Rundbrief 2021 BUND Region Hannover
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Editorial 03 Contra Industriehuhn Wedemark 20 Begrüntes Hannover 04-05 Volksbegehren Artenvielfalt 21 in memorian Klaus Hennemann 06-07 Gewässerrandstreifen 22-24 Südschnellweg 08 Insektenbündnis Hannover 25 Universum Kleingarten 09-10 Weißstörche 26-28 Gartenkosmonauten 10-11 Rettet die Straßenbäume 29 Acker Pella 12 AG Naturfotografie 30 Wanderbäume 13 AG Stadtentwicklung 31 OG Pattensen 14 AG Fledermäuse 32-33 Ackergruppe 15 Naturschutzgebiet Stadt 34 Buchrezensionen 16-17 Einladung zur 35 Mitgliederversammlung 2021 Rebhühner 18 Veranstaltungskalender 36-42 OG Wunstorf 19-20 BUND aktiv 43-45 Impressum Rundbrief Nr. 60 Herausgeber: BUND Region Hannover, Goebenstraße 3a, 30161 Hannover Redaktion: Sabine Littkemann (verantw.), Kristina Bastian, Sibylle Maurer-Wohlatz Titelbild: Mäusebussard, fotografiert von Anne Walter Rückseite: Kronsberg Hannover, fotografiert von Antje Kohlstedde Satz und Layout: Baensch Plus GmbH, Eike-Christian Bänsch Druck: dieUmweltDruckerei GmbH | Auflage: 4.000 Exemplare Stand: Juli 2021 | Erscheinungsweise: Einmal pro Jahr Ein Nachdruck der Artikel ist mit Quellenangabe und Information der Redaktion ausdrücklich erwünscht. Die Beiträge einschließlich der Fotos liegen in der Verantwortlichkeit der Verfasser. Der BUND Region Hannover dankt dem Fachbereich Umwelt und Stadtgrün der Landeshauptstadt Hannover für die jährliche institutionelle Förderung. Die im Rundbrief oftmals genannte männliche Form bezieht sich gleichermaßen auf Personen jeden Geschlechts. Auf eine Mehrfachbezeichnung wurde zugunsten einer besseren Lesbarkeit verzichtet.
03 3 Editorial Corona-Pandemie und Umweltschutz Was haben die miteinander zu tun? Sehr viel! Eine Besserung dürfen wir nicht allein durch technologischen Fortschritt erwarten, denn Erstens: Durch die noch immer aktive Pandemie neue Technologie hat schon immer auch neue fallen weniger Umweltgifte an, und die CO2- Probleme geschaffen, wie unter vielem Ande- Emissionen sinken weltweit. Das ist gut so, und ren das Beispiel der Batterien für E-Autos zeigt. durch die weltweit reduzierte Produktion und Aber es gibt Hoffnung: Mobilität hilft es hoffentlich, den Klimawandel zu bremsen, der schon jetzt für manche Regio- Menschen können denken, erkennen und aus nen unseres Planeten schreckliche Folgen hat. Erkenntnis lernen – zum Beispiel dass es an der Zeit ist, eigenes Verhalten zu ändern, Konsu- Zweitens hat die Pandemie sehr deutlich ge- merwartungen und Bequemlichkeiten zurück zeigt, wovon sie profitiert hat: Massentouris- zu schrauben, Wohlstand nicht als schranken- mus über alle Grenzen hinweg und ein ausge- losen Besitz und Konsum misszuverstehen. uferter globaler Handel und Warenkonsum, der Man kann zu diesen Themen viel Information rücksichtslos und nur einem ökonomischen finden, z. B. im Internet auch auf Futurzwei Credo folgend gegen jede ökologische Vernunft (einfach dieses Wort in die Suchmaske einge- verstößt. Beides hat (neben dem Wachstum der ben), wo es unter anderem ein ganz interessan- Weltbevölkerung) der rasanten Verbreitung des tes „Zukunftsarchiv“ gibt. Wir raten zum neuen Virus Vorschub geleistet. Beides – Tourismus Jahr allen Menschen: Informieren, nachdenken, und Handel – hat letztlich mit uns zu tun: Mit mit anderen darüber reden, sich selbst prüfen. unserer Lebensweise, unserem Konsumverhal- Sind Sie dabei? ten (viel und „günstig“ soll es sein) und unseren Erwartungen (keine Einschränkungen bei Spaß, Handlungsfreiheit und materiellem Wohlstand) sind wir die Verursacher des Dilemmas. Gleich- Dr. Bernd Alt zeitig verursachen wir mit diesem unserem Ver- Vorstand BUND Region Hannover halten Umweltschäden bei uns in Deutschland Facharzt für Innere Medizin und Europa und fatale Umweltkatastrophen in und Kardiologie meist recht fernen Ländern.
04 Begrüntes Hannover Foto: Jana Lübbert BEGRÜNTES HANNOVER Förderprogramm für Gebäudebegrünung und Entsiegelung Die Begrünung von Häusern – jetzt von der Region Hannover gefördert Die steigende Nachfrage für einen finanziellen Zu- träge überwiegend für Dachbegrünungen konzen- schuss besonders für Dachbegrünungen hatte die trieren. Der BUND wird weiterhin sein kostenloses Landeshauptstadt Hannover veranlasst, auch 2020 Beratungsangebot für Fassadenbegrünungen anbie- weitere Fördermittel zur Verfügung zu stellen. ten. Denn auch wenn diese bisher wenig nachgefragt „Denn 2019 wurden im Rahmen des Projektes Be- wurden, besteht hier ein großer Vermittlungsbedarf, grüntes Hannover mehr Anträge eingereicht, mehr da sie künftig in der verdichteten Stadt als Eckpunkt Fördermittel ausgezahlt und mehr Flächen begrünt eines notwendigen Klimafolgenmanagements eine als im Zeitraum vorher!“ freute sich Jana Lübbert immer größere Rolle spielen werden. vom BUND-Projektteam. Ein Umdenken zu mehr Grün in der Stadt ist überall spürbar und so wollen Da auch für dieses Jahr Regionsmittel zur Förderung Hauseigentümern*innen jetzt nicht nur ihr Wohn- von Dach- und Fassadenbegrünung in Aussicht ge- umfeld aufwerten, sondern auch einen Beitrag zum stellt wurden, will die Landeshauptstadt Hannover Arten- und Klimaschutz leisten. zusammen mit den BUND in Zukunft den Fokus stärker auf die Flächenentsiegelung legen, da hier Die steigende Nachfrage blieb auch der Region Han- seit der erfolgreichen Einführung 2017 noch Steige- nover nicht verborgen. Sie stellte im vergangenen rungsbedarf besteht. Dies soll unter anderem durch Jahr (2020) zusätzlich 200.000 Euro Fördermittel die Förderung von Teilentsiegelungen erreicht wer- für Gebäudebegrünungen bereit, wovon auch die den, bei denen sowohl der Aspekt der Versickerung Landeshauptstadt Hannover - als eine Kommune der wie auch der Bepflanzung Berücksichtigung findet. Region Hannover - profitierte. Damit wurde nach Dazu bedarf es weiterer Anpassungen bezüglich der acht Jahren das zusammen mit dem BUND entwi- Förderung von wasserdurchlässigen „grünen Belä- ckelte erfolgreiche städtische Förderprogramm für gen“. Damit soll das Angebot noch attraktiver wer- Dach- und Fassadenbegrünungen von der Region den, denn der Wunsch nach Erholung und nutzbaren übernommen und das Fördergebiet erweitert. Fu- Raum im eigenen Wohnumfeld, besonders in Zeiten ßend auf der jahrelangen umfangreichen Öffent- der Pandemie und der zunehmenden sommerlichen lichkeitsarbeit des BUND im Rahmen des Projektes Hitzewellen, ist größer denn je. „Begrüntes Hannover“ kann die Region sich nun auf die Abwicklung der stetig eingehenden Förderan- Jana Lübbert
05 Begrüntes Hannover Foto: Gerd Wach Jedes Grün zählt - BUND und Landeshauptstadt fördern mit dem Projekt „Begrüntes Hannover“ Hofentsiegelungen Hannover soll grüner werden, gleichzeitig wird im- So sieht die Förderung jetzt aus: Wird eine beto- mer mehr Fläche für Wohnungen und Gewerbe be- nierte Hoffläche entsiegelt, sollte eine entstehende nötigt und bebaut. Um dem Leitbild einer „doppelten Vegetationsfläche mit Rasen oder Sträuchern min- Innenentwicklung“ des Bundesamtes für Natur- desten zehn Quadratmeter groß sein, damit die Kos- schutz (BfN) zu entsprechen, versuchte die Stadt mit ten für Aufbruch, Entsorgung und die anschließende Hilfe des Projektes „Begrüntes Hannover“ schon seit Begrünung bezuschusst werden. Sollen auf dem Hof 2017 unnötig versiegelte Flächen aufzuspüren und weitere Flächen mit zum Beispiel Rasengitterstei- ihre Entsiegelung und anschließende Begrünung fi- nen versickerungsfähig befestigt werden, so sind nanziell zu fördern. „Das Leitbild der doppelten In- auch dafür erstmals alle Entsiegelungskosten anre- nenentwicklung verfolgt das Ziel, Flächenreserven chenbar. Die Kosten für die anschließend verlegten im Bestand baulich sinnvoll zu nutzen, gleichzeitig Rasengittersteine werden hier entsprechend ihres aber auch urbanes Grün zu entwickeln, zu vernet- Grünanteils (40 Prozent) hinzugerechnet, bei Schot- zen und qualitativ aufzuwerten“ (BfN). Aus diesen terrasen wären es sogar 90 Prozent. Gedanken ergab sich jetzt die Idee, alle Arten von Entsiegelungen zu fördern, die sowohl befestig- Nach wie liegt der Fördersatz bei einem Drittel der te und tragfähige Flächen darstellen aber dennoch förderfähigen Kosten. Das BUND-Projektteam un- versickerungsfähig sind und Vegetation (Begrünun- terstützt die Stadt, wirbt für das Programm, berät die gen) zulassen. So werden jetzt versickerungsfähige Grundstückseigentümer*innen, nimmt die Anträge und teilweise begrünte Beläge für Einfahrten, Wege, entgegen und zahlt die Förderung aus. Die genauen Stellplätze und Hofflächen in das Förderprogramm Förderbedingungen sind unter www.begruentes- für Entsiegelungen aufgenommen. Damit werden hannover.de nachzulesen. zum Beispiel Rasengittersteine, Rasenfugenpflas- ter und Schotterrasen (nicht zu verwechseln mit Gerd Wach Schottergärten) hinsichtlich ihres Grünanteils bezu- schusst.
06 Klaus Hennemann in memoriam Klaus Hennemann (1937 – 2020) Am 12. Dezember 2020 hat uns unser langjähriges seinen stetig blühenden Staudengarten zu einem Vorstandsmitglied Klaus Hennemann für immer bewunderten Anziehungspunkt, entsprechend der verlassen. Erst im Mai 2019 war Klaus freiwillig von Aussage Foersters: „Das kleine Stück Kosmos vor seinem Vorstandsposten zurückgetreten, den er bald der eigenen Tür wird allmählich eine Zauberwerk- nach seinem Beitritt zum BUND am 1. Februar 1998 statt unerschöpflicher Möglichkeiten“. Diese Mög- für über zwanzig Jahre innehatte. Auch danach lichkeiten schließen den ökologischen Gedanken blieb er unserer Kreisgruppe verbunden, zeigte im ein, so dass nicht nur ein bunter Garten entsteht, Rahmen der „Offenen Pforte“ seinen wunderschö- sondern zugleich ein Lebensraum für die vielen In- nen und inspirierenden Staudengarten und mach- sekten und die auf sie angewiesene große Zahl an te sich mit seinen lecker geschmierten Broten und Singvögeln. Für die sorgte Klaus Hennemann wie veganen Köstlichkeiten wie jedes Jahr viele Freun- selbstverständlich zusätzlich mit selbstgetöpferten, de bei unserem letzten wegen Corona bisher noch stets sauber gehaltenen Tränken. möglichen Jahresfest im Dezember 2019. Seine wahre Passion galt dennoch den vielen Blü- Der Garten, sein Kleingarten, gelegen am Mitteland- tenbesuchern, vor allem den Wildbienen und ande- kanal in Hannover, war Quelle und Anker seiner ren Stechimmen. Auf Veranstaltungen warb er für Aktivitäten für den BUND. Nach den Ideen des be- die richtigen Nisthilfen und verurteilte die meisten kannten Gartenphilosophen und -architekten Karl zu kaufenden „Insektenhotels“ wegen ihrer vielen Foerster (1874-1970) entwickelte Klaus Hennemann Konstruktionsfehler. Als Wespenberater des BUND
07 erhielt er während der Saisonmonate Juli und Au- Klaus Hennemanns Garten – getreu Karl Foerster Klaus Hennemann gust Hunderte von Anrufen von verunsicherten eine „Wunderkiste Blütenstauden“ – gedeiht weiter Menschen aus der ganzen Republik – und oft konnte mit den Händen seiner Frau Margrit – mit ihr zu- der Wespenexperte allein mit seiner Telefonbera- sammen hat er diesen wundervollen Garten geschaf- tung erreichen, dass Wespennester nicht beseitigt fen und gepflegt. Das Titelbild des Rundbrief 2018 wurden. Seine Gartenvorstellungen brachte Klaus zeigte eine Impression seiner geliebten Gartenoase, Hennemann in den städtischen Wettbewerb „Gar- die Jahr für Jahr viele Besucher zur Offenen Pforte tenLust“ ein – hier vertrat der leidenschaftliche Na- anlockt. Wir wünschen uns, dass sein Garten auch turliebhaber über viele Jahre den BUND in der Jury, weiterhin kurz nach Klaus Geburtstag am 6. Juli die die teilnehmenden Gärten bewertete und prä- wieder eine „Offene Pforte“ haben wird – damit viele mierte. Dabei war es ihm wichtig, einen Sonderpreis Menschen lernen, dass „zur tiefsten Freude an dem, des BUND auszuloben, der für seine Vorstellungen was ist, auch die Freude, an dem was wird, gehört“ eines naturnahen und tierfreundlichen Gartens warb (Karl Foerster). – das Buch von Reinhard Witt: „Natur für jeden Gar- ten“. Gerd Wach Foto:s: Sabine Littkemann Der naturnahe und blütenreiche Garten von Klaus und Margrit Hennemann zierte das Titel- bild des Rundbriefs 2018.
08 Keine Autobahn durch die Südschnellweg Leinemasch! Bündnis gegen den Ausbau des Foto: WeAct Campact Südschnellwegs mit Rückenwind Zusammen mit zahlreichen hannoverschen Verbänden und Initiativen engagiert sich der BUND gegen den geplanten autobahnmäßigen Ausbau des Südschnellwegs durch die Leine- masch. Auf 25 Meter Fahrbahnbreite, so die rastruktur (BMVI) in Berlin. Nur hier können Planung, soll der Schnellweg ausgebaut und auf politischem Wege die Rahmenbedingungen damit für mehr und schnelleren Autoverkehr geändert werden. ertüchtigt werden. Das zentrale Ziel des Bünd- nisses: Keine Verbreiterung des Südschnellwe- Ob der Widerstand in der Landeshauptstadt ges um 13 Meter und keine damit verbundenen ausreicht, um die in Gang gesetzten Mühlen Eingriffe in einen der schönsten Landschafts- zu stoppen, erscheint also fraglich. Dennoch räume Hannovers! heißt es nun: dranbleiben. Denn der zivilge- sellschaftliche Protest lohnt sich in jedem Fall. Nicht zuletzt angesichts der fortschreitenden Nicht zuletzt, um weitere Ausbauvorhaben Klimakrise darf es in der Verkehrspolitik kein in der Region – auch für den Westschnellweg „Weiter So“ geben. Der im Rahmen von – erfor- steht in Kürze eine Erneuerung an – frühzei- derlichen – Brückensanierungen geplante Aus- tig zurück zu weisen. Sollte es sogar gelingen, bau des Südschnellweges wird unweigerlich ein das Landschaftsschutz- und Erholungsgebiet noch größeres Verkehrsaufkommen induzieren. Leinemasch gegen den Ausbau zu verteidigen, Stattdessen gilt es, den Autoverkehr überall zü- wäre ein Präzedenzfall mit Ausstrahlungskraft gig zu reduzieren, um den Zielen des Pariser geschaffen. Dafür werden wir weiter kämpfen: Klimaschutzabkommen überhaupt noch gerecht Die nächsten Aktionen des Bündnisses sind be- werden zu können. Die Infrastruktur, die wir reits in Planung! heute bauen, hält die nächsten 70 Jahre – sie muss zukunftsfähig sein! für das Bündnis: Arne Käthner Auch wenn die Planung scheinbar unbeirrt voranschreit, verspüren die Initiatoren doch Wir freuen uns über weitere Unterzeichner für unsere erheblichen Rückenwind. Die Ende Dezember Petition. Auf der Website könnt ihr euch auch eintragen, gestartete Online-Petition gegen das Ausbau- um über weitere Aktionen des Bündnisses informiert zu vorhaben haben mittlerweile Tausende un- werden: https://weact.campact.de/petitions/keine- terzeichnet. Zu einer ersten Mahnwache Ende autobahn-durch-die-leinemasch Februar auf dem Opernplatz kamen 250 Men- schen. Und nicht zuletzt sprach sich auch der Bündnis gegen den Ausbau des Südschnellwegs: hannoversche Oberbürgermeister Belit Onay in ADFC Region Hannover, ADFC Stadt Hannover, einem Brief an den Bundesverkehrsminister öf- BUND Region Hannover, Extinction Rebellion Hanno- fentlich gegen das Ausbauvorhaben aus. Denn ver, FridaysForFuture Hannover, HannovAIR Connec- Planungsträger sind nicht die Stadt Hannover tion, Hannover summt!, NABU Hannover, ParentsFor- oder das Land Niedersachsen, sondern das Bun- Future Hannover und Region, PlatzDa!, Transition Town desministerium für Verkehr und digitale Inf- Hannover, VCD Hannover, VeloCityNight
09 Universum Kleingarten Das Team UNIVERSUM KLEINGARTEN: (v.l.) Sibylle Maurer-Wohl- atz, Andrea Preißler-Abou El Fadil, Jan Heeren, Anke Bischoff UNIVERSUM KLEINGARTEN Nach vier intensiven Jahren der Zusammenarbeit unerkannte ökologisch motivierte Gärtner*innen mit hannoverschen Kleingartenervereinen endete miteinander zu vernetzen und somit ihre Position im 2020 die Förderung der Niedersächsischen Bingo Verein zu stärken. Mit einer offenen Gemeinschaft Umweltstiftung für das erfolgreiche Projekt UNI- von Kleingärtner*innen, die vereinsübergreifend für VERSUM KLEINGARTEN, das über die Stadt und verantwortungsvolles Handeln auch in Hinblick auf Region Hannover hinaus bekannt geworden ist. Idee zukünftige Generationen und ein wertschätzendes und Name und stehen für die Fülle und Vielfalt öko- Miteinander einstehen, ist dies auch gelungen. Sie logischer kleingärtnerischer Praxis, die während der werden die vom BUND-Projektteam angeschobenen Laufzeit in Form eines Leitbildes formuliert und in Impulse fortsetzen. unzähligen Workshops und Aktionen in den koope- rierenden Vereinen umgesetzt wurde. Ein wichtiges Das BUND-Team hat hierfür ein Handbuch als Leit- Ziel des Projektes war auch, gleichgesinnte, bisher faden für die eigenständige Weiterarbeit erstellt und bleibt ehrenamtlich punktuell als Ansprechpart- ner erhalten. Als weiterer Erfolg zu verbuchen ist eine Veranstaltungsreihe, die 2021 erstmals über- wiegend von Referent*innen aus den Reihen der Kleingärtner*innen bestritten wird. Der Bezirksver- band der Kleingärtner unterstützt diese Initiative durch entsprechende Öffentlichkeitsarbeit. Andrea Preißler-Abou El Fadil Fotos: UNIVERSUM KLEINGARTEN Naturnaher Kleingarten: Nektar für Wildbienen und Hummeln ab Februar durch Winterlinge, wilde Kro- kusse, Buschwindröschen; vielfältige Stauden, Buchs- baum, Eiben und Buchenhecken; Pergolen mit Lonice- ra, Clematis, Kletterrose; intensive Mulchwirtschaft
10 Universum Kleingarten Handbuch UNIVERSUM KLEINGARTEN zum Pfortenschild der offenen Gemeinschaft der Downloaden: www.universum-kleingarten.de Kleingärtner*innen 1 Die UNIVERSUM KLEINGARTEN-Gemeinschaft ist aus dem BUND-Projekt UNIVERSUM KLEINGARTEN hervorgegangen – einem Projekt der Initiatoren der Gartenkosmonauten Kleingartenpatenschaft im KGV Her- renhausen-Burg. Mit ihrem Pfortenschild am Garteneingangstor „Mein Kleingarten für Vielfalt – UNIVERSUM KLEIGARTEN – ich bin dabei“ zeigen sich die Gartenkosmonauten als ein lebendiger Teil der Gemeinschaft. Bingo Umweltstiftung fördert die Gartenkosmonauten Gartenkosmonauten als eigenes Projekt Erfolg der 1. Kleingarten-Patenschaft im KGV Herrenhausen-Burg geht in die nächste Runde Im Hochsommer 2020 lieferten gleich zwei groß- artige Nachrichten die Gartenkosmonauten im Kleingärtnerverein Herrenhausen-Burg Grund zur Foto: BUND Gartenkosmonauten Freude. Nach Monaten starker Einschränkungen durch die Pandemie durften die KiTa-Kinder end- lich wieder Ausflüge in ihren Kosmonautengarten machen. Darüber hinaus sagte die Niedersächsische Bingo-Umweltstiftung (NBU) zu, die Gartenkos- monauten mit einem Budget von 29.900 € an die BUND-Kreisgruppe als ein eigenes Projekt in 2021 zu unterstützen. Nach einem Jahr der doppelten Be- währungsprobe, sind sich das BUND Projektteam und die Zachäus KiTas sicher: die Gartensaison kann kommen. Gartenkosmonautin bei der Stangenbohnenernte
11 Ein kleiner Rückblick: Die Rolle als Paten eines ei- Gartenpatenschaften weiter zu ebnen. Die Vision ist, Gartenkosmonauten genen Kleingartens war für die Zachäus-KiTas noch auf diese Art den immensen Schatz, den die hanno- frisch, als die Pandemieregelungen griffen. Maximal verschen Kleingärten für eine Vielzahl von Stadt- zwei Personen durften den Garten betreten. Aus- kindern bergen, nach und nach zu heben. Die Vision flüge waren den KiTas grundsätzlich untersagt. Für ist auch, dass sich Kosmonautengärten mittel- und die kleinen Gartenkosmonauten begann eine Zeit langfristig über Hannovers Stadtgebiet so etablie- des „Gärtnerns ohne Garten“ bzw. der „Raumfahrt ren, dass sie zu einem Aushängeschild werden für ohne Raumschiff“. In der Zwischenzeit stemmten ein zukunftsweisendes Kleingartenwesen. vor allem einige KiTa-Pädagogen und einige Eltern die Pflege des Gartens – an Stelle gemeinschaftli- Das Potenzial zur Verwirklichung dieser Visionen cher Arbeitseinsätze traten Aktionen mit wenigen ist groß, denn in Hannover mit seinen 20000 Klein- anpackenden Händen. Im August nach der Schließ- gärten auf 5% der Stadtfläche bieten sich viele Ge- zeit war es dann endlich soweit – die KiTas durften legenheiten für Kooperationen zwischen KiTas und wieder in ihren Garten. Viele Beeren warteten be- Kleingärtnervereinen. Kosmonautengärten werden reits darauf, vernascht zu werden, die ersten Pap- von den Kindern und allen weiteren Beteiligten rikas wurden reif. Die ersten Stangenbohnen auch. kinderfreundlich und ökologisch gestaltet. Als Vor- Die ersten Äpfel folgten bald. In kleinen Gruppen bild für das Projekt „Gartenkosmonauten“ dient das konnten die KiTas die Fülle des Kleingartens wie- Lerngarten-Netzwerk Bremen, in dem jedes Jahr der mit allen Sinnen erleben, auch die neue – von rund tausend Kinder zum Gärtnern finden. „Wir KiTa-Eltern – gebaute Matschküche. Dank des groß- wollen mit unserem Projekt die Basis für ein ver- artigen Einsatzes all derer, die sich dieses Jahr trotz gleichbares Netzwerk in Hannover schaffen,“ nennt Widrigkeiten aktiv und unterstützend eingebracht Anke Bischoff vom BUND das Ziel. haben, erwies sich der Kosmonautengarten in den Sommermonaten einmal mehr als großer Glücksfall Wer sich unter diese ersten neuen Gartenkos- für die Kinder der beiden Zachäus-KiTas. monauten reihen wird, steht noch in den Ster- nen. Vier Interessensbekundungen aus hanno- verschen Kindertageseinrichtungen an solch einer eigenen Kleingartenpatenschaft gibt es bereits. Foto: BUND Gartenkosmonauten Weitere sind willkommen und werden von Anke Bischoff, die die Projektleitung über- nommen hat, unter 0177 - 21 09 080 oder anke.bischoff@gartenkosmonauten.de entgegen genommen. Anke Bischoff Wohlverdiente Pause mit selbst geernteter Goldparmä- ne, einer alten Apfelsorte, die im Kosmonautengarten wächst Ein kleiner Ausblick: Mit der Projektförderung der NBU bekommt der gemeinsame Wunsch vom BUND Region Hannover, dem Bezirksverband Hannover der Kleingärtner (BZV) und der UNIVERSUM KLEIN- GARTEN Gemeinschaft nun kräftig Rückenwind, den Weg für die bestehende und weitere (Klein-)
12 Acker Pella Foto: Sibylle Maurer-Wohlatz Gemeinschaftsgärtnerei Acker Pella e.V. Der 2013 gegründete Verein Gemeinschafts- Neben der Anzucht von Tomaten für die gärtnerei Acker Pella hat sich dem Anbau BUND-Pflanzenbörsen, bietet die Gärtnerei samenfester Gemüsesorten, Kräuter und seit 2017 in mehreren Kleingärtnervereinen Blühpflanzen verschrieben. Schwerpunkt im Frühjahr Jungpflanzen für Begeisterte der der Vereinsaktivitäten sind neben dem An- Kulturpflanzenvielfalt an. bau und Erhalt vielfältiger Kulturen auch die Erprobung ökologischer, klimagerechter und Bei der Anzucht ihrer Gemüsejungpflanzen sozialer Landbewirtschaftungsformen sowie verwendet Acker Pella torffreie Substrate, die Verbreitung von Kenntnissen hierüber. angebaut wird ohne Pestizid- und Mineral- düngereinsatz. Bei der Bewirtschaftung des Seit der Betrieb Nötel die Anzucht von Toma- Vereinsgeländes in Langenhagen achten die tenpflanzen aufgegeben hat, zieht Acker Pel- Gemeinschaftsgärtner und -gärtnerinnen la auch die von BUND und Verband Entwick- darauf, vielfältige Lebensräume und ein Blü- lungspolitik Niedersachsen e.V. (VEN) seit 20 tenangebot über die ganze Gartensaison für Jahren erhaltenen Tomatensorten an, sodass Wildbienen, Schmetterlinge, Käfer, Schweb- die BUND-Pflanzenbörsen in Zukunft wei- fliegen und Co. anzubieten. terhin mit diesem Schatz historischer Sorten versorgt werden können. Gemeinschaftsgärtnerei Acker Pella e.V. Foto: © Adobe Stock // lena_zajchikova Email: acker_pella@t-online.de Web: www.ackerpella.de FB: https://fb.com/VereinAckerPella
13 Wanderbäume Foto: Kristina Bastian „Wanderbäume“ begrünen graue Straßen und Plätze Auf tristen Straßen und Plätzen stehen plötz- stützt, die sich auf vielfältige Weise für die lich grüne Bäume. Die Wanderbaumallee Umsetzung einer ökologisch ausgerichteten Hannover, eine Aktion von umweltbewegten Entwicklung Hannovers einsetzen. Weitere Menschen, macht’s möglich! Ab 17. Juli ver- Unterstützer*innen, Mitmacher*innen und schönern acht heimische Bäume den Bereich Baumpat*innen sind herzlich willkommen. an der Goseriede. In einem Punkt unterschei- den sich diese Bäume jedoch von normalen Insgesamt sind in diesem Jahr drei Wan- Straßenbäumen: Sie stehen in fahrbaren derbaum-Aktionen vorgesehen, weite- Trögen mit Sitzgelegenheit und ziehen nach re sind für das nächste Jahr geplant. Die einigen Wochen an einen anderen Standort Orte und Termine werden rechtzeitig unter um. www.bund-region-hannover.de/wanderbaeume/ sowie auf Instagram bekannt gegeben. Alle, Die Idee der Wanderbaumallee ist es, ver- die Lust haben, sind herzlich eingeladen, schiedene Straßen und Plätze in Hannover den fröhlichen Umzug der Wanderbäume zu temporär zu begrünen und Verweilorte zu begleiten. schaffen, an denen die Bürger*innen ganz direkt erleben können, wie sich ihr Leben in Ute Pommel der Stadt durch mehr Grün nachhaltig ver- bessert – optisch, akustisch, klimatisch und sozial. Getragen wird die Aktion vom BUND Region Hannover. Darüber hinaus wird sie von einer Reihe von Organisationen unter-
14 OG Pattensen Foto: Sibylle Maurer-Wohlatz Wildblumen am Ackerrand: So könnte es in Zukunft überall aussehen. Trotz Corona einiges auf den Weg gebracht So verheißend, wie die BUND Ortsgruppe Patten- Blütenvielfalt auf Ackerrandstreifen und Stra- sen sich vor Beginn des letzten Jahres voller Elan ßenbegleitgrün durch eine gestaffelte Mahd zu getroffen hatte, so schnell hatte uns die Corona- ermöglichen. Die bisherige Praxis ist fatal: alle Pandemie bei der Umsetzung gestoppt. Allerdings Seitenstreifen werden auf einmal gemäht, sodass konnte die Pflanzen- und Tomatenbörse in Reden keine einzige Blüte mehr übrig bleibt. Auch die stattfinden und waren sehr gut besucht: über 14 Frage, wie es möglich ist, die Mahd abzufahren, Tage gestreckt und mit klaren Abständen und um die Seitenstreifen stetig abzumagern und da- Maskenpflicht. Und wir konnten zumindest im mit mehr Blüten eine Chance zu geben, wurde dis- kleinen Familienteam im zeitigen Frühjahr Müll kutiert, auch gemeinsam mit der AG Feldhamster. an der Alten Leine sammeln, was sich (leider) ge- Wir können unsere Planungen hoffentlich bald lohnt hatten. fortsetzen. Trotz aller Probleme konnten wir einen „Runden Ein erstes Highlight ist, dass die UNB einen Biodi- Tisch im Freien“ zum Thema Ackerrandstreifen in versitäts-Antrag des BUND bewilligt hat. Die von der Feldmark organisieren. Wir haben uns zwei- der Ortsgruppe vor 10 Jahren angelegte Streuobst- mal „mit Abstand“ mit allen Vertreter*innen der reihe am Hüpeder Bach soll aufgewertet werden: landwirtschaftlichen Realgemeinden, der Stadt Auf einem breiten Streifen davor wird eine Regio- Pattensen, Landwirtschaftskammer, Unteren Na- Wildblumenmischung von Rieger-Hofmann neu turschutzbehörde (UNB) und Straßenmeisterei ausgesät. getroffen. Ziel der Gespräche ist, Insekten mehr Sibylle Maurer-Wohlatz
15 Ackergruppe Foto: Sibylle Maurer-Wohlatz Mit Leidenschaft dabei: Dietrich Wohlatz bearbeitet die neue Ackerfläche Auf neuem Acker 2020 sind wir von unserer alten Fläche in Jeinsen fläche blühten fast ausschließlich viele ein- und auf eine neue in Pattensen auf dem Acker von Tina mehrjährige Blumen, und sie war ein wichtiges und Christian Redeker umgezogen gegenüber der Rückzugsgebiet für Rebhühner, die hier Deckung Kläranlage. Hier betreibt das Landwirtschaftsehe- und unendlich viel Nahrung gefunden haben. paar ein tolles Projekt „DASgemüseBEET“, wo sich Interessierte für eine Saison ein Beet von 25 qm Dietrich Wohlatz - BUND Ackergruppe pachten können mit bereits vorgepflanztem und gesätem Gemüse und dann pflegen, ernten und nachsäen. Die Nachfrage war so groß, dass die Fläche dieses Jahr vergrößert wird. „Unser“ neuer Pachtacker befindet sich dahin- ter, und unsere Ackergruppe besteht aktuell aus fünf Personen. Wir werden auch dieses Jahr wie- der viele rare alte Gemüsesorten erhalten wie die Gurke „Berliner Aal“, die Tomate „Onkel Gustav“ oder interessante alte Bohnensorten wie die „Hil- desheimer“. Umsäumt wird alles mit einjährigen Blühpflanzen, die wie ein Magnet auf viele Insek- ten wirken. Auf der aufgelassenen, alten Acker-
16 Regenerative Landwirtschaft von Dietmar Näser, Ulmer Verlag. Buchrezensionen Auf dieses Buch ha- Schritten, die hier nicht alle aufgezählt werden, ben wir gewartet: wird das System erläutert: Es fängt an, die Basen- Der Agraringeni- sättigung von Böden nach der Albrecht-Methode eur Dietmar Näser zu Beginn zu untersuchen: Nicht allein der pH- (www.gruenebrue- Wert der Böden, sondern der ausgewogene Anteil cke.de), bekannt aller Basen zueinander, also Calcium (ca. 74%), für seine prakti- Magnesium (ca.10,5 %), Kalium (ca. 2,8 %) ist schen Bodenkurse wichtig, denn zu wenig oder zu viel eines Minerals zu Regenerativer verklebt entweder den Boden oder verhindert sta- Landwirtschaft, bile Ton-Humus-Komplexe und Humusbildung. hat nunmehr sein Die Planung und Aussaat einer ausgewogenen, Wissen sehr gut vielfältigen Frucht- und Kulturfolge, aber auch verständlich in Untersaaten (!) sowie das Prinzip des immer be- Buchform veröffentlicht. Sein Leitspruch ist ins- deckten Bodens mit lebendigen Pflanzen ist ein pirierend: „Man schafft niemals Veränderung, in- nächster Schritt. dem man das Bestehende bekämpft. Um etwas zu verändern, baut man neue Modelle, die das Alte Auch eine schrittweise reduzierte Bodenbearbei- überflüssig machen.“ Und dies wurde entspre- tung und Förderung des Humusaufbaus sind wich- chend den Prinzipien der sogenannten Regenera- tige Pfeiler in der RL. Dietmar Näser empfiehlt, tiven Landwirtschaft (RL) auch bereits oft in der erst einmal behutsam mit einer Fläche Erfahrun- Praxis umgesetzt. Doch leider noch nicht bei uns gen zu sammeln und sich vor Ort mit Gleichge- in der Region Hannover, aber das kann sich ja än- sinnten zu vernetzen und auszutauschen. Viel- dern! Dabei wirken Maßnahmen der RL sofort und leicht bietet sich auch ein Stammtisch an, wenn spürbar, egal ob im konventionellen oder biologi- das wieder möglich ist. Da können dann konven- schen Land- oder Gartenbau. tionelle und Bio-Bäuer*innen und Gärtner*innen zusammensitzen! Wir haben dieses Buch auch den Doch was ist Regenerative Landwirtschaft? Sie Vertreter*innen des Niedersächsischen Weges in baut darauf auf, dass wir das Bodenleben als der Region Hannover sehr ans Herz gelegt! Schlüssel für fruchtbare Böden und den Pflan- zenstoffwechsel erst einmal verstehen. In sieben Sibylle Maurer-Wohlatz Gärtnern mit Mikroben von Jeff Lowenfels und Wayne Lewis, Verlag Dr. Friedrich Pfeil Ich erinnere mich an einen Zeitschriftenartikel funktioniert. Sie fangen an bei der Rhizosphäre, aus den 1960er Jahren, da hieß es: „Der Acker ist also dem Bereich um die Pflanzenwurzeln, wo sie dafür da, dass der Halm nicht umfällt, den Rest die Herde unter der Erde mit zuckerhaltigen Exu- macht die Chemieindustrie.“ Welch ein Irrtum! daten anlocken. Das Buch „Gärtnern mit Mikroben“ der Amerika- ner Jeff Lowenfels und Wayne Lewis beweist uns Und schon nimmt das Drama im Garten seinen das Gegenteil. Lauf: Abermillionen Bakterien fressen sich durch die Erde und halten den Stickstoff gefangen. Erst Die Autoren erklären das „Bodennahrungsnetz“, dadurch wird er für die Pflanzen verfügbar; aber die Zusammenhänge, wie das Leben im Boden auch die Amöben und Wimperntierchen ruft das
rer Suche nach Nahrung Bakterien und Amöben 17 verspeisen. Schließlich kommen die Regenwürmer Buchrezensionen angekrochen, die alles verzehren, den Boden be- lüften, Regen gut versickern lassen und den Pflan- zenwurzeln Gänge graben, wenn sie nicht Opfer von Maulwürfen oder Vögeln werden. Das ganze Theater dreht sich um den Stickstoff, von dem sich die Pflanzen im Bodennahrungsnetzwerk ernäh- ren. Das Buch ist in einem unterhaltsamen, aber der Wissenschaft verpflichteten Stil geschrieben, mit vielen praktischen Vorschlägen. Wir sollen mit den Mikroben arbeiten und nicht gegen sie. Die auf den Plan. Sie verspeisen die Mikroben samt Autoren wollen aus uns „denkende Gärtner ma- Stickstoff und werden ihrerseits Nahrung für Ne- chen, keine gedankenlosen Konsumenten“, des- matoden, die in dem Gartendrama die Rolle der halb raten sie „dringend davon ab“, den wissen- Bösewichter übernehmen. Diese Fadenwürmer, schaftlichen Teil zu überspringen. die wir zum Teil schon mit bloßem Auge erken- nen, werden ihrerseits Opfer von Pilzen, die sie er- Wenn wir als Leser eine Vorstellung vom Boden- barmungslos aussaugen und den Inhalt Pflanzen nahrungsnetz entwickelt haben, dann sind die zum Tausch gegen Kohlenhydrate anbieten. Und Ratschläge des zweiten Teils gut nachvollziehbar. weiter geht die unterirdische Schlacht mit Milben und Springschwänzen (Arthropoden), die auf ih- Dietrich Wohlatz Der Holzweg von H. D. Knapp, S. Klaus, Lutz Fähser (Hrsg.), Oekom Verlag Drei Trockenjah- der Forstbetriebe haben sich als falsche, für die Zu- re in Folge haben kunft unserer Wälder schädliche Messlatte erwiesen. in Deutschland Wa l d s c h ä d e n Mit diesem Buch wird besorgten und kritischen bislang nicht Stimmen zur Situation des Waldes in Deutschland bekannten Aus- Raum gegeben. 36 fachlich ausgewiesene Autorin- maßes sichtbar nen und Autoren legen ihre Einsichten und prakti- werden lassen. schen Erfahrungen in aller Klarheit dar – als Kritik Davon sind be- an verfehlten Forstpraktiken, als Weckruf an die sonders Fich- Zivilgesellschaft und als dringender Appell an die ten, Kiefern und Politik, die längst überfällige Waldwende einzulei- nichtheimische ten. Vor allem der öffentliche Wald muss mit der ihm Baumarten, gesetzlich auferlegten Vorbildfunktion der Daseins- vereinzelt auch vorsorge von Natur und Mensch dienen. Eichen und Bu- chen betroffen. Die Ursachen liegen nicht nur im Klimawandel, sondern auch im Umgang mit den Klappentext des Buches Wäldern in den letzten 200 Jahren. Die bisher vor- wiegend vom Holzerlös abhängigen Erfolgsbilanzen
18 Rebhühner Foto: J. Hoffmann Rebhühner in einem Garten am Stadtrand BUND kartiert Rebhühner Rebhühner gehören zu den Feldvögeln, die in den in den letzten Monaten Rebhuhnketten mit über letzten Jahren in Deutschland sehr stark im Be- 10 Vögeln gesehen. Im Normalfall sind sie auf den stand zurückgegangen sind. Sie sind inzwischen Feldern nur schwer zu sehen, es sei denn, dass sie in der Roten Liste von Niedersachsen in die Ge- gerade irgendwo auffliegen. Bei den schneebe- fährdungsstufe 2 (stark gefährdet) eingestuft. Auf deckten Feldern im Februar 2021 sind sie sehr viel den landwirtschaftlichen Flächen um Wunstorf besser zu sehen. Die Fotos zeigen Rebhühner im herum werden die Rebhühner seit drei Jahren Privatgarten von einem BUND-Mitglied am Stadt- systematisch kartiert. Dabei hat sich einerseits rand von Wunstorf. gezeigt, dass es – gemessen an der Gesamtsitua- tion - noch einen relativ guten Brutbestand gibt Die BUND-Ortsgruppe Wunstorf bittet die Wun- und anderseits das Brutergebnis im letzten Jahr storfer, die in den Feldern spazieren gehen und ganz gut war. So wurden durch Zufallsbeobach- dabei Rebhühner sehen, ihre Beobachtungen un- tungen an verschiedenen Stellen in der Feldmark ter Angabe der Anzahl und einer möglichst ge- nauen Ortsangabe an Frank Hessing (Tel. 05031 / 959003) zu melden. Die Rebhühner sollten jedoch nicht gestört werden. Die systematischen Kartie- Foto: J. Hoffmann rungen rufender Rebhühner wurden im Frühjahr fortgesetzt, sodass in einigen Monaten Ergebnisse für die ganzen landwirtschaftlichen Flächen von Wunstorf vorliegen. Frank Hessing Rebhühner in einem Garten am Stadtrand
19 OG Wunstorf Foto: Sabine Littkemann Sie sind die neuen BUND-Stimmen in Wunstorf: Frank Hessing und Imme Schrader wurden einstimmig zu den Sprecher*innen der BUND-Ortsgruppe gewählt. Neue BUND Ortsgruppe Wunstorf Bereits im letzten Rundbrief trommelte das lang- Naturschutzbehörde, den Landwirten und jährige BUND-Mitglied Frank Hessing für einen Jägern sollen auf dieser Grundlage Maßnah- Neustart der BUND-Ortsgruppe Wunstorf. Die Reso- men durchgeführt werden, um den Rebhuhn- nanz auf diesen Aufruf und auf eine nachfolgende bestand zu erhalten bzw. möglichst wieder zu persönliche Einladung aller BUND-Mitglieder aus verbessern, etwa in derzeit nicht besiedelten Wunstorf war so gut, dass sich am 22. September Bereichen. 2020 zehn BUND-Mitglieder im Bauhof in Wunstorf • Im engen Zusammenhang mit den Rebhüh- zu einer Gründungsversammlung trafen. Es waren nern sollen Blühflächen angelegt werden, da altbekannte Gesichter darunter, aber auch einige sie zur Stützung des Bestandes beitragen kön- neue – das freute auch den ebenfalls anwesenden nen. langjährigen Leiter der Ortsgruppe Wunstorf, Dr. • Ebenso sollen innerstädtische Grünflächen er- Alfred Schröcker, der dieses Amt aus Altersgründen fasst werden und in insektenfreundliche Blüh- bereits 2018 aufgegeben hatte. wiesen verwandelt werden. Eine Initiative soll Erste Projekte und Aktionen, der neuen Ortsgruppe: die weitere Ausbreitung von Schottergärten verhindern. • Das Volksbegehren Artenvielfalt wurde bis • Die Planung für die Nordumgehung Wunstorf zur Beendigung der ersten Phase des Volksbe- ist zwar abgeschlossen und der Bau damit gehrens und dem Abbruch der Aktion mit der wohl nicht mehr zu verhindern. Trotzdem soll Unterschriftensammlung in der Wunstorfer noch versucht werden, Verbesserungen in der Innenstadt unterstützt. Planung zu erreichen. • Bereits seit drei Jahren werden auf den land- • Die Gebäudebrüter wie Mauersegler und wirtschaftlichen Flächen um Wunstorf und Mehlschwalbe sollen durch Nisthilfen im in- seiner Ortsteile herum die Rebhühner als nerstädtischen Bereich gefördert werden. Grundlage für ein Artenschutzprogramm kartiert. Diese Kartierung soll 2021 fortge- setzt werden. In Kooperation mit der Unteren
20 Zum Erreichen der Ziele will die Ortgruppe kon- Zum Sprecher der Ortsgruppe, die sich zukünftig OG Wunstorf struktiv mit der Stadt Wunstorf, den Landwirten alle zwei Monate treffen will, wurde Frank Hessing und mit allen andern Akteuren zusammenarbeiten. gewählt, seine Stellvertreterin ist Imme Schaper. Die Außerdem sollen Vorträge und Exkursionen zu Ortsgruppentreffen finden monatlich statt. Durch Umwelt- und Naturschutzthemen durchgeführt wer- die anhaltende Corona-Situation bislang als Video- den. Ein weiteres Thema für die Ortsgruppe werden Konferenz. Die Termine für die OG-Treffen können in den nächsten Jahren die Planungen der Bahn zum bei Frank Hessing (Tel. 05031 / 959003) erfragt Ausbau bzw. Neubau der Bahnstrecken Hannover werden. – Verden und Hannover – Bielefeld. Von beiden Planungen ist Wunstorf direkt betroffen. Sabine Littkemann Hähnchenmast in Elze: OVG Niedersachsen fällt CIW mästerfreundlichen Beschluss Wir gingen davon aus, dass die Aussichten gut sei- en, u.a. weil die Flächen des Landwirts zunächst Foto: Hubert Rieting nicht ausreichten. Aber das OVG akzeptierte die zahlreichen Pachtvertragsverlängerungen und neuen Pachtverträge, die der Landwirt nach dem erstinstanzlichen Beschluss im Dezember 2019 und Januar 2020 abschloss. Wir sind davon überzeugt, dass trotz der Nieder- Mitglieder der Bürgerinitiative CIW demonstrierten lage beim OVG das Engagement des Vereins Con- im September 2020 gegen die geplante Staller- tra Industriehuhn Wedemark nicht umsonst war. weiterung in Elze. Durch unsere Öffentlichkeitsarbeit, auch durch die CIW-Homepage, trugen wir auf regionaler Ebene dazu bei, die Bürger über die Umweltschä- Nach dem Beschluss des Oberverwaltungsgerichts den der industriellen Hühnerhaltung, die immen- Niedersachsen (OVG) im September 2020, den sen Tierschutzprobleme und die großen Gesund- Eilantrag des NABU abzuweisen und dem Hüh- heitsgefahren für uns Menschen aufzuklären. nermäster die Aufnahme des Betriebs zu erlau- Ein Schwerpunkt war dabei die Information über ben, hat der Vorstand von Contra Industriehuhn die Schäden, die von antibiotikaresistenten Kei- Wedemark (CIW) sich an die Bewertung der Ge- men ausgehen. richtsentscheidung gemacht und beschlossen, die Arbeit vorerst ruhen zu lassen. Die Höhe der Spenden, die wir bekamen, beweist, dass wir viele Menschen erreicht haben und der Der OVG-Beschluss war sehr enttäuschend für die Widerstand gegen Mega-Mastställe groß ist. Bürgerinitiative, denn es hatte nach dem positiven erstinstanzlichen Beschluss des Verwaltungsge- Allen Spenderinnen und Spendern sei an dieser richts Hannover im Dezember 2019 und einigen Stelle noch einmal herzlich gedankt. anderen für Gegner der industriellen Tierhaltung günstigen Gerichtsentscheidungen Grund zur Christiane Hussels Hoffnung gegeben. Für den Vorstand CIW
! 21 ICH BIN Volksbegehren Artenvielfalt DANN MAL WEG Foto: Naturgucker, Hubert Gerweck VIELFALT SCHÜTZEN, Volksbegehren Artenvielfalt macht WegZUKUNFT frei RETTEN für den „Niedersächsischen Weg“ Nachdem im Frühjahr 2020 die Initiative „Volks- rung, den sogenannten „Niedersächsischen Weg“, begehren Artenvielfalt“ in Niedersachsen gestar- zu unterzeichnen. Die entsprechenden Änderun- tet wurde, hofften viele Naturschützer*innen auf gen im Naturschutz-, Wald- und Wassergesetz weitreichende Verbesserungen im Natur- und wurden am 10.11.2020 vom Landtag einstimmig Artenschutz. Viele Ehrenamtliche sammelten ab verabschiedet. Das Volksbegehren Artenvielfalt Juni 2020 fleißig Unterschriften, um die benötig- wurde deshalb mit bis dahin 162.530 gesammel- te Anzahl von 610.000 Stimmen für das Volksbe- ten Unterschriften auf Eis gelegt. gehren zu erreichen. Auch wir als BUND Region Hannover unterstützten das von Bündnis 90/Die Der BUND Region Hannover hat diesen Prozess Grünen, dem Beruf- und Erwerbs-Imker-Bund kritisch begleitet. Leider erfolgte die aktive Ein- e.V. und dem NABU Niedersachsen e.V. initiierte bindung der BUND-Basis in die Gespräche mit der Bündnis. Landesregierung nur sehr eingeschränkt, so dass die Skepsis gegenüber dem „Niedersächsischen Doch fast zeitgleich machte sich die Landesre- Weg“ hoch ist. Ob er den erhofften Erfolg bringt gierung auf den „Niedersächsischen Weg“, wohl und der dramatische Artenschwund in unserer auch aufgrund des Volksbegehrens und dessen Kulturlandschaft damit zumindest gestoppt wer- breiter Unterstützung in der Bevölkerung. Dabei den kann, bleibt noch abzuwarten. Wir werden ging es darum, die Forderungen des Volksbegeh- den „Niedersächsischen Weg“ in jedem Fall wei- rens aufzugreifen und einen gemeinsamen Weg terhin kritisch begleiten und mithelfen, dass seine mit Landwirtschaft und Naturschutz zu finden. Vereinbarungen auch wirklich zielführend umge- In Zusammenarbeit mit dem Landvolk, der Land- setzt werden. wirtschaftskammer, dem NABU und dem BUND gelang es nach vielen Gesprächen, eine Vereinba- René Hertwig
22 Gewässerrandstreifen Foto: Gerd Wach Gewässerrandstreifen am Emmerbach, LK Gifhorn, 2. Platz beim Gewässerwettbewerb 2020 „Bach im Fluss“ mit Schwarzerlen und Totholz. Die vergessene Aufgabe des Niedersächsischen Weges*: Bäche und Flüsse brauchen gehölzreiche Randstreifen Gewässerrandstreifen erlangten im letzten Jahr eini- Hochwässern und Aufnahme von Wasser aus den ge Bekanntheit, als es in den Auseinandersetzungen anliegenden drainierten Flächen – standen und ste- um den „Niedersächsischen Weg“ darum ging, ihre hen massive Nachteile für das Landschaftsbild, der Qualitäten und ihre Bedeutung für die Bäche und Artenvielfalt in und an den Gewässern und die Eu- Flüsse in Niedersachsen zu bestimmen. trophierung gegenüber. Eine lange Auseinanderset- zung um jeden Meter links und rechts der Bäche und Was sind Gewässerrandstreifen eigentlich und wo Gräben zwischen Landwirtschaft und Naturschutz begegnet man ihnen? In Wäldern und nicht land- war die Folge, um einen räumlichen Puffer zwischen wirtschaftlich genutzten Naturschutzgebieten wird den Agrarflächen und dem Fließgewässer zu schaf- kaum von ihnen gesprochen, obwohl sie rechtlich fen. Die landwirtschaftliche Nutzung und ihre Stoff- auch dort vorkommen. Man spricht von Auen mit einträge sollten möglichst wenig das Fließgewässer ihren typischen Überschwemmungs- und Vegetati- beeinträchtigen. Nach den großen Flurbereinigun- onszonen. Diese machen die Vielfalt und Schönheit gen der 50er bis 70er Jahre des letzten Jahrhunderts eines Bach- und Flusslaufes aus. entstanden so in den folgenden Jahrzehnten mehr oder weniger breite Gewässerrandstreifen, die dann Tritt der Bach in die Agrarlandschaft ein, so steht 2010 anlässlich der Grundgesetzreform mit fünf Me- ihm seine ursprüngliche Aue meistens nicht mehr tern im Wasserhaushaltsgesetz (WHG) des Bundes zur Verfügung, obwohl diese in der Landschaft noch festgelegt wurden. Es war das erste bundesweit be- erkennbar ist. Die jährlichen Überflutungen der Au- nannte Recht, dass Flächen an den Rändern zu den enflächen wurden durch einen Ausbau des meist neu Fließgewässern zu zählen sind. geschaffenen Fließgewässerverlaufs durch Verbeite- rung und Tieferlegung verhindert. Nur sehr extreme Da nun Umwelt Länderhoheit ist, beließ es Nieder- Hochwässer führen da noch zu großflächigen Über- sachsen nur für Gewässer zweiter Ordnung bei den schwemmungen. Den Vorteilen der Landwirtschaft fünf Metern. Der Ordnungsbegriff beschreibt übri- – Nutzung der fruchtbaren Aue, Verhindern von gens die Zuständigkeit für die Gewässerunterhal-
23 tung (= Pflege): bei der ersten Ordnung ist es die werden. Als Erfolg wurde erzielt: Für die 130.000 km Gewässerrandstreifen Bundeswasserstraßenverwaltung, bei der zweiten Fließgewässer der III. Ordnung gilt mit Einschrän- Ordnung sind es dafür gegründete Unterhaltungs- kungen ab 2022 jetzt ein drei Meter Randstreifen verbände, und bei der dritten Ordnung sind es die zusätzlich zu den fünf Metern bei den 28.500 km Anlieger selbst. Die Gewässerordnungen spiegeln Gewässern II. Ordnung. Als wichtigstes Verhand- auch ungefähr die Mächtigkeit der Gewässer wider. lungsergebnis wurde jedoch erreicht, dass auf die- Bei der großen Masse aller kleinen Fließgewässer (in sen Gewässerrandstreifen weder gedüngt noch ge- der Regel III. Ordnung) blieb es - je nach Region – spritzt werden darf. So kann erwartet werden, dass zwischen null und einem Meter Randstreifen. Mit weniger Stickstoff über die vielen kleinen Gräben der Festlegung eines gesetzlichen Randstreifens än- und Bäche, gesammelt von Weser, Ems und Elbe, dert sich übrigens qualitativ auf dem Randstreifen der Nordsee zufließt und sich die Überdüngung des und im Gewässer fast nichts. Der Status quo wird Meeres hoffentlich langfristig reduziert. Damit wird nur festgeschrieben, eine Grünlandfläche am Ge- Deutschland seiner Verpflichtung näher kommen, wässer hatte eine Grünfläche zu bleiben, und wenn dass im Mittel nicht mehr als 2,8 mg/l Stickstoff aus es ein Acker war, konnte weiter geackert werden. seinen Zuflüssen in die Nordsee gelangt, 2016 waren es noch 3,8 mg/l mit abnehmender Tendenz. Und was wurde zur Qualität der Randstreifen selbst, die eine wichtige Rolle für den nach dem Wasserge- setz geforderten guten ökologischen Zustand spie- len, erreicht? Dieses Gütemerkmal muss spätestens 2027 vorliegen – augenblicklich weisen jedoch nur zwei Prozent (!) diesen guten Zustand auf. Also eine Sisyphosaufgabe. Haben wir jetzt bessere Bedingun- gen, sie zu stemmen? Die Verringerung der Stick- stoff – und Phosphateinleitungen sind zu begrüßen, werden aber allein nur wenig zum Erreichen des gu- Foto: Gerd Wach ten ökologischen Zustands beitragen. Ein wichtiges Qualitätsmerkmal dafür wäre die Gewässerstruktur, dass heißt wie verschieden sind Breite, Tiefe, Strö- mungsgeschwindigkeiten und Uferausprägungen über den Gewässerverlauf verteilt. Würden Bäume und Büsche die Gewässer begleiten, kämen wir dem So nicht: Ein im übergroßen Trapezprofil ausge- guten Zustand ein ganz großes Stück näher, weil bauter Bach, fast gehölzfrei, mit einem Gewässer- sie auf die Struktur in gewünschter Weise Einfluss randstreifen, der aus Maisacker und asphaltiertem nähmen. Fahrweg besteht (Dahlumer Moorbeeke in Geste, September 2020). Leider gibt es dazu keine Aussagen im Verhand- lungsergebnis, wahrscheinlich wurde das auch gar Vor diesem rechtlichen Hintergrund gingen die nicht thematisiert. Damit bleibt es bei den schlech- Umweltverbände in die Verhandlungen beim ‚Nie- ten Aussichten für die Zielerreichung, und es bleibt dersächsischen Weg‘ - mit Landwirtschaft und Mi- auch bei einer Kann-Bestimmung im niedersäch- nisterien - mit dem Ziel, dass der fünf Meter breite sischen Wassergesetz, die besagt, dass die Unteren Randstreifen entsprechend WHG für alle Fließge- Wasserbehörden das Pflanzen von Gehölzen fordern wässer gelten müsse. Mit einem breiteren Puffer können. Das haben sie in den letzten fünfzig Jahren sollte der Eintrag aus der Fläche in die Gewässer jedoch nicht „gekonnt“. Ein weiteres herausragen- weiter minimiert, die Nährstoff- und Pestizidfracht des Element zur Verbesserung der Diversität und der gesenkt und damit die Gewässerqualität verbessert Artenvielfalt unserer Bäche und Flüsse ist das Tot-
24 Gewässerrandstreifen Foto: Sabine Littkemann Selbst zwei einsame Bäume bringen Struktur in das Gewässer, hier der Mühlengraben bei Bissendorf (Wedemark). holz. Darunter versteht man abgestorbene Äste oder sogar Baumstämme, die ins Wasser fallen und so das Habitat für viele Mikroorganismen und wirbellose Tiere wie z. B. Eintagsfliegenlarven bilden. Gleichzei- tig verändert es die Struktur und die Strömungsver- hältnisse und verbessert allein dadurch die ökologi- schen Bedingungen. Ohne Bäume an den Gewässern fehlt dieses Plus und müsste künstlich eingebracht werden. Schwarzerlen, als typische Begleiter unserer Fließgewässer, befestigen und beschatten das Ge- wässerbett und verhindern so übermäßigen Pflan- zenwuchs (das „Verkrauten“) und damit auch ein Foto: Gerd Wach zu starkes Erwärmen unserer sommerkühlen Bäche. Mit dem Erlenlaub im Wasser startet eine klassische Nahrungskette über Bachflohkrebs und Bachforelle mit den Spitzenprädatoren Schwarzstorch und Fischotter. Alles Charakteristika, die den guten öko- logischen Zustand beschreiben Dieser war wohl noch nicht im Fokus, als man über *)Der „Niedersächsische Weg“ ist eine Verein- den Zustand und die Aufgaben von Gewässerrand- barung zwischen BUND, Landvolk, Landwirt- streifen beim „Niedersächsischen Weg“ verhandel- schaftskammer, NABU und den niedersächsi- te. Man freut sich jetzt, dass auf den Randstreifen schen Ministerien für Landwirtschaft und Umwelt, – gegen Entschädigung – bald nicht mehr gespritzt um gemeinsam Verbesserungen im Naturschutz und gedüngt werden darf. Aber erst wenn Esche, und bei Gewässerrandstreifen zu erreichen. Schwarzerle, Bergahorn, Haselnuss, Bruchweide Um einem Volksbegehren für mehr Artenviel- u.a. auf den Flächen Mais und Zuckerrübe abgelöst falt, gestartet von den Grünen und dem NABU, haben, werden unsere Bäche und Flüsse wieder zu entgegenzusteuern, wurde im Mai 2020 obige Lebensadern in der Landschaft, deren Funktion sie Vereinbarung geschlossen und zügig mit Ver- mal innehatten. handlungen begonnen. Das Ergebnis war das Artikelgesetz ‚Niedersächsischer Weg‘, das am Gerd Wach 10. November 2020 mit sehr großer Mehrheit vom niedersächsischen Landtag angenommen wurde. Das Volksbegehren wurde eingestellt.
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