Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG

 
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Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
VBG-Fachwissen

Return-to-Competition
Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit
nach akuter lateraler Bandverletzung
am Sprunggelenk

                                        in Kooperation mit dem
Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
VBG – Ihre gesetzliche Unfallversicherung
Die VBG ist eine gesetzliche Unfallversicherung und versichert bundesweit über
1,1 Millionen Unternehmen aus mehr als 100 Branchen – vom Architekturbüro bis
zum Zeitarbeitsunternehmen. Der Auftrag der VBG teilt sich in zwei Kernaufgaben:
Die erste ist die Prävention von Arbeitsunfällen, Berufskrankheiten und arbeits-
bedingten Gesundheitsgefahren. Die zweite Aufgabe ist das schnelle und kom-
petente Handeln im Schadensfall, um die Genesung der Versicherten optimal zu
unterstützen. Knapp 490.000 Unfälle oder Berufskrankheiten registriert die VBG
pro Jahr und betreut die Versicherten mit dem Ziel, dass die Teilhabe am Arbeits-
leben und am Leben in der Gemeinschaft wieder möglich ist. 2.400 VBG-Mitarbei-
terinnen und -Mitarbeiter kümmern sich an elf Standorten in Deutschland um die
Anliegen ihrer Kunden. Hinzu kommen sechs Akademien, in denen die VBG-Semi-
nare für Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz stattfinden.
Weitere Informationen: www.vbg.de

Die in dieser Publikation enthaltenen Lösungen schließen andere, mindestens
ebenso sichere Lösungen nicht aus, die auch in Regeln anderer Mitgliedstaaten der
Europäischen Union oder der Türkei oder anderer Vertragsstaaten des Abkommens
über den Europäischen Wirtschaftsraum ihren Niederschlag gefunden haben können.
Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
Return-to-Competition
Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit
nach akuter lateraler Bandverletzung
am Sprunggelenk

Version 1.0/2019-01
Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
Return-to-Competition Sprunggelenk

           Inhaltsverzeichnis
                    Vorwort                                                                 5

             1      Epidemiologie                                                           7

             2      Ätiologie                                                              8

             3      Risikofaktoren                                                         10

             4      Diagnostik                                                             13

             5	Zentrale Phasen und Meilensteine im Rehabilitationsprozess                 15

             6      Return-to-Play-Testbatterie                                            17
             6.1    Aufbau der Testbatterie                                                17
             6.2    Exemplarisches Aufwärmen                                               18
             6.3    Empfehlungen zum Taping und Tragen von Orthesen                        18

             7      Testkategorie Klinische Freigabe                                       19

             8    Testkategorie Subjektives Empfinden                                      19
             8.1	Injury-Psychological Readiness to Return to Sport Scale (I-PRRS-Scale)   20
             8.2 Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT)                                  21
             8.3 Foot and Ankle Disability Index Sport (FADI Sport)                        23

             9      Testkategorie Posturale Kontrolle                                      24
             9.1    Star-Excursion-Balance-Test (SEBT)                                     25

             10 Testkategorie Kraft                                                        27
             10.1 Heel-Rise-Test                                                           28
             10.2 Einbeinige Kniebeuge                                                     29

             11     Testkategorie Sprung- und Landequalität                                30
             11.1   Einbeiniger Drop-Jump                                                  31
             11.2   Figure-of-8-Hop                                                        34
             11.3   Side-Hop                                                               35

             12 Testkategorie Agilität                                                     36
             12.1 T-Test		                                                                 36

             13     Zusammenfassung der Bewertungskriterien                                38

             14     Danksagung                                                             39

             15     Literaturverzeichnis                                                   39

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Return-to-Competition - Testmanual zur Beurteilung der Spielfähigkeit nach akuter lateraler Bandverletzung am Sprunggelenk - VBG
Return-to-Competition Sprunggelenk

Vorwort
Liebe Leserinnen und Leser,

der gesetzliche Auftrag der VBG ist die Wiederherstellung der Gesundheit und Leistungsfähigkeit unserer
Versicherten mit allen geeigneten Mitteln. Eines der zentralen Ziele im bezahlten Sport ist es, diesen Auftrag
weiterhin mittels sozialverträglicher Beiträge zu erfüllen. Dieser Herausforderung begegnen wir mit einer
Reihe innovativer und interdisziplinärer Maßnahmen, sowohl aus dem Bereich der Prävention als auch der
Rehabilitation.

Dazu fördert die VBG die ganzheitliche sportmedizinische Betreuung indem sie – getreu dem Motto nach
dem Unfall ist vor dem Unfall – die Implementierung präventiver Standards und Maßnahmen in den Sportver-
einen unterstützt. Die VBG sensibilisiert die beteiligten Akteurinnen und Akteure im bezahlten Sport, insbe-
sondere in Situationen mit hohem Leistungs- und Erwartungsdruck, zu einem verantwortungsvollen Handeln.
Kommt es zu einer Verletzung, setzt sich die VBG dafür ein, dass eine Rückkehr zum Wettkampfsport nicht
ausschließlich nach einer zeitlichen Bewertung, sondern auf der Basis von objektiven Kriterien erfolgt. Dies
gilt insbesondere für Verletzungsschwerpunkte, wie Sprunggelenksverletzungen, die mit langen Ausfallzeiten
und/oder einem hohen Wiederverletzungsrisiko verbunden sind.

Mit dem Ziel, die vorhandene Expertise der im Rehabilitationsverlauf beteiligten Professionen zu bündeln,
veranstaltete die VBG in Zusammenarbeit mit dem Bundesinstitut für Sportwissenschaft (BISp) eine Kon-
sensuskonferenz “Return-to-Competition nach Sprunggelenksverletzungen“. Die Teilnehmer und Teilneh-
merinnen setzten sich aus Forschungsgruppen, Sportwissenschaftlern und -wissenschaftlerinnen, Ärzten
und Ärztinnen, Physiotherapeuten und -therapeutinnen sowie Athletik-/Rehatrainern und -trainerinnen
zusammen. An dieser Stelle möchten wir dem BISp und allen Teilnehmenden für ihre Mitarbeit nochmals
herzlich danken.

Die VBG möchte Ihnen mit dieser Publikation nun die Ergebnisse der Konsensuskonferenz an die Hand
geben. Im Mittelpunkt steht dabei eine innovative Testbatterie, welche Sie bei der objektiven Beurteilung
unterstützt, ob ein am Sprunggelenk verletzter Spieler oder eine verletzte Spielerin, wieder uneingeschränkt
ins Mannschaftstraining zurückkehren sollte. Darüber hinaus finden Sie auf den folgenden Seiten viele wei-
tere Informationen zur Entstehung und Diagnostik von akuten lateralen Bandverletzungen am Sprunggelenk.

Weitere Informationen und Medien, insbesondere zur Prävention und Return-to-Competition-Thematik, finden
Sie auch im Web auf der VBG-Branchenseite Sport unter www.vbg.de/sportvereine.

Sportliche Grüße,

Hendrik Bloch
Projektleiter

                                                                                                                         5
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Return-to-Competition Sprunggelenk

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Return-to-Competition Sprunggelenk

             1         Epidemiologie
             Sprunggelenksverletzungen stellen eine der                    klassifiziert.4 Der VBG Sportreport 2017 bestätigt
             häufigsten Sportverletzungen dar und weisen ein               dieses Bild in Teilen. Distorsionen nehmen zwar in
             hohes Wiederverletzungsrisiko auf. 1 Im Basketball            den untersuchten Sportarten Basketball, Eishockey,
             nahmen Sprunggelenksverletzungen in der Saison                Fußball und Handball jeweils den Spitzenplatz ein,
             2016/17 mit 18,6 Prozent sogar den Spitzenplatz ein.          der Anteil variiert jedoch stark. So bestätigen sich im
             Fasst man die aktuelle Studienlage zusammen, so               Basketball (73,3 Prozent) und im Handball (61,6 Pro-
             verletzen sich etwa 70 bis 80 Prozent der Sportler            zent) die Angaben aus der Fachliteratur, während im
             beziehungsweise Sportlerinnen nach einer primären             Fußball (56,2 Prozent) nur noch etwas mehr als die
             Sprunggelenksverletzung erneut am Sprunggelenk.2              Hälfte und im Eishockey etwas mehr als ein Drittel
             Am häufigsten ist der laterale Bandapparat betrof-            (36,4 Prozent) aller Sprunggelenksverletzungen als
             fen.3 In der Fachliteratur werden über zwei Drittel           Distorsionen einzuordnen sind.
             der Sprunggelenksverletzungen als Distorsionen

             Sprunggelenksverletzungen im Mannschaftssport

              25,0

              20,0

               15,0

              10,0

                 5,0
                              18,6 %                        5,5 %                        12,5 %                        13,6 %
               0,0
                           Basketball                     Eishockey                     Fußball                       Handball
             Abbildung 1: Prozentualer Anteil der Sprunggelenksverletzungen in den Sportarten Basketball, Eishockey, Fußball und
                           Handball in der Saison 2016/17, 1./2. Liga Männer

1   Hertel 2002, Best et al. 2016
2   Friel et al. 2006, Clanton et al. 2012, Hertel 2002
3   Hertel 2002, Best et al. 2016
4   Clanton et al. 2012, Walls et al. 2016

                                                                                                                                              7
Return-to-Competition Sprunggelenk

            2 Ätiologie
            Sprunggelenksverletzungen ereignen sich zu 70–85 Prozent im Zuge eines Inversions-/Supina-
            tionstraumas.5 Betrachtet man die häufigsten Bewegungsmuster zum Zeitpunkt der Verletzung,
            so wird deutlich, dass sich Sprunggelenksverletzungen vorrangig nach dem initialen Kontakt
            des Fußaufsatzes beim Lauf oder im Moment der Landung nach Sprüngen ereignen. Eine erhöhte
            Plantarflexion im initialen Kontakt vergrößert zusätzlich die Wahrscheinlichkeit einer lateralen
            Sprunggelenksdistorsion.

            Laterale Bandverletzungen am Sprunggelenk         Bei der ätiologischen Analyse von Verletzungen
            gehen zudem mit einer verzögerten Aktivität der   lassen sich drei Hauptmechanismen unterscheiden:
            M. peroneii einher (nach ca. 60–90 ms)6, wobei    Non-Kontakt, indirekter Kontakt und Kontakt. Dabei
            die maximale Auslenkung eines unverletzten,       dominieren am Sprunggelenk zwar Kontaktverlet-
            stabilen Sprunggelenks bereits bei etwa 40°       zungen das Verletzungsgeschehen, ein gegnerisches
            (nach ca. 70 ms)7 erreicht ist.                   Foulspiel ist sportartübergreifend dennoch nur bei
                                                              jeder fünften bis neunten Verletzung eine Teilursache
                                                              (siehe Abbildungen 2 und 3).
5 Hertel 2002, Fong et al. 2009, McKay et al. 2001
6 Fong et al. 2009
7 Best et al. 2016

8
Return-to-Competition Sprunggelenk

Verletzungsmechanismen am Sprunggelenk
100,0
                                                                              8,0 %
                    11,1 %
 90,0
                                              16,7 %
                                                                                                             18,7 %
 80,0               14,3 %

 70,0
                                                                              29,5 %                         18,6 %
 60,0

 50,0
                                              44,4 %
 40,0

 30,0

 20,0

 10,0
                     74,6                     38,9%                          62,5 %                          62,7 %
   0,0
                 Basketball                 Eishockey                        Fußball                         Handball

Abbildung 2: Prozentualer Anteil Kontakt-, indirekte Kontakt- und Non-Kontakt-Verletzungen im Basketball,       n Non-Kontakt
              Eishockey, Fußball und Handball in der Saison 2016/17, 1./2. Liga Männer                           n indirekter Kontakt
              (Quelle: VBG-Sportreport 2018)                                                                     n Kontakt

Verletzungsursache Foulspiel nach Sportart
100,0
                    11,5 %
 90,0                                         16,7 %
                    8,3 %                                                                                    18,6 %
                                                                             22,9 %                          3,4 %
 80,0

 70,0                                                                        13,3 %

 60,0

 50,0

 40,0

 30,0

 20,0

 10,0
                     80,2                     83,3%                          63,8 %                          78,0 %
   0,0
                 Basketball                 Eishockey                        Fußball                         Handball

Abbildung 3: Prozentualer Anteil kein Foul, eigenes Foul, gegnerisches Foul bei Sprunggelenksverletzungen im    n gegnerisches Foul
              Basketball, Eishockey, Fußball und Handball in der Saison 2016/17, 1./2. Liga Männer               n eigenes Foul
Quelle: VBG-Sportreport 2018
                                                                                                                 n kein Foul

                                                                                                                                        9
Return-to-Competition Sprunggelenk

              3        Risikofaktoren
              Risikofaktoren lassen sich in die Kategorien interne und externe Faktoren unterteilen. Dabei fällt
              auf, dass sich insbesondere bei Ersteren beeinflussbare Faktoren wiederfinden.

              Doch auch unter den externen Risikofaktoren finden           genug ist. Für Sprunggelenksverletzungen lassen
              sich beeinflussbare Faktoren, wie zum Beispiel               sich folgende Hauptrisikofaktoren hervorheben:
              Ausrüstungselemente. Dies suggeriert ein grundsätz-
              liches Präventionspotenzial für Sportverletzungen im         Vorverletzungen
              Allgemeinen. Das Vorherrschen eines oder mehrerer            • Größter Risikofaktor für eine Rezidivverletzung 8
              Risikofaktoren führt jedoch nicht per se zu einer            • Eine Vorverletzung erhöht auch das Risiko für eine
              Verletzung. Zusätzlich bedarf es eines auslösenden              kontralaterale Folgeverletzung9
              Ereignisses.
                                                                           Ermüdung
              Je mehr Risikofaktoren vorliegen beziehungsweise             • Sprunggelenksverletzungen treten seltener zu Beginn
              je gravierender deren Ausprägung ist, desto geringer            des Spiels auf, was darauf schließen lässt, dass Ermü-
              ist die Toleranz gegenüber auftretenden Ereignissen.            dung das Auftreten einer Verletzung beeinflusst.10
              Jedoch kann es auch ohne erkennbares Vorliegen               • Ermüdung reduziert die posturale Kontrolle, ins-
              von Risikofaktoren zu einer Verletzung kommen,                  besondere bei Spielerinnen oder Spielern mit Vor-
              wenn der Einfluss des auftretenden Ereignisses groß             verletzungen am Sprunggelenk.11

     Risikofaktorenmodell

                                     Frühere Verletzung
                                                                          Erneute Teilnahme mit veränderten internen
                                                                          Risikofaktoren aufgrund positiver und negativer
                                                                          Effekte der vorangegangenen Belastungen
         Interne                   Beeinflussbare Faktoren                                                                         Rehabilitation/
        Faktoren                (zum Beispiel Ausdauer, Kraft,                     „Fitness“                                       Return-to-Play
                                   Beweglichkeit, Stabilität)              Positive Trainingseffekte

                                                                               „Erschöpfung“
                                                                           Negative Trainingseffekte                   Keine
                                                                                                                     Verletzung
                                 Nicht beinflussbare Faktoren
                               (zum Beispiel Alter, Geschlecht,
                                          Körperbau)

         Anfälliger Sportler              Belastungseinwirkung
                                                                                                                                     Verletzung

                                    Einwirkung externer Gefährdungs-      Auslösendes Ereignis Überbelastung,
                                    faktoren, zum Beispiel Verhalten      Kollisionen, Stürze, Non-Kontakt-Ereignisse             Keine Genesung
                                    von Mit- und Gegenspieler, Ausrü-     (zum Beispiel Richtungswechsel, Ausfall-
                                    stung, Umweltbedingungen              schritte, Landungen)                                 Keine Sportausübung
                                                                                                                                   mehr möglich
       Abbildung 4: Risikofaktorenmodell für Sportverletzungen (übersetzt nach Windt & Gabbett 2016)

8 E
   ngebretsen et al. 2010, Hertel 2002, Fulton et al. 2014,               15   Witchalls et al. 2013, Arnold et al. 2009, Eirale et al. 2014
  Kofotelis et al. 2007                                                    16   Powers 2017, Friel et al. 2006
9    Engebretsen et al. 2010, Fulton et al. 2014                           17   Gabbe et al. 2004, Terada et al. 2013, Eirale et al. 2014
10   Kofotolis et al. 2007, Waldén et al. 2013                             18   Friel et al. 2006
11   Steib et al. 2013, Greig & McNaughton 2014                           19   Mattacola & Dwyer 2002, Eirale et al. 2014
12    McKeon & Hertel 2008, Witchalls et al. 2013                          20   Blanch & Gabbett 2015, Soligard et al. 2016,
13    McKeon & Hertel 2008                                                      Malone et al. 2017
14    Gabett 2018

10
Return-to-Competition Sprunggelenk

Belastungszonen nach dem Akut:Chronischen Belastungs-Ratio

                                              Höchstleistung                                                            Verletzungs-
                                                                                                                        risiko

                                                                                                                       Leistung

        Risiko Untertraining           optimale Belastung kurzzeitiges           Risiko Übertraining
           A:C-Ratio < 0,8              A:C-Ratio 0,8–1,3 Übertraining              A:C-Ratio > 1,4
                                                            1,3–1,4
Abbildung 5: Akut:Chronisches Belastungs-Ratio (adaptiert nach Gabbett 2016)   Quelle: https://www.athletemonitoring.com/workload-management/

Reduzierte posturale Kontrolle                               • Athletinnen oder Athleten mit einer Schwäche
• Eine reduzierte posturale Kontrolle erhöht das               der Hüftabduktoren haben ein höheres Risiko eine
  Risiko einer Sprunggelenksverletzung.12                      Non-Kontakt Sprunggelenksverletzung zu erleiden16
• Sprunggelenksverletzungen wirken sich wiederum
  negativ auf die posturale Kontrolle aus.13                 Eingeschränkte Beweglichkeit
                                                             • Eine reduzierte beziehungsweise eingeschränkte
Falsche Trainingssteuerung                                      Dorsalflexion sowie ipsilaterale Plantarflexion
• Die Trainingssteuerung hat unmittelbaren Einfluss             erhöhen das Risiko einer Sprunggelenksverlet-
   auf das Verletzungsrisiko. So können beispiels-              zung17, 18
   weise unangemessene Belastungsspitzen das
   Verletzungsrisiko erhöhen.14                              Gestörte Propriozeption
                                                             • Sprunggelenksverletzungen wirken sich negativ
Kraftdefizite                                                  auf die Propriozeption aus, was das Wiederverlet-
• Kraftdefizite und verzögerte Reaktionszeiten (exzen-         zungsrisiko erhöht.19
   trisch/konzentrisch) der Inversoren und Evertoren
   erhöhen das Risiko einer Sprunggelenksverletzung15

   Akut:Chronisches Belastungs-Ratio
   Insbesondere im Rehabilitationsprozess und bei der Return-to-Play-Entscheidung sollte das Akut:Chronische Belas-
   tungs-Ratio Berücksichtigung finden. Dabei wird die akute Belastung der zurückliegenden Woche der mittelfristigen
   Belastung, zum Beispiel der vorausgegangenen 4 Wochen („Chronische Belastung“), gegenübergestellt. Im Sinne
   einer verletzungspräventiven Trainingssteuerung sollte dieses rollierende Verhältnis zwischen 0,8 und 1,3 liegen. Im
   Fußball sollte dieses Verhältnis zwischen 1,0 und 1,25 liegen, um Verletzungen durch unverhältnismäßige Belas-
   tungsspitzen zu vermeiden.

   Durch eine sinnvolle Progression der Belastungsumfänge und -intensitäten können schließlich die Voraussetzungen für
   eine vollumfängliche Teilnahme am Mannschaftstraining sowie eine Rückkehr in den Wettkampf gewährleistet werden. 20

                                                                                                                                                 11
Return-to-Competition Sprunggelenk

                                                                                          Trainingsbelastung (Tra
           Beispiel:                                                                                              ining Load) =
                                                                                          Dauer RPE
           Der Athlet beziehungsweise die Athletin hat bei der
           Rückkehr ins uneingeschränkte Mannschaftstraining                                     *
           eine normale Trainingswoche mit einer Trainings-
           belastung von 100 Prozent („Akute Belastung”).                                Zum Beispiel:
           Hatte er oder sie jedoch aufgrund der Verletzung                              Trainingsdauer = 90
           in den vergangenen vier Wochen im Rehatraining                                                      Minuten
                                                                                        subjektive Beanspruch
           („Chronische Belastung”) nur eine durchschnittliche                                                   ung = 7
           Trainingsbelastung von 40 Prozent, so liegt die Ver-                         Trainingsbelastung (Tra
                                                                                                                ining Load) =
                                                                                        90
                                                                                             * 7 = 630
           letzungswahrscheinlichkeit für die kommende Woche
           bei 28 Prozent (siehe Abbildung 6). Die Trainingsbelas-
           tung lässt sich dabei wie folgt berechnen:
           Trainingsbelastung (Training Load) =
           Trainingsdauer x RPE.

                                          110   4,7    4,1         3,6           3,4             3,2          3,3           3,5
                                          100   4,3    3,7         3,4           3,3             3,3          3,6           4,0
                                          90    3,9    3,5         3,3           3,3            3,6           4,2           4,9
             (% der normalen Belastung)

                                          80    3,5    3,3         3,3           3,7             4,3          5,3           6,6
                                          70    3,3    3,3         3,7           4,6             5,8          7,5           9,5
             Chronische Belastung

                                          60    3,3    3,8         4,9           6,6            8,8           11,6          14,9
                                          50    4,0    5,5         7,9           11,0           14,9         19,6           25,1
                                          40    6,6    10,1       14,9          20,9            28,2         36,7           46,5
                                          30    14,9   23,2       33,7          46,5            61,4         78,6           98,0
                                                60     70          80            90              100          110         120
                                                                                        Akute Belastung (% der normalen Belastung)

              Abbildung 6: Verletzungswahrscheinlichkeiten bei unterschiedlichen Szenarien des Akut:Chronischen Belastungs-Ratios

12
Return-to-Competition Sprunggelenk

            4 Diagnostik
            Erleidet ein Sportler oder eine Sportlerin eine Verletzung, ist eine genaue und differenzierte
            Diagnostik unabdingbar, um eine optimale Therapie einleiten zu können. Mehrheitlich kann bei
            akuten lateralen Bandverletzungen am Sprunggelenk auf eine konservative Behandlung zu-
            rückgegriffen werden. Anhand der Diagnostik kann jedoch auch eine mögliche Notwendigkeit
            einer operativen Stabilisation geklärt werden. Bei anhaltender Instabilität (mindestens 3 Mo-
            nate) am Sprunggelenk sollte im Rahmen der Diagnostik zwischen mechanischer (ligamentäre
            Insuffizienz) und funktioneller (muskuläres, propriozeptives Defizit) Instabilität differenziert
            werden. Bei akuten lateralen Sprunggelenksverletzungen haben sich folgende Diagnostik-
            schwerpunkte etabliert:21

            Inspektion                                                   einer lateralen Bandruptur beträgt so 96 Prozent
            • Beurteilung Schmerzempfinden                               mit einer Spezifität von 84 Prozent.
            • Beurteilung Schwellung/Hämatom
            • Beurteilung des Gangbildes/der Gewichtsüber-            Apparative Untersuchungen
               nahme                                                  • Der diagnostische Mehrwert apparativer Untersu-
                                                                        chungen ist stets im Einzelfall zu prüfen. Späte-
            Palpation                                                   stens bei anhaltenden Beschwerden (> 5 Tage) ist
            • Die Palpation sollte folgende Bereiche umfassen:          in der Regel ein MRT notwendig, um Begleitverlet-
               Außenknöchel, Bandverlauf, Gelenkkapsel, Syn-            zungen (insbesondere osteochondrale Läsionen)
               desmose, Peronealsehnenloge, Retinakula,                 auszuschließen.
               Innenknöchel, Verlauf des Lig. Deltoideum, Fibu-       • Gehaltene Röntgenaufnahmen sind generell nicht
               la(-köpfchen), Os metatarsale V                          zu empfehlen

            Funktions- und Schmerztests
            • Schwellung und Schmerz reduziert die Reliabilität
               in der Akutphase. Daher wird eine zeitlich verzö-
               gerte Untersuchung (4–5 Tage nach Trauma) emp-
               fohlen. Die Sensitivität für eine korrekte Diagnose

                                     Laterale Ansicht                                      Mediale Ansicht

                                                             Mellaolarzone
                                                                                                                            B
 A                                                                                                                          Untere 6 cm
 Untere 6 cm                                                                                                                der Tibiahin-
 der Fibula-                                                  Mittelfußzone                                                 terkante oder
 hinterkante                                                                                                                Spitze des
 oder Spitze                                                                                                                Malleolus
 des Malieolus                                                                                                              medialis
 lateralis

                                          C                                                       D
                                          Basis Os metat-                                         Os naviculare
                                          arscale 5
            Röntgenaufnahmen sind nur erforderlich bei Schmerzen      Röntgenaufnahmen sind nur erforderlich bei Schmerzen
            im Bereich der Malleolarzone und einem der folgenden      im Bereich der Mittelfußzone und einem der folgenden
            Kriterien:                                                Kriterien:
            • Druckschmerz bei A                                      • Druckschmerz bei C
            • Druckschmerz bei B                                      • Druckschmerz bei D
            • Unfähigkeit, den Fuß zu belasten, nach dem Trauma und   • Unfähigkeit, den Fuß zu belasten, nach dem Trauma und
                bei der Notaufnahme                                       bei der Notaufnahme

            Abbildung 7: Ottawa Ankle Rules

21 Rammelt et al. 2017, Loeffen et al. 2018

                                                                                                                                        13
Return-to-Competition Sprunggelenk

                                                                   1. Frage:                         Nein           Diagnose:
             Verletzter Athlet/
                                                   Hatte der Athlet/die Athletin bereits eine                   Erstmalige Sprung-
             verletzte Athletin
                                                    Verletzung am gleichen Sprunggelenk?                        gelenksverletzung

                                                                       Ja

                                                                    2. Frage:
                  Vor über                 2a                                                            2b       Vor weniger als
                                                     Wann ist die vorherige Sprunggelenks-
                12 Monaten                                                                                         12 Monaten
                                                            verletzung aufgetreten?

                                                                     3. Frage:
                   Nein                           Berichtet der Athlet/die Athletin über wie-                           Ja
                                                  derkehrende Symptome im Vorfeld der aktu-
                                                  ellen Sprunggelenksverletzung?
                                                  •   Giving-way-Phänomen
                                                  •   Subjektive Instabilität
                 +2a                 +2b                                                           +2b              +2a
                                                  •   Wiederkehrende Verstauchungen

                                       Diagnose                                                                    Diagnose
                 Diagnose
                                       Wiederkehrende Verletzung +                                             Chronische Sprung-
                   Coper
                                       Risiko, eine chronische Sprunggelenksinstabilität zu entwickeln         gelenksinstabilität

           Abbildung 8: Algorithmus zur Beurteilung einer chronischen Sprunggelenksinstabilität (adaptiert nach McKeon et al. 2015)

           Zum klinischen Ausschluss von Frakturen werden                   Die Gesellschaft für Orthopädisch-Traumatologische
           die sogenannten Ottawa Ankle Rules empfohlen.                    Sportmedizin (GOTS) empfiehlt dennoch zum
           Sie liefern wichtige Hinweise zur Notwendigkeit einer            Ausschluss einer knöchernen Begleitverletzung die
           Röntgenaufnahme. Diese ist nur indiziert, wenn der               obligate Anfertigung eines Röntgenbildes.22
           Patient oder die Patientin
           • nicht vier Schritte direkt nach dem Verletzungsge-             Steht im Behandlungs- und Rehabilitationsverlauf
              schehen gehen kann oder                                       die Vermutung einer chronischen Sprunggelenksin-
           • eine erhöhte lokale Knochenempfindlichkeit im                  stabilität im Raum, lässt sich unterstützend der in
              Bereich der hinteren Kanten oder Spitzen der                  Abbildung 9 dargestellte Algorithmus zur Entschei-
              Malleonen (4 Palpationspunkte) verspürt oder                  dungsfindung heranziehen.
           • eine erhöhte lokale Knochenempfindlichkeit im
              Bereich Osnaviculare oder Basis Metatarsale V
              verspürt.

22 Bachmann et al. 2003, GOTS 2012

14
Return-to-Competition Sprunggelenk

 5                           entrale Phasen und Meilensteine im
                            Z
                            Rehabilitationsprozess
 Pre-Injury-Screening (PRE)                                                                    Return-to-Sport (RTS)
 Eine prospektive Datenerfassung im Sinne eines                                                Return-to-Sport (RTS) bezeichnet den Übergang vom
 Pre-Injury-Screenings liefert neben leistungsdiagnos-                                         allgemeinen Rehabilitationstraining (Phase II) in das
 tischen Erkenntnissen für die Trainingsplanung („per-                                         sportartspezifische Rehabilitationstraining (Phase
 formance baseline“) auch wichtige Referenzwerte                                               IIIA), welches in das individualisierte und einge-
 der unverletzten Testpersonen, bevor es überhaupt                                             schränkte Mannschaftstraining (Phase IIIB) übergeht.
 zu einer Verletzung kommt. Durch ein regelmäßiges
 Screening gesunder Testpersonen lassen sich indivi-                                           Aufbauend auf der zurückliegenden Rehabilitations-
 dualisierte Präventivmaßnahmen ableiten, während                                              phase, sollte die Testperson zum RTS-Meilenstein
 im Verletzungsfall auf die individuellen Referenzwerte                                        bereits grundlegende subjektive und objektive
 der Testpersonen zurückgegriffen werden kann, an                                              Anforderungen erfüllen können. Im Sinne einer
 denen sich der Rehabilitationsverlauf orientiert.                                             Belastungserprobung werden die Trainingsinhalte
                                                                                               sportartspezifischer und finden bereits zunehmend
 Return-to-Activity (RTA)                                                                      wieder auf dem Spielfeld statt, um die Testpersonen
 Unter dem Meilenstein Return-to-Activity (RTA) ist der                                        an die tatsächlichen Belastungen heranzuführen. Ein
 Übergang von der klinischen Versorgung (Phase I)                                              progressiver Belastungsaufbau unter Anleitung eines
 in das allgemeine Rehabilitationstraining (Phase II)                                          eines Athletik- oder Rehatrainers, beziehungsweise
 zu verstehen. Anhand einer klinischen Untersuchung                                            einer solchen Trainerin oder eines Physiotherapeuten
 wird entschieden, ob die Testperson mit dem all-                                              beziehungsweise einer Physiotherapeutin ist hier
 gemeinen Rehabilitationstraining beginnen kann.                                               unabdingbar. Zu beachten ist, ob die sportartspezi-
 Dessen Fokus richtet sich zunächst auf die Wiederer-                                          fischen Übungen von den Testpersonen koordiniert
 langung von Beweglichkeit und Stabilität zur kontrol-                                         ausgeführt werden können und von der geschädigten
 lierten Ausübung grundlegender Bewegungsmuster.                                               Struktur toleriert werden, ohne dass Symptome wie
                                                                                               Schwellungen oder Schmerzen auftreten.

                            Verlet-
PRE                                                          RTA                    RTS                                          RTP                   RTC
                             zung

                                                                                                                Allgemeine
                                                                                           Allgemeine          Rehabilitation
                                                                                          Rehabilitation                             Uneingeschränktes
                                                                                                                                     Mannschaftstraining
                                      Klinische Versorgung

                                                                    Allgemeine                                Individualisiertes,
      Unverletzter Athlet

                                                                                                                                             –
                                                                   Rehabilitation                              eingeschränktes
                                                                                                                                      Wettkampftraining
                                                                                                             Mannschaftstraining

                                                                                          Sportspezifische
                                                                                           Rehabilitation
                                                                                                                     Sport-
                                                                                                             spezifische Rehabili-
                                                                                                                     tation
                                                                   Physiotherapie
                                                                                          Physiotherapie
                                                                                                               Physiotherapie

          0                                     I                        II                     IIIa                 IIIb                    IV

                                                                                                                                          Sportfähigkeit

 PRE = Pre-Injury-Screening, RTA = Return-to-Activity, RTS = Return-to-Sport,
 RTP = Return-to-Play, RTC = Return-to-Competition

 Abbildung 9: Phasen im Rehabilitationsprozess

                                                                                                                                                                 15
Return-to-Competition Sprunggelenk

           In der Phase des eingeschränkten Mannschaftstrai-               nach Konsultation der anderen am Rehabilitations-
           nings wird bewusst noch auf Körperkontakt verzichtet            prozess beteiligten Disziplinen (Therapeutin bezie-
           und die Testperson nimmt nur teilweise oder modifi-             hungsweise Therapeut, Athletik- und Reha-Trainer
           ziert (zum Beispiel durch besondere Kennzeichnung               beziehungsweise -Trainerin, Sportpsychologin bezie-
           der Testperson) am Mannschaftstraining teil.                    hungsweise Sportpsychologe) über die Spielfähigkeit
                                                                           entscheiden muss.
           Return-to-Play (RTP)
           Return-to-Play (RTP) bezeichnet den erfolgreichen               Return-to-Competition (RTC)
           Übergang vom individualisierten und einge-                      Return-to-Competition (RTC) beschreibt zum einen
           schränkten Mannschaftstraining (Phase IIIB) hin                 den gesamten Reintegrationsprozess vom Zeitpunkt
           zur uneingeschränkten Teilnahme am Mannschafts-                 der Verletzung bis zum ersten Wettkampfeinsatz in
           beziehungsweise Wettkampftraining (Phase IV).                   der jeweiligen Zielsportart und stellt zugleich den
                                                                           finalen Meilenstein des ersten Wettkampfeinsatzes
           Dieser Zeitpunkt entspricht im bezahlten Sport                  nach der Verletzung dar. Ob, wann und in welchem
           dem Ende der Arbeitsunfähigkeit. Hier ist eine                  Umfang der Spieler oder die Spielerin nach positiver
           interdisziplinäre Entscheidungsfindung auf der Basis            Return-to-Play-Entscheidung wieder im Wettkampf
           einer umfassenden Testroutine zu empfehlen. Das                 eingesetzt wird, entscheidet in der Regel der Trainer
           bedeutet, dass letztlich der verantwortliche Arzt oder          oder die Trainerin. Eine Abstimmung mit seinem
           die verantwortliche Ärztin vor dem Hintergrund der              medizinischen und therapeutischen Betreuungsstab
           vorliegenden klinischen, funktionellen, sportmo-                sowie den Testpersonen selbst ist ausdrücklich zu
           torischen und psychologischen Informationen und                 empfehlen.

                                     Pre-Injury-Screening = Referenzdatenerhebung für die Rehabilitation,
                  PRE                z. B. im Rahmen der Leistungsdiagnostik

                                     Return-to-Activity = Übergang von der klinischen Versorgung (Phase I) in das allge-
                                     meine Rehabilitationstraining (Phase II)
                  RTA

                                     Return-to-Sport = Übergang vom allgemeinen Rehabilitationstraining (Phase II) in
                                     das sportartspezifische Rehabilitationstraining (Phase IIIA)
                  RTS
                                     Return-to-Play = Übergang vom eingeschränkten Mannschaftstraining (Phase IIIB)
                                     hin zur uneingeschränkten Teilnahme am Mannschafts- beziehungsweise Wett-
                  RTP                kampftraining (Phase IV) = Ende der Arbeitsunfähigkeit

                                     Return-to-Competition = Gesamtprozess bis zum ersten Wettkampfeinsatz
                  RTC

           Abbildung 10: Zentrale Meilensteine im Rehabilitationsprozess

16
Return-to-Competition Sprunggelenk

            6 Return-to-Play-Testbatterie
            6.1 Aufbau der Testbatterie
            Eine RTP-Entscheidung sollte anhand subjektiver und objektiver Kriterien (quantitativ und quali-
            tativ) getroffen werden, wobei ein Bestandteil funktionelle Tests sein sollten.23, 24

            Folgende Kriterien werden in der Fachliteratur
            beispielhaft aufgeführt: uneingeschränkte Beweg-                                   Klinische Freigabe
            lichkeit, 90 Prozent der erzielten Kraftwerte vor der
            Verletzung, ein normales Gangmuster sowie die
            Fähigkeit, sportartspezifische Bewegungen ohne                                  Subjektives Empfinden
            Kompensation durchführen zu können.25 Darauf
            aufbauend hat sich die Expertengruppe auf die in
            Abbildung 11 dargestellten Testkategorien festgelegt:                             Posturale Kontrolle

                                                                                                      Kraft

                                                                                           Sprung und Landequalität

                                                                                                    Agilität

                                                                           Return-to-Play-Entscheidung und Trainingsempfehlungen

                                                                       Abbildung 11: Testbatterie zum Return-to-Play Meilenstein

            Bei der Testbatterie handelt es sich um eine abschlie-   Die schematische Darstellung der Testbatterie
            ßende Entscheidungshilfe zur Beurteilung der Fähig-      stellt den zeitlichen Ablauf der durchzuführenden
            keit der Testperson, wieder uneingeschränkt am Wett-     Testkategorien dar. Innerhalb jeder Testkategorie
            kampftraining (Return-to-Play Meilenstein) teilnehmen    wird der Mindeststandard beschrieben. Zur besseren
            zu können. Die Ergebnisse der Diagnostik sollen als      Einordnung der Testergebnisse werden für jeden
            Diskussionsgrundlage für einen interdisziplinären        Test Cut-Off-Werte und/oder Orientierungswerte aus
            Austausch der im Rehabilitationsprozess beteiligten      der Fachliteratur aufgeführt. Sie helfen dabei, eine
            Professionen dienen. Sie sind jedoch kein Ersatz für     bessere Einschätzung über das Leistungsvermögen
            die Durchführung vorangestellter Testverfahren zur       der verletzten Testperson abgeben zu können, ohne
            optimalen Steuerung des Rehabilitationsprozesses.        jedoch eine prädiktive Aussagekraft hinsichtlich dem
            Treten während der Testung Beschwerden auf, so ist       Auftreten einer erneuten Verletzung zu beanspruchen.
            dies als Abbruchkriterium zu werten.

                                                                       Vor der Testung sollte die Beindominanz der Testperson
                                                                       abgefragt werden. Als dominantes Bein gilt das Bein,
                                                                       mit dem die Testperson bevorzugt einen Ball schießen
                                                                       würde.

23 Clanton et al. 2012
24 Kaminski et al. 2013
25 Chinn et al. 2010

                                                                                                                                       17
Return-to-Competition Sprunggelenk

              6.2 Exemplarisches Aufwärmen
              Vor der Durchführung der Testbatterie ist auf ein ange-          • Einbeinige Gleichgewichtsübungen (mit Pertubation)
              messenes Aufwärmen der Testperson zu achten. Diese               • Kniebeugeübungen (variierende Ausführungsge-
              kann zum Beispiel folgende Elemente beinhalten:                    schwindigkeit)
              • Laufen auf dem Laufband mit Intensitätssteigerung:             • Sprung- und Landetraining (zum Beispiel Squat
                 –– 2 Minuten lockeres Laufen bei 8.0 km/h                       Jumps, Counter Movement Jumps, Lateral Bounds
                 –– 3 Minuten Intensitätssteigerung bei 10.0 km/h                oder Reaktive Sprünge)
                 –– 3 Minuten Intensitätssteigerung bei 12.0 km/h              • Dynamische Richtungswechsel (zum Beispiel 45°,
                 –– 2 Minuten langsames Auslaufen bei 8.0 km/h                  90°, 180°) mit Anschlussaktion
                 Tipp: Das Aufwärmen auf dem Laufband kann
                  bereits für eine qualitative Laufanalyse genutzt
                  werden.
              • Übungen zur Mobilisierung (zum Beispiel Hüft-,                 → Treten bereits während des Aufwärmens
                  Knie-, Sprunggelenk)                                            Beschwerden auf, gilt dies als Abbruchkriterium
              • Übungen zur Rumpfstabilisation                                    für die Durchführung der Testbatterie.

Passende Aufwärmübungen finden Sie in den VBG-Trainingsübungen

              6.3 Empfehlungen zum Taping und Tragen von Orthesen
              Die Testung sollte grundsätzlich ohne Tape oder                  Hintergrund:
              Orthese erfolgen, um den tatsächlichen Leistungs-                • Eine Orthese reduziert signifikant das Risiko für
              stand des Athleten oder der Athletin beurteilen zu                  Sprunggelenksverletzungen, insbesondere bei
              können und etwaige Defizite nicht zu maskieren. Trai-               vorverletzten Athletinnen oder Athleten.27
              niert beziehungsweise spielt der zu testende Athlet              • Tapes und Orthesen gelten als wirksam um
              oder die zu testende Athletin ohnehin stets mit Tape                Wiederverletzungen am Sprunggelenk zu redu-
              oder Orthese, kann auch die RTP-Testung vor der Rück-               zieren.28
              kehr in das uneingeschränkte Mannschaftstraining                 • Orthesen mit Schnürung scheinen eine bessere
              unter diesen Bedingungen erfolgen.                                  dynamische Stabilität aufzuweisen als Orthesen
                                                                                  ohne Schnürung.29
              → Um das Rezidivrisiko zu minimieren, wird
                 Athletinnen und Athleten für mindestens 6
                 Monate nach einer Sprunggelenksverletzung
                 das Anlegen von Tapes oder Orthesen in jedem
                 Training und Spiel empfohlen. Im Trainings-
                 beziehungsweise Spielverlauf ist die nachlas-
                 sende Wirksamkeit von Sprunggelenkstapes
                 zu beachten ➞ Das bedeutet ein Nachtapen ist
                 erforderlich!26

26   Handoll et al. 2008, Petersen et al. 2013, Janssen et al. 2014
27   Kaminski et al. 2013, Beynnon et al. 2002, Petersen et al. 2013, Janssen et al. 2014
28   Shaw et al. 2008
29   Best et al. 2014

18
Return-to-Competition Sprunggelenk

            7        Testkategorie Klinische Freigabe
            Die klinische Freigabe soll folgende Aspekte beinhalten:
            • Schmerzfreiheit
            • Keine Schwellung (weitestgehende Abschwellung und keine Zunahme der Schwellung unter beziehungs-
               weise nach Belastung)
            • Keine erhöhte Hautoberflächentemperatur
            • Negative klinische Tests (zum Beispiel Anterior Drawer Test, Talar Tilt Test, Squeeze Test)
            • Uneingeschränkte, möglichst seitengleiche, aktive und passive Beweglichkeit (zum Beispiel Knee-to-Wall Test)
            • Aktive Ansteuerung Mm. Peronei
            • Ausschluss relevanter, persistierender mechanischer Instabilität

            8 Testkategorie Subjektives Empfinden
            Warum diese Testkategorie?                               Welche Tests sollen mindestens durchgeführt werden?
            • Die persönliche Wahrnehmung der eigenen Kör-           • Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT)
              perfunktion des Athleten oder der Athletin sollte      • Injury-Psychological Readiness to Return to Sport
              Bestandteil einer Return-to-Play-Entscheidung sein30     Scale (I-PRRS-Scale)
            • Psychische Faktoren beeinflussen das Verlet-           • Foot and Ankle Disability Index Sport Items
              zungs- und Wiederverletzungsrisiko31                     (FADI Sport)

30 Kaminski et al. 2013
31 Junge 2000, Ortín Montero et al. 2010

                                                                                                                                   19
Return-to-Competition Sprunggelenk

            8.1 I njury-Psychological Readiness to Return to Sport Scale
                (I-PRRS-Scale)32
            Die Injury-Psychological Readiness to Return to Sport     Ziel:
            Scale (I-PRRS-Scale) misst das Selbstbewusstsein          Überprüfung der psychologischen Bereitschaft für
            eines Athleten oder einer Athletin nach einer             eine Rückkehr in dieden Wettkampf
            Verletzung und gibt damit eine Hilfestellung bei der
            Beurteilung, ob er mental bereit für eine Rückkehr in     Materialbedarf:
            seine Zielsportart ist.                                   • Fragebogen
                                                                      • Schreibmaterial

              Testdurchführung

            Bitte bewerten Sie Ihre Zuversicht, in Ihren Sport zurückzukehren auf einer Skala von 0–100, wobei
            „0 = keine Zuversicht“, „50 = mäßige Zuversicht“ und „100 = höchste Zuversicht“ zum aktuellen
            Zeitpunkt bedeutet.

             Bewertung                                                                       Wert

             Meine allgemeine Zuversicht zu spielen liegt bei

             Meine Zuversicht, ohne Schmerzen zu spielen, liegt bei

             Meine Zuversicht, 100 Prozent geben zu können, liegt bei

             Meine Zuversicht, mich nicht auf meine Verletzung zu konzentrieren, liegt bei

             Meine Zuversicht, dass mein verletztes Sprunggelenk den Anforderungen
             meiner Sportart standhält, liegt bei

             Meine Zuversicht, meine Leistungsfähigkeit abrufen zu können, liegt bei

             Gesamtwert

            Messung:
            Zur Bewertung des Gesamtwerts werden die sechs
            Items addiert und durch 10 geteilt.
                                                                      Athletinnen und Athleten sollten einen Wert zwi-
            Beurteilung und Orientierungswerte:                       schen 50 und 60 erreichen. Liegt der Gesamtwert
            60 = äußerst zuversichtlich                               darunter, ist davon auszugehen, dass der Athlet oder
            40 = mäßig zuversichtlich                                 die Athletin psychologisch noch nicht bereit ist, in
            20 = gering zuversichtlich                                seinen Sport zurückzukehren.

            www.vbg.de/IPRRS-Scale

32 Glazer 2009, Clanton et al. 2012

20
Return-to-Competition Sprunggelenk

             8.2 Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT)33
             Das Cumberland Ankle Instability Tool (CAIT) erfragt              Ziel:
             die spezifischen Einschränkungen in Folge eines                   Subjektive Beurteilung der Sprunggelenksstabilität
             Umknicktraumas am Sprunggelenk.
                                                                               Materialbedarf:
                                                                               • Fragebogen
                                                                               • Schreibmaterial

               Testdurchführung

             Bitte kreuzen Sie die Aussage an, die am BESTEN Ihre Sprunggelenke beschreibt. Bitte bewerten Sie Ihre
             Sprunggelenke getrennt voneinander und geben Sie je eine Antwort für LINKS und eine für RECHTS an.

                                                                                                            links       rechts    Wert
              Ich habe Schmerzen in meinem Sprunggelenk
              nie                                                                                            o            o         5
              beim Sport                                                                                     o            o         4
              beim Rennen auf unebenem Untergrund                                                            o            o         3
              beim Rennen auf ebenem Untergrund                                                              o            o         2
              beim Gehen auf unebenem Untergrund                                                             o            o         1
              beim Gehen auf ebenem Untergrund                                                               o            o         0
              Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an
              nie                                                                                            o            o         4
              manchmal während des Sports (nicht jedes Mal)                                                  o            o         3
              regelmäßig während des Sports (jedes Mal)                                                      o            o         2
              manchmal während Alltagsaktivitäten                                                            o            o         1
              regelmäßig während Alltagsaktivitäten                                                          o            o         0

              Bei SCHNELLEN Richtungswechseln fühlt sich mein Sprunggelenk INSTABIL an
              nie                                                                                            o            o         3
              manchmal beim Rennen                                                                           o            o         2
              häufig beim Rennen                                                                             o            o         1
              beim Gehen                                                                                     o            o         0
              Beim Treppe hinuntergehen fühlt sich mein Sprunggelenk INSTABIL an
              nie                                                                                            o            o         3
              wenn ich schnell gehe                                                                          o            o         2
              gelegentlich                                                                                   o            o         1
              immer                                                                                          o            o         0
              Mein Sprunggelenk fühlt sich beim Stehen auf EINEM Bein INSTABIL an
              nie                                                                                            o            o         2
              wenn ich auf dem Fußballen stehe                                                               o            o         1
              wenn ich auf dem gesamten Fuß stehe                                                            o            o         0
              Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an
              nie                                                                                            o            o         3
              wenn ich von einem Bein auf das andere hüpfe                                                   o            o         2
              wenn ich auf der Stelle hüpfe                                                                  o            o         1
              wenn ich springe                                                                               o            o         0

33 Hiller et al. 2006, Noronha et al. 2008, Gehring et al. 2014, Gribble et al. 2014, Gehring et al. 2016
                                                                                                                                                   21
Return-to-Competition Sprunggelenk

                                                                                            links    rechts    Wert
              Mein Sprunggelenk fühlt sich INSTABIL an
              nie                                                                            o         o         4
              beim Rennen auf unebenem Untergrung                                            o         o         3
              beim Joggen auf unebenem Untergrund                                            o         o         2
              beim Gehen auf unebenem Untergrund                                             o         o         1
              beim Gehen auf ebenem Untergrund                                               o         o         0
              Wenn ich im Sprunggelenk beginne umzuknicken, kann ich dies NORMALERWEISE stoppen
              sofort                                                                         o         o         3
              häufig                                                                         o         o         2
              manchmal                                                                       o         o         1
              nie                                                                            o         o         0
              ich bin noch nie im Sprunggelenk umgeknickt                                    o         o         3
              Nach einem TYPISCHEN Umknickereignis kehrt mein Sprunggelenk in den Normalzustand zurück
              fast umgehend                                                                  o         o         3
              in weniger als einem Tag                                                       o         o         2
              in 1–2 Tagen                                                                   o         o         1
              in mehr als 2 Tagen                                                            o         o         0
              ich bin noch nie im Sprunggelenk umgeknickt                                    o         o         3

             Messung:                                             Beurteilung und Orientierungswerte:
             Der Fragebogen wird für beide Beinseiten ausge-      Erreichen Athletinnen oder Athleten einen Gesamt-
             füllt. Das Bewertungssystem in der rechten Spalte    wert von weniger als 28 Punkten, ist die Wahr-
             ist für die ausfüllende Person nicht sichtbar. Die   scheinlichkeit einer chronischen Sprunggelenks-
             Punkte der Einzelitems werden addiert, wobei eine    instabilität erhöht. 34 Als Einschlusskriterium für
             maximale Gesamtpunktzahl von 30 Punkten erreicht     eine chronische Sprunggelenksinstabilität gilt ein
             werden kann.                                         Gesamtwert ≤ 24. 35

             www.vbg.de/CAIT

34 Noronha et al. 2008, Gehring et al. 2014, Hiller et al. 2006
35 Gribble et al. 2014

22
Return-to-Competition Sprunggelenk

           8.3 Foot and Ankle Disability Index Sport (FADI Sport)36
           Der Foot and Ankle Disability Index Sport (FADI Sport)           Ziel:
           ist ein praktikables Tool, um von der Testperson sub-            Subjektive Beurteilung der Sprunggelenksstabilität
           jektiv wahrgenommene funktionelle Beeinträchti-
           gungen nach einer Sprunggelenksverletzung zu                     Materialbedarf:
           identifizieren.                                                  • Fragebogen
                                                                            • Schreibmaterial

             Testdurchführung

             FADI Sport item                       0 = nicht       1 = extreme         2 = mode-          3 = leichte      4 = keine
                                                   möglich         Schwierig-          rate Schwie-       Schwierig-       Schwierig-
                                                                   keiten              rigkeiten          keiten           keiten
             rennen
             springen
             landen
             Kniebeuge und schnell stoppen
             schnelle Seitwärtsbewegung
             leichte Aktivitäten
             Fähigkeit, Aktivitäten mit nor-
             maler Technik auszuführen
             Fähigkeit, Sportart zeitlich
             uneingeschränkt auszuführen

           Messung:                                                         Beurteilung und Orientierungswerte:
           Der Fragebogen wird von der Testperson ausgefüllt                Die Testpersonen sollten einen
           und bezieht sich auf deren aktuelle Befindlichkeit.              Gesamtwert von mindestens
           Die Punkte der Einzelitems werden addiert, wobei                 29 Punkten (90 Prozent) erreichen.
           eine maximale Gesamtpunktzahl von 32 Punkten
           erreicht werden kann.                                                                                        www.vbg.de/FADI-Sport

           Monitoring der erlebten körperlichen Verfassung

           Um während der Rehabilitation einen regelmäßigen                 werden. Dieses sollte idealerweise täglich, am besten
           Überblick über das subjektive Empfinden der Athle-               vor und nach jeder (Reha-)Trainingseinheit, erhoben
           tinnen beziehungsweise Athleten bezogen auf das                  werden. Die Angst vor einer Wiederverletzung kann
           verletzte Sprunggelenk zu erhalten, sollte ein Monito-           zum Beispiel mit dem etwas umfangreicheren Re-
           ring zur erlebten körperlichen Verfassung durchgeführt           Injury Anxiety Inventory (RIAI) überprüft werden.37

                                               Im Augenblick fühlt sich mein verletzter Körperteil folgendermaßen an
                                                                                                                 ausgelaugt, abge-
             Faktor Energie           energievoll, aktiviert                  5    4      3    2      1      0
                                                                                                                 schlafft, schlapp

             Faktor Trainiertheit     kräftig, stark, fit, durchtrainiert     5    4      3    2      1      0   untrainiert, kraftlos

             Faktor Beweglichkeit     gelenkig, dehnfähig, beweglich          5    4      3    2      1      0   unbeweglich, steif

                                                                                                                 krank, ange-
             Faktor Gesundheit        gesund, wohl                            5    4      3    2      1      0
                                                                                                                 schlagen, verletzt
           Abbildung 12: Skala zur erlebten körperlichen Verfassung (Kleinert 2003)

36 Hale & Hertel 2005
37 Walker 2010
                                                                                                                                                23
Return-to-Competition Sprunggelenk

            9 Testkategorie Posturale Kontrolle
            Warum diese Testkategorie?                             Welcher Test soll mindestens durchgeführt werden?
            • Eine schwache posturale Kontrolle gilt als Risiko-   • Star-Excursion-Balance-Test (SEBT)
              faktor für Sprunggelenksverletzungen. 38
            • Sprunggelenksverletzungen wirken sich wiederum
              negativ auf die posturale Kontrolle aus. Dies          Der Test kann mit dem dazugehörigen Testkit auch als
              gilt sowohl für die betroffene als auch die nicht      Y-Balance-Test® durchgeführt werden.
              betroffene Seite.39
            • Ermüdung reduziert die posturale Kontrolle             Die Überprüfung der posturalen Kontrolle kann auch
              zusätzlich, insbesondere bei Spielerinnen oder         im Rahmen einer computergestützten Posturographie
              Spielern mit Vorverletzungen am Sprunggelenk. 40       erfolgen. Um dabei spieltypische Störeinflüsse abzu-
                                                                     bilden, kann die Testung gegebenenfalls zusätzlich
                                                                     unter Pertubation erfolgen.

38 McKeon & Hertel 2008, Witchalls et al. 2013
39 McKeon & Hertel 2008
40 Steib et al. 2013, Greig & McNaughton 2014

24
Return-to-Competition Sprunggelenk

             9.1 Star-Excursion-Balance-Test (SEBT)41
             Studien haben gezeigt, dass Athletinnen oder                        Ziel:
             Athleten mit Defiziten im SEBT ein erhöhtes Verlet-                 • Überprüfung der posturalen Kontrolle
             zungsrisiko der unteren Extremitäten aufweisen.                     • Aufdecken von Asymmetrien im Seitenvergleich
             Dieser Test fordert den Athleten beziehungsweise
             die Athletin hinsichtlich der Kraft der unteren                     Materialbedarf:
             Extremitäten, der Gleichgewichtsfähigkeit und der                   • Tape
             Beweglichkeit. Er deckt Defizite des Athleten bezie-                • Maßband
             hungsweise der Athletin in der posturalen Kontrolle                 • Messprotokoll
             auf, die wiederum als Risikofaktor für Verletzungen                 • Markierungsvorlage
             am Sprunggelenk gelten.

               Testdurchführung

             A                                                   B                                                     C

                 Abbildung A (anterior)                     Abbildung B (postero-medial)                         Abbildung C (postero-lateral)

             Abbildung 13: Star-Excursion-Balance-Test für die unteren Extremitäten

             Zunächst wird die Beinlänge als Referenzwert                        Aufgrund von kurzfristigen Lerneffekten werden
             gemessen (siehe Infobox auf Seite 26). Die                          zunächst drei Probeversuche je Beinseite und
             Testperson steht ohne Schuhe mit in den Hüften                      Richtung und danach drei zu wertende Durchgänge
             gestützten Händen auf der Mitte des Y und versucht,                 je Beinseite und Richtung durchgeführt. Der beste
             das Spielbein so weit wie möglich nach vorne                        Versuch jeder Beinseite und Richtung wird gewertet.
             (anterior) zu führen (A). Das Standbein ist zunächst
             die unverletzte Beinseite. Bei der Bewegungs-
             ausführung darf die Ferse des Standbeines nicht
             abheben, das Spielbein nicht den Boden berühren
             und beide Hände müssen über die gesamte Testzeit
             an der Hüfte fixiert bleiben. Anschließend wird das
             Spielbein gemäß der Markierung so weit wie möglich
                                                                                            12

             hinter dem Körper nach innen zur Standbeinseite
                                                                                             0

                                                                                                                 90°
                                                                                               cm

             (posteromedial) (B) und nach hinten zur Standbein-
             gegenseite (posterolateral) (C) geführt.

             Im Anschluss wird das Standbein gewechselt. Nach
             jeder gemessenen Richtung darf das Spielbein
                                                                                                         90 cm

             abgesetzt werden, sodass die Testperson die jeweils
             folgende Messung aus einer stabilen Gleichgewichts-
             position heraus beginnen kann.

             Gemessen wird für jede Bewegungsrichtung jeweils
             der Punkt, der am weitesten vom Kreuzmittelpunkt
             entfernt ist und dessen Position drei Sekunden lang                     Abbildung 14: Markierungsvorlage für den
                                                                                                   Star-Excursion-Balance-Test
             gehalten werden kann, ohne den Boden zu berühren.

41 Plisky et al. 2006, Gribble et al. 2012, Gonell et al. 2015; Grassi et al. 2017

                                                                                                                                                          25
Return-to-Competition Sprunggelenk

                                                                                        Die Messung der Beinlänge erfolgt in
                                                                                        Rückenlage von der Spina Iliaca Anterior
                                                                                        Superior (SIAS) zum medialen Malleolus.

           Beurteilung und Orientierungswerte:                        Messung:
           Der Gesamtwert sollte mindestens 94 Prozent                Aus den ermittelten Reichweiten (A, B, C) wird – unter
           betragen und im Seitenvergleich betrachtet werden.         Berücksichtigung der individuellen Beinlänge – ein
           Darüber hinaus sollte die Seitendifferenz der ein-         Gesamtwert ermittelt. Dieser errechnet sich wie folgt:
           zelnen Bewegungsrichtungen (anterior, postero-
           medial, postero-lateral) nicht größer als 4 Zentimeter
           sein.

                                                                    (A + B + C) x 100
                                                 Gesamtwert =
                                                                     3 x Beinlänge

           Um die Ergebnisse (Reichweiten) zwischen verschie-
           denen Testpersonen oder Testpersonengruppen
           vergleichen zu können, sollten die Reichweiten auf
           die Beinlänge normiert werden.

26
Return-to-Competition Sprunggelenk

             10 Testkategorie Kraft
             Warum diese Testkategorie?                             Welche Tests sollen mindestens durchgeführt
             • Infolge einer Sprunggelenksverletzung zeigen         werden?
               sich Kraftdefizite und verzögerte Reaktionszeiten    • Heel-Rise-Test
               (exzentrisch/konzentrisch) der Invertoren und        • Einbeinige Kniebeuge
               Evertoren.42
             • Testpersonen mit funktioneller Sprunggelenksin-
               stabilität schneiden bei isokinetischen Krafttests
               schwächer als Testpersonen mit stabilen Sprung-
               gelenken ab.43
             • Bei Testpersonen mit chronischer Sprunggelenks-
               instabilität zeigen sich im Vergleich zu gesunden
               Athletinnen oder Athleten Kraftdysbalancen in der
                                                                      Als Goldstandard wird derzeit eine isokinetische
               Dynamik sowie eine geringere EMG-Aktivität der
                                                                      Krafttestung empfohlen, die mit langsamen Winkel-
               Evertoren und Invertoren.44
                                                                      geschwindigkeiten durchgeführt werden sollte 47
             • An die Plantarflexoren wird bereits während
               des normalen Gehens eine hohe Anforderung
                                                                      ➞ Isokinetik Plantarflexoren/Dorsalextensoren:
               gestellt. Dies gilt insbesondere vom Ende Loading
                                                                        Konzentrisch/Exzentrisch,
               Response (LR) bis zum Terminal Stance (TST), da
                                                                        60° Winkelgeschwindigkeit 48
               in 90 Prozent dieses Zeitraums die Wade aktiv
               kontrahiert, in über 50 Prozent sogar mit Spitzen-
                                                                      ➞ Isokinetik Eversoren/Invertoren:
               aktivität.45
                                                                        60° Winkelgeschwindigkeit 49
             • Nach einer Verletzung am Sprunggelenk zeigen
               sich Defizite der Plantarflexoren auf der betrof-
               fenen Beinseite.46

42 Witchalls et al. 2013, Arnold et al. 2009, Eirale et al. 2014
43 Arnold et al. 2009
44 David et al. 2013
45 Götz-Neumann 2016, Svantesson et al. 2015
46 Perron et al. 2014
47 Arnold et al. 2009
48 Fousekis et al. 2012
49 Pontaga 2004

                                                                                                                                27
Return-to-Competition Sprunggelenk

            10.1          Heel-Rise-Test 50
            Der Heel-Rise-Test erfasst im Rahmen eines einbei-     Ziel:
            nigen Fersenanhebens die exzentrische und konzent-     • Überprüfung der Kraft der Plantarflexoren
            rische Muskelkraft der Plantarflexoren.                • Überprüfung der Rückfußbewegung
                                                                   • Überprüfung Bodenkontakt des ersten Meta-
                                                                      Tarso-Phalangeal-Gelenks (MTP I)

                                                                   Materialbedarf:
                                                                   • Metronom
                                                                   • Messprotokoll
                                                                   • gegebenenfalls Videodokumentation

              Testdurchführung

            Abbildung 15: Heel-Rise-Test

            Die Testperson steht barfuß auf einem Bein.            Messung:
            Die Wand darf mit einem Finger pro Hand berührt        Gezählt wird die Anzahl der absolvierten Wiederho-
            werden. Der Test wird mit gestrecktem Kniegelenk       lungen pro Beinseite.
            durchgeführt. Das andere Bein wird mit gebeugtem
            Knie nach hinten angehoben. Die Testperson hebt        Beurteilung und Orientierungswerte:
            die Ferse bis zum maximal möglichen Bewegungs-         Die Anzahl der Wiederholungen pro Seite wird
            ausmaß kontrolliert an und senkt sie ebenfalls         notiert. Zusätzlich erfolgt ein Seitenvergleich. Als
            kontrolliert wieder ab. Nach dem Absetzen hebt         Zielwert sollten mindestens 30 Wiederholungen
            sie die Ferse erneut an. Der Test sollte mit einem     erreicht werden.
            Metronom standardisiert werden (Ferse anheben
            alle 2 Sekunden).                                      Die qualitative Ausführung sollte ebenfalls
                                                                   beurteilt werden (zum Beispiel Vorfuß behält
                                                                   Bodenkontakt, kontinuierliche und kontrollierte
                                                                   Bewegungsausführung).

50 Lunsford & Perry 1995, Kaminski et al. 2013, Best et al. 2016

28
Return-to-Competition Sprunggelenk

             10.2          Einbeinige Kniebeuge51
             Athleten beziehungsweise Athletinnen mit einer                      Ziel:
             Schwäche der Hüftabduktoren zeigen eine reduzierte                  • Überprüfung der Bewegungsqualität einer einbei-
             medial-laterale posturale Kontrolle. Das wiederum                      nigen Kniebeuge, um Rückschlüsse auf die Kraft
             gilt als Risikofaktor für eine Sprunggelenksverlet-                    der Hüftabduktoren schließen zu können
             zung. Infolge einer Sprunggelenksverletzung zeigt                   • Muskuläre Defizite, die zu Asymmetrien und
             sich häufig eine Schwäche der Hüftabduktoren,                          Kompensationsbewegungen führen können,
             woraus sich die Notwendigkeit einer Überprüfung im                     aufdecken
             Return-to-Play Assessment ergibt.
                                                                                 Materialbedarf:
                                                                                 • Bank/Hocker
                                                                                 • Videokamera
                                                                                 • Messprotokoll

               Testdurchführung

             Auf einer Bank oder einem Hocker werden im Ein-                     Gleichgewichts durchgeführt. Das Standbein behält
             beinstand beide Arme vor der Brust überkreuzt. Ein                  während der Ausführung vollen Bodenkontakt.
             Bein befindet sich in leichter Vorhalte. Aus dieser                 Hierbei insbesondere auf die Ferse achten, die nicht
             Position wird eine einbeinige Kniebeuge bis zur                     angehoben werden darf. Der Test wird videodoku-
             individuell maximalen Knieflexion durchgeführt. Es                  mentiert, um mögliche Ungenauigkeiten der Test-
             werden hintereinander 5 Kniebeugen pro Beinseite                    durchführung in der frontalen und sagittalen Ebene
             in langsamer kontrollierter Ausführung (1 Kniebeuge                 besser erkennen zu können.
             = circa 2 Sekunden) und unter Beibehaltung des

                                                        Abbildung 16: Einbeinige Kniebeuge

             Messung                                                             Beurteilung und Orientierungswerte:
             Die Ausführung der einbeinigen Kniebeuge wird von                   Die Ausführung der einbeinigen Kniebeuge sollte
             vorne (Frontalebene) und von der Seite (Sagittale-                  mit „gut“ bewertet werden. Dazu sollten folgende
             bene) videodokumentiert. Mithilfe des Beurteilungs-                 Kriterien erfüllt sein:
             bogens wird im Videostudium dann die Bewegungs-
             qualität in fünf Bewertungskategorien vorgenommen.

51 Powers et al. 2017, Friel et al. 2006, Stanek et al. 2011, Stensrud et al. 2011, Perrott et al. 2012, McCann et al. 2017

                                                                                                                                                     29
Return-to-Competition Sprunggelenk

                                          gut                                                      schlecht
                                            1. Gesamteindruck der einbeinigen Kniebeuge
             • Flüssige Bewegung                                     • Stockende, nicht fließende Bewegung
             • Allgemeine Kontrolle                                  • Erhöhte Geschwindigkeit nötig, um die Bewegung
             • Kontrollierter Übergang zwischen den                    zu kontrollieren
               Wiederholungen                                        • Wackliger Rumpf/Oberkörper
             • Mühelose Bewegung                                     • Mühe die Bewegung zu kontrollieren
                                                       2. Gewichtsverlagerung
             • Minimale Verschiebung des Körper-                     • Klare Verschiebung des Körperschwerpunktes
               schwerpunktes                                         • Rumpfvor- oder Rumpfseitneigung
             • Aufrechter Rumpf/Oberkörper                           • Lange Zeit für die Gewichtsverlagerung
                                            3. Lendenwirbelsäule und Beckenausrichtung
             • Minimale Bewegung in alle drei Ebenen                 • Klare Bewegung mit Beckenseitneigung
             • Frontalebene: Spina iliaca anterior superior Level • Rotation zum oder weg vom Standbein
             • Sagittalebene: minimale Anterior-                     • Klare anteriore oder posteriore Neigung
               Posterior-Neigung                                     • Ansteigende Lordose oder auftretende Rumpf-
             • Laterale Ansicht: Stabile Lordose,                      flexion
               minimale Rumpfflexion
                                                             4. Beinachse
             • Stabile, gerade Beinachse mit geringer                • Klare Verschiebung der Bewegungsebene
               Veränderung in der Bewegungsebene (X-Bein,
               O-Bein)
                                                            5. Fußposition
             • Neutrale Fußposition – wird während der Bewe-         • Exzessive Pronation während der Kniebeuge
               gung aufrechtgehalten                                 • Außenrotierende Ausgangsstellung des Unter-
                                                                       schenkels/Fußes

            Tabelle 1: Beurteilungsbogen zur einbeinigen Kniebeuge (adpatiert nach Perrot et al. 2012)

            11 Testkategorie Sprung- und Landequalität
            Warum diese Testkategorie?                                     Welche Tests sollen mindestens durchgeführt
            • Die Sprungkraft stellt einen leistungsdeterminie-            werden?
              renden Faktor im Sport dar. Gleichzeitig zählen              • Einbeiniger Drop-Jump
              Landungen nach Sprüngen zu den verletzungs-                  • Figure-of-8-Hop
              trächtigsten Situationen im Mannschaftssport.                • Side-Hop
              Am Sprunggelenk verletzte Athletinnen bezie-
              hungsweise Athleten zeigen bei der Landequalität
              häufig Defizite. Das zeigt sich beispielweise in
              einer verminderten Stabilisation oder in verän-
              derten Sprunggelenks-, Knie- und Hüftwinkeln.52

            Limb Symmetry Index (LSI)
            •   Bei Sprungtests, in denen Höhen, Weiten oder Wiederholungen gemessen werden, das
                heißt ein höherer Wert ein besseres Ergebnis impliziert, wird der LSI wie folgt berechnet:
            ➞ LSI = verletzte Seite/unverletzte Seite x 100

            •   Bei Sprungtests, in denen Zeiten gemessen werden, das heißt ein niedriger Wert ein bes-
                seres Ergebnis impliziert, wird der LSI wie folgt berechnet:
            ➞ LSI = unverletzte Seite/verletzte Seite x 100

52 Ross et al. 2005, Delahunt et al. 2006, Brown et al. 2011

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