Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
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VBG-Fachwissen Return-to-Competition Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk in Kooperation mit dem
Die in dieser Publikation enthaltenen Lösungen schließen andere, mindestens ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in Regeln anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder der Türkei oder anderer Vertragsstaaten des Abkom- mens über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können. VBG – Ihre gesetzliche Unfallversicherung Die VBG ist eine gesetzliche Unfallversicherung und versichert bundesweit knapp 1,5 Millionen Unternehmen aus mehr als 100 Branchen – vom Architekturbüro bis zum Zeitarbeitsunternehmen. Ihr Auftrag ist im Sozialgesetzbuch festgeschrieben und teilt sich in zwei Hauptaufgaben: Die erste ist die Prävention von Arbeitsunfällen, Wegeunfällen, Berufskrankheiten und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren. Die zweite Aufgabe ist das schnelle und kompetente Handeln im Schadensfall, um die ganzheitliche Rehabilitation der Versicherten optimal zu unterstützen. Im Jahr 2020 wurden knapp 360.000 Unfälle und Berufskrankheiten registriert. Die VBG betreut die Versicherten mit dem Ziel, dass die Teilhabe am Arbeitsleben und am Leben in der Gemeinschaft wieder möglich ist. 2.300 VBG-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter kümmern sich an elf Standorten in Deutschland um die Anliegen ihrer Kunden und Kundinnen. Hinzu kommen sieben Akademien, in denen die VBG-Seminare für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz stattfinden. Verstärkt bietet die VBG auch Web-Seminare zur ortsunabhängigen Weiterbildung an. Weitere Informationen: www.vbg.de
Return-to-Competition Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk Version 2.0 | Stand Juni 2022
Return-to-Competition Sprunggelenk Inhaltsverzeichnis Vorwort 5 1 Epidemiologie 7 2 Ätiologie 8 3 Risikofaktoren 10 4 Diagnostik 13 5 Zentrale Phasen und Meilensteine im Rehabilitationsprozess 15 6 Return-to-Play-Testbatterie 17 6.1 Aufbau der Testbatterie 17 6.2 Exemplarisches Aufwärmen 18 6.3 Empfehlungen zum Taping und Tragen von Orthesen 18 7 Testkategorie Klinische Freigabe 19 8 Testkategorie Subjektives Empfinden 19 8.1 Injury-Psychological Readiness to Return to Sport (I-PRRS)-Skala 20 8.2 Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) 21 8.3 Foot and Ankle Ability Measure Sport (FAAM Sport) 23 9 Testkategorie Posturale Kontrolle 25 9.1 Star-Excursion-Balance-Test (SEBT) 26 10 Testkategorie Kraft 28 10.1 Heel-Rise-Test 29 10.2 Einbeinige Kniebeuge 30 11 Testkategorie Sprung- und Landequalität 32 11.1 Einbeiniger Drop-Jump 33 11.2 Figure-of-8-Hop 36 11.3 Side-Hop 37 12 Testkategorie Agilität 38 12.1 T-Test 38 13 Zusammenfassung der Bewertungskriterien 40 14 Danksagung 41 15 Literaturverzeichnis 41 4
Return-to-Competition Sprunggelenk Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, der gesetzliche Auftrag der VBG ist die Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer Versicherten mit allen geeigneten Mitteln. Eines der zentralen Ziele im bezahlten Sport ist es, diesen Auftrag weiterhin mittels sozialverträglicher Beiträge zu erfüllen. Dieser Herausforderung begegnen wir mit einer Reihe innovativer und interdisziplinärer Maßnahmen, sowohl aus dem Bereich der Prävention als auch der Rehabilitation. Dazu fördert die VBG die ganzheitliche sportmedizinische Betreuung, indem sie – getreu dem Motto nach dem Unfall ist vor dem Unfall – die Implementierung präventiver Standards und Maßnahmen in den Sportver- einen unterstützt. Die VBG sensibilisiert die beteiligten Akteurinnen und Akteure im bezahlten Sport, insbe- sondere in Situationen mit hohem Leistungs- und Erwartungsdruck, zu einem verantwortungsvollen Handeln. Kommt es zu einer Verletzung, setzt sich die VBG dafür ein, dass eine Rückkehr zum Wettkampfsport nicht ausschließlich nach einer zeitlichen Bewertung, sondern auf der Basis von objektiven Kriterien erfolgt. Dies gilt insbesondere für Verletzungsschwerpunkte, wie Sprunggelenksverletzungen, die mit langen Ausfallzeiten und/oder einem hohen Wiederverletzungsrisiko verbunden sind. Mit dem Ziel, die vorhandene Expertise der im Rehabilitationsverlauf beteiligten Professionen zu bündeln, veranstaltete die VBG im Juli 2017 in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) eine Konsensuskonferenz „Return-to-Competition nach Sprunggelenksverletzungen“. Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen setzten sich aus Forschungsgruppen, Sportwissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, Ärzten und Ärztinnen, Physiotherapeuten und -therapeutinnen sowie Athletik-/Rehatrainern und -traine- rinnen zusammen. An dieser Stelle möchten wir dem BISp und allen Teilnehmenden für ihre Mitarbeit noch- mals herzlich danken. Die VBG möchte Ihnen mit dieser Publikation nun die Ergebnisse der Konsensuskonferenz an die Hand geben. Im Mittelpunkt steht dabei eine innovative Testbatterie, welche Sie bei der objektiven Beurteilung unterstützt, ob ein am Sprunggelenk verletzter Spieler oder eine verletzte Spielerin wieder uneingeschränkt ins Mannschaftstraining zurückkehren sollte. Darüber hinaus finden Sie auf den folgenden Seiten viele wei- tere Informationen zur Entstehung und Diagnostik von akuten lateralen Bandverletzungen am Sprunggelenk. Weitere Informationen und Medien, insbesondere zur Prävention und Return-to-Competition-Thematik, finden Sie im Web auf der VBG-Branchenseite Sport unter www.vbg.de/rtc. Sportliche Grüße Hendrik Bloch Projektleiter 5
Return-to-Competition Sprunggelenk 1 Epidemiologie Sprunggelenksverletzungen stellen eine der Der VBG-Sportreport 2021 bestätigt dieses Bild in häufigsten Sportverletzungen dar und weisen ein Teilen. Distorsionen nehmen in den untersuchten hohes Wiederverletzungsrisiko auf. 1 Im Basketball Sportarten Basketball, Fußball und Handball jeweils und Handball nahmen Sprunggelenksverletzungen den Spitzenplatz ein, der Anteil variiert jedoch stark. in der Saison 2019/20 mit 18,6 Prozent und 14,6 So deckt sich der Anteil der Distorsionen nur im Prozent jeweils den Spitzenplatz ein. Fasst man die Basketball (66,7 Prozent) mit den Angaben aus der aktuelle Studienlage zusammen, so verletzen sich Fachliteratur, während im Handball (58,2 Prozent) etwa 70 bis 80 Prozent der Sportler beziehungsweise und im Fußball (44,4 Prozent) der Anteil bereits Sportlerinnen nach einer primären Sprunggelenks- geringer ist. Im Eishockey dominieren hingegen verletzung erneut am Sprunggelenk.2 Am häufigsten Kontusionen das Verletzungsgeschehen am Sprung- ist der laterale Bandapparat betroffen.3 In der gelenk (41,5 Prozent).5 Fachliteratur werden über zwei Drittel der Sprung- gelenksverletzungen als Distorsionen klassifiziert.4 Sprunggelenksverletzungen im Mannschaftssport 25,0 20,0 15,0 10,0 5,0 18,2 % 5,4 % 12,9 % 14,6 % 0,0 Basketball Eishockey Fußball Handball Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Sprunggelenksverletzungen in den Sportarten Basketball, Eishockey, Fußball und Handball in der Saison 2019/20, 1./2. Liga Männer Siehe auch VBG-Sportreport 2021, Seiten 35, 57, 81 und 105 1 Hertel 2002, Best et al. 2016 Umschlag_Sportreport_2021.indd 1 17.03.22 15:08 2 Friel et al. 2006, Clanton et al. 2012, Hertel 2002 3 Hertel 2002, Best et al. 2016 4 Clanton et al. 2012, Walls et al. 2016 5 Klein et al. 2022 7
Return-to-Competition Sprunggelenk 2 Ätiologie Sprunggelenksverletzungen ereignen sich zu 70–85 Prozent im Zuge eines Inversions-/Supina- tionstraumas.6 Betrachtet man die häufigsten Bewegungsmuster zum Zeitpunkt der Verletzung, so wird deutlich, dass sich Sprunggelenksverletzungen vorrangig nach dem initialen Kontakt des Fußaufsatzes beim Lauf oder im Moment der Landung nach Sprüngen ereignen. Eine erhöhte Plantarflexion im initialen Kontakt vergrößert zusätzlich die Wahrscheinlichkeit einer lateralen Sprunggelenksdistorsion. Laterale Bandverletzungen am Sprunggelenk Bei der ätiologischen Analyse von Verletzungen gehen zudem mit einer verzögerten Aktivität der lassen sich drei Hauptmechanismen unterscheiden: M. peroneii einher (nach ca. 60–90 ms)7, wobei Non-Kontakt, indirekter Kontakt und Kontakt. Dabei die maximale Auslenkung eines unverletzten, dominieren am Sprunggelenk zwar Kontakt-Verlet- stabilen Sprunggelenks bereits bei etwa 40° zungen das Verletzungsgeschehen, ein gegnerisches (nach ca. 70 ms)8 erreicht ist. Foulspiel ist sportartübergreifend dennoch nur bei jeder fünften bis zehnten Verletzung eine Teilursache (siehe Abbildungen 2 und 3). 6 Hertel 2002, Fong et al. 2009, McKay et al. 2001 7 Fong et al. 2009 8 Best et al. 2016 8
Return-to-Competition Sprunggelenk Verletzungsmechanismen am Sprunggelenk 100,0 10,5 % 9,1 % 9,7 % 90,0 18,8 % 80,0 14,5 % 70,0 22,6 % 20,8 % 60,0 40,9 % 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 75,0 % 50,0 % 67,7 % 60,4 % 0,0 Basketball Eishockey Fußball Handball Abbildung 2: Prozentualer Anteil Kontakt-, indirekte Kontakt- und Non-Kontakt-Verletzungen im Basketball, n Non-Kontakt Eishockey, Fußball und Handball in der Saison 2019/20, 1./2. Liga Männer n indirekter Kontakt Quelle: VBG-Sportreport 2021 n Kontakt Verletzungsursache Foulspiel nach Sportart 100,0 9,1 % 90,0 12,7 % 4,2 % 16,8 % 2,1 % 80,0 27,9 % 70,0 6,6 % 60,0 50,0 40,0 30,0 20,0 10,0 83,1 % 90,9 % 65,6 % 81,1 % 0,0 Basketball Eishockey Fußball Handball Abbildung 3: Prozentualer Anteil kein Foul, eigenes Foul, gegnerisches Foul bei Sprunggelenksverletzungen im n gegnerisches Foul Basketball, Eishockey, Fußball und Handball in der Saison 2019/20, 1./2. Liga Männer n eigenes Foul Quelle: VBG-Sportreport 2021 n kein Foul 9
Return-to-Competition Sprunggelenk 3 Risikofaktoren Risikofaktoren lassen sich in die Kategorien interne und externe Faktoren unterteilen. Dabei fällt auf, dass sich insbesondere bei Ersteren beeinflussbare Faktoren wiederfinden. Doch auch unter den externen Risikofaktoren finden genug ist. Für Sprunggelenksverletzungen lassen sich beeinflussbare Faktoren, wie zum Beispiel sich folgende Hauptrisikofaktoren hervorheben: Ausrüstungselemente. Dies suggeriert ein grundsätz- liches Präventionspotenzial für Sportverletzungen im Vorverletzungen Allgemeinen. Das Vorherrschen eines oder mehrerer • Größter Risikofaktor für eine Rezidivverletzung.9 Risikofaktoren führt jedoch nicht per se zu einer • Eine Vorverletzung erhöht auch das Risiko für eine Verletzung. Zusätzlich bedarf es eines auslösenden kontralaterale Folgeverletzung.10 Ereignisses. Ermüdung Je mehr Risikofaktoren vorliegen beziehungsweise • Sprunggelenksverletzungen treten seltener zu Beginn je gravierender deren Ausprägung ist, desto geringer des Spiels auf, was darauf schließen lässt, dass Ermü- ist die Toleranz gegenüber auftretenden Ereignissen. dung das Auftreten einer Verletzung beeinflusst.11 Jedoch kann es auch ohne erkennbares Vorliegen • Ermüdung reduziert die posturale Kontrolle, ins- von Risikofaktoren zu einer Verletzung kommen, besondere bei Spielerinnen oder Spielern mit Vor- wenn der Einfluss des auftretenden Ereignisses groß verletzungen am Sprunggelenk.12 Risikofaktorenmodell frühere Verletzung Erneute Teilnahme mit veränderten internen Risikofaktoren aufgrund positiver und negativer Effekte der vorangegangenen Belastungen interne beeinflussbare Faktoren Rehabilitation/ Faktoren (zum Beispiel Ausdauer, Kraft, „Fitness“ Return-to-Play Beweglichkeit, Stabilität) Positive Trainingseffekte „Erschöpfung“ Negative Trainingseffekte keine Verletzung nicht beinflussbare Faktoren (zum Beispiel Alter, Geschlecht, Körperbau) anfälliger Sportler Belastungseinwirkung Verletzung Einwirkung externer Gefährdungs- auslösendes Ereignis faktoren, zum Beispiel Verhalten Überbelastung, Kollisionen, Stürze, keine Genesung von Mit- und Gegenspieler, Ausrü- Non-Kontakt-Ereignisse (zum Beispiel Rich- stung, Umweltbedingungen tungswechsel, Ausfallschritte, Landungen) keine Sportausübung mehr möglich Abbildung 4: Risikofaktorenmodell für Sportverletzungen (übersetzt nach Windt & Gabbett 2016) 9 E ngebretsen et al. 2010, Hertel 2002, Fulton et al. 2014, 16 Witchalls et al. 2013, Arnold et al. 2009, Eirale et al. 2014 Kofotelis et al. 2007 17 Powers 2017, Friel et al. 2006 10 Engebretsen et al. 2010, Fulton et al. 2014 18 Gabbe et al. 2004, Terada et al. 2013, Eirale et al. 2014 11 Kofotolis et al. 2007, Waldén et al. 2013 19 Friel et al. 2006 12 Steib et al. 2013, Greig & McNaughton 2014 20 Mattacola & Dwyer 2002, Eirale et al. 2014 13 McKeon & Hertel 2008, Witchalls et al. 2013 21 Blanch & Gabbett 2015, Soligard et al. 2016, 14 McKeon & Hertel 2008 Malone et al. 2017 15 Gabett 2018 10
Return-to-Competition Sprunggelenk Belastungszonen nach dem Akut:Chronischen Belastungs-Ratio Höchstleistung Verletzungs- risiko Leistung Risiko Untertraining optimale Belastung kurzzeitiges Risiko Übertraining A:C-Ratio < 0,8 A:C-Ratio 0,8–1,3 Übertraining A:C-Ratio > 1,4 1,3–1,4 Abbildung 5: Akut:Chronisches Belastungs-Ratio (adaptiert nach Gabbett 2016) Quelle: https://www.athletemonitoring.com/workload-management/ Reduzierte posturale Kontrolle • Eine reduzierte posturale Kontrolle erhöht das • Athletinnen oder Athleten mit einer Schwäche Risiko einer Sprunggelenksverletzung.13 der Hüftabduktoren haben ein höheres Risiko eine • Sprunggelenksverletzungen wirken sich wiederum Non-Kontakt-Sprunggelenksverletzung zu erleiden.17 negativ auf die posturale Kontrolle aus.14 Eingeschränkte Beweglichkeit Falsche Trainingssteuerung • Eine reduzierte beziehungsweise eingeschränkte • Die Trainingssteuerung hat unmittelbaren Einfluss Dorsalflexion sowie ipsilaterale Plantarflexion auf das Verletzungsrisiko. So können beispiels- erhöhen das Risiko einer Sprunggelenksverlet- weise unangemessene Belastungsspitzen das zung.18, 19 Verletzungsrisiko erhöhen.15 Gestörte Propriozeption Kraftdefizite • Sprunggelenksverletzungen wirken sich negativ • Kraftdefizite und verzögerte Reaktionszeiten (exzen- auf die Propriozeption aus, was das Wiederverlet- trisch/konzentrisch) der Inversoren und Evertoren zungsrisiko erhöht.20 erhöhen das Risiko einer Sprunggelenksverletzung.16 Akut:Chronisches Belastungs-Ratio Im Rehabilitationsprozess und bei der Return-to-Play-Entscheidung kann das Akut:Chronische Belastungs-Ratio ein Steuerungselement sein. Dabei wird die akute Belastung der zurückliegenden Woche der mittelfristigen Belastung, zum Beispiel der vorausgegangenen 4 Wochen („Chronische Belastung“), gegenübergestellt. Im Sinne einer verlet- zungspräventiven Trainingssteuerung werden in Abhängigkeit der Studienlage und Sportart unterschiedliche Ratios empfohlen, um Verletzungen durch unverhältnismäßige Belastungsspitzen zu vermeiden (siehe Abbildung 5). Durch eine sinnvolle Progression der Belastungsumfänge und -intensitäten können schließlich die Voraussetzungen für eine vollumfängliche Teilnahme am Mannschaftstraining sowie eine Rückkehr in den Wettkampf gewährleistet werden.21 11
Return-to-Competition Sprunggelenk Trainingsbelastung (Tra Beispiel: ining Load) = Dauer RPE Der Athlet beziehungsweise die Athletin hat bei der Rückkehr ins uneingeschränkte Mannschaftstraining * eine normale Trainingswoche mit einer Trainings- belastung von 100 Prozent („Akute Belastung”). Zum Beispiel: Hatte er oder sie jedoch aufgrund der Verletzung Trainingsdauer = 90 in den vergangenen vier Wochen im Rehatraining Minuten subjektive Beanspruch („Chronische Belastung”) nur eine durchschnittliche ung = 7 Trainingsbelastung von 40 Prozent, so liegt die Ver- Trainingsbelastung (Tra ining Load) = letzungswahrscheinlichkeit für die kommende Woche 90 bei 28 Prozent (siehe Abbildung 6). Die Trainingsbelas- tung lässt sich dabei wie folgt berechnen: Trainingsbelastung (Training Load) = * 7 = 630 Trainingsdauer x RPE. 110 4,7 4,1 3,6 3,4 3,2 3,3 3,5 100 4,3 3,7 3,4 3,3 3,3 3,6 4,0 90 3,9 3,5 3,3 3,3 3,6 4,2 4,9 (% der normalen Belastung) 80 3,5 3,3 3,3 3,7 4,3 5,3 6,6 70 3,3 3,3 3,7 4,6 5,8 7,5 9,5 Chronische Belastung 60 3,3 3,8 4,9 6,6 8,8 11,6 14,9 50 4,0 5,5 7,9 11,0 14,9 19,6 25,1 40 6,6 10,1 14,9 20,9 28,2 36,7 46,5 30 14,9 23,2 33,7 46,5 61,4 78,6 98,0 60 70 80 90 100 110 120 Akute Belastung (% der normalen Belastung) Abbildung 6: Verletzungswahrscheinlichkeiten bei unterschiedlichen Szenarien des Akut:Chronischen Belastungs-Ratios 12
Return-to-Competition Sprunggelenk 4 Diagnostik Erleidet ein Sportler oder eine Sportlerin eine Verletzung, ist eine genaue und differenzierte Diagnostik unabdingbar, um eine optimale Therapie einleiten zu können. Mehrheitlich kann bei akuten lateralen Bandverletzungen am Sprunggelenk auf eine konservative Behandlung zu- rückgegriffen werden. Anhand der Diagnostik kann jedoch auch eine mögliche Notwendigkeit einer operativen Stabilisation geklärt werden. Bei anhaltender Instabilität (mindestens 3 Mo- nate) am Sprunggelenk sollte im Rahmen der Diagnostik zwischen mechanischer (ligamentäre Insuffizienz) und funktioneller (muskuläres, propriozeptives Defizit) Instabilität differenziert werden. Bei akuten lateralen Sprunggelenksverletzungen haben sich folgende Diagnostik- schwerpunkte etabliert:22 Inspektion einer lateralen Bandruptur beträgt so 96 Prozent • Beurteilung Schmerzempfinden mit einer Spezifität von 84 Prozent. • Beurteilung Schwellung/Hämatom • Beurteilung des Gangbildes/der Gewichtsüber- Apparative Untersuchungen nahme • Der diagnostische Mehrwert apparativer Untersu- chungen ist stets im Einzelfall zu prüfen. Spätes- Palpation tens bei anhaltenden Beschwerden (> 5 Tage) ist • Die Palpation sollte folgende Bereiche umfassen: in der Regel ein MRT notwendig, um Begleitverlet- Außenknöchel, Bandverlauf, Gelenkkapsel, Syn- zungen (insbesondere osteochondrale Läsionen) desmose, Peronealsehnenloge, Retinakula, auszuschließen. Innenknöchel, Verlauf des Lig. Deltoideum, Fibu- • Gehaltene Röntgenaufnahmen sind generell nicht la(-köpfchen), Os metatarsale V zu empfehlen. Funktions- und Schmerztests • Schwellung und Schmerz reduziert die Reliabilität in der Akutphase. Daher wird eine zeitlich verzö- gerte Untersuchung (4–5 Tage nach Trauma) emp- fohlen. Die Sensitivität für eine korrekte Diagnose Laterale Ansicht Mediale Ansicht Mellaolarzone B A Untere 6 cm Untere 6 cm der Tibiahin- der Fibula- Mittelfußzone terkante oder hinterkante Spitze des oder Spitze Malleolus des Malieolus medialis lateralis C D Basis Os naviculare Os metatarsale V Röntgenaufnahmen sind nur erforderlich bei Schmerzen Röntgenaufnahmen sind nur erforderlich bei Schmerzen im Bereich der Malleolarzone und einem der folgenden im Bereich der Mittelfußzone und einem der folgenden Kriterien: Kriterien: • Druckschmerz bei A • Druckschmerz bei C • Druckschmerz bei B • Druckschmerz bei D • Unfähigkeit, den Fuß zu belasten, nach dem Trauma und • Unfähigkeit, den Fuß zu belasten, nach dem Trauma und bei der Notaufnahme bei der Notaufnahme Abbildung 7: Ottawa Ankle Rules 22 Rammelt et al. 2017, Loeffen et al. 2018 13
Return-to-Competition Sprunggelenk 1. Frage: Nein Diagnose: Verletzter Athlet/ Hatte der Athlet/die Athletin bereits eine Erstmalige Sprung- verletzte Athletin Verletzung am gleichen Sprunggelenk? gelenksverletzung Ja 2. Frage: Vor über 2a 2b Vor weniger als Wann ist die vorherige Sprunggelenks- 12 Monaten 12 Monaten verletzung aufgetreten? 3. Frage: Nein Berichtet der Athlet/die Athletin über wie- Ja derkehrende Symptome im Vorfeld der aktu- ellen Sprunggelenksverletzung? • Giving-way-Phänomen +2a +2b • Subjektive Instabilität +2b +2a • Wiederkehrende Verstauchungen Diagnose Diagnose Diagnose Wiederkehrende Verletzung + Chronische Sprung- Coper Risiko, eine chronische Sprunggelenksinstabilität zu entwickeln gelenksinstabilität Abbildung 8: Algorithmus zur Beurteilung einer chronischen Sprunggelenksinstabilität (adaptiert nach Delahunt et al. 2015) Zum klinischen Ausschluss von Frakturen werden Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische die sogenannten Ottawa Ankle Rules empfohlen. Sportmedizin (GOTS) empfiehlt dennoch zum Sie liefern wichtige Hinweise zur Notwendigkeit einer Ausschluss einer knöchernen Begleitverletzung die Röntgenaufnahme. Diese ist nur indiziert, wenn der obligate Anfertigung eines Röntgenbildes.23 Patient oder die Patientin • nicht vier Schritte direkt nach dem Verletzungsge- Steht im Behandlungs- und Rehabilitationsverlauf schehen gehen kann oder die Vermutung einer chronischen Sprunggelenksin- • eine erhöhte lokale Knochenempfindlichkeit im stabilität im Raum, lässt sich unterstützend der in Bereich der hinteren Kanten oder Spitzen der Abbildung 8 dargestellte Algorithmus zur Entschei- Malleonen (4 Palpationspunkte) verspürt oder dungsfindung heranziehen. • eine erhöhte lokale Knochenempfindlichkeit im Bereich Os naviculare oder Basis Os metatarsale V verspürt. 23 Bachmann et al. 2003, GOTS 2012 14
Return-to-Competition Sprunggelenk 5 entrale Phasen und Meilensteine im Z Rehabilitationsprozess Pre-Injury-Screening (PRE) Return-to-Sport (RTS) Eine prospektive Datenerfassung im Sinne eines Return-to-Sport (RTS) bezeichnet den Übergang vom Pre-Injury-Screenings liefert neben leistungsdiagnos- allgemeinen Rehabilitationstraining (Phase II) in das tischen Erkenntnissen für die Trainingsplanung („per- sportartspezifische Rehabilitationstraining (Phase formance baseline“) auch wichtige Referenzwerte IIIA), welches in das individualisierte und einge- der unverletzten Testpersonen, bevor es überhaupt schränkte Mannschaftstraining (Phase IIIB) übergeht. zu einer Verletzung kommt. Durch ein regelmäßiges Aufbauend auf der zurückliegenden Rehabilitations- Screening gesunder Testpersonen lassen sich indivi- phase, sollte die Testperson zum RTS-Meilenstein dualisierte Präventivmaßnahmen ableiten, während bereits grundlegende subjektive und objektive im Verletzungsfall auf die individuellen Referenzwerte Anforderungen erfüllen können. Im Sinne einer der Testpersonen zurückgegriffen werden kann, an Belastungserprobung werden die Trainingsinhalte denen sich der Rehabilitationsverlauf orientiert. sportartspezifischer und finden bereits zunehmend wieder auf dem Spielfeld statt, um die Testpersonen Return-to-Activity (RTA) an die tatsächlichen Belastungen heranzuführen. Ein Unter dem Meilenstein Return-to-Activity (RTA) ist der progressiver Belastungsaufbau unter Anleitung eines Übergang von der klinischen Versorgung (Phase I) Athletik- oder Rehatrainers beziehungsweise einer in das allgemeine Rehabilitationstraining (Phase II) solchen Trainerin oder eines Physiotherapeuten zu verstehen. Anhand einer klinischen Untersuchung beziehungsweise einer Physiotherapeutin ist hier wird entschieden, ob die Testperson mit dem all- unabdingbar. Zu beachten ist, ob die sportartspezi- gemeinen Rehabilitationstraining beginnen kann. fischen Übungen von den Testpersonen koordiniert Dessen Fokus richtet sich zunächst auf die Wiederer- ausgeführt werden können und von der geschädigten langung von Beweglichkeit und Stabilität zur kontrol- Struktur toleriert werden, ohne dass Symptome wie lierten Ausübung grundlegender Bewegungsmuster. Schwellungen oder Schmerzen auftreten. Verlet- PRE RTA RTS RTP RTC zung Unverletzte Athletin/unverletzter Athlet Allgemeine Allgemeine Rehabilitation Rehabilitation Uneingeschränktes Mannschaftstraining Klinische Versorgung Allgemeine Individualisiertes, – Rehabilitation eingeschränktes Wettkampftraining Mannschaftstraining Sportspezifische Rehabilitation Sport- spezifische Rehabili- tation Physiotherapie Physiotherapie Physiotherapie 0 I II IIIa IIIb IV Sportfähigkeit PRE = Pre-Injury-Screening, RTA = Return-to-Activity, RTS = Return-to-Sport, RTP = Return-to-Play, RTC = Return-to-Competition Abbildung 9: Phasen im Rehabilitationsprozess Quelle: VBG 2015, Bloch et al. 2017, Bloch et al. 2018 15
Return-to-Competition Sprunggelenk In der Phase des eingeschränkten Mannschaftstrai- prozess beteiligten Disziplinen (Therapeutin bezie- nings wird bewusst noch auf Körperkontakt verzichtet hungsweise Therapeut, Athletik- und Reha-Trainer und die Testperson nimmt nur teilweise oder modifi- beziehungsweise -Trainerin, Sportpsychologin bezie- ziert (zum Beispiel durch besondere Kennzeichnung hungsweise Sportpsychologe) über die Spielfähigkeit der Testperson) am Mannschaftstraining teil. entscheiden muss. Return-to-Play (RTP) Return-to-Competition (RTC) Return-to-Play (RTP) bezeichnet den erfolgreichen Return-to-Competition (RTC) beschreibt zum einen Übergang vom individualisierten und einge- den gesamten Reintegrationsprozess vom Zeitpunkt schränkten Mannschaftstraining (Phase IIIB) hin der Verletzung bis zum ersten Wettkampfeinsatz in zur uneingeschränkten Teilnahme am Mannschafts- der jeweiligen Zielsportart und stellt zugleich den beziehungsweise Wettkampftraining (Phase IV). finalen Meilenstein des ersten Wettkampfeinsatzes Dieser Zeitpunkt entspricht im bezahlten Sport nach der Verletzung dar. Ob, wann und in welchem dem Ende der Arbeitsunfähigkeit. Hier ist eine Umfang der Spieler oder die Spielerin nach positiver interdisziplinäre Entscheidungsfindung auf der Basis Return-to-Play-Entscheidung wieder im Wettkampf einer umfassenden Testroutine zu empfehlen. Das eingesetzt wird, entscheidet in der Regel der Trainer bedeutet, dass letztlich der verantwortliche Arzt oder oder die Trainerin. Eine Abstimmung mit seinem die verantwortliche Ärztin vor dem Hintergrund der medizinischen und therapeutischen Betreuungsstab vorliegenden klinischen, funktionellen, sportmo- sowie den Testpersonen selbst ist ausdrücklich zu torischen und psychologischen Informationen und empfehlen. nach Konsultation der anderen am Rehabilitations- Pre-Injury-Screening = Referenzdatenerhebung für die Rehabilitation, PRE z. B. im Rahmen der Leistungsdiagnostik Return-to-Activity = Übergang von der klinischen Versorgung (Phase I) in das allge- meine Rehabilitationstraining (Phase II) RTA Return-to-Sport = Übergang vom allgemeinen Rehabilitationstraining (Phase II) in das sportartspezifische Rehabilitationstraining (Phase IIIA) RTS Return-to-Play = Übergang vom eingeschränkten Mannschaftstraining (Phase IIIB) hin zur uneingeschränkten Teilnahme am Mannschafts- beziehungsweise Wett- RTP kampftraining (Phase IV) = Ende der Arbeitsunfähigkeit Return-to-Competition = Gesamtprozess bis zum ersten Wettkampfeinsatz RTC Abbildung 10: Zentrale Meilensteine im Rehabilitationsprozess 16
Return-to-Competition Sprunggelenk 6 Return-to-Play-Testbatterie 6.1 Aufbau der Testbatterie Eine RTP-Entscheidung sollte anhand subjektiver und objektiver Kriterien (quantitativ und qua- litativ) getroffen werden. Ein Bestandteil dieser interdisziplinären Entscheidungsfindung sollten funktionelle Tests sein.24, 25 Folgende Kriterien werden in der Fachliteratur der Fähigkeit der Testperson, wieder uneingeschränkt beispielhaft aufgeführt: uneingeschränkte Beweg- am Wettkampftraining (Return-to-Play-Meilenstein) lichkeit, 90 Prozent der erzielten Kraftwerte vor der teilnehmen zu können. Die Ergebnisse der Diagnostik Verletzung, ein normales Gangmuster sowie die sollen als Diskussionsgrundlage für einen interdis- Fähigkeit, sportartspezifische Bewegungen ohne ziplinären Austausch der im Rehabilitationsprozess Kompensationsmuster durchführen zu können.26 beteiligten Professionen dienen. Sie sind jedoch kein Darauf aufbauend hat sich die Expertengruppe auf Ersatz für die Durchführung vorangestellter Testver- die in Abbildung 11 dargestellten Testkategorien fest- fahren zur optimalen Steuerung des Rehabilitations- gelegt. Bei der Testbatterie handelt es sich um eine prozesses. Treten während der Testung Beschwerden abschließende Entscheidungshilfe zur Beurteilung auf, so ist dies als Abbruchkriterium zu werten. Klinische Freigabe Subjektives Empfinden Posturale Kontrolle Kraft Sprung und Landequalität Agilität Return-to-Play-Entscheidung und Trainingsempfehlungen Abbildung 11: Testbatterie zum Return-to-Play-Meilenstein Die schematische Darstellung der Testbatterie der Fachliteratur aufgeführt. Sie helfen dabei, eine stellt den zeitlichen Ablauf der durchzuführenden bessere Einschätzung über das Leistungsvermögen Testkategorien dar. Innerhalb jeder Testkategorie der verletzten Testperson abgeben zu können, ohne wird der Mindeststandard beschrieben. Zur besseren jedoch eine prädiktive Aussagekraft hinsichtlich dem Einordnung der Testergebnisse werden für jeden Auftreten einer erneuten Verletzung zu beanspruchen. Test Cut-Off-Werte und/oder Orientierungswerte aus Vor der Testung sollte die Beindominanz der Test- person abgefragt werden. Als dominantes Bein gilt das Bein, mit dem die Testperson bevorzugt einen Ball schießen würde. 24 Clanton et al. 2012 25 Kaminski et al. 2013 26 Chinn et al. 2010 17
Return-to-Competition Sprunggelenk 6.2 Exemplarisches Aufwärmen Vor der Durchführung der Testbatterie ist auf ein ange- • Übungen zur Rumpfstabilisation messenes Aufwärmen der Testperson zu achten. Ein • Einbeinige Gleichgewichtsübungen (mit Pertubation) Aufwärmprogramm sollte mit Blick auf die Anforderun- • Kniebeugeübungen (variierende Ausführungsge- gen der Testbatterie folgende Elemente beinhalten: schwindigkeit) • Laufen auf dem Laufband mit Intensitätssteigerung: • Sprung- und Landeübungen (zum Beispiel Squat- – 2 Minuten lockeres Laufen bei 8.0 km/h Jumps, Countermovement-Jumps, Lateral Bounds – 3 Minuten Intensitätssteigerung bei 10.0 km/h oder reaktive Sprünge) – 3 Minuten Intensitätssteigerung bei 12.0 km/h • Dynamische Richtungswechsel (zum Beispiel 45°, – 2 Minuten langsames Auslaufen bei 8.0 km/h 90°, 180°) mit Anschlussaktion Tipp: Das Aufwärmen auf dem Laufband kann bereits für eine qualitative Laufanalyse genutzt werden. → Treten bereits während des Aufwärmens • Übungen zur Aktivierung und Mobilisierung (zum Beschwerden auf, gilt dies als Abbruchkriterium Beispiel Hüft-, Knie-, Sprunggelenk) für die Durchführung der Testbatterie. Exemplarische Aufwärmübungen finden Sie in den VBG-Trainingsübungen TRAININGSÜBUNGEN TRAININGSÜBUNGEN TRAININGSÜBUNGEN TRAININGSÜBUNGEN Übungen für ein starkes Fußballteam. Das präventive Trainingsprogramm der VBG. SEI-KEIN-DUMMY.DE „Das 4x4 des Handballs“. Übungen für ein starkes Handballteam. Das präventive Trainingsprogramm der VBG. Übungen für ein starkes Basketballteam. Übungen für ein starkes Eishockeyteam. Das präventive Trainingsprogramm der VBG. Das präventive Trainingsprogramm der VBG. In Kooperation mit: In Kooperation mit: VBG_Basketball_Trainingsuebungen_2021_v7.indd 1 04.02.22 10:07 Handball_Trainingskarte_2020_end.indd 1 21.10.20 11:19 6.3 Empfehlungen zum Taping und Tragen von Orthesen Die Testung sollte grundsätzlich ohne Tape oder • Tapes und Orthesen gelten als wirksam, um Wie- Orthese erfolgen, um den tatsächlichen Leistungs- derverletzungen am Sprunggelenk zu redu- stand der Testperson beurteilen zu können und zieren.29 etwaige Defizite nicht zu maskieren. Trainiert bezie- • Orthesen mit Schnürung scheinen eine bessere hungsweise spielt die Testperson ohnehin stets mit dynamische Stabilität aufzuweisen als Orthesen Tape oder Orthese, kann auch die RTP-Testung vor der ohne Schnürung.30 Rückkehr in das uneingeschränkte Mannschaftstrai- ning unter diesen Bedingungen erfolgen. Neben den klassischen Bandagen, Orthesen und Tapeanlagen deuten erste Veröffentlichungen in der → Um das Rezidivrisiko zu minimieren, wird Ath- wissenschaftlichen Fachliteratur auf einen möglichen letinnen und Athleten für mindestens 6 Monate Benefit neu entwickelter externer Stabilisierungs- nach einer Sprunggelenksverletzung das Anlegen hilfen hin. Bei diesen Entwicklungen handelt es sich von Tapes oder Orthesen in jedem Training und entweder um Stabilisierungshilfen mit adaptivem Spiel empfohlen. Im Trainings- beziehungsweise Schutzmechanismus31 oder individuell angepasste Spielverlauf ist allerdings die nachlassende Wirk- Orthesen, die ausschließlich eine übermäßige samkeit von Sprunggelenkstapes zu beachten Inversion am Sprunggelenk verhindern sollen, die ➞ Das bedeutet, ein Nachtapen ist erforderlich!27 Bewegungsfreiheit anderweitig jedoch nicht ein- schränken.32 Hinzu kommen Applikationen für den Hintergrund: Sportschuh, die die Friktion der Schuhaußenseite • Eine Orthese reduziert signifikant das Risiko für reduzieren und so dem Verletzungsmechanismus Sprunggelenksverletzungen, insbesondere bei des Umknickens vorbeugen sollen.33 vorverletzten Athletinnen oder Athleten.28 27 Handoll et al. 2008, Petersen et al. 2013, Janssen et al. 2014 30 Best et al. 2014 28 Kaminski et al. 2013, Beynnon et al. 2002, Petersen et al. 2013, 31 Agres et al. 2019 Janssen et al. 2014 32 Kleipool et al. 2016 29 Shaw et al. 2008 33 Lysdal et al. 2021 18
Return-to-Competition Sprunggelenk 7 Testkategorie Klinische Freigabe Die klinische Freigabe soll folgende Aspekte beinhalten: • Schmerzfreiheit • Keine Schwellung (weitestgehende Abschwellung und keine Zunahme der Schwellung unter beziehungs- weise nach Belastung) • Keine erhöhte Hautoberflächentemperatur • Negative klinische Tests (zum Beispiel Anterior-Drawer-Test, Talar-Tilt-Test, Squeeze-Test) • Uneingeschränkte, möglichst seitengleiche, aktive und passive Beweglichkeit (zum Beispiel Knee-to-Wall-Test) • Aktive Ansteuerung Mm. Peronei • Ausschluss relevanter, persistierender mechanischer Instabilität 8 Testkategorie Subjektives Empfinden Warum diese Testkategorie? Welche Tests sollen mindestens durchgeführt werden? • Die persönliche Wahrnehmung der eigenen Kör- • Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) perfunktion der Testperson sollte Bestandteil einer • Injury-Psychological Readiness to Return to Sport Return-to-Play-Entscheidung sein.34 Scale (I-PRRS-Scale) • Psychische Faktoren beeinflussen das Verlet- • Foot and Ankle Ability Measure Sport (FAAM Sport) zungs- und Wiederverletzungsrisiko.35 34 Kaminski et al. 2013 35 Junge 2000, Ortín Montero et al. 2010 19
Return-to-Competition Sprunggelenk 8.1 I njury-Psychological Readiness to Return to Sport (I-PRRS)-Skala36 Die sechs Fragen umfassende I-PRRS-Skala misst die Ziel: Zuversicht einer Testperson nach einer Verletzung Überprüfung der psychologischen Bereitschaft für und gibt damit eine Hilfestellung bei der Beurteilung, eine Rückkehr in den Wettkampf ob sie mental wieder bereit für eine Rückkehr in ihre Zielsportart ist. Materialbedarf: • Fragebogen • Schreibmaterial Testdurchführung Bitte bewerten Sie Ihre Zuversicht, in Ihren Sport zurückzukehren auf einer Skala von 0–100, wobei „0 = keine Zuversicht“, „50 = mäßige Zuversicht“ und „100 = höchste Zuversicht“ zum aktuellen Zeitpunkt bedeutet. Bewertung Wert Meine allgemeine Zuversicht zu spielen liegt bei Meine Zuversicht, ohne Schmerzen zu spielen, liegt bei Meine Zuversicht, 100 Prozent geben zu können, liegt bei Meine Zuversicht, mich nicht auf meine Verletzung zu konzentrieren, liegt bei Meine Zuversicht, dass mein verletztes Sprunggelenk den Anforderungen meiner Sportart standhält, liegt bei Meine Zuversicht, meine Leistungsfähigkeit abrufen zu können, liegt bei Gesamtwert Abbildung 12: Injury-Psychological Readiness to Return to Sport (I-PRRS)-Skala36 Messung: Die Testperson sollte einen Wert zwischen 50 und 60 Zur Bewertung des Gesamtwerts werden die sechs erreichen. Liegt der Gesamtwert darunter, ist davon Items addiert und durch 10 geteilt. auszugehen, dass sie psychologisch noch nicht bereit ist, in ihren Sport zurückzukehren. Die minimal Beurteilung und Orientierungswerte: erkennbare Veränderung (minimal detectable change, 60 = äußerst zuversichtlich MDC) liegt bei 11,6 Punkten. 40 = mäßig zuversichtlich 20 = gering zuversichtlich Hinweis: Neben der englischsprachigen Originalfassung liegen auch validierte Übersetzungen ins Niederländische und Italienische vor. www.vbg.de/IPRRS-Scale 36 Glazer 2009, Clanton et al. 2012 20
Return-to-Competition Sprunggelenk 8.2 Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT)37 Das Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) erfragt Ziel: mit Hilfe von 9 Items die subjektiv empfundenen Subjektive Beurteilung der Sprunggelenksstabilität Einschränkungen am Sprunggelenk in Folge eines Umknicktraumas. Materialbedarf: • Fragebogen • Schreibmaterial Testdurchführung Bitte kreuzen Sie die Aussage an, die am BESTEN Ihre Sprunggelenke beschreibt. Bitte bewerten Sie Ihre Sprunggelenke getrennt voneinander und geben Sie je eine Antwort für LINKS und eine für RECHTS an. links rechts Wert Ich habe Schmerzen in meinem Sprunggelenk nie o o 5 beim Sport o o 4 beim Rennen auf unebenem Untergrund o o 3 beim Rennen auf ebenem Untergrund o o 2 beim Gehen auf unebenem Untergrund o o 1 beim Gehen auf ebenem Untergrund o o 0 Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an nie o o 4 manchmal während des Sports (nicht jedes Mal) o o 3 regelmäßig während des Sports (jedes Mal) o o 2 manchmal während Alltagsaktivitäten o o 1 regelmäßig während Alltagsaktivitäten o o 0 Bei SCHNELLEN Richtungswechseln fühlt sich mein Sprunggelenk INSTABIL an nie o o 3 manchmal beim Rennen o o 2 häufig beim Rennen o o 1 beim Gehen o o 0 Beim Treppe hinuntergehen fühlt sich mein Sprunggelenk INSTABIL an nie o o 3 wenn ich schnell gehe o o 2 gelegentlich o o 1 immer o o 0 Mein Sprunggelenk fühlt sich beim Stehen auf EINEM Bein INSTABIL an nie o o 2 wenn ich auf dem Fußballen stehe o o 1 wenn ich auf dem gesamten Fuß stehe o o 0 Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an nie o o 3 wenn ich von einem Bein auf das andere hüpfe o o 2 wenn ich auf der Stelle hüpfe o o 1 wenn ich springe o o 0 37 Hiller et al. 2006, Noronha et al. 2008, Gehring et al. 2014, Gribble et al. 2014, Gehring et al. 2016 21
Return-to-Competition Sprunggelenk links rechts Wert Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an nie o o 4 beim Rennen auf unebenem Untergrung o o 3 beim Joggen auf unebenem Untergrund o o 2 beim Gehen auf unebenem Untergrund o o 1 beim Gehen auf ebenem Untergrund o o 0 Wenn ich im Sprunggelenk beginne umzuknicken, kann ich dies NORMALERWEISE stoppen sofort o o 3 häufig o o 2 manchmal o o 1 nie o o 0 ich bin noch nie im Sprunggelenk umgeknickt o o 3 Nach einem TYPISCHEN Umknickereignis kehrt mein Sprunggelenk in den Normalzustand zurück fast umgehend o o 3 in weniger als einem Tag o o 2 in 1–2 Tagen o o 1 in mehr als 2 Tagen o o 0 ich bin noch nie im Sprunggelenk umgeknickt o o 3 Abbildung 13: Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) Messung: Beurteilung und Orientierungswerte: Der Fragebogen wird für beide Beinseiten ausge- Erreicht die Testperson einen Gesamtwert von füllt. Das Bewertungssystem in der rechten Spalte weniger als 28 Punkten, ist die Wahrscheinlichkeit ist für die ausfüllende Person nicht sichtbar. Die einer chronischen Sprunggelenksinstabilität Punkte der Einzelitems werden addiert, wobei eine erhöht.38 Als Einschlusskriterium für eine chronische maximale Gesamtpunktzahl von 30 Punkten erreicht Sprunggelenksinstabilität gilt ein Gesamtwert ≤ 24.39 werden kann. www.vbg.de/CAIT 38 Noronha et al. 2008, Gehring et al. 2014, Hiller et al. 2006 39 Gribble et al. 2014 22
Return-to-Competition Sprunggelenk 8.3 Foot and Ankle Ability Measure Sport (FAAM Sport)40 Der Foot and Ankle Ability Measure Sport (FAAM Ziel: Sport) ist ein praktikables Tool, um von der Test- Subjektive Beurteilung der Sprunggelenksstabilität person subjektiv wahrgenommene funktionelle Beeinträchtigungen nach einer Sprunggelenks- Materialbedarf: verletzung zu identifizieren. • Fragebogen • Schreibmaterial Testdurchführung Bitte beantworten Sie jede Frage mit einer Antwort, die Ihren Zustand während der vergangenen Woche am besten beschreibt. Wenn die angegebene Aktivität durch etwas anderes als durch Ihr Sprunggelenk limitiert ist, kreuzen Sie bitte „nicht zutreffend“ an. FAAM Sport Item 4 = keine 3 = leichte 2 = mäßige 1 = extreme 0 = nicht nicht Schwierig- Schwierig- Schwierig- Schwierig- ausführbar zutreffend keit keit keit keit Rennen Absprung Landung Schnelle Starts und Stopps Richtungsänderungen, Seitwärtsbewegungen Aktivitäten mit nied- riger Stoßbelastung Fähigkeit, Aktivitäten mit Ihrer normalen Technik durchzuführen Fähigkeit, zeitlich unbegrenzt an einer von Ihnen gewählten Sportart teilzunehmen Abbildung 14: Foot and Ankle Ability Measure Sport (FAAM Sport) Wie würden Sie Ihren derzeitigen Funktionszustand während Ihrer sportlichen Aktivitäten auf einer Skala von 0 bis 100 einschätzen: _____ % „100“ entspricht dabei dem Funktionszustand bevor Sie Sprunggelenksprobleme hatten. „O“ bedeutet die Unfähigkeit, irgendwelche Ihrer alltäglichen Aktivitäten durchzuführen. www.vbg.de/FAAM-Sport 40 Nauck & Lohrer 2011 23
Return-to-Competition Sprunggelenk Messung: Beurteilung und Orientierungswerte: Der Fragebogen wird von der Testperson ausgefüllt Die Testpersonen sollten einen Gesamtwert von min- und bezieht sich auf ihre aktuelle Befindlichkeit. Die destens 29 Punkten (90 Prozent) erreichen. Punkte der Einzelitems werden addiert, wobei eine maximale Gesamtpunktzahl von 32 Punkten erreicht werden kann. erreichte Punkte ( ___ ) FAAM Sport = x 100 = ___ % max. Punkte (32) Monitoring der erlebten körperlichen Verfassung Um während der Rehabilitation einen regelmäßigen werden. Dieses sollte idealerweise täglich, am besten Überblick über das subjektive Empfinden der Athle- vor und nach jeder (Reha-)Trainingseinheit, erhoben tinnen beziehungsweise Athleten bezogen auf das werden. Die Angst vor einer Wiederverletzung kann verletzte Sprunggelenk zu erhalten, sollte ein Monito- zum Beispiel mit dem etwas umfangreicheren Re- ring zur erlebten körperlichen Verfassung durchgeführt Injury Anxiety Inventory (RIAI) überprüft werden.41 Im Augenblick fühlt sich mein verletzter Körperteil folgendermaßen an ausgelaugt, abge- Faktor Energie energievoll, aktiviert 5 4 3 2 1 0 schlafft, schlapp Faktor Trainiertheit kräftig, stark, fit, durchtrainiert 5 4 3 2 1 0 untrainiert, kraftlos Faktor Beweglichkeit gelenkig, dehnfähig, beweglich 5 4 3 2 1 0 unbeweglich, steif krank, ange- Faktor Gesundheit gesund, wohl 5 4 3 2 1 0 schlagen, verletzt Abbildung 15: Skala zur erlebten körperlichen Verfassung (Kleinert 2003) 41 Walker 2010 24
Return-to-Competition Sprunggelenk 9 Testkategorie Posturale Kontrolle Warum diese Testkategorie? Welcher Test soll mindestens durchgeführt werden? • Eine schwache posturale Kontrolle gilt als Risiko- • Star-Excursion-Balance-Test (SEBT) faktor für Sprunggelenksverletzungen.42 • Sprunggelenksverletzungen wirken sich wiederum negativ auf die posturale Kontrolle aus. Dies Der Test kann mit dem dazugehörigen Testkit auch als gilt sowohl für die betroffene als auch die nicht Y-Balance-Test® durchgeführt werden. betroffene Seite.43 • Ermüdung reduziert die posturale Kontrolle Die Überprüfung der posturalen Kontrolle kann auch zusätzlich, insbesondere bei Spielerinnen oder im Rahmen einer computergestützten Posturographie Spielern mit Vorverletzungen am Sprunggelenk.44 erfolgen. Um dabei spieltypische Störeinflüsse abzu- bilden, kann die Testung gegebenenfalls zusätzlich unter Pertubation erfolgen. 42 McKeon & Hertel 2008, Witchalls et al. 2013 43 McKeon & Hertel 2008 44 Steib et al. 2013, Greig & McNaughton 2014 25
Return-to-Competition Sprunggelenk 9.1 Star-Excursion-Balance-Test (SEBT)45 Studien haben gezeigt, dass Testpersonen mit Ziel: Defiziten im SEBT ein erhöhtes Verletzungsrisiko der • Überprüfung der posturalen Kontrolle unteren Extremitäten aufweisen. Dieser Test fordert • Aufdecken von Asymmetrien im Seitenvergleich die Testperson hinsichtlich der Kraft der unteren Extremitäten, der Gleichgewichtsfähigkeit und der Materialbedarf: Beweglichkeit. Er deckt Defizite der Testperson in der • Tape posturalen Kontrolle auf, die wiederum als Risiko- • Maßband faktor für Verletzungen am Sprunggelenk gelten. • Messprotokoll • Markierungsvorlage Testdurchführung A B C Abbildung A (anterior) Abbildung B (posteromedial) Abbildung C (posterolateral) Abbildung 16: Star-Excursion-Balance-Test für die unteren Extremitäten Zunächst wird die Beinlänge als Referenzwert Aufgrund von kurzfristigen Lerneffekten wird emp- gemessen (siehe Infobox auf Seite 27). Die fohlen, zunächst drei Probeversuche je Beinseite und Testperson steht ohne Schuhe mit in den Hüften Richtung und danach drei zu wertende Durchgänge gestützten Händen auf der Mitte des Y und versucht, je Beinseite und Richtung durchzuführen. Der beste das Spielbein so weit wie möglich nach vorne Versuch jeder Beinseite und Richtung wird gewertet. (anterior) zu führen (A). Das Standbein ist zunächst die unverletzte Beinseite. Bei der Bewegungs- ausführung darf die Ferse des Standbeines nicht abheben, das Spielbein nicht den Boden berühren und beide Hände müssen über die gesamte Testzeit an der Hüfte fixiert bleiben. Anschließend wird das Spielbein gemäß der Markierung so weit wie möglich 12 hinter dem Körper nach innen zur Standbeinseite 0 90° cm (posteromedial) (B) und nach hinten zur Standbein- gegenseite (posterolateral) (C) geführt. Im Anschluss wird das Standbein gewechselt. Nach jeder gemessenen Richtung darf das Spielbein 90 cm abgesetzt werden, sodass die Testperson die jeweils folgende Messung aus einer stabilen Gleichgewichts- position heraus beginnen kann. Gemessen wird für jede Bewegungsrichtung jeweils der Punkt, der am weitesten vom Kreuzmittelpunkt entfernt ist und dessen Position drei Sekunden lang Abbildung 17: Markierungsvorlage für den Star-Excursion-Balance-Test gehalten werden kann, ohne den Boden zu berühren. 45 Plisky et al. 2006, Gribble et al. 2012, Gonell et al. 2015; Grassi et al. 2017 26
Return-to-Competition Sprunggelenk Die Messung der Beinlänge erfolgt in Rückenlage von der Spina Iliaca Anterior Superior (SIAS) zum medialen Malleolus. Messung: Aus den ermittelten Reichweiten (A, B, C) wird – unter Berücksichtigung der individuellen Beinlänge – ein Gesamtwert ermittelt. Dieser errechnet sich wie folgt: [Reichweite anterior (A) + Reichweite posteromedial (B) + Reichweite posterolateral (C)] x 100 Gesamtwert = 3 x Beinlänge Beurteilung und Orientierungswerte: Wichtig: Der Gesamtwert sollte mindestens 94 Prozent Bei Verwendung eines Y-Balance-Testkits anstelle betragen und im Seitenvergleich betrachtet werden. des hier skizzierten Testaufbaus ist zu beachten, Darüber hinaus sollte die Seitendifferenz der ein- dass die Ergebnisse zwischen den beiden Testver- zelnen Bewegungsrichtungen (anterior, postero- fahren nicht vergleichbar sind.46 medial, posterolateral) nicht größer als 4 Zenti- meter sein. Um die Ergebnisse (Reichweiten) zwischen verschie- denen Testpersonen oder Testpersonengruppen vergleichen zu können, sollten die Reichweiten auf die Beinlänge normiert werden. Zudem sollten Reichweitendifferenzen der einzelnen Bewegungs- richtungen betrachtet werden. 46 Coughlan et al. 2012, Fullam et al. 2014 27
Return-to-Competition Sprunggelenk 10 Testkategorie Kraft Warum diese Testkategorie? Welche Tests sollen mindestens durchgeführt • Infolge einer Sprunggelenksverletzung zeigen werden? sich Kraftdefizite und verzögerte Reaktionszeiten • Heel-Rise-Test (exzentrisch/konzentrisch) der Invertoren und • Einbeinige Kniebeuge Evertoren.47 • Testpersonen mit funktioneller Sprunggelenksin- stabilität schneiden bei isokinetischen Krafttests schwächer als Testpersonen mit stabilen Sprung- gelenken ab.48 • Bei Testpersonen mit chronischer Sprunggelenks- instabilität zeigen sich im Vergleich zu gesunden Athletinnen oder Athleten Kraftdysbalancen in der Als Goldstandard wird derzeit eine isokinetische Dynamik sowie eine geringere EMG-Aktivität der Krafttestung empfohlen, die mit langsamen Winkel- Evertoren und Invertoren.49 geschwindigkeiten durchgeführt werden sollte52, zum • An die Plantarflexoren wird bereits während Beispiel: des normalen Gehens eine hohe Anforderung gestellt. Dies gilt insbesondere vom Ende Loading ➞ Isokinetik Plantarflexoren/Dorsalextensoren: Response (LR) bis zum Terminal Stance (TST), da Konzentrisch/Exzentrisch, in 90 Prozent dieses Zeitraums die Wade aktiv 60° Winkelgeschwindigkeit53 kontrahiert, in über 50 Prozent sogar mit Spitzen- aktivität.50 ➞ Isokinetik Eversoren/Invertoren: • Nach einer Verletzung am Sprunggelenk zeigen 60° Winkelgeschwindigkeit54 sich Defizite der Plantarflexoren auf der betrof- fenen Beinseite.51 47 Witchalls et al. 2013, Arnold et al. 2009, Eirale et al. 2014 48 Arnold et al. 2009 49 David et al. 2013 50 Götz-Neumann 2016, Svantesson et al. 2015 51 Perron et al. 2014 52 Arnold et al. 2009 53 Fousekis et al. 2012 54 Pontaga 2004 28
Return-to-Competition Sprunggelenk 10.1 Heel-Rise-Test55 Der Heel-Rise-Test erfasst im Rahmen eines einbei- Ziel: nigen Fersenanhebens die exzentrische und konzent- • Überprüfung der Kraft der Plantarflexoren rische Muskelkraft der Plantarflexoren. • Überprüfung der Rückfußbewegung • Überprüfung Bodenkontakt des ersten Meta- Tarso-Phalangeal-Gelenks (MTP I) Materialbedarf: • Metronom • Messprotokoll • gegebenenfalls Videodokumentation Testdurchführung Abbildung 18: Heel-Rise-Test Die Testperson steht barfuß auf einem Bein. Messung: Die Wand darf mit einem Finger pro Hand berührt Gezählt wird die Anzahl der absolvierten Wiederho- werden. Der Test wird mit gestrecktem Kniegelenk lungen pro Beinseite. durchgeführt. Das andere Bein wird mit gebeugtem Knie nach hinten angehoben. Die Testperson hebt Beurteilung und Orientierungswerte: die Ferse bis zum maximal möglichen Bewegungs- Die Anzahl der Wiederholungen pro Seite wird ausmaß kontrolliert an und senkt sie ebenfalls notiert. Zusätzlich erfolgt ein Seitenvergleich. Als kontrolliert wieder ab. Nach dem Absetzen hebt Zielwert sollten mindestens 30 Wiederholungen sie die Ferse erneut an. Der Test sollte mit einem erreicht werden. Metronom standardisiert werden (Ferse anheben alle 2 Sekunden). Die qualitative Ausführung sollte ebenfalls beurteilt werden (zum Beispiel Vorfuß behält Bodenkontakt, kontinuierliche und kontrollierte Bewegungsausführung). 55 Lunsford & Perry 1995, Kaminski et al. 2013, Best et al. 2016 29
Return-to-Competition Sprunggelenk 10.2 Einbeinige Kniebeuge56 Testpersonen mit einer Schwäche der Hüftabduk- Ziel: toren zeigen eine reduzierte medial-laterale postu- • Überprüfung der Bewegungsqualität einer einbei- rale Kontrolle. Das wiederum gilt als Risikofaktor für nigen Kniebeuge, um Rückschlüsse auf die Kraft eine Sprunggelenksverletzung. Infolge einer Sprung- der Hüftabduktoren schließen zu können gelenksverletzung zeigt sich häufig eine Schwäche • Muskuläre Defizite, die zu Asymmetrien und der Hüftabduktoren, woraus sich die Relevanz für Kompensationsbewegungen führen können, eine Überprüfung im Return-to-Play-Assessment aufdecken ergibt. Materialbedarf: • Bank/Hocker • Videokamera • Messprotokoll • Metronom Testdurchführung Auf einer Bank oder einem Hocker werden im rechterhaltung des Gleichgewichts durchgeführt. Das Einbeinstand beide Arme vor der Brust überkreuzt. Bewegungstempo kann mit einem Metronom stan- Begonnen wird mit der unverletzten Beinseite. Das dardisiert werden. Das Standbein behält während freie Bein befindet sich in leichter Vorhalte. Aus der Ausführung vollen Bodenkontakt. Hierbei insbe- dieser Position wird eine einbeinige Kniebeuge bis sondere auf die Ferse achten, die nicht angehoben zur individuell maximalen Knieflexion durchgeführt, werden darf. Der Test findet ohne Schuhwerk statt. ohne dass die Testperson das Gleichgewicht ver- Die Testperson trägt eine kurze Hose, die es der Test- liert. Es werden hintereinander 5 Kniebeugen pro leitung ermöglicht, während der Testdurchführung Beinseite in langsamer kontrollierter Ausführung die Kniebewegung zu beobachten. (1 Kniebeuge = circa 2 Sekunden) und unter Auf- Abbildung 19: Einbeinige Kniebeuge (adaptiert nach Crossley et al. 2011) Messung: Beurteilung und Orientierungswerte: Die Ausführung der einbeinigen Kniebeuge wird von Die Ausführung der einbeinigen Kniebeuge sollte in vorne (Frontalebene) und von der Seite (Sagittal- allen fünf Bewertungskategorien mit „gut“ bewertet ebene) videodokumentiert, um mögliche Ungenau- werden, wobei die individuellen Voraussetzungen igkeiten der Testdurchführung besser beurteilen zu der Testperson berücksichtigt werden müssen. Die können. Mithilfe des Beurteilungsbogens wird im Bewertungskriterien können der folgenden Tabelle Videostudium dann die Bewegungsqualität in fünf entnommen werden: Bewertungskategorien vorgenommen. 56 P owers et al. 2017, Friel et al. 2006, Stanek et al. 2011, Stensrud et al. 2011, Perrott et al. 2012, McCann et al. 201 , Crossley et al. 2011, Khuu et al. 2016 30
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