Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes März 2013 Jahrgang 65 www.tjv.or.at
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Inhalt 4 Zukunftsperspektiven der Jagd im Alpenraum 21 Jagdhunde sind doch die besten freunde 10 Schlüssel zum Erfolg! Raubwildbejagung oder Lebensraumerhaltung 15 Kolumne: Alles, alles will ihn fressen 25 Aus den Revieren 31 Offroad Spezial 16 Leserbriefe | Risikobär M13 26 Jägerinnen 32 Kulinarium 17 Weidmannsheil den Jubilaren im März 27 Der Jäger in der Schule 33 Bücher 18 Mitteilungen der Geschäftsstelle 28 Vereine 34 Jagdhunde 22 Aus den Bezirken 29 Anno dazumal 36 Anzeigen 24 Veranstaltungen 30 Kinder auf der Pirsch Meinung Zukunftsperspektiven Zum Aufbruch in eine durch die Jägerschaft schaft Verständnis einzufordern, muss sie selbst mit klaren Perspektiven gestaltete auch Sensibilität zeigen, Verständnis gegen- Zukunft bedarf es einer selbstkritischen über berechtigten Forderungen und Wün- Ernst Rudigier Standortbestimmung und Analyse der ge- schen der Gesellschaft, in der wir leben, Vorstandsmitglied genwärtigen Situations-Realität. Wir wer- aufbringen. Nur dann hat sie als Minder- Tiroler Jägerverband den über unsere Nasenspitzen, über unsere heit in dieser Lebensgemeinschaft Bestand Revier-, Gebiets- und Landesgrenzen, über und erhält Anerkennung und die dringend unsere eigenen Interessen hinausschauen nötige Unterstützung. Wenn wir uns allen müssen. Manch alte Wege werden wir wei- Veränderungen verschließen und das Neue benden Tiere und auf die Jagd direkt oder tergehen und uns von nichts und nieman- selbstgefällig damit abtun, dass wir in der indirekt Einfluss nehmen. Daher wird es dem davon abbringen lassen. Zudem ist es Vergangenheit doch bestens gefahren sind zukünftig nicht ausbleiben, dass wir, um für aber nötig geworden, manche zu hinterfra- und es deshalb auch keine Veränderungen unsere Anliegen Gehör zu finden, über al- gen, um auch neue gehen zu können. Wir für die Zukunft braucht, werden wir uns le Medien publizistisch fachkompetent die dürfen nicht blind gegenüber dem Ganzen, Schritt für Schritt ins Out manövrieren. Öffentlichkeit zu Hilfe rufen. Faktum ist, dem Prinzipiellen der Jagd werden. So wie Ganzheitlich jagdpolitisches Verständnis dass über das zukünftige Schicksal der wild die Jägerschaft primär für Wild und Natur – ist heute oberstes Gebot, weil beinahe alle lebenden Tiere und deren Lebensrechte und und in Verbindung damit für die Jagd – das politischen Elemente des täglichen Lebens somit auch über die Jagd letztinstanzlich die Recht und die Pflicht hat, von der Gesell- und die Gesellschaft auf sämtliche wild le- ganze Bevölkerung entscheidet. ■ IMPRESSUM: JAGD IN TIROL · Zeitschrift des Tiroler Jägerverbandes. Herausgeber und Medieninhaber (Verleger): Tiroler Jägerverband, Adamgasse 7a, 6020 Innsbruck, Tel. 0512-57 10 93, 0800/244 177, 0664/9750 806, Fax 0512/571093-15, E-Mail: info@tjv.or.at, Schriftleitung: Helmuth Waldburger. Layout: Bernhard Feurstein. Hersteller und Anzeigenverwaltung: Bezirksblätter Tirol GmbH, Eduard-Bodem- Gasse 6, 6020 Innsbruck, Tel. 0512-320 4111, Fax 0512-320 720, E-Mail: jagd@jagdintirol.com. Redaktion: Geschäftsstelle TJV. Anzeigen: Sonderprodukte, www.facebook.com/Sonderprodukte. Produktion & Bildbearbeitung: Evelyn Schrder, „Jagd in Tirol” wird an alle Mitglieder des Tiroler Jägerverbandes kostenfrei abgegeben. Sie ist eine Fachzeitschrift, welche die behördlichen Kundmachungen und Verlautbarungen zu veröffentlichen hat und zusätzlich über grundsätzliche Fragen und aktuelle Ereignisse auf dem Gebiet des Jagdwesens, des Naturschutzes usw. informiert. „Jagd in Tirol” erscheint am Monatsanfang. Redaktionsschluss ist der 15. des Vormonats. Für unverlangte Manuskripte und Bilder wird keine Verantwortung übernommen. Namentlich oder mit Kürzel gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung von Redaktion und Herausgeber wieder. Jagd in Tirol 03/2013 Titelfoto: Mag. Christian Messner, Fotos Seite 3: Ernst Rudigier 3
Zukunftsperspektiven Was ist Jagd – was ist eine zukunftsfähige Jagd? Jagd im Was ist überhaupt eine zukunftsfähige Jagd - oder zumindest, was verstehe ich darun- ter? Da die Probleme der Jagd in den Alpen in weitem Maße dieselben der Jagd generell sind, werden wir zuerst einen Blick auf letz- tere werfen. Alpenraum Eine zukunftsfähige Jagd ist eine solche, die es erlaubt, auch in Zukunft im Einklang mit der Natur und ihren Rhythmen zu ja- gen. Eine Jagd, die von einer breiten Öffent- lichkeit akzeptiert wird. Zwar wird es immer Gegner der Jagd geben, aber es geht darum, dass ein Großteil der Bevölkerung die Jagd versteht und akzeptiert. Jagd muss, insbe- sondere in einem sensiblen Ökosystem wie jenem der Alpen, in erster Linie nachhaltig und auf die Erhaltung des gesamten Wild- bestandes hin orientiert sein. Und zwar tatsächlich in ihrer Ausübungsform und nicht nur in Worten gefasst. „Nachhaltig“ ist nämlich ein großes Wort, von dem die wenigsten Jäger tatsächlich die Bedeutung kennen. „Nachhaltig“ wird nämlich auch als Synonym für „zukunftsfähig“ verwendet – mit der Bedeutung „längere Zeit andauern oder bleiben“. Deswegen darf Jagd nicht le- diglich auf Jagdwirtschaft reduziert werden (ein Problem, das gerade in jenen Ländern besteht, wo das Wild wie der Grund und Boden dieselben Eigentumsverhältnisse hat). Weniger Wirtschaft und mehr Jagd und weg von den Monokulturen jagdbarer Arten – das wird auch den immer größer werdenden Konflikt mit dem Forst limitie- ren. Zukunftsfähige Jagd bedeutet weiters, dass sie vertretbar sein muss. Was soll an der Jagd vertretbar sein? 1. die Jagdausübung, 2. die Methoden, Mittel und Geräte, die dafür verwendet werden, 3. die Jagdzeiten und Jagdperioden, 4. die bejagten Arten etc. Wie bzw. wo soll sie ver- tretbar sein? In der Gesellschaft, bei den an- deren Kategorien, die von Grund und Bo- den leben (Forst- und Landwirtschaft) oder bei den anderen Naturnutzern, die auch etwas vom Wild haben möchten. Schafft es der Jäger, das Wild auch den anderen näherzubringen – sodass es auch andere «nützen» und erleben können – wird er ih- nen auch die Jagd selbst näherbringen und somit verträglicher machen. Nur was man kennt kann man respektieren! Vertretbar heißt weiters – man darf sich mit hohem Haupt und gutem Gewissen hinter die Jagd stellen. Kann man das? Was ist Jagd in den Alpen heute – im Sinne einer kritischen Betrachtung? Ein paar Gedan- 4 Jagd in Tirol 03/2013
Reportage ken dazu: Jagdtourismus – ist der gesamte trolle der Jagd Sache der Aufsichts- und der Jagdreise-Apparat Jagd? Abschüsse auf den sogenannten Berufsjäger, die von den Jagd- Markt zu werfen wie andere kommerzielle ausübungsberechtigten/Jagdpächtern ange- Produkte? Für Gamsjagden in den Bergen stellt (bezahlt) werden. Dies ist eine reine zu werben wie für einen anderen x-belie- Farce und sollte sich ändern. Im Übrigen bigen Sporturlaub? Natürlich ist man sich führt eine professionell geführte Jagd auch über die wirtschaftliche Bedeutung der zu besseren Resultaten und ist im Sinne Jagd bewusst, aber das Ganze dürfte etwas des sozialen und gesellschaftlichen Wan- moderater geschehen. Bei diesen Werbe- dels zukunftsfähiger. Zukunftsfähige Jagd prozessen hat man das Gefühl, dass die heißt also auch, man muss hinter ihr stehen ganze Ehrfurcht rund um das Geschehen können. Damit dies möglich ist, muss sie Jagd verloren geht. Eine Jagd ohne Faktor aber soweit möglich «stubenrein» sein. Und Ehrfurcht vor dem Lebewesen – somit oh- hier liegt der „Hund begraben“ – denn viele ne ethisch korrekte Einstellung – ist nicht Schatten verdunkeln diese sonst so noble zukunftsfähig. Aktivität. Ist Gatterjagd oder Wintergatterwirt- Deswegen auch, aber nicht nur, wird die schaft Jagd? Ist „Trophäenkult über alles“ Jagd zunehmend kritisch betrachtet. Gäbe Jagd? Ist die heute noch übliche Einteilung es keine tatsächlich äußerst fragwürdigen in Nutz- und Schadwild bzw. die Raub- Ereignisse, welche die Jagd prägen, wäre je- wildbekämpfung Jagd? Ist das Fallen- bzw. de Diskussion pro oder contra Jagd einfach. Schlageisenstellen eine Jagdform, die heu- Dem ist aber nicht so, denn die Jagdskep- te noch vertretbar ist? Ist die immer häu- tiker und Jagdgegner haben viele gute Ar- figere Autopirsch oder der in den geheizten gumente gegen uns. Einige davon werden Kodiak.de 2013 Hochsitzen praktizierte Ansitz bis tief in die ja von den Jägern selbst förmlich auf dem Nacht hinein Jagd? Ist der immer häufigere Silbertablett serviert. Gebrauch von Nachtsichtgeräten Jagd? Ist Und das Schlimmste ist, dass sich die der Gebrauch von Gewehren mit Optiken, Jagd vieler Probleme bewusst ist, aber sie Tragende die es erlauben, auf 500 bis 600 m eine verdrängt oder zumindest nichts dagegen Abgabe von Waffen nur an Inhaber einer Erwerbserlaubnis. Gämse zu erlegen, Jagd? Ist der kontinuier- unternimmt. Sie ist zu schwach, diese zu liche Gebrauch von Funkgeräten und Mo- bekämpfen. Man muss die Courage haben, biltelefonen als Gebrauchsmittel zur Jagd noch Jagd? Ist die intensive Fütterei, die immer noch weit verbreitet ist, Teil einer die schwarzen Schafe auszugrenzen, die trockenen Äste abzusägen, sich zu eman- zipieren, die Kraft haben, sich zu erneuern Verbindung zukunftsfähigen Jagd? Dies und vieles mehr und mit alten Vorurteilen aufzuräumen. Blaser Gewehrriemen müssen wir hinterfragen! Und es soll keiner Dann kann man nach außen treten und mit Bequem: extra breite Schulter- Argumente entgegnen wie z.B. „aber wenn Information und „offensiver“ Kommuni- auflage. Rutschsicher: elastische ich ohne Störung und sauber eine Sau mit kation beginnen. Wir hingegen belassen es Neopren-Einlage. Praktisch: inte- Nachtsichtgerät in der Nacht entnehmen beim Alten und benehmen uns wie ein Igel griertes Etui für zwei Büchsen- kann, warum nicht?“ – denn dies ist kei- oder ein Strauß. patronen. Vielseitig: Schnell- ne Jagd, dies ist professionelles Töten, aus verschluss, passend für fast alle durchaus guten Gründen. Aber das wäre der Waffentypen. Job der Berufsjäger und der anderen im Ge- Was ist also eine Erhältlich in 3 Farben: schäft tätigen Profis (Wildhut, Parkwächter, zukunftsfähige Jagd? Anthrazitfarbenes oder Anthrazit Forestali, Guardiacaccia …) und nicht Auf- Eine Jagd, die ausgewogen ist – den Zeiten dunkelgrünes Cordura sowie braunes Leder. gabe der herkömmlichen Jäger. Profi- und und ihren Problemen angepasst. Sie muss Berufsjäger gehören zwar zur Jagd und sind aktuelle Umweltgegebenheiten und das ein Teil davon, aber die Jagd, die hier unter sozio-kulturelle wie politische Umfeld ernst die Lupe genommen werden soll, jene, die nehmen. Nicht stur ihren eigenen Weg ge- öffentlich zur Diskussion steht, ist die mehr hen, sondern das Gedankengut, die Wahr- oder weniger so bezeichnete Freizeitjagd! nehmung und die Skepsis der anderen ernst Jagdprofis sind etwas anderes – und deren nehmen! Eines der Hauptprobleme heute Aufgaben sind etwas anderes – ein Kapitel ist die schlechte oder gar fehlende Kommu- für sich. Eine zukunftsfähige, von der Ge- nikation nach außen. Wir sind kaum kom- sellschaft gestützte Jagd muss transparent munikationsfähig. Wir reden zwar viel un- sein – sprich – die Bestandeserhebungen/ ter uns, aber kaum mit den anderen, wenn‘s Schätzungen, die Abschusspläne sowie die nicht sein muss. Wir wischen die Probleme Aufsicht/Kontrolle müssen öffentlich sein. gerne unter den Teppich, verdrängen sie In vielen Teilen der Alpen isind die Bestan- oder leisten eine „Selbstüberzeugungsthe- deserhebung, auf welcher die Abschussplä- rapie“, indem wir uns selber auf die Schul- ne erstellt werden, sowie die Aufsicht/Kon- ter klopfen und sagen: „Für mich ist alles www.blaser.de Import und Fachhandels-Auskunft: Idl GmbH · Südbahnstr. 1 A-9900 Lienz · office@waffen-idl.com Jagd in Tirol 03/2013 Foto: Ernst Rudigier 5
Fachartikel Wegkommen von den Monokulturen jagdbaren Wildes. Rehe und Hirsche vom Jeep oder aus geheizten Hochsitzen aus zu schießen – dies hat mit Jagd nichts zu tun. schal abzulehnen ist keine gültige Option. Nicht gesellschaftlich, nicht ethisch (übri- gens auch jagdethisch), nicht ökologisch und schon gar nicht gesetzlich. Jäger, die heute noch behaupten, Wölfe wurden ille- gal ausgewildert, sind Ewiggestrige. Entwe- der machen sie Informationsterrorismus und sind deswegen ignorant, oder sie sind ignorant, weil sie die biologischen Prozesse nicht verstehen. Kein seriöser Jäger (oder sogar Wildbiologe) würde heute diese neue ok – was kümmern mich die anderen!“. Jagdwissenschaft liegt!). Wegkommen von Ausbreitungsdynamik in Frage stellen. Es Sollte man sich aber nicht einmal hinter- den Monokulturen jagdbaren Wildes. Rehe geht vielmehr darum, sich mit der Frage fragen? Einmal überlegen, ob alles, was und Hirsche vom Jeep oder aus geheizten zu befassen, wie ein Miteinander möglich kritisch zur Jagd geäußert wird, nicht auch Hochsitzen aus zu schießen – dies hat mit wird. Trotzdem sind ablehnende Wortmel- etwas an sich hat? Andererseits – es gibt Jagd nichts zu tun. Ein Jäger, der nicht bereit dungen und Initiativen gegen Raubtiere an in der Jagd viel Gutes und Positives – aber ist, sich sein Hinterteil abzufrieren, soll zu der Tagesordnung und die „offizielle“ Jagd nicht einmal das können wir richtig rü- Hause auf dem Diwan bleiben und Fußball toleriert dies. Oder es wird reine Heuchelei berbringen. Erstens, weil wir nicht gera- schauen. Exzesse, wie sie bei der Rothirsch- betrieben, mit Aussagen wie „Wenn sie von de die Kommunikationsweltmeister sind. jagd in einigen Regionen vorkommen, selbst kommen….“ Aber die Wirklichkeit Wir haben es außerdem verschlafen, uns müssen aufs Schärfste verurteilt und aus- ist eine andere. Wildereiakte sowie illegale ernsthaft mit diesem Thema zu befassen gegrenzt werden. Da darf man nicht passiv Tötungen sind immer noch Tatsache und – Information und Kommunikation ist zuschauen, nur weil einige (sehr wenige) an der Tagesordnung! Man braucht näm- NICHT gleich Propaganda und Lobbying! der Revierinhaber Geldmagneten aus dem lich gar nicht einen Wilderer oder Jäger zu Zweitens – es ist oft schwierig, sich hinter Ausland sind! Die Ausbildung der Jungjä- erwischen, der z.B. einen Luchs geschossen die Jagd zu stellen, denn da liegen Pro- ger muss verbessert werden. Teilweise sind hat, alleine die Tatsache, dass es nicht zu ei- bleme noch offen herum. Wir verschlafen die Zustände, ist die Qualität der angebote- ner vitalen Population gekommen ist, dass also gleichermaßen einen „Reinigungs-“ nen Kurse miserabel. abrupt an einer Grenzlinie ihre Verbreitung wie einen Kommunikationsprozess. Technisch wie ethisch-philosophisch – endete – obschon die ökologischen Voraus- man erklärt zwar alles über die Wildtiere setzungen ideal waren (und sind) – spricht und deren Biologie - und dies oft falsch und für sich! Jahrzehntelang wurde unter an- Probleme heute mit alten überholten Kenntnissen (Jagd- derem Jagdpolitik betrieben – „die Jagd Die Probleme heute – was ist von der Jagd technik, Waffen, Kaliber, Wildbrethygiene) sei notwendig, man müsse die fehlenden so NICHT zukunftsfähig? Das Problem - aber nichts über Jagdgeschichte, Jagdkul- Raubtiere ersetzen“. Und heute, wo sie da bleibt – es hat zu viele Schwachpunkte, wel- tur, Jagdethik. Die Jäger kennen ihre eigene sind? Es gibt Jagdregionen, in denen man che die Jagd – im Gesamten – schwer ver- Geschichte nicht, sie wissen kaum, was Jagd Sonderkonzepte erstellt und Sondergeneh- tretbar und nicht zukunftsfähig machen. wirklich bedeutet! Junge Jägergenerationen migungen erlassen hat, um das Problem Was sind die Kernpunkte, die sich ändern lehnen weitgehend das jagdliche Brauch- Rotwild (viel zu hohe Dichten) in den Griff müssen? Wo liegen die heutigen Schwach- tum ab – bezeichnen es als „lediglich folklo- zu bekommen – was ja kaum gelingt. Und punkte, die gestärkt werden müssen, damit ristischen Trödel“. Jagdliche Bräuche und die Probleme bleiben, bis sie ein starker die Jagd zukunftsfähig wird? Jagd muss sich waidgerechtes Benehmen bedeuten jedoch Winter klärt. Dann kommt zufällig ein Wolf trauen, die schwarzen Schafe zu isolieren, Regeln zu respektieren. Also spielen sie eine vorbei, reißt zwei Hirsche und man schreit sich von den Exzessen distanzieren – Jagd wichtige Rolle! Die Jagd muss aufhören mit Alarm – der Wolf muss weg! Es gibt keinen muss sich hinterfragen – kritische Aspekte Schlagwörtern wie „ohne Jagd kein Wild“ Platz für ihn! Hat der Jäger eine Ahnung, bearbeiten. Jagd muss mit Klischees und und dem Missbrauch von Wörtern wie öko- wie sehr dies seinem Image schadet? Pauschaldefinitionen aufräumen. Jagd logisch, nachhaltig und Biodiversität. Das Paradoxon dabei ist – wofür? Man muss beginnen, die Wildbiologie ernst zu Die Ansichten zu den Großraubtieren kann mit Großraubtieren sehr wohl zu- nehmen (die meisten Jäger haben heute müssen sich ändern. Es geht nicht darum, sammenleben und weiter jagen. Und wenn noch keine Ahnung, welcher Unterschied Großraubtierfans zu werden, aber verant- man mit diesem Thema verantwortungsvoll zwischen Jagdgeschichten, Jagdkunde und wortungsvoll damit umzugehen. Sie pau- umgeht, steht einer legalen Jagd auch auf 6 Foto: hw, Mag. Christian Messner Jagd in Tirol 03/2013
Fachartikel diese Arten in Zukunft auch bei uns nichts im Wege – z.B. Freude an der legalen Bä- renjagd wie in Slowenien. Diese legale Jagd muss man sich aber zuerst verdienen, in- dem man zeigt, ernsthaft mit diesen Arten umzugehen. Das Management darf nicht mit der Büchse beginnen. Ernsthaft damit umzugehen heißt, deren Status zu erheben (Monitoring) und das Vorkommen zu einer vitalen Population heranwachsen zu lassen. Vital heißt, nicht in hohen Dichten – aber so, dass sie reproduktions- und somit über- lebensfähig ist. Der kuriose Umgang mit der Wissenschaft Beispiel Räude: Obschon Resultate von langjährigen Studien vorliegen, die aufzei- 20 Jahre Feld- und Laborforschung der Universität Torino haben bewiesen, dass bei gen, wie man von Räude befallene Gams- korrekter Entnahme/respektiver Zurückhaltung beim Schießen sich die Gams besser erholen kann, denn die Immunität, die sie erlangen kann, wird von den überlebenden vorkommen bejagen sollte, werden diese Stücken weitervererbt. nicht wahrgenommen. 20 Jahre Feld- und Laborforschung der Universität Torino ha- ben bewiesen, dass bei korrekter Entnahme/ Die Frage, die sich stellt, ist: Warum igno- dubiose Resultate/Aussagen – immer öfter respektiver Zurückhaltung beim Schießen riert die Jagd die Erkenntnisse der Wissen- kommt es zu „Gefälligkeitsgutachten“. Diese sich die Gams besser erholen kann, denn die schaft so oft? Immer dann, wenn sie nicht in Missstände der Wildbiologie werden min- Immunität, die sie erlangen kann, wird von ihr „wirtschaftliches“ Konzept passt? destens indirekt aber von der Jagd selbst den überlebenden Stücken weitervererbt. Natürlich gibt es auch die Kehrseite der provoziert und gefördert. Man sollte nicht als einzige Maßnahme ein- Medaille. Oft wird von der Wissenschaft Beispiel Jagdplanung: Einer der absolut fach auf jedes suspekte Tier schießen. Aber aus zu schlecht kommuniziert. Und nicht gravierendsten Fehler ist die Art und Weise, genau dies passiert. In weiteren Studien an alles, was aus der Wissenschaft/Wildbiolo- wie die Jagdplanung, das Jagdmanagment der Universität Wien wurde dieser Prozess gie kommt, ist tatsächlich ein Evangelium. heute betrieben wird. Und hier sind die Jä- der Immunität von Arnold und Mitarbei- Auch in der Wildbiologie gibt es dubioses ger nur indirekt schuld daran, hier kommen tern bestätigt. Aber im Räude-Management Vorgehen. Immer härter wird die Konkur- die Behörden und nochmals auch Wildbio- geht alles weiter wie immer schon. Lokal ist renz zwischen Instituten und einzelnen logen ins Spiel. Man versucht immer mehr, die Räude von einer Epidemie zu einer En- Forschern – der Leistungs- und Zeitdruck die Jäger konstant zufriedenzustellen. Jedes demie geworden. Dies ist nur ein Beispiel. wird immer größer. Dabei entstehen sehr Jahr am selben Ort gleich viel Schalenwild EINFACH ENTSPANNEND STEYR MANNLICHER SM12TM Die STEYR MANNLICHER SM12TM ist die neue Repetierbüchse mit dem leicht im Anschlag bedienbaren und innovativen Handspannsystem (H.C.S.) aus dem Hause STEYR MANNLICHER. Einfach entspannend: Beim Entspannen der Waffe wird auch der Rückstecher deaktiviert. Die neue STEYR extrem MANNLICHER SM12TM ist das universelle „Crossover-Gewehr“, das Sie nie im Stich lässt und höchste leichtgängig Ansprüche erfüllt. www.steyr-mannlicher.com Sicher: entspannt MEHR INFOS: Feuerbereit: gespannt Jagd in Tirol 03/2013 7
Fachartikel Man muss es nur ansprechen und damit um- gehen. Bei der Jagd ist aber alles schlimmer, denn – Jäger töten Tiere – und dies wirkt sich eben gleich anders aus! Jagd muss sich also ändern. Wer sich nicht ändern kann und sich der „Evolution“, in diesem Fall sprich - der sozio-kulturellen Situation anpassen kann, wird aussterben. Dies ist die dogma- tische Regel von Charles Darwin. Jagd muss sich ändern Die Jäger ändern sich nur technologisch – modernerer Jeep, bessere Kaliber, Nacht- sichtgeräte, Fotofallen aber nicht anders. Die Erkenntnisse der Wildbiologie werden immer noch zu oft vom alten Jagdlatein in den Schatten gestellt, Anpassungen an die kulturelle Lage, an die Umweltsituation fin- den nur dürftig statt. Die Jagd schafft es auch nicht, über die eigenen Grenzen hinwegzu- So stark, wie ich für eine Erhaltung der Raufußhühnerjagd bin, so fest bin ich auch gegen schauen und gemeinsame Wege einzuschla- die Missstände, die diese Jagd heute kennzeichnen. Diese Jagd darf wirklich nur dann gen. Sie ist nicht bereit, alteingeflochtene erfolgen, wenn erwiesenermaßen die Population vital ist, also einen positiven Trend Regeln, die eh nicht mehr funktionieren, aufweist. Und dies anhand von seriösem Monitoring und nicht Stammtischzählungen. zu brechen und zu ändern. Sie ist nicht be- reit, Probleme zusammen zu diskutieren, auch am internen Prozess hapert’s. Die Jagd zu schießen ist – so scheint es – das oberste kommene Hahn scheint in keiner Statistik macht vieles falsch – ABER – sie ist auch Ziel. Dies ist aber ein großer strategischer auf, ist aber trotzdem einer weniger. Machen Leidträger vieler anderer Fehler und Pro- Fehler. Die systematische Abflachung der wir eine Simulation mit theoretischen Zah- bleme. Eine immer zersiedeltere Umwelt Populationsdynamik, die Abflachung der len, nur um den Prozess zu veranschaulichen. mit immer größeren Barrieren, welche die natürlichen Fluktuationen durch regulative 15 % Entnahme von einem real geschätzten Bewegungsfreiheit des Wildes einschrän- Eingriffe ist ein großer Fehler. Man nimmt Bestand sind tragbar. Wird jedoch der Be- ken, höhere Touristenzahlen und immer den evolutiven Prozessen jede Chance zu stand überschätzt, dann wirken sich die 15 ausgefallenere Freizeitaktivitäten sind ein walten. Jahre mit mehr und Jahre mit weni- % Entnahme anders aus. Denn 15 % von 800 großer Störfaktor. Ein heikles Thema stellt ger Rehen (oder Gämsen, Hirschen) sind na- (der reale Bestand) sind 120 Tiere. 15 % von heute die Forstpolitik dar. Forstdiktaturen türlich und normal. Flaschenhalssituationen 1.000 (der überschätzte Bestand) sind 150 sind immer häufiger, man verlangt immer sind ein wesentlicher Aspekt der Evolution, Tiere. Im Endeffekt erlege ich aber die 150 höhere Abschusszahlen, immer längere deren Resultat eine Verbesserung unseres Tiere vom realen Bestand – also ernte ich Jagdperioden, man hat ein krankes Weltbild Wildes bedeutet. rund um 20 % mehr als ich dürfte! Und ab- der Natur. Reduktion ist das einzige Schlag- Beispiel Jagdplanung – Raufußhühner: hängig von der Überschätzung kann es noch wort. Dass aber schlechter Waldbau auch So stark, wie ich für eine Erhaltung der viel mehr ausmachen! Berechnet man noch eine Rolle spielen könnte, wird verdrängt. Raufußhühnerjagd bin, so fest bin ich auch dazu, dass mit Schrotschüssen bis zu 40 % Mehr und länger schießen bedeutet aber gegen die Missstände, die diese Jagd heu- angeschossen, also umgebracht, aber nicht für das Wild mehr Stress und ist gleichzu- te kennzeichnen. Diese Jagd darf wirklich gefunden werden (scheinen in der Statistik setzen mit mehr Schäden. Der Wald darf nur dann erfolgen, wenn erwiesenermaßen nicht auf), dann steigt die Entnahme noch- nicht Monokultur von jagdbaren Arten be- die Population vital ist, also einen positiven mals deutlich und am Ende habe ich vom deuten, aber noch weniger Monokultur von Trend aufweist. Und dies anhand von seri- realen Bestand eine Entnahme, die um 40 % waldwirtschaftlich interessanten Bäumen. ösem Monitoring und nicht Stammtischzäh- und mehr höher ist als möglich. Dies ist auf Kommunikation: Jagd muss lernen, offen- lungen. Die Raufußhühnerjagd – sei es Birk- Dauer nicht tragbar! Kein Wunder, dass es siv zu kommunizieren, sich zu zeigen und oder Auerwild, Hasel- oder Schneehahn, lokal schlecht aussieht mit den Raufußhüh- nicht sich lediglich zu rechtfertigen. Dafür im Frühling oder im Herbst, muss auch nern. Und noch ein letzter Gedanke zu den braucht es Profis – für Kommunikation! ordentlich ausgeführt werden. Zum Beispiel Jagdzeiten. Immer längere Jagdperioden Die Homepages von den miserabelsten Or- weg vom Schrot, hin zur Kugel! Ein einziger (z.B. um die Rotwildbestände in den Griff zu ganisationen und Vereinen haben bereits Schrotkern eines schlechten Schusses kann bekommen) sind ein falscher Ansatz. Immer attraktive Internet-Plattformen. Nur wir bereits einen Auerhahn töten. Es kann aber ausgedehntere Ruheperioden und Rück- Jäger nicht. Und nicht etwa, weil auf den passieren, dass er nicht im Feuer liegt, abrei- zugsgebiete sollte es geben. Vertrauteres Homepages nicht tolle Fotos von Jagden tet und nicht gefunden wird. Dies passiert Wild würde die Jagd selbst auch viel schö- drauf sind, aber weil sie für alle anderen viel öfter als man meint und wird zudem ner machen. Ergo Negatives hat es in jedem Nichtjäger uninteressant sind. Wir machen kaum gemeldet. Fazit: Der trotzdem umge- Bereich, jeder Organisation und Kategorie. so nur interne Kommunikation, was auch 8 Foto: Ernst Rudigier, hw Jagd in Tirol 03/2013
Fuchsnächte! Reportage BBF MASTER LIGHT Luxus wichtig ist, aber wir müssen vor allem die form WISO der Alpenkonvention ist eine Außenwelt erobern! Die Aufgabe der Jagd neue technische Plattform, die mit Mandat ist es, still und leise, aber aktiv die Leute zu der acht Umweltminister der acht Alpen- überzeugen – dafür muss sich die Jagd aber staaten gegründet wurde. Das erste Doku- zuerst bessern und mit vielem aufräumen! ment wurde bereits unter der Slowenischen Das Bewusstsein – ich bin Jäger, das ist Präsidenz im März 2011 eingereicht und Jagd – ist die Basis für die Zukunft. Wenn adoptiert. Grenzüberschreitend und inter- ich nicht weiß, wer ich bin und woher ich disziplinäre Arbeit. Ziel: Großraubtiere, komme, werde ich kaum wissen, wohin ich Schalenwild, Forst-, Jagd-, Landwirtschaft soll, muss und kann! Jagd muss sich eman- und Tourismus in Einklang bringen. zipieren und vertretbar sein – dann muss In Wirklichkeit sind die Jagdgegner auch sie sich nicht mehr verstecken! Viele sind nicht so häufig wie angenommen, oder wie gegen die Jagd und doch, wenn’s ums Kon- sie gerne von sich selbst sagen und die meis- krete geht, wird in den „oberen Etagen“ der ten sind dem Thema gegenüber uninte- Administrationen und der Politik erkannt: ressiert oder gleichgültig. Diese können Es braucht die Jagd. Vielleicht nicht diese, und müssen wir überzeugen – das ist der Komplettangebot besser eine andere, aber es braucht sie. Auftrag für die Zukunft. Wie? Durch gute Dies ist nicht nur das Produkt von Jagdpoli- Jagdführung, Jagd muss tatsächlich, nicht tik der hohen Jagdlobby, sondern durchaus nur mit Slogans, nachhaltig werden. Sie Kaliber: das Resultat von Überlegungen von Profis, muss vertretbar sein! 20/76 und die über Fachberichte die Politiker unter- .22 Hornet .222 Rem. stützen. Die IUCN (International Union for .223 Rem. the Conservation of Nature = Internationa- Zukunftsperspektiven 5.6 x 50R Mag. le Union für die Erhaltung der Natur) hat Aus dem lateinischen perspicere heißt .243 Win. z.B. während ihres zweiten Weltkongresses dies hindurchsehen, hindurchblicken. 6.5 x 57R in Amman (Jordanien) im Jahr 2000 eine Und Synonyme davon sind Zukunft, Aus- 7 x 65R, .30-06 richtungsweisende Resolution und eine sicht, Chance, Hoffnung, Möglichkeit, Grundsatzerklärung („Policy statement“) Zukunftsaussichten. Viele schöne, positiv ... elegante, schmale verabschiedet. In diesen Dokumenten wird tönende Worte. Um Zukunftsperspektiven Bauform; geschmie- die nachhaltige Nutzung wildlebender Res- zu haben, heißt es aber, sich ernsthaft der dete 60 cm Läufe; sourcen – und somit auch die Jagd – akzep- Probleme bewusst zu werden, sie nicht zu ausgezeichnete tiert und als wesentlicher Teil der IUCN- verdrängen, sondern aktiv zu bekämpfen. Schussleistung, gut Politik zur Förderung und Erhaltung der Damit die Jagd auch in Zukunft als maß- justierbarer Stecher; Ökosysteme und der biologischen Vielfalt geblicher Teil der Kultur, Tradition, Be- klassisches Äußeres – ausgewiesen. Es gibt auch andere Beispiele, wirtschaftung und Erhaltung der Alpen Tierstücke, Arabesken; geschliffene Nussholz- die zeigen, dass Jagd durchaus auch Unter- anerkannt wird. ■ schäfte, Bayerische stützung genießt und salonfähig ist. Um Dr. Paolo Molinari, Backe, Biberschwanz ein aktuelles Beispiel zu nennen: Die Platt- AGJSO 2012, Kärnten am Vorderschaft; Lie- ferung solange Vorrat reicht! ... jetzt im Set mit: ZEISS Duralyt 3-12x50 Abs. 60, Leuchtabsehen, statt: € 3.014.- nur ... ¤ 2.622.- ZEISS Diatal 7x50 Abs. 40 od. 60, Leuchtabsehen, statt: € 3.159.- nur ... ¤ 2.744.- ZEISS Duralyt 3-12x50 Abs. 6., statt: € 2.744.- nur ... ¤ 2.380.- Die Preise verstehen sich inkl. Montage, montiert und eingeschossen in EURO inkl. MWSt. Vertrieb über den Waffenhandel Um Zukunftsperspektiven zu haben, heißt es aber, sich ernsthaft der Probleme bewusst bzw. über Ihren Büchsenmacher zu werden, damit die Jagd auch in Zukunft als maßgeblicher Teil der Kultur, Tradition, Händlernachweis und Infos: Burgstaller GmbH Bewirtschaftung und Erhaltung der Alpen anerkannt wird. Tel. 04762/82228 • FAX 04762/822532 Mail: info@waffen-burgstaller.at www.zeiss.de/sportsoptics • www.sabatti.com Jagd in Tirol 03/2013 www.waffen-burgstaller.at 9
Fachartikel D ie Fortbildungsveranstaltung am 16. Januar 2013 im Tiroler Jägerheim in Innsbruck war ein voller Erfolg, etwas über 100 Jäger haben sich über die neuesten Erkenntnisse im Bereich der Raubwildbejagung informiert. Prof. Dr. Klaus Hackländer vom GRATIS Institut für Wildbiologie und Jagdwirtschaft (IWJ) des Departments für integrative Biologie und Biodiversitätsforschung der Universität JAGD-KATALOG für Bodenkultur Wien war zu Gast, um in das Netzwerk der Räuber- Beute-Beziehungen und ihren Wechselwirkungen mit ihrer Umwelt Jetzt anfordern! einen genaueren Einblick zu geben. In unserer heutigen Kulturland- schaft wird es immer Gewinner und Verlierer geben. Gewinner wie Fuchs oder Steinmarder haben es geschafft, sich den Gegebenheiten anzupassen und brauchen zum Überleben keine Unterstützung des Menschen, sie finden selbst in dicht besiedelten Gebieten ihren Platz und ein reichliches Nahrungsangebot. Anders sieht es bei den Verlierern wie dem Feldhasen oder Auer- huhn aus. Ohne aktive Managementmaßnahmen wären diese Tierar- ten in vielen Gebieten Europas aus ihren ursprünglichen Lebensräu- men schon verschwunden. Doch woran liegt das? Vielleicht an den eben erwähnten Gewinnern. Würde die Beutegreifer-Bejagung somit einen Beitrag zum Artenschutz leisten? Oder ist der Grund in dem Verschwinden geeigneter Habitate zu suchen und die Lebensraumer- haltung ist der Schlüssel zum Erfolg für den Artenschutz? Wissen- schaftler aus aller Welt haben sich schon mit dieser Thematik befasst. Summer et al. (2004) untersuchten den Bruterfolg von Auerhühnern in Schottland in Abhängigkeit von Prädatoren, Wetter und Vegetati- on. Die Räuberdichte wurde von 1992 bis 1996 manipuliert und die Produktivität der Hennen in Waldgebieten mit und ohne Räuberma- nagement wurde verglichen (Abb.1). Stammkunden erhalten alle Kataloge automatisch! Europaweit bekanntes Spezial-Versandhaus Genial & Für die schweren digital Fälle! Digitalwaage, 200 kg 99, 99 Waage mit einem Messbereich 99 von bis zu 200 kg in 100 g- Schritten und mit extra stabilen nur 34, und verzinkten Wiegehaken. Seitlich an der Waage befindet sich ein ausziehbares Maßband mit 1 m Länge. Mit digitalem Thermometer, das die Tempe- ratur in Celsius und Fahrenheit Abb. 1) Bruterfolg des Auerhuhns in Gebieten mit (Experiment) und ohne Raubwildbejagung (Kontrolle) anzeigt. Messeinheiten: kg/lbs/ stone. 3 Batterien AAA erfor- Bis 200 kg (aus Summer et al. (2004)). Mit ausziehbarem derlich (bitte separat bestellen). Maßband Bestell-Nr. 123185.69.003 Digitales Thermometer bisher € 99,99 jetzt € 34,99 integriert In dieser Studie wurden aufgrund der Raubwildbejagung eine Sen- Ihr tolles Gratis-Geschenk! Jagdmesser Scharfes, 13,5 cm langes kung der Prädationsrate sowie eine zeitweise Erhöhung des Fort- Jagdmesser TERRIER mit 5 cm pflanzungserfolges erreicht. Abb. 1 verdeutlicht jedoch, dass der Klinge. Inkl. Lederetui. (Ein Gratis- Bruterfolg des Auerwildes nicht alleine von der Raubwilddichte Geschenk pro Bestellung, solange Vorrat reicht). 137454 beeinflusst wird. 1995 sank die Anzahl der Küken pro Henne im Versuchsgebiet trotz Bejagung des Raubwildes auf annähernd das Tel.: (01) 3 10 06 20 www.askari-jagd.at gleiche Niveau wie im Referenzgebiet. Auch Baines et al. (2004) be- Askari Sport GmbH Telefon (01) 3 10 06 20 schäftigten sich in einer Studie mit dem Einfluss von Prädatoren und Paketfach Friedewald www.askari-jagd.at Waldstrukturen auf den Bruterfolg dieser Raufußhühner (Abb.2). 4005 Linz E-mail: service@askari-jagd.at Diese Abbildung zeigt einen bedeutenden Einfluss des Deckungs- Amtsgericht Coesfeld, eingetragen HRB/6840 - Geschäftsführer: Paul Brüggemann, Heike Wagner, Rüdiger Walter Porto- und Verpackungskosten bei Kreditkarten/Bankeinzug € 5,95. Bei Nachnahmesendungen zzgl. Nachnahmegebühren. grades der Heidelbeere auf den Bruterfolg des Auerhuhns. Bis zu (Bonität vorausgesetzt). Es gelten unsere allgemeinen Geschäftsbedingungen unter www.askari-jagd.at. Dieser Artikel ist nur über den Versand erhältlich, nicht in den Läden! Lieferung solange der Vorrat reicht! einem Deckungsgrad von 15 Prozent bis 20 Prozent steigt dieser Jagd in Tirol 03/2013 Fotos: Albert Mächler 69-00_Maerz_90x242_V3_DE_L39B.indd 1 11 21.01.13 14:21
Fachartikel und den Bruterfolg dieser Art? Bolton et al. (2007) untersuchten in einem achtjährigen Experiment in elf Untersuchungsgebieten den Effekt der Prädationskontrolle von Fuchs und Rabenkrähe auf den Bruterfolg und die Bestandesentwicklung des Kiebitzes. Abb. 3) Effekt der Raubwildbejagung auf den Gelegeerfolg des Kiebitzes (aus Bolton et al. (2007)). Abb. 2) Bruterfolg der Auerhenne und durchschnittlicher Deckungsgrad der Heidelbeere a) ohne Raubwildbejagung und b) mit Raubwildbejagung (aus Baines et al. (2004)). an, fällt danach allerdings wieder ab. In einem Vergleichsgebiet mit zusätzlicher Raubwildbejagung nimmt der Bruterfolg hingegen nicht wieder ab, stagniert dennoch auf etwa gleichem Niveau wie in dem Untersuchungsgebiet ohne Raubwildmanagement und 15 Prozent Heidelbeerdeckung. Das Habitat hat hier einen höheren Stellenwert und somit auch einen größeren Einfluss (Superfaktor) als die Räuber- dichte. Die Heidelbeere bietet für das Auerwild Schutz vor Witterung sowie Räubern und zugleich Nahrung. Der Fortpflanzungserfolg des Auerwildes und somit dessen Populationsentwicklung hängen nicht nur von der Räuberdichte ab, sondern auch vom Lebensraum und Abb. 4) Jährliche Populationsentwicklung des Kiebitzes (%) somit ist die Lebensraumerhaltung eine entscheidende Management- mit und ohne Raubwildbejagung (aus Bolton et al. (2007)). maßnahme zum Schutz der Auerwildbestände. Auch der Kiebitz ist ein immer wieder gerne von Fuchs und Rabenkrähe aufgesuchtes Beutetier und unterliegt somit ebenfalls einem gewissen Prädations- Die Räuberdichte war in den Untersuchungsgebieten sehr unter- druck. Doch ist dieser entscheidend für die Populationsentwicklung schiedlich und somit auch die Zahl der entnommenen Individuen. Es gibt keinen allgemeinen gebietsübergreifenden Effekt, sondern es besteht ein signifikanter Unterschied zwischen den Gebieten. Den Bruterfolg (Abb. 3) wie auch die Populationsentwicklung (Abb. 4) des Kiebitzes betreffend, gibt es Gebiete mit negativem, welche mit positivem und Gebiete ohne Effekt. Wiederum als entscheidender Faktor hat sich das Habitat bzw. dessen Struktur in einer Untersu- chung von MacDonald & Bolton (2008) herausgestellt. Mit zuneh- mendem Abstand zur Feldgrenze nimmt die Prädationsrate für das Rebhuhn ab. Dies entspricht dem natürlichen Verhalten der Beute- Der Fortpflanzungserfolg des Auerwildes und somit dessen Populationsentwicklung hängen nicht nur von der Räuberdichte ab, sondern auch vom Lebensraum und somit ist die Lebensraumerhaltung eine entscheidende Managementmaßnahme zum Schutz der Auerwildbestände. 12 Jagd in Tirol 03/2013
Fachartikel greifer, welche gerne lineare Strukturen wie Feld- und Waldgrenzen Phänomen. Bei der Betrachtung solcher Statistiken stellt sich nun die zur Nahrungssuche nutzen. Doch sind nun die Lebensraumerhaltung Frage, ob unser Raubwild die Ursache für den Rückgang von Beute- und die Habitatverbesserungsmaßnahmen wirklich ein Rezept mit populationen darstellt oder vielmehr als Hemmnis für die Erholung Erfolgsgarantie? Kommt es wirklich nur auf das Habitat und nicht auf von Beutetierpopulationen zu betrachten ist. Selbst steigende Ab- die Beziehungen zwischen einzelnen Tierarten an? Am Beispiel des schusszahlen beim Fuchs bewirken keine Änderung beim Rebhuhn. Rebhuhns wird deutlich, dass ein Management einer Tierart ohne die Der Abfall der Rebhuhnzahlen erfolgte auch schon lange vor dem dazugehörige Erfolgskontrolle nicht funktioniert. Bro et al. (2004) er- Anstieg des Fuchsabschusses und lässt einen anderen Hintergrund forschten den Einfluss von Habitatmanagementmaßnahmen auf die des Rückgangs vermuten. Rebhuhnpopulation und kamen zu dem Schluss, dass solche Maß- nahmen, wie das Anlegen von Deckungsstreifen, nicht immer mit einem positiven Effekt auf die Populationsentwicklung gleichzuset- zen sind, denn das Anlegen dieser Streifen hatte keinen Einfluss auf die Brutpaardichte. Die Arbeit von Aebischer & Ewald (2004) bestä- tigt die Annahme, dass nur die Kombination unterschiedlicher Ma- nagementmaßnahmen zum Erfolg führen kann und dieses Ergebnis nur durch eine anschließende Prüfung sichtbar wird. In ihrer Studie kombinierten sie Habitatverbesserungsmaßnahmen mit einer Beute- greiferkontrolle. Die Referenzgebiete zur Kontrolle belegen dabei den Erfolg dieser Maßnahmenkombination (Abb. 5) Abb. 6) Jagdstreckenentwicklung Rebhuhn und Fuchs in Niederösterreich Um die Konfliktträchtigkeit dieser Thematik noch weiter zu verdeut- lichen machte Prof. Dr. Hackländer einen Ausflug in die Psychologie und Philosophie, denn die Jagd ist sehr mit Emotionen bepackt und somit werden die Wildtiere von vielen Jägern aber auch Nicht-Jägern in „Gut“ und „Böse“ eingeteilt. Doch was gibt uns das Recht dazu? Was macht den Auerhahn wertvoller als den Fuchs? Es sind beides Lebewesen, die ihr Anrecht auf Lebensraum beanspruchen. Da die Einteilung von „Gut“ und „Böse“ jedoch von Emotionen und Wert- vorstellung beeinflusst wird, kann diese von Person zu Person unter- Abb. 5) Durchschnittliche Frühjahrsdichte des Rebhuhns in schiedlich sein. Gebieten mit Management und ohne Management. 1996 „Der Mensch besitzt eine angeborene emotionale Verbundenheit begannen zwei der zuvor nicht gemanagten Gebiete mit dem Management (aus Aebischer & Ewald (2004)). mit anderen Lebewesen“ (Edward O. Wilson), was auch die Wahl der beliebtesten Werbefiguren verdeutlicht (Platz 1: Bärenmarke-Bär). Wie sehr Ereignisse und Werte unsere Einstellungen und damit auch unser Verhalten beeinflussen können, zeigt eine Umfrage zur Mei- Diese Forschungsarbeiten belegen die Notwendigkeit einer gut nung zu Großraubtieren und deren Recht auf Wiederansiedlung. Vor durchdachten Entscheidungsfindung und Evaluierung von Manage- der Wanderung des Problembären „JJ1“ waren über 50 Prozent der ment- bzw. Artenschutz-Maßnahmen. Die Prädatorenkontrolle kann in Bayern Befragten für eine Wiederansiedlung, nach den Vorfällen nur dann einen Beitrag dazu leisten, wenn die Rolle der Prädatoren jedoch nicht einmal mehr 30 Prozent. In Norddeutschland hinge- in dieser „Lebensgemeinschaft“ bekannt ist und die äußeren Gege- gen nahm die Zustimmung nur um 10 Prozent auf knapp über 40 benheiten stimmen. Ist ein Gebiet grundsätzlich nicht oder auch Prozent ab. Je mehr der Mensch selbst von Ereignissen betroffen ist, nicht mehr geeignet und können Habitatverbesserungsmaßnahmen desto mehr kochen auch die Emotionen auf! In Australien sorgte keine Änderung des Sachverhaltes herbeiführen, dann hilft auch hingegen die Invasion der Kaninchen dafür, dass sich die Einwoh- keine Raubwildbejagung mehr! Die Jagdstreckenentwicklung von ner einen neuen Osterhasen, den großen Kaninchennasenbeutler, Rebhuhn und Fuchs in Niederösterreich (Abb. 6) unterstreicht dieses suchten. Wie unterschiedlich die Einstellungen zu einer Wildart Top - Angebote unter: Walter Beutler www.csp-austria.at Büchsenmachermeister Tel: 0512 / 26 40 60 An- und Verkauf, Eggenwaldweg 60 13 Reparatur und Verwertung von Waffen Jagd in Tirol 03/2013 Landeshauptschießstand Arzl 6020 Innsbruck
Fachartikel sein können zeigt der Vergleich mit dem Status des Kaninchens in Zusammenfassend lässt sich somit festhalten, dass die Raubwild- Spanien. Auf der Iberischen Halbinsel stellt das Kaninchen eine bejagung einen Beitrag zum Artenschutz leisten kann, dieser Schlüsselrolle auch für die zwei bedrohten Arten, den Iberischen aber aufgrund der Vielfältigkeit der Emotionen bezüglich die- Luchs und den Kaiseradler, dar. Der Bestand ist nach Ausbruch ser Thematik belegt sein sollte. Bei der Beantwortung von solch von RHD massiv eingebrochen und nunmehr vom Ausster ben komplexen Fragestellungen sollte jedoch die Vermischung mit bedroht. Untersuchungen zufolge beeinflusst die Kaninchenhäu- Emotionen und Wertvorstellungen vermieden werden. Eine aus figkeit die Anzahl bedrohter Greifvögel (Delibes-Mateos et al. naturschutzfachlicher und jagdwirtschaftlicher Sicht nachhaltige 2007). Gut und Böse variieren also mit der Zeit, von Region zu Bejagung kann nur betrieben werden, wenn die Rolle des Beu- Region, zwischen Interessengruppen und je nach ökologischem tegreifers in dem jeweiligen Ökosystem bekannt ist. Dabei spielt Wissen. Bei der Entwicklung bzw. Umsetzung von Management- jedoch die Erhaltung des Lebensraumes (Superfaktor) eine maß- maßnahmen muss dementsprechend immer der Gesamtkontext gebliche Rolle, denn sie ist nachhaltiger und trägt zudem zu einem betrachtet werden, denn die Räuber-Beute-Beziehungen sind positiven Image der Jagd bei. ■ nun mal nicht so einfach und simpel, wie sie uns als Nahrungs- Dipl.-Ing. Miriam Traube kette in der Grundschule vorgestellt wurden. „Pflanzen als Pro- duzenten werden von Pflanzenfressern gefressen und diese von Literatur: Fleischfressern und diese von den Konsumenten an der Spitze. Aebischer, N.J. & Ewald, J.A. (2004): Managing the UK grey partridge Perdix perdix recovery: population change, reproduction, habitat and shooting. Ibis 146: 181–191. Ausscheidungen und tote Organismen werden zersetzt und Mine- Baines, D., Moss, R. & Dugan, D. (2004): Capercaillie breeding success in relation ralstoffe gelangen wieder in den Boden.“ Es handelt sich vielmehr to forest habitat and predator abundance. Journal of Applied Ecology 41: 59-71. um ein riesiges Nahrungsnetz, das viele Verknüpfungen aufweist. Berger, K. M., & Conner, M. M. (2008): Recolonizing wolves and mesopredator suppression In diesem Nahrungsnetz haben auch die Superprädatoren (große of coyotes: impacts on pronghorn population dynamics. Ecological Applications 18: 599–612. Beutegreifer) und Mesoprädatoren (mittlere Beutegreifer) ihren Bolton, M., Tyler, G., Smith, K. & Bamford, R. (2007): The impact of predator control on lapwing Vanellus vanellus breeding success on wet grassland nature reserves. Platz und somit auch eine Funktion zu erfüllen. Wie komplex un- Journal of Applied Ecology 44: 534–544. ser Ökosystem ist, veranschaulicht die Untersuchung von Berger Bro, E., Mayot, P. Corda, E. & Reitz, F. (2004): Impact of habitat management on grey partridge populations: assessing wildlife cover using a & Connor (2008), die den Einfluss von Wölfen auf Kojoten und multisite BACI experiment. J. Appl. Ecol. 41: 846–857. somit auf Gabelböcke erforschten. In der Studie wird der posi- Delibes-Mateos, M., Redpath, S.M., Angulo, E., Ferreras, P. & Vil- lafuerte, R. (2007): Rabbits as a keystone species in southern Europe. Biological Conservation 137: 149–156. tive Einfluss des Wolfes auf die Gabelbockpopulation verdeutlich. MacDonald, M. A. & Bolton, M. (2008): Predation of Lapwing Vanellus vanellus Durch die Prädation der Kojoten steigt die Populationsgröße der nests on lowland wet grassland in England and Wales: Effects of nest density, habitat Gabelböcke an. Der Einfluss der Kojoten auf die Kitzsterbilchkeit and predator abundance. J. Ornithol. 149: 555–563. wird durch den Superprädator Wolf reduziert (Abb. 7). Summers, R.W., Green, R.E., Proctor, R., Dugan, D.,Lambie, D., Moncrieff, R., Moss, R. & Baines, D. (2004): An experimental study of the effects of predation on the breeding productivity of capercaillie and black grouse. Journal of Applied Ecology 41: 513–525. Buchtipp Tolle Zeiten und Große Jäger Band III, Klaus Neuberger 352 Seiten, über 900 Fotos Format: 23,5 x 28,5 cm ISBN: 978-3-99024-097-7 Preis: € 49,90 Klaus Neuberger beschreibt und zeigt mit Band III der Jagddokumentation „Tolle Zeiten & Große Jäger“, für jeden an der Jagd Interessierten, mit Unterstützung von über 900 Fotos, Jagdatmosphäre von gestern und heute, in Österreich, Ungarn, Deutschland, Tschechien, Kanada, Südamerika, Afrika und anderen Jagddestinationen. „In tiefer Demut, beseelter Dankbarkeit und vitaler Reminiszenz sei daran erinnert – die Wiesen und Bäche unserer Jugend sind nicht mehr. Die Spielfelder haben sich verlagert. Denken wir aufrechten Herzens daran zurück und bemühen wir uns nachhaltig, kommenden Gene- rationen noch zauberhafte Plätze für ihre Träume zu erhalten. Jagen Abb.7) Veränderung der Kitzsterblichkeit bei Gabelböcken mit und ohne Wolf, Populationsentwicklung des Gabelbocks ist auch ein Ausdruck persönlicher Freiheit.“ (aus Berger & Connor (2008)). 14 Jagd in Tirol 03/2013
Kolumne Alles, alles will ihn fressen! Von Wildungen sagte es bereits im 18. Jahrhundert, und – es passt gerade so schön hierher – trifft heute wohl weit mehr zu als damals. D ie großen, ich meine die wirklich Salatplantage und in mehrschnittigen Wie- altes Engagement wieder, die „Fuchsnäch- großen(!), Hasenjagden kenne ich sen, deren Vielfalt immer mehr zurückgeht, te“ sind ein erster, wenn auch einseitiger, selbst nicht mehr, obschon nicht fehl am Platze. Unmittelbar auf diese Um- Ansatz. Brachen, nur dem Wilde dienend, greisen, so doch ehrwürdigen Alters. Un- stände folgt der zweite, nicht weniger gra- stellen Inseln im Strom der Lebensfeind- terstellend, die Altvorderen trugen so dick vierende Faktor: die Fressfeinde. Empfahlen lichkeit dar. Wer nach Windwürfen und auf, wie wir es heute tun, müssen diese die Heger noch vor gar nicht so langer Zeit, Schneebrüchen Wildschaden an Bäumen Jagden wirklich noch Strecke gebracht ha- auf alles zu schießen, was einen krummen bezahlt, kann auch das Schutzgeld für ei- ben. Dann folgten die, mir nunmehr selbst Schnabel hätte, schossen ebendiese noch nen Satz Hasen erübrigen und eine Brache erinnerlichen, nicht minder legendären die Krähennester aus, rückte man noch den pachten. Schonende Bejagung, jedoch mit Jagden der 60er und 70er, dünn gesät die Kolkern und Hähern mit Hagel und Lot zu fermen Hunden, um die Durchmischung photographischen Belege, schon deutlich Leibe, so ist das heute Schnee von gestern. des Besatzes zu fördern. Die Umsetzung schmäler die Beute, dicht jedoch die schein- In noch jüngerer Vergangenheit liegt eine mag dauern, mit viel Einsatz, Disziplin und bar endlosen Elegien darauf. weitere Fahrlässigkeit unserer Zunft: Wir Zurückhaltung verbunden sein, bringt aber ließen, zu hohen Zeitaufwand vorschüt- etwas zurück: den Hasen. ■ zend, die Kunst des Fallenstellens so sehr OSKAR Was nun bringt den in Vergessenheit geraten, dass wir darauf Hasen wirklich in Not? verzichten mussten, weil die wahren Kön- Wie immer grobes Unwissen, gepaart mit ner in Minderzahl gerieten, und die Dilet- dem Unwillen, eine eigene Ansicht zu ver- tanten durch ihre zweifelhaften „Erfolge“ Jagdzeiten in Tirol treten. Punkt. Die einen, unschuldig und das Ansehen aller Jäger hemmungslos ram- Männl. Rotwild Kl. I 01.08.–15.11. bar jeder Begeisterung für Wildtiere, erken- ponierten. Und als jüngstes Bravourstück Männl. Rotwild Kl. II & III 01.08.–31.12. nen im Hasen seit Jahrzehnten eine Comic- dulden wir nun schon seit Jahren, dass un- Weibl. Rotwild/Kälber Figur (Bugs Bunny 1940, Klopfer 1942), die ter anderem alle Rabenvögel kollektiv un- und Schmalspießer 01.06.–31.12. anderen, durchaus interessiert, einen frau- ter Schutz gestellt werden, stimmen in EU- Gamswild 01.08.–15.12. enverprügelnden Macho (Grzimek, Tierle- weites Gejammer über diesen Irrsinn ein Gamswild in Osttirol 01.08.–31.12. Männl. Rehwild Kl. I & II 01.06.–31.10. ben) mit insgeheim bewunderter Potenz, und lassen uns gleichzeitig eine Schüssel Männl. Rehwild Kl. III 01.06.–31.12. wohingegen meine Ausgabe des „Neuen Wasser bringen, um unsere Hände in Un- Weibl. Rehwild & Kitze 01.06.–31.12. Brehm“ jeden Experten mit der Information schuld zu waschen. Wir lauschen verzückt Steinwild 01.08.–15.12. bedient, der Hase sei ein „derber Nager“. den Ausführungen der Experten, wie wir Muffelwild 01.08.–31.12. Soweit die Theorie. Doch lassen wir es denn diesen oder jenen Beutegreifer scho- Murmeltier 15.08.–30.09. nicht beim pointensicheren Zitat bewen- nen oder gar neu ansiedeln sollen, wohl Feld- und Alpenhase 01.10.–15.01. Dachs 15.07.–15.02. den, bleiben wir nicht in der Studierstube, wissend, dass dies die Nahrungskette nach Haselhahn 15.09.–15.10. sehen wir, feldforschend, in die Reviere. unten ganz eklatant verändern wird. Alpenschneehuhn 15.11.–31.12. Was tut sich da, dem Hasen Förderliches? Letztlich wären noch die streunenden Stockente, Ringeltaube 01.10.–15.01. Wenig, erschreckend wenig! Immer mehr, Hunde und jene, deren Besitzer die Auf- Fasan 01.10.–15.01. schleichend, von oberflächlichem Hinse- sichtspflicht als demokratiegefährdend Ganzjährig bejagbar: Fuchs, Steinmarder, Iltis, hen unbemerkt, bereiten wir, mainstream- einstufen, anzuführen. Wenn auch kein Waschbär, Marderhund und Schwarzwild hörig, den Boden für den Niedergang der Hund einen gesunden Hasen greifen kann, Folgende Wildarten sind ganzjährig zu schonen: Wolf, Braunbär, Baummarder, Hasenpopulation. Keineswegs handelnd, so scheint es mir doch wenig förderlich, Luchs, Wildkatze, Reb-, Stein- und Blässhuhn, nein, schlimmer noch: duldend. Wich- wenn die Hasen einer steten Beunruhigung Waldschnepfe, Uhu, Wald-, Raufuß- und Steinkauz, Turm- und Baumfalke, Habicht, tigster Einflussfaktor ist wohl der Wandel unterworfen werden, die Hunde wechseln, Mäusebussard, Sperber, Steinadler, Graureiher, des Lebensraumes. Weitgehend verschwun- doch der Hase bleibt derselbe. Erstaunlich Kormoran, Gänsesäger, Rackelwild, Kolkrabe, den sind stillgelegte Flächen im Ackerbau, in diesem Zusammenhang: Jene „Tier- Elster, Eichelhäher, Rabenkrähe Auer- und Birkhahn: intensivierte Landwirtschaft und hoher freunde“, die unsere Hasenjagden stören, Rahmenschusszeit: Auerhahnen in den ungera- Einsatz von Chemie tun ein ihres. Tiere, die fallen beim Stöbern ihres eigenen Hundes den Jahren vom 15. April bis 15. Mai, Birkhahnen jährlich vom 1. Mai bis 15. Juni, jeweils größtenteils von Gräsern und Wildkräutern – der tut nix! – in Verzückung.Was kann eingeschränkt auf maximal 15 Tage. leben, sind in einer von Folien bedeckten man tun? In erster Linie brauchen wir unser Jagd in Tirol 03/2013 15
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