Willow Creek Ein biblischer Ansatz für Gemeindewachstum? - Vorgelegt von Christian Vogel

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Willow Creek
Ein biblischer Ansatz für Gemeindewachstum?

          Vorgelegt von Christian Vogel
Inhaltsverzeichnis

1 EINLEITUNG .................................................................................................................................................... 3

2 DARSTELLUNG DER WILLOW CREEK COMMUNITY CHURCH ...................................................... 4
    2.1 GESCHICHTE.................................................................................................................................................. 4
       2.1.1 Son City ................................................................................................................................................ 4
       2.1.2 Willow Creek ........................................................................................................................................ 6
       2.1.3 Der „Train Wreck“ von 1979............................................................................................................... 7
       2.1.4 Die Folgen der „Train Wreck“ Krise................................................................................................... 9
       2.1.5 Die Willow Creek Association ............................................................................................................ 10
    2.2 BILL HYBELS ............................................................................................................................................... 10
       2.2.1 Werdegang.......................................................................................................................................... 11
       2.2.2 Personen, die Bill Hybels beeinflusst haben....................................................................................... 12
    2.3 LEHREN ....................................................................................................................................................... 14
       2.3.1 Die Bibel............................................................................................................................................. 14
       2.3.2 Gott..................................................................................................................................................... 14
       2.3.3 Erlösung ............................................................................................................................................. 15
       2.3.4 Jesus Christus ..................................................................................................................................... 15
       2.3.5 Der Heilige Geist................................................................................................................................ 16
       2.3.6 Tod und Auferstehung......................................................................................................................... 16
       2.3.7 Taufe................................................................................................................................................... 17
       2.3.8 Die Gemeinde ..................................................................................................................................... 17
       2.3.9 Glauben und Leben............................................................................................................................. 18
    2.4 DER WOCHENENDGOTTESDIENST................................................................................................................ 19
       2.4.1 Das äußere Umfeld............................................................................................................................. 19
       2.4.2 Der Gottesdienstablauf...................................................................................................................... 20
    2.5      PHILOSOPHIE DER GEMEINDE ............................................................................................................. 24
       2.5.1 Die 5 G’s............................................................................................................................................. 24
       2.5.2 Die 10 Grundwerte ............................................................................................................................. 24
    2.6 PHILOSOPHIE DES GEMEINDEWACHSTUMS .................................................................................................. 26
       2.6.1 Marketing ........................................................................................................................................... 26
       2.6.2 „Unchurched Harry“ ......................................................................................................................... 27
       2.6.3 Die 7-Schritte-Strategie ...................................................................................................................... 28
    2.7 WILLOW CREEK DEUTSCHLAND ................................................................................................................. 30
       2.7.1 Allgemeines......................................................................................................................................... 30
       2.7.2 Willow Creek Gemeindekongress ....................................................................................................... 31
       2.7.3 Willow Creek Jugendkongress............................................................................................................ 33
3 KRITISCHE BEWERTUNG DER WILLOW CREEK COMMUNITY CHURCH................................. 35
    3.1 POSITIVES.................................................................................................................................................... 36
       3.1.1 Einsatz und Hingabe........................................................................................................................... 36
       3.1.2 Qualität............................................................................................................................................... 36
       3.1.3 Begeisterung für Mission.................................................................................................................... 36
    3.2 KRITIK......................................................................................................................................................... 37
       3.2.1 Ein falscher Ansatz für Gemeindewachstum....................................................................................... 37
       3.2.3 Eine verkürzte Botschaft ..................................................................................................................... 38
       3.2.3 Psychologie statt Theologie................................................................................................................ 39
       3.2.4 Pragmatismus ..................................................................................................................................... 39
4 ZUSAMMENFASSUNG ................................................................................................................................. 41

5 BIBLIOGRAPHIE........................................................................................................................................... 42

                                                                                   2
1 Einleitung
Willow Creek ist eine der am schnellsten wachsenden und einflussreichsten Gemeinden der

heutigen Zeit. Was Mitte der 70ger Jahre mit einer Handvoll Jugendlicher in einem

gemieteten Kinosaal begann, ist heute zu einer weltweiten Bewegung geworden. Eine

Bewegung, die für neue Ideen und Methoden, neue Gottesdienste, vor allem aber für

eine neue Philosophie des Gemeindewachstums steht. Man könnte auch sagen, Willow Creek

ist ein neuer Weg, „Kirche zu machen“.1 In der folgenden Arbeit wollen wir diesen „neuen

Weg“ genauer untersuchen, um zu sehen was ihn ausmacht und wohin er führt.

Die Arbeit ist in zwei große Teile gegliedert. Im ersten Teil wollen wir die Willow Creek

Community Church näher beschreiben und darstellen. Dabei werden wir zunächst die

Geschichte von dieser Gemeinde betrachten, um herauszufinden wie sie sich historisch

entwickelt hat. Am Ende des geschichtlichen Teils werden wir auch einen kurzen Überblick

über die Willow Creek Association geben. Danach wollen wir uns ein wenig mit Bill Hybels,

dem Gründer von Willow Creek, beschäftigen. In der Beschreibung seines Werdegangs

werden wir vor allem auf zwei Personen eingehen, die Hybels entscheidend beeinflusst haben:

Gilbert Bilezikian und Robert Schuller. Weiters wollen wir kurz die zentralen

Glaubensüberzeugungen von Willow Creek darstellen, um dann einen Blick auf den

Wochenendgottesdienst zu werfen. Der erste Teil wird abgeschlossen durch die Darstellung

von Willow Creek’s Philosophie der Gemeinde, sowie ihrer Philosophie des

Gemeindewachstums.

Im zweiten Teil werden wir eine kritische Bewertung von Willow Creek und ihrem Konzept

von Gemeindewachstum vornehmen. Welche positiven Ansätze sind zu erkennen? Was ist

nachahmenswert? Was ist kritisch zu hinterfragen? Vor allem aber wollen wir in diesem Teil

die Frage beantworten: Ist Willow Creek’s Philosophie von Gemeidewachstum biblisch oder

1
    G.A. Pritchard, Willow Creek – die Kirche der Zukunft?, Bielefeld, 1997, 19.

                                                         3
nicht? Diese Frage gilt es zu klären, bevor wir ein abschließendes Urteil über die Willow

Creek Bewegung abgeben können.

2 Darstellung der Willow Creek Community Church
2.1 Geschichte
2.1.1 Son City

Die Geschichte von Willow Creek beginnt Anfang der 70ger Jahre in Park Ridge, Illinois,

einem Vorort von Chicago. Die dort ansässige South Park Church, eine überkonfessionelle

Kirche von etwa vierhundert Gliedern, wollte einen zweiten Sonntagmorgengottesdienst

beginnen, der etwas moderner sein sollte. Durch zeitgenössische Musik, Anspiele und eine

relevante Botschaft wollte man vor allem junge Leute ansprechen.2

Einer der ersten Mitarbeiter dieses neuen Gottesdienstes war ein junger Pianist namens Dave

Holmbo, der bei der musikalischen Gestaltung des Gottesdienstes mitwirkte. Holmbo war in

einer „sehr fundamentalistischen“ Gemeinde als stiller Rebell aufgewachsen. Er hatte die

Gemeinde und das Evangelium nie abgelehnt und arbeitete auch aktiv in der Gemeinde mit,

aber mit den Regeln nahm er es nicht so ernst. Er liebte die zeitgenössische Rockmusik und

hatte viele nichtchristliche Freunde. Im Endeffekt lebte er in zwei verschiedenen Welten, die

mit der Zeit immer weiter auseinanderwuchsen.3

Während seines Studiums an der Northeastern University in Illinois entfernte sich Holmbo

dann immer mehr vom Fundamentalismus seiner Jugendzeit. Nur die Musik verband ihn

noch mit der Gemeinde. Während dieser Zeit wurde Holmbo von Glenn Jorian, dem Leiter

des Musikdienstes der South Park Church, gebeten, ihm bei der musikalischen Gestaltung

ihres neuen Gottesdienstes behilflich zu sein. Holmbo nahm das Angebot gerne an.4

2
  Martin Robinson, Kirche für Entkirchlichte: Lernen von Willow Creek, Wuppertal und Wittenberg, 1995, 52f.
3
  Pritchard, 34.
4
  Robinson, 53.

                                                     4
Nachdem er einige Zeit in der Gemeinde mitgearbeitet hatte, kam Holmbo auf die Idee, eine

Gesangsgruppe mit Jugendlichen aus der Gemeinde zu gründen. Sie erhielt den Namen „Son

Company“. Als er kurz darauf ein Konzert mit der Gruppe geben wollte, brauchte er einen

Gitarrenspieler, der akustische Gitarre spielen konnte. Er fand ihn in einer Gruppe von

Jugendlichen, die vor kurzem im Gottesdienst aufgetaucht waren. Sein Name: Bill Hybels.5

Nach einiger Zeit merkte Holmbo, dass die Jugendlichen mehr geistliche Nahrung brauchten.

Also wurde von da an jede Woche nach den Mittwochabend-Proben ein Bibelkreis unter dem

Namen „Son Life“ durchgeführt, der von Bill Hybels geleitet wurde. Das war im August

1972.6

Die Gruppe wuchs rapide. Innerhalb der nächsten neun Monate war die Teilnehmerzahl von

dreißig auf achtzig Personen gestiegen. Deshalb wurde beschlossen, den Bibelkreis von den

Proben zu trennen und gesondert durchzuführen. Außerdem begann man sich nun gezielt um

ungläubige Jugendliche zu bemühen. So entstand im Mai 1973 die Jugendgruppe „Son City“.

Jede Woche wurde ein besonderer Abend gestaltet, zu dem die Mitglieder der Gruppe ihre

Freunde mitbringen konnten. Räumlichkeiten, Musik und Botschaft wurden auf die

Hörerschaft zugeschnitten. Und die Gruppe wuchs weiter. Am ersten Abend kamen

zwischen 150 und 200 Jugendliche. Nach sechs Monaten waren es bereits über 300

Teilnehmer, nach einem Jahr über 500. Man beschloss daraufhin sich an zwei Abenden zu

treffen um den steigenden Besucherzahlen gerecht zu werden. Im Jahr 1975, also zwei Jahre

nach der Gründung von „Son City“, betrug die Teilnehmerzahl fast 2000 junge Leute.7

Aufgrund dieser Erfolgserlebnisse begannen Holmbo, Hybels und andere darüber

nachzudenken wie man nicht nur Jugendliche sondern auch Erwachsene mit dem Evangelium

erreichen könnte. Sie träumten von einer neuen Gemeinde, die ganz anders sein sollte als die

traditionellen Kirchen. Etwa 100 Jugendliche von Son City teilten ihre Vision. Diese Gruppe

5
  Ibid.
6
  Pritchard, 35.
7
  Idem., 29. Vgl. Robinson, 53f.

                                              5
wurde nun aktiv. Sie mieteten ein Kino im Vorort Palatine um dort ihre Gottesdienste

abzuhalten. Das Kino trug den Namen „Willow Creek“.8 Um die Miete bezahlen zu können

und eine Tonanlage zu finanzieren, gingen die Jugendlichen von Haus zu Haus und

verkauften Tomaten. Gleichzeitig führten sie im nordwestlichen Vorortgebiet von Chicago

eine repräsentative Umfrage durch, um herauszufinden, wer keine Kirche besuchte, warum er

sie nicht besuchte und wie man ihn zum Besuch einer Kirche bewegen könnte. Der am

häufigsten genannte Grund, nicht zur Kirche zu gehen, bestand darin, dass die Kirche ständig

um Geld bittet. Andere Gründe waren: (1) Ich kann mit der Musik nichts anfangen. (2) Die

Botschaft hat mit meinem Leben nichts zu tun. (3) Die Kirche begegnet nicht meinen

Problemen und meiner Not. (4) Die Predigten sind vorhersehbar und langweilig. (5) Durch die

Kirche bekomme ich Schuldgefühle. Nachdem die Leute ihre Kritik geäußert hatten, stellten

die Jugendlichen eine weitere Frage: „Wenn diese Faktoren beseitigt werden, würden Sie es

sich dann überlegen, zur Kirche zu gehen?“ Interessanterweise bejahten viele Leute diese

Frage. Diese Personen wurden dann informiert, dass solch eine Kirche bald entstehen würde

und sie weitere Informationen erhalten würden.9

2.1.2 Willow Creek

Am 12. Oktober 1975 fand der erste Gottesdienst der Willow Creek Community Church in

dem oben bereits erwähnten Kino statt. Die Teilnehmerzahl betrug etwa 125, wobei sie sich

größtenteils aus den ursprünglichen 100 Jugendlichen von Son City, sowie einigen Eltern

zusammensetzte.10 Der 23-jährige Bill Hybels hielt die Predigt über das Thema „New

Beginnings“.11

Genau wie „Son City“ wuchs auch „Willow Creek“ auf beeindruckende Art und Weise. Ein

Jahr nach dieser ersten Veranstaltung nahmen etwa 1000 Personen an den Gottesdiensten teil.

8
  http://www.willowcreek.org/history1.asp
9
  Robinson, 55f.
10
   Idem, 60.
11
   Vera Gilmor, „Community Is Their Middle Name“, http://www.christianitytoday.com/ct/2000/013/1.48.html

                                                    6
Im Jahr 1979 hatte sich diese Zahl verdoppelt. Bereits 1976 wurden zwei Gottesdienste

durchgeführt, zwei Jahre später wurde auf drei Gottesdienste aufgestockt. Trotzdem war der

Kinosaal jedesmal hoffnungslos überfüllt und viele Leute mussten während des

Gottesdienstes stehen. Also begann man bereits 1977 Geld zu sammeln um ein Grundstück

kaufen zu können. Doch es dauerte bis 1981 ehe die neuen Räumlichkeiten in South

Barrington, einem weiteren Vorort von Chicago, eingeweiht werden konnten. Dort befindet

sich die Kirche auch heute noch. Das Gebäude ist inzwischen doppelt so groß wie am Anfang

und das Grundstück wurde von 90 auf 155 acres erweitert.12 Auch der Hauptsaal wurde

vergrößert. Ursprünglich mit 1.600 Sitzplätzen ausgestattet, finden dort heute mehr als 4.500

Personen Platz. Da die Gemeinde jedoch immer weiter wächst, ist selbst dieser Saal zu klein

geworden. Deshalb soll im September 2004 ein neuer Saal mit 7.200 Sitzplätzen eingeweiht

werden.13

Heute besuchen im Schnitt etwa 17.000 Menschen die 5 Wochenend-Gottesdienste. Sowohl

der „Seeker Service“ als auch der „Midweek Service“ werden inzwischen per Videocasting in

andere Gemeinden übertragen.14

2.1.3 Der „Train Wreck“ von 1979

Ein einschneidendes Erlebnis in der Geschichte von Willow Creek war der sogenannte „Train

Wreck“ im Jahre 1979. Der Begriff wurde von Bill Hybels selbst geprägt um die erste Krise

der jungen Gemeinde zu bezeichnen.

Wie bereits erwähnt hatte die neue Gemeinde von Anfang an großen Erfolg. Von Woche zu

Woche kamen mehr Menschen zu den Gottesdiensten. Dies bedeutete jedoch auch immer

mehr Arbeit für Hybels und den rasch anwachsenden Mitarbeiterstab. 80-Stunden-Wochen

wurden zur Regel. Der Druck unter dem einige Leiter der Gemeinde standen, wurde fast

12
   http://www.willowcreek.org/history1.asp
13
   http://www.willowcreek.org/press_releases.asp
14
   Ibid.

                                                   7
unerträglich. Darunter begannen die Beziehungen zu leiden und das Gemeindegefüge drohte

auseinanderzufallen.15

Um diesen Entwicklungen entgegenzutreten, fand Anfang 1978 eine Mitarbeiterversammlung

statt, bei der Hybels eine Veränderung der Gemeindestruktur vorschlug. Eine Person sollte

von nun an die Gesamtverantwortung übernehmen. Hybels formulierte es so: „Wir können

jede mögliche Struktur haben, die Ihr wollt; aber es muss eine Person gefunden werden, der

man den Schwarzen Peter zuschieben kann. Lasst uns nicht auf Personen, sondern auf Gaben

blicken! Wer hat nach eurer Meinung die stärkste Leitungsgabe?“ Als sich niemand zu Wort

meldete, musste sich Hybels schließlich selbst nominieren. Und so wurde Bill Hybels „Senior

Pastor“ der Willow Creek Community Church, obwohl ihm jedes Mandat fehlte.16

Diese Entscheidung blieb nicht ohne Folgen. Dave Holmbo, Hybels Weggefährte, fühlte sich

zurückgestuft. Wo er sonst als Gleichberechtigter gegolten hatte, musste er nun Hybels

Bericht erstatten und dessen Weisungen entgegennehmen. Um den Schmerz zu betäuben,

begann Holmbo eine Affaire.

Im Herbst 1978 gründete Hybels ein Ältestengremium in dem unter anderem auch über

Holmbos Sünde, die inzwischen bekannt geworden war, gesprochen wurde. Ein Jahr später

wurde Holmbo wegen „philosophischer Differenzen“ entlassen. Diese Nachricht schlug wie

eine Bombe ein. Da Hybels und die Ältesten beschlossen hatten, Holmbos Sünde nicht

offenzulegen, um die Ehe zu retten, begannen die Leute über die Gründe für die Entlassung zu

spekulieren. Viele beschuldigten Hybels, einen Machtkampf inszeniert zu haben. Ein tiefer

Riss ging durch die Gemeinde. Die eine Seite hielt zu Hybels, die andere zu Holmbo. Für

Hybels war es eine harte Zeit. Man misstraute seinen Absichten und die ganze Gemeinde war

tief verunsichert.17

15
   Pritchard, 36f.
16
   Ibid.
17
   Ibid.

                                             8
Die Krise währte fast ein Jahr. Am Ende hatten ein Viertel der angestellten Mitarbeiter und

ein Drittel der freiwilligen Helfer, zusammen etwas 200 Personen, die Gemeinde verlassen.

Diejenigen, die zurückblieben hielten fest zu Hybels und identifizierten sich mit ihm. Diese

Loyalität der Mitarbeiter zu Hybels hat sich bis heute nicht geändert.18

2.1.4 Die Folgen der „Train Wreck“ Krise

Durch die „Train Wreck“ Krise kam es zu einigen entscheidenden Veränderungen innerhalb

der Gemeinde. Zum einen realisierte Hybels, dass man bisher zu großes Gewicht auf die

Gnade Gottes gelegt hatte und nicht genug über die Konsequenzen der Sünde gesprochen

hatte. Dies sollte sich nun ändern. Willow Creek sollte von nun an „God’s church done

God’s way“ sein. Also begann Hybels eine neue Predigtreihe über die Heiligkeit Gottes und

die Sündhaftigkeit der Menschen. Das war natürlich ein krasser Wechsel weg von der

früheren Feieratmosphäre hin zu düsterer Selbsteinschätzung. Viele Leute konnten das kaum

ertragen und somit verwundert es nicht, dass diese Phase nur relativ kurz andauerte. Schon

bald begann man wieder zum ursprünglichen Stil zurückzukehren.19

Eine zweite Folge der „Train Wreck“ Krise war ein fundamentaler Wechsel bei der Struktur

und im Management der Gemeinde. Prichard schreibt: „Wo bisher mehr oder weniger jeder

selbst verantwortlich gearbeitet hatte, wurde jetzt alles streng hierarchisch geordnet,

Verantwortungen festgelegt und unter kaufmännischen Gesichtspunkten betrachtet.“20 Die

Mitarbeiter begannen Bücher über Management zu lesen. Willow Creek wurde zu einem

geistlichen Unternehmen. Damit konnten sich jedoch nicht alle Mitarbeiter auf Anhieb

identifizieren. Vor allem die kreativen Leute fühlten sich in der institutionalisierten

Gemeinde nicht mehr wohl. So dauerte es eine ganze Weile bis der Umbruch gelungen war.21

18
   Pritchard, 38.
19
   Idem., 39.
20
   Ibid.
21
   Idem., 39f.

                                                9
Die dritte grundlegende Veränderung, die durch den „Train Wreck“ ausgelöst wurde, betraf

die Beziehungen untereinander. Viele Leute waren durch die Ereignisse tief verletzt worden.

Deshalb wurden sie nun vorsichtig und trauten so leicht niemand mehr. Loyalität und

Ausdauer wurden zu den wichtigsten Tugenden in der Gemeinde, Illoyalität dagegen gilt bis

heute als schwerster Fehler. Das hat die Gemeinde nachhaltig geprägt.22

2.1.5 Die Willow Creek Association

Die Willow Creek Association (WCA) wurde im Jahr 1992 gegründet. Das Ziel dieser

Vereinigung „is to inspire, equip, and encourage Christian leaders to build biblically

functioning churches that reach increasing numbers of unchurched people -- not just with

innovations from the Willow Creek Association or Willow Creek Community Church, but

with God-given breakthroughs with widespread potential from any church in the world. And a

key component of this God-honoring movement is to provide strategic vision and practical

training.“23 Was als „network“ von 96 Gemeinden begann, ist inzwischen auf über 9500

Gemeinden in 25 Ländern angewachsen.24 Täglich kommen etwa 5 neue Gemeinden dazu.

Für einen Mitgliedsbeitrag von $249 im Jahr können die Mitglieder Kontakte zu anderen,

ähnlich gesinnten Gemeinden knüpfen, erhalten einen zweimonatlichen Newsletter, sowie

Rabatte auf alle Willow Creek Hilfsmittel, Materialien und Konferenzen. Allein im Jahr 2003

nahmen mehr als 100.000 Menschen an diesen Konferenzen und „training events“ teil.25

2.2 Bill Hybels
Nachdem wir die Geschichte der Willow Creek Community Church betrachtet haben, wenden

wir uns nun der zentralen Gestalt dieser Gemeinde zu: Bill Hybels. Dabei wollen wir seinen

Werdegang etwas genauer untersuchen.

22
   Pritchard, 40f.
23
   http://www.willowcreek.com/wca_info/
24
   Diese Gemeinden repräsentieren 90 Denominationen.
25
   http://www.willowcreek.com/wca_info/

                                                   10
2.2.1 Werdegang

Bill Hybels wurde 1952 in Kalamozoo im Bundesstaat Michigan in eine wohlhabende

Familie geboren. Seine Eltern besaßen eine Großhandelsfirma, in der Bill von klein auf

mitarbeitete. Jeden Samstagvormittag verbrachte er mit seinem Vater in der Firma, sortierte

Waren und reinigte Tiefkühlbehälter. Als er älter wurde half er mit die Lkws zu be- und

entladen und begann die örtlichen Restaurants und Lebensmittelhändler mit Waren zu

beliefern.26

Von klein auf wurde Bill von seinem Vater zur Selbständigkeit erzogen. Als Bill in der

Grundschule war, setzte ihn sein Vater mit einem Paar Skiern in einen Zug nach Aspen,

Colorado. Als Bill dort ankam und sich erkundigte, wie er am besten zum Aspen Inn käme,

wurde er eher unfreundlich darüber aufgeklärt, dass es noch fünfundzwanzig Kilometer bis

Aspen wären und der Zug nicht bis dorthin fahren würde. Mit fünfzehn schickte ihn der Vater

allein auf eine achtwöchige Reise durch Afrika und Europa. In Nigeria ging Bill schließlich

das Geld aus und so musste er zusammen mit einer sechsköpfigen nigerianischen Familie auf

dem schmutzigen Boden ihrer winzigen Hütte schlafen, bis sein Vater ihm wieder Geld

schickte.27

Mit 19 ging Bill aufs College, brach das Studium jedoch nach zwei Jahren ab, um sich mehr

den praktischen Seiten des Geschäftslebens in der familieneigenen Firma zuzuwenden. Zu

dieser Zeit war er bereits mit seiner zukünftigen Ehefrau Lynne verlobt. Als Lynne die

Verlobung Anfang 1972 löste, flog Bill nach Südamerika um auf andere Gedanken zu

kommen. Diese Reise war ein Wendepunkt in seinem Leben. Zwar hatte Bill schon vier

Jahre zuvor bei einem Sommerlager in Wisconsin seine Bekehrung erlebt, doch in seinem

Leben hatte sich nicht viel geändert. In Südamerika besuchte er nun verschiedene Missionare,

die mit seinem Vater befreundet waren. Während dieser Zeit spürte er immer mehr, dass Gott

26
  Lynne und Bill Hybels, Ins Kino gegangen und Gott getroffen: Die Geschichte von Willow Creek, Wiesbaden,
1996, 22.

                                                   11
ihn in irgendeine Form des Dienstes rufen wollte. In einem Hotel in Rio de Janeiro wurde

ihm schließlich klar, dass es mehr im Leben geben musste als 40 Jahre zu arbeiten, um dann

einen schönen Lebensabend genießen zu können.28

Im Sommer 1972 arbeitete Bill wieder im Sommerlager in Wisconsin. Dort wurde er von

seinem langjährigenFreund Bill Holmbo eingeladen bei seiner neuen christlichen Rock’n‘

Roll-Band „Son Company“mitzumachen. Bill willigte ein und zog nach Chicago. Dort

gründeten er und Holmbo, wie bereits beschrieben, 1975 Willow Creek.29

2.2.2 Personen, die Bill Hybels beeinflusst haben
2.2.2.1 Gilbert Bilezikian
Eine entscheidende Person im Werdegang von Bill Hybels ist Dr. Gilbert Bilezikian.

Ursprünglich aus Frankreich, gehörte Bilezikian in seiner Jugend zur Konservativen

Reformierten Kirche. Allerdings hatte die Kirche nur geringen Einfluss auf ihn und er

entfernte sich immer mehr von ihr. Mit 20 hatte er, während des Urlaubs mit Freunden, ein

einschneidendes Erlebnis, das ihn dazu führte, sein Leben Gott zu übergeben und sich ganz in

seinen Dienst zu stellen. Er kam nach Amerika, studierte an einem evangelikalen Seminar

und promovierte schließlich als Dr. Phil. Daraufhin arbeitete er als Pastor und Lehrer an

verschiedenen Orten.30

Als Hybels 1972-74 am Trinity College studierte, besuchte er auch einige Fächer bei Dr.

Gilbert Bilezikian, der zu dieser Zeit dort Lehrer war. Bilezikians Vorlesungen machten

großen Eindruck auf Hybels. Immer wieder brachte Bilezikian den Studenten gegenüber

seine Enttäuschung über die traditionelle Kirche zum Ausdruck und äußerte gleichzeitig

seinen Traum von einer Gemeinde im Sinn von Apg. 2. Vor allem zwei Aspekte waren ihm

sehr wichtig: (1) Die Gemeinde ist eine Gemeinschaft und (2) die Gemeinde hat eine

Sendung. Diese Vision faszinierte Hybels. Er begann nach dem Unterricht Fragen zu stellen

27
   Hybels, 23.
28
   Idem., 24.
29
   Idem., 25ff.

                                              12
und es entwickelte sich schnell eine enge Beziehung. Zu dieser Zeit leitete Hybels,

gemeinsam mit Holmbo, bereits die Jugendgruppe in Son City und alles, was er von

Bilezikian lernte, gab er sofort an die Jugendlichen weiter.31

Durch Bilezikian bekam Hybels ein völlig neues Verständnis für das, was eine Gemeinde sein

und tun sollte. Trotzdem konnte er seine Gemeindevision noch nicht in die Realität umsetzen.

Es fehlte ein geeignetes Modell. Dieses wurde Hybels erst durch Robert Schuller geliefert.

2.2.2.2 Robert Schuller

Robert Schullers Geschichte beginnt 1955. Damals wurde er als junger Pastor der

Reformierten Kirche in Amerika dazu berufen in Orange County, Kalifornien, eine neue

Gemeinde zu gründen. Da es in dieser Gegend fast keine reformierten Familien gab,

überlegte sich Schuller eine neue Strategie. Zuerst ging er von Haus und Haus und führte eine

Meinungsumfrage durch, um herauszufinden warum die Leute nicht mehr zur Kirche kamen

und was man dagegen tun könnte. Dann begann er seine Gemeinde und die Gottesdienste

nach den Wünschen der Leute auszurichten. Das Ergebnis war ein völlig neuer Ansatz was

Gemeindewachstum angeht. Diesen marktorientierten Ansatz beschreibt Schuller in seinem

Buch Your Church Has Real Possibilities.32

Während seines Studiums am Trinity College las Hybels Schullers Buch. Er war sofort

begeistert und besuchte 1975 das Robert-Schuller-Institut für erfolgreiche kirchliche

Leiterschaft in Kalifornien. Dieses Ereignis hat Hybels stark geprägt. Willow Creek ist im

Endeffekt nichts anderes als die praktische Durchführung von Schullers marktorientiertem

Ansatz. Deshalb sieht Schuller Hybels auch als einen Sohn, der Erfolg gehabt hat. Die

beiden haben eine freundschaftliche Beziehung, auch wenn Hybels die Theologie Schullers

nicht teilt.33

30
   Pritchard, 41.
31
   Idem., 42ff.
32
   Idem., 46ff.
33
   Idem., 51ff.

                                               13
2.3 Lehren
2.3.1 Die Bibel
Die Willow Creek Community Church hat eine sehr hohe Sicht der Bibel. Ihre

Überzeugungen lassen sich auf die folgenden Punkte zusammenfassen:

•      Die Bibel ist das inspirierte Wort Gottes, welches er uns durch ausgewählte menschliche
       Werkzeuge anvertraut hat.

•      Die Heilige Schrift ist in den Originalmanuskripten fehlerlos und unfehlbar.

•      Das Wort Gottes ist vollkommen zuverlässig und authoritativ. Deshalb müssen wir uns
       von diesem Wort richten lassen anstatt uns als Richter über das Wort zu erheben.

•      Alle Aspekte des Lebens müssen der biblischen Lehre untergeordnet werden.

•      Durch die Heilige Schrift können wir Gott kennen lernen. Es bedarf daher keines
       menschlichen oder kirchlichen Mittlers um Gott zu kennen und ihm zu begegnen.

•      Alle Lehren, sowie „moderne Propheten“, „neue Offenbarungen“ oder Botschaften
       müssen anhand der Bibel geprüft werden.

•      Predigten und Botschaften von Willow Creek Lehrern müssen mit der Bibel
       übereinstimmen34

2.3.2 Gott

Willow Creeker glauben an einen wahren, heiligen Gott, der von Ewigkeit her in drei

Personen – Vater, Sohn und Heiliger Geist – existiert. Alle drei Personen der Dreieinigkeit

sind ganz Gott und besitzen eine Persönlichkeit.

Gott ist der Schöpfer, der diese Welt aus dem Nichts geschaffen hat und sie durch seine Kraft

auch weiterhin erhält. Er ist ein aktiver Gott, der in die Geschichte der Menschheit eingreift

um seinen Erlösungsplan zur Vollendung zu bringen. Gott wirkt im Leben eines jeden

Menschen um ihn zu retten. Deshalb sollte es unsere erste Priorität sein Gott zu kennen.35

34
     http://www.willowcreek.org/SpiritualFormation/Membership/StatementofFaith.asp
35
     Ibid.

                                                      14
2.3.3 Erlösung

Das Ziel der Offenbarung Gottes in der Bibel ist es alle Menschen zur Gemeinschaft mit ihm

aufzurufen. Der Mensch wurde ursprünglich zur Gemeinschaft mit Gott geschaffen, lehnte

sich dann aber gegen Gott auf und entschied sich seinen eigenen Weg zu gehen. Somit

trennte sich der Mensch von Gott und hatte von nun an eine verderbte Natur. Seit dem

Sündenfall leidet die Menschheit unter den Konsequenzen der Sünde und ist auf die rettende

Gnade Gottes angewiesen. Durch den Tod Jesu am Kreuz hat Gott einen Ausweg aus dem

menschlichen Dilemma geschaffen.

Die Erlösung des Menschen ist einzig und allein das Werk der Gnade Gottes und nicht das

Ergebnis irgendwelcher menschlichen Werke oder Tugenden. Der Mensch kann dieses

Geschenk Gottes nur durch persönliche Reue und Glauben erlangen. Wenn Gott das Werk

der Erlösung im Herzen eines Menschen begonnen hat, so verspricht er in seinem Wort, dass

er es auch weiterhin tun wird bis zum Tag seiner Vollendung.36

2.3.4 Jesus Christus

Willow Creek lehrt, dass Jesus Christus die ewige zweite Person der Dreieinigkeit ist, die auf

diese Erde kam und Mensch wurde. Somit ist er ganz Gott und ganz Mensch. Er führte ein

Leben des völligen Gehorsams Gott gegenüber und starb freiwillig am Kreuz um die Sünden

der gesamten Menschheit zu sühnen. Er ist von den Toten auferstanden, in den Himmel

aufgefahren und sitzt nun zur Rechten des Vaters. Er ist der einzige Mittler zwischen Gott

und den Menschen und tritt fortwährend für die Seinen ein. Jesus wird persönlich und

sichtbar wiederkommen um die Geschichte und den ewigen Plan Gottes zu vollenden.37

36
     http://www.willowcreek.org/SpiritualFormation/Membership/StatementofFaith.asp
37
     Ibid.

                                                      15
2.3.5 Der Heilige Geist

Der Heilige Geist ist die dritte Person der Dreieinigkeit, der vom Vater und vom Sohn in die

Welt gesandt wurde um das erlösende Werk Christi auf die Menschheit anzuwenden. Er ist

keine Kraft, sondern eine Person, wie die Bibel an mehreren Stellen deutlich macht. Der

Heilige Geist erleuchtet den Verstand des Sünders und macht ihm bewusst, dass er einen

Retter braucht. Wenn ein Mensch die Erlösung angenommen hat, wird er vom Heiligen Geist

erfüllt, der ihm eine Quelle der Kraft und Weisheit ist und ihn mit Gaben zum Aufbau der

Gemeinde ausstattet. Außerdem leitet der Heilige Geist die Gläubigen in ihrem Bibelstudium,

macht sie ihrer Sünde bewusst, ermächtigt sie dazu Zeugnis zu geben, vertritt sie ihm Gebet

vor Gott und schafft in ihnen einen Charakter, der sie zu glaubhaften, überzeugenden

Repräsentanten Jesu Christi.38

2.3.6 Tod und Auferstehung

Der Tod besiegelt das ewige Schicksal eines jeden Menschen. Es gibt keine zweite Chance

nachdem der Mensch gestorben ist. Die ganze Menschheit wird jedoch einmal die

Auferstehung des Körpers in die geistliche Welt und ein Gericht, welches das Schicksal jedes

Menschen bestimmen wird, erleben. Dann werden die Ungläubigen von Gott in die

Verdammnis geschickt. Gottes Gericht wird seine Gerechtigkeit zeigen, indem er den

Ungläubigen die ewige Strafe ihrer Ablehnung Gottes zukommen lässt. Die Gläubigen

dagegen werden ewige Gemeinschaft mit Gott erleben und für ihre Werke, die sie auf Erden

getan haben, ihren Lohn empfangen.

Gott hat nicht nur unsere Seelen gerettet, sondern wird auch unsere Körper vom Tod

auferwecken. Weil wir im Bild Gottes geschaffen sind und das Zeichen seiner Schöpfung an

uns tragen, zerstört uns Gott nicht nachdem wir gestorben sind. Stattdessen bestimmt er

unseren ewigen Zustand auf der Grundlage unserer eigenen Entscheidung. Himmel und Hölle

38
     http://www.willowcreek.org/SpiritualFormation/Membership/StatementofFaith.asp

                                                      16
sind nichts anderes als die Erfüllung der geistlichen Einstellung, die wir auf Erden offenbart

haben. Die Hölle ist also Gottes Vorkehrung für all jene, die sich immer gewünscht haben,

dass Gott sie allein lassen möge und aufhören solle sich in ihre Pläne einzumischen. Dort

werden sie für immer vor Gott „geschützt“ sein.39

2.3.7 Taufe

Willow Creek lehrt, dass die Taufe nur an bekennenden Gläubigen vollzogen werden soll.

Obwohl man anderen Kirchen das Recht zugesteht, die Kindertaufe (Säuglingstaufe?) zu

praktizieren, wenn dies der Theologie der Kirche entspricht, ist Willow Creek der

Überzeugung, dass die Bibel die Glaubenstaufe von mündigen Gläubigen lehrt. Deshalb lehnt

man die Kindertaufe ab. Stattdessen gibt es die Möglichkeit eine Kindersegnung durchführen

zu lassen.

Gemäß dem Verständnis von Willow Creek ist die Taufe ein Akt des Gehorsams dem Gebot

Jesu gegenüber und symbolisiert die geistliche Reinigung des Menschen durch die göttliche

Vergebung. Durch die Taufe wird dem Gläubigen die Möglichkeit gegeben seinen Glauben

vor der ganzen Gemeinde zu bekennen. Auf Wunsch wird die Taufhandlung entweder durch

Besprengen oder durch Untertauchen vollzogen. Da die Taufe im Verständnis von Willow

Creek ein Sakrament ist, dessen Wert allein in der Symbolik und im Glauben des Täuflings

liegt, ist die Art oder Menge des verwendeten Elements (in diesem Fall Wasser) unwichtig.40

2.3.8 Die Gemeinde

Die logische Folge einer Verbindung mit Jesus Christus ist der Anschluss an seinen Körper,

die Gemeinde. Es gibt eine wahre, universelle Gemeinde, welche aus allen Gläubigen, die

Jesus Christus als Herrn und Heiland bekennen, besteht. Diese Gemeinde hat nichts mit

irgendeiner Denomination zu tun, sondern setzt sich aus allen wahren Gläubigen zusammen.

39
     http://www.willowcreek.org/SpiritualFormation/Membership/StatementofFaith.asp
40
     Ibid. Vgl. http://www.willowcreek.org/statementonbaptism1.asp

                                                      17
Sie ist also keine Organisation, sondern ein Organismus. Dort wo sich Gottes Kinder

regelmäßig in seinem Namen versammeln um sich der Anbetung, dem Gebet, der Lehre des

Wortes, sowie der Taufe und dem Abendmahl widmen, findet Gemeinde statt.

Willow Creek ist eine interkonfessionelle (?) Gemeinde, die keinen Wert auf den

konfessionellen Hintergrund legt, sondern die Einheit aller wahren Gläubigen mit Christus

betont. Uneinigkeit dagegen schadet der Gemeinde sowie der Sache Gottes. Die Mitglieder

von Willow Creek versuchen daher die Einheit zu bewahren, indem sie Differenzen offen

ansprechen und Konflikte auf eine Art und Weise lösen, die Gott ehrt und den Einzelnen, der

im Bilde Gottes geschaffen ist, respektiert.41

2.3.9 Glauben und Leben

Die Bibel ist die höchste und letzte (?) Autorität in allen Glaubens- und Lebensfragen. Dort

wo die Bibel schweigt, muss das einzelne Gemeindeglied sich vom Herrn, dem er oder sie

letztendlich verantwortlich ist, leiten lassen. Die Gemeinde kann in solchen Fragen das

Gewissen der Gemeindeglieder nicht ersetzen. Aus diesem Grund bezieht die Gemeinde

keine Stellung zu kontroversen Themen, die in der Bibel nicht angesprochen werden.

Wahrheit findet sich in der Schrift, aber nicht nur in der Schrift. Für unser geistliches Leben

reicht die Bibel völlig aus, doch auch durch andere Mittel können wir hilfreiche Dinge lernen.

Natürlich muss alles an Gottes unfehlbarem Wort geprüft werden. Das was die Schrift lehrt,

nehmen wir an. Über die Bibel hinaus gibt es jedoch keine Person, keine Organisation und

auch kein Schriftgut, das uns unsere Überzeugungen diktieren kann.42

41
     http://www.willowcreek.org/SpiritualFormation/Membership/StatementofFaith.asp
42
     Ibid.

                                                      18
2.4 Der Wochenendgottesdienst
Da die Willow Creek Community Church immer weiter wächst und gleichzeitig „unchurched

Harry“ entgegenkommen will, werden momentan jedes Wochenende43 bereits fünf

Gottesdienste angeboten. Samstags um 18 Uhr, sowie Sonntags um 9 Uhr und 11:15 Uhr

finden die sogenannten „Seeker Services“ im Hauptsaal statt. Diese Gottesdienste sind

„specifically designed for individuals checking out what it really means to have a personal

relationship with Jesus“.44

Außerdem gibt es Samstags um 18 Uhr und Sonntags um 11:15 Uhr jeweils einen „Axis (Gen

X) Service“ im „activity center“, der speziell für junge Leute „from 18 to 20 something“

gedacht ist. Auf der Willow Creek Homepage wird dieser Gottesdienst als „a truly alternative

experience“ angepriesen: „The music is edgier, as is the style of the service and the dress of

the attenders. Topics include marriage, careers, sexuality, social issues, and others of special

interest to this community. In short, Axis is church tailored to the needs of a new

generation.“45

2.4.1 Das äußere Umfeld

Willow Creek möchte „unchurched Harry“ beeindrucken. Um dieses Ziel zu erreichen muss

auch das äußere Umfeld der Gemeinde stimmen. Deshalb legen die Verantwortlichen sehr

viel Wert auf Neutralität, Komfort, Modernität und Sauberkeit.46 Alles wird bis ins kleinste

Detail durchdacht, damit der Besucher einen optimalen Eindruck von Willow Creek

bekommt.

Durch das schöne Gelände direkt an einem See, die moderne Einrichtung des Gebäudes,

sowie ein gut funktionierendes Verkehrleitsystem versucht Willow Creek „Harry“ Respekt zu

43
   Zusätzlich zu den Wochenendgottesdiensten wird jeden Donnerstag abend der sogenannte „New Community
Service“ abgehalten. Dieser Gottesdienst ist für all jene, die sich der Gemeinde angeschlossen haben und sich
aktiv mit einbringen wollen. Hier wird auch jeden Monat das Abendmahl gefeiert. Wöchentlich nehmen
zwischen 6.000 und 7.000 Menschen am „New Community Service“ teil.
44
   http://www.willowcreek.org/services.asp
45
   Ibid.

                                                     19
gewinnen. Der Besucher soll den Eindruck bekommen, dass diese Gemeinde anders ist als

die traditionellen Kirchen. Willow Creek möchte sich als gut geführtes Unternehmen, das auf

der Höhe der Zeit ist, präsentieren. Aus diesem Grund hat man alles wie den Hauptsitz einer

großen Firma gestaltet und auf christliche Symbole verzichtet.47

Willow Creek ist außerdem wichtig, dass sich „Harry“ nicht unter Druck gesetzt fühlt. Die

Ordner auf dem Parkplatz und die Begrüßer an den Türen sind zwar freundlich, achten aber

dennoch auf einen gewissen Abstand, damit sich niemand bedrängt fühlt. „Harry“ soll sich

entspannen und wohlfühlen, denn – so die Überzeugung der Verantwortlichen – nur so kann

ihm wirklich geholfen werden.48

Übrigens: wer nicht am Gottesdienst teilnehmen möchte, kann sich entweder in der Turnhalle

sportlich betätigen oder im „food court“ kulinarisch verwöhnen lassen.49

2.4.2 Der Gottesdienstablauf

Genauso professionell wie das äußere Umfeld wird auch das Gottesdienstprogramm gestaltet.

Das Ziel des Programms liegt darin „die Künste und die verschiedenen Medien so

aufzubereiten, dass sie sozusagen einen Weg bahnen oder den Hörer zubereiten, damit er auf

die Botschaft, die er im zweiten Teil des Gottesdienstes hört, besser achtgibt.“50

Der Gottesdienst dauert etwa eine Stunde und zehn Minuten. Davon entfallen 35-40 Minuten

auf die Predigt und 30 Minuten auf das sogenannte „Programmpaket“ aus Musik, Theater und

Schriftlesung. Alle Programmteile sind genau aufeinander abgestimmt und werden dem Ziel

des jeweiligen Gottesdienstes entsprechend ausgesucht. Durch die einzelnen Elemente

versucht man die Leute sowohl intellektuell als auch emotional abzuholen. Die Menschen

sollen aufgerüttelt werden und dann von Punkt A nach B gebracht werden. Dazu ist es

46
   Pritchard, 77.
47
   Ibid.
48
   Ibid.
49
   http://www.rapidnet.com/~jbeard/bdm/exposes/hybels/general.htm
50
   Pritchard, 78f.

                                                   20
wichtig, dass es keine tote Zeit im Programm gibt. Alle Programmelemente müssen

ineinander überfließen, um den Zuhörer ans Ziel zu bringen.51

Im Folgenden wollen wir uns die einzelnen Programmelemente näher anschauen.

2.4.2.1 Präludium

Zu Beginn des Gottesdienstes wird von der Bühne aus ein Eingangsstück gespielt um den

Besuchern zu signalisieren, dass der Gottesdienst beginnt und es nun die Plätze einnehmen

möge. Dieses Vorspiel ist meistens ein Instrumentalstück und kann je nach Programm von

einem Jazz-Ensemble, einem Orchester, einem Soloinstrument oder einer Rock-bzw.

Countryband ausgeführt werden.52

2.4.2.2 Gemeinsamer Gesang und Begrüßung

Nach dem Vorspiel werden die Anwesenden willkommen geheißen. Ein Sänger mit

Mikrophon lädt das Publikum ein zu einem gemeinsamen Lied, welches im Programmheft

abgedruckt ist, aufzustehen. Diese Lieder sind zeitgemäß und vor allem leicht singbar.

Danach werden die Anwesenden aufgefordert ihre Sitznachbarn zu begrüßen. Obwohl sich

manche Besucher bei diesem Teil ziemlich unwohl fühlen, glauben die Verantwortlichen,

dass die meisten Leute durch diese Begrüßung den Eindruck gewinnen, Willow Creek sei eine

freundliche Gemeinde53.

2.4.2.3 Gesangsdarbietungen

Der Begrüßung folgt meistens ein Lied, dass von der Bühne vorgetragen wird. Dabei wird

gewöhnlich ein Hauptsänger durch ein kleines Vokalensemble sowie eine Band unterstützt.

Die Lieder sind poppig aufgemacht und entsprechen dem Geschmack des typischen

„unchurched Harry“. Jazz, Pop, Rock, Klassik oder Country – jede dieser Stilrichtungen ist

möglich, solange sie der Zielgruppe angemessen ist.

51
     Pritchard, 79.
52
     Idem., 80.

                                             21
Die Qualität der Darbietungen ist erstklassig. Alle Sänger und Instrumentalisten treffen sich

mehrmals um die Musikstücke einzustudieren, bevor sie im Gottesdienst auftreten. Einige

dieser Leute sind Berufsmusiker, die Mehrheit besteht aber aus Amateuren, die allerdings viel

musikalisches Talent und Erfahrung haben. Neben der musikalischen Eignung ist den

Verantwortlichen auch wichtig, dass sich „unchurched Harry“ mit den Sängern identifizieren

kann. Deshalb betonen die Lieder das, was die Creeker und die „Harrys“ gemeinsam haben.

Auch das Alter und die Kleidung der Sänger spielt eine Rolle. Fast alle Sänger sind zwischen

25 und 40 Jahren alt und tragen Kleidung, die typisch für „Harry“ und „Mary“ sind.54

2.4.2.4 Schriftlesung

Nach dem Musikvortrag nimmt einer der Lehrer oder Leiter in Willow Creek die

Schriftlesung vor. Das Wort „Schriftlesung“ ist allerdings ein wenig irreführend, denn in

diesem Teil wird nicht nur aus der Bibel gelesen. Ziel dieses Programmelements ist es zur

Problemstellung des Tages hinzuführen und dann zu zeigen, was die Bibel dazu zu sagen hat.

Das Ganze könnte man auch als Fünfminutenpredigt bezeichnen, in der der Sprecher auf das

eingeht, was „Harry“ beschäftigt und versucht einen Bezug zur Bibel zu schaffen. Auch hier

ist es sehr wichtig, dass sich der Programmpunkt nahtlos in den Fluss des Programms

einfügt.55

2.2.2.5 Anspiel

Neben der Predigt ist das Anspiel das wichtigste Programmelement des „Seeker Service“. Da

sich „unchurched Harry“ täglich mit den modernen Medien wie Fernseher und Computer

beschäftigt, glauben die Creeker, dass man ihm die Religion auf kreative und visuelle Weise

nahebringen muss. Dazu eignet sich das Anspiel am besten. Hier sollen

allgemeinmenschliche Probleme angesprochen und „Harrys“ Barrikaden ein wenig

53
   Pritchard, 80f.
54
   Idem., 82.
55
   Idem., 83.

                                              22
abgetragen werden. Außerdem sollen die Creeker durch das Schauspiel in die Lage versetzt

werden, sich mit „Harry“ zu identifizieren.56

Die Anspiele sind oft sehr humorvoll. Dadurch soll „Harry“ zum Lachen gebracht werden

und seine Aufmerksamkeit gewonnen werden. Auch das Gefühl darf nicht zu kurz kommen.

Die Menschen sollen tief in ihrem Herzen angerührt werden. So wird das emotionale

Verteidigungssystem langsam durchbrochen.57

Die Creeker legen großen Wert darauf, dass sie mit den Anspielen keine Unterhaltung

betreiben, sondern die Künste nur benutzen, um die Wahrheit zu vermitteln. Das Anspiel ist

ihrer Meinung nach nur ein Mittel zum Zweck.58

2.2.2.6 Bekanntmachungen und Gabensammlung

Nach dem Anspiel gibt es eine kurze Pause für Bekanntmachungen und für die

Gabensammlung. In diesem Rahmen wird „Harry“ noch einmal willkommen geheißen.

Ansonsten beschränken sich die Bekanntmachungen auf Mitteilungen, die für kirchenferne

Menschen wichtig sind. Die Gabensammlung ist dagegen nur für Gemeindeglieder

vorgesehen. Dies wird auch jede Woche angekündigt. Kein Besucher soll sich unter Druck

gesetzt fühlen, etwas geben zu müssen, oder in seiner Meinung, dass die Kirche geldgierig

sei, bestärkt werden.59

2.2.2.7 Predigt

Die Predigt ist das Herzstück des „Seeker Service“. Alle bisherigen Programmpunkte waren

dazu da, die Anwesenden auf diesen Höhepunkt des Gottesdienstes vorzubereiten. Der

Hauptredner ist Bill Hybels.

Auch in diesem Teil des Gottesdienstes geht es darum, sich mit „unchurched Harry“ zu

identifizieren. Dies tut Hybels indem er „Harrys“ Sprache, Kleidung, Gebräuche und

56
   Pritchard, 86ff.
57
   Idem., 91ff.
58
   Idem., 93f.

                                                23
Lebensstil übernimmt.60 Er versucht christliche Klischees oder Ausdrücke zu vermeiden und

eine einfache Theologie zu vermitteln.61 Durch humorvolle Geschichten und Anekdoten

möchte er „Harrys“ Verteidigungshaltung abbauen und ihn für die Botschaft öffnen.62

2.5 Philosophie der Gemeinde
Willow Creek’s Philophie von Gemeinde wird vor allem anhand der sogenannten „5 G’s“,

sowie den 10 Grundwerten deutlich, die auf der Willow Creek Website veröffentlich worden

sind.

2.5.1 Die 5 G’s

Die 5 G’s der Willow Creek Community Church sind „ein Versuch, das Bild einer gesunden

Gemeinde zu zeichnen. Wenn Gemeindeglieder diese Eigenschaften aufweisen, bewegen wir

uns auf eine Gemeinde nach biblischen Maßstäben zu.“63 Die 5 Eigenschaften sind:

1. Gnade: die persönliche Annahme der rettenden Tag Christi, die in der Glaubenstaufe
   bezeugt wird (Eph. 2:8-9).

2. Geistliches Wachstum: die immer wiederkehrende Erfahrung eines neuen Lebens in
   Christus, und das Bemühen, Christus immer ähnlicher zu werden (2. Petr. 3:18).

3. Gruppe: am Leib Christi teilhaben und mit anderen in tiefen Beziehungen verbunden zu
   sein, die uns etwas bedeuten (Apg. 2:46)

4. Gaben: dem Leib Christi engagiert dienen gemäß den verliehenen Gaben (Röm. 12:6-8).

5. Gute Haushalterschaft: Gott ehren mit unserer Zeit und den materiellen Möglichkeiten,
   die uns gegeben sind. Vorbild dafür ist das Geben des „Zehnten“ in der Bibel. Dieses
   Ziel soll nach Möglichkeit erreicht oder sogar noch überschritten werden – je nachdem,
   wie Gott es schenkt (Phil. 4:11-19).64

2.5.2 Die 10 Grundwerte

Die Willow Creek Community Church vertritt die folgenden 10 Grundwerte:

59
   Pritchard, 83f.
60
   Idem., 116.
61
   Idem., 120ff.
62
   Idem., 122ff.
63
   http://www.willowcreek.de/5gs.html
64
   Ibid.

                                            24
1. Wir sind überzeugt, dass vollmächtige Lehre Veränderung im Leben eines Menschen
          und in der Gemeinde bewirkt. Das schließt Lehre mit dem Zweck der
          Lebensumgestaltung ein. (Röm. 12:7; 2.Tim. 3:16-17; Jak. 1:23-25)

       2. Wir sind überzeugt, dass Menschen, die Gott noch nicht kennen, Gott wichtig sind und
          daher auch der Gemeinde wichtig sein sollten. Das schließt
          Freundschaftsevangelisation und Evangelisation als Prozess mit ein. (Lk. 5:30-32; Lk.
          15; Mt. 18:14)

       3. Wir sind überzeugt, dass die Gemeinde kulturell und gesellschaftlich relevant sein
          sollte, ohne dabei ihre Identität und Lehre zu verleugnen. Das schließt sensible
          Annäherung des Evangeliums an unsere Kultur durch unsere Gebäude, unsere
          Materialien und den Einsatz gestaltender Künste mit ein. (1.Kor. 9:19-23)

       4. Wir sind überzeugt, dass Menschen, die Christus aus ganzem Herzen nachfolgen,
          authentisch leben und stetes geistliches Wachstum anstreben sollten. Das schließt
          persönliche Authentizität, Charakter und Ganzheit ein. (Eph. 4,25-26.32; Hebr. 12,1;
          Phil. 1,6)

       5. Wir sind überzeugt, dass die Gemeinde eine Gemeinschaft von Dienern ist, die ihre
          geistlichen Gaben vereint zum Dienst an der Welt einsetzen. Das schließt Einheit,
          echtes Dienen, geistliche Gaben und Berufung zum Dienst mit ein. (1.Kor. 12 und 14;
          Röm. 12; Eph. 4; Ps. 133,1)

       6. Wir sind überzeugt, dass liebevolle Beziehungen jeden Aspekt des Gemeindelebens
          prägen sollten. Das schließt von Liebe motivierten Dienst, Teamarbeit und
          Beziehungspflege mit ein. (1.Kor. 13; Neh. 3; Lk. 10:1; Joh. 13:34-25)

       7. Wir sind überzeugt, dass sich die Veränderung des Lebens durch den Glauben am
          besten in Kleingruppen vollzieht. Das schließt Jüngerschaft, Verletzlichkeit und
          Verbindlichkeit mit ein. (Lk. 6:12-13; Apg. 2:44-47)

       8. Wir sind überzeugt, dass hervorragende Qualität Gott ehrt und Menschen inspiriert.
          Das schließt Auswertung, kritischen Rückblick, Intensität und Qualität mit ein. (Kol.
          3:17; Mal. 1:6-14; Spr. 27:17)

       9. Wir sind überzeugt, dass die Gemeinde von denen geleitet werden sollte, die die
          geistliche Gabe der Leitung haben. Das schließt Bevollmächtigung, dienende Leitung,
          Strategie und Zielorientiertheit mit ein. (Neh. 1-2; Röm. 12:8; Apg. 6:2-5)

       10. Wir sind überzeugt, dass volle Hingabe an Christus und seine Sache normal für jeden
           Christen ist. Das schließt Haushalterschaft, echtes Dienen, Zurückschrauben der
           eigenen Bedürfnisse und das Verfolgen der Ziele des Reiches Gottes mit ein. (1. Kön.
           11:4; Phil. 2:1-11; 2.Kor. 8:7)65

65
     http://www.willowcreek.de/10_grundwerte.html

                                                    25
2.6 Philosophie des Gemeindewachstums
In diesem Teil der Arbeit wollen wir Willow Creek’s Philosophie des Gemeindewachstums

ein wenig näher betrachten. Welchen grundsätzlichen Ansatz verfolgt diese Gemeinde? Von

welchen Prämissen geht sie aus? Wie versucht sie Menschen in die Gemeinde zu bringen?

Diesen Fragen wollen wir nun nachgehen.

2.6.1 Marketing

Willow Creek’s Philosophie des Gemeindewachstums basiert ganz klar auf einem Marketing-

Ansatz. Genau wie in einer weltlichen Firma geht es darum zuerst eine Zielgruppe zu

definieren, die man erreichen möchte, diese Zielgruppe dann zu erforschen, um

herauszufinden, welche Bedürfnisse sie hat und schließlich das eigene Angebot den

Bedürfnissen der Zielgruppe anzupassen. Nur so kann man den Kunden wirklich erreichen

und auf Dauer erfolgreich sein.

Willow Creek’s Zielgruppe ist „unchurched Harry“. Damit sind in erster Linie die

„kosmopolitischen Geschäftsleute“ gemeint, also Leute, die mitten im Leben stehen, aber mit

der Kirche nicht allzu viel am Hut haben. Auf diese Gruppe, die hauptsächlich aus Männern

besteht, zielt die Gemeinde vorrangig ab. Alle anderen, die nicht in das „unchurched Harry“-

Profil passen, sind im Grunde genommen unwichtig. Die Mitarbeiter kümmern sich nicht

besonders um diese Leute. Das gibt Hybels auch ganz offen zu:

           Wir fragen nicht danach ... ob wir an den Wochenendgottesdiensten dem „gläubigen
           Bob“ gefallen, weil der nicht zu unserer Zielgruppe gehört. Es geht um „unchurched
           Harry“ – er ist es, hinter dem wir her sind. Und die ganze Angelegenheit dreht sich
           nur um ihn.66

Nachdem die Zielgruppe klar definiert wurde, muss diese nun näher untersucht werden. Dies

tut Willow Creek anhand von vier verschiedenen Untersuchungsarten: Beziehungen zu

„unchurched Harry“, Forschungsklausuren, professionelle Untersuchungen und Hybels eigene

66
     Pritchard, 59.

                                                26
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