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Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 11-12/2018 SCHULE Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern und BERATUNG → Artenreiche Kulturlandschaft – Landwirte sind unverzichtbare Partner →→ Projekt contra Standardaufgabe? →→ Zwischenfrucht auf Herbstdämmen gegen Erosion bei Kartoffeln →→ GartenAELFen – Eine neue Spezies bloggender Studierender der Hauswirtschaft
INHALT BIODIVERSITÄT FÜHRUNG GEWÄSSERSCHUTZ MARKT WEIN- UND GARTENBAU RINDER HAUSWIRTSCHAFT KLIMAWANDEL
INHALT 5 Vorwort 6 Artenreiche Kulturlandschaft – Landwirte sind unverzichtbare Partner BIODIVERSITÄT 9 Produktion gestalten – Artenvielfalt erhalten – Jahre der Biodiversität 2019 und 2020 13 Artenverlust in der Agrarlandschaft – Fakten und Gegenmaßnahmen 17 Operative Rahmenziele jährlich analysieren und einordnen – Führung der Ämter 22 Motivation 3.0 – Auf dem Weg zu selbstbestimmtem Handeln? FÜHRUNG 27 Projekt contra Standardaufgabe? – Sinnvolles Verzahnen schafft Mehrwert für die Verwaltung 30 Methodenbrevier: Die Job-Map 32 Gewusst wie: PDF-Dateien zusammenfügen 33 In Kooperation Wasserschutzgebiete beraten – Erfolg im Landkreis Starnberg seit über 22 Jahren GEWÄSSERSCHUTZ 35 Zwischenfrucht auf Herbstdämmen gegen Erosion bei Kartoffeln 38 Wasserberater im Einsatz auf der Landesgartenschau – Gewässerschutz mit Regenwürmern und Regensimulator demonstriert 40 Regionale Futtermittelherkunft lohnt sich – Ergebnisse einer deutschlandweiten Verbraucherstudie der Universität Kassel MARKT 42 Leguminosenanbau weiterhin attraktiv 46 Umsatzrekord für das bayerische Ernährungshandwerk – Entwicklung des Lebensmittelgewerbes 2009 bis 2017 49 Ins rechte Licht gerückt – GARTENBAU LED-Einsatz für nachhaltige Qualitäts- und Wachstumssteuerung von Zierpflanzen WEIN- UND 53 Lust auf Gemüse in der Stadt? – Erfahrungen aus dem Urban-Gardening-Demonstrationsgarten in Erlangen 56 Bocksbeutel legt wieder zu – Vermarktungssituation der Weinwirtschaft in Franken 2017 59 Mechanisch Grünland verbessern – LKP und LfL informieren an fünf Praxistagen 400 Landwirte RINDER 62 Milchviehställe werden immer teurer 66 GartenAELFen – Eine neue Spezies bloggender Studierender der Hauswirtschaft HAUSWIRTSCHAFT 70 „Hauswirtschaft ist vielseitig und macht Spaß“ – Ein Projekt des einsemestrigen Studiengangs Hauswirtschaft in Uffenheim gemeinsam mit dem Kompetenzzentrum Hauswirtschaft 73 „Nicht für uns, sondern für die Bewohner“ – Eine Führungskraft der Hauswirtschaft im Profil 75 Kurzinfo: Das who is who der hauswirtschaftlichen Abschlüsse 76 Feinstaubminderung bei Agrarbrennstoffen – KLIMAWANDEL Reduzierung von Emissionen und Schlacke durch Zugabe von Kaolin 80 Kurzinfo: Die Edelkastanie – Eine klimatolerante Baumart mit kulturhistorischer Bedeutung 81 Live-Botschafterin des Klima-Wandels – Winterlinde „twittert“ ihre Befindlichkeiten
(Foto: Dehner, StMELF) Alle Ehre gehört Gott im Himmel! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, weil er sie liebt! Lukas-Evangelium, Kap. 2, 14
Vorwort VORWORT Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ein äußerst spannendes und herausforderndes Jahr geht seinem Ende zu. Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren groß artigen Einsatz und Ihre tatkräftige Unterstützung. Wir können mehr als stolz darauf sein, was wir erreicht haben. Und ich bin überzeugt, dass wir auch in der neuen Amtsperiode gemein- sam Antworten und Lösungen für die drängenden Fragen und Herausforderungen finden. Ganz oben steht für mich auf der Agenda, die Gesellschaft und Landwirtschaft wie- der näher zusammenzubringen. Wir brauchen eine gesellschaftliche Verständigung darüber, welche Landwirtschaft wir wollen und wie wir das umsetzen und finanzieren können. Und wir brauchen vielleicht auch neue Formate, um die Bürgerinnen und Bür- ger noch stärker in unsere Entscheidungen einzubinden. Erst auf dieser Basis können wir unsere Anstrengungen beim Tierwohl noch zielgerichteter intensivieren und auch die überfällige Ackerbaustrategie anpacken. Eng verknüpft mit dem Ackerbau der Zukunft ist die Frage, an welchen Stellschrauben müssen und können wir drehen, damit die Landwirtschaft deutlich zur Verbesserung der Biodiversität und zum Schutz von Bienen und Insekten beitragen kann. Unser Motto muss hier sein: Lebensmittel erzeugen, Arten erhalten. Lösungen brauchen wir auch für den voranschreitenden Klimawandel. Angefangen von der Züchtung neuer, resilienter Sorten über die Entwicklung neuer Bewässerungs- systeme bis hin zur Forcierung des Waldumbaus. Eine weitere Herausforderung ist der sorgsamere Umgang mit unseren Flächen. Im engen Schulterschluss mit den Kommunen gilt es hier wirkungsvolle Steuerungs instrumente zu entwickeln. Mit einer Entsiegelungsprämie und der Ausweitung der Dorferneuerung um die Initiativen „Innen statt außen“ und „Heimatunternehmen“ können wir wichtige Impulse setzen, um den Ländlichen Raum lebenswert zu g estalten. Zu einem vitalen Ländlichen Raum zählt auch, dass unsere Landwirte ein verträg liches finanzielles Auskommen haben. Um hier vorwärts zu kommen, müssen wir bei- spielsweise die Beratung für den Aufbau regionaler Wertschöpfungsketten forcieren, angepasste Strukturen fördern oder die Neueinsteiger bei der Diversifizierung noch stärker unterstützen. Liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ich freue mich sehr, gemeinsam mit Ihnen im kommenden Jahr wieder für eine positive Zukunft unserer Landwirte, unserer Waldbe- sitzer und aller Menschen im Ländlichen Raum anpacken zu können. Für die kommen- den Feiertage wünsche ich Ihnen von ganzem Herzen erholsame Stunden im Kreise Ihrer Lieben und für das Neue Jahr viel Glück, Gesundheit und Gottes reichen Segen. MICHAELA KANIBER BAYERISCHE STAATSMINISTERIN FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN
Biodiversität BIODIVERSITÄT Artenreiche Kulturlandschaft Landwirte sind unverzichtbare Partner von JOHANNA EGERER: Agrarlandschaften sind wichtige Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten in Mitteleuropa. Art und Weise der Landbewirtschaftung und Landnutzung Biodiversität haben damit einen großen Einfluss auf die biologische Vielfalt. Doch gerade in den Agrarräu- men sind die zu verzeichnenden Artenverluste schon über Jahrzehnte hinweg am stärksten. Genau deshalb sind Agrarlandschaften der Bereich, in dem wir die größten Anstrengungen für wieder mehr Artenvielfalt brauchen. Die Akteure im ländlichen Raum tragen Verant- wortung zur Bewahrung der Biodiversität. Sie sind aufgefordert, sich den Erhalt der wildle- benden Arten, ihrer Populationen und Lebensräume sowie der Kulturpflanzensorten und Nutztierrassen zur Aufgabe zu machen. Um das Bewusstsein für den Erhalt der biologischen Vielfalt zu wecken und Handlungsfelder in der Landwirtschaft aufzuzeigen, initiiert das baye- rische Landwirtschaftsressort die Biodiversitätsjahre 2019 bis 2020. Die biologische Vielfalt hat sich im Laufe der Erdgeschichte entwickelt. Sie hat Artenreichtum und eine Vielzahl an hoch- komplexen Ökosystemen entstehen lassen. Für alles Leben auf dieser Erde ist sie eine der wichtigsten Überlebensgrund- lagen. Auch wir Menschen sind Teil der Biodiversität und le- ben letztendlich von ihr: Sie trägt die Genressourcen für zu- künftige Anpassungen und steht mit ihren Funktionen in stofflichen Austauschprozessen und Energieströmen, wie den Ökosystemdienstleistungen, für den Erhalt einer intakten Um- welt und damit für Lebensqualität und Wohlergehen. Welt- weit ist ein kontinuierlicher Verlust an biologischer Vielfalt zu verzeichnen. Schätzungen zufolge sterben täglich 130 Arten aus [1]. Mit Veröffentlichung der Langzeituntersuchungen der Krefelder Entomologen über 27 Jahre hinweg wurden 2017 → Bild: Die Bläulinge sind eine Familie der Schmetterlinge. Zahlreiche Arten erstmalig für Deutschland Biomasseverluste von Fluginsekten sind hoch spezialisiert, deshalb reagieren sie besonders empfindlich auf in Höhe von 76 Prozent wissenschaftlich bestätigt [2]. Änderungen im Lebensraum. Viele Arten gelten als gefährdet. In intensiv Verlust und Gefährdung an biologischer Vielfalt sind bewirtschafteten und strukturarmen Agrarlandschaften sind sie kaum auch in Bayern zu verzeichnen [3]. Dabei gehört heute der mehr anzutreffen, so ist auch das Vorkommen des noch eher häufigeren Verlust des Lebensraums zu den größten Gefährdungen von Hauhechel-Bläulings rückläufig (Foto: Johanna Egerer) Arten. Verluste biologischer Vielfalt sind irreversibel [4]. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist daher von unermesslicher Größe. Die drei Ebenen sind über die vierte Ebene, die Wechsel- beziehungen, miteinander vernetzt (Abbildung). Diese so- Was ist Biodiversität und wofür brauchen wir sie? genannte funktionelle Biodiversität beschreibt die Interaktion Der von der Konferenz der Vereinten Nationen für Umwelt von Lebewesen und Abiotischem (z. B. Nahrungsketten, Räu- und Entwicklung (UNCED) 1992 in Rio de Janeiro definierte ber-Beute-Beziehungen, Stoffströme oder Abbauprozesse) in- Fachterminus „Biodiversität“ steht für die Vielfalt des Lebens nerhalb und zwischen Ökosystemen. auf unserer Erde [5]. Jeder lebende Organismus einschließlich des Menschen ist Teil dieses komplexen Ökosystems gegenseitiger Wech- selbeziehungen und Abhängigkeiten. Die natürliche Vielfalt Biodiversität umfasst die genetische ist eine der wichtigsten Lebensgrundlagen und existentiell Variabilität, die Vielfalt aller lebenden für das Leben. Organismen, deren Lebensräume sowie die Zahlreiche Lebewesen, also Pflanzen, Tiere und – nicht Wechselbeziehungen dieser drei Ebenen. zu vergessen – Pilze und Mikroorganismen, erfüllen zum einen Funktionen in stofflichen Austauschprozessen und 6 SUB 11-12/2018
Biodiversität Energieströmen für den Erhalt einer intakten Umwelt, die so- rungsgrundlage zu sichern. Vermehrt werden natürliche Sys- genannten Ökosystemdienstleistungen. Sie bauen Gift- und teme als Vorbilder in der Bionik für Innovationen genutzt. Abfallstoffe ab und reinigen damit Boden, Wasser und Luft, Ohne Erhalt reichhaltiger Vielfalt wird auch Lebensqualität bilden fruchtbaren, gesunden Boden oder erbringen wich- verloren gehen. tige funktionale Leistungen wie die Bestäubung von (Nutz-) Pflanzen oder biologischen Pflanzenschutz. Darüber hinaus Landwirte – unverzichtbare Partner Biodiversität dienen sie dem Menschen als Nahrung und als Heilmittel. Bayern weist aufgrund der unterschiedlichen naturräum- Zum anderen stellt die natürliche genetische Vielfalt zwi- lichen Ausstattung sehr vielfältige Landschaften mit einer schen und innerhalb von Arten eine der wichtigsten Überle- großen Anzahl ökologisch wertvoller Lebensräume auf. bensstrategien dar: Durch die aufgrund unterschiedlichsten Ein Großteil dieser Lebensräume und vor allem unsere genetischen Informationen festgelegten Eigenschaften von Kulturlandschaft entstanden durch jahrhundertelange Organismen können sich Individuen und Arten an verän- landwirtschaftliche Nutzung. So wurde eine Vielfalt an derte Umweltbedingungen anpassen und überleben. Dieses Lebensräumen neu geschaffen und Biodiversität ermög- Naturkapital ist auch für die Landwirtschaft wichtig, indem licht. sie tier- und pflanzengenetische Ressourcen als Züchtungs- Doch die Kulturlandschaft wird seit etwa 150 Jahren potenzial für zukünftige Herausforderungen (wie z. B. den durch die Intensivierung der Landwirtschaft zunehmend von Klimawandel oder Krankheiten) nutzt, um auch weiterhin intensiv agrarisch genutzten Landflächen mit wenig Struktur mit landwirtschaftlichen Nutzpflanzen und -tieren die Nah- geprägt. In der Folge haben Qualität, Quantität und die Ver- netzung von Lebensräumen massiv abgenommen. Die Artenvielfalt und die Vielfalt der Ökosysteme sind in der Agrarlandschaft stark rück- läufig. Besonders nachdenk- lich stimmt, „dass die meisten der für den Landwirtschafts- bereich und die Agrarland- schaft formulierten Ziele (der von der Bundesregie- rung am 7. November 2007 verabschiedeten Nationalen Strategie zur biologischen Vielfalt, Anmerkung der Ver- fasserin) bislang nicht nur verfehlt werden, sondern dass die Entwicklungen, auf die sie Bezug nehmen, ins- besondere bei Arten und Lebensräumen, regelmäßig sogar einen negativen Trend aufweisen“ [6]. Das hat auch negative Auswirkungen auf die Landwirtschaft selbst, wie beispielsweise auf die Leistung von Blütenbestäu- bern, natürliche Gegenspie- ler bei der Schädlingsbe- kämpfung oder den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit. Da- mit ist die Landwirtschaft Be- → Abbildung: Biodiversität ist die Vielfalt des Lebens (Fotos: Johanna Egerer, Fisch: Institut für Fischerei in wahrerin, Verursacherin und Starnberg, LfL, Regenwurm: Roswitha Walter, LfL) Betroffene zugleich[6]. SUB 11-12/2018 7
Biodiversität Agrarlandschaften sind essentielle Lebensräume für die Ansprüche an die vermeintlichen Verursacher sind groß viele wildlebende Tier- und Pflanzenarten. Aber genauso – aber jeder selbst trägt eine ebenso große Verantwortung hat die Landwirtschaft die Aufgabe, qualitativ hochwertige für das Leben auf unserer Erde. Landschaftspflege, Arten- Lebensmittel für unsere Ernährung zu produzieren, in einem vielfalt und der Schutz der Naturgüter verlangen auch ihren harten Wettbewerb stehend und mit oft unvorhersehbaren Preis und müssen honoriert werden. Ohne den gesellschaft- Störfaktoren konfrontiert (wie z. B. Trockenperioden, Stark- lichen Rückhalt wird demnach auch eine naturverträgliche Biodiversität regen, Krankheitsdruck). Landwirtschaft nicht möglich sein. 46,9 Prozent der Bodenfläche Bayerns, das entspricht 33 063 km², werden als landwirtschaftliche Fläche genutzt Literatur [7]. Unweigerlich hat sie damit Auswirkungen auf die Na- [1] DEUTSCHE GESELLSCHAFT FÜR DIE VEREINTEN NATIO- turgüter sowie Konstitution und Entwicklung der biologi- NEN E. V. (2018): https://www.dgvn.de/inhaltsarchiv/ schen Vielfalt. themenschwerpunkte/biodiversitaet/. Abgerufen am 8. Oktober 2018. Link funktioniert derzeit nicht. Be- richt liegt der Verfasserin vor. Landwirte sind daher unverzichtbare Partner, [2] HALLMANN CA., SORG M., JONGEJANS E., SIEPEL H., wenn es darum geht, kulturlandschaftlich HOFLAND N., SCHWAN H., ET AL. (2017): More geprägte Lebensräume durch eine than 75 percent decline over 27 years in total flying pflegerische Nutzung zu erhalten. insect biomass in protected areas. PLOS ONE. https:// journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/jour- nal.pone.0185809. Abgerufen am 8. Oktober 2018. Es muss uns bewusst sein: Ohne eine naturverträgliche [3] BAYERISCHE STAATSREGIERUNG (2008): Strategie zum Landwirtschaft wird eine Trendwende der Situation nicht Erhalt der biologischen Vielfalt in Bayern (bayeri- erreicht werden können. sche Biodiversitätsstrategie). 1. April 2018. https:// www.stmuv.bayern.de/themen/naturschutz/biodi- Gesamtgesellschaftliches Problem versitaet/index.htm. Abgerufen am 8. Oktober 2018. Doch die Ursachen für den Rückgang von Biodiversität lie- [4] INSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHE WIRTSCHAFTSFÖRDE- gen, wie die obigen Schilderungen schon ansatzweise auf- RUNG GGMBH (2004): Agrobiodiversität. https:// zeigen, nicht allein im Strukturwandel der Landwirtschaft, www.ioew.de/fileadmin/user_upload/BILDER_und_ also Intensivierung, Stickstoffeinträgen aus der Düngung, Downloaddateien/Publikationen/2004/Agrobio- der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln oder den ver- diversitaet_Broschuere.pdf. Berlin. Abgerufen am änderten Wertschöpfungsketten, Vermarktungs- und Han- 8. Oktober 2018. delsbedingungen. Sie sind multifaktoriell. Ein großes Pro- [5] UNITED NATIONS (1992): Convention on biological di- blem des Landschafts- und Artenschutzes ist der nach wie versity. https://www.cbd.int/convention/articles/de- vor hohe Flächenverbrauch durch Siedlung, Industrie und fault.shtml?a=cbd-02. Abgerufen am 8. Oktober 2018 Verkehr. „Für die Artenvielfalt hat die Überbauung weitrei- [6] BUNDESAMT FÜR NATURSCHUTZ (HRSG) (2017): Ag- chende Auswirkungen: zum einen der unmittelbare Verlust rar-Report 2017. Biologische Vielfalt in der Ag- von Lebensräumen, egal ob Ackerland, Wald oder Biotopflä- rarlandschaft. Bonn – Bad Godesberg. 1. Auflage. chen, und damit auch ein Verlust an Individuen und Bio- https://www.bfn.de/fileadmin/BfN/landwirtschaft/ masse; zum anderen bewirken die Fragmentierung und die Dokumente/BfN-Agrar-Report_2017.pdf. Abgerufen Isolation von Lebensräumen indirekt eine Verschlechterung am 30. Oktober 2018. der Lebensbedingungen und tragen dadurch zum Arten- [7] LANDESAMT FÜR STATISTIK (2016): https://www.statis- und Individuenrückgang bei“ [8]. Darüber hinaus nehmen tik.bayern.de/statistik/gebiet/. Abgerufen am 29. Ok- auch Stickstoffeinträge aus der Luft aus Industrieanlagen tober 2018 und Verkehr, der Einsatz von Bioziden oder mit menschli- [8] StMUV (2018): Bericht an den Bayerischen Landtag. Rück- chem Wirtschaften verbundene Verschmutzungen (z. B. gang der Insekten- und Vogelfauna in Bayern und Ge- Rückstände von Chemikalien aus der Produktion, Mikroplas- genmaßnahmen der Staatsregierung. Liegt der Ver- tik) starken Einfluss auf die Biodiversität. Insbesondere Insek- fasserin vor. ten sind auch von der Lichtverschmutzung durch künstliche Beleuchtung negativ betroffen. Nicht zuletzt hat der Klima- JOHANNA EGERER wandel Auswirkungen auf die Artenvielfalt. Damit ist Bio BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR diversität und der Erhalt unserer Lebensgrundlagen eine ge- ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN samtgesellschaftliche Aufgabe. Unsere Entrüstung über und johanna.egerer@stmelf.bayern.de 8 SUB 11-12/2018
BIODIVERSITÄT B iodiversität Produktion gestalten – Artenvielfalt erhalten Jahre der Biodiversität 2019 und 2020 Biodiversität von LUDWIG WANNER und JOHANNA EGERER: Gerade im Hinblick auf die öffentlich kriti- sierte Landwirtschaft ist es eine wichtige Aufgabe, die bereits bestehenden Leistungen der Landwirtschaft für mehr Artenvielfalt aufzuzeigen. Gleichzeitig müssen wir uns aber bewusst sein, dass zukünftig noch mehr Anstrengungen zum Erhalt der Artenvielfalt und der Natur- güter von der Landwirtschaft erwartet werden. So sehen wir es als Aufgabe, über Förderung, Bildung sowie Beratung und nicht zuletzt im Einklang mit und auch in Mitverantwortung der Öffentlichkeit die Landwirtschaft zu weiteren positiven Entwicklungen anzuregen. „Naturoffensive Bayern“: Landwirtschaft der landwirtschaftlichen Flur hat die Bayerische Staatsre- Bayern nimmt die Funktionen der Biodiversität und damit gierung 2018 mit der „Naturoffensive Bayern“ wegweisende die Herausforderungen, um Biodiversität zu erhalten und Beschlüsse gefasst, um in ganz Bayern Lebensräume, Arten- zu fördern, ernst. Aufgrund des Biodiversitätsverlustes in reichtum und das Naturerlebnis im Einklang mit den Men- schen in der Region zu fördern. Dazu zählt u. a. ein ressort übergreifendes „Bayerisches Aktionsprogramm für die Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Insektenvielfalt“ [1]. xxx Mit dem Schwerpunktthema „Biodiversität“ in den Jahren 2019 und 2020 wird sich das bayerische Staats- ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten verstärkt diesem Thema widmen (Kernbotschaften siehe Infobox 1). © Johanna Egerer Ziele der Kampagne Biodiversität – Vielfalt des Lebens Unser Ziel ist eine gesellschaftlich akzeptierte, nachhaltige Landnutzung, die eine tragfähige wirtschaftliche Grundlage Landwirte – unverzichtbare Partner der Landwirte sichert. Dabei haben wir die gesamte Kultur- Artenreiche Kulturlandschaft erhalten landschaft im Blick. Unseren Einsatz rechtfertigen folgende Alleinstellungsmerkmale: Unsere artenreiche Kulturlandschaft mit ihren unterschiedlichen Strukturen und Lebensräumen für Pflanzen und Tiere entstand im Laufe der Jahrhun- derte durch extensive Bewirtschaftung. Die Streuwiese (oben) oder die Salbei-Glatthaferwiese (links), aber auch Windschutzhecken und Trocken- →→ Wir beraten die Landwirte. © Dr. Sabine Heinz mauern bieten Schutz und Lebensraum für viele Pflanzen- und Tierarten. →→ Wir richten die Förderprogramme stärker auf die Die Landwirte sind gefragt Die Akteure im ländlichen Raum, unsere Landwirte, sind unverzichtbare Biodiversität aus. Partner, um diese landwirtschaftlich geprägten Lebensräume für Pflanzen und Tiere zu erhalten und den Artenverlusten entgegen zu arbeiten. Die extensive Haltung von Weidetieren ist eine der Möglichkeiten, Bayerns →→ Wir unterstützen den Trend zur Regionalität. →→ Wir unterstützen die bayerischen Landwirte dabei, pflanzen- und tierartenreiche Wiesen zu bewahren. © Nicolas Armer ihre Einzigartigkeit zu betonen, um mehr Wert- © „WeltGenussErbe Bayern“ © „WeltGenussErbe Bayern“ Produkte aus nachhaltiger Bewirtschaftung wählen schätzung und damit Wertschöpfung zu erreichen In nachhaltiger Weidehaltung werden zum Beispiel Streuobstwiesen gepflegt und Gras in Milch, Fleisch oder Wolle verwandelt. Jeder Verbraucher, der so erzeugte Produkte kauft, unterstützt indirekt den Erhalt der biologischen Vielfalt in unserer Kulturlandschaft. (Genussorte, GQ Bayern, Premiumstrategie, BioRe- © Johanna Egerer gio). © LfL →→ Wir bringen Produktivität und Biodiversität un- ter dem Slogan „Schützen und Nützen“ zusam- www.aelf-xxx.bayern.de men. →→ Wir haben eine fachkompetente Personalausstat- → Bild: Plakate für die Öffentlichkeitsarbeit der Ämter: Biologische und tung in Forschung und Beratung. kulturelle Vielfalt stehen in enger Verbindung, denn die Produkte aus →→ Wir haben eine gute Finanzausstattung in der der Landschaftspflege sollen auch Absatz und Verwendung finden 2. Säule der GAP. SUB 11-12/2018 9
B iodiversität Infobox 1: Kernbotschaften der Kampagne Biodiversität 2019 und 2020 • Unsere artenreiche Kulturlandschaft entstand durch jahrhundertelange extensive Bewirtschaftung. So wurde eine Vielfalt an Lebensräumen neu geschaffen und Biodiversität ermöglicht. Landwirte sind unverzichtbare Partner, wenn es darum geht, kulturlandschaftlich geprägte Lebensräume durch eine pflegerische Nutzung zu erhalten. Natur und Mensch Biodiversität brauchen diese Vielfalt. • Biodiversität ist eine Gesellschaftsaufgabe: Landwirte, Kommunen, Wald- und Gartenbesitzer sowie wir alle als Verbrau- cher können einen Beitrag zum Erhalt der Biodiversität leisten. • Bäuerliche Landbewirtschaftung und Gartenbau sind auf Biodiversität und intakte Ökosysteme angewiesen. • Ziel ist das Verstehen und Umsetzen einer nachhaltigen Landbewirtschaftung, die Biodiversität ermöglicht und zu einem flächendeckenden Biotopverbundnetz beiträgt. An erster Stelle stehen Bildung und Beratung. Danach können durch gezielte Förderung die Landbewirtschafter unterstützt werden. • Landbewirtschafter stehen im Spannungsfeld zwischen Ökonomie und Ökologie. • Handlungsfelder in der Landwirtschaft sind Kulturarten (genetische Vielfalt bei Tier und Pflanze), Intensität der Nutzung, Fruchtfolge und Pflanzenschutz. Mit unseren Mitteln setzen wir darauf, zum einen insbeson- der Biodiversität aufzuzeigen und zu weiteren Verbesserun- dere im Bildungswesen und der Öffentlichkeitsarbeit das gen anzuregen. Thema „Biodiversität“ fachlich zu etablieren und zum ande- Nicht nur unsere ureigenste Klientel wie Fachleute (Land- ren konkret Maßnahmen auf der Fläche umzusetzen. Das wirte, Gärtner etc.) sollen durch die Kampagne sensibilisiert wollen wir erreichen: werden, sondern auch →→ Steigerung des Flächenanteils in den betreffen- →→ Kommunen, den KULAP-Maßnahmen B40, B41, B47 und B48 →→ Verbände (Nutzer und Schützer), um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum →→ Lehrer, Schüler und (2018/19 operatives Rahmenziel 8); →→ die Öffentlichkeit. →→ Steigerung der ökologisch bewirtschafteten Fläche z. B. durch BioRegio; In der Kommunikation mit den Zielgruppen stehen dabei →→ Enge Verzahnung regionaler Produktion und Ver- folgende zentralen Lösungsansätze im Mittelpunkt: arbeitung z. B. Dinkel, Streuobst, Wolle, Gemüse, →→ Den Mehraufwand für die Vereinbarung von Pro- Wein; duktion und Biodiversität auf einer Fläche honorie- →→ Erhöhung der Anzahl von Individuen gefährde- ren (KULAP und VNP). ter und seltener Nutztierrassen und Erhöhung der →→ Wertschätzung für regionale Produkte erhöhen, die Flächen für alte Nutzpflanzensorten und seltenem mit diesem Aufwand erzeugt werden. Saatgut (Erhaltungsprogramme); →→ Verbraucher über Mehraufwand aufklären. →→ Lehrer-Fortbildung an den eigenen Fachschulen so- →→ Vorbilder und Best-Practice-Beispiele stärker be- wie Neukonzeption der Unterrichtsmaterialien; kannt machen: Landwirte als Biodiversitäts-Bot- →→ Bildungsangebote zum Themenschwerpunkt „Bio- schafter zu Wort kommen lassen. diversität“ an den Ämtern für Ernährung, Landwirt- →→ Bildungsoffensiven an den Schulen der Landwirt- schaft und Forsten (ÄELF) etablieren; schaftsverwaltung durchführen. →→ Sensibilisierung einer nichtlandwirtschaftlichen →→ Beratung für Landwirte ausweiten. Öffentlichkeit mit Aktionen der ÄELF zum The- menschwerpunkt „Biodiversität“. Handlungsfelder in der Landwirtschaft Nach wie vor ist ein erheblicher Artenrückgang zu verzeich- Zielgruppen der Kampagne und Lösungsansätze nen, besonders der Arten des Offenlandes. Die bisherigen Gerade im Hinblick auf die wertvollen Leistungen der biolo- Bemühungen zum Erhalt der Biodiversität haben noch gischen Vielfalt hinsichtlich unserer Lebensgrundlagen und nicht die gewünschte Trendwende erreicht bzw. den Ar- aufgrund der zunehmenden öffentlichen Kritik an der Land- tenrückgang stoppen können. Daher müssen die Anstren- wirtschaft zum Thema „Biodiversität“ ist es eine drängende gungen zum Bewahren der Biodiversität erhöht werden, Aufgabe, die Leistungen der Landwirtschaft zur Erhaltung um Produktion und Vielfalt in der Agrarlandschaft für alle 10 SUB 11-12/2018
B iodiversität Infobox 2: Medien für die Kampagne Biodiversität Amt für Ernährung, Mit den Saatguttütchen, die die QBB-Blühmischung „Lebendiger Gewässerrand“ enthal- ten, stehen den ÄELF Give-aways für Aktionen zur Verfügung, die nicht nur Landwirte, Landwirtschaft und Forsten sondern alle Akteure im ländlichen Raum, von der Kommune bis zum Bürger, nutzen Biodiversität können, um mehr Blüten und damit Nahrungsangebot für Insekten in die Agrarland- schaft zu bringen. Um einen einheitlichen Kampagnenauftritt der ÄELF zu unterstützen, sind folgende Lassen Sie es blühen! Medien in Vorbereitung: • Roll up für die Kampagne, • Plakatserien zu verschiedenen Themen, z. B. Hecken, Wildlebensraumberatung, naturnaher Garten, ökologischer Lanbau, seltene Tierrassen, etc. und • Informationsfaltblätter. gewinnbringend zu vereinen. Biodiversität in der Landwirt- Unterthemen in den Jahren 2019 und 2020 öffentlichkeits- schaft betrifft ein breites Themenfeld. Genetische Vielfalt wirksam zu präsentieren. Eine bunte Vielfalt an Veranstal- erstreckt sich nicht nur auf Rassen von Nutztierarten oder tungen im Jahresverlauf, z. B. an einem Tag der offenen Tür, Sorten von Nutzpflanzenarten, sondern auch auf in der Ag- auf Hofbesichtigungen, auf Regionalmessen oder bei ande- rarlandschaft wildlebende Arten. Die Vielfalt der Ökosys- ren geeigneten Terminen, soll das Thema „Biodiversität“ in teme umfasst die gesamte Kulturlandschaft mit ihren un- der Öffentlichkeit und auch bei Landwirten präsent halten. terschiedlichen (Wild-)Lebensräumen, sowohl oberhalb als Dazu sollen die ÄELF nicht nur bürgernahe Aktionen, son- auch unterhalb der Bodenoberfläche. Nicht zuletzt neh- dern auch Gemeinschaftsaktionen mit Landbewirtschaftern, men die Bewirtschaftungsformen und -intensitäten einen Bürgern, Kommunen, Berufs-, Imker- und Umweltverbänden enormen Einfluss auf die Biodiversität. Dies macht deutlich, durchführen. Das soll die Leistungen der Landwirtschaft für dass es sehr vielfältige Potenziale in der Landwirtschaft gibt, die Biodiversität noch stärker bei einer breiten Öffentlichkeit „Biodiversität“ zu ermöglichen. ins Licht rücken. Geeignete Medien werden dafür zur Verfü- Unter Berücksichtigung des enorm breiten Berührungs- gung stehen (Infobox 2). feldes zwischen Biodiversität und Landwirtschaft zeigt das Landwirtschaftsressort zahlreiche Ansatzpunkte zur Erhal- Beratung für Landwirte intensivieren tung der Biodiversität und sieht Handlungsfelder hauptsäch- Um Landbewirtschafter bei der Frage zu unterstützen, wie lich bei Maßnahmen in folgenden Themenschwerpunkten: diese die Biodiversität und den Schutz der Naturgüter in →→ Acker, ihren Betrieben und auf ihren Flächen weiter fördern und →→ Grünland, gleichzeitig aber ihre Betriebe wettbewerbsfähig gestal- →→ Bienen und Wildtiere, ten können, bietet das bayerische Landwirtschaftsressort →→ Wein- und Gartenbau, neben den üblichen produktionstechnischen Ansprech- →→ Strukturen in der Kulturlandschaft, partnern an den Behörden speziell die fachpraktische →→ Sorten oder Rassen, Wildlebensraumberatung und die Wasserberatung an. Im →→ Pflanzenschutz. Rahmen dieser förderrechtlichen und praktischen Beratun- gen entwerfen wir mit den Landbewirtschaftern gemein- Innerhalb dieser sieben ausgewählten Themenschwer- sam Maßnahmen, die zu deren Region, Betrieb und Be- punkte gibt es zahlreiche Unterthemen, die eine positive wirtschaftungsweise passen. Zukünftig soll die Beratung Wirkung hinsichtlich einer Förderung von Biodiversität auf- verstärkt auf die für die Biodiversität förderliche Gestaltung weisen. von Landschaften ausgerichtet werden. Durch die Vernet- zung unterschiedlichster Interessensgruppen, wie Land- Öffentlichkeitswirksam das Thema präsentieren wirten, Jägern, Imkern, Kommunen und Naturschützern in Die ÄELF, die Landesanstalten und auch das StMELF sind ländlichen Räumen und betriebsübergreifenden Konzep- aufgerufen, sich zu geeigneten Themenschwerpunkten und ten, sollen wertvolle Lebensräume und Biotopstrukturen SUB 11-12/2018 11
B iodiversität geschaffen und somit ein Beitrag zum Biotopverbundnetz Diese Möglichkeiten der Landwirtschaft für mehr Biodi- geleistet werden [2]. versität müssen zukünftig flächendeckend, aber regional- spezifisch, angewandt werden, denn nur zusammen mit der In Bildung verankern Landwirtschaft können die Arten- und Lebensraumverluste Die Themen Biodiversität, Ressourcenschutz, Bienenschutz in unserer Kulturlandschaft gestoppt und eine Trendwende und ökologischer Landbau sollen in der Bildung an den erreicht werden. Biodiversität Landwirtschaftsschulen stärker verankert werden. Dabei soll Die Landwirtschaft wird sich an ihren tatsächlichen Ergeb- Grundlagenwissen zur Funktion von Ökosystemen, Arten- nissen für eine Verbesserung der biologischen Vielfalt (z. B. kenntnis und der Einfluss von unterschiedlichsten Landbewirt- Agrarvogelindex) und Naturgüter messen lassen müssen. schaftungsweisen nicht nur im Fach Naturschutz und Land- schaftspflege gelehrt, sondern auch themenübergreifend in den Produktions- und Wirtschaftsfächern berücksichtigt wer- Wenn es der Landwirtschaft gelingt, beim den. Neben der Vermittlung der theoretischen Grundlagen Thema Biodiversität in der Öffentlichkeit sollen mit den Studierenden letztlich biodiversitätsfördernde durch umweltverträgliche Entwicklungen Maßnahmen landwirtschaftlicher Bewirtschaftung erarbeitet und tatsächliche Verbesserungen der biologi- und von diesen in der Praxis umgesetzt werden. schen Vielfalt den Forderungen der Gesell- schaft Rechnung zu tragen, wird dies mit Mit Förderung ausgleichen einem enormen Imagegewinn des gesamten Zentrales Element bayerischer Agrarumweltpolitik ist das Berufsstandes verbunden sein. Bayerische Kulturlandschaftsprogramm (KULAP), das mit ei- nem breiten Maßnahmenangebot wirkt. Das KULAP ist das finanzstärkste Programm in der 2. Säule der gemeinsamen So wird auch die Basis für zukünftige Transferzahlungen ge- EU-Agrarpolitik (GAP) in Bayern. Über das Kulturlandschafts- festigt, als Anerkennung und Wertschätzung der landwirt- programm gewährt Bayern ein leistungsbezogenes Entgelt schaftlichen Leistungen zum Erhalt von Biodiversität und von für den Erhalt und die Pflege der Kulturlandschaft und des Naturgütern. Biodiversität bedarf folglich vielfältiger Stell- Ressourcenschutzes. Das KULAP gleicht insbesondere Ein- schrauben entlang der gesamten Wertschöpfungskette, von kommensverluste aus, die sich in bestimmten Bereichen der Urproduktion über die Vermarktungsstrukturen bis zum durch freiwillige Bewirtschaftungsbeschränkungen ergeben. Verbraucher. Und dabei wird auch immer die Anstrengung Viele dieser Maßnahmen haben allgemein einen positiven in den Erhalt der vielfältigen von regionaltypischen Anbau- Einfluss auf den Erhalt der Biodiversität und auf die Verbes- und Haltungsformen sowie Regionalspezialitäten geprägten serung des Wildlebensraums. Es werden gesamtbetriebliche Ernährungskulturen und Produkten mitschwingen. Maßnahmen wie der ökologische Landbau, betriebszweig- bezogene Extensivierungen und Fruchtfolgevorgaben sowie Literatur einzelflächenbezogene Maßnahmen angeboten. Seit 2018 [1] BAYERISCHE STAATSKANZLEI (2018A): Pressemit- wurde der Maßnahmenbereich „Biodiversität-Artenvielfalt“ teilung Nr. 181. Bericht aus der Kabinettssitzung. im KULAP eingeführt, um noch gezielter auf den Erhalt der 31. Juli 2018. München. https://www.bayern.de/ Biodiversität hinzuwirken. Fast 60 Millionen Euro pro Jahr flie- wp-content/uploads/2018/07/180731-ministerrat. ßen in Bewirtschaftungsmaßnahmen mit Vorgaben für mehr pdf. Abgerufen am 1. August 2018. Biodiversität. Rund 360 000 Hektar werden bisher entspre- [2] BAYERISCHE STAATSKANZLEI (2018B): Pressemitteilung chend extensiv bewirtschaftet; wird der Ökolandbau noch Nr. 192. Bericht aus der Kabinettssitzung. 4. Septem- hinzugerechnet, sind es mehr als 600 000 Hektar in Bayern. ber 2018. München. https://www.bayern.de/wp-con- Um noch mehr Vielfalt in die Agrarlandschaft zu bringen, tent/uploads/2018/09/180904-ministerrat.pdf. Abge- ist es unser Ziel, den Erhalt artenreicher Grünlandbestände, rufen am 8. Oktober 2018. die extensive Grünlandnutzung an Waldrändern, jährlich wechselnde Blühflächen sowie Blühflächen an Waldrändern und in der Feldflur flächenmäßig auszuweiten und auch mit ökologischen Vorrangflächen zu vernetzen. LUDWIG WANNER JOHANNA EGERER Artenschutz nur zusammen mit der Landwirtschaft BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR Zahlreiche Mechanismen und Maßnahmen stehen der Land- ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN wirtschaft zur Verfügung, um Biodiversität zu fördern und ludwig.wanner@stmelf.bayern.de trotzdem konkurrenzstark und zukunftsfähig zu bleiben. johanna.egerer@stmelf.bayern.de 12 SUB 11-12/2018
BIODIVERSITÄT B iodiversität Artenverlust in der Agrarlandschaft Fakten und Gegenmaßnahmen Biodiversität von DR. ANNET TE FREIBAUER: In den letzten Jahrzehnten hat auch in Bayern ein dramati- scher Artenverlust in der Agrarlandschaft stattgefunden. Gleichzeitig haben sich Zustand, Menge und Vernetzung vieler Lebensräume in der Agrarlandschaft verschlechtert. Daran lassen zahlreiche wissenschaftliche Studien und Beobachtungen keinen Zweifel. Für eine Trendwende bedarf es intensiver Anstrengungen von allen Akteuren in der Agrarlandschaft. Ein breites Portfolio von geförderten und freiwilligen Maßnahmen steht dafür zur Verfü- gung. Aber erst, wenn die Maßnahmen mit klaren Zielen und in einem sinnvollen räumlichen Kontext mit einer Mindestmenge und -qualität umgesetzt werden, können greifbare Erfolge erzielt werden. Die Modellgebiete der Wildlebensraumberatung demonstrieren, wie ein er- folgreicher freiwilliger Weg in Bayern aussehen könnte. Dramatischer Artenrückgang hält an und gewogen hat [2]. Die Studie des Entomologischen Ver- „Insekten sind systemrelevant. Aufgrund ihres Artenreich- eins Krefeld hat große Betroffenheit ausgelöst und eine leb- tums, ihrer schieren Masse und ihrer vielfältigen Spezialisie- hafte gesellschaftliche und politische Diskussion entfacht. rungen spielen sie tragende Rollen in den Ökosystemen“ [1]. Die Daten wurden von einem internationalen Wissenschaft- Doch diese Funktionen sind in Gefahr. Zwischen 1989 und lerteam geprüft und statistisch nachgerechnet. Die Ergeb- 2016 hat die Biomasse von Fluginsekten in verschiedenen nisse zeigen robuste Fakten, denn der Insektenrückgang ist Schutzgebieten in drei Bundesländern um drei Viertel abge- über die Standorte hinweg konsistent. Die Insekten der Stu- nommen. Zu diesem Ergebnis kam 2017 die umfassendste die lebten auch auf landwirtschaftlichen Flächen innerhalb Studie in Deutschland, die Insekten systematisch gesammelt und außerhalb der Schutzgebiete. Daher zeigt die Studie auch Entwicklungen in der Agrarland- schaft. Vergleichbare Untersuchungen feh- len in Bayern, aber es gibt eine Vielzahl von Beobachtungen und Untersuchun- Ungefährdet gen, die den Trend und die Größenord- nung des Rückgangs bestätigen. Viele Vorwarnliste Artengruppen sind in den letzten Jahr- zehnten signifikant, oft in zweistelligen Gefährdet Prozentanteilen, zurückgegangen bzw. haben ihre Verbreitungsareale redu- Ausgestorben ziert. Der rückläufige Trend hält für die jüngst erneut untersuchten Artengrup- Daten pen weiter in einem Ausmaß an, dass unzureichend aus fachlicher Sicht Handlungsbedarf zum Gegensteuern abgeleitet werden muss. Seit den 1970er Jahren dokumen- tieren die Roten Listen den Rückgang → Abbildung 1: Gefährdungszustand bayerischer Insekten (innen; ca. die Hälfte der in Bayern der Artenvielfalt. Sie bewerten etwa die heimischen Arten sind untersucht) und bayerischer Brutvögel (außen) nach den Roten Listen Hälfte der heimischen Insektenfauna. des Bayerischen Landesamts für Umwelt 2013 und 2016 Die Roten Listen in Bayern 2003 und SUB 11-12/2018 13
B iodiversität die Fortschreibungen aus dem Jahr 2016 dokumentieren nige hundert Meter großen Bewegungsraum der einzel- einen anhaltenden Arten- und Individuenrückgang, der bei nen Tiere? Werden die unterschiedlichen Bedürfnisse aller spezialisierten Arten schneller ist als bei Generalisten („Trivi- Entwicklungsstadien der Arten bedient? Und wenn nicht – alisierung“ des Artenspektrums). Vor allem Arten, die nähr- schaffen sie es überhaupt bis ins nächste Feld, die nächste stoffarme Offenland- und Übergangslebensräume sowie Brache, Hecke, Blühfläche? Ökologisch formuliert: Der Ar- lichte Wälder besiedeln, sind rückläufig. tenrückgang liegt wesentlich an der verschlechterten Hab- Biodiversität Auch Agrarvögel verzeichnen einen anhaltenden Rück- itatqualität und -vernetzung. Dafür gibt es vielfältige Ursa- gang der Individuenzahlen, insbesondere nach 2003. Im chen, die eng miteinander verwoben sind, sich gegenseitig Gegenzug zeigten einzelne seltene Arten – durch Arten- verstärken können, aber auch regional und artspezifisch hilfsprogramme – und manche Allerweltsarten positive Be- sehr unterschiedlich wirken können. Wichtige Ursachen standsentwicklungen, einige Arten sind begünstigt durch sind: den Klimawandel in Bayern eingewandert. Der vom Bay- →→ Der lange Trend zu intensiv genutzten artenarmen erischen Landesamt für Umwelt (LfU) für den Vollzug der Grünländern und Äckern mit wenigen Hauptkultu- ELER-Verordnung berechnete Agrarvogelindex für Bayern ren und einheitlicheren, großflächigen Bewirtschaf- hat sich zwischen 1973 und 2015 halbiert. Die vier niedrigs- tungsverfahren hat zu einer Vereinheitlichung der ten Werte finden sich in den fünf letzten Jahren. Agrarlandschaft und Verlust von Nahrungs-, Nist- und Wohnhabitaten geführt. Der Wert der Biodiversität →→ Nährstoffüberschüsse aus der Landwirtschaft ver- Weltweit wird allein der Wert der Dienstleistungen durch breiten sich und reichern sich überall im Boden an. Bestäuber auf 153 Mrd. Euro geschätzt. 90 Prozent der hei- Ammoniak landet über den Luftpfad überall und mischen Blütenpflanzen sind auf Bestäubung angewiesen. eutrophiert nährstoffarme Ökosysteme. Sie re- Insekten sind eine energiereiche Nahrungsquelle für viele agieren mit Vergrasung. Der wichtige Lebensraum weitere Arten. Insekten setzen auf massenhaften Nach- Boden ist für Insekten durch den dichten Streufilz wuchs. Nur wenige Prozent der Larven müssen überleben, dann nicht mehr erreichbar. Dieser Prozess ist fast um die Art zu erhalten. Was bedeuten 75 Prozent weniger irreversibel, da kaum Nährstoffe aus diesen Ökosys- Insekten für Vögel und andere Insektenfresser? Was bedeu- temen wieder ausgetragen werden – eine schlechte ten sie für die Funktionen von Ökosystemen und Dienstleis- Nachricht für Spezialisten nährstoffarmer Habitate. tungen wie Bestäubung, Schädlings- und Unkrautkontrolle? Die Belastungsgrenzen für Stickstoffeinträge wur- Wir können alleine schon aus logischen Erwägungen erwar- den 2009 bis 2011 immer noch in 70 Prozent der ten, dass die Dienstleistungen bereits Schaden genommen haben. Insekten sind unendlich vielfältig und überneh- 1,8 men viele wichtige Funktionen, die wir 1,6 als selbstverständlich betrachten und kaum wahrnehmen. Insekten sind die 1,4 Müllbeseitiger, Aasfresser, Zerkleinerer von Kot, toten Tieren und Pflanzen, bio- 1,2 logische Schädlingsbekämpfer, grund- sätzlich auch Futter- und Nahrungsmit- 1 tel. 0,8 Die Ursachen 0,6 30 000 Insektenarten leben in Bayern. Das bedeutet 30 000 unterschiedliche 0,4 Ansprüche, Funktionen und viele un- 0,2 terschiedliche Mischungen von Ursa- chen für regionale und großflächige 0 Artenrückgänge. Insekten brauchen 1970 1975 1980 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 sicher mehr als bunte Blüten. Wie sieht es mit Wohnen, Nisten, Überwin- → Abbildung 2: Agrarvogelindex Bayern 1973 bis 2015 nach Landesamt für Umwelt. Referenz (1,0) tern aus? Gibt es das alles in dem we- ist das Jahr 2000. Die Daten stammen aus verschiedenen Monitoringprogrammen 14 SUB 11-12/2018
B iodiversität deutschen Ökosysteme überschritten, wenn auch Fruchtfolgen und zum integrierten Pflanzenschutz (siehe nicht mehr so stark wie noch um 2000 [3]. Ackerbaustrategie des Bundes). Dieser Trend fördert gleich- →→ Der Absatz von Pflanzenschutzmitteln ist seit 20 zeitig die Biodiversität auf den landwirtschaftlichen Flächen. Jahren in Deutschland konstant. Der quasi flächen- Mit dem Greening, KULAP und VNP steht ein vielfälti- deckende Einsatz von Pflanzenschutzmitteln hat ges Instrumentarium zur Förderung der Biodiversität zur auch die harmlosen Ackerwildkräuter verdrängt Verfügung. Trotzdem muss man aufgrund der Datenlage Biodiversität und unbekannte Nebenwirkungen, da die Tiere feststellen, dass die Maßnahmen den Artenrückgang nicht einem ganzen Cocktail verschiedener Substanzen aufgehalten haben. Wie kann die Effizienz der bestehenden ausgesetzt sind. Maßnahmen gesteigert werden? →→ Rückzugsräume, sogenannte „Wildnis“, sind teil- weise verschwunden: Bäume, Feldraine, Hecken Maßnahmen sinnvoll lokal verankern und Gehölze mit Krautsaum. Wo sie noch existieren, Aufgrund zahlreicher Forschungsergebnisse ist klar, dass hat teilweise die Qualität und Funktionalität gelit- Maßnahmen nur dann effektiv für die Biodiversität wirken, ten und sie sind verinselt übrig geblieben. wenn sie sinnvoll im lokalen Kontext verankert sind und →→ Die häufige Grünlandmahd mit hoher Schlagkraft ausreichend ökologischen Mehrwert bringen. Irgendwel- und Aufbereitern tötet sehr viel mehr Wiesenbe- che Maßnahmen irgendwo und ohne räumliche Verbindun- wohner als der klassische Mähbalken. Die Mahd fin- gen können nicht effektiv wirken. Baden-Württemberg hat det oft tagsüber zur Haupt-Aktivitätszeit der Tiere hierfür schon lange ein interessantes Konzept mit einem statt. nach Naturräumen gegliederten Zielartenkorb entwickelt. →→ Der „Flächenfraß“ hat Habitate zerschnitten, Barrie- Mit ihm können auf kommunaler Ebene Prioritäten gesetzt ren gebaut und Lebensräume verinselt und versie- werden, welche Lebensräume und Zielarten erhalten, geför- gelt. dert und verbessert werden sollen. Das Konzept ist die Basis →→ Die „Lichtverschmutzung“ in Siedlungen kostet vie- für den Aktionsplan Biologische Vielfalt und könnte auch in len Insekten das Leben, wäre aber einfach insekten- Bayern sinnvoll angepasst werden [5]. freundlich umrüstbar. Sinnvolle räumliche Zusammenhänge und Biotopver- netzung von Biodiversitätsmaßnahmen schaffen erfordert Multiple Gründe – vielfältige Akteure – viele Wege eine gezielte Planung mit allen Akteuren in der Agrarland- Inzwischen sollte klar geworden sein: Angesichts der Vielfalt schaft. Die Wildlebensraumberatung bietet dafür ein geeig- der Natur geht es vor allem um den Schutz und die Entwick- netes Instrument und hat in den Modellgebieten bereits viel lung von Lebensräumen, nicht von einzelnen Arten oder für die Biodiversität erreicht. nur ihren erwachsenen Lebensstadien. Ein wichtiger Ansatz ist Lebensräume verbessern und ein Netzwerk grüner Infra- Größere Flexibilität in der Agrarförderung strukturen schaffen. Biodiversität braucht hochwertige Maßnahmen, die mög- Als grobe Richtschnur für eine ausreichende Mindestaus- lichst ganzjährig wirken. Die hohe Akzeptanz freiwilliger stattung der Agrarlandschaften mit hochwertigen Lebens- Maßnahmen bei der Wildlebensraumberatung zeigt die räumen hat sich die Zahl 10 Prozent der Fläche nach Prof. hohe Bereitschaft vieler Akteure, sich auch ohne finanzielle Wolfgang Haber bewährt. Regional kann man sich an den Anreize für die Biodiversität zu engagieren. Hier wäre eine ökologisch und landeskulturell bedeutsamen Flächen (ÖLF) größere Flexibilität in der Agrarförderung wünschenswert, orientieren. Bayern hat im Vergleich mit anderen Bundes- damit gute Taten einfacher werden und die Fördermaßnah- ländern noch eine relativ kleinräumige Flächenstruktur und men aus ihrem starren Korsett befreit in regional zielführen- verhältnismäßig kleine durchschnittliche Schlaggröße. Sie der Weise angepasst oder aufgewertet werden können. Be- sind positiv zu bewerten und eignen sich gut zur Aufwer- ratung erlaubt Flexibilisierung. Die Wildlebensraumberater tung mit Saumstrukturen. BATARY ET AL. 2017 wiesen im vor Ort können die Qualität der Maßnahmen sichern. Der niedersächsisch-thüringer Eichsfeld nach, dass durch Bio- angekündigte Ausbau der Wildlebensraumberatung ist da- diversitätseffekte kleine Schläge und der ökologische Land- her sehr sinnvoll und notwendig. bau höhere flächenbezogene Deckungsbeiträge produzie- Konkrete weitere Schritte könnten umfassen: ren als große Schläge mit wenigen biodiversen Rändern [4]. →→ Den nationalen Aktionsplan Pflanzenschutz umset- Biodiversität lohnt sich also für alle. zen und die gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz Gesellschaftliche Erwartungen, der Klimawandel und zu- leben. nehmende Resistenzen von Schaderregern gegen chemi- →→ Agrarumweltmaßnahmen in standort- und be- sche Pflanzenschutzmittel drängen den Ackerbau in längere triebsgerechte hochwertige Pakete bündeln (vgl. SUB 11-12/2018 15
B iodiversität Wildlebensraumberatung). Dabei ist auf ein aus- →→ Wissen und Bewusstsein für Biodiversität müs- geglichenes Verhältnis von Acker-, Grünland- und sen in der Schul-, Aus- und Fortbildung und in der Landschaftselement-bezogenen Maßnahmen zu landwirtschaftlichen Beratung weiter gestärkt wer- achten. Zur Orientierung können die ökologisch den. Ökosystemleistungen und der Nutzen daraus und landeskulturell bedeutsamen Flächen (ÖLF) könnten stärker betont werden. Wichtig es dabei dienen. auch immer, konkrete Handlungsmöglichkeiten Biodiversität →→ Ökologisch wertvolle Bereiche („Eh-da-Flächen“, und den Mehrwert aufzuzeigen. Dazu gehört auch Säume …) identifizieren und deren Erhalt sichern das Erleben von Personen und Betrieben mit hoher bzw. fördern. Biodiversität. →→ Synergien nutzen, z. B. Flächen in verkehrstechnisch Was zu tun ist, hat Sebastian Wolfrum bei der LfL-Jahres- ungünstiger Lage extensiv nutzen und ökologisch tagung 2018 auf den Punkt gebracht: „Biodiversität muss aufwerten, Gewässer- und Erosionsschutzmaßnah- vom Beiwerk zum Vermögenswert werden“. men ökologisch aufwerten. →→ Ein Viertel des bayerischen Grünlands ist aus vege- Literatur tationskundlicher Sicht artenreich. Diese wertvollen [1] SEGERER, A.H. / ROSENKRANZ, E. (2018) Das große In- artenreichen Flächen gilt es zu erhalten. Die gegen- sektensterben. Was es bedeutet und was wir jetzt tun wärtige Nutzung muss weiter rentabel bleiben. Das müssen. Seite 12. Oekom Verlag München, ISBN 978- Instrument der ergebnisorientierten Honorierung 3-96238-049-6 artenreicher Flächen (KULAP B40, VNP) ist hierfür [2] HALLMANN, C. A., SORG, M., JONGEJANS, E., SIEPEL, H., ideal und könnte wie im VNP mit Maßnahmen zur HOFLAND, N., SCHWAN, H., … DE KROON, H. (2017). insektenfreundlichen Mahd verbunden werden. More than 75 percent decline over 27 years in total →→ Streuobstwiesen gehören zu den artenreichsten flying insect biomass in protected areas. Plos One, Ökosystemen Bayerns. Der Rückgang der Streuobst- 12(10), e0185809. doi:10.1371/journal. pone.0185809 bestände ist zu bremsen und ihr Zustand durch [3] CRITICAL LOAD DATEN FÜR DIE BERICHTERSTATTUNG Pflege und Nutzung wieder zu verbessern. Ein viel- 2015 – 2017 im Rahmen der Zusammenarbeit unter versprechender Hebel liegt in einer guten Nutzung, der Genfer Luftreinhaltekonvention (CLRTAP). UBA- indem die Produktverarbeitung und der Absatz Texte 60/2018 gezielt gefördert werden. Neben der Bewusstseins- [4] BATÁRY, P., GALLÉ, R., RIESCH, F., FISCHER, C., DORMANN, bildung durch die Aktion Streuobst laufen bereits C. F., MUSSHOFF, O., … TSCHARNTKE, T. (2017). The vielfältige Bemühungen in dieser Richtung. former Iron Curtain still drives biodiversity-profit tra- →→ Ökolandbau fördert die Biodiversität, wie zahlreiche de-offs in German agriculture. Nature Ecology and Studien gezeigt haben. Der Ausbau des Ökoland- Evolution, 1(9), 1279–1284. doi:10.1038/s41559-017- baus wird in Bayern sehr gut durch BioRegio 2020, 0272-x insbesondere das BioRegio-Betriebsnetz und die [5] http://www.naturschutz.landbw.de/servlet/is/67627/ Ökomodellregionen unterstützt. Die Maßnahmen bieten eine sehr gute Unterstützung für Umsteller und durch die Förderung regionaler Verarbeitung und Vermarktung. Es ist zu hoffen, dass sie über 2021 hinaus erhalten bleiben. →→ Wer Gutes tut, darf honoriert werden und Wert- schätzung erfahren. Die Wiesenmeisterschaften DR. ANNETTE FREIBAUER und der Ackerwildkrautwettbewerb der Landesan- BAYERISCHE LANDESANSTALT FÜR stalt für Landwirtschaft mit Verbandspartnern tun LANDWIRTSCHAFT dies seit Jahren erfolgreich. Das StMUV hat mit der INSTITUT FÜR ÖKOLOGISCHEN LANDBAU, Auszeichnung „Naturschutzpartner Landwirt“ 2017 BODENKULTUR UND RESSOURCENSCHUTZ die gleiche Schiene betreten. annette.freibauer@lfl.bayern.de 16 SUB 11-12/2018
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