Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur

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Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Rundbrief 2019
NABU Holzminden

GEMEINSAM
  Für Mensch und Natur
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Impressum

© 2019, NABU Holzminden

Naturschutzbund Deutschland (NABU)
Kreisgruppe Holzminden e.V.
Oberbachstraße 47, 37603 Holzminden
Telefon: (05531) 700 432
E-Mail: info@NABU-Holzminden.de
Internet: www.NABU-Holzminden.de

Spendenkonto:
Braunschweigische Landessparkasse
BIC: NOLA DE 2HXXX
IBAN: DE13 2505 0000 0027 6400 10

Spenden sind steuerlich absetzbar.

Gestaltung
Stefanie Beyer, Bodenwerder

Aus sprachlichen Gründen wird auf die Differenzierung von
weiblicher und männlicher Schreibweise weitgehend ver-
zichtet.

Druck
Auflage: 1.500
Gemeindebriefdruckerei, Groß Oesingen

Bezug
Den Rundbrief erhalten Sie im NABU-Umweltladen,
Oberbachstraße 47, 37603 Holzminden.

Titelfoto
Lenne (S. Beyer)
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Liebe Leserinnen und Leser,

Natur verschwindet?!

Eine Aussage, die in den letzten Jahren immer mehr an Bedeutung und
auch an Brisanz gewinnt:
Flächenverlust durch Straßenbau, Industriebauten und privaten Wohn-
raum; Umgestaltung von Gärten in pf legeleichte „Stein“gärten, Be-
seitigung von Straßenbegleitgrün; Versiegelung von Flächen, auch im
privaten Bereich; Rückgang der Insektenpopulation durch Einsatz von
Pestiziden im privaten wie gewerblichen Bereich, aber auch von Laub-
saugern…

Was kann eine Gruppe wie der NABU Holzminden dagegen tun?

Da ist zum einen die Förderung von ökologischem Verhalten, indem
wir uns an geeigneten Veranstaltungen beteiligen und in unserer Natur-
Erfahrungs-Stätte NEST insbesondere Kinder und Jugendliche für ökolo-
gisches Verhalten sensibilisieren.

Zum anderen sind der Schutz von Lebewesen, etwa Fledermäusen, und
das Bewahren von Biotopen Schwerpunkte der Arbeit des NABU. Dazu
finden Sie hier im Rundbrief u.a. Berichte über Igel, Mauersegler, das
Projekt Schwalben willkommen und das neue Amphibienschutzprojekt
LIFE BOVAR.

Wahrnehmen von Mitspracherechten bei Projekten im öffentlichen und
gewerblichen Bereich, z.B. bei Straßenneubau oder Veränderung von
Emissionen.

Nicht unwichtig ist auch die Vernetzung des NABU Holzminden mit
anderen NABU-Gruppen innerhalb der Regionalgeschäftsstelle Weser-
bergland. Zur besseren internen Vernetzung möchten wir Ihnen gern
zukünftig ein paar Mal im Jahr Informationen per E-Mail, etwa zu
Terminen, zukommen lassen, wie hier im Rundbrief näher beschrieben.

Und auf keinen Fall sollte vergessen werden: In 2019 wird der NABU
Holzminden 40 Jahre!

Helmut Roth

                                                                         1
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Inhalt

    40 Jahre NABU Holzminden .......................................................................3
    Die Feldlerche – Vogel des Jahres 2019 ...................................................12
    Natur des Jahres 2019 ...............................................................................14
    Amphibienwanderung – helfende Hände gesucht! ................................29
    LIFE BOVAR –
    großes Amphibienschutzprojekt des NABU Niedersachsen gestartet ...31
    Igel im Garten ...........................................................................................33
    NABU zu Gast in der Hagentorschule Stadtoldendorf ...........................35
    „Seht die Vögel unter dem Himmel“ .......................................................37
    Schwalben willkommen im Landkreis Holzminden ..............................40
    Gelungene Schutzmaßnahmen für Wasseramsel und Steinkauz .........42
    NABU fordert Agrarwende – Neue Agrarpolitik jetzt! ...........................44
    NABU-Informationen per E-Mail ..............................................................46
    Neues aus dem NABU-Umweltladen ........................................................47
    Ehrung für 30 Jahre Mitgliedschaft im NABU Holzminden ..................50
    Kurz notiert ...............................................................................................51
    Einladung zur Mitgliederversammlung ..................................................54
    Kassenbericht für das Jahr 2018 ..............................................................55
    Ansprechpartnerinnen und -partner bei speziellen Fragen ...................56
    NABU Holzminden – Vorstand und Beirat ..............................................59
    Beitrittsformular .......................................................................................60

2
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
40 Jahre NABU Holzminden

Seit ihrer Gründung 1979 beschäf-     punkt ist die Umweltbildung mit
tigt sich die Kreisgruppe mit drei    Angeboten für Groß und Klein
sich überschneidenden Aufgaben-       in der Natur-Erfahrungs-STätte
bereichen:                            (NEST) oder im Veranstaltungs-
                                      programm mit Natur-Erlebnis-
Artenschutz: Schutzmaßnahmen          Aktionen, mit Vorträgen zu
für Uhu, Schleiereule, Steinkauz,     aktuellen Naturschutzthemen
Wanderfalke, Turmfalke, Dohle,        und mit Exkursionen. Und seit
Weißstorch, Wasseramsel, Eis-         2008 gibt es eine Gruppe der
vogel, Schwalben, Mauersegler,        Naturschutzjugend NAJU. Großen
höhlenbrütende Singvögel, Fleder-     Zuspruch hat der UmWeltladen in
maus, Haselmaus, Igel, Amphi-         Holzmindens Innenstadt, den der
bien, Reptilien, Wespen, Hornisse,    NABU gemeinsam mit dem Verein
Wildbienen, Schmetterlingen           Weltladen betreibt.

Biotopschutz: Sicherung und           Alle Aktivitäten der Kreisgruppe
Pf lege ökologisch wertvoller und     werden von ehrenamtlich täti-
bedrohter Flächen durch Kauf          gen Mitgliedern „gemanagt“, von
oder Pacht. Zurzeit werden 29         denen einige mit NABU-Ehren-
Gebiete mit rund 120 ha betreut.      nadeln ausgezeichnet wurden
Ein Schwerpunkt ist die Renatur-      oder Umweltschutzpreise des
ierung der Weseraue. Dieses           Landkreises bekommen haben.
Projekt wurde als sogenanntes         2008 wurde dem NABU Holz-
Leuchtturmprojekt des NABU an-        minden die höchste Auszeich-
lässlich der UN-Artenschutzkonfe-     nung des Bundesverbandes, die
renz in Bonn vorgestellt.             Lina-Hähnle-Medaille, als Gruppe
                                      des Jahres verliehen.
Öffentlichkeitsarbeit: Über alle
Aktivitäten der Kreisgruppe wird      Der Blick auf die bisherigen
regelmäßig in der Presse berich-      1. Vorsitzenden bzw. Vorstands-
tet. Darüber hinaus werden im         sprecher macht die Kontinuität
Rahmen der Verbandsbeteiligung        der Kreisgruppe deutlich:
naturschutzfachliche Stellung-        1979 bis 1985 Dieter Koenig
nahmen erarbeitet. Außerdem           1985 bis 1997 Ulrich Frischgesell
wird der amtliche Naturschutz         1997 bis 2005 Stefan Jacob
durch Mitarbeit z.B. in Erfassungs-   2005 bis 2011 Ulrich Frischgesell
programmen oder durch Beratung        2011 bis 2013 Stefan Jacob
unterstützt. Ein weiterer Schwer-     Seit 2013       Tanja Frischgesell

                                                                           3
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Eine ausführliche Chronik und                   Ÿ Schutzmaßnahmen für Stein-
       eine Kurzfassung sind im Internet                 kauz, Schleiereule, Wasser-
       unter www.NABU-Holzminden.de                      amsel, Eisvogel, Kleinvögel
       zu finden. Hier einige wichtige                 Ÿ erstes Weidenschneiteln
       Ereignisse der letzten 40 Jahre:
                                                       Ÿ Ausstellung in drei Banken
       1979
                                                       1981
       Ÿ Gründung der Kreisgruppe
                                                       Ÿ Bau von Volieren für die Zucht
         Holzminden im Deutschen
                                                         von Steinkäuzen und Schleier-
         Bund für Vogelschutz (DBV)
                                                         eulen
       Ÿ Ersteigerung des „Pöttcher
                                                       Ÿ Fortsetzung der Uhu-Zucht und
         Grund“ und Anpachtung der
                                                         -Auswilderung
         der ersten Flächen
                                                       Ÿ Betreuung der ehemaligen Klär-
       Ÿ Bau und Anbringung von
                                                         teiche Holzminden
         Kästen für Schleiereulen und
         Wasseramseln                                  Ÿ Biotopgestaltung im „Pöttcher
                                                         Grund“
       Ÿ Erstellung von Rundbriefen mit
         Veranstaltungsprogramm
                                                       1982
       Ÿ Zum Jahresende hat die Kreis-
                                                       Ÿ Fragenkatalog an die örtlichen
         gruppe etwa 100 Mitglieder
                                                         Kandidaten für die Landtags-
                                                         wahl
       1980
                                                       Ÿ Kauf der Fläche „Petersilien-
       Ÿ Erste Krötenschutzaktion (vor
                                                         placken im Hülsebruch“
         Heinsen)
                                                       Ÿ Werbeaktion mit Probe-Exemp-
                                                         laren der DBV-Zeitschrift „Wir
                                                         und die Vögel“ in Arztpraxen
                                                       Ÿ Fotowettbewerb „Unsere Natur
                                                         – mit der Kamera beobachtet“

                                                       1983
                                                       Ÿ Eigentumsf läche „Pöttcher
                                                         Grund“ bei Hunzen wird Natur-
                                                         schutzgebiet
                                                       Ÿ Kauf der Fläche „Burgberg-
                                                         Südhang“
                                                       Ÿ Bildung einer DBV-Jugend-
                                                         gruppe in Eschershausen
    Foto: Lenne-Exkursion ca. 1980 (NABU Holzminden)

4
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
1984
Ÿ DBV-Werbeprospekt mit einge-
  legter Beitrittserklärung
Ÿ Gründung einer DBV-Jugend-
  gruppe in Holzminden

1985
Ÿ Einrichtung einer Geschäfts-
  stelle im „Severinschen Haus“
  in Holzminden, Halbmondstr. 9
Ÿ Stellungnahme gegen eine ge-
  plante Mülldeponie bei Stadt-
  oldendorf                         Foto: Aufbau des Krötenzaunes vor Stadtoldendorf
                                    Anfang der 1980er Jahre
1986                                (NABU Holzminden)
Ÿ Ausführliche Stellungnahme
  zum Entwurf des Regionalen        1989
  Raumordnungsprogramms             Ÿ Ausstellung zum 10-jährigen
Ÿ Podiumsdiskussion „Fragen           Bestehen der Kreisgruppe
  zum Natur- und Umweltschutz       Ÿ Wochenendseminar auf NABU
  im Landkreis Holzminden“ mit        Gut Sunder mit Ratsherren der
  Politikern vor 150 Besuchern        Samtgemeinde Bodenwerder
  anlässlich der Kommunalwahl
                                    Ÿ Gemeinsame Aktionen von
                                      BUND, BSL und DBV wegen
1987
                                      trockengefallener Lenne und
Ÿ Wochenendseminar der Kreis-         ausgetrocknetem Lonaubach
  volkshochschule „Rettet die
                                    Ÿ Die Mitgliederversammlung
  Bäche“ von BUND und DBV
                                      beschließt eine Satzung, das
Ÿ gemeinsame DBV-/BUND-               Finanzamt erkennt die Gemein-
  Jugendgruppe                        nützigkeit an
Ÿ Einstellung eines wissenschaft-
  lichen und eines pädagogischen    1990
  Mitarbeiters für 2 Jahre          Ÿ Namensänderung in „Natur-
                                      schutzbund Deutschland
1988                                  (NABU)“
Ÿ Neues Werbefaltblatt der DBV-     Ÿ Neue Geschäftsstelle in Holz-
  Kreisgruppe                         minden, Uferstraße 10
Ÿ Zum Jahresende hat die Kreis-     Ÿ Ausstellung in mehreren
  gruppe etwa 320 Mitglieder          Banken

                                                                                       5
Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Ÿ Gespräche mit Umweltministe-
                                                      rium, Bezirksregierung, Land-
                                                      kreis und Verbänden über die
                                                      Einrichtung einer Naturschutz-
                                                      station
                                                    Ÿ Diskussion mit dem „Arbeits-
                                                      kreis Junge Landwirte“, BUND
                                                      Hameln und NABU Holzminden

                                                    1993
                                                    Ÿ Kauf und Gestaltung der
                                                      „Kiesabgrabung Heinsen“ im
                                                      Rahmen des Erprobungs- und
      Foto: Vorstands- und Beiratsmitglieder 1989     Entwicklungsvorhabens Auen-
                             (NABU Holzminden)        renaturierung in der Ober-
                                                      weserniederung
    Ÿ Einstellung einer Dipl. Biologin
      zur Beratung in Natur- u. Um-                 1994
      weltschutzfragen für 2 Jahre                  Ÿ Kauf und Gestaltung der
    Ÿ Mehrwöchiges Greifvogel-                        Flächen „Hellegrabenmündung/
      seminars in der Grundschule                     Mönchewerder“ im Rahmen der
      Eschershausen                                   Weserauenprojektes
    Ÿ Exkursion ins Ilse-Tal mit dem                Ÿ Übertragung der Trafostation
      Naturschutzbeauftragten von                     Kirchbrak als künftiges „Tier-
      Wernigerode (DDR)                               hotel“

    1991                                            1995
    Ÿ Gründung von unselbständigen                  Ÿ Neue Geschäftsstelle und
      Ortsgruppen in Bodenwerder,                     NABU-Umwelt-Laden am Markt
      Eschershausen, Polle und Stadt-                 in Holzminden, gemeinsam mit
      oldendorf                                       Dritte-Welt-Laden
                                                    Ÿ 2. semiprofessionelle
    1992                                              Mitglieder werbung bringt in
    Ÿ Neues Werbefaltblatt „Natur-                    3 Wochen 520 neue Mitglieder
      schutz vor der Haustür“                         (jetzt rd. 1.300)
    Ÿ Mitgliederwerbung durch öster-                Ÿ Verhinderung des Projektes
      reichische Studenten erhöht                     „Homeworld“ (Fertigbau-
      die Mitgliederzahl von 656 auf                  musterhäuser) auf der Domäne
      1.006                                           Heidbrink

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Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
Ÿ Teilnahme am 1. Öko-Herbst-            bilden „Arbeitskreis anerkann-
  markt in Bevern                        ter Naturschutzverbände“
                                       Ÿ Naturgartenwettbewerb mit 50
1996                                     Teilnehmern
Ÿ Fledermaus-Workshop in Forst
Ÿ Schenkung eines Gartengrund-         1998
  stückes auf der Horst in Holz-       Ÿ Fledermaus-Workshop in Polle
  minden; erste Pläne für eine         Ÿ Entdeckung des Schwarzen
  Umweltbildungsstätte                   Moorbläulings in der Weseraue
                                       Ÿ Übernahme des Naturschutz-
1997
                                         gebietes „Kleyberg“ bei Vor-
Ÿ Aktion „Spechtbaum-Markie-             wohle
  rung“
                                       Ÿ Förderung einer Natur-Er-
Ÿ Initiierung der KORKampagne            fahrungs-Stätte (NEST) durch
  im Landkreis Holzminden                BINGO-Lotto
Ÿ NABU, BUND, BSL und SDW

   Neue Perspektiven entdecken.

                Mit Büchern aus
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Rundbrief 2019 NABU Holzminden - Für Mensch und Natur
2001
                                                  Ÿ Landkreis Holzminden gründet
                                                    Naturschutzstiftung, NABU ist
                                                    im Kuratorium vertreten
                                                  Ÿ Ausstellung „Bäume in Dorf
                                                    und Stadt“ gemeinsam mit
                                                    BUND und BSL

                                                  2002
                                                  Ÿ Einweihung der Beobachtungs-
                                                    hütte bei Heinsen mit zahl-
                                                    reichen Ehrengästen
    Foto: Schaffung von Flachwasserzonen Kiessee
                                                  Ÿ Fledermauserfassungen u.a. in
                                   Heinsen 1993     Golmbach, Warbsen und Grave
                             (NABU Holzminden)
                                                  2003
    Ÿ Erster Internetauftritt der Kreis-
                                                  Ÿ Fernsehberichte über Hor-
      gruppe
                                                    nissenumsiedlung & Fleder-
    Ÿ Stellungnahme gegen den Bau                   mausexkursion
      eines Golfplatzes im Solling
                                                  Ÿ NABU-Reise nach Polen (Bialo-
                                                    wieza, Biebrza, Narew)
    1999
    Ÿ Stellungnahme zum Regiona-                  2004
      len Raumordnungsprogramm
                                                  Ÿ Der Landkreis kauft 10 ha am
      (RROP)
                                                    Heidbrink und überlässt sie
    Ÿ Vorschläge für FFH-Gebiete                    dem NABU zur Renaturierung
      (Flora-Fauna-Habitate)
                                                  Ÿ Jubiläumsveranstaltung und
    Ÿ Neues Faltblatt der Kreisgruppe               NEST-Einweihung mit Um-
                                                    weltminister, Landrat, Bürger-
    2000                                            meister und vielen Gästen
    Ÿ Kartierung zum Rotmilan-Vor-                Ÿ Teilnahme am „Tag der Nieder-
      kommen                                        sachsen“ mit dem Fledermaus-
    Ÿ Gründung einer AG Fleder-                     zelt des Landesverbandes
      mausschutz und Start des jähr-
      lichen Mausohr-Monitorings                  2005
    Ÿ Vorstellung des Baumführers                 Ÿ Neue Satzung (neu u.a. bis zu
      „Mein Freund, der Baum“                       fünf gleichberechtigte Vor-
                                                    standsmitglieder)

8
Ÿ Grauspechterfassung              Ÿ 4-tägige Sicherheitsschulung
Ÿ Meldung von Betreuungs-            für sechs Biotopschützer
  f lächen für EU-Flächenprämie    Ÿ Überlegungen zur Aktiven-
Ÿ Umzug von Geschäftsstelle und      gewinnung; neuer Flyer „NABU
  UmWeltladen in die Oberbach-       Mitmach-Börse“
  straße 47, Holzminden            Ÿ Präsentation „Weserauen-
Ÿ Fledermausausstellung in der       renaturierung“ als sog. Leucht-
  Kreisverwaltung                    turmprojekt anlässlich der UN-
                                     Artenschutzkonferenz in Bonn
Ÿ Landesvertreterversammlung
  in Holzminden (Gäste u.a.        Ÿ Verleihung der Lina-Hähnle-
  MP Wulff, MU Sander, Land-         Medaille als NABU-Gruppe des
  rat Waske, Bürgermeister Dr.       Jahres
  Bönig und NABU-Präsident Olaf    Ÿ Gründung der Naturschutz-
  Tschimpke)                         jugendgruppe NAJU

2006                               2009
Ÿ Fischereipachtvertrag für die    Ÿ Jahreshauptversammlung mit
  Kiesgrube Heinsen                  Landesvorsitzendem zum 30jäh-
Ÿ NEST-Werbebriefe an alle           rigen Jubiläum und erstmals
  Kindertagesstätten und Grund-      mit Ehrung langjähriger Mit-
  schulen                            glieder
                                   Ÿ Pressetermin und Vortrag mit
2007                                 NABU-Wolfexperte Markus
Ÿ Kauf einer Streuobstwiese und      Bathen
  Projektstart „NEST-Erweiterung
  und Betreuung durch eine
  Jugendgruppe“
Ÿ Neues Faltblatt über den NABU
  Holzminden (4. Auf lage)

2008
Ÿ NABU-Lehrgang „Wespen/Hor-
  nissen“ gemeinsam mit UNB für
  Feuerwehren und Ordnungs-
  ämter
Ÿ Pf lanzaktion „Klimawald“ ge-
  meinsam mit Landesforst und
  NABU Landesverband
                                   Foto: Familienfest im NEST 1999 (NABU Holzminden)

                                                                                       9
Ÿ Stellungnahme zum geplanten        Ÿ Anbringen von Mauersegler-
       Ziegenprojekt Heidbrink              kästen an Stadtverwaltung und
                                            Karlschule Holzminden sowie
     2010                                   an der Klosterkirche Kemnade
     Ÿ Erdarbeiten auf der Fläche         Ÿ Auszeichnung schwalben-
       „Weseraue am Heidbrink“ zur          freundlicher Häuser
       Optimierung der Renaturierung      Ÿ Besuch des Landesvorsitzen-
     Ÿ „Natur sportlich erleben“ -          den beim NABU Holzminden
       Gemeinsame Aktion mit dem            und Regionaltreffen im MGH
       Kanu-Klub                            Eschershausen
     Ÿ Dr.-Fedor-C.-Strahl-Jugendnatur-
       schutzpreis an die NAJU Holz-      2014
       minden                             Ÿ Projekt „Schwalben willkom-
                                            men“: Vergabe von Kunst-
     2011                                   nestern und Plaketten
     Ÿ Kauf „Dasper Steinbruch“           Ÿ Gespräche über Aktion „Lebens-
     Ÿ Eigentumsübertrag der „Holz-         raum Kirchturm“ mit Kirchen-
       bergwiesen“ an NABU-Stiftung         vorständen
       „Nationales Naturerbe“             Ÿ mehrere Vorträge über Wespen
     Ÿ Stellungnahme gegen die ge-          und Hornissen
       planten Hähnchenmastställe
       bei Lüerdissen                     2015
                                          Ÿ Erfolgreiche Brut eines Weiß-
     2012                                   storchpaares in Boffzen
     Ÿ Anbringen von Mauersegler-         Ÿ Sicherung des neuen Schutz-
       kästen an der Lutherkirche           gebietes „Steinbruch Stadt-
       Holzminden                           oldendorf“
     Ÿ Autorenlesung mit Axel             Ÿ Erörterungstermin „Hähnchen-
       Roschen („Mausohrnächte“)            mastanlage bei Lüerdissen“
     Ÿ Gründung einer Naturfoto-AG        Ÿ Eröffnung der Regional-
                                            geschäftsstelle Weserbergland
     2013                                   in Rinteln
     Ÿ Einbau von Dohlenkästen und        Ÿ Neues Werbefaltblatt der Kreis-
       einer Kamera im Turmfalken-          gruppe
       kasten im Turm der Luther-         Ÿ 8. semiprofessionelle
       kirche Holzminden und Über-          Mitglieder werbung bringt 369
       gabe der Plakette „Lebensraum        neue Mitglieder (Stand am
       Kirchturm“                           Jahresende: 1.649)

10
2016                              Ÿ Neue Plattform für das
Ÿ Anbringen von Mauersegler-        Storchennest in Boffzen
  kästen an der Kirche Wangeln-
  stedt                           2018
Ÿ Feuersalamander-Zählungen       Ÿ Kooperationsvereinbarung mit
  im Hooptal, in Rühle und am       dem Projektbüro „Kooperativer
  Heiligenberg                      Naturschutz im Naturpark
                                    Solling-Vogler“
Ÿ Erörterungstermin zur ge-
  planten Erweiterung der Ent-    Ÿ Sturmschäden im NEST, im
  sorgungsanlage Lüthorst           Steinbruch Stadtoldendorf und
                                    am Mönchewerder
2017                              Ÿ Schenkung einer Kalk-Mager-
Ÿ Anbringen von Mauersegler-        rasenf läche bei Reileifzen
  und Sperlingskästen in Stadt-   Ÿ Gründung einer NEST-AG
  oldendorf
Ÿ Ornithologische Erfassung am    Autor: Ulrich Frischgesell
  Wilmeröder Berg
Ÿ Anschreiben an alle relevan-
  ten Betriebe betr. Schutz von
  Schwalbennestern

                                                                    11
Die Feldlerche – Vogel des Jahres 2019

     Ursprünglich ein Bewohner baum-              In kleinen Trupps kommen
     loser Steppen, ist die Feldlerche            die Feldlerchen aus der Über-
     (Alauda arvensis) erst nach dem              winterung im Mittelmeerraum
     Ende der großen Rodungen von                 zurück und beginnen im zeitigen
     ausgedehnten Waldf lächen (als               Frühjahr zu singen. Die Paar-
     der Mensch sesshaft wurde und                bindung erfolgt schnell.
     Ackerbau betrieb) in Mitteleuropa
     eingewandert.                                Feldlerchen sind kräftig gebaute
                                                  Kleinvögel von 16 bis 18 cm Länge
     Der Gesang des Jahresvogels mit              und erscheinen robust und rund-
     weit hörbaren und fast ausschließ-           bäuchig. Unscheinbar tarngefärbt
     lich im Flug vorgetragenen Ge-               in beige-braunen Tönen und auf
     sangsstrophen hat die Menschen               dem Kopf eine Besonderheit: Eine
     schon immer fasziniert. Dabei                kleine und bewegliche Feder-
     steigt die sing-f liegende Lerche            haube, die bei der Balz und bei
     auf und singt dann hoch am Him-              Gefahr aufgestellt wird.
     mel und reiht ihre trillernden,
     wirbelnden und zirpenden Stro-               Feldlerchen sind Bodenbrüter.
     phen pausenlos aneinander. In der            Das Nest liegt versteckt in der
     Regel befindet sich das unschein-            Vegetation. Es besteht aus Gras
     bare Bodennest direkt unterhalb              und trockenen Pf lanzen, ausge-
     des höchsten Punktes des Sing-               polstert mit Tierhaaren. In der
     f luges!                                     Regel gibt es zwei Jahresbruten
                                                  zwischen April und Juli. Die 4-5
                                                  Eier sind graugelb und fein-braun
                                                  gef leckt. Das Weibchen allein
                                                  brütet 14 Tage. Nach 14 Tagen
                                                  verlassen die Jungen das Nest und
                                                  können nach 3 Wochen f liegen.
                                                  Ihre natürlichen Feinde sind Greif-
                                                  und Rabenvögel, Fuchs und Wild-
                                                  schwein, schlechtes Wetter und
                                                  wildernde Hauskatzen!

                                                  Die ursprünglichen Steppenvö-
                                                  gel sind typische Kleinvögel der
                                                  strukturreichen Feldf lur, sind je-
                    Foto: Feldlerche (S. Beyer)
                                                  doch durch die Intensivierung der

12
Landwirtschaft immer stärker ge-      schwunden. Aus vielen Gebieten
fährdet. Bereits 1998 riefen NABU     Deutschlands wurde die Feld-
und LBV (Landesbund für Vogel-        lerche bereits völlig verdrängt.
schutz in Bayern) die Feldlerche      Das gilt ebenso für das übrige
zum Vogel des Jahres aus. Eine        Europa, Russland und Asien. Ihr
Verbesserung der Lebensbedingun-      Lebensraum wird immer mehr
gen für die Feldlerche erfolgte bis   zerstört!
heute nicht – im Gegenteil!
                                      Bereits 1998, als im Holzmindener
Heute, 20 Jahre später, sind die      NABU-Rundbrief über die Feld-
Bestände teilweise um 90% der         lerche berichtet wurde, gab es
ursprünglichen Bestände zurück-       nichts Gutes zu berichten: „...
gegangen! lntensivkulturen mit        Das Schicksal der Feldlerche
Mais und Raps, fehlende Brach-        steht für viele gefährdete Arten
f lächen, Unmengen an Gülle           der Feldf lur. Die Bestände sind
und Pestiziden haben die Land-        in den letzten Jahren drastisch
schaft verändert und Feldvögeln       zurückgegangen...“. Davon ist
zunehmend den Lebensraum              2019 nichts, aber auch gar nichts
genommen. Wildkräuter in den          zurückzunehmen!
heute kümmerlichen Randstreifen
werden totgespritzt, gerodet und      Autor: Gerhard Hasse
unter den Pf lug genommen! Die
Randstreifen waren als Trennung
der Grundstücke ein wichtiger
Lebensraum für die Tiere der
Feldf lur. Die in ca. 50 cm Tiefe
sich befindlichen Grenzsteine sind
in der Regel herausgepf lügt und
verschwunden. Die Kommunen-
vertreter als häufige Eigentümer
der Randstreifen fühlen sich nicht
zuständig und senken den Kopf!

Mit zwischen 1,3 und 2 Millionen
Revieren gehört die Feldlerche
zwar immer noch zu den häufigen
Vögeln Deutschlands. Allerdings
befinden sich ihre Bestände in
einem deutlichen Sinkf lug. Ein
Drittel der Feldlerchen sind in
den vergangenen 25 Jahren ver-

                                                                          13
Natur des Jahres 2019

         Wir freuen uns als Naturfreundin-                 Landkreis Holzminden repräsen-
         nen und -freunde über die Vielfalt,               tativ sind oder die uns einfach be-
         Farbenpracht und die komplexen                    sonders gut gefallen haben.
         kleinen und großen Wunder, die
         wir draußen beobachten oder                       Schmetterling des Jahres:
         über die manchmal unschein-                       Der Schachbrettfalter (Melanargia
         baren, manchmal bunten und                        galathea) – vom Allerweltstier zum
         auffälligen Tiere und Pf lanzen                   Symbol des Artensterbens?
         und über deren Fähigkeiten und
                                                           Institution: BUND NRW Natur-
         erstaunliche Verhaltensweisen.
                                                           schutzstiftung und Arbeits-
                                                           gemeinschaft Rheinisch-West-
         Zahlreiche Institutionen küren
                                                           fälischer Lepidopterologen
         in jedem Jahr besondere Ver-
                                                           Begründung: „Mit der Auszeichnung
         treter der heimischen Natur.
                                                           möchte die Stiftung auf die Bedro-
         Eine Übersicht mit Links zu den
                                                           hung der Schmetterlingsart durch die
         Organisationen und zu weiteren
                                                           intensive Landwirtschaft aufmerksam
         Informationen findet man unter:
                                                           machen.“
         www.nabu.de/tiere-und-pf lanzen/
         aktionen-und-projekte/natur-des-
                                                           Lebensraum
         jahres. Aus dieser Fülle stellen
                                                           Der Schachbrettfalter braucht
         wir hier wieder einige Beispiele
                                                           blütenreiches Grasland, das –
         für das Jahr 2019 vor, die für die
                                                           wenigstens in Teilf lächen – min-
         Natur oder den Naturschutz im
                                                           destens bis Juli stehen bleibt.
                                                           Das können spät oder ungleich-
                                                           mäßig gemähte Wiesen sein, auch
                                                           Weiden mit geringer Beweidungs-
                                                           dichte, grasige blütenreiche Brach-
                                                           f lächen, Wegränder, Waldsäume
                                                           und ähnliche Bereiche.

                                                           Warum gerade diese Lebens-
                                                           räume?
                                                           Die Falter f liegen etwa von Mitte
                                                           Juni bis Ende August. Sie be-
                                                           nötigen genau dann reichlich
                                                           Blütennektar als „Kraftstoff“ und
     Foto: Schachbrettfalter auf Flockenblume (S. Beyer)   höher gewachsene Grasbestände,

14
in denen sie ihre Eier abwerfen –                    rung des geschlüpften Falters, die
kurz geschorene Flächen nutzen                       Eiablage sowie das Überleben von
sie nicht zur Eiablage. Die Raupen                   Raupen und Puppen zu ermög-
fressen nachts an den Gräsern                        lichen. Jede einzelne Bedingung
und verstecken sich tagsüber                         muss erfüllt sein, sonst verschwin-
am Boden. Sie leben als Raupe                        det der Falter.
ungefähr 300 Tage und verbrin-
gen dann eine Puppenruhe von                         Anders gesagt: Das System ist
etwa 20 Tagen, bevor der Falter                      sehr anfällig, besonders unter
schlüpft. Die Puppe hängt auf-                       den Rahmenbedingungen, unter
recht im Grashorst.                                  denen die heutige Landwirtschaft
                                                     arbeiten muss. Grünlandumbruch,
Gefährdung                                           wie er im Dezember 2014 auf-
Es müssen also mehrere Fakto-                        grund einer rechtlichen Lücke
ren (reichlich Blüten und hohes                      auch im Landkreis Holzminden
Gras im Sommer, Schutz und                           auf großen Flächen geschah, zer-
Nahrung für Raupen und Puppen)                       stört den Lebensraum unmittelbar
in komplexer Weise sehr exakt                        und sofort, in seiner Auswirkung
zusammenwirken, um die Ernäh-                        vergleichbar mit dem tödli-

                                                                                                  
                                                                                                        
                                                                                                
                                                                                                       BIO

   
                                         
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chen Ascheregen eines Vulkan-        falter, Widderchen, Bläulinge und
     ausbruchs. Ähnlich fatale Wir-       Dickkopffalter f liegen sieht. Der
     kungen hat intensive Düngung,        Fachliteratur ist zu entnehmen,
     z.B. durch Gülle-Entsorgung:         dass Schachbrettfalterpopula-
     Blütenreiche Wiesen ver wandeln      tionen, denen eine Fläche von
     sich hierdurch sehr schnell zu       weniger als 40.000 m2 (4 ha) zur
     artenarmen Grasbeständen mit         Verfügung stehen, die nächsten
     nur wenigen, für kurze Zeit          30 Jahre nicht überleben können!
     blühenden Kräuter-Arten: Sogar       Auf kleineren Flächen mit nur
     eine Wiese, auf der im Frühjahr      wenigen Tieren können Witte-
     der Löwenzahn prächtig blüht,        rungseinf lüsse, kleine Störungen,
     ist zum Überleben dieser und         Degenerationserscheinungen,
     vieler anderer Arten ungeeignet.     ungünstige Zufälle usw. noch sehr
     Auch der Mahdrhythmus kann           viel schneller zum Verschwinden
     bewirken, dass Nektarquellen ver-    der Art führen als auf größeren.
     schwinden oder die hohen Gräser      Die Restlebensräume des Schach-
     fehlen. Ähnlich wirkt sich eine      bretts im Kreis Holzminden sind
     intensive gleichmäßige Beweidung     oft erheblich kleiner, teilweise
     aus. Die „Pf lege“ von Straßen-      weniger als 100 m2 groß und ohne
     rändern bis hinunter zur Gras-       Kontakt zu Nachbarf lächen – das
     narbe bzw. zum blanken Boden         Schachbrett ist nicht sehr wander-
     tötet überwinternde Raupen oder      freudig!
     in den Gräsern hängende Puppen
     bis zum letzten Individuum (eben-    Bestandsentwicklung
     so wie zahlreiche andere Insekten    So gibt es heute viele Bestände, die
     und Teile des Bodenlebens).          eigentlich nur noch ein Nachhall
                                          einer günstigeren Vergangenheit
     Umgekehrt kann das völlige           sind: „Letzte Mohikaner“, die
     Fehlen von Mahd oder Beweidung       derzeit noch die Statistik „aufbes-
     zur geschlossenen Verbuschung        sern“, deren Populationen aber
     führen – auch dann ist der Lebens-   in Wirklichkeit dem sicheren Tod
     raum zerstört. Nährstoffeinträge     entgegen gehen.
     von benachbarten Äckern aus in
     ehemals magere Säume hinein          Friedrich Müller schreibt 1891
     lassen Brennnesseln wuchern –        in seinem „Verzeichnis der Groß-
     dann wächst dort kein Gras und       schmetterlinge des Lippischen
     keine „Blume“ mehr. Oft bleiben      Faunengebietes“ über das Schach-
     in der Agrarlandschaft hier und      brett: „Gemein“ („gemein“ wären
     dort noch kleine „Inseln“ mage-      heute der Kohlweißling oder das
     ren blütenreichen Grünlands,         Tagpfauenauge), Fritz Hartwieg
     über denen man Schachbrett-          gibt 1930 in der „Schmetter-

16
lingsfauna des Landes Braun-         auf Tendenzen hin, die sich nach
schweig und seiner Umgebung          meinen Erfahrungen seitdem
unter Berücksichtigung von           rasant beschleunigt haben: „Mit
Harz, Lüneburger Heide, Solling      der Vernichtung blumenreicher
und Weserbergland“ an „überall,      Säume, Brachf lächen und von
nicht selten, stellenweise häufig“   extensiv genutztem Grünland ist
und führt auch Holzminden an.        der Falter in vielen Gebieten stark
Selbst Ulrich Lobenstein stellt      zurückgegangen. Eine besonders
noch 2003 in seiner „Schmet-         negative Wirkung kommt der
terlingsfauna des mittleren Nie-     Überdüngung von Wiesen bzw.
dersachsens“ fest: „Besonders        dem Nährstoffeintrag an Weg-
in den Kalklandschaften des          und Ackerrainen zu.“
Berglandes verbreitet.“ Damals
stufte er die Art in seinem Rote-    Der Schachbrettfalter als Indi-
Liste-Vorschlag noch nicht als       kator für den Zustand unserer
gefährdet ein, aus heutiger Sicht    Landschaft
etwas inkonsequent, denn: Gleich-    Was hier für den Schachbrettfal-
zeitig weist er schon sehr besorgt   ter festgestellt wird, trifft aber für

                    Wir schaffen
                   Wohlfühlgärten
                   für Menschen
                     und Tiere

             BÜRO FÜR FREIRAUMPLANUNG
                  Dipl.-Ing. Birgit Czyppull
        0 55 31 / 98 030 51 · www.czyppull.de

                                                                              17
die komplette Lebensgemeinschaft    Besonders wichtig wäre, dass
     solcher mageren, blütenreichen      landwirtschaftliche Leistungen für
     Grasländereien zu: Zahlrei-         eine artenreiche Umwelt sehr viel
     che seltene Pf lanzenarten und      besser honoriert werden. Beteili-
     hunderte damit verknüpfter Tier-    gen Sie sich daher bitte an unserer
     arten verschwinden zugleich mit     Postkartenaktion „Meine 114 Euro
     ihm aus einem Großteil unserer      für…“ und an der Europawahl im
     Landschaft, selbst hier, in einem   Mai.
     Landkreis, der noch vergleichs-
     weise reich an Naturschätzen ist.   Lurch des Jahres:
     Viele dieser Arten sind noch er-    Der Bergmolch (Ichthyosaura al-
     heblich stärker gefährdet als der   pestris) – häufig und doch wenig
     Schachbrettfalter. Es ist wie ein   bekannt
     langsames und doch für aufmerk-
                                         Institution: Arbeitsgemeinschaft
     same Beobachter gut sichtbares
                                         Feldherpetologie der Deutschen
     Ausbluten. Beobachtungen des
                                         Gesellschaft für Herpetologie und
     Schachbretts bitte an den NABU
                                         Terrarienkunde (DGHT)
     Holzminden melden, möglichst
                                         Begründung: „In der Roten Liste
     mit Foto!
                                         Deutschlands wird der Bergmolch
                                         derzeit als ungefährdet eingestuft,
     Hoffnungen und Möglichkeiten
                                         allerdings gilt auch für ihn wie für
     – für den Schachbrettfalter und
                                         die meisten Amphibienarten, dass die
     viele andere
                                         Populationen schwinden und die Be-
     Gute Bestände des Schachbretts
                                         stände zurückgehen. Durch seine plaka-
     findet man noch in einigen Mager-
                                         tive Färbung eignet sich der Lurch des
     rasenf lächen. Teilweise schon
                                         Jahres 2019 ideal, um stellvertretend
     umgesetzte Planungen, diese
                                         auf diese Amphibienrückgänge auf-
     Lebensräume über Korridore – z.B.
                                         merksam zu machen.“
     Schafstriften – miteinander zu
     verbinden, können dazu führen,
                                         Der Bergmolch ist in Nieder-
     dass die zusammenhängende
                                         sachsen trotz seines Namens nicht
     Gesamtf läche sich durch den
                                         an das Bergland gebunden, aber
     Einsatz eines Minimums an zu-
                                         an waldreiche Gebiete. Seine Ver-
     sätzlicher Fläche gleich um ein
                                         mehrungsgewässer sind kleine
     Vielfaches vergrößert. Die Über-
                                         oder größere, nicht oder erst spät
     lebenschancen der Teilpopulati-
                                         im Jahr austrocknende Pfützen
     onen erhöhen sich hierdurch er-
                                         oder Tümpel, z.B. tiefe Fahr-
     heblich. Neben dem Schachbrett-
                                         spuren, oft im Wald. Solche Ver-
     falter profitieren hiervon auch
                                         mehrungsgewässer müssen nicht
     zahlreiche andere, darunter auch
                                         unbedingt dort liegen, aber Wald,
     seltenere, Arten.
                                         Gebüsch oder kleine Gehölze sind

18
zumindest immer in der Nähe.
Im Landkreis Holzminden ist der
Bergmolch die häufigste der vier
Molcharten. Die Eier werden meist
an Pf lanzenmaterial befestigt, die
Larven ernähren sich von allerlei
kleinen Wassertieren. Landlebens-
räume sind Wälder, Gebüsche und
abwechslungsreiche Gärten.
                                      Foto: Bergmolch-Männchen (Andreas Meyer/DGHT)
Besondere Bedrohungen für den
Bergmolch und andere Amphibien        Download zur Verfügung, dar-
sind das Zuschütten und Verlan-       unter auch eine spezielle Kinder-
den von Kleingewässern und das        broschüre mit sehr schönen
Aussetzen von „überschüssigen“        Zeichnungen. Diese sind auch
Gartenteichfischen in kleinen         im NABU-Umweltladen in Holz-
Teichen. Fische fressen Kaulquap-     minden erhältlich.
pen und Molchlarven. Auch der
Waschbär spielt eine wichtige         Wer etwas für Molche tun will,
Rolle.                                kann Tümpel im eigenen Garten
                                      anlegen – da reichen schon
Besonders auffällig ist die pracht-   kleinste Teichkübel – und Teile
volle Laichfärbung der Männchen       seines Gartens verwildern lassen.
mit bläulichem Rücken und oft
feuerrotem Bauch. Diese Pracht ist    Baum des Jahres:
beeindruckend für Jung und Alt.       Die Flatterulme (Ulmus laevis) –
Der Bergmolch eignet sich deshalb     auch ein Weserauen-Baum?
besonders gut dafür, Kinder und
                                      Institution: Dr. Silvius Wodarz
Erwachsene mit dem Leben von
                                      Stiftung
Amphibien vertraut zu machen.
Beim Umgang ist selbstverständ-
                                      Die Flatterulme lässt sich von
lich zu beachten, dass diese Art
                                      ihren Schwesterarten Bergulme
besonders geschützt ist.
                                      und Feldulme an einer Kombi-
                                      nation von zwei Merkmalen
Die Arbeitsgemeinschaft Feld-
                                      unterscheiden: Ihre Blattspreite
herpetologie stellt auf ihrer
                                      ist unterseits komplett behaart
Webseite nach einer kurzen
                                      (Feldulme nur in den Blattachseln)
Artvorstellung sehr kompetente,
                                      und sie beginnt auf einer Seite viel
verständliche, ausführliche, mit
                                      weiter oben als auf der anderen
Fotos und Grafiken hervorragend
                                      (Bergulme: fast symmetrischer
ausgestattete Materialien zum
                                      Spreitengrund).

                                                                                      19
bildet auf sumpfigen Böden oft
                                         Brettwurzeln aus: Die Wurzeln
                                         verdicken sich nach oben zu brett-
                                         artigen Gebilden, die die Stand-
                                         festigkeit auf dem weichen Grund
                                         stabilisieren wie Querstreben.
                                         Brettwurzeln sind sonst vor allem
                                         für Bäume des Tropischen Regen-
                                         waldes typisch.

                                         Verbreitungskarten zeigen, dass
                                         die Flatterulme in Niedersachsen
                                         besonders in den Flusstälern von
                                         Elbe, Aller, Mittelweser und Unter-
                                         weser zu finden ist, daneben auch
                                         in anderen wechselnassen Tief-
                                         landwäldern, an der Oberweser
     Foto: Flatterulme
     (A. Roloff/www.baum-des-jahres.de)
                                         aber kaum. Ist dies eine „naturge-
                                         gebene“ Verbreitungslücke? Nein,
     Für das Ulmensterben ist die        aber es ist nicht weiter erstaun-
     Flatterulme viel weniger anfällig   lich, wenn man bedenkt, dass
     als die Bergulme und die Feld-      der letzte große Auenwald an der
     ulme. Sie wächst vor allem in       Oberweser vor mehreren hundert
     Auenwäldern an Flüssen und          Jahren gerodet wurde.
     Strömen oder im nassen Talgrund
     von Mittelgebirgsbächen. Sie kann   Dieser Waldtyp wich Äckern und
     als Überschwemmungszeiger sehr      Grünland auf dem fruchtbaren
     lange auf überf lutetem Grund       Auenlehm. Erst in den letzten
     überleben und ist deshalb typisch   Jahrzehnten wurden erneut Auen-
     für den Hartholzauenwald,           lebensräume geschaffen, unter
     der als „Lebensraumtyp 91F0         anderem durch den NABU am
     Hartholzauenwälder …“ durch         Heidbrink. Hier finden sich an der
     die FFH-Richtlinie EU-weit zu den   Weser auch wieder junge Flatter-
     zu schützenden Lebensräumen         ulmen in einem Bereich, der sich
     gehört. Gleichzeitig gehört der     langfristig zum Auenwald ent-
     Hartholzauenwald zu den nach        wickeln soll.
     § 30 des Bundesnaturschutzge-
     setzes geschützten Biotopen und
     zu den artenreichsten Lebensräu-
     men Mitteleuropas. Die Flatter-
     ulme, die 250 Jahre alt und bis
     über 25 m hoch werden kann,

20
Blume des Jahres:                      geschaffen. Auf dem silikatischen
Die Besenheide (Calluna vulgaris)      Buntsandstein des Sollings ist sie
                                       eher unauffällig, wächst dort aber
Institution: Loki-Schmidt-Stiftung
                                       an vielen Stellen f leckenweise an
Begründung: „Um für den Schutz
                                       lichten Waldrändern, zum Bei-
dieser seltenen Lebensgemeinschaften
                                       spiel an den Rändern der Straßen,
[Heidegesellschaften] zu werben, hat
                                       die in den Solling hinaufführen
die Loki Schmidt Stiftung zu ihrem
                                       oder auf Sandsteinklippen des
40-jährigen Jubiläum die Besenheide
                                       Wesertals. In größerer Menge
zur Blume des Jahres 2019 gekürt.“
                                       blüht sie im Spätsommer in den
                                       Randbereichen des Mecklen-
Wer Wanderungen in den Moor-
                                       bruchs. Als Tundrenpf lanze war
landschaften Irlands oder in der
                                       die Besenheide bei uns heimisch
skandinavischen Tundra unter-
                                       lange bevor Bäume Mitteleuropa
nimmt, gewinnt einen guten
                                       zurückerobern konnten und blieb
Eindruck vom ursprünglichen
                                       kleinf lächig erhalten. Wie in der
Charakter natürlicher groß-
                                       Lüneburger Heide gab es auch im
f lächiger Heidebestände. Wo
                                       Weserbergland Stellen, wo sie als
keine Bäume mehr Fuß fassen
                                       Kulturfolger auf baumfrei gehalte-
können, wächst auf nährstoff-
                                       nen, offenen, beweideten Flächen
armen, sauren Böden unsere
                                       im Solling und an seinem Rand
Besenheide auf weiten Flächen,
                                       noch lange größere Bestände bil-
oft durchsetzt von den weißen
                                       dete, z.B. bei Merxhausen, wo sich
Blütensternchen des Siebensterns,
                                       noch immer Reste finden. Solche
der bei uns eine typische Pf lanze
                                       sehr mageren Flächen wurden
bodensaurer Nadelwälder ist. Die
                                       aber schon früh aufgegeben, weil
Besenheide ist sehr genügsam,
                                       sich selbst eine Beweidung durch
verträgt Kälte, Wechselnässe und
                                       genügsame Schafrassen nicht
saure Böden, weicht aber der Kon-
                                       lohnte. Heute wächst dort meist
kurrenz anderer Pf lanzen, wenn
                                       Wald oder Gebüsch.
der Untergrund basischer oder
nährstoffreicher wird. Auch im
Landkreis Holzminden kommt
sie an baumfreien Stellen vor,
meist in schmalen bis breiteren
Säumen: An lichten Waldrändern
auf Sand und Silikatfels oder brei-
ter zoniert an den Rändern von
nährstoffarmen Mooren. Die aus-
gedehnten Blütenmeere der Lüne-
burger Heide dagegen hat erst der
Mensch durch Bewirtschaftung           Foto: Besenheide (S. Beyer)

                                                                            21
dekraut und seine Lebensgemein-
                                                   schaft profitieren aber davon.

                                                   Wie so viele andere gefährdete
                                                   Lebensgemeinschaften verschwin-
                                                   den Heidekrautbestände und ihre
                                                   Untermieter dort, wo Nährstoffe
                                                   eingebracht werden. So wurden
                                                   magere Lesesteinwälle am öst-
                                                   lichen Sollingrand als „Deponien“
               Foto: Blüte Besenheide (S. Beyer)   für Pferdemist missbraucht.
                                                   Wenig später siedelten dort dichte
     Die Besenheide ist nicht nur                  Brennnesselbestände. Heidekraut,
     für Honigbienen eine ergiebige                Heidelbeeren, Waldeidechsen,
     Nektarquelle, auch Wildbienen                 die Heidenelke, die Rundblättrige
     besuchen sie, z.B. die spezialisier-          Glockenblume und andere an-
     ten seltenen Arten Heidekraut-                spruchsvolle Arten verschwanden
     Sandbiene (Andrena fuscipes) und              aus diesen einzigartigen Refugien.
     Heidekraut-Seidenbiene (Colletes
     succinctus). Waldeidechsen und                Wildtier des Jahres:
     zahlreiche andere Tiere nut-                  Das Reh – jeder kennt es?
     zen die Heidekrautbestände als
     Lebensraum. Wenn Pf legearbeiten              Institution: Deutsche Wildtier-
     an den Straßenböschungen des                  stiftung
     Sollings offene Räume schaffen,               Begründung: „Die Deutsche Wildtier
     leiden also einerseits manche                 Stiftung hat das Reh zum Tier des
     Arten unter dem Verlust an                    Jahres 2019 ernannt, um Ihnen dieses
     Sträuchern. Andere, wie das Hei-              vermeintlich bekannte Wildtier vorzu-
                                                   stellen, aber auch um auf die Probleme
                                                   rund um den Lebensraum der Rehe auf-
                                                   merksam zu machen.“

                                                   Auf ihrer Webseite über das Reh
                                                   bietet die Wildtierstiftung einen
                                                   schönen, einführenden Text, der
                                                   vor allem auf die Ernährungs-
                                                   gewohnheiten von Rehen eingeht
                                                   und die Gefährdung von Kitzen
                                                   durch die Mahd betont. Ein klei-
                                                   ner Fehler hat sich mit der Be-
                                                   hauptung eingeschlichen, das Reh
                            Foto: Reh (S. Beyer)   fresse kein Gras: Es frisst junges,

22
eiweißreiches Getreide ebenso wie      der die Filmrechte seines dama-
milchreife Körner, und auch Ge-        ligen (1923) Bestsellers wegen
treide gehört zu den Gräsern. Aber     finanzieller Engpässe für ein
häufiger fressen Rehe Knospen,         „Taschengeld“ verhökert hat. In
frische Triebe und frische Blätter,    Saltens Geschichte wächst Bambi
sie sind sehr wählerisch und neh-      auch keineswegs als Rehkitz zum
men vor allem das, was ihnen           Hirsch heran. Walt Disney hat
Eiweiß, Energie und Mineralstoffe      seinen Film aber für den ameri-
in konzentrierter Form liefert.        kanischen Markt gemacht, und
                                       in Amerika gibt es keine Rehe.
Wer mehr über Rehe erfahren            Deshalb wurde ein Weißwedel-
will, kann guten Gewissens die
sehr umfangreiche, gut recher-
chierte Wikipedia-Seite lesen.

Reh und Luchs im Kreis Holz-
minden
Gibt es lokale Besonderheiten?
Ja: Seit der Luchs im Solling lebt,
wird festgestellt, dass die Jagd auf
Rehe viel schwieriger ist, sei es,
weil die Rehe scheuer sind, sei es,
weil der Bestand reduziert wurde,
oder vielleicht beides. Auch zu        Foto: Rehkitz – gut versteckt (S. Beyer)
dieser Räuber-Beute-Beziehung
                                       hirsch daraus. Und in der Wahr-
finden sich im Wikipedia-Artikel
                                       nehmung der deutschen Fassung
Hinweise und – noch wichtiger
                                       des Disneyfilms gerät dann alles
– Verweise auf Original-Unter-
                                       durcheinander, weil hier natürlich
suchungen. Ähnliches gilt für das
                                       kaum jemand Weißwedelhirsche
Thema Wolf und Reh.
                                       kennt. So wurde aus dem Hirsch
                                       „der Mann vom Reh“ und aus dem
Bambi
                                       Rehkitz das „Kind vom Hirsch“.
Wenn es um Rehe geht, sollte ein
kurzer Exkurs zum Thema Bambi
                                       Die Originalgeschichte des begeis-
nicht fehlen. Oft ist gar nicht be-
                                       terten Jägers Salten enthält viele
kannt, dass die Bambi-Geschichte
                                       treffende Naturschilderungen,
nicht von Walt Disney stammt,
                                       behandelt das Erwachsenwerden
sondern von dem österreichisch-
                                       und relativiert die quasi gott-
ungarischen Schriftsteller, Jour-
                                       gleiche Rolle des Jägers als Herr
nalisten, Drehbuchschreiber
                                       über Leben und Tod, indem sie die
und Sozialkritiker Felix Salten,
                                       Sterblichkeit des vermeintlichen

                                                                                  23
Gottes demonstriert. Es lohnt                     geschlechtsreif wieder zurück-
     sich, diese Geschichte einmal im                  kehrt, um in kiesigen Oberläufen
     Original zu lesen, wenn man sich                  der Flüsse zu laichen. Das Weib-
     von vorne herein klar macht, dass                 chen schlägt mit dem Schwanz
     vieles nicht als Naturdarstellung,                eine Laichgrube in den Kies und
     sondern gleichnishaft zu verste-                  legt dort seine Eier ab, die vom
     hen ist und den Zeitgeist der 20er                Männchen besamt und mit Kies
     Jahre widerspiegelt.                              bedeckt werden. Mehr zur Biolo-
                                                       gie des Lachses findet sich auf der
     Fisch des Jahres:                                 Webseite des DAFV oder bei Wiki-
     Der Atlantische Lachs (Salmo salar)               pedia bzw. in der dort zitierten
     – wann wird er wieder in die Lenne                Fachliteratur.
     zurückkehren?
                                                       Der Lachs ist aus deutschen Flüs-
     Institution: Deutscher Angel-
                                                       sen fast verschwunden, obwohl er
     fischer verband
                                                       früher ein Massenfisch war. Dies
     Begründung: „Mit der Wahl dieser in
                                                       hat vor allem drei Ursachen:
     Deutschland vom Aussterben bedrohten
     Fischart machen der Deutsche Angel-               1. Die Durchwanderbarkeit vieler
     fischerverband (DAFV), das Bundesamt                 Flüsse zu den kiesigen Laich-
     für Naturschutz (BfN) und der Verband                gründen war unterbrochen
     Deutscher Sporttaucher (VDST) darauf                 durch Wehre und Staustufen,
     aufmerksam, dass für den Schutz, die              2. die Wasserqualität war so
     Erhaltung und die erfolgreiche Wieder-               schlecht, dass Eier und Jung-
     ansiedlung der Lachse passierbare                    lachse unmittelbar getötet wur-
     Flüsse und geeignete Laichhabitate                   den oder keine Nahrung mehr
     dringend wiederhergestellt werden                    fanden,
     müssen.“
                                                       3. der Kieslücken-Lebensraum war
     Der Lachs ist ein Wanderfisch, der                   durch Feinsedimente derartig
     in einem bestimmten Stadium ins                      verstopft („Kolmation“), dass
     Meer abwandert und schließlich                       dort sauerstoffarme Bedingun-
                                                          gen eintraten und Fischlarven
                                                          und Fischnährtiere nicht über-
                                                          leben konnten.
                                                       In Bezug auf die beiden ersten
                                                       Faktoren sind inzwischen nach
                                                       Inkrafttreten der Wasserrahmen-
                                                       richtlinie erhebliche Erfolge er-
                                                       zielt worden. Zumindest ist das
       Foto: Atlantischer Lachs (Hartley, William W.
                                                       Wasser meist so gut geklärt, dass
        [Public domain], via Wikimedia Commons)        es die Fische nicht mehr tötet.

24
In der Weser muss allerdings der     derung und Reifung im Meer ihr
Salzgehalt noch weiter gesenkt       „Geburtsgewässer“ wiederfinden.
werden, aber gerade für Lachse       Da nur ein geringer Prozentsatz
ist dieser Faktor nicht so proble-   zurückkehrt, müssen sehr viele
matisch wie für andere Fische        Jungfische eingesetzt werden, um
und Kleinstlebewesen. Wehre und      eine dauerhafte Wiederbesiedlung
Staus in der Weser sind inzwi-       zu erreichen.
schen so weit mit Fischtreppen
versehen, dass eine Lachswande-      Ob diese Versuche unter den ge-
rung bis in die Oberweser möglich    gebenen Voraussetzungen erfolg-
wäre.                                reich sein können, hängt unter
                                     anderem von einer geänderten
Der Feinsedimenteintrag – zum        Schwerpunktsetzung der landwirt-
Beispiel in der Lenne – hat sich     schaftlichen Förderung ab und
allerdings eher noch erhöht, weil    muss sich in Zukunft zeigen.
weiterhin Grünland umgebrochen
wurde, kaum Gewässerrandstrei-       Libelle des Jahres:
fen existieren und die Tendenz,      Die Schwarze Heidelibelle –
Ackerf lächen bis zur Uferschulter   im Solling zu Hause
zu beackern, aufgrund der Förder-
                                     Institution: BUND und die Gesell-
praxis eher noch zugenommen
                                     schaft der deutschsprachigen
hat. So verklebt der eingespülte
                                     Odonatologen (GdO)
Ackerboden den Kies zu einer fast
                                     Begründung: „Die Schwarze Heide-
Waschbeton-artigen Gewässer-
                                     libelle ist die kleinste der heimischen
sohle, in der nichts mehr lebt.
                                     Großlibellen und ein selten werdender
Was das zu bedeuten hat, kann
                                     Schatz der deutschen Landschaft. Sie
man vielleicht ahnen, wenn man
                                     steht als Symbol nicht nur für die be-
weiß, dass der von zahlreichen
                                     drohten Moorgewässer Deutschlands,
Kleintieren besiedelte Lebensraum
in den Lücken von Kies und Ge-
stein in einer gesunden Forellen-
region bis 70 cm unter die sicht-
bare Gewässersohle reichen kann.
Er stellt die Basis der Nahrungs-
pyramide dar – und wenn diese
entfällt…

Um eine dauerhafte Lachsbesied-
lung zu erreichen, werden Jung-
lachse im potenziellen Laichgebiet
ausgesetzt, die nach ihrer Abwan-    Foto: Männchen der Schwarzen Heidelibelle
                                     (Michael Post/GdO)

                                                                                 25
sondern auch für die Notwendigkeit     eine Kombination aus verschiede-
     eines starken nationalen Artenschut-   nen Ursachen, wie der zunehmen-
     zes jenseits der gesamteuropäischen    den Anreicherung der Gewässer
     Schutzbemühungen.“                     mit Stickstoff aus Abgasen und
                                            Düngemitteln, Einf lüsse des
     Der Hintergrund dieser Begrün-         Klimawandels und direkte Lebens-
     dung wird sehr gut verdeutlicht        raumverluste. Die Schwarze
     durch Zitate aus der Webseite          Heidelibelle braucht nährstoff-
     des BUND: „Beim Erstellen der          arme und saure Gewässer, oft sind
     bundesweiten Roten Liste durch         ihre Vorkommen nur temporär
     die GdO musste für die Schwarze        und die Art verschwindet an
     Heidelibelle ein sehr deutlicher       diesen Standorten nach wenigen
     und signifikanter Rückgang be-         Jahren wieder. Der Erhalt beson-
     reits zwischen 1995 und 2009           ders geschützter Biotope unter
     festgestellt werden. Im Vergleich      anderem in Mooren ist für diese
     der älteren Zeitspanne von vor         Art daher ebenso wichtig wie das
     1980 und den aktuellen Werten          regelmäßige Entstehen neuer
     liegt der Rückgang sogar bei fast      Kleingewässer.
     40 Prozent, das ist mit der höchste
     Wert unter allen ausgewerteten         Im Solling ist unsere kleinste
     Libellenarten“, stellt der Verbrei-    Großlibelle mit ihren namens-
     tungsatlas der Libellen Deutsch-       gebenden, im Reifestadium
     lands der GdO heraus.                  schwarzen Männchen in fisch-
                                            freien, meist sauren und teilweise
     Die genauen Gründe für den             anmoorigen Teichen noch recht
     starken Rückgang der Schwarzen         zahlreich, in anderen Gewässern
     Heidelibelle sind nicht bekannt.       im Landkreis Holzminden eher
     Die Forscher der GdO vermuten          selten, z.B. jahrweise im Garten-

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teich des Autors in Heinade. Für
das niedersächsische Bergland
zeigen die Verbreitungskarten
Schwerpunkte nur im Harz und
im Solling, sonst fehlt die Art
weitgehend oder ist nur vereinzelt
gefunden worden. Damit haben
wir im Solling eine besondere Ver-
antwortung für das Überleben der
Schwarzen Heidelibelle.

Insekt des Jahres:
Die Rostrote Mauerbiene (Osmia
bicornis) – Häufig. Verkannt.             Foto: Rote Mauerbiene auf einer Kirschenblüte
                                          (© Hans Schwenninger, 70499 Stuttgart)
Institution: Kuratorium Insekt des
Jahres
                                          Pollen von mehreren Dutzend
Begründung: „Mit der Rostroten
                                          Pf lanzenarten und nistet in allen
Mauerbiene wurde die zweite Bienen-
                                          irgendwie zum Anlegen eines
art als ‚Insekt des Jahres’ gekürt. Wir
                                          Brutganges geeigneten Hohl-
möchten mit dieser Wahl auch auf
                                          räumen, von Patronenhülsen über
das Artensterben der Wildbienen auf-
                                          Schlüssellöcher und Insekten-
merksam machen – auch wenn unser
                                          bohrgänge im Holz bis zu Mörtel,
Jahresinsekt bisher nicht als gefährdet
                                          Schilf- oder Bambushalmen und
gilt“, erläutert Prof. Dr. Thomas
                                          Bohrlöcher in Nisthilfen. Wer
Schmitt, Direktor des Senckenberg
                                          Nisthilfen installiert, hat also gute
Deutschen Entomologischen Insti-
                                          Chancen, diese Art kennen zu
tut in Müncheberg und Vorsitzen-
                                          lernen. Meist wird sie mit ihrem
der des Auswahl-Kuratoriums.
                                          pelzigen Körper aber für eine
„Auch wollen wir generell auf die hohe
                                          kleine Hummel gehalten oder mit
Bedeutung der Bestäubung als Öko-
                                          der Honigbiene verwechselt. Als
systemdienstleistung hinweisen, die
                                          anspruchsloser Kulturfolger ist
für unsere Nahrungsmittelproduktion
                                          sie regelmäßig auch in unseren
äußerst wichtig ist.“
                                          Gärten zu beobachten. Wer genau
                                          hinsieht, wird an ihrem Kopf-
Viele Wildbienen sind selten und
                                          schild zwei hornartige Fortsätze
bei der Pollenauswahl an wenige
                                          entdecken, deswegen der Name
Pf lanzenarten gebunden. Oft sind
                                          „bicornis“ (zweihörnig). Nur noch
sie auch spezialisiert auf ganz
                                          eine weitere Mauerbienenart hat
bestimmte, seltene Nistplätze.
                                          auch solche Fortsätze, ist aber in
All dies trifft für die Rostrote
                                          Niedersachsen nicht heimisch.
Mauerbiene nicht zu. Sie sammelt

                                                                                          27
Im Gegensatz zum Insekt des                       dort nichts Passendes zu holen ist,
     Jahres sind viele andere Wild-                    müssen sie oft erst einmal nach-
     bienenarten gefährdet und be-                     sehen, angelockt durch die „Farb-
     nötigen unsere Hilfe. Besonders                   f lecken“. Wer durch geeignete
     wichtig ist dabei der Schutz und                  bunte Einsaaten Wildbienen und
     die Erhaltung blütenreicher                       Schmetterlingen helfen will, sollte
     Lebensräume und geeigneter,                       sich – zum Beispiel beim NABU –
     meist der Sonnenstrahlung aus-                    beraten lassen.
     gesetzter Nistmöglichkeiten. Weil
     die Mehrzahl der Wildbienen-                      Die beste Hilfe sind aber der
     arten sehr wählerisch ist, sind                   Schutz und die Pf lege vorhande-
     die meisten im „Greening“ einge-                  ner Magerwiesen, Trockenrasen,
     setzten Saatmischungen, die z.B.                  blütenreicher Brachf lächen und
     von Sonnenblumen und Phacelia                     blütenreichen Grünlands. Der
     dominiert werden, für den Schutz                  NABU und andere Naturschutz-
     unserer Wildbienen ungeeignet,                    verbände bieten zahlreiche
     ebenso wie für gefährdete Schmet-                 Möglichkeiten, in netter Gesell-
     terlingsarten. Das Gleiche gilt für               schaft bei Pf legeeinsätzen zu
     bunte Saatmischungen die durch                    helfen!
     Calendula officinalis, Cosmea,
     Coreopsis, Goldmohn und viele                     Über Wildbienen gibt es übrigens
     andere bunte, aber meist nicht                    sehr gute Bücher. Das wohl beste
     heimische Arten geprägt sind.                     ist aktuell das Buch „Die Wild-
     Ein Beispiel ist in Holzminden die                bienen Deutschlands“. Sie können
     Einsaat auf dem Grünstreifen des                  es gern im NABU-UmWeltladen
     Hafendamms: Bunt, schön anzu-                     bestellen.
     sehen, aber für Wildbienen und
     gefährdete Schmetterlinge wertlos                 Erwähnt sei noch als Spinne des
     und sogar gefährlich wegen des                    Jahres die Ameisenspringspin-
     Straßenverkehrs, denn: Damit                      ne mit ihrer sehr interessanten
     die Insekten merken, dass für sie                 Mimikry. Der Online-Atlas der
                                                       Arachnologischen Gesellschaft
                                                       zeigt für diese Art nur zwei Fund-
                                                       punkte für Niedersachsen, da-
                                                       runter keinen im Bergland. Wer
                                                       sie sieht: Bitte ein Foto machen
                                                       und an die Arachnologische
                                                       Gesellschaft schicken (oder an den
                                                       NABU Holzminden).
      Foto: Ameisenspringspinne (Canapin [CC BY 3.0
     (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0)],   Autor: Karsten Dörfer
                          via Wikimedia Commons)

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