grundlage des Einsatzfor-
                                                         ist notwendig und erfolgt durch die Rettungsmit-
menkataloges für Notfalleinsätze (Anlage 2) be-
                                                         telbesatzung.
deutet für das Personal in der Zentralen Leitstelle
nicht zwangsläufig auch die Anordnung zum              • Das Rettungsmittel muss über eine Basisaus-
Gebrauch der Sonderrechte. Ist davon auszuge-            stattung zur notfallmedizinischen Versorgung
hen, dass die gemäß § 35 Abs. 5a StVO an die             und besondere Einrichtungen verfügen.
zum Gebrauch der Sonderrechte gebundenen tat-
                                                       • Der Einsatz hat zeitnah bzw. innerhalb einer
bestandlichen Kriterien, „..., wenn höchste Eile ge-
                                                         angemessenen Zeitspanne oder termingebun-
boten ist, um Menschenleben zu retten oder
                                                         den zu erfolgen.
schwere gesundheitliche Schäden abzuwenden“
nicht vorliegen, so ist auch die Anordnung der         Nicht zu den Einsätzen des Krankentransports ge-
Sonderrechte an die Fahrzeugbesatzung nicht ge-        hört
rechtfertigt. Die Fahrzeuge des Rettungsdienstes
                                                       • die sonstige Beförderung von Personen, die
sind in diesem Fall nicht von den Vorschriften der
                                                         nach ärztlicher Beurteilung weder einer fachli-
Straßenverkehrs-Ordnung befreit.
                                                         chen Betreuung und Hilfeleistung durch dafür
Alle Notfallanfahrten ohne Sonderrechte auf der          qualifiziertes Personal, noch der Beförderung in
Anfahrt bilden die Gesamtmenge des bemes-                einem Rettungsmittel bedürfen,
sungsrelevanten „Notfallaufkommens ohne Son-
                                                       • die Beförderung Behinderter, sofern deren Be-
derrechte auf der Anfahrt“ (siehe auch Kap. 3.3.2).
                                                         treuungsbedürftigkeit ausschließlich auf die
Unabhängig davon ist bei Vorliegen von Einsatz-          Behinderung zurückzuführen ist sowie
merkmalen entsprechend dem Einsatzformenkata-
                                                       • die zur medizinischen Versorgung notwendigen
log (Anlage 2) die Klassifizierung des einzuleiten-
                                                         Beförderungen von Personen innerhalb des
den Einsatzes als Notfalleinsatz gegeben.
                                                         Geländes von Betrieben.

1.1.7     Einsätze des Krankentransports
                                                       1.1.8    Primäreinsatz
Krankentransporteinsätze im Sinne der rettungs-
                                                       Ein rettungsdienstlicher Primäreinsatz ist ein Ein-
dienstgesetzlichen Vorgaben sind im wesentlichen
                                                       satz zur ersten Versorgung und ggf. zum Trans-
durch fachliche Anforderungen an das Rettungs-
                                                       port einer Notfallpatientin oder eines Notfallpatien-
fachpersonal und die eingesetzten Rettungsmittel
                                                       ten in eine geeignete Behandlungseinrichtung zur
zur Versorgung, Betreuung und Überwachung der
                                                       weiteren qualifizierten Behandlung und Versor-
Erkrankten und der Verletzten gekennzeichnet
                                                       gung.
(siehe auch Kap. 1.1.3).
Die Einsatzklasse Krankentransport wird durch die
                                                       1.1.9    Sekundäreinsatz
Definition des Notfalleinsatzes (siehe auch Kap.
1.1.6) quasi als „Restmenge“ abgegrenzt. Zur           Die rettungsdienstliche Versorgung der Bevölke-
Einsatzklasse Krankentransport gehören demzu-          rung mit Leistungen der Notfallversorgung und des
folge alle Krankheitsbilder und Verletzungsmuster,     Krankentransports umfasst nicht nur die Patien-
die aufgrund der Einsatzentscheidung nicht über        tenübergabe an eine Behandlungseinrichtung,
typische Einsatzmerkmale gemäß dem Einsatz-            sondern auch die weitere Beförderung von bereits
formenkatalog für Notfalleinsätze (Anlage 2) verfü-    klinisch behandelten Patientinnen und Patienten,
gen.                                                   wenn sie aufgrund ärztlicher Verordnung als Not-
                                                       fallversorgung oder Krankentransport einzustufen
                                                       ist (Sekundäreinsatz).
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                   11

Grundsätzlich sind unter Sekundäreinsätzen alle        Der Rettungsdienstplan des Landes richtet sich an
Einsätze zu verstehen, durch die                       die Aufgabenträger. Die Landkreise und kreisfreien
                                                       Städte als Träger der bodengebundenen Notfall-
1. Notfallpatientinnen oder Notfallpatienten nach
                                                       versorgung sind nach § 22 Abs. 4 HRDG verpflich-
   Übergabe an eine Behandlungseinrichtung zur
                                                       tet, zur Sicherstellung ihrer Aufgabenerfüllung Be-
   Diagnose oder weiteren Behandlung in eine
                                                       reichspläne aufzustellen. In Analogie hierzu hat
   andere Untersuchungs- oder Behandlungsein-
                                                       das Land als Träger der Luftrettung nach § 4 Abs.
   richtung,
                                                       4 HRDG einen Fachplan Luftrettung aufgestellt,
2. intensivmedizinisch zu versorgende Patientin-       welcher den Gesamtbedarf für die ergänzenden
   nen oder Patienten unter Weiterführung der in-      Leistungen der Luftrettung entsprechend den An-
   tensivmedizinischen Versorgung in eine für die      forderungen dieses Rettungsdienstplanes festlegt
   Gesamtbehandlung geeignete Behandlungsein-          (siehe auch Kap. 5.1).
   richtung,
3. Patientinnen oder Patienten aus einer Behand-       1.1.12    Berg- und Wasserrettung
   lungseinrichtung ohne vitale Gefährdung in eine
                                                       Der Berg- und Wasserrettung kommen spezielle
   für die weitere Behandlung geeignete Einrich-
                                                       Aufgaben innerhalb des Rettungsdienstes zu, so-
   tung
                                                       weit dafür im jeweiligen Rettungsdienstbereich ein
befördert werden. Dabei obliegt die Entscheidung       Bedarf besteht und die entsprechenden Einrich-
über das im Einzelfall einzusetzende Rettungsmit-      tungen im jeweils notwendigen Umfang in die Be-
tel dem verantwortlichen ärztlichen Personal der       reichspläne als bedarfsgerecht aufgenommen
abgebenden Behandlungseinrichtung.                     sind. Es ist deren Aufgabe, bei Menschen in Berg-
                                                       oder Wassernot Maßnahmen zur Erhaltung des
Sekundäreinsätze können sowohl mit bodenge-
                                                       Lebens und zur Vermeidung gesundheitlicher
bundenen Rettungsmitteln als auch mit Luftret-
                                                       Schäden einzuleiten, sie transportfähig zu machen
tungsmitteln durchgeführt werden. Die Auswahl
                                                       und sie unter fach- und sachgerechter Betreuung
des jeweils geeigneten Transportmittels hat in Ab-
                                                       mit dem Ziel der weiteren medizinischen Versor-
hängigkeit von den jeweiligen medizinischen Er-
                                                       gung bis zur Übernahme durch den bodengebun-
fordernissen, der Dringlichkeit sowie der Entfer-
                                                       denen Rettungsdienst oder die Luftrettung zu ver-
nung nach wirtschaftlichen Kriterien zu erfolgen.
                                                       sorgen. Näheres zur Berg- und Wasserrettung
Dabei ist dem bodengebundenen Transport
                                                       siehe auch Kap. 5.2.
grundsätzlich der Vorrang einzuräumen.
1.1.10 Intensivverlegungstransporte
Intensivverlegungstransporte (spezielle Sekundär-      1.2      Aufgaben des Rettungsdienstes
transporte) können durch eine besondere Vorgabe                 bei größeren Schadensereignis-
zur qualifizierten Durchführung und Entlastung des              sen und im Katastrophenfall
Rettungsdienstes geregelt werden (siehe Grund-
                                                       Ein Schadensereignis mit einem erhöhten Anfall
sätze zur Durchführung von ärztlich begleiteten
                                                       von Notfallpatientinnen und Notfallpatienten stellt
Sekundäreinsätzen in Hessen, Erlass vom
                                                       dann einen Ausnahmezustand unterhalb der Ka-
02.08.2005).
                                                       tastrophenschwelle dar, wenn dadurch eine Dis-
                                                       position nach den Grundsätzen der Regelversor-
1.1.11   Luftrettung                                   gung nicht mehr möglich ist. Derartige größere
                                                       Schadensereignisse werden nach dem Erlass des
Die Luftrettung hat im Sinne der Aufgabenbe-
                                                       HSM zur „Durchführung der Verordnung zur Aus-
schreibung und -abgrenzung des HRDG ergän-
                                                       führung der §§ 5 und 6 des HRDG (Zentrale Leit-
zend zum bodengebundenen Rettungsdienst die
                                                       stellen / Besondere Gefahrenlagen) vom 08. Juni
Aufgabe, mit Rettungshubschraubern (RTH) Pri-
                                                       1999 (Az.: M/VIII 6 a - 18 c 12.01.40) dreistufig
märeinsätze, Sekundäreinsätze, sowie Suchflüge
                                                       abgegrenzt:
und den Transport von lebenswichtigen Medika-
menten, Blutkonserven und Organen sowie Trans-         Stufe 1   Das Schadensereignis bewirkt eine Ein-
plantationsteams im Rahmen der Notfallversor-                    schränkung der Regelversorgung, das
gung durchzuführen. Ebenfalls zu den Aufgaben                    heißt, es sind mehr rettungsdienstliche
der Luftrettung gehört es, sonstige kranke, verletz-             Einsätze zu versorgen als Rettungsmittel
te oder hilfsbedürftige Personen unter fachgerech-               zur Verfügung stehen.
ter Betreuung mit besonders ausgestatteten Hub-
                                                       Stufe 2   Das Schadensereignis bewirkt eine Ein-
schraubern zu befördern, wenn dies medizinisch
                                                                 schränkung der Notfallversorgung, das
bzw. ökonomisch geboten ist.
12                                                      Rettungsdienstplan des Landes Hessen

          heißt, es sind mehr Notfälle zu bedienen      Planung abzustimmen. Auf diese Weise soll eine
          als sofort Rettungsmittel und sonstige        durchgängige rettungsdienstliche Infrastruktur als
          Versorgungskapazitäten zur Verfügung          Basis für die gesundheitliche Versorgung vom Re-
          stehen.                                       gelfall bis hin zum Katastrophenfall auf einem
                                                        möglichst hohen Niveau geschaffen werden. Sie
Stufe 3   Das Schadensereignis erfordert eine
                                                        ist besonders deshalb erstrebenswert, da auch im
          Verstärkung des Rettungsdienstes durch
                                                        Katastrophenfall dem Rettungsdienst in der Regel
          zusätzliche Kapazitäten, das heißt, es er-
                                                        die Aufgabe zukommt, am schnellsten und am
          folgt ein plötzlicher Anfall einer erhöhten
                                                        qualifiziertesten medizinische Hilfe zu leisten.
          Zahl von Verletzten und/oder Erkrankten,
          deren Wirkung über die Stufe 2 hinaus-        2     Anforderungen an die Organi-
          geht oder eine Großschadenslage oder
          besondere Gefahrenlage darstellt.                   sation und Durchführung der
Im praktischen Einsatz erfüllt der Rettungsdienst
                                                              Notfallversorgung
jedoch sowohl in der Regelversorgung als auch           2.1    Vorgaben zur allgemeinen Orga-
bei größeren Schadensereignissen unterhalb der                 nisation des Rettungsdienstes
Katastrophenschwelle sowie auch im Katastro-
phenfall selbst grundsätzlich die gleichen Aufga-       Zur Sicherstellung einer einheitlichen und bedarfs-
ben. Der Katastrophenfall ist aus rechtlicher Sicht     gerechten rettungsdienstlichen Versorgung wurde
allein deshalb gegenüber einem größeren Scha-           in Hessen sowohl aus gesundheitsvorsorgerischer
densereignis abzugrenzen, weil nach dessen              als auch aus ordnungspolitischer Sicht der not-
Feststellung der Rettungsdienst zum Bestandteil         wendige Rahmen für die Organisation und Durch-
des Katastrophenschutzes nach dem Hessischen            führung des Rettungsdienstes sowie die dabei von
Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe       allen Beteiligten zu erfüllenden Anforderungen
und den Katastrophenschutz (HBKG) vom 17. De-           durch das HRDG geregelt.
zember 1998 (GVBl. I S. 530) wird.                      Für die Organisation des Rettungsdienstes wird
Bei größeren Schadensereignissen und im Katast-         angestrebt, den Einsatz der Rettungsmittel nach
rophenfall kommen allerdings organisatorische           dem Mehrzweck-Fahrzeugsystem in Verbindung
Aufgaben hinzu, die insbesondere die Feststellung       mit der Nächstes-Fahrzeug-Strategie als Dispositi-
der Behandlungs- und Transportprioritäten, der          onsstrategie umzusetzen. Soweit zweckmäßig,
Transportmittel und -ziele, des personellen und         kann das Mehrzweck-Fahrzeugsystem für konkre-
materiellen Bedarfs und die Führung durch eine          te Einzelzwecke in Teilbereichen durch das RTW-/
technische Einsatzleitung umfassen.                     KTW-Fahrzeugsystem ergänzt werden (zum Bei-
                                                        spiel KTW für Ferntransporte und/oder für den
Das Nähere hierzu ist gemäß § 6 Abs. 6 und 8            Krankentransport in Verbindung mit der Zuwei-
HRDG in der „Verordnung zur Ausführung der §§ 5         sungsstrategie).
und 6 des HRDG (Zentrale Leitstellen/Besondere
Gefahrenlagen) vom 31. Mai 1999 (GVBl. I S. 366)        Ziel der Organisationsform der organisatorischen
sowie dem o. a. Erlaß des HSM vom 8. Juni 1999          Einheit ist es u. a., die vorgehaltenen Rettungsmit-
geregelt.                                               tel so zu strukturieren, dass regelmäßig RTW im
                                                        Rahmen des Mehrzweck-Fahrzeugsystems ver-
Diese Verordnung korrespondiert mit der Ermäch-         fügbar sind. Daraus ergibt sich durch Synergieef-
tigung des § 9 Abs. 3 des Hessischen Kranken-           fekte eine wesentliche Qualitätsverbesserung der
hausgesetzes 2002 (GVBl. I S. 662) und schafft          Regelversorgung im Rettungsdienst, sowie eine
damit eine durchgängige Gesamtregelung für die          bessere Bewältigung von größeren Schadenser-
notfallmedizinische Versorgung bei größeren             eignissen und von Katastrophenfällen, da die ins-
Schadensereignissen.                                    gesamt verfügbaren Rettungsmittel bei Bedarf
Damit viele Behandlungsplätze unterschiedlicher         auch über den eigenen Versorgungsbereich hin-
Rettungsdienstbereiche sinnvoll und koordiniert         aus universell eingesetzt werden können.
zusammenarbeiten können, hat das HSM mit Er-
lass vom 5. Juli 2005 die „Überörtliche Einsatzpla-
nung für einen Massenanfall von Verletzten (Ü-          2.2    Vorgaben für die bodengebunde-
MANV) – Konzept Hessen“ vorgegeben.                            ne Notfallversorgung
Um einen reibungslosen Übergang in die besonde-         Die Notfallversorgung steht wegen ihres medizi-
ren Strukturen des Katastrophenschutzes zu ge-          nisch begründeten Vorrangs gegenüber dem Kran-
währleisten, ist mit den Katastrophenschutzplänen       kentransport im Vordergrund der rettungsdienstli-
nach § 31 HBKG eine entsprechend abgestufte
Rettungsdienstplan des Landes Hessen                                                                        13

chen Planung. Sie hat sicherzustellen, dass die           nämlich den, der weitestgehend einer planerischen
Versorgung der Bevölkerung permanent und be-              und organisatorischen Beeinflussung durch den
darfsgerecht gewährleistet ist und dass zu jeder          Rettungsdienst zugänglich ist. Bei der Darstellung
Zeit die zur sofortigen Bedienung des Notfallauf-         und der Beurteilung der Hilfsfrist ist neben der rei-
kommens erforderlichen geeigneten Rettungsmit-            nen Zeitvorgabe als Planungsmaß der Struktur-
tel zur Verfügung stehen. Auch bei größeren Scha-         qualität auch der Anteil der Notfälle, der sogenann-
densereignissen bleibt die rettungsdienstliche Ver-       te Zielerreichungsgrad zu berücksichtigen, in dem
sorgung der Bevölkerung Aufgabe der Notfallver-           die Hilfsfrist organisatorisch verbindlich in der Rea-
sorgung.                                                  lität eingehalten werden muss (Überprüfungsmaß
                                                          für die Ergebnisqualität).
Die Landkreise und kreisfreien Städte als Träger
der bodengebundenen Notfallversorgung nehmen              Bei der im Rahmen der Qualitätssicherung des
diese Aufgabe als Selbstverwaltungsangelegen-             Rettungsdienstes durchzuführenden Überprüfung
heit wahr, soweit in § 5 Abs. 4 HRDG (Aufgaben            der Einhaltung des Soll-Wertes der Hilfsfrist gilt als
der Zentralen Leitstellen zur Erfüllung nach Wei-         Maß für die Ergebnisqualität in der Notfallversor-
sung) nichts anderes bestimmt ist.                        gung deren Einhaltung dann als erfüllt, wenn in ei-
                                                          nem Rettungsdienstbereich mindestens 90 Pro-
Um eine auf definierten Organisationsstrukturen
                                                          zent aller an einer Straße gelegenen Einsatzorte
begründete landeseinheitliche Bedarfsplanung si-
                                                          innerhalb einer Hilfsfrist von zehn Minuten durch
cherzustellen und als notwendiges Zeitraster für
                                                          ein geeignetes Rettungsmittel in der Realität unter
die Durchführungsqualität, werden die Zeitpunkte,
                                                          Ausnutzung aller Möglichkeiten von Dispositions-
Teilzeiten und Zeitabschnitte im Rettungsablauf in
                                                          und Einsatzstrategien sowie Fahrzeugsystemen
Anlage 3 zu diesem Plan festgelegt.
                                                          erreicht werden konnten. Für die Sicherung der
2.2.1     Hilfsfrist und Überprüfung der Ergeb-           Ergebnisqualität bedeutet dies, dass bei zehn Pro-
          nisqualität                                     zent der hilfsfristrelevanten Notfälle (Ausnahmefäl-
                                                          le) in der Realität eine längere Hilfsfrist als 10 Mi-
Die Hilfsfrist ist der Zeitabschnitt (Anlage 3), der in
                                                          nuten einschränkend in Kauf genommen wird. Da-
der Notfallversorgung nach Eingang der Notfall-
                                                          bei ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der
meldung in der zuständigen Zentralen Leitstelle mit
                                                          Notfallort in vielen Fällen schneller als in 10 Minu-
dem Zeitpunkt der Einsatzentscheidung beginnt,
                                                          ten erreicht wird.
die Einsatzvergabe (Dispositionszeit und Alarmie-
rungszeit) sowie die einsatzbereite Besetzung des         In mindestens 95 % der Fälle muss der Notfallort -
alarmierten Rettungsmittels (Ausrückzeit) umfasst         insbesondere auch in ländlich strukturierten Ret-
und mit dem Eintreffen des ersten geeigneten Ret-         tungsdienstbereichen - nach 15 Minuten erreicht
tungsmittels am Einsatzort an der Straße (Anfahrt-        werden. In großstädtischen Strukturen sind kürze-
zeit) endet.                                              re Eintreffzeiten bzw. größere Hilfsfristerrei-
                                                          chungsgrade anzustreben, da hier nach Ankunft
Die Hilfsfrist stellt als Planungsmaß (Soll-Wert) für
                                                          an der Einsatzadresse, z. B. in Hochhäusern oder
die Strukturqualität einen wesentlichen Parameter
                                                          weitläufigen Objekten, häufig nicht unerhebliche
für die Bedarfsplanung im Rettungsdienst dar. Sie
                                                          Wege bis zum Erreichen der Notfallpatientin oder
definiert den Ausbaustandard der bedarfsgerech-
                                                          des Notfallpatienten zurückzulegen sind.
ten    rettungsdienstlichen      Standortinfrastruktur
(Netzdichte der bedarfsgerechten Rettungswa-              Der Zielerreichungsgrad der Hilfsfrist ist daher kein
chen). Die Hilfsfrist muss planerisch im Bereichs-        Planungsmaß, sondern ein Überprüfungsmaß zur
plan berücksichtigt (Strukturqualität), ihre Einhal-      Sicherung der Ergebnisqualität, anhand dessen
tung muss durch geeignete organisatorische Maß-           die Summe der Wirkungen der realen Abläufe in-
nahmen ermöglicht (Durchführungsqualität) und             nerhalb eines Notfallversorgungssystems im Hin-
das Ergebnis muss vom Aufgabenträger überprüft            blick auf die Einhaltung der Landesnorm als Er-
werden (Ergebnisqualität).                                gebnis meßbar ist. Als Einflussgrößen, die im Er-
                                                          gebnis zu einer konkreten einsatzbezogenen Hilfs-
Als Hilfsfrist ist für die bodengebundene Notfallver-
                                                          frist (Ist-Wert) führen, sind u. a. zu nennen: die
sorgung in Hessen gemäß § 22 Abs. 2 HRDG ein
                                                          nicht planbaren zufälligen „Elementarereignisse“
Zeitabschnitt von zehn Minuten vom Gesetzgeber
                                                          im äußeren Umfeld, die Standortverteilung der
als umsetzbar und sachlich vertretbar vorgegeben,
                                                          Rettungswachen, die Anzahl einsatzbereiter ge-
innerhalb dem in der Regel jeder an einer Straße
                                                          eigneter Rettungsmittel und deren aktuelle Stand-
gelegene Notfallort zu erreichen ist.
                                                          orte zum Dispositionszeitpunkt eines Notfalls, die
Die Hilfsfrist umfasst jedoch nur einen Teil des          Kombination der verschiedenen Dispositions- und
Zeitraumes zwischen dem Eintritt des Notfalls und         Einsatzstrategien sowie der Fahrzeugsysteme,
dem Beginn der notfallmedizinischen Versorgung,           das Alarmierungs- und Ausrückverhalten, die „In-
14                                                     Rettungsdienstplan des Landes Hessen

telligenz“ der Zentralen Leitstelle, weitere äußere    abzüglich    Einsatzanfahrten, deren Einsatzorte in
Zufälligkeiten, die mit dem sich zufällig ereignen-                 Ausnahmegebieten (siehe auch Kap.
den Notfall zusammenfallen.                                         3.2.1) oder nicht an einer öffentlichen
                                                                    Straße liegen (z. B. Feld- und Wald-
Bei der Überprüfung der Ergebnisqualität sind Ge-
                                                                    wege, Betriebsgelände, Truppen-
biete mit sehr geringer Notfallwahrscheinlichkeit,
                                                                    übungsplätze)
wie nicht oder nur sehr gering besiedelte Gebiete
oder Gebiete, die nicht durch Straßen erschlossen      abzüglich    Einsatzanfahrten mit fehlerhaften
sind, nicht zu berücksichtigen (Ausnahmegebiete).                   „Zeitstempeln“ (z. B. Statusmeldung
                                                                    vergessen)
Ausnahmegebiete sind durch den Träger der Not-
                                                       abzüglich    Einsatzanfahrten aufgrund von Nach-
fallversorgung festzulegen. Dabei darf ein Aus-
                                                                    alarmierungen
nahmegebiet an kein weiteres Ausnahmegebiet
angrenzen. Wenn dies der Fall ist, sind beide wie      abzüglich    Einsatzanfahrten, die einsatztaktisch
ein Ausnahmegebiet zu behandeln.                                    absolute Fehlfahrten sind (z. B. keine
                                                                    Maßnahmen und kein Transport, An-
Die in § 3 Abs. 1 HRDG geforderte bedarfsgerech-                    fahrtabbruch)
te und wirtschaftliche Versorgung mit Leistungen
der Notfallversorgung ist damit auf diejenigen Ge-     abzüglich    Einsatzfahrten zu einem Krankenhaus
biete bezogen, die innerhalb der Hilfsfrist plane-                  der Regelversorgung oder höherwer-
risch erreichbar sind und in denen auch in der Ver-                 tigen Versorgung
gangenheit regelmäßig, d. h. mehr als 10 Notfall-
ereignisse im Jahresdurchschnitt während der letz-     = Gesamtheit der auswertbaren hilfsfristrelevan-
ten 4 Jahre dokumentiert sind (Vergangenheits-           ten Notfallanfahrten (= 100 %)
daten).                                                Einsätze von Rettungsmitteln im Rahmen der be-
Bei Feststellung der Nichteinhaltung der Landes-       reichsübergreifenden Notfallversorgung und Ein-
norm durch Unterschreiten des Zielerreichungs-         sätze der Luftrettungsmittel sind bei der Überprü-
grades (z. B. nur 80 % in 10 Minuten statt 90 % in     fung der Ergebnisqualität in die Berechnungen ein-
10 Minuten erreicht) sind daher zuerst alle organi-    zubeziehen.
satorischen Wirkbereiche, wie z. B. das Ausrück-       Vor der Ermittlung der Hilfsfristverteilung ist die
verhalten, die bestehenden Alarmierungswege, die       Plausibilität des Datenbestandes und seiner
praktizierten Dispositions- und Einsatzstrategien,     Merkmale sicherzustellen.
die „Leitstellenintelligenz“, auf Schwachstellen zu
prüfen, ehe kostenverursachende Faktoren, wie z.       Zur konkreten Überprüfung der Einhaltung der
B. zusätzliche RTW oder zusätzliche Rettungswa-        Landesnorm anhand der realen Hilfsfristverteilung
chen, zur Erfüllung des Zielerreichungsgrades der      ist der Prozentwert der auswertbaren hilfsfristrele-
Hilfsfrist ins Auge gefasst werden.                    vanten Notfallanfahrten mit einer Hilfsfrist von bis
                                                       zu 10,0 Minuten an der Gesamtheit aller auswert-
Vorgehen zur Überprüfung der Ergebnisqualität          baren hilfsfristrelevanten Notfallanfahrten (100 %)
(Einhaltung der Landesnorm)                            zu bestimmen. Beträgt der Prozentwert 90,0 bei
Die auswertbaren hilfsfristrelevanten Notfallanfahr-   einer Hilfsfrist von 10 Minuten und 95,0 bei 15 Mi-
ten zur Überprüfung der Ergebnisqualität werden        nuten oder liegt er darüber, so ist die Landesnorm
aus den in den Leitstellendaten eines Jahres ins-      im Sinne der Vorgaben erfüllt, liegt der Prozent-
gesamt dokumentierten Einsatzanfahrten im Aus-         wert unter 90,0 (bei 10 Minuten) und 95,0 (bei 15
schlussverfahren wie folgt bestimmt (Hinweis: Die      Minuten), so ist die Landesnorm nicht erfüllt.
hilfsfristrelevanten Notfallanfahrten sind nicht zu    Als wichtiger Beitrag zur kontinuierlichen Quali-
verwechseln mit den bemessungsrelevanten Not-          tätssicherung im Rettungsdienst sollen alle Notfall-
fallanfahrten, siehe auch Kap. 1.1.6.1 und 3.3):       einsätze mit Sonderrechten auf der Anfahrt, bei
Gesamtzahl aller dokumentierten Einsatzanfahrten       denen die reale Hilfsfrist über der 10-Minuten-
mit Einsatzort im Rettungsdienstbereich                Landesvorgabe liegt, zeitnah in einem ausführli-
                                                       chen Einsatzbericht gesondert in der Zentralen
abzüglich   Einsatzanfahrten ohne Sonderrechte         Leitstelle dokumentiert werden. Dieser Einsatzbe-
            auf der Anfahrt                            richt ist so zu strukturieren, dass zu allen am Not-
abzüglich   Einsatzanfahrten aufgrund von Paral-       falleinsatz beteiligten Rettungsmitteln eine gesi-
            lelalarmierungen (nur das zuerst ein-      cherte Ursachenerkennung für die Nichteinhaltung
            getroffene geeignete Rettungsmittel        der Hilfsfrist gewährleistet ist. Die Einsatzberichte
            markiert die Einhaltung der Hilfsfrist)    sollen im Rahmen einer Schwachstellenanalyse in
                                                       regelmäßigen Abständen von 6 Monaten durch
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