Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV

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Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
SEPTEMBER 2019
46. JAHRGANG · NR. 164

                                                                                               Info-Magazin
                                                                                        des OÖ Landesjagdverbandes
                                                                                           Hohenbrunn 1 · 4490 St.Florian

                         Die Rohrweihe
                         in Oberösterreich
                                                                         Österreichische Post AG, MZ 02Z030514 M

                         Fütterung von Reh-
                                                         Retouren an: OÖ Landesjagdverband · Hohenbrunn 1 · 4490 St. Florian

                         und Rotwild:
                         Ideologie oder Notwendigkeit?
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
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                                                                                                                          Abbildung zeigt Waffe mit Zusatzausstattung.

Eleganz mit Funktion
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Die R8 Success kombiniert erstmals edles Nussbaumholz
mit hochwertigem Leder. Dank zweiteiliger Lochschäftung
tritt ihr mattschwarzer Systemkasten elegant in Erscheinung.
Die ergonomisch perfektionierte Form des Lochschaftes ge-
währleistet bei allen Anschlagarten eine entspannte Haltung
von Schießhand und Arm und sorgt somit für konstant gutes
Treffen. Die Ledereinlagen bieten in jeder Situation eine
angenehme Haptik und optimalen Griff.

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Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
Begegnungen und Schwerpunkte
Zurückblickend auf die heurige Rehbrunft, ist es immer wieder eine Freude, diese Besonderheit in
unserem Bundesland zu erleben. Viele einzigartige Eindrücke und Erlebnisse sowie natürlich auch die
Ernte von oft begehrten Böcken, machen die Brunft zur hohen Zeit vieler Jäger im Jahresablauf. Das
Rehwild bleibt in Oberösterreich unsere bedeutendste Schalenwildart, weil es im Bundesland flächen-
deckend verteilt ist und damit die gesamte oö. Jägerschaft betrifft. Vielfältig sind auch die Heraus-
forderungen für uns Jäger rund um das Rehwild und dessen Lebensräume. Die oö. Jägerrinnen und
Jäger garantieren mit ihrem vielfältigen Einsatz für diese großartige Wildart, dass es auch in Zukunft
zu einem vernünftigen Ausgleich zwischen jagdlichen Zielsetzungen und Lebensraumverträglichkeit
kommt. Die eigentliche Herausforderung folgt natürlich jetzt, im Spätsommer und Herbst, wenn die
Kitze und Geißen, die Zuwachsträger, bejagt werden. Auch hier zeigt die Jägerschaft, dass sie ihre
Aufgaben ernst nimmt und Verantwortung beweist – so manch Unkenrufen und einzelnen Schwierig-
keiten zum Trotz.

                Spannende Zeit
                 Die Zeit seit der Wahl, also die letzten vier Monate, waren für mich überaus spannend,
                 interessant, fordernd und aufregend. Viele wertvolle Begegnungen und Gespräche
                 prägen meinen Alltag als Landesjägermeister und ich bin für die Offenheit und die
                 Ideen, für die Sorgen und die konstruktive Kritik, aber auch für die Visionen und die
                 Unterstützung äußerst dankbar.
                 Gleichzeitig freue ich mich über die fast uneingeschränkte Bereitschaft der Jäger-
                 schaft, mitzuarbeiten, zu gestalten und für die Jagd in Oberösterreich zu wirken.
                 Nicht nur die bewährten Funktionäre und unsere Mitarbeiter sind hoch motiviert,
                 die gesamte Jägerschaft ist in Aufbruchstimmung und zeigt Engagement für die Jagd,
                 unser Wild und dessen Lebensräume.
                 Die Themenschwerpunkte wie Öffentlichkeitsarbeit, Aus- und Weiterbildung der
                 jagdlichen Führungskräfte und der gesamten Jägerschaft, Forst & Jagd-Dialog,
                 Lebensraumgestaltung, -verbesserung und -sicherung werden viel diskutiert und mit
Inhalten gefüllt. Die Kontakte bei diversen Jagdveranstaltungen und die Gespräche mit Interessens-
vertretern und der Politik verlaufen überaus konstruktiv. Mir ist besonders wichtig, dass wir unsere
Arbeitsfelder intern abstimmen und mit allen Beteiligten fair und zielorientiert voranbringen.

Danke für die großartige Unterstützung durch die gewählten Funktionäre im Landesjagdausschuss
sowie für das Vertrauen der Jägerinnen und Jäger in den OÖ Landesjagdverband. Die oö. Jägerschaft
hat längst erkannt, dass es notwendig ist, auf unser gutes Fundament mit konkreten Positionierungen,
Dialogbereitschaft und auch Mut zur Weiterentwicklung der Jagd, ein positives Image zu verleihen.
Dazu zählt auch, bei den jetzt anstehenden Niederwildjagden an unser Ansinnen eines artenreichen
und gesunden Wildbestandes zu denken. Weder Streckenmaximierung, noch missverstandener Ar-
tenschutz, der von manch Nichtjägerseite so scheint, dass nur Prädatoren schützenswert seien, sind
anzustreben!
Zu all diesem wünsche ich allen Jägerinnen und Jägern ein kräftiges Weidmannsheil!

                                                  Ihr

                                      Herbert Sieghartsleitner
                               Landesjägermeister von Oberösterreich

                                                                               SEPTEMBER 2019        OÖ JÄGER   3
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
EDITORIAL

Die Synthese von Verschiedenheit
und Einheit erzeugt eine Befindlichkeit
der Ausgeglichenheit in der Vielfalt                        6                                         12
des Ganzen.

Dieses Zitat des Schweizer Autors Denis Herger passt so-
wohl zur Oberösterreichischen Jägerschaft, die einerseits
sehr heterogen aufgestellt ist, und die andererseits mit
einer starken Stimme zur Jagd mit allen ihren Facetten
und Aufgaben steht.

Es passt aber auch zu dieser Ausgabe des Oö Jäger, die
wieder vielfältige Themen aufgreift und Ihnen, liebe
Leserin, geschätzter Leser, hoffentlich spannende und
interessante Beiträge rund um unser Wild, dessen
Bedürfnisse und Lebensräume sowie über die Jagd selbst
liefert.
                                                            36                                        60
So wünsche ich nicht nur ein kräftiges Weidmannsheil
für den Herbstrehabschuss, die Niederwildjagden oder        Aus Sicht des Landesjägermeisters                       3
die Hirsch- und Gamsbrunft, sondern auch viel Spaß
beim Lesen!
                                                            Gamswild und der Klimawandel                            6
                                                            Die Rohrweihe in Oberösterreich                        12
Ihr                                                         Der Wolf kommt zurück – und jetzt?                     18
                                                            Was macht „Jagd Österreich“ eigentlich?                22
                                                            Jagd- und Waffenrecht:
                                                            Betretungsrechte und Wegefreiheit im Jagdgebiet        26
Mag. Christopher Böck                                       Fütterung von Reh- und Rotwild:
Geschäftsführer, Wildbiologe,
Redaktionsleiter
                                                            Ideologie oder Notwendigkeit?                          30
                                                            Afrikanische Schweinepest                              36
                                                            Forst und Jagd Dialog:
                                                            7. Jahresbilanz                                        39
                                                            Das grüne Interview:
                                                            Fachgruppenobmann Sachverständiger Hans Lughammer      42
                                                            wild auf Wild:
                                                            Wildbeuscherl in der Strudelblüte
                                                            mit Blaukraut und Semmelknödel                         46
Titelfoto:                                                  AUS DER GESCHÄFTSSTELLE.                             ab 48
Die Rohrweihe ist seit den
1980er Jahren wieder in                                     Neues Nachschlagewerk für jagdliche Führungskräfte
Oberösterreich anzutreffen.                                 und Interessierte                                      48
                                                            JBIZ-Seminare                                          53
Foto: T. Krumenacker
                                                            Jagdkurse 2019/2020                                    54

4      OÖ JÄGER         SEPTEMBER 2019
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
SEITENBLICKE
                                                                                                                          AUF‘S JAGDMUSEUM

                     18                             30
                                                           Fische im Jagdmuseum
                                                           Jäger und Fischer eint die Liebe zur Natur. Beide sind
                                                           für die Erhaltung gesunder, den Lebensräumen ange-
                                                           passter Wild- und Fischbestände verantwortlich. Sie
                                                           leisten somit einen wertvollen Beitrag, um die Qualität
                                                           der Lebensräume zu erhalten, wo es möglich ist, zu
                                                           verbessern und unsere vielfältige, artenreiche Kultur-
                                                           landschaft zu bewahren. Damit tragen Jäger und Fi-
                                                           scher wesentlich zum Erhalt des ökologischen Gleich-
                                                           gewichts bei.
                                                           Mit den ausgestellten Fischen verweisen wir auch auf
                                                           das Schopper- und Fischermuseum in Aschach an der
                     67                             80     Donau.

IM VISIER. DIE JAGD IN DER ÖFFENTLICHKEIT.         ab 56
Neues Service in der OÖ JagdAPP                      56
                                                                                   SONNTAG,
LEBENSRAUM.                                        ab 60                       6. OKTOBER
                                                                                2019
Wildschutzprojekt OÖ – Zwischenbericht               60                         Jagdlicher
                                                     62
Kleine Naturkunde: Das Rebhuhn
Wertvolle Sträucher: Schwarzfrüchtige Apfelbeere     66
                                                                             Frühschoppen
                                                                                                10:00 UHR
                                                                                              URFAHRANER MARKT
                                                                                            FESTZELT „Da Wirt 4s Fest“
SCHULE & JAGD.                                     ab 67                        Festzug (10:00 Uhr, Marktinfo)

                                                                               Jagdhornbläsergruppe Hohenbrunn

HUNDEWESEN.                                        ab 73                       Bieranstich (11:00 Uhr)

                                                                              1. OÖ Hubertusmusikkapelle

Die Motivationslüge in der Abrichtung                73                       Attnang-Puchheim (bis 14:00 Uhr)

                                                                              Gössl-Modeschau (14:00 Uhr)

                                                                             Mollner Marktmusikanten (ab 14:30 Uhr)

BRAUCHTUM & JAGDKULTUR.                            ab 80             Tischreservierungen unter: https://4sfest.1
                                                                                                                stevent.shop/?product_cat=so-06-10

SCHIESSWESEN.                                      ab 83

AUS DEN BEZIRKEN.                                  ab 85
                                                                                                                         KURSE & SEMINARE
PRODUKTE AUF DEM JAGDSEKTOR.                       ab 92    Jagdliches Bildungs- und
                                                                                                                          siehe Seite 53
                                                            InformationsZentrum

NEUE BÜCHER.                                       ab 96
                                                           Samstag, 2. November 2019
Kleinanzeigen                                        98    Wild auf Wild-Kochseminar
Impressum, Sonne und Mond                            99    „Ein ganzes Reh“

                                                                                                       SEPTEMBER 2019                                OÖ JÄGER   5
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
Vom Gamswild-Symposium 2019
des OÖ Landesjagdverbandes
Gamswild in Bedrängnis?
Lebensraum, Klimawandel, Bejagung

           Gamswild
                     und
              der Klimawandel
                                  TEXT Dr. Armin Deutz FOTOS H. Sallmann, R. Reiner

Ü
         ildtiere des Alpenraumes wur-    optimalen Überwinterungsgebieten ver-    Ernährungszustand im Herbst und damit
         den in den letzten Jahrzehnten   ursachen höhere Durchschnittstempe-      zu höheren Fallwildverlusten im Winter.
         mit sich wandelnden und neu-     raturen oder Hitzeperioden auch eine     Zunehmender Parasitendruck gemein-
en Lebensraumfaktoren, zunehmenden        Verminderung der Äsungsqualität. Diese   sam mit den z.T. immunsuppressiv wir-
Stressoren sowie Krankheitserregern       gehaltsärmere und schlechter verdauli-   kenden Störfaktoren und regional geän-
und Infektionsrisiken konfrontiert. Ne-   che Äsung führt zumindest bei Jungtie-   derten Düngeverfahren (Gülledüngung)
ben der ganzjährigen Mehrfachnutzung      ren, die sowohl noch wachsen müssen      wirken sich deutlich auf die Wildtierge-
alpiner Lebensräume, dem Ansteigen        als auch Fettreserven für den Winter     sundheit, Fallwildraten und damit auf
der Waldgrenze oder schwindenden          anlegen sollten, zu einem schlechteren   die Entwicklung von Populationen aus.

6     OÖ JÄGER     SEPTEMBER 2019
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
THEMA

Einflüsse auf die Entwicklung                          Umwelt länger überleben und auch hö-        ten und ihre Entwicklungsstadien in der
von Gamsbeständen                                      heren Infektionsdruck erzeugen oder         Losung einwirken kann und diese somit
Bestimmend für die Sterberate (Morta-                  andererseits auch indirekt bei jenen        länger infektiös bleiben.
litätsrate) sind die Faktoren Beutegrei-               Krankheitserregern, die über Vektoren
fer (Prädation), Witterung und Klima,                  (z. B. Zecken, Stechmücken) übertragen
Krankheiten, Unfälle und die jagdliche                 werden und deren Verbreitungsgebiet
Entnahme. An Beutegreifern spielen                     bzw. Populationsgrößen klimatisch be-
vor allem Adler, Fuchs und – wo vor-                   einflusst werden. Erregerhaltige Zecken           Erregerhaltige Zecken und
kommend – auch Luchs und Wolf eine                     und Stechmücken sind bereits in größe-            Stechmücken sind bereits
Rolle. Witterung (kurzfristig) und Klima               ren Seehöhen nachweisbar als noch vor               in größeren Seehöhen
(über längere Zeiträume) haben einen                   zwei Jahrzehnten. Weiters können sich             nachweisbar als noch vor
Einfluss auf den Lebensraum (z.B. An-                  bei Krankheitserregern, die in ihrem Auf-              zwei Jahrzehnten.
steigen der Waldgrenze durch den Kli-                  treten eine jahreszeitliche Periodik auf-
mawandel) oder auf die Äsungsqualität.                 weisen, Zeiträume mit höherem Infekti-
Die Witterung im Winter/Nachwinter                     onsrisiko verlängern. Auch Parasiteneier    Derzeit gibt es auch noch keine exak-
und nach der Setzzeit ist hauptverant-                 und -larven sowie Zwischenwirte von         ten Erkenntnisse über das Vorkommen
wortlich für die Fallwildrate. Unfälle,                Parasiten sind bereits in größeren Höhen    von Endoparasiten bei Wildtieren ab-
wie durch Steinschlag, Abstürze oder                   nachweisbar bzw. profitieren von höhe-      hängig von der Höhenlage. Es wurde
Lawinen, können auch direkt oder indi-                 ren Jahresdurchschnittstemperaturen.        jedoch erkannt, dass Parasiten wie der
rekt mit Witterungs- und Klimafaktoren                 In diesem Zusammenhang finden wir           Große Leberegel, Labmagen-Dünndarm-
zusammenhängen. Krankheiten können                     beispielsweise vermehrt eitrige Lungen-     Trichostrongyliden oder Lungenwürmer
seuchenhaft verlaufen, wie Gamsräude                   entzündungen bei Gamswild in der Fol-       bei Wildwiederkäuern zunehmend in
oder -blindheit, viele Krankheiten treten              ge des Befalles mit Kleinen Lungenwür-      höheren Lagen vorkommen, was auch
                                                                                                   im Rahmen unseres Gamswildprojektes
                                                                                                   „Modellregion Heiligenblut“ abzulesen
                                                                                                   war. Mittlerweile muss davon ausge-
                                                                                                   gangen werden, dass es im Zuge des
                                                                                                   Klimawandels, besonders in Jahren mit
                                                                                                   zeitigem Frühjahr und verzögertem Win-
                                                                                                   terbeginn zu einem deutlich gesteigerten
                                                                                                   Infektionsrisiko selbst in Höhenlagen
                                                                                                   von deutlich über 2.000 m Seehöhe
                                                                                                   kommen wird. Besonders überraschend
                                                                                                   an den Untersuchungen der letzten Jah-
                                                                                                   re war der Nachweis des Roten Magen-
                                                                                                   wurmes (Haemonchus contortus), der
                                                                                                   in der Außenwelt wärmeliebend ist und
                                                                                                   beim Gamswild in alpinen Lebensräu-
                                                                                                   men in früheren Jahrzehnten noch keine
                                                                                                   Bedeutung hatte, bis auf über 2.500 m
                                                                                                   Seehöhe. Mittlerweile verursacht dieser
Abbildung 1: Einflussfaktoren auf die Mortalitäts(Sterbe-)rate von Gamswild                        Parasit regional teilweise erhebliche Aus-
                                                                                                   fälle bei Gamswild, was möglicherweise
aber erst bei negativen Umweltfaktoren                 mern und sich sekundär aufpfropfenden       auch mit der erst kurzen Koevolution
klinisch auf („Faktorenkrankheiten“).                  bakteriellen Lungenentzündungen. Ne-        zwischen Wirt und Parasit und damit
Wenn die jagdliche Entnahme im kom-                    ben der Temperatur ist die Feuchtigkeit     Problemen der Immunabwehr zusam-
pensatorischen Bereich bleibt, wirkt sie               in der Losung und in deren Umfeld ein       menhängen könnte. Der rote Magen-
nicht bestandsmindernd, wirkt sie aber                 wesentlicher Faktor für die Entwick-        wurm, der Erreger der Haemonchose,
additiv zu den anderen Faktoren, ist eine              lung von Parasiten. Auch hier gilt, dass    lebt im Labmagen von Wild- und Haus-
gewollte/ungewollte Bestandsreduktion                  Feuchtigkeit und Nässe in Zusammen-         wiederkäuern, ernährt sich von Gewe-
zu erwarten.                                           hang mit geeigneten Temperaturen das        beteilen und saugt Blut aus der Labma-
                                                       Überleben der Parasiten begünstigen.        genschleimhaut. Durch das Saugen von
Klimawandel und Krankheiten                            Trockenheit und hohe Temperaturen           Blut sowie infolge von Nachblutungen
Der Einfluss des Klimawandels auf                      töten parasitäre Stadien ab, ebenso wie     kommt es zu großen Blutverlusten und
die Verbreitung von Krankheitserre-                    direkte UV-Bestrahlung. Mit dem Anstei-     Anämie. So nehmen 1.000 Würmer rund
gern kann einerseits direkt erfolgen,                  gen der Waldgrenze und zunehmendem          50 ml Blut pro Tag auf (ROMMEL et al.,
indem Krankheitserreger bei höheren                    Schattenwurf der Bäume kommt es auch        2000). Bei der Sektion zeigen erkrankte
Jahresdurchschnitts­temperaturen in der                dazu, dass weniger UV-Licht auf Parasi-     Stücke blasse, blutarme Organe, Milz-

                                                                                                    SEPTEMBER 2019         OÖ JÄGER       7
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
läufig sein, in anderen Gebieten deutlich
                                                                                                    zunehmen. Weiters sind Zecken auf
                                                                                                    geeignete Wirtstiere angewiesen, deren
                                                                                                    Verbreitungsgebiete jedoch ebenfalls kli-
                                                                                                    maabhängig sind. Schildzecken werden
                                                                                                    rund 5 Jahre alt, Lederzecken sogar bis
                                                                                                    zu 10 Jahre. Mittlerweile ist ein Vordrin-
                                                                                                    gen des Gemeinen Holzbockes (Ixodes
                                                                                                    ricinus) in unseren Breiten bis in See-
                                                                                                    höhen zwischen 1.500 und 1.700 m und
                                                                                                    darüber hinaus festzustellen. Für dieses
                                                                                                    Vordringen sind die milderen Winter mit
                                                                                                    einer geringen Anzahl von Tagen mit
                                                                                                    unter -12° C verantwortlich. Es ist auch
                                                                                                    belegt, dass Ze-cken bei höheren Win-
                                                                                                    tertemperaturen im Winter aktiv bleiben
                                                                                                    und auf Wirtssuche gehen, unter 6 – 7°
                                                                                                    C ziehen sich Zecken in die Laubstreu
                                                                                                    zurück und verweilen dort inaktiv, um
                                                                                                    sich vor Kälte zu schützen. In extrem
                                                                                                    milden Wintern kann die Winterruhe
                                                                                                    vollkommen ausfallen.
                                                                                                    Zur Babesiose, verursacht durch ein-
                                                                                                    zellige Blutparasiten, die durch Zecken
                                                                                                    übertragen werden, liegen bei Wild-
                                                                                                    wiederkäuern Untersuchungen aus der
                                                                                                    Schweiz vor. MICHEL et al. (2014) un-
                                                                                                    tersuchten die Rolle von Wildwiederkäu-
                                                                                                    ern als Wirte dieser zeckenübertragenen
                                                                                                    Parasitose. In 10,7 % von insgesamt 984
                                                                                                    untersuchten Blutproben von Reh-, Rot-
                                                                                                    , Gams- und Steinwild aus der Schweiz
                                                                                                    konnten fünf verschiedene Babesien-
                                                                                                    Spezies nachgewiesen werden. Mit dem
                                                                                                    Ansteigen der Temperaturen und damit
                                                                                                    der Zecken ist zukünftig sicherlich mit
                                                                                                    häufigeren Nachweisen bei Gams- und
Abbildung 2: Höhere Temperaturen haben negativen Einfluss auf die Äsungsqualität und steigern den
Infektionsdruck mit Parasiten – besonders Jungwild ist betroffen.                                   Steinwild zu rechnen, wie auch im Un-
                                                                                                    tersuchungsgebiet bei einem Fall in Ju-
vergrößerung, Flüssigkeitsansammlung                 dieser Vektoren, die bereits allein schon      denburg/Steiermark auf einer Seehöhe
in Brust- und Bauchhöhle sowie tiefrotes             in der zunehmenden Verbreitung von             von 1.500 m nachgewiesen. Dieser Fall,
Knochenmark. Neben dem Blutverlust                   Zecken in Hochlagen erkennbar sind.            übrigens der erste beschrieben klinische
kommt es aufgrund einer verminderten                 Zusätzlich ist mit dem Auftreten von bis-      Fall bei Gamswild in Österreich, ist ein
Salzsäureproduktion und einem An-                    lang in Mitteleuropa nicht vorkommen-          deutliches Zeichen des stattfindenden
stieg des pH-Wertes im Labmagen zu                   den Zeckenarten zu rechnen.                    Klimawandels und seiner Auswirkung
Verdauungsstörungen,     beispielsweise                                                             auf Krankheitserreger und Krankheits-
einer Störung der Eiweißverdauung. Die               Zecken übertragen eine Reihe bedeuten-         überträger (hier Zecken). Glaubte man
Haemonchose führt häufig zu schweren                 der Infektionskrankheiten, wie beispiels-      vor wenigen Jahrzehnten noch, dass ze-
klinischen Erkrankungen und plötzli-                 weise Borreliose, Frühsommer-Menin-            ckenübertragene Krankheiten lediglich
chen Verendensfällen.                                goenzephalitis (FSME), Babesiose oder          bis zu einer Seehöhe von rund 1.000 m
                                                     auch Tularämie. Die Verbreitung der            relevant seien, muss heute davon ausge-
Zecken als Krankheitsüberträger                      weltweit rund 850 Zeckenarten ist vor          gangen werden, dass diese Krankheiten
Zecken sind neben Stechmücken in Mit-                allem von Witterungsfaktoren wie der           bereits in deutlich höheren Lagen vor-
teleuropa die bedeutendsten Überträger               Temperatur und Luftfeuchtigkeit abhän-         kommen, was infektionsgefährdete Ge-
von Krankheitserregern (Viren, Bakte-                gig. In trockenen Gebieten, die zukünftig      biete wesentlich ausdehnt (SCHEBECK
rien und Parasiten) auf Menschen und                 noch weniger Niederschläge haben wer-          et al., 2014). Bei Rindern wurde die Ba-
Tiere. Der Klimawandel hat auch Ein-                 den, wird vermutlich das Infektionsrisi-       besiose bereits auf ca. 1.700 m nachge-
flüsse auf die Ökologie und Verbreitung              ko durch den Gemeinen Holzbock rück-           wiesen.

8      OÖ JÄGER        SEPTEMBER 2019
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
THEMA
                                                                                                      Gamswild und der Klimawandel

Hitzesommer                                 ber-Isotherme) wurde nachgewiesen.          dingungen bzw. dadurch verursachten
Hitzesommer, wie sie beispielsweise         Das Klimamodell MM5 zeigt für die           Stress reagieren:
2003 und 2013 zu beobachten waren,          nächsten 50 Jahre einen prognostizier-      1. Ausharren unter den geänderten
waren sowohl für Haus- als auch für         ten Anstieg dieser Isothermen um ca.            Bedingungen (Stress-Toleranz)
Wildtiere ein enormer Stressfaktor. Nicht   450 Höhenmeter, was bedeutet, dass          2. Abwandern in Gebiete mit besser
nur bei Rot- und Rehwild, sondern auch      langfristig auch die Baumgrenze auf die-        passenden
beim Gamswild lagen die Durchschnitts-      se Höhe ansteigen wird.                         Bedingungen (Stress-Vermeidung)
gewichte aller Altersklassen im und                                                         oder
nach dem Extremsommer 2003 durch            Auch kleinstandörtliche Gegebenheiten,      3. Aussterben.
Hitzestress und Wassermangel deutlich       im Speziellen das Mikroklima in der Ve-
unter jenen der beiden vorhergehenden       getation, üben einen starken Einfluss auf   Die prognostizierten Änderungen der
Jagdjahre. Das Durchschnittgewicht von      das Vorkommen von Pflanzen und Tie-         klimatischen       Standortsbedingungen
Gamswild war beispielsweise in der Stei-    ren aus.                                    beeinflussen auch die chemische Zu-
ermark um 0,5 kg niedriger. Im Herbst/                                                  sammensetzung der Pflanzen, die sich
Winter 2003 war eine Häufung von Pa-        Klimawandel und Vegetation                  wiederum direkt auf die Äsungs-/Fut-
ratuberkulosefällen bei Wild zu beob-       Phänologie ist die Wissenschaft, jährlich   terqualität auswirkt. Eine der wichtigs-
achten, was jedenfalls durch die hitze-     periodisch wiederkehrender Ereignisse       ten Ursachen der Klimaänderungen ist
bedingte Schwächung über den Sommer         bei Pflanzen und Tieren, wie Entfalten      die Erhöhung der CO2-Konzentration in
mit-bedingt sein könnte.                    der Blätter, Blüte, Fruchtreife oder die    der Atmosphäre. Dieses Gas spielt für
                                            Ankunft von Zugvögeln zu erfassen. Der      die Pflanzen bei der Photosynthese eine
                                            Anstieg der globalen Mitteltemperatur       zentrale Rolle und so hat dieser Parame-
Lebensräume                                 macht sich hier durch eine Verschiebung     ter auch Auswirkungen auf die Pflanzen.
Wildtierarten wie Gams- und Steinwild       des jahreszeitlichen Zyklus von Pflanzen    Generell profitieren speziell Gräser von
haben sich im Laufe ihrer Evolution per-    und Tieren hin zu früheren Beginnzei-       mehr CO2, es kann aber auch zu Prob-
fekt an das Leben in alpinen Regionen       ten im Frühling und zu einem späteren       lemen führen, da durch mehr CO2 der
angepasst und sind somit Teile dieses       Ende der aktiven Zeit im Herbst bemerk-     vorhandene und begrenzte Stickstoff im
sehr empfindlichen Ökosystems gewor-        bar. Seit den frühen 1960er Jahren hat      Pflanzengewebe sozusagen “ver-dünnt”
den. Bei einem allgemeinen Ansteigen        sich laut Untersuchungen im Rahmen          werden könnte, die Blätter also weniger
der Waldgrenze aufgrund der Klimae-         des (europaweiten) Netzwerkes phäno-        Stickstoff (Rohprotein) enthalten, was
rwärmung und regionalem Rückgang            logischer Gärten die Länge der Vegeta-      zu einem erhöhten Fraß-/Äsungsdruck
der Almbewirtschaftung verringert sich      tionsperiode durchschnittlich um ca.        führen würde, da die Pflanzenfresser die-
der Lebensraum dieser Wildtierarten         zehn Tage erhöht, davon sechs im Früh-      selbe Menge an Stickstoff (Proteine) auf-
massiv. Durch das Entstehen suboptima-      jahr und vier Tage im Herbst. Pflanzen      nehmen müssen. Ebenso werden auch
ler Lebensräume kommt es bei diesen         und Tiere können grundsätzlich auf drei     sekundäre Pflanzenstoffe wie Tannine
Wildtieren zur Abnahme und zum Ver-         Arten auf Änderungen der Umweltbe-          beeinflusst, deren geänderte Konzent-
schwinden einzelner Populationen, Ver-
armung genetischer Ressourcen, Schwä-
chung der Abwehrlage und damit auch
vermehrt zu Infektionskrankheiten und
Parasitosen.
Als Grundlage für die Ermittlung der
Veränderungen wurde die Temperatur-
entwicklung der vergangenen 50 Jahre
in einem Projektgebiet in den Niederen
Tauern genauer betrachtet sowie das
Klimamodell MM5 für eine Abschät-
zung der zukünftigen Erwärmung her-
angezogen (Schaumberger et al. 2006).
Das Klimamodell prognostizierte für die
nächsten 50 Jahre eine Erwärmung von
ca. 2,2 °C für das Untersuchungsgebiet
(mittlerweile wird bereits von einer we-
sentlich stärkeren Erwärmung ausgegan-
gen). Das Baumwachstum ist sehr stark
von der Temperatur abhängig und eine
hohe Korrelation zwischen der Wachs-
tumsgrenze von Bäumen und der 10 °C
Juli-Isotherme (oder 6,9 °C Mai–Okto-

                                                                                         SEPTEMBER 2019         OÖ JÄGER       9
Die Rohrweihe in Oberösterreich Fütterung von Reh- und Rotwild: OÖ LJV
ration wiederum die Verdaulichkeit der     tionen in den italienischen Alpen und sie   wichtig, effiziente Informationssysteme
aufgenommenen Bio­masse beeinflusst.       fanden deutliche Hinweise, dass höhere      über Wildbestände, auftretende Krank-
                                           Temperaturen im Frühling und Sommer         heiten und jagdliche Eingriffe einzurich-
Im Zeitraum zwischen 1993 und 1997         dafür verantwortlich sind. Und zwar         ten, erkrankte und verdächtige Stücke
wurden auf ehemals insgesamt 16 Alm-       nicht hauptsächlich wegen der Einflüsse     verstärkt zu untersuchen, Wildbestände
flächen in der Obersteiermark vor allem    des Klimawandels auf die Produktivität      an den jeweiligen (Winter-)Lebensraum
der Ertrag und die Futterqualität von      und Phänologie der Pflanzenbestände,        anzupassen, die Freizeitnutzung zu len-
Almweiden erfasst. Ergänzende Unter-       sondern deshalb, weil bei hohen Tem-        ken, den Jagddruck im Winter zu redu-
suchungen zeigten schon damals den         peraturen und dem damit verbundenen         zieren und Wildruhezonen einzurichten.
Einfluss der Vegetationsdynamik auf die    Meideverhalten von zu warmen Lebens-
Futterqualität. Die 16 Versuchsstandorte   räumen weniger Zeit für die Äsungsauf-
wurden gleichmäßig nach den Stand-         nahme aufgewendet wird. Über Manage-        Verwendete und weiterführende
ortfaktoren Seehöhe, Exposition und        mentmaßnahmen könnten geeignete             Literatur
Grundgestein ausgewählt, die Standorte     Äsungsgebiete vergrößert werden, um         Die Liste kann in der Geschäfts­stelle
verteilten sich auf 1.100, 1.300, 1.500    diesem Trend etwas zu begegnen.             des OÖ Landesjagdverbandes
und 1.700 Meter. Die ursprünglichen Flä-                                               angefordert werden:
chen wurden 2014 und 2015 im Rahmen                                                    ooe.jaeger@ooeljv.at
des Projektes „StartClim2014.D“ in klei-   Mögliche Strategien
nerem Maßstab wiedereingerichtet und       Wirksame Gegenstrategien und Maß-
erneut auf Futterqualität und botanische   nahmen gegen eine Verschlechterung
Zusammensetzung überprüft (DEUTZ et        der Lebensbedingungen für Wildtiere
al., 2015). Zwischen dem Erntetermin       im Alpenraum und eine Zunahme von
und dem damit verbundenen Reifesta-        Wildkrankheiten bzw. eine geänderte
dium sowie dem Rohfasergehalt besteht      Raumnutzung von Wildtieren mit mög-
eine enge Beziehung. Die phänologische     licherweise erhöhtem Infektionsdruck
Entwicklung der Pflanzenbestände zeigt     sowie Schadensdruck auf die Waldvege-
eine Geschwindigkeit von rund 17 m         tation können nur erfolgreich sein, wenn
Seehöhe pro Tag und die Rohfaserzu-        sie interdisziplinär angestrengt werden.
nahme beträgt 1 g Rohfaser/Tag. Unter      Aus landwirtschaftlicher Sicht wurden
Annahme einer Temperaturerhöhung in        u.a. Auf- und Abtriebszeitpunkte von               OÖ Gamswild-
wärmeren Sommern um 1,7° C würde           Weidevieh, der Dichte der Bestoßung                Symposium 2019:

der Almsommer im Untersuchungs-            der Almflächen, Entwurmung von Wei-                Gamswild
                                                                                              in Bedrängnis?
gebiet im Mittel um rund drei Wochen       devieh, Düngungsmanagement (Gülle                  Lebensraum,
früher beginnen. Dies bedeutet eine Zu-    auf Almflächen!?), Maßnahmen gegen                 Klimawandel, Bejagung

nahme des Rohfasergehaltes um 22 g/        das Zuwachsen von Almflächen durch
kg Futtertrockenmasse und damit eine       Ansteigen der Waldgrenze und das För-
schlechtere Verdaulichkeit der Äsung       derwesen diskutiert. Seitens der Forst-     Die Tagungsband
besonders für Jungtiere. Durch eine        wirtschaft wurden das Schwenden, ein        zum Gamswild-Symposium 2019
schlechtere Ernährungssituation wird       Waldgams-Verbissschutz und die Scha-
die körperli-che Entwicklung gehemmt       densanfälligkeit der Wälder angespro-       Gamswild
und die Krankheitsanfälligkeit alpenweit
gesteigert. Zudem treten Hitzestress und
                                           chen und seitens der Jagd ging es u.a.
                                           um nachhaltige Abschussplanung bei          in Bedrängnis?
zwischenartliche Konkurrenz zwischen       Gams- und Steinwild unter Berücksich-       Lebensraum,Klimawandel,
beispielsweise Rot- bzw. Steinwild und     tigung der aktuellen Fallwildraten, bes-    Bejagung
Gamswild auf.                              seren Altersklassenaufbau (ausreichend
                                           alte, erfahrene Stücke = Erfahrungsträ-     ist in der Geschäftsstelle erhältlich.
                                           ger), Erhaltung einer möglichst großen      Kosten € 10,00
Folgen suboptimaler Lebensräume            genetischen Breite (kein Abschuss nach      Solange der Vorrat reicht.
Änderungen im Klima und in der Um-         engen Selektionskriterien, da es zukünf-
welt hatten in den letzten Jahrzehnten     tig vielleicht gegenüber den heute vor-
bei unterschiedlichen Tierarten einen      wiegend auftretenden Genvarianten z.B.
Einfluss auf die Körpergröße. Die meis-    bei Gamswild andere brauchen könnte,
ten Studien vermuteten indirekte Ein-      um sich besser auf geänderte Umweltbe-
flüsse des Klimas auf die Verfügbarkeit    dingungen einstellen können), frühzei-
der Ressourcen. MASON et al. (2014)        tige Abschusserfüllung und Rotwildre-
beschreiben einen Rückgang des Körper-     gulierung. Aus veterinärmedizinischer
gewichtes beim Gamswild (Rupicapra         und wildbiologischer Sicht wäre es im
rupicapra) in drei benachbarten Popula-    Zusammenhang mit Wildkrankheiten

10    OÖ JÄGER     SEPTEMBER 2019
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                                             Gamswild und der Klimawandel

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                                    SEPTEMBER 2019     OÖ JÄGER     11
Die Rohrweihe in
                Oberösterreich
                           Feind der Ratten und Wiesel
                               oder der Junghasen?
                                                  TEXT Dr. Helmut Steiner
                                             FOTOS G. Rotheneder, T. Krumenacker

S
       ehr präzise beschreibt der Jäger,   streicht über die Fledderwiese, weht em-      kreist oben im Blau, zieht weitere Rin-
       Naturschutz-Pionier und Schrift-    por, schaukelt nieder, schwebt zurück,        ge und kommt herabgeflattert, taumelt,
       steller Hermann Löns vor über       schwimmt über den Rohrwald, biegt um          als wären ihm die Schwingen zerschos-
100 Jahren die Ästhetik des Rohrweihen-    das Weidicht, hebt sich über die Birken,      sen, überschlägt sich, stürzt fast bis auf
Balzfluges:                                verschwindet bei den Schlehen, taucht         die goldenen Kuhblumen in der Wiese,
„Ein Schemen strich über das Rohr, ein     in der Bucht wieder auf, rudert an dem        kreischt einen gellenden Katzenschrei,
Schatten fiel auf das Wasser, ein dünner   Ufer entlang, klaftert über die Insel fort,   steigt mit angestrengten Flügelschlägen
Pfiff erscholl, ein klägliches Schreien    ist fort, ist wieder da, hebt sich höher      wieder empor, bis er fast auslischt in der
erklang. Ein großer brauner Raubvogel      und höher, erlischt zum Fleckchen,            Höhe, wird wieder hinabgeschleudert

12    OÖ JÄGER     SEPTEMBER 2019
REPORT

               und steigt wieder empor, tief unten in                                                                                                                                                                                          bussard, bei ähnlicher Flügelspannwei-                                                                          Außerdem besitzt er eine deutlich grö-
               den Wiesen abermals hinunterwirbelnd,                                                                                                                                                                                           te. Wie bei allen Greifvögeln, sind die                                                                         ßere Flügelspannweite (bis über 1,5 m).
               nun hoch in der Luft und jetzt dicht über                                                                                                                                                                                       Männchen kleiner als die Weibchen. Sie                                                                          Ähnlichkeit besteht, weil auch Milane
               dem Boden das seltsame Spiel wiederho-                                                                                                                                                                                          beherrscht den langsamen, energiespa-                                                                           einen schwebenden Suchflug durchfüh-
               lend, bis unter ihm ein zweiter Vogel da-                                                                                                                                                                                       renden Gleitflug und kann dadurch bes-                                                                          ren, allerdings seltener so tief über dem
               hinschaukelt…“                                                                                                                                                                                                                  ser über hoher Vegetation, wie Graslän-                                                                         Boden.
                                                                                                                                                                                                                                               dern und Getreide, jagen. Sie hört sehr                                                                         Schwarzmilan: Er ist farblich oft ähn-
               Zutreffend erwähnt er auch die vielseiti-                                                                                                                                                                                       gut und reagiert bei der Jagd unmittelbar                                                                       lich. Der Schwarzmilan hat aber einen
               ge Ernährung, von Mäusen, Ratten, bis                                                                                                                                                                                           auf Geräusche von Beutetieren.                                                                                  leicht gegabelten Schwanz/Stoß. Außer-
               zu Insekten, Maulwürfen, Fröschen, Ei-                                                                                                                                                                                                                                                                                                          dem hat er eine größere Flügelspannwei-
               dechsen, Schlangen, Fischen, Klein- und                                                                                                                                                                                                                                                                                                         te (bis 1,5 m).
               Jungvögeln, Junghasen, und dergleichen                                                                                                                                                                                                                                                                                                          Kornweihe: Sie tritt bei uns vor allem
               (vgl. Uttendörfer 1939, Glutz von Blotz-                                                                                                                                                                                                                                                                                                        zwischen Oktober und Anfang April auf,
               heim et al. 1971, Schipper 1977, Bock                                                                                                                                                                                                                      Die Rohrweihe ist mit                                                                ebenfalls in offenen Feldlandschaften.
               1978, Lange & Hofmann 2002, Mebs &                                                                                                                                                                                                                     rund 400 – 600 Gramm etwa                                                                Weibchen und Junge sind heller braun
               Schmidt 2006, Arroyo 1997 für die Wie-                                                                                                                                                                                                                   ein Drittel leichter als ein                                                           als die Rohrweihe und haben einen auf-
               senweihe).                                                                                                                                                                                                                                                  Mäusebussard, bei                                                                   fälligen weißen Bürzel (Stelle oberhalb
                                                                                                                                                                                                                                                                       ähnlicher Flügelspannweite.                                                             der Schwanzwurzel). Alte Männchen se-
               Lebensweise                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     hen ganz anders aus, sie sind silbergrau
               Die Färbung der Rohrweihe variiert                                                                                                                                                                                                                                                                                                              mit schwarzen Flügelspitzen.
               von schokoladebraun bis hellbraun be-                                                                                                                                                                                           Emotionen sind für den Artenschutz                                                                              Wiesenweihe: Sie ist noch leichter ge-
               ziehungsweise blaugrau, oft mit sem-                                                                                                                                                                                            sehr wichtig. Der Flug der Rohrweihe                                                                            baut (ca. 300 g). Farblich ähnelt sie sehr
               melgelbem Kopf (siehe Fotos). Als                                                                                                                                                                                               wirkt sicher elegant. Aus größerer Nähe                                                                         der Kornweihe (siehe oben). Wiesen-
               Zugvogel erscheint sie bei uns norma-                                                                                                                                                                                           weist sie ein „Wieselgesicht“ auf. Ist das                                                                      weihen kann man bei uns meistens von
               lerweise Ende März und zieht bis Ende                                                                                                                                                                                           der Grund, warum sie auf manche weni-                                                                           Ende April bis September beobachten,
               September ab. Alte Männchen kommen                                                                                                                                                                                              ger sympathisch wirkt als der majestäti-                                                                        allerdings deutlich seltener als die Rohr-
               als erste zurück (Abb. 1). Die Art zieht                                                                                                                                                                                        sche Rotmilan oder als Falken mit ihrem                                                                         weihe.
               nicht nur tagsüber, sondern auch nachts                                                                                                                                                                                         klaren Blick? Zahlreiche Gespräche mit
               (Gatter 2000; Eigenbeob.). Sie ist in der                                                                                                                                                                                       der ländlichen Bevölkerung zeigen, dass                                                                         Österreichisches Vorkommen
               Lage, Meere zu überqueren. Die Haupt-                                                                                                                                                                                           diese Art mit Sympathie- und Akzep-                                                                             National liegen die Hauptvorkommen
               überwinterungsgebiete liegen in Afrika,                                                                                                                                                                                         tanzproblemen zu kämpfen hat. Oder                                                                              im Osten des Bundesgebietes (Dvo-
               sie kann aber auch im Mittelmeerraum                                                                                                                                                                                            kommt es nicht gut an, dass sie ihrer                                                                           rak et al. 2017). Zu nennen ist hier das
               überwintern (vgl. Arroyo & King 1995).                                                                                                                                                                                          Beute in dichte Vegetation hinterhersto-                                                                        Nordburgenland, vor allem das Gebiet
               Nach der Ankunft im Brutgebiet finden                                                                                                                                                                                           ßen kann, wendiger als ein Milan oder                                                                           des Neusiedler Sees mit seinem brei-
               auffällige Balzflüge im freien Luftraum                                                                                                                                                                                         Bussard?                                                                                                        ten, schutzbietenden Schilfgürtel, das
               statt, wie Hermann Löns sie beschreibt.                                                                                                                                                                                                                                                                                                         früher das fast einzige Brutvorkommen
               Alte Männchen haben auch Blaugrau im
Rohrweihen_Steiner_Abb1 Rohrweihe Grafik Durchzug.xlsx
                                                                                                                                                                                                                                               Bestimmung und                                                                                                  war (Gamauf 1991, 1992, 1997). Auch
               Gefieder und wirken dadurch „bunt“. Die                                                                                                                                                                                         ähnliche Greifvögel                                                                                             im Osten Niederösterreichs erfolgte in
               Rohrweihe ist mit rund 400-600 Gramm                                                                                                                                                                                            Rotmilan: Der rötliche Rotmilan hat                                                                             den vergangenen 30 Jahren eine stärke-
               etwa ein Drittel leichter als ein Mäuse-                                                                                                                                                                                        einen tief gegabelten Schwanz/Stoß.                                                                             re Ausbreitung, teils auch bei anderen
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Weihen (Sachslehner et al. 2005, 2013).
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Auch in anderen Bundesländern wie der
          16                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Steiermark und Salzburg kam es damals
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               zu einzelnen Bruten (Samwald & Sam-
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               wald 1993, Sutter 1996).
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                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Lage in Oberösterreich
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               unbestimmt
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Vor etwa 150 Jahren brütete die Rohr-
           8
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Schlichtkleid   weihe in den Verlandungszonen der
           6                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   Männchen        Flüsse Oberösterreichs, gehört also zur
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               angestammten, natürlichen Tierwelt.
           4
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               Die Brutvorkommen erloschen danach
           2                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                   infolge Verfolgung durch den Menschen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               In den 1980er Jahren kehrte sie im Zug
           0
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               einer europaweiten Erholung als Brutvo-
               1.-10.3.
                          11.-20.3.
                                      21.-31.3.
                                                  1.-10.4.
                                                             11.-20.4.
                                                                         21.-30.4.
                                                                                     1.-10.5.
                                                                                                11.-20.5.

                                                                                                                       1.-10.6.
                                                                                                                                  11.-20.6.
                                                                                                                                              21.-30.6.
                                                                                                                                                          1.-10.7.
                                                                                                                                                                     11.-20.7.
                                                                                                                                                                                 21.-31.7.
                                                                                                                                                                                             1.-10.8.
                                                                                                                                                                                                        11.-20.8.
                                                                                                                                                                                                                    21.-31.8.
                                                                                                                                                                                                                                1.-10.9.
                                                                                                                                                                                                                                           11.-20.9.
                                                                                                                                                                                                                                                       21.-30.9.
                                                                                                                                                                                                                                                                   1.-10.10.
                                                                                                                                                                                                                                                                               11.-20.10.
                                                                                                                                                                                                                                                                                            21.-31.10.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         1.-10.11.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                     11.-20.11.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                  21.-30.11.
                                                                                                            21.-31.5

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               gel zurück (Mammen & Stubbe 2003, Ge-
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                               deon et al. 2014). Bei uns war dies zuerst
               Abb. 1: Durchzugs-Muster der Rohrweihe in Oberösterreich (n=83, 1990er Jahre)                                                                                                                                                                                                                                                                   der Untere Inn (vgl. G. Erlinger). Später

                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                SEPTEMBER 2019         OÖ JÄGER     13
wurden dann auch das Traunviertel und                   Weit verbreitet: die Nichtbrüter                   sorgung der Weihenarten kommen (vgl.
                          andere Gebiete besiedelt. Wie etwa das                  Mit den Brutvögeln nicht verwech-                  Arroyo 1998, Joest 2011, Härting & Illner
                          Machland, das Ibmer Moor oder spora-                    selt werden sollten die Nichtbrüter. Sie           2012, H. Illner per mail). In Oberöster-
                          disch das Eferdinger Becken (Steiner &                  scheinen in keiner Bestandsstatistik auf,          reich ist dies weniger der Fall.
                          Erlinger 1995). Im Traunviertel brüteten                sind aber natürlich im Ökosystem wirk-
                          maximal fünf Paare in vier Schilfgebie-                 sam. Daraus resultieren viele Missver-             Feldhase und Rohrweihe
                          ten an Teichen und Flüssen. Diese waren                 ständnisse zwischen Vogelbeobachtern               Im Burgenland ergab eine Umfrage der
                          oft erstaunlich klein oder lagen weniger                und Jägern. Oftmals wenig scheu, lassen            Universität für Bodenkultur, dass ein
                          als 50 m von Störungsquellen wie Park-                  sie den Menschen auf weniger als 50                Großteil der Jagdausübungsberechtigten
                          plätzen entfernt.                                       Meter an sich heran. Sie geben Anlass              der Ansicht war, die Rohrweihe würde
                                                                                  zu so manchen Spekulationen. Gegen-                erwachsene Hasen erbeuten (C. Böck
                          Am Inn und im Traunviertel wurden                       wärtig können sie im ganzen Bundes-                per mail, Haindl 2013). In Wirklichkeit
                          durch Georg Erlinger und Helmut Steiner                 land Oberösterreich auftreten. Woher               hat die Rohrweihe jedoch schwächere
                          auch erstmals die wichtigen nahrungs-                   kommen nun diese Nichtbrüter? Wohl                 Fänge (Krallen) als der Mäusebussard,
                          ökologischen Untersuchungen durchge-                    aus den kopfstarken Vorkommen in                   und Hasen über 400-500 g können kaum
                          führt.                                                  Tschechien, der Ungarischen Tiefebene              noch bewältigt werden. Hasen wachsen
                          Dazu wurden Rupfungen, Gewölle und                      oder der Norddeutsch-Polnischen Tief-              also sehr schnell aus dem Beutebereich
                          andere Nahrungsreste an den Schilfhors-                 ebene, ähnlich wie beim Silberreiher.              der Rohrweihe heraus (Zörner 1996).
                          ten aufgesammelt und bestimmt. Am                       Denn die meisten Rohrweihen brüten                 Der Feldhase ist keinesfalls die Haupt-
                          Inn waren junge Lachmöwen aus der                       in ihrem zweiten oder dritten Lebens-              beute der Rohrweihe.
                          dortigen Großkolonie eine Hauptbeute.                   jahr noch nicht und streichen dann in
                          Im Traunviertel bei Kremsmünster war                    nahrungsreichen Gebieten umher. Dies               Erbeutung von Ratten und Wieseln
                          die Nahrung sehr vielseitig. Mäuse wa-                  ist auch daran zu sehen, dass kaum je-             Für eine nüchterne Betrachtung ist es
                          ren die Hauptbeute. Daneben wurden                      mals ausgefärbte alte Männchen unter               wichtig, dass die Rohrweihe ein Haupt-
                          verschiedene Kleinvögel, Jungvögel mit                  ihnen anzutreffen sind. Die Anzahl der             feind für Ratten und Wiesel ist.
                          eher bodennaher Lebensweise, aber                       Nichtbrüter ist schwer anzugeben, da               Bei Fahrten mit dem Mähdrescher fällt
                          auch baumbrütende Arten wie Tauben                      sie weniger ortsfest sind. Schätzungs-             auf, wie häufig sich Wanderratten in
                          erbeutet.                                               weise treten gegenwärtig einige Hundert            den großen, strukturarmen Getreidefel-
                                                                                  in Oberösterreich auf. Am zahlreichsten            dern tummeln. Weniger auffällig sind
                          Die Rohrweihe jagt demzufolge nicht                     sind sie im August, wenn auch diesjähri-           die Wiesel, wo überfahrene Straßen-
                          nur über Feldern, Wiesen, Verlandungs-                  ge Jungvögel aus dem Norden für kurze              verkehrsopfer andeuten, wo sie überall
                          zonen und dergleichen, sondern auch                     Zeit durchstreichen. Aufgrund intensiver           vorkommen. In diesen Lebensräumen
                          über Waldlichtungen, Waldrändern und                    Beobachtungstätigkeit kann man sagen,              haben sie wenige Feinde, die auf sie zu-
                          dringt fallweise auch in dichtere Baum-                 dass sie in den letzten Jahren im zentra-          greifen können.
                          vegetation vor.                                         len Traunviertel wieder etwas zurückge-            Wanderratten und auch Wiesel sind
                          Seit Ende der 1990er Jahre sind die Brut-               gangen sind.                                       Fressfeinde von Gelegen der Bodenbrü-
                          vorkommen wieder rückläufig (Steiner                                                                       ter, also Wachtel, Rebhuhn, Fasan, Kie-
                          2005, 2014, siehe Abb. 2).                              Beute ein Mangelfaktor?                            bitz, Feldlerche und dergleichen.
                          So brütet sie heute im Traunviertel nicht               Dort, wo Kulturlandschaften sehr inten-            Sowohl Ratten als auch Wiesel haben
                          mehr regelmäßig. In diesem Zusammen-                    siv und ausgeräumt sind, wie Nordbay-              mit 100-300 Gramm die optimale Beu-
                          hang wurden konkrete Hinweise auf                       ern, der Hellwegbörde oder Ostdeutsch-             tegröße für die Rohrweihe, und sind in
                          menschliche Verfolgung erbracht (vgl.                   land, kann es in mäusearmen Jahren zu              zahlreichen Studien als ihre Beute do-
                          Schlapp 2005).                                          Nahrungsengpässen bei der Jungenver-               kumentiert. Auch Fotoaufnahmen von
                                 Bestandsentwicklung wiedereingewanderter Rohrweihen in Oberösterreich                               diesen Erbeutungen existieren (z.B. Bi-
                                                                                                                                     jlsma 1993, mit Wiesel). Einmal in die
                                                                                                                                     Luft gehoben, sind diese bissigen Tiere
                          25
                                                                                                                                     relativ wehrlos. Letztendlich kann des-
 Bestandsgröße (Paare)

                                                                                                                                     halb die Wirkung auf Niederwild derzeit
                          20
                                                                                                                                     niemand seriös beurteilen (vgl. Mönkkö-
                          15                                                                                                         nen et al. 2007). Denn wenn die Bestän-
                                                                                                                                     de der Wanderratten und Wiesel auf den
                          10                                                                                                         Feldern deutlich reduziert werden, ist
                                                                                                                                     dies sehr günstig für die Gelege der Reb-
                          5
                                                                                                                                     hühner und Fasane. Hier besteht noch
                          0
                                                                                                                                     großer Forschungsbedarf.
                               1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008 2010 2012 2014 2016 2018   Die Rohrweihe ist auch ein Nestfeind für
                                                                                                                                     die kleineren Weihenarten, wie Wiesen-
                                                                         Jahr
                          Abb. 2: Bestandsentwicklung der sesshaften Rohrweihen-Paare in Oberösterreich (zuletzt geschätzt)          weihe und Kornweihe.

                          14
                         Bestandsentwicklung
                                  OÖ JÄGERwiedereingewanderter
                                                 SEPTEMBER 2019
                               Rohrweihen in Oberösterreich
              25
e)
REPORT
                                                                                                              Die Rohrweihe in Oberösterreich:
                                                                                             Feind der Ratten und Wiesel oder der Junghasen?

Rohrweihen-Weibchen im Flug.                                       Nach der Ankunft im Brutgebiet finden auffällige Balzflüge im freien
                                                                   Luftraum statt.

Besserer Schutz des Niederwildes            mehr als nur beschreibend analysieren             umfasst meist vier bis sechs Eier, denn
braucht bessere Räuber-Beute-               (Fallbeispiel Kiebitz, Steiner 2014, 2017,        am Boden können viele Feinde die Brut
Forschung                                   2018). Das heißt, dass sowohl die räum-           gefährden. Flügge werden allerdings nur
Allenfalls kann man gewisse Analogie-       liche als auch die zeitliche Dichteabhän-         selten alle Jungen, denn infolge Nah-
schlüsse aus sehr umfangreichen Unter-      gigkeit der Prädation beurteilt werden            rungsmangel gehen bei vielen Weihen
suchungen an der verwandten Kornwei-        kann. Dies ist nur möglich, wenn gleich-          die jüngsten Nestgeschwister häufig zu-
he aus Großbritannien ziehen (Redpath       zeitig großräumige und langfristige Be-           grunde (vgl. Arroyo 1994, 1998). Nach
1991, Redpath & Thirgood 1999, Thir-        standserhebungen der Beute und zu-                Steiner & Erlinger (1995) sind es meist
good et al. 2000a,b, Amar et al. 2004,                                                        vier Junge. Das ist mehr als bei heimi-
Baines et al. 2008, Thirgood & Redpath                                                        schen Mäusebussarden, wo es meist
2008). Hier wurden Einflüsse auf Sing-                                                        zwei (oder drei) sind, oder bei Habich-
vögel, Watvögel und Moorschneehühner                                                          ten, der ebenfalls meist zwei oder drei
untersucht. Mittels umfangreicher Be-            Aus Oberösterreich liegen                    Junge zum Ausfliegen bringt. Es ist auch
standserhebungen der Beutepopulatio-         Beobachtungen vor, dass Fasanen-                 mehr als bei Rotmilanen, wo es hierzu-
nen in einer ganzen Reihe von Gebieten,        hähne Rohrweihen erfolgreich                   lande meist drei (zwei bis vier) sind (H.
Nahrungsanalysen, Frequenz der Beute-               vertreiben konnten.                       Steiner unpubl. Daten).
übergaben aus Verstecken und derglei-
chen. Es konnte durchaus zu Einflüssen                                                        Die Rohrweihe ist Nesthocker und be-
kommen, jedoch vor dem Hintergrund          sätzlich ebensolche Beuteanalysen beim            ginnt mit dem Gelege erst, wenn das Ge-
der Verschlechterung des Habitats, weil     Prädator durchgeführt werden. Damit               treide höher steht, also Ende April und
sich unter dem Einfluss des Menschen        sind wir in der Lage, Schutzprojekte so-          Mai. Die Brutzeit dauert allerdings über
Heidekrautgebiete in grasdominierte         wohl für alle Kulturlandvögel, als auch           zweieinhalb Monate, sodass die Getrei-
Vegetation veränderten. Hohe Bestände       das Niederwild auf eine völlig neue Ba-           deernte beginnt, bevor die Jungen flügge
von Mäusen und des Kleinvogels Wie-         sis zu stellen.                                   sind. Damit haben die Jungen nur gerin-
senpieper ermöglichten einen „Nah-                                                            ge Überlebenschancen, falls keine spezi-
rungsgrundstock“ und Anziehungsfak-         Brutgewohnheiten                                  ellen Schutzmaßnahmen ergriffen wer-
tor im Gebiet für die Weihen, die dann      Wie fast alle Weihen, ist auch die Rohr-          den. 2018 kam es zu einer Dreierbrut in
sekundär auf die Moorhühner zugriffen.      weihe ein Bodenbrüter. In den Bäumen              Getreide auf der Traun-Enns-Platte, die
Aus Oberösterreich liegen Beobachtun-       wäre sie auch den ökologisch ähnlichen            erfolglos verlief. In Schilfgebieten kann
gen vor, dass Fasanenhähne Rohrwei-         Bussarden unterlegen, auch bei der                die Brut auch bereits Ende März, Anfang
hen erfolgreich vertreiben konnten (J.      Nestverteidigung. Sie geht entweder in            April starten und die Jungen können so
Sperrer pers. Mitt.). Mittlerweile liegen   Schilf oder in Getreide und dergleichen,          wie Mäusebussarde und Habichte Ende
auch aus Österreich erstmals substan-       was bei uns allerdings kaum vorkommt.             Juni flügge werden. In manchen Fällen
zielle Untersuchungen an Bodenbrütern       Dabei wird eine Plattform aus Halmen              kommt es bei Weihen auch zur Polygy-
vor, die die Räuber-Beute-Beziehung         oder Reisig errichtet. Die Gelegegröße            nie, also dass ein Männchen mehrere

                                                                                                 SEPTEMBER 2019             OÖ JÄGER      15
REPORT
                                                                                                             Die Rohrweihe in Oberösterreich:
                                                                                            Feind der Ratten und Wiesel oder der Junghasen?

Weibchen hat (vgl. Arroyo 1996, 1999).        de der Rohrweihe beeinflusst, ist derzeit      außeralpinen) und dergleichen weiter
Dafür sind gute Nahrungsbedingungen           nicht bekannt. Die gegenwärtige Uhu-           direkt an hsteiner@forumartenschutz.at
die Voraussetzung, wie Mäusejahre oder        Dichte ist aber sicher zu gering, dass         zu mailen. Nur diese Vorgangsweise ga-
die Nähe von Vogelkolonien.                   stärkere Effekte auf die Rohrweihenpo-         rantiert einen effizienten Schutz.
                                              pulation auftreten. Dies kann sich aber                                Dr. Helmut Steiner
Fressfeinde der Weihen                        schnell ändern, wie das Beispiel der
Es gibt kaum konkrete Forschungsergeb-        starken Uhu-Zunahme im Tiefland von            Dank
nisse zur Wirkung natürlicher Feinde bei      Schleswig-Holstein zeigt.                      Ich danke der Naturschutzabteilung des
den Weihen. Ist es deswegen unwissen-         Mehr Wirkung haben jetzt die Feinde            Amtes der Oberösterreichischen Landes-
schaftlich, diese Frage näher zu disku-       unter den Säugetieren, die weit höhere         regierung, Herrn Ing. Gerald Neubacher
tieren? Mitnichten. Lange Zeit spielten       Dichten erreichen können. Der Habicht          und Herrn Dipl.-Ing. Josef Forstinger, für
diese Fragen weder in Lehre und For-          geht auf der Traun-Enns-Platte seit 25         die Unterstützung des Artenschutzpro-
schung der universitären Wildbiologie         Jahren zurück, vor allem an deren Rän-         jektes Rohrweihe. Georg Erlinger (+)
Mitteleuropas, noch bei herkömmlichen         dern, wie detaillierte Untersuchungen          überließ mir sein umfangreiches Daten-
Vogelbeobachtern eine Rolle. Erst recht       nachwiesen (Steiner 2015). Auch der            material zu Bruterfolg und Ernährung
nicht in der Jagdpraxis. Heute weiß man       Kaiseradler befliegt bereits das Land          der Rohrweihe am Unteren Inn. Karl
jedoch, dass bei allen kleineren, mitt-       Oberösterreich, wie satelliten-teleme-         Huber danke ich für die Vermittlung von
leren und sogar vielen größeren Beute-        trierte Vögel zeigten, und ist nicht am        Bildmaterial und Beobachtungsdaten,
greifern nicht nur das Nahrungsangebot,       Ende einer Entwicklung, sondern steht          Martin Brader für solche aus den 1990er
sondern auch die Fressfeinde ganz oben        erst am Anfang, je nachdem, wie sehr           Jahren. Mag. W. Windsperger stellte ak-
als ökologischer Faktor kommen (Chaka-        man ihn akzeptieren wird. Damit wer-           tuelle Informationen vom Unteren Inn
rov & Krüger 2010, Steiner 2015, Hoy et       den sich auch die Lebensbedingungen            zur Verfügung. Zahlreichen Jägern und
al. 2015, 2016, Mueller et al. 2016, Björk-   der Rohrweihen und anderer Beutegrei-          Jagdleitern aus Oberösterreich danke
lund et al. 2016, Lyly et al. 2016): Es       fer verändern.                                 ich für Diskussionen und Beobachtun-
kommt nicht ausnahmsweise, sondern                                                           gen zur Biologie der Rohrweihe, z.B.
regelhaft zu kaskadenartigen Effekten         Aufruf                                         Herrn Winklerebner (Dietach), ebenso
von oben nach unten im Ökosystem.             Liebe Leser!                                   Landwirten, wie Herrn Gruber. Für Bild-
Als Jungenfeinde sind vor allem Fuchs         Das Institut für Wildtierforschung und         material danke ich den Herren Thomas
und Wildschwein, auch Marder und Iltis        -management koordiniert seit gut 30 Jah-       Krumenacker und Gerhard Rotheneder
zu nennen. Das Wildschwein kommt vor          ren die fachlich gute Erfassung gefährde-      herzlich.
allem für das noch wichtigste Vorkom-         ter Greifvögel in Oberösterreich. Dies ist
men im Bundesland, den Unteren Inn, in        auch weiterhin so. Deshalb bitten wir, Bru-    Literatur
Betracht, wo es stark zugenommen hat          ten und Brutverdacht bei Milanen, Wei-         Die Liste kann in der Geschäfts­stelle
(Mag. W. Windsperger pers. Mitt.). Für        hen, Adlern, Wanderfalken (besonders           des OÖ Landesjagdverbandes
die Altvögel gibt es zusätzlich folgende                                                     angefordert werden:
Feinde: Uhu, Habicht, und Kaiseradler.                                                       ooe.jaeger@ooeljv.at
Der Uhu kann sie vor allem am Boden-
schlafplatz überraschen. Der Habicht
                                                IM REVIER.
greift sie am ehesten in schnellem, bo-
dennahen Flug, entsprechend seiner be-
vorzugten Jagdweise. Er ist den Weihen
kräftemäßig weit überlegen. Die Erbeu-
tung von Weihen durch Habichte wur-
de neben Bayern und anderen Gebieten
auch für Oberösterreich bereits mehr-
fach nachgewiesen (Inst. f. Wildtierfor-
schung, H. Steiner; Bezzel et al. 1997).
Kaiseradler können auch die Nestlinge
von Weihenarten deutlich dezimieren,
wie kasachische Studien zeigten. Ob
der Wanderfalke nicht nur Kornweihen
(Zuberogoitia et al. 2012), sondern auch
Rohrweihen erbeutet, ist schlecht er-
forscht.
Eine Ausbreitung des Uhus in die haupt-
sächlich von Rohrweihen frequentierten        HOCHBURG-ACH. Mitte Juli konnte Rupert Schwaiger im genossenschaftlichen Jagd-
Tiefebenen findet gegenwärtig statt. Ab       gebiet Hochburg-Ach bei einer Vollmondpirsch diesen Keiler mit 98 kg (aufgebrochen)
welcher Dichte dieser Feind die Bestän-       zur Strecke bringen.

16    OÖ JÄGER       SEPTEMBER 2019
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THEMA

                    TEXT Univ.-Prof. Dr. Klaus Hackländer
                                    FOTOS Getty Images

         Der Wolf breitet sich momentan rasch über
        Kontinentaleuropa aus. Ausgehend von den
                      Teilpopulationen in den Alpen,
          im Dinarischen Gebirge, in den Karpaten
      und im mitteleuropäischen Tiefland wandern
        Jungtiere in alle Himmelsrichtungen ab und
            legen dabei sehr weite Strecken zurück.
        Wanderdistanzen von 1000 Kilometern oder
           mehr werden mit Hilfe besenderter Tiere
                      oder auch unter Zuhilfe­nahme
                              der Genetik festgestellt.

                Somit werden nicht nur die aktuellen
       Gebiete der Teilpopulationen größer, sondern
            fernab dieser etablieren sich Rudel und
                bilden neue Zentren der Ausbreitung.

18   OÖ JÄGER     SEPTEMBER 2019
D
         ie europäische Expertengruppe
         für große Beutegreifer (Large
         Carnivore Initiative for Europe,
LCIE) der Internationalen Naturschutzu-
nion (IUCN) schätzt den Wolfsbestand in
Europa auf ca. 17.000 Individuen, Ten-
denz steigend. Dementsprechend gilt der
Wolf auch in Europa als nicht gefährdet,
wie die jüngste Einschätzung der IUCN
im Rahmen der Erstellung der „Roten Li-
ste der gefährdeten Arten“ zeigt.
Nach Angaben der Experten der LCIE ist
die Erholung der europäischen Wolfspo-
pulation auf drei Ursachen zurückzufüh-
ren. Erstens nimmt der Anteil der Wälder
und der darin lebenden größeren Beute-
tiere in Europa zu. So sind zum Beispiel
die Rotwildbestände in den meisten EU-
Ländern seit den 1960er Jahren zwischen       Die aktuellen Gebiete der Teilpopulationen werden nicht nur größer, sondern es etablieren sich auch
                                              Rudel und bilden neue Zentren der Ausbreitung.
400 und 700 % angestiegen. Zweitens fin-
det europaweit eine Landflucht statt, was
Konflikte zwischen Mensch und Wildtie-        durch Überwachung des Handels“ streng                  Der Wolf als Ursache für Ängste
ren im ländlichen Raum vermindert und         geregelt.                                              und Konflikte
die legale oder illegale Tötung des Wolfes                                                           Betritt der Wolf die Bühne, weckt er bei
reduziert. Drittens, und das ist wohl mit     Die EU-Mitgliedstaaten haben ihrerseits                uns Menschen widersprüchliche Emo-
der wichtigste Grund für die Erholung der     die FFH-Richtlinie umgesetzt und den                   tionen, nämlich gleichzeitig Angst und
Wolfsbestände, hat der rechtliche Schutz      Wolf in den entsprechenden Gesetzen                    Faszination. Warum das so ist, hängt un-
des Wolfes in Europa seine Wirkung ent-       zu Naturschutz und Jagd berücksichti-                  mittelbar damit zusammen, dass Wölfe
falten können.                                gt. Staaten wie Österreich, Deutschland,               zu den großen Beutegreifern gehören. Sie
                                              Frankreich oder Italien, für die der Wolf              sind in der Lage, größere Säugetiere zu
Rechtsstatus                                  entsprechend dem Anhang IV der FFH-                    töten, und dazu gehört eben nun einmal
Der Wolf ist durch mehrere internationale     Richtlinie streng geschützt ist, haben die-            auch der Mensch. Der Wolf ist mächtig
Abkommen geschützt und genießt daher          sen großen Beutegreifer daher auch als                 und daher auch sagenumwoben. Gleich-
auch innerhalb der EU und auf national-       geschützte bzw. ganzjährig geschonte Art               zeitig konnten wir ihn domestizieren und
staatlicher Ebene einen strengen Schutz.      in ihre nationalen Gesetze aufgenommen.                die vielen Haushunderassen züchten.
So wird der Wolf im Anhang II der Berner      Ausnahmen von diesem strengen Schutz                   Die ambivalente Beziehung zwischen
Konvention (Übereinkommen über die            sind durch Artikel 16 der FFH-Richtlinie               Mensch und Wolf ist leicht nachvoll-
Erhaltung der europäischen wildleben-         gegeben. Dort heißt es, dass Mitglied-                 ziehbar. Was Übergriffe auf Menschen
den Pflanzen und Tiere und ihrer natür-       staaten den strengen Schutz in Einzelfäl-              angeht, so ist in Europa in der Vergan-
lichen Lebensräume) als streng geschütz-      len aufheben können, „sofern es keine                  genheit vergleichsweise wenig passiert.
te Tierart geführt. Darauf aufbauend ist      anderweitige zufriedenstellende Lösung                 Woran liegt das? Dort, wo Wölfe nie
der Wolf im Anhang II der Fauna-Flora-        gibt und unter der Bedingung, dass die                 ausgerottet wurden (z. B. Karpaten, di-
Habitat (FFH)-Richtlinie 92/43/EWG als        Populationen der betroffenen Art in ih-                narisches Gebirge), hat die Koexistenz
prioritäre Art gelistet. Er gehört damit zu   rem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz               deshalb so gut funktioniert, weil Wölfe
jenen Tierarten von gemeinschaftlichem        der Ausnahmeregelung ohne Beeinträch-                  gelernt haben, dass der Mensch eine Ge-
Interesse, für deren Erhaltung besonde-       tigung in einem günstigen Erhaltungszu-                fahr darstellt. Schließlich wurden Wölfe
re Schutzgebiete ausgewiesen werden           stand verweilen“. Als Gründe für derartige             dort immer legal gejagt und/oder illegal
müssen. Weiters wird er für die meisten       Ausnahmen können z. B. die Verhütung                   getötet. Aus diesem Grund sind Wölfe in
EU-Staaten zusätzlich im Anhang IV der        ernster Schäden in der Tierhaltung oder                diesen Gebieten auch nahezu „unsicht-
FFH-Richtlinie geführt. Dies bedeutet,        die Wahrung der öffentlichen Sicherheit                bar“, trotz vergleichsweise hoher Dich-
dass der Wolf eine streng zu schützende       geltend gemacht werden.                                ten. Videos, wie sie nach dem Ausbreiten
Tierart von gemeinschaftlichem Interesse                                                             der Wölfe in Deutschland und Österreich
ist. Der Handel mit Wölfen (lebend oder       Gerade dieser strenge Schutz führt zu                  gedreht wurden, auf denen Wölfe zu se-
Teile toter Tiere) wird im Washingtoner       heftigen Diskussionen in jenen Ländern,                hen sind, die sich unbeeindruckt von der
Artenschutzübereinkommen            (CITES,   in denen in den letzten Jahrzehnten nur                Anwesenheit der Menschen zeigen, sind
Convention on International Trade in          ausnahmsweise Wölfe auftraten. Jetzt,                  in Bulgarien oder Serbien undenkbar.
Endangered Species of the Wild Fauna          wo sich das Verbreitungsgebiet des                     Hier bringen Wolfseltern durch ihr Ver-
and Flora; Anhang II) und in der EU-          Wolfes schnell ausdehnt, entstehen weit-               halten den Nachkommen bei, Abstand
Verordnung über „Schutz und Erhaltung         reichende Konflikte mit verschiedenen                  zu halten. Lässt der Mensch zu, dass sich
wild lebender Tier- und Pflanzenarten         Landnutzergruppen.                                     Wölfe in seine Nähe trauen, dann ist es

                                                                                                       SEPTEMBER 2019            OÖ JÄGER       19
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