Rolle und Auftrag diakonischer Gemeinschaften in den vBS Bethel Forum der Gemeinschaften 25.10.2014

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Rolle und Auftrag diakonischer Gemeinschaften in den vBS Bethel
             Forum der Gemeinschaften - 25.10.2014
            Pastor Bernward Wolf, Vorstand der v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel
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Diakonische Gemeinschaften in den v. Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel – da besteht seit
den Anfängen Bethels ein enger Zusammenhang: Sarepta, gegründet 1869, Nazareth 1877.
Beide haben sich seitdem in vielfacher Weise weiter entwickelt, gewandelt – wie Bethel, wie die
Diakonie, wie die Kirche und unsere „Welt“ auch.

In allem Wandel bleiben die Gemeinschaften „ein besonderes Wesensmerkmal der vBS Be-
thel“…(Satzungen Sarepta und Nazareth § 17), sie sind in gewisser Weise Mit-Träger des
„Kerns“, dessen, was wir manchmal mit dem Begriff „Mythos Bethel“ zu umschreiben versu-
chen.

Das Thema „Gemeinschaft“ wird ja auch schon in dem sog. Claim Bethels angesprochen: „Ge-
meinschaft verwirklichen“. Das ist also ein zentrales Leitthema Bethels. Damit werden die Fort-
schritte der Individualisierung in den letzten Jahrzehnten nicht in Frage gestellt. Keiner von uns
will für sich darauf verzichten. Es geht darum, Individualität und Gemeinschaft in eine gute Be-
ziehung miteinander zu bringen, beide sind aufeinander angewiesen. Ein Entweder-Oder dient
weder dem einen noch dem anderen. Diese Beziehung zu gestalten, so dass sie dem Leben aller
dient, halte ich für eine ungemein wichtige Zukunftsaufgabe im Blick auf unsere Gesellschaft
und auf unsere Kirche, im Grunde auch für die Zukunft des Lebens auf dieser Erde. Wir erleben,
wie die Absolutsetzung der Individualität bzw. der Interessen einzelner Personen oder Gruppen
Leben bedroht, und das gleiche gilt für die Absolutsetzung von Gemeinschaft.

Gemeinschaft verwirklichen als aufeinander bezogene Vielfalt von Individuen – dazu Anstöße zu
geben, Experimente zu wagen, Frei-Raum zur Verfügung zu stellen, auch Sicherheit und Ver-
trauen zu schaffen, das brauchen wir und dazu können Diakonische „Gemeinschaften“ einen
ganz wesentlichen Beitrag leisten.

Was sind „Diakonische Gemeinschaften“, was verstehe ich darunter?
Ich unterscheide zwischen „Gemeinschaften“ und „Diakonischen Gemeinschaften“; ich verteile
das nicht einfach auf Sarepta und Nazareth; beide Gemeinschaften haben von beidem etwas, in
jeweils unterschiedlich starker und unterschiedlich inhaltlicher Ausprägung.

Zunächst einmal: „Gemeinschaften“, christliche Gemeinschaften – noch nicht diakonische
Gemeinschaften - sind ein Angebot für Menschen, die Gemeinschaft suchen, christliche Ge-
meinschaft, die etwas für sich selbst und ihr Leben tun wollen.
Dieses Angebot ist eine gute Sache und macht Sinn für die beteiligten Menschen; sie finden
Gemeinschaft, persönliche Orientierung, religiöse Praxis.
Das ist aber noch nicht besonders diakoniespezifisch – außer dem Ort, an dem z.B. die Gemein-
schaften hier in Bethel verankert sind oder der Geschichte, aus der sie kommen.

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Allerdings: Auch dieses Angebot hat nicht nur Bedeutung für die beteiligten Menschen, sondern
auch für Kirche und Diakonie, es ist eine mehr oder weniger verbindliche Lebensform von Kir-
che, die Ausstrahlung hat und die wirkt.

„Diakonische Gemeinschaften“ sind primär begründet durch den Arbeitszusammenhang, in
dem sie entstanden sind und auf den sie sich beziehen, also durch den diakonischen Auftrag.
Dies wird in den Satzungen der Stiftungen Sarepta und Nazareth, auch im Blick auf die vBS Be-
thel insgesamt, deutlich benannt.

       „Die Personengemeinschaften, die Diakonische Gemeinschaft Nazareth und die Sarepta
       Schwesternschaft, sind ein besonderes Wesensmerkmal der v. Bodelschwinghschen Stif-
       tungen Bethel mit ihrer je eigenen Prägung. Sie haben laut Zweck dieser Satzungen und
       ihrer Ordnungen u.a. im Bereich Personal und Bildung im Verbund der v. Bodel-
       schwinghschen Stiftungen Bethel und im Bereich der Ev. Kirche v. Westfalen ihren be-
       sonderen Auftrag.
       Die Mitglieder der Gemeinschaften gestalten das Profil der v. Bodelschwinghschen Stif-
       tungen in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern und Aufgabenbereichen der gesamten v.
       Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel im Zusammenwirken mit der Mitarbeiterschaft
       verantwortlich mit.
       Mit ihren Gemeinschaften beteiligen sie sich an der Weiterentwicklung der Arbeitsfelder
       in Sarepta und Nazareth und der Gestaltung des Stiftungsverbundes im Bereich der v.
       Bodelschwinghschen Stiftungen Bethel. Darum sind die Personengemeinschaften von
       den Organen der Stiftungen an entsprechenden Entwicklungs- und Entscheidungspro-
       zessen zu beteiligen.“
       (Satzungen Sarepta und Nazareth, § 17,1)

Die Diakonischen Gemeinschaften nehmen diese Funktion als organisierte Gemeinschaft wahr
und wirken in der Institution
     durch ihre Existenz und ihre Veranstaltungen als Teil der Kultur;
     durch inhaltliche Beiträge;
     durch institutionelle Rechte
       (im Blick auf Sarepta/Nazareth: Berufungsverfahren Direktion, durch Beteiligung bei
       grundlegenden Entscheidungen; im Blick auf die vBS Bethel insgesamt: Berufungsverfah-
       ren Vorstand, Verwaltungsrat)
Sie haben also eine Wirkung als Organisation.

Ebenso bedeutsam ist, dass sie durch ihre Mitglieder ebenfalls in der Institution wirken: als Ex-
perten und Multiplikatoren z.B. für diakonische und theologische Themen und für Themen zur
Bethel-Identität.
Sie haben also eine Wirkung durch Menschen.

Insofern tragen die Gemeinschaften die vBS Bethel mit.
Durch sie können Menschen mit dem „Kern“ Bethels in innere Verbindung kommen, Menschen,
die uns nicht völlig fremd sind, weil sie ja in den vBS Bethel arbeiten, aber auch noch nicht an
diesen „Kern“, der immer auch viel mit Geschichte und Kultur zu tun hat, andocken konnten.

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Wie es gelingen kann, Menschen in eine solche innere Verbindung mit dem „Kern“ Bethels zu
bringen, wird sich immer wieder ändern; es kann nur gelingen, wenn immer wieder experimen-
tiert wird, auf ganz unterschiedliche Weise, mit klarem Standbein und beweglichem Spielbein.

Menschen, die in den vBS Bethel arbeiten, mit welcher Tätigkeit, in welchem Bereich und auf
welcher Verantwortungsebene auch immer, arbeiten in einer „Dienstgemeinschaft“, ich spreche
inzwischen lieber von einer „Auftragsgemeinschaft“: Keinem gehört das „Unternehmen“, wir
alle tun unsere Arbeit im diakonischen Auftrag, also letztlich im Auftrag Jesu, im Auftrag Gottes.
Auftragsgemeinschaft kann in Diakonischen Gemeinschaften exemplarisch gelebt werden, und
Diakonische Gemeinschaften können Erinnerer an diesen Auftrag sein.

Praxis Diakonischer Gemeinschaften:

       Diakonische Gemeinschaften ermöglichen Austausch zwischen ihren Mitgliedern, die in
        der Diakonie arbeiten, an ganz verschiedenen Orten - in den vBS Bethel und außerhalb,
        in ganz verschiedenen Arbeitsfeldern, auf unterschiedlichen Verantwortungsebenen;
        Gemeinschaften können ein Ort freier Begegnung sein. Und das dient zu Orientierung
        und gegenseitigen inhaltlichen Impulsen und zur Stärkung für Leben und Arbeiten, in-
        dem Verbundenheit entsteht.

       In Diakonischen Gemeinschaften wird gemeinsam geglaubt; Glaube ist auf Gemein-
        schaft angewiesen; gemeinsam können wir das Glück des Glaubens erleben und auch
        das „Dennoch“ des Glaubens, mitten im Leben und in der Welt mit ihren Widersprü-
        chen; manchmal kann es auch so etwas wie stellvertretenden Glauben geben, da wo ich
        mich selber auf einer Durststrecke des Glaubens befinde, leer, kraftlos, zweifelnd… Da
        ist es gut zu wissen: Es gibt andere, mit denen ich verbunden bin, die glauben für mich
        mit und erwarten von mir keine Rechtfertigung; sie halten die Verbundenheit aufrecht
        und helfen mir damit über die Durststrecke hinweg.

       Diakonische Gemeinschaften gestalten stärkende religiöse Praxis (gemeinschaftliche Pra-
        xis, Experimentierraum, Impulse zu persönlicher Praxis).
        Zum Beispiel ist das Haus der Stille ein solcher spiritueller Ort mit seinen Andachten, den
        Gottesdiensten, den Einkehrmöglichkeiten und mit Angeboten von Gemeinschaft und
        Bildung (s. Katalog) – Trägerin ist die Stiftung Sarepta, es ist von der Schwesternschaft
        geprägt.
        Stärkende religiöse Praxis, dazu gehören Auszeiten, Unterbrechungen, Einkehrtage… -
        mitten im Alltag, auch an ganz anderen Orten.

       Diakonische Gemeinschaften bieten bei Bedarf gegenseitige individuelle Hilfe und Un-
        terstützung – sowohl im Blick auf Arbeit als auch im Blick auf das Leben überhaupt. Da-
        bei spielt natürlich die Vertrautheit der Mitglieder eine wichtige Rolle.

       Trotzdem, die Angebote der Gemeinschaften sollten so weit wie möglich über den Kreis
        der Mitglieder hinausgehen, sie haben ja eine Aufgabe für das Ganze:
            o Sie ermöglichen Austausch zur Weiterentwicklung diakonischer Identität im All-
               tag.

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o   Sie machen religiöse Praxis erlebbar; es besteht die Möglichkeit zum Mit-Leben
                (ausprobieren; religiöse Praxis mit offener Tür)
            o   Sie "produzieren" aus der Erfahrung von Mitgliedern heraus hilfreiche Materia-
                lien für Arbeit und persönliches Leben.
            o   Sie bieten Raum zu Begegnung, Feier, gemeinsamen Aktionen.

Gemeinschaft sollte von den Mitgliedern selbst, aber eben auch von Mitarbeiter/innen als hilf-
reich wirksam erfahren werden. Die Frage „was haben wir davon?“ ist nicht verboten. Men-
schen machen – hoffentlich – immer wieder die Erfahrung: Hier werden meine Themen verhan-
delt, hier wird etwas gelebt, was ich für mich als sinnvoll empfinde…

Diakonische Gemeinschaft, das hat auch einen „missionarischen Aspekt“. Fulbert Steffensky hat
einmal gesagt: „Mission heißt zeigen, was man liebt.“ Da geht es nicht darum Mitglieder „zu
machen“, sondern in Offenheit Anteil zu geben am Eigenen und aufmerksam Anteil zu nehmen
an dem, was dem anderen wichtig ist. Weil wir den christlicher Glauben auch als Lebenshilfe in
den Spannungsfeldern gesellschaftlichen Lebens im Allgemeinen und diakonischer Arbeit im
Besonderen erfahren, können wir anderen davon erzählen.

Auch Klage gehört zum Glauben und zu christlicher, diakonischer Gemeinschaft. Sie braucht
ihren Raum, aber sie sollte nicht zur Lähmung werden. Wir brauchen die Möglichkeit, Klagen
auszusprechen, zu adressieren und erfahren dabei hoffentlich auch gegenseitige Stärkung und
Motivation, vielleicht auch eine gewisse Leichtigkeit, um uns den Herausforderungen stellen zu
können. „Wer klagen kann, hat Jammern nicht nötig“ (Renate Schernus).

In diesem Sinne können Gemeinschaften Experimentier-Raum für gelebte Glaubenspraxis und
Spiritualität im Alltag sein.

Die Zugehörigkeit zu einer diakonischen Gemeinschaft wie zu den Berufsgruppen der Diakonin-
nen und Diakone, der Diakonissen, der Pfarrerinnen und Pfarrer weckt immer auch besondere
Erwartungen an persönliche Glaubwürdigkeit. Auch wir sind Menschen mit Unvollkommenhei-
ten, Widersprüchen usw. wie alle anderen, aber wir vertreten mit unserem Glauben und unserer
Ethik doch Ansprüche und Erwartungen, die andere Menschen auch auf uns selbst beziehen.
Das ist einerseits etwas ganz Natürliches, andererseits sollte man diese Frage der Glaubwürdig-
keit nicht zu hoch bewerten. Der christliche Glaube bezieht Misslingen, Versagen, Schuld ein als
etwas, was zur menschlichen Existenz gehört und zugleich immer wieder überwunden werden
soll. Un-glaubwürdigkeit allerdings kann gefährlich werden, wo es auch um Fragen des persönli-
chen Glaubens und Lebens geht.

Als Christen und Mitglieder einer Diakonischen Gemeinschaft sind wir der Überzeugung, dass
der christliche Glaube heute lebbar ist, ja dass er eine Lebens-Hilfe ist, dass er frei macht. Da
schauen andere Menschen auf uns, wollen davon in der Praxis etwas spüren. Menschen kom-
men ja zum christlichen Glauben weniger über intellektuelle Auseinandersetzung und theologi-
sche Richtigkeiten, als über Beispiele, auch über Vorbilder und eigene Erfahrungen - und da ha-
ben Diakonische Gemeinschaften und ihre Mitglieder Wesentliches beizutragen.

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Sarepta Schwesternschaft und Diakonische Gemeinschaft Nazareth
Meines Erachtens sollte nicht das Ziel der beiden Gemeinschaften sein, „eine Gemeinschaft“ im
Sinne einer organisatorischen Zusammenführung von Sarepta Schwesternschaft und Diakoni-
scher Gemeinschaft Nazareth zu werden. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass dies kein sinnvol-
les Ziel ist, und dass das unglaublich viel Energie, Ressourcen, Zeit kosten würde, die dringend
für andere Aufgaben gebraucht werden.
Wichtig ist aber eine verbindliche und verlässliche Kooperation, nach innen und nach außen, in
der klar ist, was das Gemeinsame, was aber auch das Unterscheidende beider Gemeinschaften
ist, und womit dann auch unterschiedliche Menschen angesprochen werden, nicht als Konkur-
renz, sondern als Ausdruck von Vielfalt.

Organisation diakonischer Gemeinschaften
Diakonische Gemeinschaften sind also kein Selbstzweck; sie haben eine Botschaft und einen
Auftrag.
Sie können sich z.B. als Netzwerk organisieren, als ein lebendiges, offenes, bewegliches Netz-
werk; die flexible Struktur des Netzwerkes ist wichtiger als Ordnungen!
Allerdings, es ist wichtig, sensibel zu sein für Ambivalenzen, die sich mit dem Begriff verbinden:
„Netzwerk“ ist etwas anderes als „Seilschaft“, in der man – so jedenfalls meine Assoziation –
sich gegenseitig Vorteile zu verschaffen versucht, durchaus auf Kosten anderer.
In der Art, wie wir das Miteinander gestalten, brauchen wir sicherlich wechselnde Formate; For-
mate haben heute eine kurze Halbwertzeit; zu starre Festlegungen in Ordnungen kosten viel Zeit
und machen unbeweglich.

Ein hilfreiches Format unserer Zeit ist es, Forum / Plattform für Dialog zu sein
     für Themen, die Arbeitsfelder übergreifend und
     Institutionen übergreifend von Bedeutung sind
     und zu denen Verantwortungsebenen bzw. Hierarchie übergreifend ein Austausch und
         ggf. Bearbeitung sinnvoll ist.
Das bringt die Themen weiter (neue Gesichtspunkte) und das schafft Zusammenhalt und Kultur
im Umgang miteinander.

"Dia-log" (vgl. Dia-kon) heißt hier für mich: Austausch, Hin- und her-Gehen zwischen verschie-
denen Meinungen und Sichtweisen, zwischen verschiedenen beruflichen und institutionellen
Positionen, zwischen unterschiedlichen Betroffenheiten usw. Es geht um Verstehen unterschied-
licher Sichtweisen und Perspektiven unter dem gemeinsamen Auftrag
     zwischen verschiedenen Arbeitsfeldern
     zwischen verschiedenen Arbeitssituationen (z.B. Diakonisches Unternehmen, Gemeinde,
         anderer Träger…)
     zwischen verschiedenen Generationen
     auf den verschiedenen Verantwortungs- und Handlungsebenen,
     …
Da können kontroverse Diskussionen geführt werden, da geht es um gemeinsame Suche nach
konstruktiven Lösungen.
Die Beteiligung sollte nicht auf Mitglieder begrenzt sein, sondern offen für andere Interessierte.

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Die Zugehörigkeit zu so einer Gemeinschaft eröffnet Kontakte und Austausch; dadurch können
professionelle Versäulungen oder Abgrenzungen zwischen Hierarchie- bzw. Verantwortungs-
ebenen zumindest sporadisch durchbrochen werden. Da, wo wir uns als Diakonie einem ge-
meinsamen Auftrag verpflichtet wissen, den jeder auf seiner Verantwortungsebene und mit sei-
nen Fähigkeiten wahrnimmt, wird Zusammenhalt gestärkt und Phantasie und Kreativität im Sin-
ne des Auftrages gefördert.

Niedrigschwellige Zugänge
„Wir sind offen für alle“ – das hört man immer wieder. Und das ist auch ehrlich gemeint. Wir
werden aber immer wieder als exklusiv erlebt. Das ist überhaupt kein Vorwurf. Ich kenne das
auch aus anderen Zusammenhängen. Aber es ist eine Realität, der wir uns stellen müssen, mit
der wir aktiv und phantasievoll, zugleich geduldig und gelassen umgehen müssen.
Vielleicht hilft es, immer mal wieder Menschen von außen in die Überlegungen zur Entwicklung
der Gemeinschaften einzubeziehen, als „Kontrollgruppe“ gewissermaßen.

Von den Gemeinschaften und ihren Mitgliedern erwarte ich „kritische Loyalität“ mit den vBS
Bethel: Mut und Offenheit im Gespräch miteinander; gegenseitige Loyalität, die man im Mitei-
nander spürt in Respekt und Aufmerksamkeit für die Sichtweisen des anderen und natürlich
auch nach außen, in Bezug auf die externe Öffentlichkeit.
Die Zugehörigkeit zu so einer Gemeinschaft eröffnet Kontakte und Austausch; ich persönlich
habe das immer wieder erlebt. Dadurch können professionelle Versäulungen oder Abgrenzun-
gen zwischen Bereichen und Hierarchieebenen zumindest sporadisch durchbrochen werden da
wo wir uns als Diakonie einem gemeinsamen Auftrag verpflichtet wissen, den jeder auf seiner
Verantwortungsebene und mit seinen Fähigkeiten wahrnimmt.
Das bedeutet auch Unterstützung, Ermutigung und Stärkung der Menschen in Leitungspositio-
nen in den vBS Bethel, auch die sind darauf angewiesen.

Die Gemeinschaften haben in den vBS Bethel eine gewisse Unabhängigkeit: „Die Gemeinschaft
ist eigenständig in der Gestaltung ihres gemeinschaftlichen Lebens und in der Verwaltung der zu
diesem Zweck im Rahmen der Finanzplanung zur Verfügung stehenden Finanzmittel.“ (Satzun-
gen § 17, 2). In dieser Unabhängigkeit oder Unverfügbarkeit von Gemeinschaften kann eine
positive Funktion auch für das Unternehmen liegen.

Diakonische Gemeinschaften in den vBS Bethel
Die Frage der Weiterentwicklung der „Diakonischen Identität“, der „Bethel-Identität“ („Marke“)
ist einer der roten Fäden in den neuen „Strategischen Entwicklungsschwerpunkten 2011 -
2016“; wir brauchen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich darauf einlassen und engagiert,
ideenreich, konstruktiv daran mitarbeiten – unter den heute geltenden Rahmenbedingungen; da
hoffen wir auf die Beteiligung auch von vielen Mitgliedern der Gemeinschaften.

       An dieser Stelle möchte ich einen ganz persönlicher Dank weitergeben an viele
       Mitglieder der Gemeinschaften für ihr Engagement in den letzten Jahren. Viele
       von Ihnen haben ganz wesentlich dazu beigetragen, dass wir in den vBS Bethel,
       was „Diakonische Identität“ allgemein und „Bethel-Identität“ im Besonderen
       angeht, ein ganzes Stück weiter gekommen sind!

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   Auch die bei anderen Trägern arbeitenden Geschwister tragen dazu bei. Sie vertreten
       immer auch ein Stück Bethel, tragen etwas von unserer Geschichte und unseren Erfah-
       rungen weiter und bringen andere Erfahrungen mit in unsere Gespräche und Entwick-
       lungen. Und sie tragen dazu bei, dass wir uns selbst nicht als Nabel der Welt verstehen,
       sondern unseren Horizont weiter machen.

Netzwerk Diakonie-Kirche-Gemeinden…
Mitglieder der diakonischen Gemeinschaften sind bewusst Mitglieder der Kirche und leben in
Kirchengemeinden, z.T. arbeiten sie in Kirchengemeinden und anderen Institutionen der verfass-
ten Kirche. Auch in diesen Verknüpfungen liegen Entwicklungschancen, an denen Diakonische
Gemeinschaften und ihre Mitglieder beteiligt sind und sich einbringen können:
     z.B. im Zusammenhang der „sozialräumlichen Orientierung“ unserer Arbeit: Kirchenge-
        meinden als (noch!) vorhandene (aber bereits milieuverengte!) nachbarschaftliche Infra-
        struktur bieten sich als Basis für zukunftsbezogene Entwicklungen an;
     z.B. was die Wahrnehmung und Benennung alltäglichen nicht-explizit „diakonischen“
        nachbarschaftlichen Handelns angeht, also einer gewissermaßen „natürlichen“ oder
        „spontanen“ Diakonie als Grundlage eines neuen Verständnisses von Nachbarschaft und
        Gemeinwesen; da sind wir als professionell geprägte Diakonie sicher manchmal etwas
        arrogant und übersehen, was es an ganz alltäglicher diakonischer Praxis im Sinne Jesu
        gibt;
     z.B. was die Verknüpfung kirchlichen und diakonischen Selbstverständnisses (wenn das
        denn überhaupt zwei verschiedene Dinge sind!!!) in der verfassten Kirche und in der in-
        stitutionalisierten Diakonie angeht; es wird unter uns immer noch unglaublich viel ne-
        beneinander her gedacht, während wir von außen längst voll und ganz identifiziert wer-
        den!
     Die Diskussion um die Ämterfrage wird nicht weiterführen.

Mit all dem können Diakonische Gemeinschaften eine gute Basis und stärkender Rückhalt für
ihre Mitglieder sein, bunt, vielfältig, einladend für Fremde, bereit, sich auf Wandel einzulassen
und ihn mit zu gestalten, mit Lust, mit Phantasie und Schwung, ein belebendes Element für dia-
konische Unternehmen und für die Kirche.

„... nicht die Asche bewahren, sondern die Flamme, das Feuer weitergeben!“
– und das in „gelungener Halbheit“, wie Fulbert Steffensky es einmal gesagt hat.

Bernward Wolf - 25.10.2014

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