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Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten 7/2018 SCHULE Fachinformationen aus der Landwirtschaftsverwaltung in Bayern und BERATUNG → Die können doch „Computer“ →→ Gewässerschutz Hand in Hand mit den Landwirten →→ Klimawandel im Weinbau →→ Bodenschutzprojekt der Landwirtschaftsschule Ansbach
INHALT BILDUNG GEWÄSSERSCHUTZ MARKT UND EUROPA ERNÄHRUNG WEIN- UND GARTENBAU LÄNDLICHER RAUM ENERGIE VERWALTUNG BODEN
INHALT 4 Die können doch „Computer“ – Warum „Digital Natives“ digitale Grundfunktionen immer weniger beherrschen BILDUNG 7 Neuordnung des Landmaschinenseminars – Erfahrungen der Landmaschinenschule Landsberg am Lech 11 Hilfe zur Selbsthilfe im Haushalt 12 Gewässerschutz Hand in Hand mit den Landwirten – GEWÄSSER- Aus der Arbeit des Wasserberaters am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Landau a. d. Isar. SCHUTZ 16 Grundwasserschutz durch Kooperation – Außenansichten zum Gewässerschutz 20 Beitrittsländer bringen Schwung – MARKT UND Differenzierung des ernährungswirtschaftlichen Außenhandels Bayerns nach Ländern 2017 EUROPA 24 Liquiditätslage der bayerischen Haupterwerbsbetriebe 28 Blickpunkt Europa – Österreich übernimmt die Präsidentschaft des EU-Rates 32 Auftakt für das „Netzwerk Generation 55plus“ – ausgewogene Ernährung und ausreichend Bewegung im Alter ERNÄHRUNG 35 Im Mittelpunkt is(s)t der Mensch – Fachtagung Gemeinschaftsverpflegung Oberbayern West 2018 37 Freizeitgärtner verstehen und erreichen – Studie beschreibt fünf bayerische Freizeitgärtnertypen GARTENBAU 42 Die „Grünen Klimafassaden“ der Zukunft – Grau in Grau? Farbkleckse braucht die Betonlandschaft WEIN- UND 44 Kurzinfo: Klima-Forschungs-Station auf der Landesgartenschau 45 Klimawandel im Weinbau – Produktionsfaktor Wasser wird immer wichtiger 48 Ihr Dorf hat Zukunft! LÄNDLICHER RAUM 52 Energieautarker Legehennenstall 55 Innovative Silageabdeckung – Praxisversuche mit nachwachsenden Rohstoffen vielversprechend ENERGIE 59 Rapsölkraftstoff auch in modernsten Traktoren zuverlässig – Begleitforschung an 20 Rapsöltraktoren 62 Austausch mit dem Berufsnachwuchs – Amtschef Hubert Bittlmayer bei angehenden Beamten in Grub VERWALTUNG 64 Jeder ist selbst Gesundheitsexperte – Gesundheitstag am Amt in Abensberg 66 Bodenschutzprojekt der Landwirtschaftsschule Ansbach 71 Nährstoffverluste von Böden minimieren – Neue Broschüre der Mehrländerkooperation „Lysimeter“ BODEN
Bildung BILDUNG Die können doch „Computer“ Bildung Warum „Digital Natives“ digitale Grundfunktionen immer weniger beherrschen von BRUNO WINTER: Jungen Menschen wird gerne unterstellt, dass sie traumwandlerisch sicher mit dem Computer umgehen können, denn: „Damit wachsen die doch auf!“ Wenn dem so wäre, müsste man Inhalte wie die Vermittlung von Office-Anwendungen im EDV- bzw. IuK-Unterricht unserer Fachschulen und Fachakademien hinterfragen. Doch das Gegenteil ist der Fall. Immer mehr Studierende bringen in diesem Bereich nicht mehr die Vorkenntnisse mit, die wünschenswert sind. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine paradoxe Situation ent- steht: Die Qualifikation der „Digital Natives“ entspricht oft nicht den Erwartungen der Leh- rer-Generation. Ist das so, und wenn ja, warum? Eine Suche nach Ursachen und Gründen. Ab und zu tauchen Gedanken auf, den EDV-Unterricht, so- weit er die gängigen Office-Anwendungen betrifft, aus dem Lehrplan der Fachschulen und Fachakademien zu streichen. Begründungsversuch: Die jungen Leute brächten doch eh schon alle Vorkenntnisse mit, das müsse man einfach er- warten können. Es reiche, wenn der Umgang mit „Bran- chen-Software“ vermittelt werde. Als Lehrkraft stellt man dagegen fest: Das Gegenteil ist der Fall! Schon die ersten Minuten im Unterricht zeigen, dass die Kenntnisse, was den Umgang mit Textverarbeitung, Ta- bellenkalkulation oder Präsentations-Anwendung angeht, zunehmend eher lückenhaft bis kaum vorhanden sind. Die Situation wird dadurch verschärft, dass in den Kollegien die Annahme vorherrscht, die Studierenden verfügten über aus- → Abbildung: Aus der Keynote des Lernexperten Philippe Wampfler: reichendes Vorwissen in diesem Bereich. Als Konsequenz Das „Digital-Native-Problem“ (Foto: Philippe Wampfler) werden den Studierenden gleich zu Beginn ihrer Schullauf- bahn Inhalte an die Hand gegeben, die in Form elektroni- mehr verstehen“ [1]. Das könnte seine Ursache darin haben, scher Dateien daherkommen. Das mag bei Textdokumenten dass heute kaum mehr jemand Inhalte generieren muss – noch einigermaßen funktionieren, spätestens bei Excel-Ta- das meiste ist online schon verfügbar und kann ganz ein- bellen tauchen dann aber Probleme auf. fach abgerufen (konsumiert) werden. Aber worin hat diese Fatal ist, dass hier unzutreffende Erwartungen seitens Entwicklung ihre Ursachen und wie gehen wir damit um? der Lehrkräfte oft auf unzureichende Vorkenntnisse seitens der Studierenden treffen. Das führt dann schnell zu einer Die Studierenden: ein heterogener „Haufen“ Fehleinschätzung der Leistungsstärke beim Einzelnen. Ne- „Digital Natives“ ohne Basiswissen und ältere Praktiker: Die benbei erzeugt das auch Stress und Frust bei allen Betei- Studierenden, die in unseren Fachschulen und Fachakade- ligten. mien ankommen, bringen unterschiedlichste Biografien mit – und damit ganz unterschiedliche Vorbildung. Der Versuch „Digital Natives“ als funktionelle Analphabeten? einer Einteilung in greifbare Gruppen: Der angesprochene Trend, dass junge Leute Probleme mit den grundlegenden Funktionalitäten der gängigen Anwen- Die Jungen: direkt aus der Schule dungen haben, hat breite Aufmerksamkeit gefunden. Der Die Rede ist von Studierenden, die mit mittlerem Abschluss Schweizer Experte für neues Lernen, Philippe Wampfler, (Quabi, Mittlere Reife) aus Mittel- und Realschulen zu uns hat diese Beobachtung sogar zum Thema seiner Keynote kommen. Sie haben eine Ausbildung im Beruf bzw. in Berufs- für den Kongress „mobile.schule (#molol18)“ gemacht (siehe fachschulen hinter sich. Diese Gruppe stellt den Hauptan- Abbildung). Er bezeichnet es als „Paradox der Wischkom- teil der Studierenden z. B. an der Fachakademie Triesdorf. petenz“ und weist deutlich darauf hin, dass diese jungen Das bedeutet, dass diese Studierenden relativ jung sind: Menschen „zentrale Funktionen elektronischer Medien nicht Das Durchschnittsalter der Eingangsklasse des Schuljahres 4 SUB 7/2018
Bildung 2017/18 beträgt 21,9 Jahre (Auswertung des Klassenprofils). Wandel in der Nutzung: Wischen statt Klicken Bildung Sie fallen direkt in die Generation der „Digital Natives“. Natürlich gibt es sie, die Studierenden mit ausreichenden In der Schule zuvor ist diese Gruppe mit IT-Inhalten u. U. bis hohen Vorkenntnissen, aber daneben nimmt eben die nicht so stark in Berührung gekommen, wie man meinen Zahl derer zu, die die Grundlagen der Office-Anwendungen möchte. Die Lehrpläne sehen die Vermittlung von Office-An- nicht mehr beherrschen. Man darf nicht übersehen: Die Be- wendungen in der Mittelschule nur im Wirtschaftszweig schäftigung mit digitalen Inhalten im privaten Umfeld findet vor – der ist dort typischerweise aber der am wenigsten ge- nicht mehr nur vor dem PC statt! Die Benutzung von Tablets wählte. In der Realschule baut sich der Lehrplan fakultativ und Smartphones hat stark zugelegt. Diese Nutzung ist aber auf: Die Schwerpunktsetzung kann gewählt werden und stark freizeitorientiert: Sie ist geprägt vom Konsum fertiger muss nicht zwingend Textverarbeitung oder Tabellenkal- Inhalte. Das Generieren eigener, vielleicht sogar strukturier- kulation beinhalten [3]. ter Inhalte spielt dabei kaum eine Rolle. Die ARD-ZDF-Online-Studie zeigt deutlich: Der Löwenan- Die Reiferen: aus der Berufspraxis teil der Website-Abrufe geschieht via Smartphone – fast 80 Diese Gruppe ist typisch u. a. für die Meister- und Techniker- Prozent [2]! Zeitgleich ging der Absatz stationärer PC an pri- schule für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim. Weil vate Haushalte in den letzten Jahren deutlich zurück. Der hier die Schulzeit schon etwas weiter zurückliegt, überrascht Verkauf von Tablet-PC und vor allem Smartphones stieg hin- nicht, dass die Affinität zum Digitalen unter Umständen et- gegen. Die „Digital Natives“ wischen, sie klicken nicht mehr. was gelitten hat. Dass vor diesem Hintergrund die Kennt- Das lässt sich tagtäglich beobachten. nisse im Bereich Office-Anwendungen möglicherweise eher Als Konsequenz bedeutet dies, dass auch „privates Trai- überschaubar sind, verwundert nicht. ning“ am PC nicht mehr stattfindet. Bestellungen auf On- Hier spielt auch die individuelle Biografie eine wichtige line-Plattformen, sich in Chats tummeln, Informationen Rolle. Wenn jemand einem elterlichen Betrieb entstammt holen – das alles geschieht auf mobil-optimierten Websi- und dort von klein auf die Tätigkeiten einer Geschäftsfüh- tes oder erfolgt durch Apps. Tastatur und Maus sind dafür rung mitbekommen hat oder vielleicht sogar selbst schon überflüssig! Die Kommunikation erfolgt in Kurznachrichten- einen Betrieb leitet, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diensten, ein elektronischer oder gar ein Brief auf Papier wer- auch der Umgang mit digitalem Arbeitsgerät erlernt wurde. den selten geschrieben. Bestand aber für jemanden im Rahmen der Berufstätigkeit keine Notwendigkeit, mit dem PC umzugehen, ist es kein Willkommen im Unterricht! Wunder, wenn hier noch großer Nachholbedarf besteht. Das Ein Test: Studierende einer neuen Gartenbau-Klasse werden ist nicht eigentlich ein Problem – man muss nur auch in un- gebeten, ihre Kenntnisse im IuK-Bereich ganz allgemein und seren Schulen wissen, dass man den mitgebrachten Kennt- „aus dem Bauch heraus“ einzuschätzen. Dazu hängen an nisstand nicht zu hoch einschätzen darf! der Wand im Gang vor dem Lehrsaal drei Emoticons: für Eines ist auch klar: Angehörige beider Gruppen waren gute, mittelmäßig und nicht so gute Vorkenntnisse. Die nicht immer nur Einser-Musterschüler. Vieles, was gelehrt beiden Äußeren definieren die Skala. Die Studierenden sol- wurde, ist zwischenzeitlich vergessen worden – nicht nur len sich auf dieser Strecke ungefähr dort hinstellen, wo sie im digitalen Sektor. sich selber sehen. Nicht überraschend stehen viele um den → Bild 1: Wischen statt klicken: „Digital Natives“ bringen immer weniger → Bild 2: Studierende an der Meister- und Technikerschule für Weinbau IT-Grundkenntnisse mit (Foto: Markus Hoffmann) und Gartenbau Veitshöchheim versuchen Ihre IT-Kenntnisse aus dem Bauch heraus einzuschätzen (Foto: Bruno Winter) SUB 7/2018 5
Bildung ßen. Die organisatorische Umsetzung innerhalb des Schul- Bildung Infobox: „Digital Natives“ betriebs stellt allerdings eine hohe Herausforderung dar. Der Begriff wurde 2001 von dem Autor und Pädagogen Wohin, Schule? Marc Prensky geprägt. Er verwendet ihn in einem Artikel, An den Meister- und Technikerschulen sowie den Fachaka- der sich mit den Generationen in der digitalen Welt be- demien hat man sich zum Ziel gesetzt, Führungskräfte her- schäftigt. Bezeichnet wird damit die Generation, begin- anzubilden. Zu deren Qualifikationen in unserer Zeit gehört nend mit den „Millenials“, die in einer digitalen, von Medien auch die Beherrschung digitaler Medien. Wie geht man aber gesättigten Welt aufwächst. mit der geschilderten Situation um? Welche Konsequenzen ergeben sich aus der beschriebenen Lernsituation und der möglichen Zielsetzung? mittleren Smiley herum, aber eher mit Tendenz „nach unten“. Fakt ist, dass im beruflichen Umfeld der PC und die da- Gute Kennnisse nehmen ganz wenige für sich in Anspruch. rauf installierten Anwendungen nach wie vor ihren hohen Ohne dies jetzt detailliert bewerten zu wollen: Es zeigt eine Stellenwert haben und langfristig unverzichtbar bleiben gewisse Unsicherheit im digitalen Umfeld (siehe Bild 2). werden. Sie sind Arbeitsmittel, Werkzeug: Es werden Schrei- Danach ein Fakten-Check. Ein Fragebogen wird aus- ben verfasst, Auswertungen angefertigt, Veranschaulichun- gefüllt, der nicht nur allgemeine Fragen enthält, sondern gen gefordert. Nicht zu vergessen der Anspruch, sich in ver- auch gezielt Fragen zu Grundfunktionen der drei großen netzten Teams zu organisieren – z. B. mit Outlook. Office-Anwendungen. Basics, die bekannt sein müssten, Würde man nun den Bereich Office-Anwendungen als wenn die unterstellten guten Vorkenntnisse vorhanden sind. Unterrichtsinhalt aufgeben oder zurückfahren, nähme man Diese Fragebögen liefern nun belastbare Ergebnisse: Fast den Studierenden zum Teil echte Zukunftschancen. Sie wä- die Hälfte der Teilnehmer kannte grundlegende Funktionen ren großenteils auf sich selbst angewiesen – mit absehba- der Office-Anwendungen nicht. ren Konsequenzen. Ob dies mit dem Anspruch einherginge, gute Führungskräfte heranzubilden, darf bezweifelt werden. Was nun, Lehrkraft? IT-Kenntnisse gelten in fast allen Arbeitsbereichen heute Natürlich dürfte jeder Lehrende diese Situation kennen: Du als Schlüsselqualifikation. Das Image von Meister- und Tech- hast „Gute“ und „Ausbaufähige“ in der Klasse – nicht nur im nikerschulen bzw. Fachakademien, die ihre Absolventen EDV-Unterricht. Das ist normal und nichts Neues. Sehr gute ohne wenigstens grundlegendes Computerwissen entlie- Anregungen, wie man generell mit diesen unterschiedlichen ßen, dürfte nicht das Beste sein. Nicht nur deswegen, son- Niveaus umgeht, geben Fortbildungen, wie sie auch von dern vor allem um der Abgänger willen, hat der IuK- oder der Staatlichen Führungsakademie für Ernährung, Landwirt- EDV-Unterricht mit Office-Inhalten nicht nur seine Daseins- schaft und Forsten (FüAk) angeboten werden. Aber wie be- berechtigung, sondern er stellt eine Notwendigkeit dar. wältigt man diese Lage im EDV-Unterricht? Ich selber habe begonnen, meinen EDV-Unterricht zu Literatur „clustern“. Konkret bedeutet das, dass die Studierenden nicht [1] WAMPFLER, PHILIPPE: Keynote zum Kongress „#mo- mehr ein Skript zu einem Einzelthema (Beispiel: Absatz- und lol18“, abrufbar unter phwa.ch/molol18 Zeilenschaltung in Word) für die betreffende Unterrichtsein- [2] KOCH, WOLFGANG und FREES, BEATE: ARD-/ZDF-On- heit bekommen. Stattdessen habe ich zusammenhängende line-Studie 2017 Direktabruf: www.ard-zdf-onlinestu- Themen zu umfangreicheren Clustern zusammengefasst. die.de/files/2017/Artikel/917_Koch_Frees.pdf Studierende, die dem Unterricht „step by step“ folgen möch- [3] BAYERISCHES STAATSMINISTERIUM FÜR UNTERRICHT ten, können dies tun. Wer schneller ist und den vermittelten UND KULTUS: Lehrpläne abrufbar unter https:// Inhalt schon kennt, kann mit dem Skript schon vorarbeiten. www.isb.bayern.de/schulartspezifisches/lehrplan/ Oft betätigen sich die Schnelleren dann als Trainer für die anderen Studierenden. Die ersten Beobachtungen mit die- BRUNO WINTER ser Vorgehensweise sind positiv. MEISTER- UND TECHNIKERSCHULE FÜR Es könnte aber auch weitergehende Lösungen geben. In WEINBAU UND GARTENBAU VEITSHÖCHHEIM Veitshöchheim denkt man z. B. darüber nach, ähnlich wie im UND FACHAKADEMIE FÜR LANDWIRTSCHAFT, Fach Englisch Eingangstests durchzuführen. So könnte man FACHRICHTUNG ERNÄHRUNGS- UND VER- die Schere zwischen sehr fortgeschrittenen und noch sehr SORUNGSMANAGEMENT TRIESDORF am Anfang stehenden Studierenden vielleicht etwas schlie- fsa@webwinter.de 6 SUB 7/2018
BILDUNG B ildung Neuordnung des Landmaschinenseminars Bildung Erfahrungen der Landmaschinenschule Landsberg am Lech von DR. HORST-GEORG UNTEUTSCH: Mit der geplanten Neuordnung der Landwirtschafts- schulsemester stand auch die Neuordnung des Landmaschinenseminars an. Sie war notwen- dig auch wegen erheblicher technischer Neuerungen in der angewandten Landmaschinen elektronik und der damit herausfordernden Bedienung. Auch finden soziale Aspekte wie Auftritte mit großen und lauten Fahrzeugen und umweltgerechtes Verhalten hinsichtlich Pflanzenschutz und Gülleausbringung in der Öffentlichkeit immer stärker Beachtung. Unser Ziel an der Landmaschinenschule in Landsberg am Lech war es, diese Gedanken und auch ökonomische Überlegungen in ein neues Konzept für das Seminar einzubinden. Den Werde- gang der Landmaschinenseminare zwischen November 2017 und Februar 2018 beschreibt dieser Beitrag. Im Rahmen der Ausbildung an den Landwirtschaftsschulen vermittelt. Gestützt auf den Erfahrungen der Landmaschi- („Fachschulen“) bieten die Landmaschinenschulen Bayerns nenschulen und den Landwirtschaftsschulen wurden daher ein einwöchiges landtechnisches Seminar an. Schwerpunkt folgende Themenschwerpunkte neu festgelegt: des Seminares war bisher das Kennenlernen von Auswahl- →→ Landtechnik der Zukunft: Trends, Entwicklungen, verfahren für geeignete Maschinen für die eigenen Betriebe →→ Smart Farming/Digitalisierung: von Lenksystemen der Studierenden. Hierzu dienten technische Vergleiche, bis zu Dokumentationsmöglichkeiten, verbunden mit einer Kostenkalkulation. Ziel war es, Über- →→ Landtechnische Möglichkeiten zum Schutz der na- mechanisierung und untragbare Kosten für den Betrieb zu türlichen Ressourcen Boden, Wasser und Luft, vermeiden und die zukünftigen Betriebsleiterinnen und Be- →→ „Fahrerknigge“: Verkehrs- und Fahrersicherheit, triebsleiter und ihre Betriebe nachhaltig zukunftsfähig zu →→ regionale Technikschwerpunkte. machen. Für Dr. Michael Karrer, Leiter des Referats Bildung und Ziel des Seminars ist auch aufgrund der ausgezeichneten Schulwesen in der Agrarwirtschaft und im Gartenbau im Bay- Ausstattung der Landmaschinenschulen mit neuester Land- erischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft technik firmenneutrale technische Informationen bei kom- und Forsten (StMELF) erschien es Anfang 2017 notwendig, plexen Techniknutzungen zu vermitteln und den Transfer aufgrund veränderter einzelbetrieblicher, ökologischer und der technischen Möglichkeiten auf die einzelbetrieblichen gesellschaftlicher Anforderungen eine grundlegende Re- Anforderungen (firmenneutraler Informations- und Bera- form des Seminars anzuschieben. Initiiert wurde eine Ar- tungsbedarf ) zu ermöglichen. Gewünscht wurde auch die beitsgruppe unter Leitung von Hans Vetter, dem Leiter des Vernetzung der technischen Informationen, um unterneh- Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Coburg. merische Entscheidungen betriebswirtschaftlich analysie- Wunsch der Arbeitsgruppe war „... die Veränderungen (im ren zu können. Seminar) stärken, im Wesentlichen die Bereiche Digitalisie- Weil der Erfolg des Seminars auch von der Teilnehmeror rung und Gemeinwohlanforderungen. Die bisherige Projekt ientierung abhängt, wurde den Landmaschinenschulen im arbeit wird abgeschafft.“ Rahmen eines „Schulversuchs“ im Wintersemester 2017/18 zugestanden, die Inhalte des Wochenkurses den regionalen Neue Zielsetzungen in der Theorie Erfordernissen anzupassen. Die Leiter der Landmaschinen- Gemeinsam mit den Leitern der Landmaschinenschulen schulen fragen deshalb die Interessen und Themenschwer- Bayerns entstand ein Konzept, das wichtigen Themen wie punkte wie bisher an den Landwirtschaftsschulen ab und Umwelt-, Boden- und Gewässerschutz ausreichend Raum setzen diese je nach Ausstattung im Unterricht um. Die fol- gibt. Unfallschutz und Erkennen von Gefährdung ist bereits genden Überlegungen und Beschreibungen des Kurses ge- jetzt grundsätzlicher Bestandteil der Unterweisungen ab ben daher die Umsetzung der Wünsche und Forderungen dem Berufsgrundschuljahr und wird am jeweiligen Gerät exemplarisch in der Landmaschinenschule Landsberg am SUB 7/2018 7
B ildung Lech wider. Eine Allgemeinverbindlichkeit kann daraus nicht Eine Datenübertragung vom Schlepper bis in den Bildung abgeleitet werden. PC ist nur bei wenigen bis einem Fabrikat sicher ge- geben (Stand 01/2018). Herausforderungen in der Praxis →→ „Die Aspekte der Verkehrs- und Fahrsicherheit Die Konzeption der Landtechnik der Zukunft gleicht einem werden in Kooperation mit dem Kuratorium Bay- Lesen aus der grünen Kristallkugel auch vor dem Hinter- erischer Maschinen- und Betriebshilfsringe (KBM) grund unwägbarer politischer Rahmenbedingungen. Die- detailliert ausgearbeitet und münden in ein Ge- sen Herausforderungen musste sich das neue System stellen: samtkonzept bei der landwirtschaftlichen Ausbil- →→ Welche Lenksysteme, deren Bedienung sich alle dung“, so das Zitat. In der Praxis benötigte Martin paar Wochen ändert, sollen vorgestellt werden? Gehring vom KBM, der dankenswerterweise diesen Claas, Case/Steyr-NewHolland, Deutz-Fahr, Fendt, Part in unserer Einrichtung übernahm, genau zwei John Deere, nur um die größten Hersteller zu nen- von 38 Wochenstunden. nen, bieten inzwischen Systeme auch in kleineren →→ Und zum Schluss: Wie motiviert man einen Schleppern ab ca. 80 000 Euro an. Sollen die Sys- 20-jährigen Studierenden eine Woche lang mit teme alle in der Praxis präsentiert werden, sind er- 80 Prozent Hörsaalthemen laut vorgeschlagener hebliche finanzielle Aufwendungen erforderlich. Themenaufstellung? Und das ohne drohende →→ Landmaschinenschulen sind normalerweise nicht Prüfung? mit EDV-Klassenräumen ausgestattet. Wie also sol- len verschiedene Systeme von Ackerschlagkarteien Das neue Konzept: Nichts ist unmöglich praxisgerecht unterrichtet werden? Welche von den Einbinden der Studierenden in praxiskonforme Aufgaben- wahrscheinlich über 100 namhaften Anbietern sol- stellungen ist das Gebot der Stunde. Dinge selbst „Be-Grei- len vorgestellt werden, um Neutralität zu wahren? fen“ hat meistens den nachhaltigsten Lerneffekt. Ziel ist, dass Wo ist die Abgrenzung zur Landwirtschaftsschule? die Studierenden an einem Gerät die zur sicheren Erst-Inbe- →→ Abgesehen davon: Die derzeit angebotenen Sys- triebnahme erforderlichen Schritte wie Anbau und Einstel- teme weisen mehr oder weniger erhebliche Mängel lung vornehmen, wie es eigentlich auch auf dem heimatli- bezüglich der Düngeverordnung, der Hoftorbilanz, chen Betrieb geschehen sollte. Wenn an eine Beschaffung der Einbindung von Katasterflächen etc. auf. Die in gedacht wird, sollen sie in der Lage sein, die Kosten-Nut- der Pflanzenschutz-App vom Landeskuratorium für zen-Relation zu prüfen. Das betrifft auch den Umwelt- und pflanzliche Erzeugung (LKP) hinterlegte Dokumen- Ressourcenschutz bzw. die mit der Maschine dazu vorhan- tation beispielsweise lässt sich als PDF ausdrucken denen Möglichkeiten. bzw. als csv-Datei übertragen. Wie können die Da- Insgesamt stehen sechs Themenblöcke im Laufe der ten von Anwendern ohne vertiefte EDV-Kenntnisse Woche auf dem Stundenplan von Neuerungen im Pflan- z. B. in Ackerschlagkarteien übernommen werden? zenschutz bis Spurführung. Vier davon sind gesetzt, zwei frei wählbar (siehe Infobox). Infobox: Themenverteilung im Wochenlehrgang in der Landmaschinenschule Das Seminar beginnt mit Landsberg am Lech einem Pflichtthema aus dem aktuellen Pflanzen- Montag Dienstag Mittwoch Donnerstag Freitag schutz. Es folgen dann die Wahlthemen nach regiona- Beginn 9:30 Themenblock 3 Arbeitsgruppen Maschinenprä- Themenblock 6 len Schwerpunkten, sofern Dokumentation zur Maschinen- sentation im ISOBUS sie nicht bei den Präsenta- vorstellung Forum tionen umfassend behan- Themenblock 1 Themenblock 4 Arbeitsgruppen Maschinenprä- Themenblock 6 delt werden. Eingeflochten Neuerungen im Wahlthema zur Maschinen- sentation im Spurführung ist, da das Agrarbildungs- Pflanzenschutz vorstellung Forum zentrum in Landsberg über mehrere EDV-Räume ver- Mittagspause Mittagspause Mittagspause Mittagspause Ende 12:00 fügt, die Vorstellung von Themenblock 2 Arbeitsgruppen Maschinenprä- Themenblock 5 Ackerschlagkarteien, die je- Wahlthema zur Maschinen sentation im Ladung, aber der Studierende nach einer vorstellung Forum sicher! Anbieterliste aufrufen darf. Hier trennt sich die Spreu 8 SUB 7/2018
B ildung vom Weizen, da die Kommentare von Bildung „Was soll das?“ bis „Machen wir schon daheim!“ reichen. Kern des Seminars sind aber die Ausarbeitungen der Studierenden zu ausgewählten Maschinenkombinati- onen in Zweierteams. Am Dienstag- nachmittag werden die Themen wie z. B. ein Schlepper mit Front- und Heck- mähwerk, ein Schlepper mit Säkombi- nation, ein selbstfahrender Futtermi- schwagen den einzelnen möglichst nach Neigung zugeteilt. Es werden nur Maschinen ausgewählt, die auch aktuell in der Einrichtung vorhanden sind, und Bedienungsanleitungen und Internet- zugang bereitgestellt. Die Fachlehrer übernehmen das Mentoring der Teams → Bild 1: Vorbereitung der Maschinenvorstellung mit Bedienungsanleitung und Fachlehrerunter- in der Vorbereitung am Dienstagnach- stützung bei schönem Wetter im Innenhof (alle Fotos: Dr. Horst-Georg Unteutsch) mittag und Mittwochvormittag. Inhalte der Maschinenvorstellung sind entsprechend der mit vor dem ganzen Semester, witterungsunabhängig in Neuausrichtung des Landmaschinenseminars: einer Halle (siehe Bild 1). Zur Verfügung stehen dabei eine →→ Traktorenvorstellung: nur Alleinstellungsmerkmale Lautsprecheranlage mit Headsets, eine mobile Kamera mit und „Highlights“; Beleuchtung, zwei Beamer und PC mit Netzzugang. Über →→ Maschinenvorstellung: Funktion, Fabrikat, Typ, Aus- den einen Beamer gelangt das Kamerabild auf ein White- führung, zulässiges Gesamtgewicht, Aufbau, Bema- board. Der andere Beamer mit Rechner steht für die aus- ßung, Leistungsdaten, Gutfluss; gearbeiteten Präsentationen mit der Maschinenkostenbe- →→ sicherer Anbau der Maschine; rechnung, weiteren technischen Details, Videospots usw. →→ Maschinenbedienung am Display, Box usw.; bereit. Genutzt wird auch die Einblendung von Filmsequen- →→ technische Möglichkeiten des Umwelt- und Res- zen oder Bedienungsanleitungen direkt von den jeweiligen sourcenschutzes durch die Maschine, z. B. Erosions- Herstellern aus dem Internet (siehe Bild 2). prävention und Bodenschutz, Gewässerschutz, Lärmschutz – Anwohnerschonung; →→ Verkehrssicherheit (und gege- benenfalls Ladungssicherung) Vorschriften, Transporteinstel- lung/-einrichtung bzw. (Trans- port-)Sicherungen, Kenntlich- machung, Bremsverhalten, notwendige Zurrmittel, Zurr- punkte: Im Wesentlichen sind diese Punkte auch bereits beim Anbau der Maschine und de- ren Bedienung darzustellen; →→ Maschine: Kosten, Mindestein- satzumfang. Am Mittwochnachmittag und am Don- nerstagvormittag folgt die Maschi- → Bild 2: Maschinenvorstellung im Forum mit Kamerablick auf die Bedienelemente in der Kabine nenpräsentation im Forum und da- (links oben) SUB 7/2018 9
B ildung Meinung der Studierenden ist, dass bei dieser Art des Un- Bildung terrichts und speziell bei diesem Abschnitt der Lerneffekt und persönliche Nutzen am größten ist. Von einigen kam der Wunsch, doch eine zweite Übung in der gleichen Weise durchzuführen. Verkehrs- und Transportsicherheit sind Themen, die neu in den Lehrplan hineingenommen wurden. Im Vorwege hatte Martin Gehring von den Maschinenringen angeboten, in jeder Landmaschinenschule eine Unterrichtseinheit zu diesem Bereich zu gestalten. Abgeleitet vom „Fahrerknigge“ mit Hinweisen zu einem bevölkerungsfreundlichem Fahrer- verhalten mit landwirtschaftlichen Nutzfahrzeugen. Nach einem Kurzvortrag im Gruppenraum geht es an die Maschi- → Bild 3: Ladungssicherung am Ballenwagen mit Martin Gehring vom nen. Am Beispiel vom Schlepper mit angebautem Pflug und Verband der Maschinenringe einem Ballenwagen behandelt Martin Gehring Transport- und Ladungssicherung an Anbau- und Anhängegeräten Zur Pädagogik und Didaktik (siehe Bild 3). Vorgestellt werden vorbildliche Transportsiche- Die Teams organisieren selbst, wer welche Darstellungen rungen und notwendige Zurrmittel und Zurrpunkte. Rund- übernimmt. Mit der Kamera kann ein Studierender aus der umleuchten sollen zur Kenntlichmachung nicht inflationär Kabine heraus z. B. die Gerätebedienung erläutern. Das verwendet werden, sondern nur bei überbreiten Transpor- zweite Teammitglied stellt z. B. Details der Maschine am Ge- ten oder in Gefahrensituationen, empfiehlt Martin Gehring. rät und/oder die Maschinenkostenberechnung vor. Bewer- Das Seminar beschließt mit aktuellen Themen zur EDV tet werden anschließend die Darstellungen der Einzelnen auf Schleppern: ISOBUS (Applikation konform zur Norm ISO durch die Fachlehrer der Landmaschinenschule. 11783 eines Datenbusses für landtechnische elektronische Dieser Art der Maschinenvorstellung fordert die Studie- Anwendungen) und Spurführungssysteme auch im prakti- renden in erheblichem Umfang, da sie sich z. T. mit einer schen Einsatz. Zum Ausprobieren stehen drei verschiedene nicht geläufigen Landmaschinentechnologie auseinander- Schlepperfabrikate und Parallelfahrsysteme zur Verfügung. setzen müssen. Sie profitieren davon aber nach eigenen Bulldogfahren zum Schluss, damit der Spannungsbogen Aussagen sehr stark. Auch die Zuhörerinnen und Zuhörer auch bis zum Ende aufrechterhalten bleibt (siehe Bild 4). werden über die jeweiligen Maschinen umfassend infor- miert. Die Fachlehrer korrigieren bei falschen oder fehlen- den Darstellungen. DR. HORST-GEORG UNTEUTSCH Allerdings hat dies Vorgehen auch den Nachteil, dass AGRARBILDUNGSZENTRUM DES BEZIRKS die nicht involvierten Studierenden bei körperlicher An- OBERBAYERN IN LANDSBERG AM LECH wesenheit auch geistig abwesend sein können. Einhellige horst-georg.unteutsch@agrarbildungszentrum-landsberg.de → Bild 4: Spurführungssysteme zum Ausprobieren 10 SUB 7/2018
BILDUNG B ildung Hilfe zur Selbsthilfe im Haushalt Bildung Ein kurzes Rollenspiel sagt mehr als tau- treffen, um sich die Schwierigkeiten da- Haushalts- und Finanzmanagement, send Worte: Die Studierenden der Land- heim im Haushalt oder in der Familie Berufs- und Arbeitspädagogik, Fami- wirtschaftsschule Roth, Abteilung Haus- von der Seele zu reden und sich ge- lie und Soziales, Küchenpraxis, Haus- wirtschaft, stellten beim Landfrauentag genseitig zu trösten und aufzubauen. und Textilpraxis und Hausgartenbau. am 23. Febraur 2018 in Schwanstetten Nach Abschluss der Schule dürfen sich den einsemestrigen Studiengang der In der 2. gespielten Szene geht eine die Studierenden „Fachkraft für Ernäh- Hauswirtschaft vor. In einem Rollenspiel der Frauen als „gehetzte“ Hausfrau zum rung und Haushaltsführung“ nennen. mit vier Akten stellten die Studieren- Einkaufen und führt währenddessen den die Probleme von überforderten Selbstgespräche über die vielen zu erle- Um sich die Inhalte der Schule noch bes- Hausfrauen überspitzt dar. Die Inhalte digenden Arbeiten und Aufgaben dieses ser vorstellen zu können, präsentierten der Ausbildung zur organisierten Haus- Tages. Da begegnet sie ihrer strahlend und kommentierten an der 4. Station wirtschafterin kamen als Lösungsan- lächelnden Freundin. Diese erzählt ihr, noch zwei Studierende zahlreiche Bilder satz deutlich und einprägsam rüber. dass sie nach Besuch der einsemestri- aus dem Schulleben und zeigten auf ein- gen Teilzeitschule Hauswirtschaft durch drucksvolle Weise, warum man die Schule Das Rollenspiel erarbeiteten die Stu- gute Organisation nun so ziemlich alle auch „Die Genuss-Akademie in unserer dierenden als Projektarbeit im Unter- Aufgaben im Haushalt meistern kann Region“ nennen kann. Sie ernteten sehr richtsfach „Familie und Soziales“. Es und auch noch Zeit für ihre Hobbies hat. großen Beifall für die außergewöhnli- gliederte sich in vier Stationen: Früh- che und einprägsame Präsentation. stückstisch, Hausfrau beim Einkaufen, „Zufällig“ kommen sie an einem Stand Informationsstand Hauswirtschafts- für hauswirtschaftliche Berufsbildung schule und Bilder aus dem Schulleben. vorbei (3. Station), an dem der „gehetz- ten“ Hausfrau erklärt wird, welche Inhalte Die 1. Station war ein Frühstückstisch, die einsemestrige Teilzeitschule bietet Rosemarie Branner, an dem sich Frauen einmal im Monat in Theorie und Praxis: Ernährungslehre, AELF Roth → Bild: Die Studierenden des einsemestrigen Studienganges Hauswirtschaft an der Landwirtschaftsschule Roth (rechts: Ingrid Bär, links: Rosemarie Branner) (Foto: Katharina Fuckerer) SUB 7/2018 11
Gewässerschutz GEWÄSSERSCHUTZ Gewässerschutz Hand in Hand mit den Landwirten Aus der Arbeit des Wasserberaters am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Landau a. d. Isar. GEWÄSSER- SCHUTZ von ANTON MAIER: Die Landwirtschaft wird kritisiert, dass ihre aktuelle Wirtschaftsweise das Grund- und Oberflächenwasser mit Nitrat und Pflanzenschutzmittel belastet. Deshalb würden die Grenzwerte der Trinkwasserrichtlinie erreicht bzw. in Teilen auch überschritten. Ein Einfluss der Landwirtschaft auf das Wasser durch die Bewirtschaftung in der Fläche ist vorhanden. In der Praxis gibt es aber große Unterschiede. Viele Landwirte führen wirksame Maßnahmen zum Erhalt und zur Verbesserung der Wasserqualität durch. Wasserberater un- terstützen sie dabei. Der Verfasser ist Wasserberater am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Landau und schildert die Herangehensweise im Dienstgebiet. Nach der Ernte 2018 für 2019 planen Wasserberater Anton Maier empfiehlt auf einen konse- Infobox: Grundwasserkörper im Landkreis quenten Schutz der Oberflächenwasserkörper und deren Dingolfing-Landau Zuflüsse von Stoffeinträgen durch Bodenerosion zu achten. Dafür müssen geeignete Maßnahmen bereits nach der Ernte Der Landkreis Dingolfing-Landau hat einerseits viele Ober- 2018 für das Erntejahr 2019 fest eingeplant werden. Zugute flächenwasserkörper wie die Aitrach, den Reissinger Bach, kommt ihm bei seiner Beratungsarbeit seine langjährige Er- die Vils und die Isar mit zahlreichen Zuflüssen. Alle zu- fahrung im eigenen Betrieb. sammen liegen im wassersensiblen Bereich. Andererseits Er informiert die Landwirte in Versammlungen und bie- durchziehen den Landkreis auch sechs Grundwasserkör- tet Führungen auf den Schauanlagen der Demonstrations- per, wie die Vorlandmolasse Aham, Arnstorf, Furth, Meng- betriebe an, auch gemeinsam mit den Verbundpartnern. kofen, Loiching und der Quartär Landshut im Bereich des Auf der Homepage des AELF Landau ist sein Beratungs- Isartals (siehe Abbildung). Beide Wasserkörperarten dehnen angebot zum Gewässer- und Erosionsschutz zu finden. Im sich weit über die Landkreisgrenzen hinaus von Südwest Bildungsprogramm Landwirt (BiLa) des AELF Landau ist der nach Nordost aus. Alle Wasserkörper im Landkreis sind in Gewässerschutz fest eingeplant im Unterricht und mit Ex- die Wasserberatung einbezogen mit dem Ziel, ihre Wasser- kursionen zu den Zwischenfruchtschauanlagen auf den De- qualität zu verbessern. mobetrieben. Um die Landwirte zu erreichen, schrieb Anton Maier 2017 in einem Infobrief 200 Landwirte an, die Flächen im Wassereinzugsbereich der Vils bewirtschaften. Ca.100 Be- triebe meldeten Interesse, 52 Betriebe konnte er vor Ort be- raten. Ziel war es, das Erosionsgeschehen auf den Kulturflä- chen genauer zu betrachten oder mit neuen Maßnahmen zu verbessern. Bei den sechs Führungen auf den drei Demobetrieben im Landkreis mit Zwischenfruchtanbau und Schauanlagen zu Untersaaten schwankten die Teilnehmerzahlen zwischen 20 und 40 Besuchern. Zu den fünf regionalen Winterver- sammlungen zur neuen Düngeverordnung kamen jeweils 35 bis 55 Personen, es wurde auch der Erosionsschutz als Teil des Gewässerschutzes deutlich angesprochen. Flurbe- gehungen der Verbundberatungspartner Landeskuratorium für Pflanzliche Erzeugung, Bayerischer Bauernverband und → Abbildung: Der Landkreis Dingolfing-Landau und seine Grundwasser- Maschinenring boten auch Gelegenheit notwendige Maß- körper 12 SUB 7/2018
Gewässerschutz nahmen zum Gewässerschutz anzusprechen. Die Teilneh- →→ der Mähdrescher muss das gehäckselte Stroh sau- merzahlen streuten von 40 bis 70. Ein überschaubarer Kreis ber verteilen; von Landwirten mit circa 20 bis 50 Personen ist nach der Er- →→ die erste flache Stoppelbearbeitung erfolgt mit ei- fahrung von Anton Maier die beste Möglichkeit Landwirte nem Grubberstrich bis 6 cm Tiefe mit zweibalkigem zu aktuell zu informieren, da sie offen nachfragen und dis- Kurzgrubber, ausgestattet mit 18 cm breiten Dop- kutieren können. pelherzscharen. Angebaut ist eine Kreiselegge mit Stabwalze, um Stroh einzumischen und Ausfallge- GEWÄSSER- SCHUTZ Wirkungsvolle Gewässerschutzmaßnahmen treide bzw. Unkrautsamen zum Keimen zu bringen; Gewässerschutzstreifen machen immer Sinn. Maier emp- →→ diese flache Bodenbearbeitung erhält zudem die fiehlt unabhängig von der Erosionsklasseneinstufung Ge- Tragfähigkeit für die Gülleausbringung; wässerschutzstreifen an allen Feldstücken anzulegen, die →→ nach zehn bis zwölf Tagen erfolgt die verlustarme unmittelbar an Gewässer angrenzen. Aber auch am Hang- Gülleausbringung mit Schleppschuh in Mengen, fuß oder im Hangbereich von Feldstücken, die nicht direkt die nach der Düngeverordnung zugelassen sind an Gewässer anliegen, aber erosionsgefährdet sind, machen (zum Beispiel Schweinegülle 11 m3); diese Schutzstreifen Sinn. Eine Breite von mindestens sie- →→ die Gülle wird mit der gleichen Gerätschaft und ben, besser zehn Meter bis maximal 30 Meter ist im Hinblick Arbeitstiefe wie zur Stoppelbearbeitung sofort ein- auf die Abstands- und Hangneigungsauflagen bei der Dün- gearbeitet; geverordnung und Pflanzenschutzanwendungsverordnung →→ vor der Aussaat wird mit einem Kurzgrubber tief ge- sinnvoll. Wird die Fläche als ökologische Vorrangfläche be- lockert, die anschließende Aussaat erfolgt mit der antragt, liegt die maximale Breite bei 20 Meter. Kombination Kreiselegge-Drillmaschine. Zusätzlich bietet ein Gewässerschutzstreifen Lebens- raum für Wild, Insekten und Vögel, vor allem, wenn er erst Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirt- nach der Blüte des Klees in fünf Meter breiten Streifen geern- schaft und Forsten fördert die Anlage von Gewässer- und tet oder gemulcht wird, so dass auf dem Streifen Jung- und Erosionsschutzstreifen, die Mulch- oder Direktsaat sowie die Altbestand in unterschiedlichen Vegetationsstadien vorhan- emissionsarme Wirtschaftsdüngerausbringung durch Agrar den sind (siehe Bild 1). umweltprogramme. Wirkungsvollsten Erosionsschutz bietet die Mulch- bzw. Im Dienstgebiet des AELF Landau haben sich die Land- Direktsaat. Bei Kartoffeln sind es Mulchsaaten in Kombina- wirte an den folgenden Maßnahmen beteiligt: tion mit Hafereinsaaten nach dem Legen zwischen den Kar- →→ B25 Emissionsarme Wirtschaftsdüngerausbringung toffeldämmen. Das Direktsaatverfahren ist bei Reihenkul- bei Eigenmechanisierung: 23 Betriebe, turen wie Mais, Rüben und Sojabohnen vorzuziehen. Eine →→ B26 Emissionsarme überbetriebliche Wirtschafts- Kombination von Direktsaaten bei erosionsgefährdeten Kul- düngerausbringung: 51 Betriebe, turen mit Gewässerschutzstreifen bzw. Erosionsschutzstrei- →→ B34 Gewässer- und Erosionsschutzstreifen: fen ist das mögliche Optimum. 120 Betriebe, Auch die emissionsarme Wirtschaftsdüngerausbringung →→ B37 Mulchsaat: 34 Betriebe. trägt zum Gewässerschutz bei. Nach der Ernte des Winterge- treides empfiehlt Maier folgende Vorgehensweise: Das Saatbett für Zwischenfrüchte Starke Sommerniederschläge können zu sehr früher Erosion füh- ren. Um das zu vermeiden, sollte die Saatbettbereitung zur Eta- blierung der Zwischenfrucht deshalb so ausgestaltet werden: →→ Die notwendige Wasseraufnahmefähigkeit durch eine tiefe Lockerung, vor allem bei Weißlehmbö- den oder Böden, die durch Einzelkornstruktur zur Dichtlagerung neigen, ist mit dem Grubber durch- zuführen. →→ Durch den Grubbereinsatz werden die Ernterück- stände auf der Bodenoberfläche belassen. Stroh und bereits abgestorbenes Ausfallgetreide auf der Bodenoberfläche schützt den Boden, bis die Zwischenfrucht die Krume bedeckt. Eine Pflugfurche, → Bild 1: Zehn Meter breiter Gewässerschutzstreifen mit Kleemischung die reinen Tisch hinterlässt, mit nachfolgender inten- für die Futternutzung: Rehwild äst gegen 15 Uhr am 1. Mai 2018 (alle sive Bodenbearbeitung zur Saatbettbereitung wäre Fotos: Anton Maier) dagegen für Erosion viel anfälliger. SUB 7/2018 13
Gewässerschutz Die richtige Zwischenfruchtmischung auswählen zent beachten. Kein Düngebedarf nach der Dünge- →→ Vorzuziehen sind Zwischenfrüchte oder Mischungen verordnung. Senf- und Kresse-Anteile in aktuellen →→ mit rascher Jugendentwicklung, Senf, Kresse oder Mischungen nicht zu hoch wählen (ca. 25 bis 30 Zwischenfruchtmischungen, bei der Senf oder Prozent), da diese schnell bestandsbildend und an- Kresse die Basis bilden, dere Mischungspartner mit zögerlicher Jugendent- →→ die sicher abfrieren, wicklung zurückdrängen, →→ in die Fruchtfolge und Organisation des Betriebes →→ Getreide mit Mais und Raps: Nematoden resistente GEWÄSSER- SCHUTZ passen, Ölrettichsorten, die schnell abfrieren, bei Betrieben →→ viehhaltend, viehlos sowie Verfügbarkeit von orga- mit organischen Düngern, alleine oder in Mischung nischen Düngern mit Phacelia, und Ramtilkraut, Öllein sowie Sand- →→ falls notwendig, den Samenanteil für die Anforderun- hafer sind möglich; Integration von abfrierenden gen des Greenings mit Zwischenfrucht erfüllen und Leguminosen als Mischungspartner bei Betrieben, →→ sich in der Praxis bewährt haben. die ohne organischen Dünger wirtschaften, ist die andere Variante; Sie tragen maßgeblich zur Unterdrückung von Unkräutern →→ Getreide mit Rüben und Mais: Nematoden resisten- und Ausfallgetreide bei und bilden durch ihre hohe ober- ter Senf als Basis in Mischung mit Sandhafer und irdische Masseleistung eine Mulchschicht mit hohen Bo- bzw. oder Phacelia; Phacelia aber nur bei geringen denbedeckungsgraden. So gewährleisten sie einen her- Rübenanteilen in der Fruchtfolge sowie Flächen vorragenden Erosionsschutz für die im Frühjahr folgenden ohne Rhizoctoniabefall; abfrierende Leguminosen Hauptkulturen. Zusätzlicher Nebeneffekt vor allem von bei Betrieben ohne organische Düngung als guter Kreuzblütlern und Nichtleguminosen: Sie konservieren den Mischpartner; im Zwischenfruchtanbau sind zur Er- Nitratstickstoff im Boden über die vegetationslose Zeit des füllung des Grennings Mischungen notwendig; die Winterhalbjahres, dass er für die Folgekultur im Frühjahr zur Samenanteile der Mischungen müssen den Anfor- Verfügung steht. Wichtig ist, dass die Zwischenfrucht den derungen des Greenings entsprechen. Boden mit einer hohen Mulchauflage schützt. Im Dienstgebiet bewähren sich folgende Mischungen Beim Erosionsschutz im Gemüsebau müssen noch Erfah- für verschiedene Fruchtfolgen: rungen zusammen mit dem Fachzentrum für Gemüsebau →→ Mais-Getreide: Senf oder Kresse allein oder in in Landshut, dem Fachzentrum Agrarökologie am AELF Mischung, eventuell auch zur Erfüllung der Straubing sowie dem Verbundpartner Erzeugerring Obst Greeningauflagen; als Mischungspartner Leindot- und Gemüse Straubing erarbeitet und gesammelt werden. ter, Tiefenölrettichsorten, Phacelia, Öllein, Sandha- fer und Leguminosen, die leicht abfrieren; hohe Le- Die richtige Bodenbearbeitung guminosenanteile über 20 Prozent für Betriebe, die Die Stellung des Erosionsschutzes steht im hügeligen Ge- viehlos wirtschaften oder keine organischen Dün- lände an erster Stelle. Auf eine Bodenbearbeitung zur ger ausbringen. Leguminosenanteile über 75 Pro- Saatbettbereitung der Hauptkulturen im Frühjahr sollte – → Bild 2: Sommererosion bei der Zwischenfruchtbestellung: deutlich → Bild 3: Zuckerrüben in Mulchsaat 2018: Flache Bodenbearbeitung sichtbare Erosion nach Saatbettvorbereitung mit Pflug, zweimaliger (3 bis 4 cm) mit Kreiselegge und reduzierter Kreiseldrehzahl (ca. 180 Bearbeitung mit Kreiselegge mit Zahnpackerwalze und Kreiselegge U/min) hat den Vorteil, dass die Mulchschicht durch die Kreiselegge mit Zahnpackerwalze und Drillmaschine, anschließend Gewitterregen kaum Schwaden bildet, Bodenkrümel bleiben weitestgehend Mitte August 2017 mit 52 mm Niederschlag erhalten 14 SUB 7/2018
Gewässerschutz GEWÄSSER- SCHUTZ → Bild 4: Mastschweinegülle (3,5 Prozent Trockensubstanz, grün markiert) → Bild 5: Anbaustrategie mit Gewässer- oder Erosionsschutzstreifen, mit Schleppschuhverteiler mit hoher Eindringkraft ausgebracht am anschließend Mais in Direktsaat und Zuckerrüben in Mulchsaat, ganz 16. April 2018 in Mais-Direktsaat (Ablagetiefe in 3 bis 4 cm, Aussaat am oben frühe Wintergetreideart (Wintergerste) 10. April 2018) wenn möglich – verzichtet werden. Falls sie dennoch not- fährdeten Kulturen in Verbindung mit Mulch bzw. Direktaaat wendig sein sollte, so ist eine flache Lockerung mit geringer mit frühen Wintergetreidearten reduziert in Kombination mit Drehzahl der Werkzeuge bei zapfwellengetriebenen Boden- einem Gewässer- bzw. Erosionsschutzstreifen den Eintrag von bearbeitungsgeräten angeraten, um die Mulchmatte und Boden in die Oberflächengewässer deutlich (siehe Bild 4). stabile Bodenkrümel zu erhalten. Der Erosionsschutz mittels Gewannenbewirtschaftung Verwertung von organischen Düngern und Erosions- ist die zusammenhängende Form des Erosionsschutzes in schutz ist möglich nach erfolgter Direktsaat (siehe Bild 3). einer Gewanne. Die Landwirte stimmen sich dabei unterei- nander bei der Nutzung ihrer Feldstücke, der Fruchtfolgen Erosionsmanagement mit unterschiedlichem Bodenabtragspotenzial und acker- Den Kartoffelanbau von Hangflächen auf ebene Flächen zu bauliche Maßnahmen, um die Bodenerosion zu reduzieren verlagern durch Flächentausch mit Berufskollegen ist die (siehe Bild 6). beste Lösung. Eine Schlagaufteilung bei Hanglagen in kleinere Bewirt- Hohes Können für Erosionsschutz gefragt schaftungseinheiten sowie der Wechsel von stark erosionsge- Der Erosionsschutz verlangt hohes ackerbauliches Können. Die Kenntnisse darüber bei den Betriebsleitern im Landkreis Dingolfing- Landau streuen hinsichtlich der Qualität noch weit. Trotz der langjährigen Erfahrungen des Wasserberaters Anton Maier wird es immer wieder neue Herausforderung geben wie aktuell der Einsatz des Pflanzenschutzmittels Gly- phosat soweit als möglich den Einsatz zu reduzieren und lang- fristig ohne diesen auszukommen, Witterungsereignisse, wie Zunahme und Dauer der Trockenperioden- oder Starkregen ereignissen, rechtliche Vorgaben hinsichtlich der Artendiver- sivizierung und auch das Einkommensergebnis des Betriebes gerecht zu werden. Eine einheitliche Lösung wird es nie ge- ben. Sie ist von Betrieb zu Betrieb unterschiedlich und muss immer wieder neu angepasst bzw. erarbeitet werden. Umso → Bild 6: Erosion in einer Gewanne nach Gewitter mit 52 mm Nieder- wichtiger sind der direkte Kontakt des Wasserberaters mit den schlag Mitte August 2017: Eine fehlerhafte Saatbettbereitung mit Pflug Landwirten und eine kompetente fachliche Beratung. anschließend Kreiselegge und Kreiselegge und Drillmaschine führte dazu, dass das Saatbett zu fein wurde; weder Ernterückstände noch ANTON MAIER abgestorbenes Ausfallgetreide schützten den Boden, die Wasserauf- AMT FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT UND FORSTEN nahmefähigkeit bei hohen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit geht STRAUBING gegen Null anton.maier@aelf-sr.bayern.de SUB 7/2018 15
Gewässerschutz GEWÄSSERSCHUTZ Grundwasserschutz durch Kooperation Außenansichten zum Gewässerschutz GEWÄSSER- SCHUTZ von DR. GEORG EIBLMEIER: Die Bemühungen um einen besseren Schutz der bayerischen Oberflächengewässer und Grundwasservorkommen sind in den letzten Monaten öffentlich- keitswirksam verstärkt worden. Die Ziele, die von der 2000 erlassenen EU-Wasserrahmenricht- linie, der 2001 in Kraft getretenen Trinkwasserverordnung und dem Wasserhaushaltsgesetz von 2009 vorgegeben werden, sind anspruchsvoll und verlangen Aufgeschlossenheit und Anstrengung von allen beteiligten Nutzern und Entscheidungsträgern. In vielen Regionen Bayerns, das bis heute durch eine Vielzahl von lokalen Wasserversorgern mit dem wichtigsten Lebensmittel „Trinkwasser“ beliefert wird, haben sich in den letzten Jahrzehnten eigenstän- dige und oftmals „maßgeschneiderte“ Kooperations- und Kommunikationsstrukturen zwi- schen Wasserversorgern und Landwirten entwickelt. Sie versuchen den gesetzlichen Vorga- ben nachhaltig gerecht zu werden – vielleicht mit Vorbildcharakter für die Umsetzung in der Fläche? Die Ausgangs-Situation stellt sich in diesen Projekten immer ger mit den Bewirtschaftern Vereinbarungen entwickeln wieder gleich dar: Die Wasserversorger kontrollieren ent- und abschließen, die sowohl den gesetzlichen Ausgleich sprechend den gesetzlichen Vorschriften die Qualität des der Beschränkungen wie auch weitergehende Leistungen Trinkwassers und stoßen immer wieder auf akute Probleme der Landwirte zur Verbesserung des Grundwasserschutzes wie z. B. Keimbelastungen, die oftmals durch Witterungsex zum Ziel haben. treme und unvorhergesehene Ereignisse verursacht werden; In den meisten Fällen wird dabei ein flächenbezogener gleichzeitig werden aber auch ansteigende oder auf ho- Grundbetrag festgelegt, der durch den Verzicht auf orga- hem Niveau verharrende Nitratgehalte sowie zunehmende nische Düngung begründet ist (oftmals je nach Tierbesatz Funde von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen im Grundwasser gestaffelt), und der durch freiwillige Leistungen wie Zwi- festgestellt, die einen Weiterbetrieb der Wasserversorgung schenfruchtanbau, mehrjährige Begrünung, Verzicht auf längerfristig gefährden können. Von möglichst unbelaste- problematische Pflanzenschutzmittelwirkstoffe etc. „aufge- tem Trinkwasser kann da noch gar nicht die Rede sein. stockt“ werden kann. Oftmals muss (oder müsste) dann das Wasserschutzge- Einen weiteren von uns bei geeigneten Bedingungen biet erweitert werden – eine Maßnahme, die alle betroffe- bevorzugten Ansatz stellt die ‚leistungsbezogene Kompo- nen Grundstücksbesitzer (nicht nur Landwirte!) mit Miss- nente’ der Prämierung niedriger Nitratgehalte im Boden vor trauen erfüllt, weil sie vielfache Reglementierungen und Beginn der Sickerwasserperiode dar. Bei der flächendecken- Wertverluste befürchten. Die kontroverse Debatte, die das den (in manchen Projekten nur partiellen) Nitratbeprobung Verfahren begleitet, führt oft zu verhärteten Fronten zwi- im Herbst wird der Nitratgehalt im Boden am Ende der Vege- schen den Beteiligten: schwierige Ausgangsbedingungen tationsperiode ermittelt. für die Umsetzung der Wasserschutz-Bestimmungen! Je nach Höhe der gemessenen Werte erfolgt eine Ho- norierung der grundwasserschonenden Wirtschaftsweise Nitratgehalt im Herbst als Maßstab (Nitratprämien bei niedrigen Werten). Bei erhöhten Werten Nachdem die entstehenden wirtschaftlichen Nachteile (mehr als z. B. 60 kg Nitrat-N pro Hektar) entfällt die Prämie. nach § 52 Abs. 5 des Wasserhaushaltsgesetzes (WHG) in Jeder beteiligte Landwirt erhält die Untersuchungs- Verbindung mit Art. 32 Satz 1 Nr.1 des Bayerischen Wasser- ergebnisse für seine Flächen und die entsprechende Ab- gesetzes (BayWG) auszugleichen sind, müssen Regelungen rechnung mit einem Informationsschreiben, in dem der getroffen werden, um die Ausgleichsleistungen festzule- Einfluss des Witterungsverlaufes, etc. bewertet wird. In gen. In vielen Fällen führt dies dazu, dass die Wasserversor- manchen Projekten wird auch noch ein Korrektur-Faktor 16 SUB 7/2018
Gewässerschutz 90 80 Nitratgehalt [kg N/ha] - flächengewichtet - 70 GEWÄSSER- SCHUTZ 60 50 40 30 20 10 0 1996 1997 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Ackerflächen 68,4 74,3 69,5 58,7 61,9 32,4 84,0 56,0 56,8 32,4 38,6 40,3 39,8 37,8 50,8 37,6 37,6 52,3 56,1 58,0 34,7 alle Flächen 61,1 52,5 56,4 30,6 76,1 49,6 51,1 29,9 33,3 34,9 34,1 33,4 44,0 32,4 33,2 47,6 49,7 50,8 32,0 Ackerflächen alle Flächen Trend Ackerflächen (3-Jahres-Mittel) → Abbildung: Langjährige Entwicklung der Nitratgehalte im Boden im Herbst in einem Wasserschutzgebiet in Nordbayern mit Prämierung niedriger Nitratwerte verwendet, um extreme Witterungseinflüsse abzumildern. über die Jahre hinweg grundsätzlich absenken ließ. Gleich- Bei sehr auffälligen Untersuchungsergebnissen kann eine zeitig werden auch die Auswirkungen ungünstiger Witte- Nachbeprobung erfolgen, um Analysefehler, etc. auszu- rungsbedingungen in einzelnen Jahren deutlich. Gegenüber schließen. der Ausgangssituation von ca. 70 kg Nitrat-N/ha konnte in Bei so manchem Landwirt mag die Lektüre schon zu ei- dem Beispiel das Niveau der Nitratwerte der Ackerflächen in nem ‚Aha-Erlebnis’ geführt haben: nicht nur, dass zu hohe witterungsbedingt normalen Jahren auf ca. 40 kg Nitrat-N/ha Aufwendungen für Dünger ungenutzt auf dem Feld liegen (und sogar darunter!) abgesenkt werden. Die Flächen in dem blieben, sondern auch noch mögliche Prämien verschenkt Gebiet werden überwiegend intensiv ackerbaulich genutzt. werden! Aufgrund der großen Bedeutung der Tierhaltung spielt die organische Düngung und deren Stickstoffverwertung eine Niedrige Nitratwerte sind möglich sehr bedeutende Rolle. Das gesamte Wasserschutzgebiet in- Die Abbildung zeigt, wie sich mit dieser langjährigen Strate- klusive der Engeren Schutzzone kann bisher mit Wirtschafts- gie das Nitrat-Niveau in einem Projektgebiet in Nordbayern düngern (Gülle und Gärreste) gedüngt werden. Infobox 1: Problembereiche Landwirtschaft und Grundwasserschutz und Lösungsansätze • Viehbesatz über 1,5 Großvieheinheiten pro Hektar mit zunehmenden N-Verlusten ins Grundwasser abnehmende Effizienz und Einschätzung der Wirkung der langjährig hohen organischen Düngung einkalkulieren; • Mais: oftmals hohe Nitratwerte standortbezogene N-Nachlieferung ausreichend bei Stickstoffdüngung berücksichtigen; • Kartoffeln: teilweise sehr hohe N-Düngung mit zusätzlich hoher Nitratfreisetzung bei und nach der Ernte Strategien entwickeln, den Stickstoff im „System“ zu halten, und erproben; • Gemüse und Sonderkulturen oftmals hohe bis sehr hohe Nitratwerte im Herbst, weil Stickstoff kein Kostenfaktor Bodenproben nach der Ernte, um zumindest ein Bewusstsein für die problematische Situation zu schaffen. SUB 7/2018 17
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