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Zeitschrift für Rheumatologie Originalien Z Rheumatol https://doi.org/10.1007/s00393-021-01093-1 Angenommen: 17. August 2021 Entwicklung von © Der/die Autor(en) 2021 Qualitätsstandards für die Redaktion Ulf Müller-Ladner, Bad Nauheim Versorgung von Patient*innen Uwe Lange, Bad Nauheim mit rheumatoider Arthritis zur Anwendung in Deutschland U. Kiltz1,2 · V. Buschhorn-Milberger1 · K. Albrecht3 · H.-J. Lakomek4 · H.-M. Lorenz5 · M. Rudwaleit6 · M. Schneider7 · H. Schulze-Koops8 · M. Aringer9 · M. I. Hasenbring10 · P. Herzer11 · U. von Hinüber12 · K. Krüger13 · A. Lauterbach14 · B. Manger15 · R. Oltman16 · F. Schuch17 · R. Schmale-Grede18 · S. Späthling-Mestekemper19 · S. Zinke20,21 · J. Braun1,2 1 Rheumazentrum Ruhrgebiet, Herne, Deutschland; 2 Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland; 3 Programmbereich Epidemiologie, Deutsches Rheuma-Forschungszentrum (DRFZ), Berlin, Deutschland; 4 Johannes-Wesling-Klinikum Minden, Universitätsklinik für Geriatrie, Minden, Deutschland; 5 Sektion Rheumatologie, Medizinische Klinik V, Universitätsklinikum Heidelberg, Universität Heidelberg, Heidelberg, Deutschland; 6 Universitätsklinik für Innere Medizin und Rheumatologie, Klinikum Bielefeld Rosenhöhe, Universität Bielefeld, Bielefeld, Deutschland; 7 Poliklinik, Funktionsbereich und Hiller Forschungszentrum für Rheumatologie, Universitätsklinikum Düsseldorf, Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Düsseldorf, Deutschland; 8 Sektion Rheumatologie und Klinische Immunologie, Medizinische Klinik und Poliklinik IV, LMU-Klinikum München, Ludwig-Maximilians-Universität München, München, Deutschland; 9 Medizinische Klinik und Poliklinik III, Rheumatologie, Universitätsklinikum Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden, Dresden, Deutschland; 10 Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum, Deutschland; 11 Medicover München MVZ, München, Deutschland; 12 Praxis für Rheumatologie und Osteologie, Hildesheim, Deutschland; 13 Rheumatologisches Praxiszentrum St. Bonifatius, München, Deutschland; 14 Physiotherapieschule Friedrichsheim, Friedrichsheim, Deutschland; 15 Medizinische Klinik 3 Rheumatologie und Immunologie, Universitätsklinikum, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen/Nürnberg, Erlangen, Deutschland; 16 Hochschule für Gesundheit Bochum, Bochum, Deutschland; 17 Rheumatologische Schwerpunktpraxis Erlangen, Erlangen, Deutschland; 18 Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V., Bonn, Deutschland; 19 Rheumapraxis München, München, Deutschland; 20 Rheumatologische Schwerpunktpraxis Zinke, Berlin, Deutschland; 21 Bundesverband Deutscher Rheumatologen e. V. (BDRh), Grünwald, Deutschland Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine bei RA-Patient*innen ohne laborchemi- meist die peripheren Gelenke von Händen schen Nachweis von Rheumafaktor sowie und Füßen betreffende entzündlich rheu- bei RA-Patient*innen ohne fachärztli- matische Erkrankung, welche unbehandelt che Betreuung eine Unterversorgung Zusatzmaterial online oft zu Osteodestruktionen durch Gelenke- mit DMARDs, insbesondere mit Biologi- Zusätzliche Informationen sind in der rosionen und Gelenkfehlstellungen führt ka (bDMARDs) [4–7]. Zusätzlich konnten Online-Version dieses Artikels (https:// [1]. Initial treten in der Regel symmetri- eine Unterversorgung in der Verordnung doi.org/10.1007/s00393-021-01093-1) sche Schwellungen von Gelenken zusam- von Physiotherapie [8, 9], eine eher in- enthalten. men mit länger anhaltender Morgenstei- konsequent angewendete Treat-to-target- figkeit auf. Auch in anderen Organen wie Strategie [5], zu späte oder fehlende Über- der Lunge oder den Blutgefäßen kann es weisungen von RA-Verdachtsfällen [10] zu Manifestationen der RA kommen. und die nicht seltene Versorgung durch Die Versorgungsqualität, nicht nur von Ärzt*innen ohne internistisch-rheumato- Patient*innen mit RA, weist trotz Entwick- logische Facharztkompetenz aufgezeigt lung und regelmäßiger Aktualisierung werden [4]. Darüber hinaus gibt es Hin- evidenzbasierter Leitlinien (LL) durch die weise auf eine unzureichende Versorgung Fachgesellschaft DGRh [2, 3] nach wie vor von Patient*innen mit Komorbiditäten in einigen Bereichen Defizite auf. So fand [11]. Auch zeigen sich eine Unterver- QR-Code scannen & Beitrag online lesen sich v. a. bei älteren RA-Patient*innen, sorgung der Komorbidität Osteoporose Zeitschrift für Rheumatologie 1
Originalien Zusammenfassung Trotz einer qualitativ und strukturell guten Versorgung von Patient*innen mit [12] und unzureichende Präventivmaß- rheumatoider Arthritis (RA) in Deutschland bestehen weiterhin potenziell behebbare nahmen, wie z. B. Impfungen [13, 14]. Defizite in der Qualität der Versorgung. Aus diesem Grund hat die Deutsche Außerdem werden RA-Patienten*innen, Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) eine Expert*innengruppe, in der verschiedene die im Pflegeheim leben, weniger häufig Interessengruppen vertreten waren, beauftragt, nationale Qualitätsstandards (QS) mit von rheumatologischen Fachärzt*innen dem Ziel zu entwickeln, die rheumatologische Versorgung von Patient*innen mit RA betreut und erhalten demnach seltener in Deutschland qualitativ zu verbessern. QS dienen der Festlegung und quantitativen DMARDs [15]. Messung guter Versorgungsqualität unter dem Vorbehalt von Relevanz und Dessen ungeachtet sind durchaus auch Realisierbarkeit. Als Grundlage für die Entwicklung dienten die kürzlich publizierten positive Entwicklungen zu verzeichnen Standards von NICE und ASAS und eine systematische Literatursuche. Insgesamt wie etwa die Einführung der ambulanten wurden 8 hiermit erstmals veröffentlichte QS konsentiert, die als Grundlage dienen spezialfachärztlichen Versorgung (ASV), können, die Versorgungsqualität von Patient*innen mit RA in Deutschland zu messen die Einführung von Früharthritissprech- und weiter zu optimieren. stunden, die Anerkennung der rheuma- tologischen Fachassistenz (RFA) durch die Schlüsselwörter Rheumatoide Arthritis · Versorgungsqualität · Qualitätsstandards · Versorgungslücken Bundesärztekammer, das Patientenschu- lungs- und Informationsprogramm der DGRh [16] und nicht zuletzt das durch den Gemeinsamen Bundesauschuss beschlos- tätsverbesserung bei diesen Vorschlägen bereits seit geraumer Zeit in Form des sene Disease-Management-Programm RA häufig ähneln und zum Teil überlappen, OBRA („outcome benchmarking“ in der [17]. ist es im Rahmen der Entwicklung der rheumatologischen Akutversorgung) bzw. Das Ziel der Entwicklung von Qua- QS zu sehr unterschiedlichen Vorgehens- KOBRA(kontinuierliches Outcome-Bench- litätsstandards (QS) ist es, bestehende weisen gekommen, d. h. eine einheitliche marking in rheumatologischen Akutkli- Versorgungslücken zu identifizieren und Methodik wurde bislang nicht verwendet. niken)-Projekts, welches seit Jahren in dann den vorliegenden Problemen ent- Es gibt mehrere Modelle zur Entwicklung mehreren Kliniken der akutstationären sprechende standardisierte Messparame- von QS [18]. In England hat sich das Na- Versorgung durch den Verband Rheuma- ter für die Verbesserung der Qualität in tional Institute for Health and Care Excel- tologischer Akutkliniken (VRA) in Koope- den betroffenen Versorgungsbereichen lence (NICE) auf eine Methodik geeinigt ration mit dem Institut für angewandte vorzuschlagen. [19], auf die auch bereits an anderer Stel- Qualitätsförderung und Forschung im Bislang gibt es zwar internationale QS, le [20] zurückgegriffen wurde. Allen Mo- Gesundheitswesen (AQUA) erfolgreich auf nationaler Ebene wurden aber bisher dellen ist gemeinsam, dass gute Versor- durchgeführt wird [22, 23]. noch keine QS für die Versorgung von gungsqualität auf Grundlage der Arbei- Hierfür wurden Qualitätsindikatoren RA-Patient*innen generiert. International ten von Donabedian definiert wird [21]. definiert, um Versorgungsqualität und wurden einige z. T. sehr umfangreiche Pa- Dies beinhaltet, dass bei der Beurteilung Patient*innenzufriedenheit zu messen kete von Qualitätsstandards und/oder -in- von Versorgungsqualität neben Struktur- und um zwischen verschiedenen Kli- dikatoren entwickelt. Während sich die und Prozessqualität auch Ergebnisqualität niken Vergleiche anstellen zu können adressierten Schlüsselbereiche zur Quali- zu berücksichtigen ist. Während die Struk- (Benchmarking) – mit dem Ziel, die Ver- turqualität v. a. durch das Vorhandensein sorgungsqualität zu verbessern. Die Daten von definierten Strukturen wie etwa von werden in den Kliniken erhoben und vom Abkürzungen geeigneten Ambulanzräumen, einem Ul- unabhängigen AQUA-Institut analysiert Ag Arbeitsgruppe traschallgerät oder der Vorhaltung eines und ausgewertet. Für die Teilnahme am ASV Ambulante spezialfachärztliche behindertengerechten Praxiszugangs ge- Benchmarkingprozess erhalten die teil- Versorgung BDRh Berufsverband Deutscher Rheuma- messen wird, bedeutet Prozessqualität die nehmenden Kliniken, wenn sie auch sonst tologen Organisation bzw. den Ablauf eines Pro- die Qualitätsansprüche erfüllen [24], ein DGRh Deutsche Gesellschaft für Rheuma- zesses, wie z. B. die Terminplanung einer Zertifikat und Gütesiegel des VRA. Nach- tologie Sprechstunde oder die Verfügbarkeit von dem zunächst nur Patient*innen mit RA DMARD Disease-modifying anti-rheumatic geeignetem Praxispersonal. Struktur- und in das Projekt eingeschlossen wurden, drug EULAR European League Against Rheuma- Prozessqualität sind eine wichtige Grund- wird inzwischen ein deutlich größeres tism lage für die Ergebnisqualität, die unter an- Spektrum entzündlich rheumatischer Er- LL Leitlinien derem den Therapierfolg abbildet, wobei krankungen erfasst. NICE National Institute for Health and z. B. die Anzahl von Patient*innen, die in Die Deutsche Gesellschaft für Rheuma- Care einem definierten Zeitraum eine Remis- tologie (DGRh) hat es sich zur Aufgabe ge- NRS Numerical rating scale QS Qualitätsstandards sion erreichen, gemessen werden könnte macht, nationale QS zu formulieren, um die RA Rheumatoide Arthritis [21]. Versorgungsqualität von RA-Patient*innen SLR Systematische Literaturrecherche Ein erstes Projekt zur Qualitätssiche- in Deutschland messen und verbessern VRA Verband Rheumatologischer rung der Versorgung von rheumatischen zu können. Dabei sollte der formulierte Akutkliniken Erkrankungen gibt es in Deutschland Qualitätsstandard ein wünschenswertes, 2 Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 1 Phasen der Entwicklung von QS für RA Schlüsselbereich erforderliche Informati- Phase Ziel Methode on in Ihrem Gesundheitssystem verfügbar 1 Teil 1: Identifikation von publizierten Qualitätsmessinstrumen- SLR ist?“), (IV) Bedeutung: („Wie wichtig ist es, ten für RA (bezogen auf Methodik und Inhalt) diesen Schlüsselbereich zu messen?“) und Teil 2: Identifikation von relevanten Versorgungslücken (V) Wahrscheinlichkeit der Verwendung 2 Identifikation der Schlüsselbereiche für die Qualitätsverbesse- Virtuelles Treffen („Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie die- rung sen Schlüsselbereich in Ihrer Praxis/Klinik 3 Priorisierung der Schlüsselbereiche für die Qualitätsverbesse- Standardisierte verwenden oder zur Verwendung dieses rung Online-Abfrage Indikators ermutigen würden?“). Die AG 4 Formulierung der Qualitätsstandards für RA Strukturierte diskutierte auf einem virtuellen Treffen Konsensfindung, virtuell die Versorgungslücken sehr intensiv und 5 Konsentierung der Qualitätsstandards für RA Grad der Zustim- legte eine Liste mit Versorgungslücken an, mung, NRS 0–10 die quantitativ erfasst werden können. Phase 3: Priorisierung der Versorgungs- jedoch auch realisierbares, Versorgungs- Phase 1 mit Erstellung der systema- lücken. Die identifizierten Schlüsselberei- ziel repräsentieren. Das langfristige Ziel tischen Literaturrecherche. Beide SLR che wurden im Anschluss an das virtuelle besteht darin, die Qualität in Deutschland wurden in PubMed und Cochrane für den Treffen per Online-Umfrage priorisiert. Ziel durch messbare Qualitätskonstrukte zu do- Zeitraum 01.05.2005–01.05.2020 durch- der Priorisierung war es, die relevanten kumentieren und zu verbessern, um in Zu- geführt (Suchterms s. Online-Zusatzmate- Schlüsselbereiche zu identifizieren und kunft ein hohes Maß an Versorgungsqua- rial). Es wurde von der Steuerungsgruppe die vorläufige Liste auf eine handhabbare lität von RA-Patient*innen gewährleisten festgelegt, dass englisch- und deutsch- finale Liste mit ca. 7 bis 10 Schlüsselbe- zu können. sprachige Publikationen als Vollpublikati- reichen für die Qualitätsverbesserung zu on eingeschlossen werden konnten. Die reduzieren. Die Priorisierung wurde erho- Methoden Suche zu Qualitätsmessinstrumenten für ben, indem nach der Relevanz („Stimmen RA fokussierte auf die Identifikation von Sie zu, dass diese Domäne eine rele- Die Entwicklung der Qualitätsstandards Methodik und Inhalt. Für die Selektion vante Versorgungslücke in Deutschland für RA startete im September 2019 von Publikationen zu Versorgungslücken darstellt?“) und nach dem Grad der Zu- mit der Bildung eine Steuerungsgrup- wurden folgende Einschlusskriterien fest- stimmung (numerische Rating-Skala 0–10, pe mit ausgewählten Expert*innen mit gelegt: Studientyp (kontrollierte Studien/ 10 = höchste Zustimmung) gefragt wurde. Expertise in der Versorgung von Pa- Kohortenstudien/Fall-Kontrollstudien mit tient*innen mit RA (KA, JB, UK, HS-K, einer Fallzahl ≥ 200 Patient*innen) und Phase 4: Formulierung der Qualitäts- H-JL, H-ML, MR, MS). Die Steuerungs- qualitative Studien (ohne Teilnehmerbe- standards für RA. Nach Festlegung der gruppe entschied sich nach eingehen- grenzung). 8 Versorgungslücken erfolgte in einem der Diskussion, alle in der Behandlung virtuellen Treffen die Ausformulierung der der RA involvierten Interessengruppen Phase 2: Identifikation der Schlüsselbe- Qualitätsstandards in Bezug auf Struktur (ambulant und stationär tätige Rheu- reiche für die Qualitätsverbesserung. und Prozessqualität. Ein Qualitätsstandard matolog*innen, Physiotherapeut*innen, Schlüsselbereiche sind Bereiche, in de- besteht aus 2 Bereichen: (I) der Kernaus- Ergotherapeut*innen, Psycholog*innen, nen es Unterschiede in der Versorgung sage mit einer begleitenden Rationale, in Patient*innenvertreter*innen) aktiv in die gibt, deren Verbesserung aber realistisch der die Evidenz für die Aussage dargelegt Entwicklung der QS für RA als Arbeitsgrup- ist und auch quantitativ erfasst wer- wird, und (II) einem Messinstrument, in pe (AG) einzubeziehen. Alle eingeladenen den kann. Auf der Grundlage der SLR dem die Angaben zur Berechnung der Vertreter (Physiotherapie vertreten durch erfolgte die Identifikation von Versor- Struktur- und Prozessqualität angegeben AL, Ergotherapeuten durch RO, Psycho- gungslücken. Die Schlüsselbereiche sind sind. Das Ziel der AG in dem virtuellen logen durch MIH, Patienten durch RSG) unter folgenden 5 Aspekten diskutiert Meeting im Dezember 2020 war es, Kern- beteiligten sich aktiv an dem Entwick- worden: (I) Validität („Wie valide ist die aussagen zu erarbeiten und diese dann lungsprozess und waren stimmberechtigt. wissenschaftliche Evidenz, dass es sich jeweils mit einer Rationale und Qualitäts- Nicht stimmberechtigt war VBM als Me- bei dem genannten Schlüsselbereich, messinstrumenten zu unterfüttern. Die thodikerin. Die Steuerungsgruppe legte um eine im klinischen Alltag relevante im Anschluss erfolgte schriftliche Ausfor- die Methodik und den Ablauf der Entwick- Domäne handelt?“), (II) Augenscheinva- mulierung der QS wurde mittels E-Mail- lung der Qualitätsstandards in 5 Phasen lidität („Wie wahrscheinlich ist es, dass Schriftverkehr mehrfach überarbeitet. fest (. Tab. 1). eine bessere Versorgungsleistung in dem Die Entwicklung der Qualitätsstandards genannten Schlüsselbereich ein qualitativ Phase 5: Konsentierung der Qualitäts- für RA erfolgte parallel zu der Erstellung hochwertigeres Gesundheitssystem wi- standards. Nach Ausformulierung der der Qualitätsstandards für die axiale Spon- derspiegelt?“), (III) Durchführbarkeit („Wie Qualitätsstandards wurden die Teilnehmer dyloarthritis [25]. wahrscheinlich ist es, dass die für den der AG gebeten, in einer Online-Umfrage Zeitschrift für Rheumatologie 3
Originalien lieren. Die Entscheidung fußte auf einer 1411 identifizierte Artikel in balancierten Abwägung zwischen Versor- PubMed und Cochrane gungslücken, die zu 100 % als relevant bewertet wurden und Versorgungslücken, die einen hohen Grad der Zustimmung er- hielten. 1351 aufgrund des Abstracts ausgeschlossene Artikel Phase 4: Formulierung der Qualitätsstandards für RA Die Ausformulierung der QS erfolgte im Nach Abstractselektion: Rahmen eines virtuellen Meetings, an dem 60 Artikel 13 Mitglieder der AG teilnahmen. Die fi- 54 aufgrund des Volltextes ausgeschlossene Artikel nale Version der QS findet sich in den • 20 keine Qualitätskonstrukte/-messungen . Tab. 3, 4, 5, 6, 7, 8, 9 und 10 und die • 11 falscher primärer Endpunkt • 15 falscher Publikationstyp ausführliche Besprechung der inhaltlichen • 2 falsche Erkrankung • 4 falsches Studiendesign Diskussion weiter unten im Text. An der • 2 falsche Population Abstimmung nahmen am Ende des Tref- fens alle 11 noch anwesenden Mitglieder Nach Volltextselektion: der Kommission teil. 6 inkludierte Artikel Phase 5: Konsentierung der Qualitätsstandards Abb. 1 8 Flussdiagramm der SLR der Phase 1a: Identifikation von etablierten Qualitätsstandards für RA An der Abstimmung der QS nahmen insge- samt 13 AG-Mitglieder teil. Der niedrigste Grad der Zustimmung fand sich bei QS 6 den Grad der Zustimmung (mittels NRS SLR Versorgungslücken. In . Abb. 2 sind (Screening psychosozialer Folgeprobleme) 0–10, 10 stimme voll zu) anzugeben. die einzelnen Schritte der SLR bezüglich mit 8,7 ± 1,9 und der höchste Grad der der Versorgungslücken aufgeführt. Es Zustimmung bei QS 4 (Konsequente The- Ergebnisse wurden insgesamt 21 Studien für Versor- rapieanpassung) mit 9,9 ± 0,3. Im Durch- gungslücken in den folgenden Domänen, schnitt lag der Grad der Zustimmung aller Erstellung der Qualitätsstandards identifiziert: Therapie (n = 7), Komorbidität QS bei 9,3 ± 0,7. Die Abstimmungsergeb- (n = 7), Management (n = 6), Risikogruppe nisse der QS sind in . Tab. 11 zu finden. Die Analyse der einzelnen Schritte ergab (n = 3), Überweisung (n = 3) und Training folgende Ergebnisse: (n = 2). Qualitätsstandards für die Versorgung von Patient*innen mit Phase 1 mit Erstellung der Phase 2: Identifikation der rheumatoider Arthritis systematischen Literaturrecherche Schlüsselbereiche für die SLR Qualitätsmessinstrumente: Die einzel- Qualitätsverbesserung QS 1: Frühzeitige Diagnose (. Tab. 3) nen Schritte der SLR hinsichtlich bereits pu- Die AG identifizierte in einem virtuel- Bei der Formulierung dieses QS wurde blizierter Qualitätsmessinstrumente listet len Treffen im Oktober 2020 insgesamt das Hauptaugenmerk auf eine zeitnahe . Abb. 1 auf. Insgesamt wurden 6 Publika- 19 Schlüsselbereiche, die quantitativ er- Diagnosestellung gelegt, da sich alle AG- tionen zu Qualitätsmessinstrumenten der fasst werden können (. Tab. 2). Mitglieder darin einig waren, dass jede RA identifiziert [26–31] Die ersten QS wur- Bei der Diskussion spielten die Aspekte Woche zählt, um das Ziel der Remission den 2005 in England veröffentlicht [30], der Validität inklusive der Augenschein- so früh wie möglich zu erreichen. Grund- gefolgt von Publikationen in den USA und validität, der Durchführbarkeit, der inhalt- sätzlich wurde angemerkt, dass es bereits Europa [27, 31]. Drei weitere Artikel be- lichen Bedeutung des Schlüsselbereiches initial zu Verzögerungen kommen kann, ziehen sich auf Arthritiden allgemein und und der Wahrscheinlichkeit der Verwen- da der Beginn von Diagnostik und The- stellen somit keine Qualitätsmessinstru- dung eine Rolle. rapie vom Zeitpunkt der Erstvorstellung mente speziell für RA dar [32–34]. Allen des*r Patient*in bei einem*r Ärzt*in, in der Publikationen gemeinsam ist, dass es keine Phase 3: Priorisierung der Regel bei einem*r internistisch-rheuma- einheitlich verwendeten Qualitätsmessin- Versorgungslücken tologischen Facharzt*ärztin abhängig ist. strumente gibt und dass die jeweils ge- Die Priorisierung wurde in einem weiteren Diese Vorstellung hängt unter anderem er- wählte Methodik zur Erstellung der Qua- virtuellen Treffen im Dezember 2020 vor- heblich vom Leidensdruck des*r Patient*in litätsmessinstrumente unterschiedlich ist. gestellt und intensiv diskutiert. Die AG ent- bzw. seinem*ihrem Interesse ab, die Be- schied sich, insgesamt zu 8 Versorgungs- schwerden zügig abzuklären. Insofern darf lücken korrespondierende QS zu formu- es in den weiteren Schritten (hausärztliche 4 Zeitschrift für Rheumatologie
429 identifizierte Artikel in PubMed und Cochrane 371 aufgrund des Abstracts ausgeschlossen: — 183 falsche Population — 73 falsches Studienziel — 62 falscher Publikationstyp — 27 falsches Studiendesign — 12 falsches Outcome — 6 falsche Studiengröße bzw. Populationsgröße Manuelle Suche: 1 — 4 unvollendete Studien — 4 Hintergrundartikel Nach Abstractselektion: 58 Artikel + 1 Artikel 38 aufgrund des Volltextes ausgeschlossen: — 5 falsches Studiendesign — 25 keine beschriebenen Versorgungslücken — 3 falsche Studiengröße bzw. Populationsgröße — 2 nicht publizierte/unvollendete Studien — 1 falsches Outcome — 2 falsche Population Nach Volltextselektion: 21 inkludierte Artikel Abb. 2 8 Flussdiagramm der SLR der Phase 1b: Identifikation von relevanten Versorgungslücken Überweisung, rheumatologische Erstvor- sofern wurde entschieden, dass zwar das sen Empfehlungen wurde entschieden, stellung) keine weiteren Verzögerungen primäre Ziel die komplette Remission ist, dass alle 3 Scores zur Bestimmung der geben. Die Expertise eines*r internistisch- jedoch davon auszugehen ist, dass diese Krankheitsaktivität verwendet werden rheumatologischen Facharzt*ärztin ist so- Qualität nicht bei allen RA-Patient*innen können. wohl für die Diagnosestellung als auch zu erreichen ist. In der internationalen Lite- Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- für die Therapieeinleitung in den meis- ratur wird dieses durchaus bekannte Prob- nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- ten Fällen erforderlich, um unnötige und lem meist so gelöst, dass von einer mög- der für diesen QS. die Patient*innen potenziell schädigende lichen Akzeptanz niedriger Krankheitsak- Folgen zu vermeiden. Deshalb werden in tivität gesprochen wird [35, 36]. QS 3: Glukokortikoidfreiheit (. Tab. 5) den meisten rheumatologischen Einrich- Zum anderen wurden die zur Verwen- Generell bestand Einigkeit, dass eine mög- tungen Frühsprechstunden angeboten. In dung kommenden validierten Scores zur lichst niedrige Glukokortikoiddosis bei RA- manchen Fällen ist auch die Einweisung in Bestimmung der Krankheitsaktivität disku- Patient*innen anzustreben ist und dass das ein rheumatologisches Akutkrankenhaus tiert. Hier wurde kritisch angemerkt, dass Ziel bei Patient*innen in Remission die Glu- erforderlich. der DAS28 durch die darin nicht enthalte- kokortikoidfreiheit ist. Über die Höhe der Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- ne Beurteilung der Vorfüße den Gelenk- Glukokortikoiddosis gab es allerdings eine nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- status nur unzureichend abbildet [37]. Zu- intensive Diskussion zwischen den AG-Mit- der für diesen QS. dem wurde kritisch diskutiert, dass das gliedern, da die nationalen und internatio- Nichterreichen einer Remission möglicher- nalen Leitlinien Dosierungen zwischen < 5 QS 2: Ziel Remission (. Tab. 4) weise durch eine hohes Patientenglobalur- und < 7,5 mg Prednisolonäquivalent ange- Zum einen wurde hier diskutiert und fest- teil verursacht sein könnte, wobei dadurch ben [2, 3, 39]. Die AG-Mitglieder einig- gestellt, dass eine komplette Remission danndieSelbstbeurteilungim Missverhält- ten sich auf die Formulierung, einen zeit- nicht bei allen RA-Patient*innen zu errei- nis zur Gelenkuntersuchung steht [38]. lich begrenzten Dosisbereich von ≤ 7,5 mg chen ist. Dieser Ansicht waren zwar fast Die aktuellen S2e- sowie S3-LL der Prednisolonäquivalent/Tagzu akzeptieren, alle AG-Mitglieder, jedoch wurde auch kri- DGRh [2, 3] empfehlen zur Bestimmung und präzisierten, dass bei Patient*innen, tisch angemerkt, dass eine Teilremission der Krankheitsaktivität den CDAI, SDAI bei denen das vollständige Absetzen der kein Qualitätsmerkmal darstellen kann. In- und/oder den DAS28. Basierend auf die- Glukokortikoide nicht erreichbar ist, eine Zeitschrift für Rheumatologie 5
Originalien Tab. 2 Schlüsselbereiche Domänen QS RA QS Text QS Stimmen Sie zu, dass Bitte geben Sie den Grad der Zustim- Nr diese Domäne eine rele- mung für diese Domäne an vante Versorgungslücke Mean SD in Deutschland darstellt? 1 Überweisung zu dem*der Rheumatolog*in 84,6 % Ja 7,8 2,3 2 Frühzeitige Diagnose (innerhalb von 6 Wochen nach Vorstellung 92,3 % Ja 9,4 0,7 bei dem*der Hausarzt*ärztin) 3 Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose 69,2 % Ja 6,3 3,0 3a Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose: Ge- 61,5 % Ja 6,1 3,2 samtpopulation 3b Versorgung mit einer Basistherapie bei gesicherter Diagnose: Po- 84,6 % Ja 7,3 2,8 pulationen mit Besonderheiten in der Behandlung 4 Anzahl der Patient*innen ohne Glukokortikoide nach Erreichen 100 % Ja 7,1 2,3 einer Remission 5 Interkollegialer und intersektoraler Austausch 92,3 % Ja 5,4 2,3 6 Interdisziplinäre Versorgung 92,3 % Ja 5,5 2,4 7 Rehabilitation bei Patient*innen mit eingeschränkter Teilhabe 92,3 % Ja 5,8 2,9 verordnen 8 Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln bei Patient*innen mit Ein- 92,3 % Ja 7,0 2,3 schränkung der Funktionsfähigkeit 9 Selbstmanagement der Patient*innen 84,6 % Ja 4,6 2,7 9a Selbstmanagement der Patient*innen: Strukturierte Pa- 92,3 % Ja 6,8 2,9 tient*innenschulung bei jedem*r Patient*in 9b Selbstmanagement der Patient*innen: Jede*r Patient*in soll über 53,8 % Ja 3,4 2,9 den Zugang zur Selbsthilfeorganisation informiert werden 10 Prävention sowie Diagnostik und Therapie einer begleitenden 84,6 % Ja 5,8 2,7 Osteoporose bei RA 11 Regelmäßige Erhebung der Krankheitsaktivität 53,8 % Ja 4,7 3,0 12 Differenzialdiagnose der Schmerzen und Zugang zum Schmerzma- 76,9 % Ja 6,5 3,1 nagement 13 Notfallmanagement/kurzfristiger Zugang/schneller Termin 92,3 % Ja 7,9 2,4 14 Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi- 100 % Ja 7,2 2,0 on 14a Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi- 100 % Ja 6,9 2,0 on: medikamentöse Eskalation oder Wechsel 14b Konsequente Therapieeskalation bei Nichterreichen einer Remissi- 92,3 % Ja 6,8 2,3 on: Durchführung von Punktionen/Injektionen 15 Screening psychosozialer Folgeprobleme 100 % Ja 6,6 1,7 16 Jährlicher Review 69,2 % Ja 5,6 3,2 17 Kontrolle Impfstatus und Ergänzung der Impflücken 92,3 % Ja 6,8 2,4 18 Behandlungsplan zwischen Ärzt*in und Patient*in 69,2 % Ja 3,8 3,6 19 Angebote effizienter, digitaler Medien als Ergänzung zur ärztlichen 61,5 % Ja 4,9 3,6 Versorgung QS Qualitätsstandard, SD Standardabweichung Dosis von maximal 5 mg Prednisolonäqui- QS 4: Konsequente Therapieanpas- Dabei wurde betont, dass das frühzeitige valent/Tag als oberste akzeptable Grenze sung (. Tab. 6) Erkennen von begleitenden schmerzbe- definiert wird. Das wichtige Therapieziel Remission wird günstigenden Erkrankungen wie Arthrose Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- aus verschiedenen Gründen relativ häufig und Fibromyalgie differenzialdiagnostisch nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- nicht erreicht ([36, 40, 41], s. auch QS 2). Das von großer Bedeutung ist. Daher wurde der für diesen QS. Hauptaugenmerk in der Diskussion bei die- in diesem QS nicht nur die konsequen- sem QS lag in der möglicherweise fehlen- te Therapieanpassung bei nicht erreichter den, aber zum Teil durchaus notwendigen Remission, sondern auch „[. . . ] die diffe- Ursachenforschung für die nicht erreichte renzialdiagnostische Aufarbeitung der Ur- Remission durch den*die Rheumatolog*in. 6 Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 3 Qualitätsstandard 1: Frühzeitige Diagnose Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Katego- Qualitäts- Qualitäts- rie Struktur messung, messung, Kategorie Kategorie Prozess, Prozess, Zähler Nenner Frühzeitige Bei Pa- Die Symptome der RA, insbesondere die frühen, zum Vorhaltung von Maßnahmen Alle Alle RA-Pa- Diagnose tient*innen Teil unspezifischen Symptome, werden von Nicht- und Strukturen, die eine frü- neudiagno- tient*innen, mit neu Rheumatolog*innen oft nicht als Manifestation einer he Diagnose ermöglichen. stizierten bei denen aufge- entzündlich-rheumatischen Erkrankung erkannt. Da- Dies schließt nicht nur eine RA-Pa- im letzten tretenen durch unterbleibt die Durchführung diagnostischer ausreichende Anzahl von tient*innen, Jahr eine RA Gelenk- Maßnahmen, und es kommt zu einer erheblichen Ver- Rheumatolog*innen und ent- bei denen fachärztlich schmerzen zögerung bei Diagnose und Therapieeinleitung. Ra- sprechende Kapazitäten in die Dia- neu dia- und Ver- diologisch nachweisbare Gelenkdestruktionen und Frühsprechstunden ein, son- gnose gnostiziert dacht auf Funktionseinschränkungen entwickeln sich gerade zu dern auch Maßnahmen zur innerhalb wurde RA wird die Beginn der Erkrankung am stärksten. Das Therapie- Fortbildung der primärärztli- von 6 Wo- Diagnose ziel für Patient*innen mit RA ist die Remission (s. QS 2). chen Versorgungsebene und chen nach inner- Das Erreichen einer Remission ist umso wahrscheinli- anderer Gesundheitsdienst- Symptom- halb von cher, je früher die Diagnose einer RA gestellt und eine leister, z. B. durch rheumato- beginn 6 Wochen Therapie eingeleitet wird. Die Anzahl aufgetretener logische Zentren. Dazu zählen fachärztlich gesichert Erosionen korreliert mit der zeitlichen Verzögerung bis aber auch Informationsange- gestellt zur Einleitung der ersten Therapie. Wenn der Verdacht bote für die Bevölkerung – wurde auf RA besteht, geben die EULAR-Empfehlungen der auch durch die Deutsche frühen RA, die ACR-Klassifikationskriterien und die S3- Rheumaliga –, um die Sen- Leitlinie für frühe RA der DGRh eine Orientierung für sibilisierung für Anzeichen die Diagnosefindung. Die Patient*innen, die sich mit und Frühsymptome einer Symptomen einer RA ärztlich vorstellen, sollen zügig RA zu erhöhen und zu för- in die Rheumatologie überweisen werden. Da es ei- dern, damit Patient*innen mit ne Vielzahl an Differenzialdiagnosen abzuklären gibt, Verdacht auf RA innerhalb ist die Fachexpertise der Rheumatologie erforderlich. von 6 Wochen diagnostiziert Frühsprechstunden, in denen Patient*innen mit noch werden können unklaren Arthralgien frühzeitig auf das mögliche Vorlie- gen einer RA untersucht werden, können wesentlich zur rechtzeitigen Diagnosestellung beitragen sache(n) [...]“ als klares Ziel für diesen QS Darüber hinaus wurde kritisch ange- Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- formuliert. merkt, dass es keine validierten Scores gibt, nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- die einen Schwellenwert für eingeschränk- der für diesen QS. nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- te Funktionsfähigkeit festlegen. Die nun der für diesen QS. in dem QS verwendeten Schwellenwer- QS 6: Screening psychosozialer te bezüglich eingeschränkter Funktionsfä- Folgeprobleme (. Tab. 8) QS 5: Konsequente Therapie der higkeit basieren auf Expert*innenmeinung Psychosoziale Folgeprobleme können für eingeschränkten Funktionsfähigkeit sowie auf Auswertungen der Kerndoku- Patient*innen und Rheumatolog*innen (. Tab. 7) mentation [42]. In diesem Zusammenhang mit RA in der Kommunikation ein schwie- Bei diesem QS wurden verschiedene wird aber auf die grundsätzliche Limitati- rig anzusprechendes Thema sein, daher Aspekte diskutiert. Grundsätzlich beste- on solcher Schwellenwerte verwiesen, da war den meisten AG-Mitgliedern ein ge- hen bei Patient*innen mit RA häufig diese u. a. nicht das Alter, den BMI, (Fehlen) sonderter QS besonders wichtig. Hierbei Komorbiditäten, die zu entsprechenden körperlicher Aktivität und den Lebensstil stand nicht nur das Erkennen von ent- Funktionseinschränkungen führen kön- und den damit einhergehenden Funkti- sprechenden Problemen (s. auch QS 5) nen. Ein wichtiges Ziel des*r Rheumato- onsverlust berücksichtigen [43]. im Vordergrund, sondern auch, ggf. in log*in ist daher die Differenzierung solcher Außerdem gibt es erhebliche individu- Kooperation mit anderen Fachabteilun- Ursachen von Funktionseinschränkungen elle Unterschiede bei Patient*innen mit RA gen, das Einleiten von Maßnahmen, um von der durch die RA bedingten ein- in der Krankheitsverarbeitung, was z. B. das Probleme ggf. zu beheben oder gege- geschränkten Funktionsfähigkeit. Hierbei Coping mit der Krankheit mit einschließt bene Einschränkungen zu verbessern. In spielt auch die Unterscheidung zwischen und dass zum anderen auch die Umge- der Diskussion dieses QS wurde daher einer akut eingeschränkten Funktionsfä- bungssituation eine nicht geringe Rolle ein großes Augenmerk auf die interdiszi- higkeit durch aktive Entzündung und die spielen kann – hierbei geht es um Ver- plinäre Zusammenarbeit bei der Lösung durch einen bereits eingetretenen struktu- wandte, Freunde und die möglicherweise psychosozialer Probleme gelegt. Die psy- rellen Schaden, wie z. B. durch sekundäre nicht behindertengerechte Wohnsituation chische Komponente spielt nicht nur Arthrose, eine Rolle. oder auch die Verhältnisse am Arbeitsplatz. in der Lebensqualität der Patient*innen Zeitschrift für Rheumatologie 7
Originalien Tab. 4 Qualitätsstandard 2: Ziel Remission Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Katego- Qualitäts- Qualitäts- rie Struktur messung, messung, Kategorie Kategorie Prozess, Prozess, Zähler Nenner Ziel Remissi- Das Ziel Eine erhöhte Krankheitsaktivität bei RA ist mit erhöhter Vorhaltung von Maßnahmen RA-Pa- Alle Pa- on der Be- Mortalität, zunehmenden Gelenkdestruktionen und und Strukturen, einschließlich tient*innen tient*innen handlung Funktionseinschränkung sowie entsprechenden so- einer ausreichenden Anzahl in Remissi- mit RA von Pa- zioökonomischen Konsequenzen assoziiert. Mit dem von Rheumatolog*innen, mit on tient*innen raschen Erreichen einer Remission werden nicht nur uneingeschränktem Zugang mit RA ist krankheitsspezifische Komplikationen vermieden, son- (z. B. keine Fallzahldecke- die Re- dern es wird auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass lung) sowie Gewährleistung mission die Remission über einen längeren Zeitraum anhält. einer intersektoralen The- Die S3-Leitlinie zur Diagnose einer frühen RA stellt fest, rapie, um sicherzustellen, dass eine Remission nach 3 (spätestens 6) Monaten er- dass Patient*innen mit RA reicht werden soll. Je früher die Remission erreicht wird, regelmäßig mit validierten desto wahrscheinlicher hält diese auch länger an – und Messinstrumenten evaluiert dies z. T. sogar mit reduzierter Dosis verordneter Me- werden und die Therapie ge- dikamente. Die Krankheitsaktivität von Patient*innen mäß der S3-Leitlinie sowie mit RA sollte mit validierten Scores bewertet werden. der S2e-Leitlinie mit dem Entsprechend der S3-Leitlinie zur Diagnose einer frü- Ziel der Remission angepasst hen RA, der S2e-Leitlinie zur Therapie einer RA der werden kann DGRh sowie den EULAR-Empfehlungen zum Manage- ment der frühen RA wird empfohlen, den „simplified disease activity score“ (SDAI), den „clinical disease ac- tivity index“ (CDAI) oder den „disease activity score“ (DAS28) zu verwenden. Demnach ist Krankheitsremissi- on als SDAI < 3,3, CDAI < 2,8 oder – weniger spezifisch – DAS28 < 2,6 definiert. Das Ziel ist grundsätzlich nicht nur das Erreichen, sondern auch das Aufrechterhalten der erreichten Remission. Bei Nicht-Erreichen einer Re- mission, sollen alle Möglichkeiten einer intersektoralen Versorgung ausgeschöpft werden und weitere medika- mentöse sowie nichtmedikamentöse Therapieverfahren zur Anwendung kommen. Dabei ist die konsequente Intensivierung der Therapie bei Nichterreichen einer Remission ein wesentlicher Baustein des Therapiekon- zeptes (s. QS 4) Tab. 5 Qualitätsstandard 3: Glukokortikoidfreiheit Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Kategorie Qualitäts- Qualitäts- Struktur messung, messung, Kategorie Kategorie Prozess, Prozess, Zähler Nenner Glukokorti- Bei Pa- Eine dauerhafte Glukokortikoidtherapie führt zu einer Vorhaltung von Maßnahmen RA-Pa- Alle koidfreiheit tient*in- Vielzahl unerwünschter Wirkungen. Hierzu zählen unter und Strukturen, einschließlich tient*innen RA-Pa- nen mit anderem kardiovaskuläre Ereignisse, erhöhte Infektan- des Zugangs zu allen medika- in Remis- tient*in- RA in Re- fälligkeit, mit Frakturen einhergehende Osteoporose, mentösen Therapiemöglich- sion ohne nen in mission gastrointestinale Komplikationen und auch selten eine keiten, um die Chance auf eine Glukokorti- Remission ist Gluko- sekundäre Nebennierenrindeninsuffizienz. Die gluko- glukokortikoidfreie Remission koide kortiko- kortikoidfreie Remission ist daher das primäre Ziel der zu maximieren idfreiheit Therapie. Gemäß der S3-Leitlinie zur Diagnose einer frü- das Ziel hen RA, der S2e-Leitlinie zur Therapie der RA sowie den EULAR-Empfehlungen zum Management einer (frühen) RA der DGRh wird bis zum Erreichen der Wirkung einer csDMARD-Therapie die Krankheitsaktivität mit einer Glu- kokortikoidtherapie unterdrückt. Die Glukokortikoiddosis soll dann aber innerhalb von 8 Wochen in den Low-Dose- Bereich (≤ 7,5 mg/Tag Prednisolonäquivalent) reduziert und nach 3 bis 6 Monaten nach Möglichkeit beendet werden. Bei Patient*innen, bei denen das vollständige Absetzen der Glukokortikoide nicht erreichbar ist, wird eine Dosis von maximal 5 mg Prednisolonäquivalent/Tag als oberste akzeptable Grenze definiert 8 Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 6 Qualitätsstandard 4: Konsequente Therapieanpassung Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Kategorie Qualitäts- Qualitäts- Struktur messung, messung, Kategorie Kategorie Prozess, Prozess, Zähler Nenner Konsequente Bei Nicht- Eine nicht unbedeutende Zahl von Patient*innen gilt als Vorhaltung von Maßnahmen RA-Pa- Alle Therapie- erreichen therapierefraktär oder schwer behandelbar, trotz kor- und Strukturen einschließlich tient*innen, RA-Pa- anpassung der Re- rekter Diagnosestellung und regelmäßiger Evaluation einer ausreichenden Anzahl bei de- tient*in- mission der Krankheitsaktivität. Für die Versorgung dieser Pa- von Rheumatolog*innen nen eine nen, die gilt es, die tient*innen bieten die aktuellen EULAR-Empfehlungen (Facharztstandard), um bei Therapiead- nicht in Ursachen für die „Difficult-to-treat“-RA sowie die S2e-Leitlinie zur Nichterreichen einer Remis- aptation bei Remission differen- Therapie einer RA der DRGh evidenzbasierte Informatio- sion gezielte differenzialdi- Nichterrei- sind zialdia- nen. Dabei gilt es, differenzialdiagnostische Überlegun- agnostische Überlegungen chen einer gnostisch gen hinsichtlich der Ursache des Nichterreichens oder anzustellen und einen un- Remission aufzuar- des sekundären Verlustes der Remission anzustellen. Da eingeschränkten Zugang zu vorgenom- beiten die Unterscheidung zwischen bestehender entzündlich allen Therapiemöglichkeiten men wurde und die bedingter Krankheitsaktivität und anderen Ursachen wie zu ermöglichen, um notwen- Therapie sekundären Schmerzerkrankungen und Arthrose zum dige Therapieadaptationen entspre- Teil schwierig zu differenzieren ist, bedarf es der Fach- durchführen zu können chend expertise von Rheumatolog*innen. Bei Nichterreichen zu ad- oder einem sekundären Verlust einer Remission, sol- aptieren len alle Möglichkeiten einer intersektoralen Versorgung ausgeschöpft werden und medikamentöse sowie nicht- medikamentöse Therapieverfahren, wie z. B. Kälte- oder Wärmetherapie, Physiotherapie und/oder Ergotherapie zur Anwendung kommen. Die medikamentöse Therapie muss überprüft und ggf. umgestellt werden. Darüber hinaus können interventionelle Verfahren wie eine intra- artikuläre Glukokortikoidinjektion erforderlich sein. Die Entwicklung von Komorbiditäten ist bei der Therapieent- scheidung mit zu berücksichtigen eine Rolle, sondern beeinflusst auch er- dann v. a. auch Aspekte der Machbarkeit Notwendigkeit einer aktiven Teilnahme heblich das Erreichen einer Remission. von Bedeutung. des*der Hausarzt*ärztin sowie weiterer Verlaufsbeobachtungen zeigen, dass RA- Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- Fachexpert*innen hingewiesen bzw. diese Patient*innen mit depressiven Sympto- nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- auch eingefordert wird. men im weiteren Verlauf deutlich seltener der für diesen QS. Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- und langsamer eine Remission erreichen nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- als RA-Patient*innen ohne ein solches QS 8: Komorbiditätenerfassung/ der für diesen QS. Problem [44]. Management (. Tab. 10) Nach intensiven inhaltlichen Diskussio- Eine Haupttodesursache von RA-Pa- Diskussion nen stimmten alle 11 anwesenden Mitglie- tient*innen sind nach wie vor kardio- der für diesen QS. vaskuläre Ereignisse [45]. Daher wurde Die hier erstmals veröffentlichten QS der von einigen AG-Mitgliedern befürwortet, DGRh in Kooperation mit VRA und BDRh QS 7: Notfall- und Akutmanagement dass das Screening auf kardiovaskuläre stellen für die rheumatologische Versor- (. Tab. 9) Risikofaktoren – wie von der EULAR emp- gung in Deutschland einen Meilenstein Ein strittiges Thema war die Definition fohlen [46] – einen eigenen QS darstellen dar. Die Expertengruppe hat 8 QS für wich- eines rheumatologischen „Notfalls“. Hier sollte. Dementgegen gaben jedoch an- tige Bereiche der Versorgung von RA-Pa- bestand Einigkeit, dass es eine möglichst dere AG-Mitglieder zu bedenken, dass tient*innen definiert. Zum ersten Mal gibt klare Differenzierung zwischen einem (ob- in der aktuellen Versorgungslandschaft es damit auch eine Grundlage und Vorga- jektiven) medizinischen Notfall und einem in Deutschland der*die Rheumatolog*in ben für Qualitätsmessungen, wobei nicht (subjektiven) individuellen akuten Versor- keineswegs allein oder hauptamtlich für nur die Struktur- und Prozessqualität, son- gungsbedarf geben sollte. Da die Abgren- das Screening auf Komorbiditäten ver- dern auch die Ergebnisqualität eine Rolle zung im Einzelfall jedoch schwierig sein antwortlich ist und daher hierfür nicht spielen sollte (s. unten). kann, einigten sich die Mitglieder nach lan- 2 separate QS gebildet werden müssen. Die hier vorgestellten QS basieren auf ger Diskussion dann auf diese hier gegebe- Letztlich wurde sich darauf geeinigt, einen den Vorarbeiten und verschiedenen an- ne Formulierung für das „Notfall- und Akut- ausführlichen QS zu entwickeln, in dem deren Initiativen der DGRh [47–50]. Hin- management“. Bei der Umsetzung sind alle relevanten Komorbiditäten gleicher- sichtlich der Strukturqualität gibt es für nach Meinung der Kommissionsmitglieder maßen gewürdigt werden und auf die internistisch-rheumatologische Akutkran- Zeitschrift für Rheumatologie 9
Originalien Tab. 7 Qualitätsstandard 5: Konsequente Therapie der eingeschränkten Funktionsfähigkeit Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Kategorie Qualitäts- Qualitäts- Struktur messung, messung, Kategorie Kategorie Prozess, Prozess, Zähler Nenner Konsequente RA-Pa- Im Laufe der Erkrankung kann es infolge unzureichend Vorhaltung von Maßnahmen Alle RA-Pa- Alle Therapie tient*in- kontrollierter Krankheitsaktivität zu Gelenkdestruktionen und Strukturen, einschließlich tient*innen RA-Pa- der einge- nen und Funktionseinschränkungen kommen. Es ist Aufgabe einer ausreichenden Anzahl mit Funk- tient*in- schränkten mit Ein- des/der Rheumatolog*in, die Funktionseinschränkun- von rheumatologischem Fach- tionsein- nen mit Funktions- schrän- gen mit validierten Messinstrumenten (FFbH und/oder personal (Rheumatolog*innen schränkung, Funkti- fähigkeit kung der HAQ sowie der Neutral-Null-Methode) festzustellen und und rheumatologischer denen onsein- Funkti- zu dokumentieren. Die Schwellenwerte für eine Funkti- Fachassistenz [RFA]) sowie Rehabilita- schrän- onsfä- onseinschränkung liegen laut Expertenkonsensus und von Physio- und Ergothera- tionsmaß- kungen higkeit vorausgegangenen FFbH-Itemanalysen im Datensatz peut*innen mit ausreichen- nahmen, werden der Kerndokumentation bei einem FFbH ≤ 70 % und/ den Kenntnissen hinsichtlich Heil- und thera- oder einem HAQ von ≤ 0,5. Im Rahmen dessen muss rheumatologischer Funkti- Hilfsmit- peutische der/die Rheumatolog*in unter Berücksichtigung be- onseinschränkungen, um das tel und/ Maßnah- stehender Komorbiditäten einschätzen, ob die festge- Auftreten von Funktionsein- oder akut- men zur stellte Funktionseinschränkung Folge der RA ist. Dabei schränkungen regelmäßig zu stationäre Wieder- kommt der Unterscheidung zwischen Krankheitsaktivi- erfassen, zu dokumentieren Komplex- herstel- tät und Strukturschaden hinsichtlich der Abschätzung und zu behandeln. Neben der therapie lung der des Therapieerfolges eine wesentliche Bedeutung zu. personellen Ressource muss angeboten Funkti- Bei bestimmten Patient*innen (z. B. bei Multimorbidität) auch eine ausreichend hohe wurden onsfä- kann die klinische Bewertung auch ohne entsprechen- Kapazität an rheumatologisch higkeit de Patient*innenfragebögen ausreichen. Wurde ein zugewiesenen Betten für die ange- Funktionsdefizit dokumentiert, ist es Aufgabe der/des akutstationäre sowie rehabili- boten Rheumatolog*in, entsprechende Verordnungen für Re- tative Versorgung vorhanden habilitationsmaßnahmen, Heil- und Hilfsmittel sowie ggf. sein eine akutstationäre Einweisung zur Komplextherapie Gemäß der aktuellen Heil- zu veranlassen. Darüber hinaus ist es Aufgabe des/der mittel-Richtlinie darf es bei Rheumatolog*in, die Durchführung und den Erfolg der entsprechender Notwen- verordneten Maßnahmen zu kontrollieren und zu do- digkeit der Therapien keine kumentieren. Hierzu ist eine enge Interaktion zwischen Budgetierung geben behandelnden Physio- und Ergotherapeut*innen und Rheumatolog*innen erforderlich kenhäuser bereits seit 10 Jahren eine klare hen Probleme in Form einer begrenzten Das Therapieziel Remission ist in der Festlegung [24] und seit einigen Jahren Anzahl an Weiterbildungsstellen, der Kon- internationalen Rheumatologie unstrittig. auch ein vom AQUA-Institut verliehenes zentration auf besonders attraktive Regio- Im Wesentlichen umfasst es die konse- Gütesiegel [51], was unter anderem ein nen und Ballungsräume wie etwa Berlin, quente regelmäßig überprüfte weitgehen- erfolgreiches Benchmarking von mehre- München oder Hamburg und einer bis jetzt de Abwesenheit von Krankheitsaktivität. ren im VRA organisierten Kliniken beinhal- fehlenden staatlichen Förderung und Pla- Die gängigen Definitionen für Remissio- tet [52]. Die hiermit verbundenen Projek- nung von Weiterbildungsstellen. Nichts- nen beinhalten nicht die vollständige oder te OBRA („outcome benchmarking“ in der destoweniger geben die vorhandenen in- weitestgehende Abwesenheit von Krank- rheumatologischen Akutversorgung) [23] ternistisch-rheumatologischen Einrichtun- heitsaktivität wie die Boolean-Kriterien und KOBRA [22, 51] wurden initial vom gen ihr Bestes, um die beträchtliche Zahl [55]. Dass der Prozentsatz von RA-Pa- Bundesministerium für Gesundheit geför- von Patient*innen mit entzündlich rheu- tient*innen, bei denen Remission erreicht dert. matischen Erkrankungen adäquat zu ver- werden kann, ein gutes mögliches Krite- In den hier entwickelten QS geht es v. a. sorgen. Als das Fach in der Medizin, in wel- rium darstellt, zeigt z. B. auch die CAPEA- um Prozess-, aber auch um Ergebnisqua- chem bei den betroffenen Patient*innen Studie an, in der 40 % der eingeschlos- lität. Da stehen die rechtzeitige Diagno- so gut wie alle Organsysteme betroffen senen RA-Patient*innen eine Remission sestellung und Therapieeinleitung im Fo- sein können – bei der RA ist es v. a. die erreichten [56]. Durch frühzeitige Diagno- kus, die natürlich auch von vielen externen Lunge [45] –, ist die internistische Rheu- se und Therapie und stringente Befolgung Faktoren wie einer rechtzeitigen Überwei- matologie genuin interdisziplinär aufge- des T2T-Prinzips wie im rheinland-pfälzi- sung abhängen, aber auch von internen stellt [53], was sich entsprechend auch in schen Rheumanetzwerk ADAPTHERA [57] Prozess- und Strukturmerkmalen wie ei- aktuellen Versorgungsstrukturen wie der lassen sich deutlich höhere Werte erzielen. nem funktionierenden Angebot an Früh- ambulanten spezialfachärztlichen Versor- Glukokortikoide sind klinisch gut und sprechstunden und der Verfügbarkeit ei- gung (ASV) konzeptionell niederschlägt schnell wirksam, haben in hohen Dosie- ner ausreichenden Zahl an internistischen [54]. rungen über lange Zeiträume aber gut be- Rheumatolog*innen [49]. Vor allem beste- kannte Nebenwirkungen wie Osteoporo- 10 Zeitschrift für Rheumatologie
Tab. 8 Qualitätsstandard 6: Screening psychosozialer Folgeprobleme Domäne Standard Rationale Qualitätsmessung, Kategorie Struktur Qualitäts- Qualitäts- messung, Kate- messung, gorie Prozess, Kategorie Zähler Prozess, Nenner Screening Bei jedem/ Obwohl sie häufig vorkommen, werden psychische Begleiterkrankungen der RA wie De- Vorhaltung von Maßnahmen und Struktu- Anzahl der Pa- Alle Pa- psycho- jeder Pa- pression oder Angststörungen oft nur unzureichend diagnostiziert bzw. bei einer gewis- ren, einschließlich einer fundierten Lehre tient*innen mit tient*in- sozialer tient*in mit sen Tabuisierung dieses Themas nicht aktiv angesprochen und selten therapiert. Dabei der Sozialmedizin im Medizinstudium, einer RA, bei denen nen mit Folge- RA werden können depressive Symptome eine Remission der Erkrankung bereits im frühen Krank- ausreichenden Anzahl an sozialmedizinisch psychosoziale RA probleme psychosoziale heitsstadium ungünstig beeinflussen. Des Weiteren werden Fragestellungen zur Sexualität geschulten Rheumatolog*innen sowie Re- Folgeprobleme Folgeproble- und Familienplanung der Patient*innen mit RA häufig nicht aktiv angesprochen. Ebenso habilitationsmediziner*innen, Arbeits-und angesprochen me erkannt, sind bzw. werden viele Patient*innen nur unzureichend über Möglichkeiten der Arbeits- Sozialmediziner*innen, Psycholog*innen und Lösungs- dokumentiert platzumgestaltung bzw. der Änderung der Erwerbssituation, einer Minderung der Er- und Psychiater*innen mit Kenntnissen hin- ansätze initiiert und Lösungen werbsfähigkeit, die Beantragung eines Schwerbehindertenausweises sowie eine mögliche sichtlich RA, um eine interdisziplinäre Ver- wurden angestrebt Pflegegradbeantragung informiert. Aufgabe des/der Rheumatolog*in ist es, psychoso- sorgung psychosozialer Folgeprobleme im ziale Folgeprobleme und Fragestellungen (Depression, Angst, Fatigue, Erwerbsfähigkeit, Hinblick auf die RA sicherzustellen. Ebenso Arbeitsplatz, Kognition, geriatrische Fragestellungen, Familienplanung, Pflegegrad) kli- sollten die Patient*innen im Rahmen von Pa- nisch inklusive einer Sozial- und Berufsanamnese einzuschätzen und, wenn möglich, mit tient*innenschulungen zum Empowerment validierten Fragebögen standardisiert zu erfassen und die Patient*innen, ggf. in Koopera- befähigt werden tion mit weiteren Fachärzt*innen (z. B. Rehabilitationsmediziner*innen und/oder Arbeits- und Sozialmediziner*innen und/oder Psycholog*innen sowie Psychiater*innen), in der Verbesserung der Teilhabe und Aktivität zu unterstützen zu bleiben. 24 h/Tag „geöffnet“. umfasst (s. auch QS 5 und 6). Zeitschrift für Rheumatologie aus reinmedizinischer Sichtund zum ande- Dies wird aber bekanntermaßen von vielen anderen Seite sind auch geringe Dosierun- getretenem Teerstuhl istdieSache aus ärzt- ren aus Patient*innensicht, was sich erheb- halb empfiehlt die EULAR eine wesentliche Managements, was neben differenzialdia- letztlich um jede Form der Therapiean- Die konsequente Therapieanpassung Entzündung und auch die antirheumati- lich unterscheiden kann. Kommt es zu Ner- zungen auch erforderliche Interventionen passung im Sinne eines personalisierten gnostischen Einschätzungen und Abgren- nisch und sogar hinsichtlich der Röntgen- initial mit Glukokortikoiden zu beginnen es zunächst um die Definition – zum einen ist eng mit den QS 2 und 3 verbunden, on bzw. des Absetzens, denn das unter- sundheitssituation aber am Telefon nicht scheidet sich erheblich von der Strategie, logischen Versorgung, da die chronische operation mit einer akutstationären Ein- kann. Weil die akute oder subakute Ge- Beim Management von Notfällen geht quenten Eskalation der Medikation, wenn auf der einen Seite Teil der rheumato- immer ausreichend eingeschätzt werden der Praxisablauf sonst erschwert werden und dann dabei einfach nur pragmatisch stunde innerhalb eines Werktages, weil Zeit bis zur nächsten möglichen Sprech- se, Diabetes und Infektionen [39, 58]. Des- progression wirksam [59]. Deshalb geht es richtung erforderlich, denn diese hat ja erbetene Akutkonsultation aber auch evtl. Patient*innen nicht erreicht [56]. Auf der die Remission noch nicht erreicht ist, aber dabei v. a. um den Versuch der Redukti- licher Sicht klar, in anderen Fällen hat die 11 Das Management von Komorbidität ist lantoaxialen Dislokation oder bei neu auf- ditäten und psychosozialen Problemen venausfallserscheinungen wegen einer at- und ein sehr wichtiger Aspekt ist auch Reduktion bzw. das Absetzen von Gluko- erreicht werden kann. Dabei geht es al- gen < 5 mg Prednisolonäquivalent/Tag kli- dabei das T2T-Prinzip im Sinne der konse- lerdings aber nicht nur darum, sondern kann, ist grundsätzlich eine geregelte Ko- bei Funktionseinschränkungen, Komorbi- kortikoiden innerhalb von 6 Monaten [39].
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