Komplikationen - Erfahrungen - Hilfen zur optimalen Betreuung

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DICKERHOFF, R. und A. VON RÜCKER:              Einleitung
Schwangerschaft bei Sichelzellkrankheit.
Komplikationen – Erfahrungen – Hilfen          In Deutschland leben etwa 1 000–1 500 Si-
zur optimalen Betreuung                        chelzellpatienten – vor allem aus der Tür-
                                               kei, Italien, Griechenland, Nord- und Zen-
tägl. prax. 51, 277–282 (2010)                 tralafrika, dem Mittleren Osten und Indien.
Hans Marseille Verlag GmbH München             Bei optimaler Versorgung erreichen heute
                                               80–85% aller Kinder mit Sichelzellkrank-
                                               heit das Erwachsenenalter (1–3).

                                               Da wir in Deutschland kein Neonatalscree-

                                                                                                          Blutkrankheiten
                                               ning für die Sichelzellkrankheit haben,

                                                                                                          Immunologie
                                               fehlen uns Mortalitätsstatistiken und da-

                                                                                                          Onkologie
                                               mit Zahlen zum Überleben unserer Pa-
                                               tienten – da aber auch in Deutschland die
Schwangerschaft                                Mortalität der Sichelzellpatienten im Kin-
                                               desalter gering ist, wird es in Zukunft im-
bei Sichelzellkrankheit                        mer mehr erwachsene Sichelzellpatienten
                                               geben (4).
Komplikationen – Erfahrungen –
Hilfen zur optimalen Betreuung
                                               Pathophysiologie

R. DICKERHOFF und A. VON RÜCKER
                                               Der Sichelzellkrankheit liegt das pathologische
                                               Hämoglobin S (HbS) zugrunde. Es macht bei den
                                               klinisch relevanten Formen der Erkrankung im-
Universitäts-Kinderklinik Düsseldorf
                                               mer ⬎50% des Hämoglobin aus. HbS ist das Pro-
und Institut für Pathologie der Universität
                                               dukt einer Punktmutation auf Chromosom 11 im
Bonn
                                               ␤-Globin-Lokus, die zu einem Ersatz der Amino-
                                               säure Glutamat durch Valin an 6. Stelle der ␤-Ket-
                                               te führt. Das pathologische HbS bleibt nach De-
                                               oxygenierung n i c h t, wie HbA oder HbF, in Lö-
                                               sung, sondern p o l y m e r i s i e r t mit anderen
                                               HbS-Molekülen. Diese Polymere bilden lange,
                                               starre Stränge, die dem Erythrozyten eine Form
                                               aufzwingt, die an eine Sichel erinnert (Abb.1). Bei
                                               Sauerstoffaufnahme in der Lunge ist die Sichel-
                                               bildung reversibel.

                                               Nach mehrfacher Formänderung ist die Erythro-
                                               zytenmembran so geschädigt, dass es nach etwa
                                               10–12 Tagen zum Untergang der Zelle kommt –
                                               dabei spielen sich zwei Drittel der Hämolyse extra-
                                               vasal (Milz, Leber, Knochenmark) ab, ein Drittel
                                               intravasal.

                                               Die starre, spitze Form der Sichelzellen, deren pa-
                                               thologische Oberflächeneigenschaften und des-
                                               halb ihr Haftenbleiben am Endothel sind nur eini-
Sichelzellkrankheit – Schwangerschaft –        ge der Faktoren, die zur Va s o - O k k l u s i o n, dem
Geburtsmodus – pränatale Diagnostik – Trans-   für die Sichelzellkrankheit charakteristischen Er-
fusionen – Kontrazeption                       eignis, führen (5).

                                                                                                  277
Symptomatik – Erscheinungsformen                 zygote Sichelzellkrankheit HbSS und die
                                                                   compound-heterozygoten Sichelzellkrank-
                  Die Kennzeichen aller Sichelzellkrankhei-        heiten HbS ␤0Thal und HbSD. Die Sichel-
                  ten sind rezidivierende Vaso-Okklusionen,        zellkrankheiten HbSC, HbS Lepore und
                  chronische hämolytische Anämie und ein           HbS ␤+Thal haben meist einen milderen
                  erhöhtes Infektionsrisiko durch den schon        Verlauf.
                  in den ersten Lebensjahren entstehenden
                  Funktionsverlust der Milz. Die klinische         Es gibt keine »heterozygote Sichelzell-
                  Symptomatik im K i n d e s a l t e r ist ge-     krankheit«. Heterozygote HbS-Träger sind
                  kennzeichnet durch akute Ereignisse wie          gesund, sie haben eine normale Lebens-
Onkologie
Immunologie
Blutkrankheiten

                  Schmerzepisoden, das akute Thoraxsyn-            erwartung und keine Probleme in der
                  drom (ATS), Milzsequestration, ZNS-In-           Schwangerschaft. Die einzige Krankheits-
                  farkte und aplastische Episoden bei Par-         manifestation bei etwa 4% der HbS-Träger
                  vovirus-B19-Infektionen, während sich bei        ist eine schmerzlose Hämaturie durch Pa-
                  E r w a c h s e n e n zusätzlich zu akuten Er-   pillennekrosen (9).
                  eignissen noch chronische Organschäden
                  (pulmonal, kardial, renal, ossär) entwi-
                  ckeln (6–8).                                     Krankheitsmanifestationen
                                                                   in der Schwangerschaft
                  Es gibt mehrere Formen der Sichelzell-
                  krankheit, je nachdem, ob die Mutation,          Die Fertilität ist bei Sichelzellpatientinnen,
                  die zur Bildung von HbS führt, in homozy-        im Gegensatz zu männlichen Patienten,
                  goter Form vorliegt (HbSS), oder ob von ei-      normal. Der Pessimismus, der früher in
                  nem Elternteil das HbS, vom anderen aber         Bezug auf Schwangerschaft bei Sichelzell-
                  eine andere klinisch relevante ␤-Globin-         krankheit herrschte, ist seit langem nicht
                  Mutation (␤-Thalassämie, HbC, HbD, Hb            mehr angebracht (10–12). Ereignisse wie
                  Lepore) vererbt wurde. Die am schwers-           Schmerzepisoden, akutes Thoraxsyn-
                  ten verlaufenden Formen sind die homo-           drom und Harnwegsinfekte (HWI) können

                                                                                      Abb.1
                                                                                      Blutausstrich
                                                                                      bei Sichelzellkrankheit mit
                                                                                      typischen Sichelzellen

                  278
Tab. 1
 39 Schwangerschaften bei           Phänotyp                                   HbSS       HbS-␤-        HbSC
  28 Sichelzellpatientinnen                                                               Thalassämie
 aus dem Verlaufsbeobach-                                                      (n ⴝ21)    (n ⴝ4)        (n ⴝ3)
   tungsregister 1987–2008

              * 7. Lebenstag        Spontaner/therapeutischer Abort             2/1       2/1           0
                                    Frühgeburt ⬍30. SSW                         1         0             0
                                    Zwillinge 32. SSW                           1         0             0
                                    Sectio                                     15         0             0
                                    Neugeborenes 37.–40. SSW                   21         3             3
                                    Frühgeborenes 30.–37. SSW                   4
                                    Mütterliche Mortalität                      0         0             0
                                    Kindliche Mortalität                        1*        0             0

in der Schwangerschaft häufiger auftre-                   Abort- und Frühgeburtshäufigkeit;
ten, sind aber bei guter Betreuung be-                    Mortalität
herrschbar; die Anämie kann ausgepräg-
ter sein und zu Symptomen führen.                         In allen Kollektiven schwangerer Sichel-
                                                          zellpatientinnen, über die in den letzten
In kleineren Studien mit schwangeren Sichelzell-          20 Jahren berichtet wurde, war die müt-
patientinnen (n⫽100–400) werden thromboembo-              terliche Mortalität niedriger als in den
lische Ereignisse als Risiko n i c h t erwähnt (11–13).   Jahren vor 1972. Vor 1972 lag sie bei 4,1%
Über Thrombosen und Lungenembolien wird le-               (10), ab den 1980er-Jahren bei ~ 2% (10,
diglich in einer Studie von VILLERS (14) berichtet,       12) bzw. bei 0% (13 [eigene Daten]).
in der ~ 18 000 Schwangerschaften bei Sichelzell-
patientinnen in etwa 1 000 amerikanischen Klini-          Die kindliche Mortalität, die hauptsächlich
ken ausgewertet wurden. Eine Sichelzellkrankheit          von der Güte der pränatalen Versorgung
zu haben ist laut dieser Studie nur ein Thrombo-          abhängt, hat ebenfalls abgenommen. Die
embolie-Risikofakter von vielen (wie z. B. Adipo-         Rate der Totgeburten bzw. perinataler To-
sitas, Thrombophilie, Antiphospholipidsyndrom,            desfälle ist seit der Zeit vor den 1970er-
Thrombose in der Anamnese). Frauen afrikani-              Jahren von 21% (10) auf 8–10% (12, 13)
scher Abstammung haben ein höheres Throm-                 bzw. 2,5% (eigene Daten) (Tab. 1) zurück-
boserisiko als Asiatinnen oder Kaukasierinnen.            gegangen. In den Patientenkollektiven aus
Bei schwangeren afroamerikanischen Sichelzell-            Jamaica (12) bzw. den USA (13) hatten
patientinnen lag die Thromboseinzidenz bei ~ 1%           etwa 20% der schwangeren Sichelzellpa-
(14, 15).                                                 tientinnen keine pränatale Betreuung.

Es gibt keine Empfehlungen zur routine-                   Angaben über die Rate spontaner Aborte
mäßigen Antikoagulation in der Schwan-                    schwanken, je nachdem, ob der Verlauf
gerschaft bei Sichelzellpatientinnen (16).                der gesamten Schwangerschaft (12) oder
Präeklampsie, Eklampsie, arterieller Hoch-                erst die Zeit ab dem 2. Trimenon (11) er-
druck und peripartale Blutungen sind bei                  fasst wurde. In einem Kollektiv schwange-
Sichelzellpatientinnen nicht häufiger als                 rer Frauen in Jamaica, die von Geburt an
bei Gesunden (12,13).                                     (Neonatalscreening) in einer Verlaufsstu-

                                                                                                 279
die beobachtet wurden, lag die Rate der              Schwangerschaft bei einer Sichelzellpa-
                  Spontanaborte vor und nach der 12. SSW               tientin festgestellt, die Hydroxycarbamid
                  bei 36% (12). In einer Studie mit 445 Si-            nimmt, muss das Medikament s o f o r t
                  chelzellschwangerschaften (19 Kliniken in            abgesetzt werden. Auch eine Chelat-The-
                  den USA) betrug die Rate der Spontan-                rapie bei eisenbeladenen Sichelzellpatien-
                  aborte nach der 12. Woche 6,5%. Die Früh-            tinnen muss vor der Konzeption abgesetzt
                  geburtsrate (⬍37. Woche) in diesem Kol-              werden. Möglichst früh in der Schwanger-
                  lektiv war 30% bei HbSS; bei HbSC-Patien-            schaft sollte (wenn nicht schon vorher be-
                  tinnen waren es 17%.                                 kannt) ermittelt werden, ob der Partner
                                                                       Träger einer klinisch relevanten ␤-Globin-
Onkologie
Immunologie
Blutkrankheiten

                  In fast allen Berichten über Schwanger-              Mutation ist (HbS, HbD, HbC, HbS Lepore,
                  schaften bei Sichelzellpatientinnen wer-             ␤-Thalassämie), um den Eltern im Falle
                  den als mittlere Schwangerschaftsdauer               der Trägerschaft des Vaters p r ä n a t a l e
                  36–37 Wochen angegeben (11,12). Das Ge-              D i a g n o s t i k anbieten zu können (17).
                  burtsgewicht der Kinder von Sichelzellpa-            Auch deutsche Partner müssen getestet
                  tientinnen ist dementsprechend niedriger.            werden, da es auch unter diesen hetero-
                  Es scheint umgekehrt proportional zu sein            zygote ␤-Thalassämieträger gibt. Schwan-
                  zu der Zahl der Ereignisse (Schmerzepiso-            gere Sichelzellpatientinnen sollten dop-
                  den, ATS, HWI) in der Schwangerschaft                pelt so häufig zu Kontrollen gehen als ge-
                  (12).                                                sunde Frauen. Besonderer Wert ist auf Ge-
                                                                       wicht, Blutdruck und Harnstatus zu legen.
                  Die einzigen Gründe, einer Sichelzellpa-             Auch eine asymptomatische Bakteriurie
                  tientin von einer Schwangerschaft abzu-              sollte antibiotisch behandelt werden.
                  raten, sind schwere neurologische Defizite
                  nach durchgemachtem ZNS-Ereignis oder                Bei S c h m e r z e p i s o d e n können (ent-
                  eine chronische pulmonale, kardiale bzw.             sprechend der international üblichen 3-
                  renale Insuffizienz.                                 Stufen-Einteilung der WHO) die gleichen
                                                                       Analgetika eingesetzt werden wie vor der
                                                                       Schwangerschaft. Das bedeutet: Leichte
                                                                       Schmerzen werden mit leichten Schmerz-
                  Eigene Erfahrungen in Deutschland
                                                                       mitteln (Stufe I: Novalgin, Ibuprofen, PCM),
                                                                       mittelschwere Schmerzen mit einer Kom-
                  Von den seit 1987 in einer deutschen Verlaufsstu-    bination aus Stufe I und Stufe II (Tramadol,
                  die (die anfänglich rein pädiatrisch war) regis-     Codein) und schwere Schmerzen mit ei-
                  trierten 590 Sichelzellpatienten hatten 28 Patien-   ner Kombination von Stufe I und III (Opia-
                  tinnen 39 Schwangerschaften (Tab. 1). Von diesen     te) behandelt.
                  Schwangerschaften wurden uns lediglich »unge-
                  wöhnliche Ereignisse« mitgeteilt (über Präeklamp-    Eine Ausnahme sind NSAR, die zum Zeit-
                  sie, Eklampsie und Infektionen wurde uns nichts      punkt der Konzeption und im letzten Tri-
                  berichtet). Die Zahl der Frühaborte konnte nicht     menon wegen der Gefahr von Aborten
                  dokumentiert werden. Bei einer Patientin kam es      nicht genommen werden dürfen (18, 19).
                  während der 1. Schwangerschaft zum akuten Nie-       Novalgin und Paracetamol als Analgetika
                  renversagen, das beherrscht werden konnte. Ihre      der Stufe I sind erlaubt. Morphin ist k e i n
                  weiteren 3 Schwangerschaften verliefen ohne          Risiko für das Kind.
                  wesentliche Komplikation. Es gab keine mütterli-
                  che Mortalität. Ein sehr unreifes Frühgeborenes      Ein akutes Thoraxsyndrom (ATS) wird be-
                  (28. SSW) verstarb am 7. Lebenstag.                  handelt wie bei einer Nicht-Schwangeren
                                                                       (8, 20). Beim ATS handelt es sich um eine
                                                                       für die Sichelzellkrankheit spezifische pul-
                  Betreuung in der Schwangerschaft                     monale Krankheitsmanifestation, die ge-
                                                                       kennzeichnet ist durch Thoraxschmerzen,
                  Sichelzellpatientinnen sollten vor einer             Tachypnoe, Dyspnoe, Fieber, eine sich
                  geplanten Schwangerschaft Hydroxycar-                rasch entwickelnde Verschattung im Rönt-
                  bamid a b s e t z e n. Wird eine ungeplante          genbild (mit und ohne Atelektasen bzw.

                  280
Erguss), Hypoxie und Husten. Das ATS             Vor der Entlassung sollte die K o n t r a -
entwickelt sich oft während oder nach            z e p t i o n besprochen werden. Die intra-
einer Schmerzepisode oder perioperativ           uterine Spirale (Infektionsgefahr, starke
bei nicht ausreichender Überwachung der          Periodenblutungen) sollte n i c h t verwen-
Vitalparameter.                                  det werden, ansonsten sind sowohl Kom-
                                                 binations- als auch reine Gestagenpräpa-
Homozygote und HbS ␤0Thal-Patienten              rate erlaubt. Unter Depot-Medroxy-Pro-
haben im freien Intervall (durchaus tole-        gesteron-Acetat haben viele Patientinnen
rierbare) Hämoglobinwerte von 6–8 g/dl;          weniger Schmerzepisoden (23).
bei HbS ␤0Thal-Patienten liegen die Werte
bei 8–10 g/dl, HbSC-Patienten können Hb-

                                                                                               Blutkrankheiten
Werte von 11–12 g/dl haben. Indikationen         Leitsätze zur Betreuung

                                                                                               Immunologie
zur Transfusion sind ein ATS oder eine           schwangerer Sichelzellpatientinnen

                                                                                               Onkologie
symptomatische Anämie.
                                                 䡩 Es gibt nur wenige Kontra-
Regelmäßige Transfusionen während der              indikationen für eine Schwangerschaft
Schwangerschaft verbessern nicht die Si-           bei Sichelzellkrankheit.
tuation des Kindes (21). Sie sind indiziert      䡩 Frühzeitige Untersuchung des Partners
bei Frauen, die einen sehr komplikations-          auf ␤-Globin-Mutationen; eventuell
reichen Verlauf vor der Schwangerschaft            Angebot der pränatalen Diagnostik.
hatten (z. B. häufige schwere Schmerzepi-        䡩 Doppelt so häufige Untersuchungen
soden oder mehrere ATS).                           in der Schwangerschaft im Vergleich zu
                                                   gesunden Frauen.
Bei Sichelzellpatientinnen wird eine Anti-       䡩 Schmerzkrisen behandeln wie vorher
koagulation während der Schwangerschaft            (Ausnahme: NSRA).
n i c h t empfohlen.                             䡩 Transfusionen helfen der Mutter, aber
                                                   nicht dem Kind. Strenge Indikation!
                                                 䡩 K e i n Betamethason zur Lungen-
Eindringlich g e w a r n t werden muss vor
                                                   reifung.
der Gabe von Steroiden zur Lungenrei-
                                                 䡩 Über den Geburtsmodus entscheidet
fung. Steroide – unabhängig davon, bei
                                                   der Geburtshelfer.
welcher Indikation sie Sichelzellpatienten
gegeben werden – führen, wahrscheinlich
durch die reaktive Granulozytose, sehr
                                                 Zusammenfassung
häufig zu schwersten Schmerzkrisen (22).
                                                 Die meisten Kinder mit Sichelzellkrankhei-
                                                 ten erreichen heute das Erwachsenen-
Perinatale Betreuung                             alter. Da Sichelzellpatientinnen eine mit
                                                 Gesunden vergleichbare Fertilität haben,
Der Geburtsmodus ist nach geburtshilf-           werden wohl auch in Deutschland immer
lichen Aspekten zu wählen. Zu vermeiden          mehr schwangere Sichelzellpatientinnen
sind Dehydrierung, Unterkühlung, Hypo-           in Frauenarztpraxen und in Kliniken kom-
xie und Azidose. Eine epidurale Anästhe-         men. In den letzten Jahren hat sich durch
sie ist möglich. Bei einer Sektio ist eine re-   Fortschritte in Diagnostik und Therapie
gionale Anästhesie einer Vollnarkose vor-        die Prognose sowohl für die Mutter als
zuziehen.                                        auch für das Kind erheblich verbessert. Es
                                                 gibt nur sehr wenige Gründe, einer Sichel-
Nach einer Sektio wird eine Antikoagula-         zellpatientin von einer Schwangerschaft
tion über 6 Wochen empfohlen (16). Jede          abzuraten. Zu einem guten Ausgang der
Frau muss für mindestens 48 Stunden              Schwangerschaft ist eine Zusammenar-
nach der Entbindung überwacht werden.            beit von Geburtshelfer und einem Kenner
Um postpartale Thrombosen zu vermei-             der Sichelzellkrankheit und ihrer Manifes-
den, sollte die Mutter möglichst bald auf-       tationen (Hämatologen bzw. Internisten)
stehen und sich bewegen.                         unerlässlich.

                                                                                        281
DICKERHOFF, R. and A. VON RÜCKER: Pregnancy in                11. Smith JA, et al. Pregnancy in sickle cell disease:
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                                                                                12. Serjeant GR, et al. Outcome of pregnancy in homo-
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                  disease reach adulthood. Women with sickle cell               1278–1285.
                  disease have normal fertility, therefore obstetri-            13. Mou Sun P, et al. Sickle cell disease in pregnancy:
                  cians in private practice and on obstetric wards in           Twenty years of experience at Grady Memorial Hospi-
                  Germany will see more and more pregnant sickle                tal, Atlanta, Georgia. Am J Obstet Gynecol 2001; 184:
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Onkologie
Immunologie
Blutkrankheiten

                  during the last years has improved outcome of                 14. Villers MS, et al. Morbidity associated with sickle
                  pregnancy considerably. There are very few                    cell disease in pregnancy. Am J Obstet Gynecol 2008;
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                  co-operation between the obstetrician and a per-              factors, and mortality. Am J Obstet Gynecol 2006; 194:
                  son who is familiar with sickle cell disease and its          1311–1315.
                  manifestations is crucial.                                    16. Standards for the clinical care of adults with sickle
                                                                                cell disease in the UK (www.sicklecellsociety.org/Care
                  K e y w o r d s : Sickle cell disease – pregnancy –           Book.pdf).
                  prenatal diagnosis – transfusion – contraception              17. Dickerhoff R, Kulozik AE, Kohne E. Betreuung von
                                                                                Schwangeren aus Risikoländern mit Sichelzellerkran-
                                                                                kungen und Thalassämien. Geburtsh Frauenheilkd
                                                                                1993; 53: 215–221.
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                  Diagnostik und Therapie. DMW 2007; 132: 103–107.
                                                                                Abteilung Hämatologie/Onkologie
                  8. Leitfaden zur Behandlung der Sichelzellkrankheit
                                                                                K4 Ambulanz
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                                                                                Kinderklinik der Universität Düsseldorf
                  9. Dickerhoff R, von Ruecker A, Kohne E. Heterozygote
                                                                                Mohrenstraße 5
                  Hämoglobin-S-Anlage. Dtsch Ärztebl 2000; 97: 2–4.
                                                                                40225 Düsseldorf
                  10. Powars DR, et al. Pregnancy in sickle cell disease.
                  Obstet Gynecol 1986; 67: 217–228.                             roswitha.dickerhoff@uni-bonn.de

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