Rheumatologie Zeitschrift für

Die Seite wird erstellt Helene-Antonia Ehlers
 
WEITER LESEN
Zeitschrift für
                                                                                                     Rheumatologie
Originalien
Z Rheumatol
https://doi.org/10.1007/s00393-021-01093-1
Angenommen: 17. August 2021
                                              Entwicklung von
© Der/die Autor(en) 2021                      Qualitätsstandards für die
Redaktion
Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim
                                              Versorgung von Patient*innen
Uwe Lange, Bad Nauheim
                                              mit rheumatoider Arthritis zur
                                              Anwendung in Deutschland
                                              U. Kiltz1,2 · V. Buschhorn-Milberger1 · K. Albrecht3 · H.-J. Lakomek4 · H.-M. Lorenz5 ·
                                              M. Rudwaleit6 · M. Schneider7 · H. Schulze-Koops8 · M. Aringer9 · M. I. Hasenbring10 ·
                                              P. Herzer11 · U. von Hinüber12 · K. Krüger13 · A. Lauterbach14 · B. Manger15 · R. Oltman16 ·
                                              F. Schuch17 · R. Schmale-Grede18 · S. Späthling-Mestekemper19 · S. Zinke20,21 · J. Braun1,2
                                               1
                                                 Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne, Deutschland; 2 Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland;
                                               3
                                                 Programmbereich Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin, Deutschland;
                                               4
                                                 Johannes-Wesling-Klinikum Minden, Universitätsklinik für Geriatrie, Minden, Deutschland; 5 Sektion
                                              Rheumatologie, Medizinische Klinik V, Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg,
                                              Heidelberg, Deutschland; 6 Universitätsklinik für Innere Medizin und Rheumatologie, Klinikum Bielefeld
                                              Rosenhöhe, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland; 7 Poliklinik, Funktionsbereich und Hiller
                                              Forschungszentrum für Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität
                                              Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland; 8 Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische
                                              Klinik und Poliklinik IV, LMU-Klinikum München, Ludwig-Maximilians-Universität München, München,
                                              Deutschland; 9 Medizinische Klinik und Poliklinik III, Rheumatologie, Universitätsklinikum Carl Gustav
                                              Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland; 10 Abteilung für Medizinische Psychologie
                                              und Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland; 11 Medicover München
                                              MVZ, München, Deutschland; 12 Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Hildesheim, Deutschland;
                                              13
                                                 Rheumatologisches Praxiszentrum St. Bonifatius, München, Deutschland; 14 Physiotherapieschule
                                               Friedrichsheim, Friedrichsheim, Deutschland; 15 Medizinische Klinik 3 Rheumatologie und Immunologie,
                                              Universitätsklinikum, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg, Erlangen, Deutschland;
                                              16
                                                 Hochschule für Gesundheit Bochum, Bochum, Deutschland; 17 Rheumatologische Schwerpunktpraxis
                                              Erlangen, Erlangen, Deutschland; 18 Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V., Bonn, Deutschland;
                                              19
                                                 Rheumapraxis München, München, Deutschland; 20 Rheumatologische Schwerpunktpraxis Zinke, Berlin,
                                              Deutschland; 21 Bundesverband Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh), Grünwald, Deutschland

                                              Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine              bei RA-Patient*innen ohne laborchemi-
                                              meist die peripheren Gelenke von Händen              schen Nachweis von Rheumafaktor sowie
                                              und Füßen betreffende entzündlich rheu-               bei RA-Patient*innen ohne fachärztli-
                                              matische Erkrankung, welche unbehandelt              che Betreuung eine Unterversorgung
  Zusatzmaterial online                       oft zu Osteodestruktionen durch Gelenke-             mit DMARDs, insbesondere mit Biologi-
   Zusätzliche Informationen sind in der      rosionen und Gelenkfehlstellungen führt              ka (bDMARDs) [4–7]. Zusätzlich konnten
   Online-Version dieses Artikels (https://   [1]. Initial treten in der Regel symmetri-           eine Unterversorgung in der Verordnung
   doi.org/10.1007/s00393-021-01093-1)        sche Schwellungen von Gelenken zusam-                von Physiotherapie [8, 9], eine eher in-
   enthalten.                                 men mit länger anhaltender Morgenstei-               konsequent angewendete Treat-to-target-
                                              figkeit auf. Auch in anderen Organen wie              Strategie [5], zu späte oder fehlende Über-
                                              der Lunge oder den Blutgefäßen kann es               weisungen von RA-Verdachtsfällen [10]
                                              zu Manifestationen der RA kommen.                    und die nicht seltene Versorgung durch
                                                  Die Versorgungsqualität, nicht nur von           Ärzt*innen ohne internistisch-rheumato-
                                              Patient*innen mit RA, weist trotz Entwick-           logische Facharztkompetenz aufgezeigt
                                              lung und regelmäßiger Aktualisierung                 werden [4]. Darüber hinaus gibt es Hin-
                                              evidenzbasierter Leitlinien (LL) durch die           weise auf eine unzureichende Versorgung
                                              Fachgesellschaft DGRh [2, 3] nach wie vor            von Patient*innen mit Komorbiditäten
                                              in einigen Bereichen Defizite auf. So fand            [11]. Auch zeigen sich eine Unterver-
QR-Code scannen & Beitrag online lesen        sich v. a. bei älteren RA-Patient*innen,             sorgung der Komorbidität Osteoporose

                                                                                                                   Zeitschrift für Rheumatologie   1
Originalien                                       Zusammenfassung

                                                  Trotz einer qualitativ und strukturell guten Versorgung von Patient*innen mit
[12] und unzureichende Präventivmaß-
                                                  rheumatoider Arthritis (RA) in Deutschland bestehen weiterhin potenziell behebbare
nahmen, wie z. B. Impfungen [13, 14].
                                                  Defizite in der Qualität der Versorgung. Aus diesem Grund hat die Deutsche
Außerdem werden RA-Patienten*innen,
                                                  Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) eine Expert*innengruppe, in der verschiedene
die im Pflegeheim leben, weniger häufig             Interessengruppen vertreten waren, beauftragt, nationale Qualitätsstandards (QS) mit
von rheumatologischen Fachärzt*innen              dem Ziel zu entwickeln, die rheumatologische Versorgung von Patient*innen mit RA
betreut und erhalten demnach seltener             in Deutschland qualitativ zu verbessern. QS dienen der Festlegung und quantitativen
DMARDs [15].                                      Messung guter Versorgungsqualität unter dem Vorbehalt von Relevanz und
    Dessen ungeachtet sind durchaus auch          Realisierbarkeit. Als Grundlage für die Entwicklung dienten die kürzlich publizierten
positive Entwicklungen zu verzeichnen             Standards von NICE und ASAS und eine systematische Literatursuche. Insgesamt
wie etwa die Einführung der ambulanten            wurden 8 hiermit erstmals veröffentlichte QS konsentiert, die als Grundlage dienen
spezialfachärztlichen Versorgung (ASV),           können, die Versorgungsqualität von Patient*innen mit RA in Deutschland zu messen
die Einführung von Früharthritissprech-           und weiter zu optimieren.
stunden, die Anerkennung der rheuma-
tologischen Fachassistenz (RFA) durch die         Schlüsselwörter
                                                  Rheumatoide Arthritis · Versorgungsqualität · Qualitätsstandards · Versorgungslücken
Bundesärztekammer, das Patientenschu-
lungs- und Informationsprogramm der
DGRh [16] und nicht zuletzt das durch den
Gemeinsamen Bundesauschuss beschlos-             tätsverbesserung bei diesen Vorschlägen           bereits seit geraumer Zeit in Form des
sene Disease-Management-Programm RA              häufig ähneln und zum Teil überlappen,             OBRA („outcome benchmarking“ in der
[17].                                            ist es im Rahmen der Entwicklung der              rheumatologischen Akutversorgung) bzw.
    Das Ziel der Entwicklung von Qua-            QS zu sehr unterschiedlichen Vorgehens-           KOBRA(kontinuierliches Outcome-Bench-
litätsstandards (QS) ist es, bestehende          weisen gekommen, d. h. eine einheitliche          marking in rheumatologischen Akutkli-
Versorgungslücken zu identifizieren und           Methodik wurde bislang nicht verwendet.           niken)-Projekts, welches seit Jahren in
dann den vorliegenden Problemen ent-             Es gibt mehrere Modelle zur Entwicklung           mehreren Kliniken der akutstationären
sprechende standardisierte Messparame-           von QS [18]. In England hat sich das Na-          Versorgung durch den Verband Rheuma-
ter für die Verbesserung der Qualität in         tional Institute for Health and Care Excel-       tologischer Akutkliniken (VRA) in Koope-
den betroffenen Versorgungsbereichen              lence (NICE) auf eine Methodik geeinigt           ration mit dem Institut für angewandte
vorzuschlagen.                                   [19], auf die auch bereits an anderer Stel-       Qualitätsförderung und Forschung im
    Bislang gibt es zwar internationale QS,      le [20] zurückgegriffen wurde. Allen Mo-           Gesundheitswesen (AQUA) erfolgreich
auf nationaler Ebene wurden aber bisher          dellen ist gemeinsam, dass gute Versor-           durchgeführt wird [22, 23].
noch keine QS für die Versorgung von             gungsqualität auf Grundlage der Arbei-                Hierfür wurden Qualitätsindikatoren
RA-Patient*innen generiert. International        ten von Donabedian definiert wird [21].            definiert, um Versorgungsqualität und
wurden einige z. T. sehr umfangreiche Pa-        Dies beinhaltet, dass bei der Beurteilung         Patient*innenzufriedenheit zu messen
kete von Qualitätsstandards und/oder -in-        von Versorgungsqualität neben Struktur-           und um zwischen verschiedenen Kli-
dikatoren entwickelt. Während sich die           und Prozessqualität auch Ergebnisqualität         niken Vergleiche anstellen zu können
adressierten Schlüsselbereiche zur Quali-        zu berücksichtigen ist. Während die Struk-        (Benchmarking) – mit dem Ziel, die Ver-
                                                 turqualität v. a. durch das Vorhandensein         sorgungsqualität zu verbessern. Die Daten
                                                 von definierten Strukturen wie etwa von            werden in den Kliniken erhoben und vom
    Abkürzungen
                                                 geeigneten Ambulanzräumen, einem Ul-              unabhängigen AQUA-Institut analysiert
Ag           Arbeitsgruppe                       traschallgerät oder der Vorhaltung eines          und ausgewertet. Für die Teilnahme am
ASV          Ambulante spezialfachärztliche
                                                 behindertengerechten Praxiszugangs ge-            Benchmarkingprozess erhalten die teil-
             Versorgung
BDRh         Berufsverband Deutscher Rheuma-     messen wird, bedeutet Prozessqualität die         nehmenden Kliniken, wenn sie auch sonst
             tologen                             Organisation bzw. den Ablauf eines Pro-           die Qualitätsansprüche erfüllen [24], ein
DGRh         Deutsche Gesellschaft für Rheuma-   zesses, wie z. B. die Terminplanung einer         Zertifikat und Gütesiegel des VRA. Nach-
             tologie                             Sprechstunde oder die Verfügbarkeit von           dem zunächst nur Patient*innen mit RA
DMARD        Disease-modifying anti-rheumatic
                                                 geeignetem Praxispersonal. Struktur- und          in das Projekt eingeschlossen wurden,
             drug
EULAR        European League Against Rheuma-     Prozessqualität sind eine wichtige Grund-         wird inzwischen ein deutlich größeres
             tism                                lage für die Ergebnisqualität, die unter an-      Spektrum entzündlich rheumatischer Er-
LL           Leitlinien                          derem den Therapierfolg abbildet, wobei           krankungen erfasst.
NICE         National Institute for Health and   z. B. die Anzahl von Patient*innen, die in            Die Deutsche Gesellschaft für Rheuma-
             Care
                                                 einem definierten Zeitraum eine Remis-             tologie (DGRh) hat es sich zur Aufgabe ge-
NRS          Numerical rating scale
QS           Qualitätsstandards                  sion erreichen, gemessen werden könnte            macht, nationale QS zu formulieren, um die
RA           Rheumatoide Arthritis               [21].                                             Versorgungsqualität von RA-Patient*innen
SLR          Systematische Literaturrecherche        Ein erstes Projekt zur Qualitätssiche-        in Deutschland messen und verbessern
VRA          Verband Rheumatologischer           rung der Versorgung von rheumatischen             zu können. Dabei sollte der formulierte
             Akutkliniken
                                                 Erkrankungen gibt es in Deutschland               Qualitätsstandard ein wünschenswertes,

2      Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 1   Phasen der Entwicklung von QS für RA                                                   Schlüsselbereich erforderliche Informati-
 Phase      Ziel                                                             Methode             on in Ihrem Gesundheitssystem verfügbar
 1          Teil 1: Identifikation von publizierten Qualitätsmessinstrumen-   SLR                 ist?“), (IV) Bedeutung: („Wie wichtig ist es,
            ten für RA (bezogen auf Methodik und Inhalt)                                         diesen Schlüsselbereich zu messen?“) und
            Teil 2: Identifikation von relevanten Versorgungslücken                               (V) Wahrscheinlichkeit der Verwendung
 2          Identifikation der Schlüsselbereiche für die Qualitätsverbesse-   Virtuelles Treffen   („Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die-
            rung
                                                                                                 sen Schlüsselbereich in Ihrer Praxis/Klinik
 3          Priorisierung der Schlüsselbereiche für die Qualitätsverbesse-   Standardisierte     verwenden oder zur Verwendung dieses
            rung                                                             Online-Abfrage
                                                                                                 Indikators ermutigen würden?“). Die AG
 4          Formulierung der Qualitätsstandards für RA                       Strukturierte
                                                                                                 diskutierte auf einem virtuellen Treffen
                                                                             Konsensfindung,
                                                                             virtuell            die Versorgungslücken sehr intensiv und
 5           Konsentierung der Qualitätsstandards für RA                     Grad der Zustim-    legte eine Liste mit Versorgungslücken an,
                                                                             mung, NRS 0–10      die quantitativ erfasst werden können.

                                                                                                 Phase 3: Priorisierung der Versorgungs-
jedoch auch realisierbares, Versorgungs-          Phase 1 mit Erstellung der systema-            lücken. Die identifizierten Schlüsselberei-
ziel repräsentieren. Das langfristige Ziel        tischen Literaturrecherche. Beide SLR          che wurden im Anschluss an das virtuelle
besteht darin, die Qualität in Deutschland        wurden in PubMed und Cochrane für den          Treffen per Online-Umfrage priorisiert. Ziel
durch messbare Qualitätskonstrukte zu do-         Zeitraum 01.05.2005–01.05.2020 durch-          der Priorisierung war es, die relevanten
kumentieren und zu verbessern, um in Zu-          geführt (Suchterms s. Online-Zusatzmate-       Schlüsselbereiche zu identifizieren und
kunft ein hohes Maß an Versorgungsqua-            rial). Es wurde von der Steuerungsgruppe       die vorläufige Liste auf eine handhabbare
lität von RA-Patient*innen gewährleisten          festgelegt, dass englisch- und deutsch-        finale Liste mit ca. 7 bis 10 Schlüsselbe-
zu können.                                        sprachige Publikationen als Vollpublikati-     reichen für die Qualitätsverbesserung zu
                                                  on eingeschlossen werden konnten. Die          reduzieren. Die Priorisierung wurde erho-
Methoden                                          Suche zu Qualitätsmessinstrumenten für         ben, indem nach der Relevanz („Stimmen
                                                  RA fokussierte auf die Identifikation von       Sie zu, dass diese Domäne eine rele-
Die Entwicklung der Qualitätsstandards            Methodik und Inhalt. Für die Selektion         vante Versorgungslücke in Deutschland
für RA startete im September 2019                 von Publikationen zu Versorgungslücken         darstellt?“) und nach dem Grad der Zu-
mit der Bildung eine Steuerungsgrup-              wurden folgende Einschlusskriterien fest-      stimmung (numerische Rating-Skala 0–10,
pe mit ausgewählten Expert*innen mit              gelegt: Studientyp (kontrollierte Studien/     10 = höchste Zustimmung) gefragt wurde.
Expertise in der Versorgung von Pa-               Kohortenstudien/Fall-Kontrollstudien mit
tient*innen mit RA (KA, JB, UK, HS-K,             einer Fallzahl ≥ 200 Patient*innen) und        Phase 4: Formulierung der Qualitäts-
H-JL, H-ML, MR, MS). Die Steuerungs-              qualitative Studien (ohne Teilnehmerbe-        standards für RA. Nach Festlegung der
gruppe entschied sich nach eingehen-              grenzung).                                     8 Versorgungslücken erfolgte in einem
der Diskussion, alle in der Behandlung                                                           virtuellen Treffen die Ausformulierung der
der RA involvierten Interessengruppen             Phase 2: Identifikation der Schlüsselbe-       Qualitätsstandards in Bezug auf Struktur
(ambulant und stationär tätige Rheu-              reiche für die Qualitätsverbesserung.          und Prozessqualität. Ein Qualitätsstandard
matolog*innen, Physiotherapeut*innen,             Schlüsselbereiche sind Bereiche, in de-        besteht aus 2 Bereichen: (I) der Kernaus-
Ergotherapeut*innen, Psycholog*innen,             nen es Unterschiede in der Versorgung          sage mit einer begleitenden Rationale, in
Patient*innenvertreter*innen) aktiv in die        gibt, deren Verbesserung aber realistisch      der die Evidenz für die Aussage dargelegt
Entwicklung der QS für RA als Arbeitsgrup-        ist und auch quantitativ erfasst wer-          wird, und (II) einem Messinstrument, in
pe (AG) einzubeziehen. Alle eingeladenen          den kann. Auf der Grundlage der SLR            dem die Angaben zur Berechnung der
Vertreter (Physiotherapie vertreten durch         erfolgte die Identifikation von Versor-         Struktur- und Prozessqualität angegeben
AL, Ergotherapeuten durch RO, Psycho-             gungslücken. Die Schlüsselbereiche sind        sind. Das Ziel der AG in dem virtuellen
logen durch MIH, Patienten durch RSG)             unter folgenden 5 Aspekten diskutiert          Meeting im Dezember 2020 war es, Kern-
beteiligten sich aktiv an dem Entwick-            worden: (I) Validität („Wie valide ist die     aussagen zu erarbeiten und diese dann
lungsprozess und waren stimmberechtigt.           wissenschaftliche Evidenz, dass es sich        jeweils mit einer Rationale und Qualitäts-
Nicht stimmberechtigt war VBM als Me-             bei dem genannten Schlüsselbereich,            messinstrumenten zu unterfüttern. Die
thodikerin. Die Steuerungsgruppe legte            um eine im klinischen Alltag relevante         im Anschluss erfolgte schriftliche Ausfor-
die Methodik und den Ablauf der Entwick-          Domäne handelt?“), (II) Augenscheinva-         mulierung der QS wurde mittels E-Mail-
lung der Qualitätsstandards in 5 Phasen           lidität („Wie wahrscheinlich ist es, dass      Schriftverkehr mehrfach überarbeitet.
fest (. Tab. 1).                                  eine bessere Versorgungsleistung in dem
   Die Entwicklung der Qualitätsstandards         genannten Schlüsselbereich ein qualitativ      Phase 5: Konsentierung der Qualitäts-
für RA erfolgte parallel zu der Erstellung        hochwertigeres Gesundheitssystem wi-           standards. Nach Ausformulierung der
der Qualitätsstandards für die axiale Spon-       derspiegelt?“), (III) Durchführbarkeit („Wie   Qualitätsstandards wurden die Teilnehmer
dyloarthritis [25].                               wahrscheinlich ist es, dass die für den        der AG gebeten, in einer Online-Umfrage

                                                                                                               Zeitschrift für Rheumatologie   3
Originalien
                                                                                                    lieren. Die Entscheidung fußte auf einer
         1411 identifizierte Artikel in
                                                                                                    balancierten Abwägung zwischen Versor-
           PubMed und Cochrane                                                                      gungslücken, die zu 100 % als relevant
                                                                                                    bewertet wurden und Versorgungslücken,
                                                                                                    die einen hohen Grad der Zustimmung er-
                                                                                                    hielten.
                                                         1351 aufgrund des Abstracts
                                                           ausgeschlossene Artikel
                                                                                                    Phase 4: Formulierung der
                                                                                                    Qualitätsstandards für RA
                                                                                                    Die Ausformulierung der QS erfolgte im
           Nach Abstractselektion:                                                                  Rahmen eines virtuellen Meetings, an dem
                 60 Artikel
                                                                                                    13 Mitglieder der AG teilnahmen. Die fi-
                                                     54 aufgrund des Volltextes ausgeschlossene
                                                     Artikel                                        nale Version der QS findet sich in den
                                                     • 20 keine Qualitätskonstrukte/-messungen
                                                                                                    . Tab. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 und die
                                                     • 11 falscher primärer Endpunkt
                                                     • 15 falscher Publikationstyp                  ausführliche Besprechung der inhaltlichen
                                                     • 2 falsche Erkrankung
                                                     • 4 falsches Studiendesign
                                                                                                    Diskussion weiter unten im Text. An der
                                                     • 2 falsche Population                         Abstimmung nahmen am Ende des Tref-
                                                                                                    fens alle 11 noch anwesenden Mitglieder
           Nach Volltextselektion:                                                                  der Kommission teil.
            6 inkludierte Artikel
                                                                                                    Phase 5: Konsentierung der
                                                                                                    Qualitätsstandards
Abb. 1 8 Flussdiagramm der SLR der Phase 1a: Identifikation von etablierten Qualitätsstandards für
RA                                                                                                  An der Abstimmung der QS nahmen insge-
                                                                                                    samt 13 AG-Mitglieder teil. Der niedrigste
                                                                                                    Grad der Zustimmung fand sich bei QS 6
den Grad der Zustimmung (mittels NRS               SLR Versorgungslücken. In . Abb. 2 sind          (Screening psychosozialer Folgeprobleme)
0–10, 10 stimme voll zu) anzugeben.                die einzelnen Schritte der SLR bezüglich         mit 8,7 ± 1,9 und der höchste Grad der
                                                   der Versorgungslücken aufgeführt. Es             Zustimmung bei QS 4 (Konsequente The-
Ergebnisse                                         wurden insgesamt 21 Studien für Versor-          rapieanpassung) mit 9,9 ± 0,3. Im Durch-
                                                   gungslücken in den folgenden Domänen,            schnitt lag der Grad der Zustimmung aller
Erstellung der Qualitätsstandards                  identifiziert: Therapie (n = 7), Komorbidität     QS bei 9,3 ± 0,7. Die Abstimmungsergeb-
                                                   (n = 7), Management (n = 6), Risikogruppe        nisse der QS sind in . Tab. 11 zu finden.
Die Analyse der einzelnen Schritte ergab           (n = 3), Überweisung (n = 3) und Training
folgende Ergebnisse:                               (n = 2).                                         Qualitätsstandards für die
                                                                                                    Versorgung von Patient*innen mit
Phase 1 mit Erstellung der                         Phase 2: Identifikation der                       rheumatoider Arthritis
systematischen Literaturrecherche                  Schlüsselbereiche für die
SLR Qualitätsmessinstrumente: Die einzel-          Qualitätsverbesserung                            QS 1: Frühzeitige Diagnose (. Tab. 3)
nen Schritte der SLR hinsichtlich bereits pu-      Die AG identifizierte in einem virtuel-           Bei der Formulierung dieses QS wurde
blizierter Qualitätsmessinstrumente listet         len Treffen im Oktober 2020 insgesamt             das Hauptaugenmerk auf eine zeitnahe
. Abb. 1 auf. Insgesamt wurden 6 Publika-          19 Schlüsselbereiche, die quantitativ er-        Diagnosestellung gelegt, da sich alle AG-
tionen zu Qualitätsmessinstrumenten der            fasst werden können (. Tab. 2).                  Mitglieder darin einig waren, dass jede
RA identifiziert [26–31] Die ersten QS wur-             Bei der Diskussion spielten die Aspekte      Woche zählt, um das Ziel der Remission
den 2005 in England veröffentlicht [30],            der Validität inklusive der Augenschein-         so früh wie möglich zu erreichen. Grund-
gefolgt von Publikationen in den USA und           validität, der Durchführbarkeit, der inhalt-     sätzlich wurde angemerkt, dass es bereits
Europa [27, 31]. Drei weitere Artikel be-          lichen Bedeutung des Schlüsselbereiches          initial zu Verzögerungen kommen kann,
ziehen sich auf Arthritiden allgemein und          und der Wahrscheinlichkeit der Verwen-           da der Beginn von Diagnostik und The-
stellen somit keine Qualitätsmessinstru-           dung eine Rolle.                                 rapie vom Zeitpunkt der Erstvorstellung
mente speziell für RA dar [32–34]. Allen                                                            des*r Patient*in bei einem*r Ärzt*in, in der
Publikationen gemeinsam ist, dass es keine         Phase 3: Priorisierung der                       Regel bei einem*r internistisch-rheuma-
einheitlich verwendeten Qualitätsmessin-           Versorgungslücken                                tologischen Facharzt*ärztin abhängig ist.
strumente gibt und dass die jeweils ge-            Die Priorisierung wurde in einem weiteren        Diese Vorstellung hängt unter anderem er-
wählte Methodik zur Erstellung der Qua-            virtuellen Treffen im Dezember 2020 vor-          heblich vom Leidensdruck des*r Patient*in
litätsmessinstrumente unterschiedlich ist.         gestellt und intensiv diskutiert. Die AG ent-    bzw. seinem*ihrem Interesse ab, die Be-
                                                   schied sich, insgesamt zu 8 Versorgungs-         schwerden zügig abzuklären. Insofern darf
                                                   lücken korrespondierende QS zu formu-            es in den weiteren Schritten (hausärztliche

4    Zeitschrift für Rheumatologie
429 identifizierte Artikel in PubMed und
                                                          Cochrane

                                                                                                  371 aufgrund des Abstracts ausgeschlossen:
                                                                                                  — 183 falsche Population
                                                                                                  — 73 falsches Studienziel
                                                                                                  — 62 falscher Publikationstyp
                                                                                                  — 27 falsches Studiendesign
                                                                                                  — 12 falsches Outcome
                                                                                                  — 6 falsche Studiengröße bzw. Populationsgröße
       Manuelle Suche: 1                                                                          — 4 unvollendete Studien
                                                                                                  — 4 Hintergrundartikel

                                                    Nach Abstractselektion:
                                                     58 Artikel + 1 Artikel
                                                                                                  38 aufgrund des Volltextes ausgeschlossen:
                                                                                                  — 5 falsches Studiendesign
                                                                                                  — 25 keine beschriebenen Versorgungslücken
                                                                                                  — 3 falsche Studiengröße bzw. Populationsgröße
                                                                                                  — 2 nicht publizierte/unvollendete Studien
                                                                                                  — 1 falsches Outcome
                                                                                                  — 2 falsche Population

                                                     Nach Volltextselektion:
                                                      21 inkludierte Artikel

Abb. 2 8 Flussdiagramm der SLR der Phase 1b: Identifikation von relevanten Versorgungslücken

Überweisung, rheumatologische Erstvor-           sofern wurde entschieden, dass zwar das          sen Empfehlungen wurde entschieden,
stellung) keine weiteren Verzögerungen           primäre Ziel die komplette Remission ist,        dass alle 3 Scores zur Bestimmung der
geben. Die Expertise eines*r internistisch-      jedoch davon auszugehen ist, dass diese          Krankheitsaktivität verwendet werden
rheumatologischen Facharzt*ärztin ist so-        Qualität nicht bei allen RA-Patient*innen        können.
wohl für die Diagnosestellung als auch           zu erreichen ist. In der internationalen Lite-      Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-
für die Therapieeinleitung in den meis-          ratur wird dieses durchaus bekannte Prob-        nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-
ten Fällen erforderlich, um unnötige und         lem meist so gelöst, dass von einer mög-         der für diesen QS.
die Patient*innen potenziell schädigende         lichen Akzeptanz niedriger Krankheitsak-
Folgen zu vermeiden. Deshalb werden in           tivität gesprochen wird [35, 36].                QS 3: Glukokortikoidfreiheit (. Tab. 5)
den meisten rheumatologischen Einrich-               Zum anderen wurden die zur Verwen-           Generell bestand Einigkeit, dass eine mög-
tungen Frühsprechstunden angeboten. In           dung kommenden validierten Scores zur            lichst niedrige Glukokortikoiddosis bei RA-
manchen Fällen ist auch die Einweisung in        Bestimmung der Krankheitsaktivität disku-        Patient*innen anzustreben ist und dass das
ein rheumatologisches Akutkrankenhaus            tiert. Hier wurde kritisch angemerkt, dass       Ziel bei Patient*innen in Remission die Glu-
erforderlich.                                    der DAS28 durch die darin nicht enthalte-        kokortikoidfreiheit ist. Über die Höhe der
   Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-       ne Beurteilung der Vorfüße den Gelenk-           Glukokortikoiddosis gab es allerdings eine
nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-         status nur unzureichend abbildet [37]. Zu-       intensive Diskussion zwischen den AG-Mit-
der für diesen QS.                               dem wurde kritisch diskutiert, dass das          gliedern, da die nationalen und internatio-
                                                 Nichterreichen einer Remission möglicher-        nalen Leitlinien Dosierungen zwischen < 5
QS 2: Ziel Remission (. Tab. 4)                  weise durch eine hohes Patientenglobalur-        und < 7,5 mg Prednisolonäquivalent ange-
Zum einen wurde hier diskutiert und fest-        teil verursacht sein könnte, wobei dadurch       ben [2, 3, 39]. Die AG-Mitglieder einig-
gestellt, dass eine komplette Remission          danndieSelbstbeurteilungim Missverhält-          ten sich auf die Formulierung, einen zeit-
nicht bei allen RA-Patient*innen zu errei-       nis zur Gelenkuntersuchung steht [38].           lich begrenzten Dosisbereich von ≤ 7,5 mg
chen ist. Dieser Ansicht waren zwar fast             Die aktuellen S2e- sowie S3-LL der           Prednisolonäquivalent/Tagzu akzeptieren,
alle AG-Mitglieder, jedoch wurde auch kri-       DGRh [2, 3] empfehlen zur Bestimmung             und präzisierten, dass bei Patient*innen,
tisch angemerkt, dass eine Teilremission         der Krankheitsaktivität den CDAI, SDAI           bei denen das vollständige Absetzen der
kein Qualitätsmerkmal darstellen kann. In-       und/oder den DAS28. Basierend auf die-           Glukokortikoide nicht erreichbar ist, eine

                                                                                                                  Zeitschrift für Rheumatologie    5
Originalien
    Tab. 2 Schlüsselbereiche Domänen QS RA
    QS     Text QS                                                             Stimmen Sie zu, dass        Bitte geben Sie den Grad der Zustim-
    Nr                                                                         diese Domäne eine rele-     mung für diese Domäne an
                                                                               vante Versorgungslücke      Mean                 SD
                                                                               in Deutschland darstellt?
    1      Überweisung zu dem*der Rheumatolog*in                               84,6 % Ja                   7,8                 2,3
    2      Frühzeitige Diagnose (innerhalb von 6 Wochen nach Vorstellung       92,3 % Ja                   9,4                 0,7
           bei dem*der Hausarzt*ärztin)
    3      Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose         69,2 % Ja                   6,3                 3,0
    3a     Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose: Ge-    61,5 % Ja                   6,1                 3,2
           samtpopulation
    3b     Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose: Po-    84,6 % Ja                   7,3                 2,8
           pulationen mit Besonderheiten in der Behandlung
    4      Anzahl der Patient*innen ohne Glukokortikoide nach Erreichen        100 % Ja                    7,1                 2,3
           einer Remission
    5      Interkollegialer und intersektoraler Austausch                      92,3 % Ja                   5,4                 2,3
    6      Interdisziplinäre Versorgung                                        92,3 % Ja                   5,5                 2,4
    7      Rehabilitation bei Patient*innen mit eingeschränkter Teilhabe       92,3 % Ja                   5,8                 2,9
           verordnen
    8      Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln bei Patient*innen mit Ein-    92,3 % Ja                   7,0                 2,3
           schränkung der Funktionsfähigkeit
    9      Selbstmanagement der Patient*innen                                  84,6 % Ja                   4,6                 2,7
    9a     Selbstmanagement der Patient*innen: Strukturierte Pa-               92,3 % Ja                   6,8                 2,9
           tient*innenschulung bei jedem*r Patient*in
    9b     Selbstmanagement der Patient*innen: Jede*r Patient*in soll über     53,8 % Ja                   3,4                 2,9
           den Zugang zur Selbsthilfeorganisation informiert werden
    10     Prävention sowie Diagnostik und Therapie einer begleitenden         84,6 % Ja                   5,8                 2,7
           Osteoporose bei RA
    11     Regelmäßige Erhebung der Krankheitsaktivität                        53,8 % Ja                   4,7                 3,0
    12     Differenzialdiagnose der Schmerzen und Zugang zum Schmerzma-         76,9 % Ja                   6,5                 3,1
           nagement
    13     Notfallmanagement/kurzfristiger Zugang/schneller Termin             92,3 % Ja                   7,9                 2,4
    14     Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi-    100 % Ja                    7,2                 2,0
           on
    14a    Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi-    100 % Ja                    6,9                 2,0
           on: medikamentöse Eskalation oder Wechsel
    14b    Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi-    92,3 % Ja                   6,8                 2,3
           on: Durchführung von Punktionen/Injektionen
    15     Screening psychosozialer Folgeprobleme                              100 % Ja                    6,6                 1,7
    16     Jährlicher Review                                                   69,2 % Ja                   5,6                 3,2
    17     Kontrolle Impfstatus und Ergänzung der Impflücken                    92,3 % Ja                   6,8                 2,4
    18     Behandlungsplan zwischen Ärzt*in und Patient*in                     69,2 % Ja                   3,8                 3,6
    19     Angebote effizienter, digitaler Medien als Ergänzung zur ärztlichen   61,5 % Ja                   4,9                 3,6
           Versorgung
    QS Qualitätsstandard, SD Standardabweichung

Dosis von maximal 5 mg Prednisolonäqui-             QS 4: Konsequente Therapieanpas-                   Dabei wurde betont, dass das frühzeitige
valent/Tag als oberste akzeptable Grenze            sung (. Tab. 6)                                    Erkennen von begleitenden schmerzbe-
definiert wird.                                      Das wichtige Therapieziel Remission wird           günstigenden Erkrankungen wie Arthrose
   Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-          aus verschiedenen Gründen relativ häufig            und Fibromyalgie differenzialdiagnostisch
nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-            nicht erreicht ([36, 40, 41], s. auch QS 2). Das   von großer Bedeutung ist. Daher wurde
der für diesen QS.                                  Hauptaugenmerk in der Diskussion bei die-          in diesem QS nicht nur die konsequen-
                                                    sem QS lag in der möglicherweise fehlen-           te Therapieanpassung bei nicht erreichter
                                                    den, aber zum Teil durchaus notwendigen            Remission, sondern auch „[. . . ] die diffe-
                                                    Ursachenforschung für die nicht erreichte          renzialdiagnostische Aufarbeitung der Ur-
                                                    Remission durch den*die Rheumatolog*in.

6       Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 3 Qualitätsstandard 1: Frühzeitige Diagnose
 Domäne       Standard       Rationale                                                     Qualitätsmessung, Katego-          Qualitäts-      Qualitäts-
                                                                                           rie Struktur                       messung,        messung,
                                                                                                                              Kategorie       Kategorie
                                                                                                                              Prozess,        Prozess,
                                                                                                                              Zähler          Nenner
 Frühzeitige    Bei Pa-       Die Symptome der RA, insbesondere die frühen, zum            Vorhaltung von Maßnahmen           Alle            Alle RA-Pa-
 Diagnose       tient*innen   Teil unspezifischen Symptome, werden von Nicht-               und Strukturen, die eine frü-      neudiagno-      tient*innen,
                mit neu       Rheumatolog*innen oft nicht als Manifestation einer          he Diagnose ermöglichen.           stizierten      bei denen
                aufge-        entzündlich-rheumatischen Erkrankung erkannt. Da-            Dies schließt nicht nur eine       RA-Pa-          im letzten
                tretenen      durch unterbleibt die Durchführung diagnostischer            ausreichende Anzahl von            tient*innen,    Jahr eine RA
                Gelenk-       Maßnahmen, und es kommt zu einer erheblichen Ver-            Rheumatolog*innen und ent-         bei denen       fachärztlich
                schmerzen     zögerung bei Diagnose und Therapieeinleitung. Ra-            sprechende Kapazitäten in          die Dia-        neu dia-
                und Ver-      diologisch nachweisbare Gelenkdestruktionen und              Frühsprechstunden ein, son-        gnose           gnostiziert
                dacht auf     Funktionseinschränkungen entwickeln sich gerade zu           dern auch Maßnahmen zur            innerhalb       wurde
                RA wird die   Beginn der Erkrankung am stärksten. Das Therapie-            Fortbildung der primärärztli-      von 6 Wo-
                Diagnose      ziel für Patient*innen mit RA ist die Remission (s. QS 2).   chen Versorgungsebene und          chen nach
                inner-        Das Erreichen einer Remission ist umso wahrscheinli-         anderer Gesundheitsdienst-         Symptom-
                halb von      cher, je früher die Diagnose einer RA gestellt und eine      leister, z. B. durch rheumato-     beginn
                6 Wochen      Therapie eingeleitet wird. Die Anzahl aufgetretener          logische Zentren. Dazu zählen      fachärztlich
                gesichert     Erosionen korreliert mit der zeitlichen Verzögerung bis      aber auch Informationsange-        gestellt
                              zur Einleitung der ersten Therapie. Wenn der Verdacht        bote für die Bevölkerung –         wurde
                              auf RA besteht, geben die EULAR-Empfehlungen der             auch durch die Deutsche
                              frühen RA, die ACR-Klassifikationskriterien und die S3-       Rheumaliga –, um die Sen-
                              Leitlinie für frühe RA der DGRh eine Orientierung für        sibilisierung für Anzeichen
                              die Diagnosefindung. Die Patient*innen, die sich mit          und Frühsymptome einer
                              Symptomen einer RA ärztlich vorstellen, sollen zügig         RA zu erhöhen und zu för-
                              in die Rheumatologie überweisen werden. Da es ei-            dern, damit Patient*innen mit
                              ne Vielzahl an Differenzialdiagnosen abzuklären gibt,         Verdacht auf RA innerhalb
                              ist die Fachexpertise der Rheumatologie erforderlich.        von 6 Wochen diagnostiziert
                              Frühsprechstunden, in denen Patient*innen mit noch           werden können
                              unklaren Arthralgien frühzeitig auf das mögliche Vorlie-
                              gen einer RA untersucht werden, können wesentlich zur
                              rechtzeitigen Diagnosestellung beitragen

sache(n) [...]“ als klares Ziel für diesen QS          Darüber hinaus wurde kritisch ange-                  Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-
formuliert.                                        merkt, dass es keine validierten Scores gibt,         nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-
   Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-         die einen Schwellenwert für eingeschränk-             der für diesen QS.
nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-           te Funktionsfähigkeit festlegen. Die nun
der für diesen QS.                                 in dem QS verwendeten Schwellenwer-                   QS 6: Screening psychosozialer
                                                   te bezüglich eingeschränkter Funktionsfä-             Folgeprobleme (. Tab. 8)
QS 5: Konsequente Therapie der                     higkeit basieren auf Expert*innenmeinung              Psychosoziale Folgeprobleme können für
eingeschränkten Funktionsfähigkeit                 sowie auf Auswertungen der Kerndoku-                  Patient*innen und Rheumatolog*innen
(. Tab. 7)                                         mentation [42]. In diesem Zusammenhang                mit RA in der Kommunikation ein schwie-
Bei diesem QS wurden verschiedene                  wird aber auf die grundsätzliche Limitati-            rig anzusprechendes Thema sein, daher
Aspekte diskutiert. Grundsätzlich beste-           on solcher Schwellenwerte verwiesen, da               war den meisten AG-Mitgliedern ein ge-
hen bei Patient*innen mit RA häufig                 diese u. a. nicht das Alter, den BMI, (Fehlen)        sonderter QS besonders wichtig. Hierbei
Komorbiditäten, die zu entsprechenden              körperlicher Aktivität und den Lebensstil             stand nicht nur das Erkennen von ent-
Funktionseinschränkungen führen kön-               und den damit einhergehenden Funkti-                  sprechenden Problemen (s. auch QS 5)
nen. Ein wichtiges Ziel des*r Rheumato-            onsverlust berücksichtigen [43].                      im Vordergrund, sondern auch, ggf. in
log*in ist daher die Differenzierung solcher            Außerdem gibt es erhebliche individu-             Kooperation mit anderen Fachabteilun-
Ursachen von Funktionseinschränkungen              elle Unterschiede bei Patient*innen mit RA            gen, das Einleiten von Maßnahmen, um
von der durch die RA bedingten ein-                in der Krankheitsverarbeitung, was z. B. das          Probleme ggf. zu beheben oder gege-
geschränkten Funktionsfähigkeit. Hierbei           Coping mit der Krankheit mit einschließt              bene Einschränkungen zu verbessern. In
spielt auch die Unterscheidung zwischen            und dass zum anderen auch die Umge-                   der Diskussion dieses QS wurde daher
einer akut eingeschränkten Funktionsfä-            bungssituation eine nicht geringe Rolle               ein großes Augenmerk auf die interdiszi-
higkeit durch aktive Entzündung und die            spielen kann – hierbei geht es um Ver-                plinäre Zusammenarbeit bei der Lösung
durch einen bereits eingetretenen struktu-         wandte, Freunde und die möglicherweise                psychosozialer Probleme gelegt. Die psy-
rellen Schaden, wie z. B. durch sekundäre          nicht behindertengerechte Wohnsituation               chische Komponente spielt nicht nur
Arthrose, eine Rolle.                              oder auch die Verhältnisse am Arbeitsplatz.           in der Lebensqualität der Patient*innen

                                                                                                                            Zeitschrift für Rheumatologie    7
Originalien
    Tab. 4 Qualitätsstandard 2: Ziel Remission
    Domäne       Standard       Rationale                                                      Qualitätsmessung, Katego-         Qualitäts-     Qualitäts-
                                                                                               rie Struktur                      messung,       messung,
                                                                                                                                 Kategorie      Kategorie
                                                                                                                                 Prozess,       Prozess,
                                                                                                                                 Zähler         Nenner
    Ziel Remissi-   Das Ziel      Eine erhöhte Krankheitsaktivität bei RA ist mit erhöhter     Vorhaltung von Maßnahmen          RA-Pa-         Alle Pa-
    on              der Be-       Mortalität, zunehmenden Gelenkdestruktionen und              und Strukturen, einschließlich    tient*innen    tient*innen
                    handlung      Funktionseinschränkung sowie entsprechenden so-              einer ausreichenden Anzahl        in Remissi-    mit RA
                    von Pa-       zioökonomischen Konsequenzen assoziiert. Mit dem             von Rheumatolog*innen, mit        on
                    tient*innen   raschen Erreichen einer Remission werden nicht nur           uneingeschränktem Zugang
                    mit RA ist    krankheitsspezifische Komplikationen vermieden, son-          (z. B. keine Fallzahldecke-
                    die Re-       dern es wird auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass        lung) sowie Gewährleistung
                    mission       die Remission über einen längeren Zeitraum anhält.           einer intersektoralen The-
                                  Die S3-Leitlinie zur Diagnose einer frühen RA stellt fest,   rapie, um sicherzustellen,
                                  dass eine Remission nach 3 (spätestens 6) Monaten er-        dass Patient*innen mit RA
                                  reicht werden soll. Je früher die Remission erreicht wird,   regelmäßig mit validierten
                                  desto wahrscheinlicher hält diese auch länger an – und       Messinstrumenten evaluiert
                                  dies z. T. sogar mit reduzierter Dosis verordneter Me-       werden und die Therapie ge-
                                  dikamente. Die Krankheitsaktivität von Patient*innen         mäß der S3-Leitlinie sowie
                                  mit RA sollte mit validierten Scores bewertet werden.        der S2e-Leitlinie mit dem
                                  Entsprechend der S3-Leitlinie zur Diagnose einer frü-        Ziel der Remission angepasst
                                  hen RA, der S2e-Leitlinie zur Therapie einer RA der          werden kann
                                  DGRh sowie den EULAR-Empfehlungen zum Manage-
                                  ment der frühen RA wird empfohlen, den „simplified
                                  disease activity score“ (SDAI), den „clinical disease ac-
                                  tivity index“ (CDAI) oder den „disease activity score“
                                  (DAS28) zu verwenden. Demnach ist Krankheitsremissi-
                                  on als SDAI < 3,3, CDAI < 2,8 oder – weniger spezifisch –
                                  DAS28 < 2,6 definiert. Das Ziel ist grundsätzlich nicht
                                  nur das Erreichen, sondern auch das Aufrechterhalten
                                  der erreichten Remission. Bei Nicht-Erreichen einer Re-
                                  mission, sollen alle Möglichkeiten einer intersektoralen
                                  Versorgung ausgeschöpft werden und weitere medika-
                                  mentöse sowie nichtmedikamentöse Therapieverfahren
                                  zur Anwendung kommen. Dabei ist die konsequente
                                  Intensivierung der Therapie bei Nichterreichen einer
                                  Remission ein wesentlicher Baustein des Therapiekon-
                                  zeptes (s. QS 4)

    Tab. 5 Qualitätsstandard 3: Glukokortikoidfreiheit
    Domäne        Standard Rationale                                                            Qualitätsmessung, Kategorie       Qualitäts-      Qualitäts-
                                                                                                Struktur                          messung,        messung,
                                                                                                                                  Kategorie       Kategorie
                                                                                                                                  Prozess,        Prozess,
                                                                                                                                  Zähler          Nenner
    Glukokorti-     Bei Pa-       Eine dauerhafte Glukokortikoidtherapie führt zu einer         Vorhaltung von Maßnahmen          RA-Pa-          Alle
    koidfreiheit    tient*in-     Vielzahl unerwünschter Wirkungen. Hierzu zählen unter         und Strukturen, einschließlich    tient*innen     RA-Pa-
                    nen mit       anderem kardiovaskuläre Ereignisse, erhöhte Infektan-         des Zugangs zu allen medika-      in Remis-       tient*in-
                    RA in Re-     fälligkeit, mit Frakturen einhergehende Osteoporose,          mentösen Therapiemöglich-         sion ohne       nen in
                    mission       gastrointestinale Komplikationen und auch selten eine         keiten, um die Chance auf eine    Glukokorti-     Remission
                    ist Gluko-    sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz. Die gluko-             glukokortikoidfreie Remission     koide
                    kortiko-      kortikoidfreie Remission ist daher das primäre Ziel der       zu maximieren
                    idfreiheit    Therapie. Gemäß der S3-Leitlinie zur Diagnose einer frü-
                    das Ziel      hen RA, der S2e-Leitlinie zur Therapie der RA sowie den
                                  EULAR-Empfehlungen zum Management einer (frühen)
                                  RA der DGRh wird bis zum Erreichen der Wirkung einer
                                  csDMARD-Therapie die Krankheitsaktivität mit einer Glu-
                                  kokortikoidtherapie unterdrückt. Die Glukokortikoiddosis
                                  soll dann aber innerhalb von 8 Wochen in den Low-Dose-
                                  Bereich (≤ 7,5 mg/Tag Prednisolonäquivalent) reduziert
                                  und nach 3 bis 6 Monaten nach Möglichkeit beendet
                                  werden. Bei Patient*innen, bei denen das vollständige
                                  Absetzen der Glukokortikoide nicht erreichbar ist, wird
                                  eine Dosis von maximal 5 mg Prednisolonäquivalent/Tag
                                  als oberste akzeptable Grenze definiert

8      Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 6 Qualitätsstandard 4: Konsequente Therapieanpassung
 Domäne        Standard Rationale                                                          Qualitätsmessung, Kategorie     Qualitäts-      Qualitäts-
                                                                                           Struktur                        messung,        messung,
                                                                                                                           Kategorie       Kategorie
                                                                                                                           Prozess,        Prozess,
                                                                                                                           Zähler          Nenner
 Konsequente    Bei Nicht-     Eine nicht unbedeutende Zahl von Patient*innen gilt als     Vorhaltung von Maßnahmen        RA-Pa-          Alle
 Therapie-      erreichen      therapierefraktär oder schwer behandelbar, trotz kor-       und Strukturen einschließlich   tient*innen,    RA-Pa-
 anpassung      der Re-        rekter Diagnosestellung und regelmäßiger Evaluation         einer ausreichenden Anzahl      bei de-         tient*in-
                mission        der Krankheitsaktivität. Für die Versorgung dieser Pa-      von Rheumatolog*innen           nen eine        nen, die
                gilt es, die   tient*innen bieten die aktuellen EULAR-Empfehlungen         (Facharztstandard), um bei      Therapiead-     nicht in
                Ursachen       für die „Difficult-to-treat“-RA sowie die S2e-Leitlinie zur   Nichterreichen einer Remis-     aptation bei    Remission
                differen-       Therapie einer RA der DRGh evidenzbasierte Informatio-      sion gezielte differenzialdi-    Nichterrei-     sind
                zialdia-       nen. Dabei gilt es, differenzialdiagnostische Überlegun-     agnostische Überlegungen        chen einer
                gnostisch      gen hinsichtlich der Ursache des Nichterreichens oder       anzustellen und einen un-       Remission
                aufzuar-       des sekundären Verlustes der Remission anzustellen. Da      eingeschränkten Zugang zu       vorgenom-
                beiten         die Unterscheidung zwischen bestehender entzündlich         allen Therapiemöglichkeiten     men wurde
                und die        bedingter Krankheitsaktivität und anderen Ursachen wie      zu ermöglichen, um notwen-
                Therapie       sekundären Schmerzerkrankungen und Arthrose zum             dige Therapieadaptationen
                entspre-       Teil schwierig zu differenzieren ist, bedarf es der Fach-    durchführen zu können
                chend          expertise von Rheumatolog*innen. Bei Nichterreichen
                zu ad-         oder einem sekundären Verlust einer Remission, sol-
                aptieren       len alle Möglichkeiten einer intersektoralen Versorgung
                               ausgeschöpft werden und medikamentöse sowie nicht-
                               medikamentöse Therapieverfahren, wie z. B. Kälte- oder
                               Wärmetherapie, Physiotherapie und/oder Ergotherapie
                               zur Anwendung kommen. Die medikamentöse Therapie
                               muss überprüft und ggf. umgestellt werden. Darüber
                               hinaus können interventionelle Verfahren wie eine intra-
                               artikuläre Glukokortikoidinjektion erforderlich sein. Die
                               Entwicklung von Komorbiditäten ist bei der Therapieent-
                               scheidung mit zu berücksichtigen

eine Rolle, sondern beeinflusst auch er-             dann v. a. auch Aspekte der Machbarkeit             Notwendigkeit einer aktiven Teilnahme
heblich das Erreichen einer Remission.              von Bedeutung.                                      des*der Hausarzt*ärztin sowie weiterer
Verlaufsbeobachtungen zeigen, dass RA-                 Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-          Fachexpert*innen hingewiesen bzw. diese
Patient*innen mit depressiven Sympto-               nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-            auch eingefordert wird.
men im weiteren Verlauf deutlich seltener           der für diesen QS.                                     Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-
und langsamer eine Remission erreichen                                                                  nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-
als RA-Patient*innen ohne ein solches               QS 8: Komorbiditätenerfassung/                      der für diesen QS.
Problem [44].                                       Management (. Tab. 10)
   Nach intensiven inhaltlichen Diskussio-          Eine Haupttodesursache von RA-Pa-                   Diskussion
nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie-            tient*innen sind nach wie vor kardio-
der für diesen QS.                                  vaskuläre Ereignisse [45]. Daher wurde              Die hier erstmals veröffentlichten QS der
                                                    von einigen AG-Mitgliedern befürwortet,             DGRh in Kooperation mit VRA und BDRh
QS 7: Notfall- und Akutmanagement                   dass das Screening auf kardiovaskuläre              stellen für die rheumatologische Versor-
(. Tab. 9)                                          Risikofaktoren – wie von der EULAR emp-             gung in Deutschland einen Meilenstein
Ein strittiges Thema war die Definition              fohlen [46] – einen eigenen QS darstellen           dar. Die Expertengruppe hat 8 QS für wich-
eines rheumatologischen „Notfalls“. Hier            sollte. Dementgegen gaben jedoch an-                tige Bereiche der Versorgung von RA-Pa-
bestand Einigkeit, dass es eine möglichst           dere AG-Mitglieder zu bedenken, dass                tient*innen definiert. Zum ersten Mal gibt
klare Differenzierung zwischen einem (ob-            in der aktuellen Versorgungslandschaft              es damit auch eine Grundlage und Vorga-
jektiven) medizinischen Notfall und einem           in Deutschland der*die Rheumatolog*in               ben für Qualitätsmessungen, wobei nicht
(subjektiven) individuellen akuten Versor-          keineswegs allein oder hauptamtlich für             nur die Struktur- und Prozessqualität, son-
gungsbedarf geben sollte. Da die Abgren-            das Screening auf Komorbiditäten ver-               dern auch die Ergebnisqualität eine Rolle
zung im Einzelfall jedoch schwierig sein            antwortlich ist und daher hierfür nicht             spielen sollte (s. unten).
kann, einigten sich die Mitglieder nach lan-        2 separate QS gebildet werden müssen.                  Die hier vorgestellten QS basieren auf
ger Diskussion dann auf diese hier gegebe-          Letztlich wurde sich darauf geeinigt, einen         den Vorarbeiten und verschiedenen an-
ne Formulierung für das „Notfall- und Akut-         ausführlichen QS zu entwickeln, in dem              deren Initiativen der DGRh [47–50]. Hin-
management“. Bei der Umsetzung sind                 alle relevanten Komorbiditäten gleicher-            sichtlich der Strukturqualität gibt es für
nach Meinung der Kommissionsmitglieder              maßen gewürdigt werden und auf die                  internistisch-rheumatologische Akutkran-

                                                                                                                       Zeitschrift für Rheumatologie   9
Originalien
 Tab. 7 Qualitätsstandard 5: Konsequente Therapie der eingeschränkten Funktionsfähigkeit
 Domäne        Standard Rationale                                                    Qualitätsmessung, Kategorie            Qualitäts-    Qualitäts-
                                                                                     Struktur                               messung,      messung,
                                                                                                                            Kategorie     Kategorie
                                                                                                                            Prozess,      Prozess,
                                                                                                                            Zähler        Nenner
 Konsequente     RA-Pa-        Im Laufe der Erkrankung kann es infolge unzureichend        Vorhaltung von Maßnahmen         Alle RA-Pa-   Alle
 Therapie        tient*in-     kontrollierter Krankheitsaktivität zu Gelenkdestruktionen   und Strukturen, einschließlich   tient*innen   RA-Pa-
 der einge-      nen           und Funktionseinschränkungen kommen. Es ist Aufgabe         einer ausreichenden Anzahl       mit Funk-     tient*in-
 schränkten      mit Ein-      des/der Rheumatolog*in, die Funktionseinschränkun-          von rheumatologischem Fach-      tionsein-     nen mit
 Funktions-      schrän-       gen mit validierten Messinstrumenten (FFbH und/oder         personal (Rheumatolog*innen      schränkung,   Funkti-
 fähigkeit       kung der      HAQ sowie der Neutral-Null-Methode) festzustellen und       und rheumatologischer            denen         onsein-
                 Funkti-       zu dokumentieren. Die Schwellenwerte für eine Funkti-       Fachassistenz [RFA]) sowie       Rehabilita-   schrän-
                 onsfä-        onseinschränkung liegen laut Expertenkonsensus und          von Physio- und Ergothera-       tionsmaß-     kungen
                 higkeit       vorausgegangenen FFbH-Itemanalysen im Datensatz             peut*innen mit ausreichen-       nahmen,
                 werden        der Kerndokumentation bei einem FFbH ≤ 70 % und/            den Kenntnissen hinsichtlich     Heil- und
                 thera-        oder einem HAQ von ≤ 0,5. Im Rahmen dessen muss             rheumatologischer Funkti-        Hilfsmit-
                 peutische     der/die Rheumatolog*in unter Berücksichtigung be-           onseinschränkungen, um das       tel und/
                 Maßnah-       stehender Komorbiditäten einschätzen, ob die festge-        Auftreten von Funktionsein-      oder akut-
                 men zur       stellte Funktionseinschränkung Folge der RA ist. Dabei      schränkungen regelmäßig zu       stationäre
                 Wieder-       kommt der Unterscheidung zwischen Krankheitsaktivi-         erfassen, zu dokumentieren       Komplex-
                 herstel-      tät und Strukturschaden hinsichtlich der Abschätzung        und zu behandeln. Neben der      therapie
                 lung der      des Therapieerfolges eine wesentliche Bedeutung zu.         personellen Ressource muss       angeboten
                 Funkti-       Bei bestimmten Patient*innen (z. B. bei Multimorbidität)    auch eine ausreichend hohe       wurden
                 onsfä-        kann die klinische Bewertung auch ohne entsprechen-         Kapazität an rheumatologisch
                 higkeit       de Patient*innenfragebögen ausreichen. Wurde ein            zugewiesenen Betten für die
                 ange-         Funktionsdefizit dokumentiert, ist es Aufgabe der/des        akutstationäre sowie rehabili-
                 boten         Rheumatolog*in, entsprechende Verordnungen für Re-          tative Versorgung vorhanden
                               habilitationsmaßnahmen, Heil- und Hilfsmittel sowie ggf.    sein
                               eine akutstationäre Einweisung zur Komplextherapie          Gemäß der aktuellen Heil-
                               zu veranlassen. Darüber hinaus ist es Aufgabe des/der       mittel-Richtlinie darf es bei
                               Rheumatolog*in, die Durchführung und den Erfolg der         entsprechender Notwen-
                               verordneten Maßnahmen zu kontrollieren und zu do-           digkeit der Therapien keine
                               kumentieren. Hierzu ist eine enge Interaktion zwischen      Budgetierung geben
                               behandelnden Physio- und Ergotherapeut*innen und
                               Rheumatolog*innen erforderlich

kenhäuser bereits seit 10 Jahren eine klare         hen Probleme in Form einer begrenzten                  Das Therapieziel Remission ist in der
Festlegung [24] und seit einigen Jahren             Anzahl an Weiterbildungsstellen, der Kon-           internationalen Rheumatologie unstrittig.
auch ein vom AQUA-Institut verliehenes              zentration auf besonders attraktive Regio-          Im Wesentlichen umfasst es die konse-
Gütesiegel [51], was unter anderem ein              nen und Ballungsräume wie etwa Berlin,              quente regelmäßig überprüfte weitgehen-
erfolgreiches Benchmarking von mehre-               München oder Hamburg und einer bis jetzt            de Abwesenheit von Krankheitsaktivität.
ren im VRA organisierten Kliniken beinhal-          fehlenden staatlichen Förderung und Pla-            Die gängigen Definitionen für Remissio-
tet [52]. Die hiermit verbundenen Projek-           nung von Weiterbildungsstellen. Nichts-             nen beinhalten nicht die vollständige oder
te OBRA („outcome benchmarking“ in der              destoweniger geben die vorhandenen in-              weitestgehende Abwesenheit von Krank-
rheumatologischen Akutversorgung) [23]              ternistisch-rheumatologischen Einrichtun-           heitsaktivität wie die Boolean-Kriterien
und KOBRA [22, 51] wurden initial vom               gen ihr Bestes, um die beträchtliche Zahl           [55]. Dass der Prozentsatz von RA-Pa-
Bundesministerium für Gesundheit geför-             von Patient*innen mit entzündlich rheu-             tient*innen, bei denen Remission erreicht
dert.                                               matischen Erkrankungen adäquat zu ver-              werden kann, ein gutes mögliches Krite-
    In den hier entwickelten QS geht es v. a.       sorgen. Als das Fach in der Medizin, in wel-        rium darstellt, zeigt z. B. auch die CAPEA-
um Prozess-, aber auch um Ergebnisqua-              chem bei den betroffenen Patient*innen               Studie an, in der 40 % der eingeschlos-
lität. Da stehen die rechtzeitige Diagno-           so gut wie alle Organsysteme betroffen               senen RA-Patient*innen eine Remission
sestellung und Therapieeinleitung im Fo-            sein können – bei der RA ist es v. a. die           erreichten [56]. Durch frühzeitige Diagno-
kus, die natürlich auch von vielen externen         Lunge [45] –, ist die internistische Rheu-          se und Therapie und stringente Befolgung
Faktoren wie einer rechtzeitigen Überwei-           matologie genuin interdisziplinär aufge-            des T2T-Prinzips wie im rheinland-pfälzi-
sung abhängen, aber auch von internen               stellt [53], was sich entsprechend auch in          schen Rheumanetzwerk ADAPTHERA [57]
Prozess- und Strukturmerkmalen wie ei-              aktuellen Versorgungsstrukturen wie der             lassen sich deutlich höhere Werte erzielen.
nem funktionierenden Angebot an Früh-               ambulanten spezialfachärztlichen Versor-               Glukokortikoide sind klinisch gut und
sprechstunden und der Verfügbarkeit ei-             gung (ASV) konzeptionell niederschlägt              schnell wirksam, haben in hohen Dosie-
ner ausreichenden Zahl an internistischen           [54].                                               rungen über lange Zeiträume aber gut be-
Rheumatolog*innen [49]. Vor allem beste-                                                                kannte Nebenwirkungen wie Osteoporo-

10    Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 8 Qualitätsstandard 6: Screening psychosozialer Folgeprobleme
                                Domäne    Standard            Rationale                                                                                  Qualitätsmessung, Kategorie Struktur           Qualitäts-          Qualitäts-
                                                                                                                                                                                                        messung, Kate-      messung,
                                                                                                                                                                                                        gorie Prozess,      Kategorie
                                                                                                                                                                                                        Zähler              Prozess,
                                                                                                                                                                                                                            Nenner
                                Screening   Bei jedem/       Obwohl sie häufig vorkommen, werden psychische Begleiterkrankungen der RA wie De-            Vorhaltung von Maßnahmen und Struktu-          Anzahl der Pa-      Alle Pa-
                                psycho-     jeder Pa-        pression oder Angststörungen oft nur unzureichend diagnostiziert bzw. bei einer gewis-      ren, einschließlich einer fundierten Lehre     tient*innen mit     tient*in-
                                sozialer    tient*in mit     sen Tabuisierung dieses Themas nicht aktiv angesprochen und selten therapiert. Dabei        der Sozialmedizin im Medizinstudium, einer     RA, bei denen       nen mit
                                Folge-      RA werden        können depressive Symptome eine Remission der Erkrankung bereits im frühen Krank-           ausreichenden Anzahl an sozialmedizinisch      psychosoziale       RA
                                probleme    psychosoziale    heitsstadium ungünstig beeinflussen. Des Weiteren werden Fragestellungen zur Sexualität      geschulten Rheumatolog*innen sowie Re-         Folgeprobleme
                                            Folgeproble-     und Familienplanung der Patient*innen mit RA häufig nicht aktiv angesprochen. Ebenso         habilitationsmediziner*innen, Arbeits-und      angesprochen
                                            me erkannt,      sind bzw. werden viele Patient*innen nur unzureichend über Möglichkeiten der Arbeits-       Sozialmediziner*innen, Psycholog*innen         und Lösungs-
                                            dokumentiert     platzumgestaltung bzw. der Änderung der Erwerbssituation, einer Minderung der Er-           und Psychiater*innen mit Kenntnissen hin-      ansätze initiiert
                                            und Lösungen     werbsfähigkeit, die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises sowie eine mögliche        sichtlich RA, um eine interdisziplinäre Ver-   wurden
                                            angestrebt       Pflegegradbeantragung informiert. Aufgabe des/der Rheumatolog*in ist es, psychoso-           sorgung psychosozialer Folgeprobleme im
                                                             ziale Folgeprobleme und Fragestellungen (Depression, Angst, Fatigue, Erwerbsfähigkeit,      Hinblick auf die RA sicherzustellen. Ebenso
                                                             Arbeitsplatz, Kognition, geriatrische Fragestellungen, Familienplanung, Pflegegrad) kli-     sollten die Patient*innen im Rahmen von Pa-
                                                             nisch inklusive einer Sozial- und Berufsanamnese einzuschätzen und, wenn möglich, mit       tient*innenschulungen zum Empowerment
                                                             validierten Fragebögen standardisiert zu erfassen und die Patient*innen, ggf. in Koopera-   befähigt werden
                                                             tion mit weiteren Fachärzt*innen (z. B. Rehabilitationsmediziner*innen und/oder Arbeits-
                                                             und Sozialmediziner*innen und/oder Psycholog*innen sowie Psychiater*innen), in der
                                                             Verbesserung der Teilhabe und Aktivität zu unterstützen
                                zu bleiben.

                                24 h/Tag „geöffnet“.
                                umfasst (s. auch QS 5 und 6).

Zeitschrift für Rheumatologie
                                aus reinmedizinischer Sichtund zum ande-
                                Dies wird aber bekanntermaßen von vielen

                                anderen Seite sind auch geringe Dosierun-

                                getretenem Teerstuhl istdieSache aus ärzt-
                                ren aus Patient*innensicht, was sich erheb-
                                halb empfiehlt die EULAR eine wesentliche

                                Managements, was neben differenzialdia-
                                letztlich um jede Form der Therapiean-
                                    Die konsequente Therapieanpassung

                                Entzündung und auch die antirheumati-
                                lich unterscheiden kann. Kommt es zu Ner-
                                zungen auch erforderliche Interventionen
                                passung im Sinne eines personalisierten

                                gnostischen Einschätzungen und Abgren-
                                nisch und sogar hinsichtlich der Röntgen-

                                initial mit Glukokortikoiden zu beginnen

                                es zunächst um die Definition – zum einen
                                ist eng mit den QS 2 und 3 verbunden,
                                on bzw. des Absetzens, denn das unter-

                                sundheitssituation aber am Telefon nicht
                                scheidet sich erheblich von der Strategie,

                                logischen Versorgung, da die chronische
                                operation mit einer akutstationären Ein-
                                kann. Weil die akute oder subakute Ge-
                                    Beim Management von Notfällen geht
                                quenten Eskalation der Medikation, wenn

                                auf der einen Seite Teil der rheumato-
                                immer ausreichend eingeschätzt werden
                                der Praxisablauf sonst erschwert werden
                                und dann dabei einfach nur pragmatisch

                                stunde innerhalb eines Werktages, weil
                                Zeit bis zur nächsten möglichen Sprech-
                                se, Diabetes und Infektionen [39, 58]. Des-

                                progression wirksam [59]. Deshalb geht es

                                richtung erforderlich, denn diese hat ja
                                erbetene Akutkonsultation aber auch evtl.
                                Patient*innen nicht erreicht [56]. Auf der

                                die Remission noch nicht erreicht ist, aber
                                dabei v. a. um den Versuch der Redukti-

                                licher Sicht klar, in anderen Fällen hat die

11
                                    Das Management von Komorbidität ist
                                lantoaxialen Dislokation oder bei neu auf-
                                ditäten und psychosozialen Problemen

                                venausfallserscheinungen wegen einer at-
                                und ein sehr wichtiger Aspekt ist auch
                                Reduktion bzw. das Absetzen von Gluko-

                                erreicht werden kann. Dabei geht es al-
                                gen < 5 mg Prednisolonäquivalent/Tag kli-

                                dabei das T2T-Prinzip im Sinne der konse-

                                lerdings aber nicht nur darum, sondern

                                kann, ist grundsätzlich eine geregelte Ko-
                                bei Funktionseinschränkungen, Komorbi-
                                kortikoiden innerhalb von 6 Monaten [39].
Sie können auch lesen