BOKU - UNSER BODEN WIR STEHEN DRAUF
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BOKU Das Magazin der Universität des Lebens Nr. 1 | März 2015 ISSN: 2224-7416 wir stehen drauf: Unser Boden 2015: Jahr des Bodens MIT Recycling: Verborgene Schätze: Die alumni Es kommt unentdeckte genetische auf alle an Vielfalt von Pilzen
INHALT alumni Haroun Moalla 3 Rektor Gerzabek über das Jahr des Bodens 2015 4 Der Genetiker Joseph Strauss im Porträt Cover: Schwerpunkt Jahr des Bodens 8 Wann verhält sich ein Boden klimafreundlich? 12 Boden und Wasser 14 Ungenützte Kornkammern Europas 4 28 Leila 16 Nachhaltige Intensivierung der Martinn H. Gerzabek Landwirtschaft 18 Urban Gardening: Ernte im Winter 11 Recycling: Es kommt auf alle an 19 Die Donau 23 20 Mitten im Umbau: Eine Fotoreportage Editorial 51 FAQ: Fragen rund um 23 Scheckübergabe die Forschung Cover 52 Splitter 24 BOKU-Sozialprojekt 55 Jubiläumsfonds der Stadt Wien EVENTS 56 Wege zum Erfolg: 28 BOKU-Ball 2015 Die Expertinnendatenbank 30 Akademische Feiern 32 Brüsselreise 8 57 „Flinc“: Das Boku-Mitfahrnetzwerk 58 Projektaudits und PORTRÄT Projektabrechnungen 33 Traxlmayr – Doktorand 60 4. Mai 2015: Der erste Karriere Nachhaltigkeitstag an der BOKU 34 Firmensplitter 61 Verleihung des Raiffeisen Science 36 Ein/Auf und Umstieg & Innovation Award 2014 38 Sponsionen & Promotionen 62 Erasmus+ Traineeships 39 Kommentar an der BOKU 40 Praktikum bei der EU 63 ELLS: Die Scientific INTERNATIONAL Student Conference 41 Klimaticker 64 Go ahead! Das interne Weiterbil- 42 Bangladesh dungsprogramm der BOKU Kurzmeldungen 65 Die BOKU kümmert sich 43 Beiträge der um Flüchtlingskinder AbsolventInnenverbände 66 Menschen an der BOKU 19 46 Splitter
Editorial Robert Newald Das Jahr des Bodens Martin H. Gerzabek Rektor Liebe Kolleginnen und Kollegen, Freundinnen und Freunde der BOKU! D as heurige Jahr bringt mit den Verhandlungen zum Ab- beitung eines mechanistischen Verständnisses der Prozesse, schluss der Leistungsvereinbarung große Herausforde- die im Boden ablaufen, der Erforschung der Interaktion des rungen für die Universität mit sich. Noch größer sind Bodens mit dem Klima und dem Wasserhaushalt bis hin zur die regionalen und globalen Herausforderungen, die nach- wissenschaftlichen Unterstützung der Entwicklung von Kon- haltige Nutzung unserer Böden sicherzustellen. Im UN-Jahr zepten für eine umfassende Bioökonomie, die ohne intensi- des Bodens ist es unsere Pflicht, auf die zahlreichen quali- ve Beschäftigung mit den Bodenressourcen nicht umsetzbar tativen und quantitativen Bedrohungen für die Böden – eine sein wird. Bibliometrische Analysen zeigen, dass sich mehr der wichtigsten Grundlagen unseres Lebens – hinzuweisen. als 1.000 von ca. 8.300 BOKU-Publikationen, die im Web of Die verfügbaren Ackerflächen sind weltweit von ca. 0,5 ha auf Science zu finden sind, mit dem Boden beschäftigen. 12.300 0,35 ha pro Person gefallen, in Österreich liegt dieser Wert von 142.000 Zitierungen von BOKU-Publikationen gehen auf noch wesentlich niedriger, bei etwa 1.700 m2. Eine Selbst- diese bodenkundlichen Publikationen zurück. In den letzten versorgung Österreichs ist damit nicht mehr möglich. Die drei Jahren wurden konstant ca. 140 Publikationen p. a. zu Flächenproduktivität muss weltweit aufgrund der derzeit Bodenthemen von den BOKU-Departments veröffentlicht. bereits ca. 850 Millionen unterernährten und hungernden Zumindest sechs Departments sind intensiv mit bodenkund- Menschen und des weiteren Bevölkerungswachstums bis lichen Forschungen beschäftigt. Einige der Themen werden 2050 praktisch verdoppelt werden. Neben der Nahrungs- und im vorliegenden Heft vorgestellt. Futtermittelproduktion steht auch immer mehr die Nachfra- ge nach Biomasse als Rohstoff für die industrielle Produk- Das Jahr des Bodens, das von der UNO 2013 beschlossen tion und als Energieträger im Fokus. Gleichzeitig steigt der wurde, ist mit der BOKU untrennbar verbunden. Es war Prof. Flächenverbrauch für Infrastruktur ständig weiter, das zer- Winfried Blum, der als Generalsekretär der International siedelte Österreich benötigt beispielsweise wesentlich mehr Union of Soil Sciences im Jahr 2002 beim Weltkongress der Verkehrsflächen pro Person als unsere Nachbarländer. Der Bodenkunde in Bangkok die Gelegenheit fand, die thailän- rasante Flächenverbrauch durch Verbauung muss dringend dische Regierung in dieser Angelegenheit zu kontaktieren. gestoppt werden. Nach einer Privataudienz beim thailändischen König zehn Jahre später konnte er, gemeinsam mit seinem Nachfolger Zur Bewältigung all dieser Herausforderungen ist die Politik, als Generalsekretär der IUSS, Prof. Stephen Nortcliff, König aber auch die Wissenschaft gefordert. Eine nachhaltige Raum- Bhumibol Adulyadej – selbst studierter Bodenkundler – über- entwicklung ist ebenso zentral wie die Grundlagen einer zeugen, die Initiative zu ergreifen. Der jährliche Tag des Bo- nachhaltigen Intensivierung der Landwirtschaft, wobei der dens wurde auf den Tag des Geburtstages des Königs, den ökologische Aspekt der Nachhaltigkeit dabei besondere Be- 5. Dezember festgelegt. rücksichtigung finden muss. Nutzen wir das Jahr des Bodens, um die Öffentlichkeit zu Die BOKU kann zu diesem Thema vieles beitragen, von den sensibilisieren und die zahlreichen Beiträge der BOKU sicht- Aspekten einer nachhaltigen Raumplanung über die Erar- bar und wirksam werden zu lassen. IMPRESSUM: Medieninhaberin und Herausgeberin: Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), Gregor-Mendel-Straße 33, 1180 Wien. Chefredaktion: Michaela Klement, michaela.klement@boku.ac.at Redaktion: Hermine Roth, Hannelore Schopfhauser, Ingeborg Sperl AutorInnen: Michaela Amstötter-Visotschnig, Verena Baumann, Winfried Blum, Lisa Bohunovsky, Elisabeth Denk, Martina Fröhlich, Mailin Gaupp-Berghausen, Martin Gerzabek, Michael Hein, Doris Kampas, Georg Lair, Willibald Loiskandl, Adam Pawloff, Christoph Pfeifer, Ulrike Piringer, Eva Ploss, Hermine Roth, Georg Sachs, Jasmin Schiefer, Gerlinde Scholl, Kirsten Sleytr, Ingeborg Sperl, Alexandra Strauss-Sieberth, Walter Wenzel, Sophie Zechmeister-Boltenstern. Lektorat: Susanne Hartmann Grafik: Patricio Handl Coverfoto: Martin H. Gerzabek Druck: Druckerei Berger Auflage: 9.000 Erscheinungsweise: 4-mal jährlich • Blattlinie: Das BOKU Magazin versteht sich als Informationsmedium für Angehörige, AbsolventInnen, Freundinnen und Freunde der Universität für Bodenkultur Wien und soll die interne und externe Kommunikation fördern. Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung der Autorin oder des Autors wieder und müssen mit der Auffassung der Redaktion nicht übereinstimmen. Redaktionelle Bearbeitung und Kürzung von Beiträgen aus Platzgründen vorbehalten. Beiträge senden Sie bitte an michaela.klement@boku.ac.at BOKU Magazin 1 2015 3
Verborgene Schätze Joseph Strauss ist Professor am Department für Angewandte Zellbiologie und Genetik. Während er in sei- Von Georg Sachs ner Forschung der noch unentdeckten genetischen Vielfalt der Pilze nachspürt, vermittelt er in der Lehre, dass man sich vor Genen nicht zu fürchten braucht. P ilze sind Lebewesen von er- Ebenso vielfältig sind die möglichen ihrerseits die Zyklen dieser Elemente staunlicher Vielseitigkeit. Ihre Stoffwechselwege der Organismen, mit im Boden. Nicht weniger bedeutsam ist Formenvielfalt reicht von den denen sie in zahlreichen ökologischen andererseits aber auch die Rolle, die be- einzelligen Hefen über den Nischen eine wichtige Rolle spielen. Ein stimmte Pilzgattungen als Auslöser von farbigen Belag von Schimmel- Beispiel dafür ist der Nährstoffumsatz Pflanzenkrankheiten und Produzenten pilzen bis hin zu den großen Frucht- im Boden: Je nach Angebot von Stick- der gefürchteten Pilzgifte (Mykotoxine) körpern der Ständerpilze. Ein und stoff- und Kohlenstoffverbindungen spielen. Die Erforschung derartiger Zu- dieselbe Art tritt in verschiedenen Ent- bilden Schimmelpilze unterschiedliche sammenhänge ist das Arbeitsgebiet von wicklungsstadien auf, die sich äußer- primäre und sekundäre Stoffwechsel- Joseph Strauss, Professor für Genetik lich stark voneinander unterscheiden. produkte aus und beeinflussen damit und Funktionelle Genomforschung der BOKU Magazin 1 2015 4
Pilze am BOKU-Standort Tulln. Schon Epigenetik: Was auSSer die Basensequenz der DNA verändert während seiner Dissertation an der Uni- DNA noch vererbt wird wird. „Wir haben festgestellt, dass die versité Paris-Sud ist Strauss dem Thema Die Forschungsgruppe in Paris unter- von den Schimmelpilzsporen gebil- Stickstoffverwertung durch Bodenpilze suchte Pilze auf molekulargenetischer deten Tochterzellen so lange epigene- begegnet. „Ich wollte nach meiner Di- Ebene. Dort betrachtete man die ver- tisch ident sind, bis ein äußerer Reiz plomarbeit im Ausland weiterstudieren, schiedenen Mechanismen, mit denen die Zellen in einen anderen Modus und weil mir Paris so gut gefallen hat, festgelegt wird, was von den im Erbgut versetzt.“ Als ein solcher Reiz kommt hab ich mir angesehen, welche Arbeits- gespeicherten Möglichkeiten in einer beispielsweise der Angriff von Bak- gruppen es dort gibt.“ Mit Claudio Scaz- bestimmten Situation tatsächlich rea- terien infrage, die mit den Pilzen um zocchio, einem international angese- lisiert wird. Dabei spielen sogenannte denselben Lebensraum konkurrieren. henen Molekulargenetiker, wurde sich „epigenetische“ Prozesse eine entschei- In Bedrängnis gekommen, schalten die Strauss schnell einig und reichte zur Fi- dende Rolle: Die DNA-Stränge, die Trä- Pilze gleichsam epigenetisch um und nanzierung des Aufenthalts für ein Aus- ger der Erbinformation sind, wickeln ermöglichen dadurch die Produktion landsstipendium ein. Während er noch sich im Zellkern um Proteine (die His- von Stoffwechselprodukten, mit denen auf dessen Bewilligung wartete, besuch- tone) herum und bilden auf diese Wei- sie sich gegen die Bakterien zur Wehr te er einen Crash-Kurs in Französisch se das Chromatin-Gerüst. Bestimmte setzen können. „Durch die Sequenzie- – und hängte zur Verbesserung seiner Veränderungen an diesen Strukturen rung des Genoms der Pilze hat man er- Spanisch-Kenntnisse kurzerhand eine können an die Tochtergeneration der kannt, dass die Diversität an bioaktiven Reise durch Südamerika an. Zelle weitergegeben werden, ohne dass Stoffen, die von den Mikroorganismen BOKU Magazin 1 2015 5
gebildet werden können, wesentlich men einem systematischen Screening Arbeiten den vom Wissenschaftsfonds höher ist als zunächst angenommen“, nach bioaktiven Substanzen und neuen FWF vergebenen START-Preis, der ihm erklärt Strauss. Derartige bioaktive Enzymen unterzogen werden sollen. den Aufbau einer eigenen Arbeitsgrup- Stoffe können ganz unterschiedliche Besonders interessant ist aufgrund der pe ermöglichte. Mit dem Geldrucksack Funktionen haben: Unter ihnen sind steigenden Resistenzproblematik dabei auf dem Rücken klapperte er verschie- die für Mensch und Tier gefährlichen das Auffinden neuer Antibiotika-Klas- dene österreichische Universitäten ab Mykotoxine ebenso wie solche, die sen. Das Projekt ist aber noch breiter und fand schließlich an der BOKU die nützliche Funktionen mitbringen und definiert: „Wir fokussieren uns nicht Möglichkeit, ein gerade frei gewordenes etwa als neuartige Klassen von Anti- nur auf Stoffwechselprodukte, sondern Labor zu übernehmen. Auch thematisch biotika, Cholesterinsenker, Zytostatika halten auch nach Enzymen mit neuar- konnte er hier an die bestehenden For- etc. zum Einsatz kommen können. Vie- tigen Funktionen Ausschau“, erläutert schungsaktivitäten zum Stickstoffkreis- le von ihnen sind im Labor bislang un- Strauss. Geplant ist der Aufbau großer lauf im Boden ideal andocken. Nach entdeckt geblieben, weil ihre Produkti- Substanzbibliotheken, die mithilfe von dem Ende der durch das START-Pro- on dort häufig epigenetisch stillgelegt Robotern automatisiert auf bestimmte gramm finanzierten Periode wechselte ist: „Wenn wir Schimmelpilze kultivie- Wirkungsprofile durchsucht werden Strauss 2006 an die damaligen Austri- ren, schauen wir ja, dass es ihnen gut können. Finanziert vom Bund und vom an Research Centers nach Seibersdorf, geht“, schmunzelt Strauss. „Dadurch Land Niederösterreich, soll eine Core mit denen er schon zuvor im Rahmen besteht für sie kein Anlass, bestimmte Facility entstehen, die von verschiede- des Projekts „Nitrogenomics“ zusam- Metaboliten zu produzieren, um sich nen Einrichtungen und Universitäten mengearbeitet hatte. Der Wissenschaft- zur Wehr zu setzen.“ genutzt werden kann. ler erhielt den Auftrag, eine Abteilung für Genomforschung und Analytik der Hochdurchsatzverfahren Die vielen Stationen Pilze aufzubauen, um die Expertise der für die Stoffsuche einer Forscherkarriere bestehenden Teams zur Molekularbio- Der wissenschaftlich-technisch ori- Bereits Strauss’ Arbeit in der Gruppe logie der Bakterien und Pflanzen zu entierte Teil von Strauss’ Arbeiten ist an der Université Paris-Sud resultierte ergänzen. durch ein jüngst an Land gezogenes in einer Schlüsselpublikation zur Epige- Großprojekt um eine Facette reicher: Im netik der Schimmelpilze, die im renom- Doch mittlerweile war auch an der Rahmen von BiMM (was für „Bioactive mierten EMBO Journal veröffentlicht BOKU das Interesse an dem Thema Microbial Metabolites“ steht) wird wis- wurde. Nach Postdoc-Aufenthalten in wieder gestiegen. 2011 wurde eine Pro- senschaftliche Infrastruktur aufgebaut, Innsbruck, Paris und an der TU Wien er- fessur für Genetik und Funktionelle mit der Pilze und andere Mikroorganis- hielt der Forscher auf Grundlage dieser Genomforschung der Pilze ausgeschrie- BOKU Magazin 1 2015 6
Joseph Strauss Universitätsprofessor für Genetik und Funktionelle Genomforschung der Pilze am Department für Angewandte Zellbio- logie und Genetik Gruppenleiter am Austrian Institut of Technology (AIT) Werdegang 1989 Abschluss des Studiums der Genetik und Mikrobiologie an der Universität Wien, Diplom- ben, Strauss erhielt den Zuschlag. Im neter Gene sehr nützliche Eigenschaf- arbeit an der TU Wien Rahmen eines Kooperationsvertrags ten für eine nachhaltige Landwirtschaft 1993 Promotion an der Université mit der BOKU finanziert die Seibers- erzielen. „Ich scheue mich auch nicht, Paris-Sud dorf-Nachfolgeorganisation AIT die Pro- solche Dinge in meinen Vorlesungen fessur mit. Strauss ist auf diese Weise anzusprechen und betreibe zu diesem 1993– Postdoc-Aufenthalte an der 2000 Universität Innsbruck, am heute in beiden Organisationen veran- Thema eine eigene Facebook-Seite Dartmouth College (USA), an kert – ein Umstand, den er als „inter- (‚BOKU-Agrargenetik‘), um die Studie- der Université Paris-Sud und essante Lebenserfahrung“ bezeichnet: renden sozusagen auf all ihren Kanälen an der TU Wien „In beiden Organisationen gibt es un- zu erreichen“, bekennt Strauss. Gerade 1999 START-Preis des FWF terschiedliche Schwerpunkte in der For- neueste Technologien wie das Genome schung und damit auch unterschiedli- Editing, bei dem neue Gene durch ei- 2000– Forschungsleiter der Arbeits- che administrative Abläufe“, so Strauss. nen der Natur abgeschauten Prozess 2005 gruppe „Mikrobielle Genetik“ Es handle sich aber letztlich um ein ein- in Organismen eingeschleust werden, am Institut für Angewandte Genetik und Zellbiologie, ziges Team, das im Rahmen dieser Ko- hält der Genetiker für vielverspre- BOKU Wien operation aufgebaut wurde und das von chend und vollkommen sicher. Strauss beiden Kulturen profitieren kann. „Am vertritt hier einen klaren Standpunkt: 2006– Aufbau und Leitung der Ab - AIT findet angewandte Forschung ge- „In der öffentlichen Diskussion wird 2010 teilung „Genomforschung und Analytik der Pilze“ am Austrian meinsam mit Unternehmen statt, wäh- über Gentechnik gesprochen, als ob es Research Center Seibersdorf rend Grundlagenforschung und Lehre sich um eine Seuche handelt.“ Strauss (heute AIT) Aufgabe der Universität sind“, erklärt kritisiert in diesem Zusammenhang Strauss die Aufteilung. auch die Medien: „Hier werden oft Hor- 2011 Berufung als Professor an die BOKU rorszenarien gezeichnet und leichtfer- Bewusstseinsbildung tig Ängste geschürt.“ Manche Strategie für BOKU-Studenten der Saatgut-MonopolistInnen sei zwar Meinung zu dem vielschichtigen The- Gerade in der Lehre ist es ihm dabei be- durchaus fragwürdig, das könne aber ma der genetischen Optimierung von sonders wichtig, dass „Genforschung“ nicht der Technologie angelastet wer- Nutzpflanzen bilden und kompetent an an der BOKU positiv besetzt ist und den. Strauss sieht seine Aufgabe darin, den oft irrational geführten Debatten als eine Schlüssel-Wissenschaft für die die Studierenden, allen voran jene der teilnehmen können. „Biobased Economy“ der Zukunft ange- Agrarwissenschaften, mit dem nötigen sehen wird. So könne man in der Pflan- technischen Know-how auszustatten, Der Autor ist Chefredakteur der Zeitschrift Chemie- zenzüchtung durch Einbringen geeig- sodass sie sich selbst eine fundierte report/Austrian Life Sciences. BOKU Magazin 1 2015 7
2015: Jahr des Bodens Pia Minixhofer Bedrohliche Gase Von Sophie Zechmeister-Boltenstern Böden können sowohl als Quelle als auch als Senke für klimarelevante Spurengase wirken. In welche Rich- tung es geht, hängt sowohl von der menschlichen Nutzung als auch vom Klima selbst ab. Wir erforschen, welche Faktoren dafür verantwortlich sind, ob sich ein Boden klimafreundlich verhält. F ür das Klima dieser Erde spielen tische Wärmeinseln in dicht verbautem trifft? Es ist wie bei einem Blumen- Böden eine zentrale Rolle. Böden Gebiet können die Gewitterhäufigkeit topf, der lange nicht gegossen wurde. – die dünne Haut der Erde – sind erhöhen. Bei den ersten „Wiederbelebungsver- sehr belebt, sie atmen, verbrau- suchen“ mit der Gießkanne kann das chen dabei Sauerstoff und setzen CO2 Böden beeinflussen aber nicht nur das Wasser nicht in den Boden eindringen frei, so wie wir Menschen auch. Über Klima, sondern sie werden auch umge- und der Topf geht über. Genauso ist es die Jahrtausende hat sich in Böden kehrt vom Klima beeinflusst. Die emp- in der Natur. Der Boden ist zunächst Humus angereichert, und damit sind findlichen Bodenlebewesen recyclen wasserabweisend und das Wasser Böden der größte terrestrische Kohlen- jährlich große Mengen an organischem fließt ab. Nur allmählich dringt Wasser stoffspeicherpool und ein essenzieller Material und setzen dabei riesige Men- in den Boden ein, und dies setzt einen Faktor im globalen Klimageschehen. gen an Nährstoffen um. Stehen sie Schwall von Gasen frei. Es dauert aber Nicht nur global, sondern auch regional unter Trockenstress, wie zum Beispiel länger, bis sich der Boden wieder völlig wirken Böden auf das Klima. Das merkt bei einer lang anhaltenden Dürre, so erholt hat und die Bodenorganismen man überall dort besonders deutlich, stellen sie ihre Aktivität temporär ein, wieder normal atmen. wo Böden durch Versiegelung und sterben ab, oder kapseln sich ein, z. B. Verbauung zerstört wurden und keine als Sporen oder Zysten. Damit kommen Welche Bedingungen mögen die Mik- Pflanzen mehr wachsen. Bei Starkre- sämtliche Prozesse zum Stillstand. Was roorganismen am liebsten? Jeder kennt gen fließt Wasser schneller ab und die passiert nun, wenn ein heftiger Regen- das aus seiner Küche: Schimmelpilze Gefahr von Überflutungen steigt. Städ- guss auf diesen ausgetrockneten Boden und Bakterien (beide sind im Boden be- BOKU Magazin 1 2015 8
Pia Minixhofer Sophie Zechmeister-Boltenstern zeigt die Messung von Treibhausgasemissionen unter simulierten Extremwetterereignissen im BOKU-Lehrforst Rosalia. heimatet) verbreiten sich rasant, wenn In früherer Zeit hat man sich vor „Irr- chaea haben vor Jahrmillionen unsere es warm und feucht ist. Das ist auch in lichtern“ in Mooren gefürchtet. Heu- Erdgasreserven gebildet. Heute fühlen der Natur der Fall – unter warm-feuch- te weiß man, dass es sich hierbei um sie sich wohl in Reisfeldern, Müllde- ten Bedingungen werden viele Boden- Methangas handelt, ein Treibhausgas, ponien, im Darm von Wiederkäuern prozesse angeregt und es wird CO2 frei- das 25-mal stärker wirkt als CO2. Was und in der Gülle, und sie haben mit gesetzt. Solange das Pflanzenwachstum die wenigsten wissen: Methangas wird menschlicher Hilfe einen globalen Me- mithalten kann und die CO2-Freiset- in den meisten Böden aus der Luft auf- thananstieg verursacht. Es gilt also, die zung durch vermehrte Photosynthese genommen und von „Methanfressern“, Methanfresser gegen die Methanbild- kompensiert, bleibt die CO2-Bilanz auf- sogenannten „methanotrophen“ Bakte- ner auszuspielen, um das globale Me- recht. Ist das Pflanzenwachstum jedoch rien abgebaut – besonders in unseren thanbudget wieder ins Gleichgewicht zu gestört, z. B. nach einem Sturm und bei Wäldern. Was brauchen diese „Methan- bringen, und dabei ist eine ausreichen- Windwurf im Wald, so entsteht ein Un- fresser“ für ihre Arbeit? Sie brauchen de Bodenbelüftung die beste Waffe. gleichgewicht, und plötzlich wird ein vor allem eine gute Luftzufuhr, das Boden von einer CO2-Senke zu einer heißt: genügend Sauerstoff für den Me- Ähnlich verhält es sich mit dem drit- CO2-Quelle. So kommt es zu heftigen thanabbau. Sauerstoff ist lebensfeind- ten Treibhausgas, dem sogenannten Reaktionen zwischen Böden und dem lich für die Methanbildner, die „me- Lachgas. Das Lachgas heißt so, weil Klima, sogenannten Rückkopplungsef- thanogenen“ Archaea, eine ganz eigene es früher als Droge verwendet wurde. fekten. Aber nicht nur CO2 ist ein wich- Lebensform, die weder mit Pflanzen, Regelrechte Lachgaspartys wurden im tiges Bodengas. Tieren noch Bakterien verwandt ist. Ar- 18. Jahrhundert abgefeiert, und es kam BOKU Magazin 1 2015 9
zu gefährlichem Missbrauch, bis man schaft bereits heute vielerorts klimaf- Martin H. Gerzabek dazu überging, diese „Droge“ in der Me- reundlicher agiert als angenommen. dizin als Anästhetikum zu nutzen, wie Die Emissionsfaktoren pro eingesetzter es bei unseren Großeltern auch noch Düngermenge waren fast durchwegs durchaus üblich war. Heute ist Lachgas niedriger als in den internationalen eines der gefürchtetsten Treibhausga- Berichtspflichten vorgegeben. Im Folge- se, weil es erstens fast 300-mal stärker projekt NITROAUSTRIA gehen wir der wirksam ist als CO2, es zweitens mit 114 Sache auf den Grund und berechnen die Jahren Verweildauer in der Atmosphäre Lachgasemissionen für ganz Österreich. sehr langlebig ist und drittens überwie- gend aus Böden kommt – der globale Was müssen wir wissen, um Anstieg des Vorkommens dieses Gases die Zukunft zu bewältigen? in den letzten 50 Jahren wird vor allem Zur Reduktion von Treibhausgasemissi- mit der Landwirtschaft in Verbindung onen aus Böden brauchen wir vor allem gebracht. eines: sichere Zahlen. „Better numbers for better policies“ ist ein viel zitierter Die Landwirtschaft: Ruf nach handfesten wissenschaftlichen Täter oder Opfer? Grundlagen für die Umsetzung einer Die Landwirtschaft leidet schon heute klimafreundlichen Politik. Im Österrei- unter immer häufigeren Wetterkaprio- chischen Sachstandsbericht Klimawan- len, welche die Sicherheit der Ernten del (APCC, 2014) spielen Böden eine gefährden und die Planung der Be- wichtige Rolle, neben einem eigenen wirtschaftung immer schwieriger ma- Bodenkapitel – „Der Einfluss des Kli- chen. Gleichzeitig stehen Landwirte mawandels auf die Pedosphäre“ – wer- unter enormem ökonomischem Druck den diese sowohl beim „Wissenschaftli- und sollen gleichzeitig intensivieren chen Hintergrund“ als auch im Kapitel und umweltfreundlich arbeiten. Dazu „Land- und Forstwirtschaft, Wasser, gehört auch eine Reduktion der Treib- Ökosysteme und Biodiversität“ promi- hausgasemissionen. Nur: Wie soll das nent behandelt. Der Politik geht es vor- gehen, ohne gleichzeitig Verluste einzu- dergründig um Schadensbegrenzung, fahren? Diese Problematik ist hochpoli- deshalb ist sie vor allem an den mögli- tisch und wird intensiv beforscht. Man chen Auswirkungen des Klimawandels spricht heute von „climate-smart agri- auf die österreichische Land- und Forst- culture“. Ein wichtiger Hebel ist hier wirtschaft und ihre Böden interessiert. die Stickstoffdüngung, nach wie vor Wenn man langfristig denkt – und das ein wesentlicher Faktor für den Ertrag. sollte man als Universität – und die Können wir Stickstoffdünger einsparen Verantwortung für die heutigen Studie- und damit Lachgasemissionen ohne renden und die kommende Generation Ertragseinbußen reduzieren? Dazu wahrnimmt, dann muss man sich auch muss man den Boden kennen und die bemühen vorauszuschauen, und sich Bodenorganismen verstehen. Ähnlich fragen, welche Rückkopplungseffekte wie bei Methan ist die beste Waffe ge- zu erwarten sind. Wie funktioniert die gen Lachgasemissionen der Sauerstoff. Klima-Boden/Boden-Klima-Feedback- Vor allem auf schweren Böden besteht schleife? Wo können sich die Systeme die Gefahr von Sauerstoffmangel und selbst regulieren und wo können wir einer raschen Umwandlung von Mine- dämmen will. Lachgasemissionen sind als KonsumentInnen, LandwirtInnen, ralstickstoff in Lachgas, und diese tritt sowohl räumlich als auch saisonal sehr ForstwirtInnen, LandschaftsplanerIn- besonders nach Regenfällen auf. Daher ungleich verteilt: Man spricht von „hot nen, Umwelt- und Bioressourcenma- ist hier ein Blick auf die Wetterprognose spots“ und „hot moments“. Ein „hot nagerInnen und BiotechnologInnen vor der Düngung empfehlenswert sowie spot“ kann zum Beispiel eine Region regulierend eingreifen, sodass Böden eine sorgsame Auswahl der Fruchtfolge mit verdichteten Böden, hohen Nieder- in der Zukunft vermehrt als Treibhaus- zu beachten. Nicht jede Winterbegrü- schlägen und Industrieumfeld sein; ein gassenke wirken und das globale Kli- nung ist etwa geeignet, um die Lachgas- „hot moment“ ein Warmwettereinbruch ma langfristig stabilisiert wird? emissionen einzudämmen, wie neueste mit Regen mitten im Winter. Diese gilt Forschungsergebnisse zeigen. Vor al- es herauszufinden. Mathematische Mo- lem ist es wichtig zu wissen, wo man in dellierungsergebnisse aus dem Klima- APCC (2014): Österreichischer Sachstandsbe- richt Klimawandel 2014 (AAR14) Verlag der Österreich ansetzen soll, wenn man die fonds-Projekt FARMCLIM deuten darauf Österreichischen Akademie der Wissenschaften landesweiten Lachgasemissionen ein- hin, dass die österreichische Landwirt- und Climate Change Centre Austria, Wien. BOKU Magazin 1 2015 10
Recycling: Es kommt auf alle an Das Seminar am Institut für Abfallwirtschaft konnte man wahrhaft international nennen. „TIWaSiC – Advanced Training in Integral Sustainable Waste Management for Siberian Companies and Authorities“ mag wohl ein etwas sperriger Titel sein, aber wer sich davon nicht abschrecken ließ, konnte auch als Laie einen durchaus spannenden Blick nach Osten werfen. Interview: Ingeborg Sperl E in Gespräch mit Olga Ulanova, der Ingeborg Sperl russischen Koordinatorin und stell- vertretenden Leiterin des Zentrums „Baikal Waste Management“ und Chris- toph Wünsch, Projektleiter von der TU Dresden, macht deutlich, wie kompli- ziert es sein kann, das gemeinsame An- liegen Umweltschutz in differierenden politischen und kulturellen Strukturen zu verankern. Im Prinzip ging es dar- um, die besten Anreizsysteme für die betriebliche Abfallwirtschaft zu finden und die Erfahrungen in der EU und in Russland auszutauschen. So meint Wünsch, dass relevante Technologien zwar exportiert werden können, dies aber aufgrund der Unter- schiedlichkeit der Abfälle – die sehen nämlich überall anders aus – gar nicht so einfach geht. „Wir können unsere Er- fahrung und unser Wissen weitergeben Christoph Wünsch und Olga Ulanova und an das Wissen, das in Russland vor- handen ist, anknüpfen.“ wieder von vorne an. Die Bereitschaft Es geht um Anreizsysteme für jeden zur Weiterbildung ist nicht sehr groß. einzelnen Bürger.“ Olga Ulanova: „Die Russische Födera- In der Praxis sind ExpertInnen deshalb tion besteht offiziell aus 84 Föderati- nicht beliebt, weil sie oft zu akademisch Kollegen aus Polen berichteten, dass onssubjekten, für die bezüglich Abfall sind. Das müssen wir ändern und da- Entsorgungsunternehmen nicht profita- dieselben Gesetze gelten. Daraus wird für Fortbildungskurse entwickeln. Von bel seien und zogen ein knappes Fazit: dann eine regionale Gesetzgebung ent- den offiziellen Behörden ist wenig zu Wenn man nicht gezwungen wird, wird wickelt. Große Betriebe werden über- erwarten, man muss sich selbst organi- nichts gemacht. wacht, müssen Filter einbauen und der- sieren. Russland hat viele unbewohnte gleichen, bei kleineren Betrieben ist die Flächen, da ist es leicht, etwas illegal zu Olga Ulanova hat sich zunächst mit der Kontrolle schwieriger. Wir haben große entsorgen.“ Aufbereitung von Seltenen Erden be- Probleme mit den Halden, die der Berg- fasst und ist 2005 zum Waste Manage- bau hinterlässt, und wir haben eine Als positives Beispiel hebt Ulanova ment gekommen. Sie arbeitet an der große chemische Industrie. Was absurd Kaliningrad hervor. Dort gibt es viele Technischen Universität Irkutsk und ist erscheint: In der EU gibt es schon lange freiwillige Helfer, die sich in einem Ver- Koordinatorin von deutsch-russischen ein Umweltbewusstsein – aber auch in band zusammengeschlossen haben, der Umweltprojekten am Baikalsee sowie Russland waren wir vor der Perestroika die Entsorgungsunternehmen unter- Vizeleiterin des internationalen Um- schon weiter.“ stützen will. weltzentrums „Baikal Waste Manage- ment“. „Wir waren vor der Perestroika Wünsch: „Bei uns bekommt man alles schon weiter.“ mit, weil wir dicht besiedelt sind. Daher Christoph Wünsch befasst sich unter „Es gab Abfallsammlung, Pfandfla- gibt es dann auch sofort Bürgerinitiati- anderem mit thermischer Abfallbe- schen, Metall wurde separiert. Die Recy- ven. Die Situation in Moskau und St. Pe- handlung und den dadurch entstehen- clingbetriebe sind aber nach der Peres- tersburg ist nicht vergleichbar mit der den Treibhausgasemissionen sowie mit troika pleitegegangen. Jetzt fangen wir Situation außerhalb der großen Städte. Emissionen aus Deponien. BOKU Magazin 1 2015 11
2015: Jahr des Bodens Martin H. Gerzabek Boden und Wasser – Bodenwasserschutz Von Willibald Loiskandl und Alexandra Strauss-Sieberth D er Boden, die Haut unseres Pla- Der Boden ist der größte terrestrische z. B. einen stickstoffhaltigen Dünger: neten, besteht nicht einfach aus Kohlenstoffspeicher, die weltweit darin Solange das Nitrat im durchwurzelten festen Bestandteilen, sondern gebundene Kohlenstoffmenge wird auf Bodenbereich ist, sprechen wir von beinhaltet daneben auch das Bo- 1.580 Gigatonnen geschätzt. Hervorzu- einem Nährstoff. Kommt es jedoch zu denwasser und die Bodenluft. Die fes- heben in diesem Zusammenhang sind einer Verlagerung in größere Tiefen – ten Bestandteile setzen sich in der Re- die Filter- und Pufferfunktionen des und damit in das Grundwasser – wird gel aus mineralischen und organischen Bodens: Wie schon aus dem Wort „Spei- aus dem Nährstoff ein Schadstoff. Dazu Anteilen zusammen. Das Bodenwasser cher“ ersichtlich, werden durch die kommt, dass die größten Grundwasser- enthält und transportiert die gelös- Bodenmatrix gelöste Stoffe zurückge- vorkommen Österreichs sich meist in ten Stoffe. Die Bodenluft sorgt für den halten, d. h. eingelagert oder verzögert intensiv landwirtschaftlich genutzten notwendigen Gasaustausch. Damit ist abgegeben. Veranschaulicht werden Gebieten befinden. ein komplexer Raum gegeben, der aus kann dies durch die Düngeranwendung drei Phasen besteht. Der Boden stellt in der Landwirtschaft. Betrachten wir Der Druck auf die natürlichen Res- als Speicherraum die für die landwirt- sourcen Wasser und Boden ist weltweit schaftliche Produktion notwendigen weiter im Steigen begriffen, deshalb „Ein gesunder Boden mit intak- „Betriebsmittel“ Wasser und Nährstoffe muss dem Schutz des natürlichen Le- zur Verfügung. Eine weitere viel disku- ten Funktionen ist die Grund- bensraums die höchste Priorität einge- tierte Speicherfunktion ist die Bindung lage für eine nachhaltige räumt werden. Nutzungskonflikte sind von Kohlenstoffdioxid (CO2) im Boden. Land- und Forstwirtschaft.“ vorprogrammiert. Für die Nahrungs- BOKU Magazin 1 2015 12
„Der Boden wird aufgrund seiner Bedeutung für die Le- bensmittel- und Biomassepro- duktion, seiner Reinigungs- leistung für Grundwasser, Nahrungskette und Atmo- sphäre sowie seiner Lebens- raumfunktion für zahlreiche Organismen (Genreserve) als eines der kostbarsten Güter der Menschheit bezeichnet.“ Abbildung 1: Tropfbewässerung (links) und Notentwässerung (rechts) in Äthiopien produktion sind optimale Bedingun- ter anderem darin, dass Nährstoffe im Thinkstock gen der Wasserversorgung gefragt. Der Wurzelraum aufgenommen werden und Mensch in allen Teilen der Welt greift die Bodenfruchtbarkeit erhöht wird. dazu auf vielfältige Weise ein: Ist zu- wenig Wasser im Boden, wird bewäs- Aus den beschriebenen komplexen Zu- sert, bei zu viel Wasser muss dieses sammenhängen ergibt sich die Kausal- entsprechend abgeführt werden (Ab- kette: bildung 1). Bodenwasserschutz = Grundwasserschutz Der Schutz des Bodens hat die Erhal- Bodenwasserschutz ist Teil der Landnutzung tung seiner Leistungsfähigkeit zum Ziel. Damit ist wie ein siamesischer Der Schutz der Ressourcen Boden und Zwilling der Schutz des Bodenwassers Wasser war und ist der Universität verbunden. Veränderungen im Boden für Bodenkultur Wien (BOKU) gene- und im Bodenwasser beeinflussen un- rell und besonders der landeskultu- mittelbar das Grundwasser und die rellen Wasserwirtschaft (IHLW) stets Oberflächengewässer. Es ist sofort ein- ein besonderes Anliegen. Dies wird sichtig, dass die größenmäßige Ver- auch durch das Mission Statement des ringerung der „freien“ Bodenfläche zu IHLW verdeutlicht: „Alles Planen und einer Reduzierung des zur Verfügung Handeln in jenem Teil des Wasser- stehenden Leistungspotenzials des Bo- Das Bodenwasser ist nicht nur der kreislaufs, in dem das Wasser in Wech- dens führt. Der Verlust an organischer wichtigste Faktor für die Existenz und selwirkung mit dem Boden tritt. Dabei Substanz ist in Europa bereits manifest, Entwicklung der Pflanzenbedeckung, gilt es, die Ressourcen Wasser und so weisen 45 Prozent der Böden Euro- sondern es ist das aktivste Bindeglied Boden optimal zu nutzen, zu schützen pas einen organischen Kohlenstoffge- im kontinentalen Wasseraustausch – und als Lebensgrundlage nachhaltig halt von 0–2 Prozent auf und weitere vielfach auch als „grünes Wasser“ be- zu sichern.“ 45 Prozent liegen in einem Bereich von zeichnet. Damit ist es auch ein Element 2–6 Prozent. Für die Bodenverdichtung des globalen Klimasystems, denn Bo- Nachhaltige Entwicklung ist ohne ei- werden mehr als 30 Prozent der Unter- denwasser trägt zum Klima wesentlich nen sorgsamen Umgang mit dem Boden böden als stark verdichtet bzw. gefähr- bei. Nicht zuletzt ist es entscheidend nicht möglich. Einer ethischen Betrach- det ausgewiesen. Dazu kommt noch die für den Stofftransport und die Stoffum- tung und der damit verbundenen Bil- qualitative Belastung, vor allem durch setzung im Boden. dungsarbeit kommt für die nachhaltige die menschliche Tätigkeit. Wie jeder Sicherung der Ressource Wasser und Filter hat auch der Boden eine maxi- Der Boden- und Grundwasserschutz ist des Lebensraumes Boden eine zentrale male Belastungskapazität. Das kommt in der EU-Richtlinie EC 1257/1999 gere- Bedeutung zu. vor allem zum Tragen, wenn wir von gelt, die Umsetzung in Österreich erfolgt Stoffen sprechen, die nicht abgebaut im ÖPUL (Österreichisches Programm Was zur Hoffnung Anlass gibt, ist, dass oder als Nährstoffe gebraucht werden. einer umweltgerechten Landwirtschaft), dieses Bewusstsein durchaus vorhan- Denken wir an die Diskussion der Aus- wo unter anderem die Düngermengen den ist, wie auch auf der Homepage des bringung von Klärschlamm, der meist und die Belastung durch Viehhaltung Lebensministeriums nachlesbar. Was – wenn auch in geringen Mengen – geregelt sind. Ein wesentliches land- weiters zur Hoffnung Anlass gibt, ist Schwermetalle enthält. Dabei stellt sich wirtschaftliches Umweltinstrument im „die Rückeroberung des Bodens in den die Frage: Wie viel können wir dem Bo- ÖPUL ist die Zwischenbegrünung. Eine Städten“, wie z. B. im „ÖkoSTANDARD“ den zumuten? ihrer vielfältigen Aufgaben besteht un- (September 2013) zu lesen war. BOKU Magazin 1 2015 13
2015: Jahr des Bodens Bemerkungen: Keine Daten für Moldawien; Verschneidung mit Ackerflächen (CORINE 2006); rot: Donaueinzugsgebiet; weiß: keine Ackerfläche. Faktoren: Klima, Boden, Topographie, Bewässerung, Ansprüche der Kulturarten. Quelle: GLUES-Projekt, LMU Dresden, CORINE 2006, European Environment Agency Potenziale der Böde Die noch ungenutzten Kornkammern Europas D ie Donau durchfließt während ih- besondere Rolle zu, da einerseits große (Region Bukarest bzw. Südrumänien) res Verlaufs große landwirtschaft- Ertragspotenziale vorhanden sind, aber flächig vorkommen (siehe Karte). Aller- liche Gebiete. Als Gebirgsfluss andererseits Umweltprobleme wie die dings zeigen sich zwischen zwei relativ durchquert sie die Wiesen und Weiden Eutrophierung der Gewässer u. a. von ähnlichen Produktionsregionen wie der der Voralpen, und nach Niederösterreich ihr ausgehen. Eine Schlüsselrolle in Walachei und Niederösterreich große erreicht sie die Kleine und Große Unga- dieser Thematik nimmt der Boden ein, Unterschiede in den Erntestatistiken. rische Tiefebene. Der Ackerbau ist von die Grundlage der landwirtschaftlichen Während im östlichen Österreich für hier an die dominierende Landnutzung. Produktion. Im gesamten Einzugsgebiet Weizen ca. 4,5 t/ha Ertrag erreicht wer- Weitere 1.000 km führen die Donau sind viele fruchtbare Böden (gemäß der den, beläuft sich jener Wert für Südru- durch große Produktionsgebiete wie internationalen Klassifikation World Re- mänien nur auf rund 2,5 t/ha (Quelle: Slawonien, die Vojvodina oder die Wala- ference Base for Soil Resources – WRB: Eurostat). Dieses Steigerungspotenzial chei. Die 14 Donauländer schlossen sich Chernozems, Phaeozems, Luvisols zu vom aktuellen zum potenziellen Ertrag 2011 im Rahmen der Donauraumstra- jeweils ca. 50.000 km2) bereits unter (siehe Tabelle) wird in der Literatur als tegie (EUSDR) zusammen, um Belange ackerbaulicher Nutzung. Als besonders „Yield gap“ bezeichnet. Die Ursachen wie den Umweltschutz oder die allge- fruchtbar werden Schwarzerden (Cher- für diese Diskrepanz können vielfäl- meine Wohlstandslage in der Region zu nozems und Phaeozems) auf Löss er- tig sein und reichen von Bewirtschaf- verbessern. Der Landwirtschaft im Do- achtet, die im Dreiländereck Ungarn-Ös- tungsmaßnahmen über naturräumliche nauraum kommt in diesem Kontext eine terreich-Slowakei bzw. in der Walachei Voraussetzungen bis zu Umweltschutz- BOKU Magazin 1 2015 14
Quantitative Darstellung der Produktionspotenziale für Weizen im Donauraum Weizen- Ausgangsproduktion 75 % des potenziellen Ertrags produktion (Yield gap) Länder Anbau- Ertrag Produktion Ertrag Produktion Produktions- fläche (t/ha) (1000 t) Neu (1000 t) steigerung (%) (1000 ha) (t/ha) Österreich 267 5.0 1.325 6.2 1.669 26.0 Bosnien- Herzegowina 95 2.8 269 5.6 529 96.3 Bulgarien 1.124 2.8 3.154 4.4 4.993 58.3 Deutschland 2.473 7.2 17.804 7.3 18.005 1.1 Kroatien 219 3.9 844 5.3 1.155 36.8 Tschechien 725 4.4 3.202 5.4 3.915 22.3 Ungarn 1.051 3.7 3.894 4.7 4.884 25.4 Moldawien 373 2.3 849 5.0 1.876 120.9 Rumänien 1.994 2.5 4.984 4.2 8.401 68.6 Serbien 698 3.3 2.287 5.5 3.817 66.9 (inkl. Montenegro) Slowakei 385 3.9 1.481 6.0 2.321 56.8 Slowenien 35 4.3 149 6.0 212 41.6 Donauländer* 6.967 3.5 22.439 5.3 33.771 56.4 Bemerkungen: Basisjahr 2000; *excl. Deutschland Quelle: (nach Foley et al., 2013) Yield gap = potenzieller Ertrag (AY) – aktueller Ertrag (Basis 2000); Intensivierungsmaßnahmen umfassen i.d.S. Düngung und Bewässerung. en des Donauraums Von Walter Wenzel und Leopold Rittler belangen, wie z. B. die Wasserrahmen- dens müssen Einschränkungen und Versalzung in Teilen der Großen Unga- richtlinie (WRRL). Außerdem schätzen diverse Probleme berücksichtigt wer- rischen Tiefebene. Studienergebnisse, dass eine Verklei- den, da sonst eine Degradation droht. nerung des Yield gap in Rumänien auf Sogenannte „Soil threats“, also Ge- Dieses Spannungsfeld aus Ertragsstei- etwa 50 Prozent – unter Beachtung der fährdungen wie z. B. Erosion, gehen gerungen und Bodenschutz im Donau- diversen naturräumlichen Vorausset- in den meisten Fällen von unangepass- raum wird derzeit in dem durch den zungen – zu einer absoluten Produkti- ten Bewirtschaftungsweisen aus und CASEE Fund for Incentives geförderten onssteigerung von 25 Prozent führen führen in Folge zu einer Verringerung Forschungsprojekt „The soils in the Da- könnte. Hiermit wird auch klar, welches der Bodenqualität. Die verschiedenen nube region: Threats and opportunities Potenzial in den Donauländern auch für Bodengefährdungen sind je nach Art for sustainable soil use“ gemeinsam mit die Gewinnung von Biomasse als erneu- und von Region zu Region unterschied- ForscherInnen unserer Partneruniver- erbarem Energieträger und somit für lich stark ausgeprägt: Winderosion auf sitäten im Donauraum bearbeitet. Im eine Weiterentwicklung der Bioökono- nicht bewaldeten Flächen in der Donau- Rahmen des Projekts arbeitet Leopold mie in der Region liegt. tiefebene, Wassererosion auf geneigten Rittler am Institut für Bodenforschung Äckern wie z. B. in Südmähren oder an seiner Masterarbeit. Die Ergebnisse Die Schließung des Yield gap ist – wie in Ostrumänien, Bodenversiegelung werden Ende Mai im Rahmen der CA- schon oben angedeutet – von einigen besonders im städtischen Umfeld oder SEE-Konferenz in Nitra vor Forschenden Faktoren abhängig. Bezüglich des Bo- Desertifikation (Wüstenbildung) und aus Mittel- und Osteuropa präsentiert. BOKU Magazin 1 2015 15
2015: Jahr des Bodens Thinkstock Brauchen wir eine nachhaltige Intensivierung der Landwirtschaft? Von Winfried E. H. Blum, Georg Lair und Jasmin Schiefer U m die Menschheit zu ernähren, den Müll geworfen, und am Weltmarkt Wie aus Abbildung 1 mit globaler Dar- müssen wir bis zum Jahr 2050, spekuliert man mit Nahrungsmitteln, stellung der Bodenqualität in neun d. h. in den nächsten 35 Jahren, die etwa mittels Derivate-Handel, was die Qualitätsklassen hervorgeht, sind diese Nahrungsmittelproduktion verdoppeln. Nahrungsmittelpreise und die Fluktu- 12 Prozent (Klasse 1 – grün, Klasse 2 Jährlich wächst derzeit die Menschheit ation erhöht. – dunkelblau und Klasse 3 – hellblau) um ca. 80 Millionen, und 100–150 Mil- mit zwei Dritteln auf der Nordhalbku- lionen wandern vom ländlichen Raum Doch nur 12 Prozent der Erdoberflä- gel und nur zu ca. einem Drittel auf der in urbane Zentren oder werden dort che sind für intensive Landwirtschaft Südhalbkugel verteilt, wo die meisten geboren und können daher keine ei- geeignet, 24 Prozent für Weidewirt- unterernährten Menschen leben. genen Nahrungsmittel (z. B. in Subsis- schaft, 31 Prozent für Waldwirtschaft, tenzwirtschaft) erzeugen. Der Fleisch- und 33 Prozent sind überhaupt nicht Große Flächen mit den wertvollsten Bö- konsum steigt seit Jahren weltweit an, nutzbar – zu kalt, zu trocken, zu steil den sind inzwischen durch Siedlungen, wobei für 1 kg Geflügelfleisch ca. 2–3 oder zu hoch, bzw. es sind keine Böden Industrieanlagen sowie Verkehrsflä- kg Getreide, für 1 kg Schweinefleisch vorhanden. chen versiegelt, wie die Nachtlichtbil- ca. 4–5 kg und für 1 kg Rindfleisch bis der der NASA in Abbildung 2 zeigen. zu 10 kg Getreide benötigt werden. In Auf diesen 12 Prozent der Erdoberflä- den Industriestaaten – wie z. B. auch in che leben ca. 25 Prozent der Weltbevöl- Die Gründe hierfür liegen darin, dass Österreich – wird bis zu einem Viertel kerung und erzeugen alle im Handel unsere Vorfahren vor der Siedlungs- der gekauften Nahrungsmittel (meis- befindlichen hochwertigen Nahrungs- gründung die besten Böden suchten. tens noch in Originalverpackung) in mittel und agrarischen Rohstoffe. Diese anfänglichen Siedlungen sind BOKU Magazin 1 2015 16
inzwischen zu urbanen Zentren ange- Thinkstock wachsen. Dies bedeutet gleichzeitig, dass auch heute noch jeder Fläche- nerweiterung nach außen die besten Böden für die Landwirtschaft zum Op- fer fallen. Dadurch gehen derzeit in Österreich täglich 15–20 ha landwirt- schaftlicher Boden verloren, in der Eu- ropäischen Union (EU) ca. 800–1.000 ha. Weltweit verlieren wir täglich ca. 350–400 km2. Um diese großen Verluste an agrari- scher Produktionsfläche angesichts der steigenden Nachfrage nach Nahrungs- mitteln und agrarischen Rohstoffen (z. B. für Biotreibstoffe) auszugleichen, sind inzwischen bevölkerungsreiche Industrieländer, Großunternehmen und Bankkonsortien dazu übergegan- gen, Bodenflächen in fremden Ländern verschiedener Kontinente zu kaufen oder zu pachten („land grabbing“), da- von allein in Afrika ca. 50 Mio. ha bis zum Jahr 2011. Angesichts dieser Entwicklungen und aus weiteren Gründen haben wir am Institut für Bodenforschung der BOKU zusammen mit dem Europäischen Bo- denbüro der JRC/Ispra, Italien sowie RISE in Brüssel ein Konzept für eine Abb. 1: Weltweite Verteilung der Böden nach neun Qualitätsklassen. Nur die Klassen 1–3 mit insge- nachhaltige Intensivierung der Land- samt 12 % der Fläche können qualitativ hochwertige Nahrungsmittel und Rohstoffe erzeugen (Far- wirtschaft in der EU auf der Basis von ben grün, dunkelblau und hellblau); nach Blum, W.E.H. und Eswaran, H. 2004 Boden- und Landschaftsindikatoren entwickelt (www.risefoundation.eu). Hierbei konnten wir für jeden einzel- nen EU-Mitgliedstaat aufzeigen, wo Intensivierung möglich ist, wo exten- siviert werden muss, um ökologische Schädigungen zu vermeiden, wo eine Intensivierung mit Einschränkungen möglich ist und welche Flächen für eine solche nicht geeignet sind. Insgesamt sind in der EU (25 Staaten berücksichtigt) 41 Prozent der Agrarflä- chen für eine Intensivierung geeignet, 12 Prozent nur mit Einschränkungen. 43 Prozent sind ungeeignet und weite- re 4 Prozent bestehender Agrarflächen Abb. 2: Nachtlichtbild der Erde; nach NASA 2011 sollten extensiviert werden. darauf hinweisen, dass wir uns in Zu- das Überleben der Menschheit und den Mit diesem Konzept bezüglich einer kunft alljährlich am 5. Dezember als unabdingbaren Schutz der Natur zu si- nachhaltigen Intensivierung der Land- dem Internationalen Tag des Bodens chern. „Wir erben das Land nicht von wirtschaft in Europa wollen wir zum daran erinnern sollten, dass Böden unseren Eltern, wir leihen es von un- Internationalen Jahr des Bodens 2015 eine endliche Ressource darstellen, mit seren Kindern“ (kenianisches Sprich- einen Beitrag leisten und gleichzeitig der wir sorgsam umgehen müssen, um wort). BOKU Magazin 1 2015 17
Urban Gardening Ernte im Winter auf dem BOKU-Dach 2015: Jahr des Bodens Von Gerlinde Scholl und Doris Kampas Thinkstock W elche gemeinsame Leidenschaft praxisorientiertes Qualifizierungssemi- verbindet engagierte Kinder- Eckdaten zum nar konzipiert und durchführt. Vermittelt gärtnerInnen mit erfolgreichen Bildungsprojekt wird Basis- und Spezialwissen zur Be- Top-ManagerInnen? Sie haben das Gärt- wässerung in Hoch- und Bodenbeeten im u Titel: „Bedarfsorientierte Bewässe- nern für sich entdeckt! Die Selbstversor- biologischen Gartenbau in Kombination rung von biologischen Mischkulturen gung mit einer Vielfalt an hochwertigen und Hochbeeten zur Selbstversor- mit Kenntnissen zur Anwendung prak- und biologisch erzeugten Produkten gung“ (BeMischBEET) tischer Multimedia-Tools. Die gewählte aus dem Garten erfreut sich zunehmen- u Projektlaufzeit: 1.10.2014 bis 31.3.2015 Kombination aus Präsenzveranstaltun- der Beliebtheit. Im städtischen Bereich u Projektpartner: gen und durch E-Learning unterstützten hat sich das City Farming oder Urban s bio-garten, DIin Doris Kampas, individuellen Übungs- und Vertiefungs- Gardening erfolgreich etabliert. Häufig www.bio-garten.at phasen ermöglicht den TeilnehmerInnen kommen hier Hochbeete zum Einsatz, Die Firmeninhaberin ist gleich- ein hohes Maß an Flexibilität. Ein beson- da sie höhere Erträge auf kleinstem zeitig auch Projektleiterin und deres „Highlight“ dieser Qualifizierungs- Raum versprechen und nebenbei eine Konsortialführerin. maßnahme ist der fixe Praxisbestandteil angenehmere Arbeitsposition gestatten. s Institut für Hydraulik und der Seminare. So wurden im September Doch egal ob im großzügig angelegten landeskulturelle Wasserwirt- 2014 zwei Hochbeete aus dem Sortiment Gemüsegarten oder im übersichtlichen schaft IHLW – WAU, BOKU der Firma „bio-garten“ auf der Dachter- Terrassenbeet: Eine ausreichende Was- Dr.in Gerlinde Scholl, BEd rasse eines BOKU-Gebäudes aufgebaut serversorgung muss gewährleistet sein. (wissenschaftliche Projekt- und eine winterharte Pflanzenauswahl leitung) für Bio-Mischkulturen gesät. Seither Hier knüpft das aktuelle sechsmonatige Dr. Reinhard Nolz werden verschiedene Bewässerungssys- Projekt „Bedarfsorientierte Bewässe- Dr.in Margarita Himmelbauer, teme installiert und unter Praxisbedin- rung von biologischen Mischkulturen BEd gungen getestet. und Hochbeeten zur Selbstversorgung“ s der gartendoc, Jürgen Punzet u Förderprogramm: Forschungs- (BeMischBEET) an. Dabei handelt es Sowohl für die SeminarteilnehmerIn- kompetenzen für die Wirtschaft; sich um ein von der FFG gefördertes Bil- nen als auch das IHLW-Team ist es ein 2. Ausschreibung Qualifizierungs- dungsprojekt, bei dem das Projektteam spannendes Projekt – die Früchte un- seminare; FFG - Forschungsförde- des IHLW für die und mit den beiden serer gemeinsamen Arbeit ernten wir rungsgesellschaft, Sensengasse 1, Partnerunternehmen „bio-garten“ und 1090 Wien, Österreich seit Wochen in Form von frischem Win- „der gartendoc“ ein maßgeschneidertes tergemüse ... BOKU Magazin 1 2015 18
Bis vor Kurzem noch unbekannt: die älteste kar- tographische Abbildung der Wiener Donau-Auen zwischen Nussdorf und Stadlau aus dem Jahr 1632 Ein gemeinsames Naturerbe Von Ingeborg Sperl W as bedeutet ein Fluss für die Fluss auch internationale Forschungs- auch wieder baden: Die Wasserqualität Menschen und das Ökosystem? netzwerke generiert. Es war eine Folge hat sich kontinuierlich verbessert und Transportweg, Grenze, Energie- der Aufklärung, dass man versuchte, das gemeinsame europäische Naturer- erzeuger, Existenzgrundlage der Fischer, die Natur zu „zähmen“, und es ist be- be ist heute Teil des europäischen Netz- Landschaftsgestalter, Tourismusmagnet, zeichnend, dass das trotz aller Ingeni- werkes Natura 2000. Erholungsraum, Kriegsschauplatz, aber eurskunst durch die Jahrhunderte nie auch Bedrohung durch Hochwasser – es wirklich befriedigend gelungen ist. Der repräsentative Band ist populär- gibt viele Ansätze, sich einem so wichti- Der Ausbau der Wasserstraße ist nach wissenschaftlich im besten Sinne. An- gen Fluss wie der Donau zu nähern. Das wie vor nicht nur ein wirtschaftliches schauliche Statistiken und viele Fotos, Buch „Österreichs Donau – Landschaft, Thema, sondern hat auch politische Di- darunter auch faszinierende histori- Fisch, Geschichte“ verweist im Titel auf mensionen. sche Aufnahmen sowie ein Glossar ver- die Schwerpunkte, um die es hier geht führen ganz wunderbar zum Lesen. – und wurde zum überwiegenden Teil Die Donau ist Lebensraum für 78 natür- von WissenschaftlerInnen der BOKU ge- lich vorkommende Süßwasser-Fischar- schrieben. ten, nimmt man die im Brackwasser des Deltas hinzu, kommt man auf 115 Die Donau fließt durch halb Europa Arten. Die Donaufischerei war einst ein und sehr verschiedene Landschaften. wichtiger Wirtschaftsfaktor – heute ist Die Urdonau hat vor 4,5 Millionen der Wiener Fischmarkt Geschichte, die Jahren riesige Täler ausgeschürft und Berufsfischerei nicht mehr vorhanden. vielmals ihren Lauf geändert. Das Do- Dafür gibt es invasive Arten, die aber naudelta wächst ständig durch den – da unter Wasser – kaum wahrgenom- Feststoffeintrag, wobei dieser durch men werden: die Wandermuschel, den die Wasserkraftwerke Veränderungen nordamerikanischen Flusskrebs und unterworfen wird. Die Eintiefung der diverse Grundelarten. An der Wieder- Flusssohle ist eines der Probleme, mit einbürgerung des Störs, der bis zu ei- dem sich die WissenschaftlerInnen der ner Tonne schwer und sechs Meter lang BOKU intensiv beschäftigen. Verbau- werden kann, wird gearbeitet. Schiff- ungen und Rückbauten, Revitalisie- fahrt und Kraftwerke erschweren das Jungwirth, M., Haidvogl, G., Hohensinner, S., rungen, Buhnen zur Erleichterung der Fortkommen der Fische. Fischaufstiegs- Waidbacher, H. & Zauner, G. (2014): Schifffahrt und vieles mehr werden im hilfen sind daher ein wichtiger Faktor Österreichs Donau. Landschaft – Fisch – Geschichte Buch thematisiert, wobei anzumerken für ein funktionierendes Ökosystem. Institut für Hydrobiologie u. ist, dass die Beschäftigung mit dem Mittlerweile kann man in der Donau Gewässermanagement, BOKU Wien, 420 S. BOKU Magazin 1 2015 19
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