Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.

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Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Schwesternbrief
der Johanniter-Schwesternschaft e. V.

Ausgabe März 2021

Liebe Johanniterschwestern,
gern hätte ich Sie wie immer mit diesem Oster-
brief nach Nieder-Weisel eingeladen, um mitein-
ander den Ernennungsgottesdienst zu feiern,
interessanten Fortbildungsstoff zu diskutieren
und eine Mitgliederversammlung abzuhalten.
Die Pandemieentwicklung macht das nötig, was
Pflegende alle gut geübt haben und können:
den Plan anzupassen!
1. Professor Ulrich Körtner wird wie geplant am
   26. Mai 2021 seine Fortbildung zur Pflegeethik
   für uns halten – nur im Online-Format. Die Ein-
   ladungen hierzu mit den Einwahldaten gehen
   Ihnen allen rechtzeitig zu.
2. Der Herrenmeister hat zugestimmt, den Er-
   nennungsgottesdienst zu einem späteren
   Zeitpunkt als im Mai zu planen, damit wir alle    Durch Mutterschutz, Krankheit und Unfall war das
   sicher und in entspannter Atmosphäre feiern       Büro der Schwesternschaft in Berlin zeitweilig ver-
   können. Zum jetzigen Zeitpunkt kann ich noch      weist. Monika Eilhardt und Ramona Schumacher
   keinen Termin nennen, wir werden Sie aber         haben die Lücke gefüllt. Die Hilfsbereitschaft der
   rechtzeitig informieren.                          Regionalschwestern, vieler Johanniterschwestern
3. Die üblichen Rechenschaftsberichte zur Mit-       und unserer Freunde ist so groß, dass bislang die-
   gliederversammlung werden wir schriftlich         ser „Stresstest“ positiv ausgegangen ist. Euch allen
   vorlegen. Alle Verwaltungsratsmandate sind        ein großes Dankeschön für alles Engagement Auf-
   um ein Jahr verlängert, so dass wir die Wahlen    gaben zu übernehmen!
   zum Verwaltungsrat 2022 abhalten werden.          Die Beiträge des Schwesternbriefes zeigen, wie
                                                     kompetent, kreativ und aktiv die Mitglieder sind –
                                                     eben eine starke Gemeinschaft!
                                                     Uns allen wünsche ich frohe Ostern!
                                                     Ihre Andrea Trenner

                                                                             1   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Hoffnung verändert
In diesem Jahr fällt es schwer den Blick auf Ostern     salben. Ein Trauerweg, der nicht leicht fällt, aber
zu richten, die Passion will uns nicht loslassen.       helfen kann. So wie auch viele Menschen jetzt
Noch immer Maske, Abstand, Angst und Sorge um           sich Gedanken machen, um auch auf Abstand für
die Gesundheit, eingeschränktes Leben. Vielleicht       andere da zu sein.
verstehen wir die Frauen um Jesus und seine Jün-        Doch was Maria, Maria von Magdala und Salome
ger besser als sonst wie sie in ihrer Trauer verstört   als Erste erleben, ist etwas ganz anderes. Der weg-
dasaßen. Jesus war tot. Ihre Lebensfreude, der Auf-     gewälzte Stein, das leere Grab und die Botschaft
bruch, das gute andere Leben mit ihm war durch-         „Jesus ist nicht hier, er ist auferstanden“, das alles
kreuzt. Nichts machte mehr Sinn.                        bringt sie völlig durcheinander. Zitternd und ent-
Und die Angst war da: Was wird aus uns? Wie geht        setzt laufen sie weg. Dabei sollen sie die frohe
es weiter?                                              Botschaft doch weitertragen.
Kreisende Gedanken, wie Trauernde sie kennen und        Ich finde es tröstlich, dass die biblischen Berichte
wie sie viele Menschen in den dunklen, einsamen         von der Auferstehung (z.B. Markusevangelium
Tagen dieses Winters im Lockdown bewegt haben.          Kap. 16) nicht als glatte Erfolgsgeschichten erzählt
Künstler, die keine Möglichkeit haben aufzutreten       sind, so als könnte man den Hebel umlegen von
und damit kein Einkommen haben, Geschäftsleute,         Trauer auf Freude.
denen zwischen den Fingern zerrinnt, was sie sich       Es braucht Zeit und es braucht jemanden, der sie
mühsam über Jahre aufgebaut haben, Angehörige,          einem sagt, immer wieder, immer neu, um sie
die einen geliebten Menschen im Krankenhaus nicht       erfahren und begreifen zu können die gute Nach-
besuchen dürfen, Schwestern, Pfleger im Dauerein-       richt von Ostern:
satz, Eltern, die keine Kraft mehr haben zu gleich-     Jesus lebt, der Tod hat nicht das letzte Wort, neues
zeitigem Homeoffice und Homeschooling der Kin-          Leben wird uns geschenkt in Christus durch die
der, Jugendliche, die sich abgehängt fühlen und         Liebe und die Barmherzigkeit Gottes. Darauf dür-
unter Einsamkeit leiden genauso wie alte Menschen,      fen wir vertrauen, das ist unser Glaube und eine
die ganz allein sind und kaum noch Möglichkeiten        Hoffnung, die Mut macht und verändert – gerade
haben andere zu treffen.                                in diesem Jahr.
Und immer die Frage: Was wird aus uns? Wie geht         Ich wünsche Ihnen eine gesegnete und erfüllte
es weiter?                                              Osterzeit!
Drei Frauen lösen sich aus der Erstarrung, sie ste-
hen auf, wollen etwas tun, wenigstens einmal raus-      Ihre Johanniterschwester und
gehen um Jesus die letzte Ehre zu erweisen, ihn         Pastorin Lore Julius

2   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Psychische Belastungen während
der Corona-Pandemie
Wie Pflegekräfte und Bewohnerschaft diese Krise bewältigen

Gegenwärtig bestimmt die weltweite Verbreitung       Pfarrerin oder ein Musiknachmittag mit Alleinun-
des Coronavirus in ihren verschiedenen Varianten     terhalter/-in, untersagt. Gemeinschaftsaktivitäten
die Berichterstattung in den Medien. Fast jeden      innerhalb der Einrichtungen wurden zurückgefah-
Tag erscheinen neue Erlasse und Verordnungen,        ren, nur noch Begegnungen möglichst gleichblei-
die nicht nur Auswirkungen auf das Leben jedes       bender Gruppen von Bewohnenden und Mitarbei-
einzelnen haben, sondern besonders starke Ein-       tenden waren möglich. Viele Beschäftigte in den
schränkungen für die Bewohner der stationären        Einrichtungen finden sehr kreative Mittel und Wege,
Pflegeeinrichtungen bedeuteten. Plötzlich stehen     um den Bewohnenden der Einrichtung dennoch
nicht mehr die Lebensqualität und die Pflegeein-     den Kontakt zur Außenwelt und etwas Abwechs-
richtung als neuer Wohnort im Mittelpunkt aller      lung zu ermöglichen. So werden technische Mög-
Bemühungen, sondern der Infektionsschutz.            lichkeiten wie Videoanrufe genutzt, aber auch
Die Eindämmung der Pandemie und der Schutz           musikalische Angebote vor Fenstern und Balko-
der Bewohner/-innen und Mitarbeiter/-innen vor       nen bis hin zur Mitmachgymnastik und Gottes-
einer möglichen Infektion mit dem SARS-Covid-19-     diensten im Innenhof schafften ein klein wenig
Virus verändern den Arbeits- und Lebensalltag        Abwechslung. Geistig rüstige Bewohner/-innen
der Betroffenen enorm. Dies führt zu einer deut-     können die Notwendigkeit der getroffenen Maß-
lich gestiegenen psychischen Belastung aller und     nahmen häufig nachvollziehen und freuen sich
kann nur im Team gemeistert werden.                  über die gebotenen Möglichkeiten zur Kontaktauf-
                                                     nahme und Freizeitgestaltung.
Innerhalb weniger Wochen seit Beginn des Jahres      Einige von ihnen äußern sich auch explizit dazu,
2020 breitete sich das Coronavirus weltweit aus.     dass sie sich auf Grund der getroffenen Schutz-
Manche Krankheitsverläufe scheinen so mild bis       maßnahmen sicher fühlen und begrüßen diese.
symptomlos zu verlaufen, dass eine Erkrankung        Da es ihnen allen gleich ginge, sei dies eben ge-
nicht bemerkt wird, andere Menschen erkranken        recht und notwendig. Tägliche Informationen aus
dagegen so schwer, dass eine mehrwöchige Be-         Nachrichtenmeldungen über Ausbrüche in Kran-
atmung auf Intensivstationen erforderlich ist oder   kenhäusern und Pflegeeinrichtungen zeigen die
die Patienten/Patientinnen versterben.               Gefahren durch das Coronavirus und seine mittler-
Politische Maßnahmen wie mehrmalige Lockdowns        weile mutierten Varianten. Die Sorge um eine
für ganz Deutschland verändern von einem Tag         Erkrankung mit möglicherweise schweren Folgen,
auf den anderen das Leben der gesamten Bevölke-      da man selbst zur Risikogruppe zählt, lässt das
rung. Schulen, Kindergärten, Sport- und Freizeit-    Kontakt- und Besuchsverbot erforderlich erschei-
einrichtungen sowie ein Großteil des Einzelhandels   nen.
wurden immer wieder für mehrere Wochen ge-           Sind Besuche in begrenztem Umfang erlaubt, steigt
schlossen, ein Kontaktverbot außerhalb der Kern-     die Sorge davor, das Virus könnte in die Einrichtung
familie verhängt. In den Krankenhäusern und          eindringen. Seit November 2020 stehen den Pflege-
Pflegeeinrichtungen herrscht teilweise ein absolu-   einrichtungen Point-of-Care-Tests (POCT) in zuneh-
tes Besuchsverbot vor.                               mender Anzahl zur Verfügung, um jeden auf das
                                                     Coronavirus testen zu können. Bieten diese Tests
Alltag unter Corona in der Pflegeeinrichtung         zum einen natürlich eine große Chance, um wieder
Doch der Alltag in den Pflegeeinrichtungen verän-    mehr Kontakte zuzulassen, fehlt es an vielen Stel-
derte sich nicht nur durch das absolute Besuchs-     len am notwendigen Personal, um häufig mehrere
verbot, welches nur noch medizinisch notwendige      hundert Tests in der Woche durchzuführen. Der
oder ethisch gebotene Besuche, zum Beispiel im       Einsatz der Bundeswehr sowie ein Freiwilligenre-
Rahmen der Sterbebegleitung, erlaubte. Vielmehr      gister, welches vom Bund dafür geschaffen wurde,
wurden jegliche Freizeitaktivitäten mit externer     sollen die Einrichtungen dabei unterstützen, aus-
Beteiligung, sei es ein Gottesdienst mit Pfarrer/    reichend Testpersonal zu finden. Dennoch bedeu-

                                                                             3   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
tet die Durchführung der POC-Tests eine weitere,
große Herausforderung und Aufgabe für die Pfle-
geeinrichtungen, zumal sich die entsprechenden
Verordnungen, quasi im Wochentakt, verändern.

Was bedeutet die Krise für Bewohner/-innen
mit kognitiven Beeinträchtigungen?
Viel schwerer scheinen die Folgen aber für die
vielen Bewohner/-innen der Pflegeeinrichtungen
zu sein, welche an kognitiven oder psychischen
Beeinträchtigungen leiden. Diese Personengrup-
pe, welche in der Regel mindestens die Hälfte der
Bewohnerschaft in Altenpflegeeinrichtungen aus-
macht, versteht die veränderten Abläufe und die
damit verbundenen Einschränkungen nicht und
kann diese nicht nachvollziehen. Diese Menschen
vermissen den Kontakt zu vertrauten Familienan-
gehörigen, sie wundern sich, warum die sie um-
gebenden Personen plötzlich mit Mundschutz bei
ihnen stehen, so dass sie Emotionen nicht oder
deutlich schwerer erkennen können. Sie verstehen
nicht, warum Mahlzeiten und Tagesabläufe sich
verändert haben und es deutlich weniger Gemein-      noch als ein freundliches Wort scheint aktuell
schaftserlebnisse gibt. Ehepartner/-in und Kinder    eine Umarmung oder das Halten der Hand, ob-
befürchten zu Recht, dass Angehörige mit fortge-     wohl doch gerade überall von „Social Distancing“
schrittener Demenz sie nach der wochenlangen         gesprochen wird. Gerade in diesen Zeiten wird
Zwangstrennung nicht mehr erkennen und zuord-        deutlich, dass Pflege ohne menschliche Kontakte
nen können. Technische Hilfsmittel wie Video-        und Berührungen nicht möglich und auch nicht
telefonie lassen für diesen Personenkreis oft das    erstrebenswert ist. Eine wichtige Aufgabe gegen-
Erkennen der vertrauten Personen nicht zu, auch      über der Bewohnerschaft und Angehörigen ist es
wenn Mitarbeiter/-innen diese Angebote begleiten.    auch, Sicherheit in der aktuellen Situation zu ver-
Basale Möglichkeiten des Kontaktes, ein vertrauter   mitteln, die man vielleicht selbst gerade gar nicht
Geruch, eine bekannte Geste oder Berührung las-      empfindet.
sen sich nicht per Internet oder Telefonleitung
übertragen. Pflegende beobachten teilweise eine      Anregungen für den Arbeitsalltag
zunehmende Unruhe bei diesen Menschen, gera-         Die Corona-Krise bringt das Pflegepersonal nicht
de zu den Zeiten eines geänderten Tagesablaufs,      nur psychisch an seine Belastungsgrenze, son-
wenn also zum Beispiel der vertraute Besuch am       dern auch physisch. Weil wichtige Therapien wie
Nachmittag ausbleibt. Andere Bewohner/-innen         Logopädie und Physiotherapie nicht stattfinden
ziehen sich mehr und mehr zurück, depressive         dürfen, beobachten Pflegekräfte, wie es den Be-
Stimmungen verstärken sich. Im Extremfall ver-       wohnern auch ohne akute Erkrankung täglich
lässt sie der Lebensmut, die Nahrungs- und Flüs-     schlechter geht. Besorgte Angehörige und Freun-
sigkeitsaufnahme reduziert sich immer mehr, der      de rufen verstärkt beim Pflegepersonal an, um
Allgemeinzustand verschlechtert sich zunehmend.      Informationen über bestimmte Bewohner/-innen
Alle Menschen und damit auch alle in Pflegeein-      zu erhalten. In dieser Situation ist es wichtig zu
richtungen wohnende, ob kognitiv eingeschränkt       reflektieren, dass dies alles den äußeren Um-
oder nicht, haben ein Bedürfnis nach körperlicher    ständen geschuldet ist und niemand damit das
Nähe, Vertrautheit und Zugewandtheit. Schränkte      Personal verärgern möchte. Wenn es gelingt, hier
das Kontaktverbot alle Menschen hier stark ein,      den Standpunkt zu wechseln, wird die persönliche
wurden die Pflegekräfte für die Bewohnerschaft       Schlüsselposition klar. Die Pflegekräfte sind aktu-
der Pflegeeinrichtungen zu den einzigen realen       ell die einzigen, die den Menschen in den Pflege-
Kontaktpersonen. Nicht verwunderlich ist daher,      einrichtungen noch helfen können und dürfen.
dass viele Pflegende ein erhöhtes Bedürfnis nach     Dies zeigt die Bedeutung der Pflegenden gerade
körperlicher Zuwendung und Nähe bei den zu ver-      in diesen Wochen. Manch einer empfindet dies
sorgenden Menschen bemerkten. Viel wichtiger         als Aufwertung und freut sich über die Anerken-

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nung, die aktuell auch durch die Politik und die     außen statt Unterstützung mehr Druck ausgeübt
Gesellschaft dem Personal im Gesundheitswesen        wird, sinkt oft die Selbstzufriedenheit. Kleine Auf-
gezeigt wird. Andere empfinden diese Last der        merksamkeiten wie das „Mood-Board“ oder ein
Verantwortung als sehr groß und drohen, daran        Korb voller Leckereien für die Pflegenden von der
zu zerbrechen.                                       Geschäftsführung können hier unterstützend wir-
Eine außerordentliche psychische Belastung, wel-     ken. Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung
che die Pflegekräfte jetzt gerade erleben, muss      des Pflegepersonals ist eine Telefonhotline zu
geübt werden. Es gilt, sich konkret klarzumachen,    Psychologen/Psychologinnen, an die sich die Mit-
was auf einen zukommt und warum. Dies bedeu-         arbeitenden anonym und kostenlos wenden kön-
tet auch die Auseinandersetzung mit der Situation,   nen. Die Psychologen/Psychologinnen hören zu,
dass sich Covid-19-Infektionen vielleicht zunächst   geben Tipps
unbemerkt in der eigenen Einrichtung ausbreiten      zur Entspannung sowie zur vorsorglichen Stabi-
und einige Bewohner/-innen daran versterben          lisierung, vermitteln aber auch Kontakte und
könnten. Wegen einer häufig tiefen Verbundenheit     Therapien bei weitergehendem Unterstützungs-
zu der Bewohnerschaft kommt es neben Trauer          bedarf.
und Mitgefühl häufig auch zu Schuldgefühlen.         Die Umstrukturierungen, welche auf Grund der
Doch jeder muss sich für sich selbst bewusst ma-     Ausbreitung des Coronavirus notwendig waren und
chen, dass dieser Fall eintreten kann und seine      sind, machten es erforderlich, dass feste Teams
Gefühle akzeptieren. Kleine Achtsamkeitsübungen      von Mitarbeitenden gebildet wurden, welche eine
können zum Beispiel helfen, Schuldgefühle zu         gleichbleibende Bewohnerschaftsgruppe versor-
minimieren sowie auch positive Aspekte wahrzu-       gen. In gut funktionierenden Kleingruppen kann
nehmen. Ein „Mood-Board“, an dem Kollegen und        dies zu erhöhter Arbeitszufriedenheit sowie einem
Kolleginnen ihre Gefühle anonym anbringen kön-       gestiegenen Zugehörigkeitsgefühl führen, doch
nen, welches mit „Komplimenten to go“ zu kleinen     auch gegenteilige Effekte sind möglich. Innerhalb
Aufmerksamkeiten anregt, kann das Teamgefühl         des Teams unterschwellig vorhandene Konflikte
stärken, wenn ein intensiver persönlicher Aus-       können durch die geänderten Arbeitsabläufe auf-
tausch durch Coaching oder Teambesprechungen         flammen und sich verstärken, auch „schwierigen“
aktuell nicht umgesetzt werden kann. Gerade in       Menschen kann man aktuell schlecht aus dem
Extremsituationen wie der aktuellen, wenn von        Weg gehen, wenn man sie in seiner Gruppe zu
                                                     versorgen hat. Achtsamkeit und Sensibilität der
                                                     Leitungskräfte sind hier umso mehr gefragt, um
                                                     sowohl das Wohl der Mitarbeitenden als auch der
                                                     Bewohnerschaft zu schützen.
                                                     Diese Herausforderungen können Pflegende nur
                                                     im Team und gemeinsam mit den Leitungskräften
                                                     bewältigen. So bleibt die Hoffnung, dass durch die
                                                     flächendeckenden Impfungen in den Pflegeein-
                                                     richtungen eine weitere Bewältigung der außer-
                                                     ordentlichen Belastungssituationen möglich sein
                                                     wird.

                                                     Johanniterschwester Katja Sonntag
                                                     Einrichtungsleitung Johanniter-Stift Wuppertal

                                                     Johanniterschwester Dr. Christine v. Reibnitz
                                                     Professorin für Gesundheitsmanagement,
                                                     ISM International School of Management, Berlin

                                                     Literatur:
                                                     Jens Kohrs (2020): Nach Wolfsburg und Würzburg: Was
                                                     tun gegen die Angst? In: www.pflegen-online.de/nach-
                                                     wolfsburg-und-wuerzburg-was-tun-gegen-die-angst

                                                                               5   / Schwesternbrief März 2021
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Auf zu neuen Ufern
Ein Rückblick auf ein Jahr Schule in Pandemiezeiten

Der erste Corona-Lockdown im März vergangenen           Zum Kursstart Anfang April war es soweit – das
Jahres war ein Schock: Verbot des Präsenzunter-         digitale Klassenzimmer war eingerichtet, die Leh-
richts, die Schüler waren per sofort zum Dienst in      renden zumindest in Grundzügen mit dem System
den Kliniken freizustellen. Sämtliche Stundenpläne,     vertraut und die Bezirksregierung hatte dem Kurs-
Einsatzpläne und Jahrgangsplanungen waren plötz-        start unter den gegebenen Umständen ebenfalls
lich überholt und nicht mehr gültig. Die Ungewiss-      zugestimmt.
heit, wie lange dieser Zustand anhalten sollte,         Seither hat sich das Lehren und Lernen an der
gepaart mit der Sorge, dass sich Schüler und Mit-       Johanniter Bildungs-GmbH grundlegend geändert:
arbeiter selber infizieren und erkranken konnten,       In Abhängigkeit zu den jeweils gültigen Hygiene-
belastete. Dazu drängte sich sofort die Frage auf:      bestimmungen, findet Unterricht in Videokonfe-
Wie soll der neue Ausbildungskurs eigentlich star-      renzen statt oder mittels Arbeitsaufträgen, die
ten? Zum 1. April sollte die erste „Generalistik-       die Lernenden selbstständig bearbeiten, in Hybrid
Klasse“, die nach neuem Pflegeberufegesetz aus-         oder ein rar gewordenes Highlight, auch mal in
zubilden ist, in der Bonner Schule beginnen. Die        Präsenz.
Aussage der zuständigen Behörden war auswei-            Die für alle zunächst bekannteste Form der Unter-
chend: Verschiebung des Starts war eine Option,         richtsvermittlung waren die Arbeitsaufträge, die
Start mit einem Praxiseinsatz die andere. Beides        den Lernenden über „teams“ zugesendet werden.
kam für uns nicht in Betracht, empfanden wir es         Hierbei erarbeiten die Schüler/-innen und Auszu-
als nicht verantwortbar. Also musste schnellstens       bildenden anhand beigefügter Literatur eine Auf-
eine andere Alternative gefunden werden. Und            gabenstellung und reichen diese zu festgelegten
die hieß: Transformation von der klassischen hin        Zeitpunkten den Dozenten/Dozentinnen ein. Die
zur digitalen Schule. So wurde die Bonner Pflege-       Lehrenden stehen während dem Bearbeitungs-
schule wie tausende anderer Schulen und Betrie-         zeitraum für Rückfragen zur Verfügung und ge-
be auch, ins digitale Zeitalter katapultiert. Bis da-   ben nach Abgabe des Auftrags eine individuelle
to war die digitale Unterrichtsgestaltung auf ein       Rückmeldung. Jedoch fehlt dabei der direkte Dia-
Mindestmaß begrenzt: Das Schul-WLAN erst weni-          log, der Austausch, die Möglichkeit, in der Situa-
ge Monate zuvor installiert. Die Ausgangsvoraus-        tion etwas nachzufragen. Daher etablierte sich
setzungen für einen „digitalen Schulbetrieb“            schnell auch der Unterricht per Videokonferenz.
waren im Frühjahr 2020 bescheiden. Es gab nur           Hier galt es für die Mitarbeiter/-innen erneut, sich
vier stationäre PC-Arbeitsplätze für die Schüler.       methodische Fähigkeiten zu erschließen, ohne das
Arbeitsaufträge wurden in Papierform ausgehän-          diese zuvor in Fortbildungen geübt worden waren.
digt oder per E-Mail verschickt.                        Kreativität und die Bereitschaft, sich auf Neues
Aber Initiative und Engagement, Kreativität, digi-      einzulassen, führten zu einer ganz bemerkenswer-
tale Kompetenz sowie der feste Wille „da muss           ten Erweiterung der Methodenkompetenz. Mitt-
sich doch was machen lassen“ aus den Reihen der         lerweile werden in den Videokonferenzen genau-
Mitarbeiter/-innen führten binnen weniger Tage          so Präsentationen gezeigt, Mindmaps erstellt, an
dazu, dass die Pflegeschule der Johanniter Bil-         die Tafel gezeichnet, auf Whiteboard geschrieben
dungs-GmbH seit April 2020 einen bedeutenden            und in Kleingruppen Dinge erarbeitet, wie es im
Teil seiner pädagogischen Arbeit über die Online-       realen Leben zuvor üblich war.
Plattform „microsoft teams“ absolviert.                 Der Herbst brachte die nächste Entwicklungsstufe
Natürlich war der Anfang schwierig. Die Imple-          modernen Unterrichts in Pandemiezeiten: Hybrid-
mentierung von „teams“ war kein lange zuvor             Unterricht. Da das Beschulen ganzer Klassen un-
geplantes Projekt, welches externe Dienstleister        denkbar war, wurden die Klassen geteilt. Eine
vorbereitet und aufgespielt hatten und dann in          Gruppe nahm in Präsenz am Unterricht im Klas-
Schulungen den Mitarbeiter nahe gebracht wor-           senraum teil, während der andere Teil der Klasse
den war. Im Gegenteil, ganz nach Edward Lee             über die Videokonferenz zugeschaltet wurde. Hier-
Thorndikes Methode „Versuch und Irrtum“ expe-           für brauchte es weitere technische Aufrüstung,
rimentierten wir so lange, bis ein akzeptables Er-      um insbesondere die Tonqualität auf einen ange-
gebnis entstanden war.                                  messenen Level zu bringen. Dank Raummikrofon

6   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
um die Ausbildung vertieft werden, wurde imple-
                                                     mentiert.
                                                     Um im Bild von Thorndike zu bleiben gehört das
                                                     bisher beschriebene zum „Trail“. Aber, „Error“ gibt
                                                     es natürlich auch. Nicht alles, was wir in den ver-
                                                     gangenen Monaten erlebt und aufgebaut haben
                                                     ist nur positiv zu bewerten. Es galt und gilt noch
                                                     weiterhin, Kompromisse zu ertragen. Die Ton- und
                                                     Bildqualität in den Videokonferenzen ist nicht im-
                                                     mer zufriedenstellend. Die Internetverbindungen
                                                     sind nicht immer stabil. Es gibt Tage, da verbrin-
                                                     gen Lehrende und Lernende die halbe Unterricht-
                                                     stunde damit, die technischen Voraussetzungen
                                                     zu schaffen, denn, mal springt der Laptop nicht
                                                     an, dann ist im Mikrofon die Batterie leer, „teams“
                                                     lässt sich nicht öffnen oder eine Präsentation
                                                     hängt. Auch schülerseits gibt es Herausforderun-
                                                     gen. Nicht alle Schüler/-innen sind im Besitz ent-
sowie einem Ansteckmikrofon für den Lehrenden,       sprechender Endgeräte. Hier können wir begrenzt
konnte der Unterricht aus dem Klassenzimmer          Unterstützung anbieten.
direkt zu den Kursteilnehmenden zu Hause über-       Was uns als Pädagogen fordert, ist der Umgang
tragen werden. Die aktive Mitarbeit der Schüler      mit Schülern im virtuellen Umfeld. Wir wünschen
im „Homeschooling“ war somit gegeben. Das            uns, die Schüler im Unterricht sehen zu können,
Konstrukt des Hybrid-Unterrichts half auch ins-      ihre Blicke zu interpretieren, ob sie das Gehörte
besondere den Schülern und Auszubildenden, die       verstanden haben. Doch nicht immer sind die Ka-
aufgrund behördlicher Quarantänebestimmungen         meras an. Da fehlt es mal an Datenvolumen, und
die Schule nicht betreten durften, den Unterricht    mal an der entsprechenden Haltung. Hier befinden
verfolgen zu können.                                 wir uns in einem beständigen Prozess, in dem wir
Praktische Übungen sind in Pandemiezeiten eine       miteinander die neuen Regeln aushandeln.
Herausforderung. Die Aufsichtsbehörden haben         Und, was allen fehlt ist das, was Schule eben auch
zwar eine grundsätzliche Erlaubnis erteilt, um       ausmacht – der Blockausstieg mit gemeinsamen
den Lernenden den notwendigen Handlungs-             Frühstück, eine Exkursion, die Weihnachtsfeier,
kompetenzerwerb zu ermöglichen, gleichwohl           eine große Examensfeier, Begrüßungsandachten
gilt es immer abzuwägen zwischen Nutzen und          oder Karnevalsbrunch. Die Pandemie hat die Struk-
Risiko. Ein bemerkenswertes Engagement zeigte        turen der Schule tiefgreifend verändert und auf
das Kollegium dahingehend, das praktische Se-        den Kopf gestellt. Alles wurde in Frage gestellt,
quenzen, Handlungen die man normalerweise im         Bewährtes musste zurück gelassen werden, viel
Unterricht demonstriert, als Video aufgezeichnet     Neues kam dazu. Die Schüler/-innen und Mitar-
wurden und den Schülern und Auszubildenden           beiter/-innen der Johanniter Bildungs-GmbH ha-
dann bereitgestellt werden.                          ben sich nicht den Gegebenheiten unterworfen,
Mittlerweile sind Distanzunterricht und Videokon-    sondern sie haben sich auf die Veränderungen
ferenzen Routinehandlungen. Externe Dozenten         eingelassen und auf den Weg gemacht, neue Hori-
kommen in die Schule und erteilen ihren Exper-       zonte zu erkunden. Herausgekommen sind dabei
tenunterricht via „teams“, mündliche Modulprü-       eine Menge neuer Erkenntnisse und kuriose Erleb-
fungen finden per Videokonfernez statt, und so-      nisse, die auch mal ein Lachen auslösen und das
gar erste online-Klausuren wurden geschrieben.       Gefühl vermitteln, es trotz aller Anstrengungen
Auch die regelmäßigen Teamsitzungen finden di-       gemeinsam bis hierhin geschafft zu haben.
gital statt. Lehrer und Schüler chatten oder tele-   Mein Dank gilt Allen für die bemerkenswerte Kre-
fonieren über teams bei allen Fragen des Schul-      ativität, die Geduld und Nachsicht und das auf
geschehens. Kollegen treffen sich in einer „ViKO“    einander Rücksicht nehmen in diesen unruhigen
um beispielsweise eine Zwischenprüfung zu kon-       Zeiten.
zipieren. Ein eigener Kanal „gesamte Schule“ dient
als „Pinwand“ über die alle wichtigen Neuigkeiten    Johanniterschwester Christina Körner
kommuniziert werden. Und, das neue Projekt –         Schulleitung
ein schulinterner Podcast, in dem Themen rund

                                                                            7   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Deutsch-Chinesische Gesellschaft
für Pflege e.V. beruft
wissenschaftlichen Beirat
In Coronazeiten finden Versammlungen fast aus-              stützen sowie Forschungsprojekte zu initiieren“,
schließlich online statt. So auch die Mitgliederver-        freut sich die Vorsitzende. „Zu den ersten Schwer-
sammlung der Deutsch-Chinesische Gesellschaft               punkten gehören Empfehlungen zu den Themen
für Pflege e.V. (DCGP) im Dezember 2020. Mit                Fachkräftemangel, Schulungskonzepte, Pflege-
Zustimmung der Mitgliederversammlung wurde                  diagnostik und Aspekte für pflegende Angehörige“,
der wissenschaftliche Beirat feierlich gegründet.           so Oberin Schumacher weiter. Ebenfalls soll das
Er soll als Plattform dienen auf der sich sowohl            vom Bundesministerium für Gesundheit geförder-
deutsche und chinesische PflegeexpertenInnen                te Projekt2 „Pflege von Menschen mit Schlaganfall
wie auch weitere Angehörige von Gesundheitsbe-              in Deutschland und China“ auf dem Weg zu einem
rufen und Gesundheitswirtschaft gegenseitig in-             gemeinsamen Pflegeverständnis weiter vertieft
formieren und ihre Erfahrungen austauschen. Auf             werden.
dieser Grundlage kann der Beirat den Vorstand der           Johanniterschwester Ramona Schumacher hat
DCGP beraten bzw. Empfehlungen geben.                       seit 1996 Lehr- und Seminarerfahrungen in China
Johanniteroberin Dr. h.c. Ramona Schumacher                 und konnte während ihrer Zeit als Pflegedirektorin
wurde zur Vorsitzenden des Beirats gewählt. Sie             der Charité – Universitätsmedizin Berlin chinesi-
war Gründungsbeauftragte der DCGP für den Bei-              schen Kolleginnen Hospitationen sowohl im Mana-
rat und bis 2019 Vorstandsmitglied der DCGP,                gement wie auch im Bereich der Normalpflege
ferner ist unsere stellvertretende Verwaltungsrats-         und Intensivpflege ermöglichen. Zum letzten Mal
vorsitzende, unter anderem stellvertretende Ku-             besuchte sie China im September 2019 und war
ratoriumsvorsitzende der Akkon Hochschule für               zeitgleich mit der Bundeskanzlerin in Wuhan zu
Humanwissenschaften, Berlin, sowie Vorstands-               Gast. Die Veranstalter eines großen Symposiums
mitglied und Sektionsleitung Gesundheitsfachbe-             hatten sie um einen Vortrag über das deutsche Ge-
rufe des Koch-Metschnikow-Forum e.V. (KMF).                 sundheitswesen und unsere Pflegeversicherung
Die Beiratsmitglieder1 kommen aus beiden Ländern            gebeten.
und unterschiedlichen Arbeitsfeldern. „Die Beiräte          Wer hätte zum damaligen Zeitpunkt gedacht, dass
verfügen über hervorragende interkulturelle und             diese Metropole mit mehr als zehn Millionen Einwoh-
fachliche Kompetenz. Sie werden sich regelmäßig             nern für die ganze Welt Bedeutung haben würde.
austauschen, um den Vorstand bei dynamischen
Aufgabenschwerpunkten zu beraten und zu unter-              Johanniteroberin Dr. h.c. Ramona Schumacher

1 Näheres zu den Beiratsmitgliedern unter: www.dc-gpflege.de/presse
2 Näheres über dieses Projekt unter: www.dc-gpflege.de/presse

                                                                                               Symposium 2019
                                                                                               in Wuhan

8   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Ein Haus im Wandel
Fortbildung nach dem Psychobiografischen Pflegemodell bringt
im Johanniter-Haus Weschnitztal einiges in Bewegung

Trotz ausgiebigen Umbaumaßnahmen und Corona-           Ein Beispiel: Hat ein Bewohner in seinem Leben
Pandemie begannen 19 Mitarbeiter/-innen des            täglich nur „Katzenwäsche“ betrieben und einmal
Johanniter-Hauses Weschnitztal 2020 mit einer          wöchentlich gebadet, so ist dies für ihn normal.
Fortbildung über das „Psychobiografische Pflege-       Hat nun die Pflegekraft aus ihrem Hygieneverständ-
modell nach Böhm“, das nun mit Projektvorstellung      nis heraus die Vorstellung, dass dieser Bewohner
und Prüfung aller Teilnehmer im Februar 2021 ab-       täglich von Kopf bis Fuß gewaschen werden muss,
geschlossen wurde. Ziel der Rimbacher Altenpfle-       prallen hier zwei Welten aufeinander, Konflikte
geeinrichtung ist es, künftig einen kompletten         sind nahezu vorprogrammiert.
Wohnbereich entsprechend dieses Konzepts für           Böhm zufolge sind auffällige Verhaltensweisen
Bewohner/-innen mit Demenz zu gestalten sowie          eines dementen Menschen immer nur im Zusam-
Grundsätze dieser Arbeitsweise im gesamten Haus        menhang mit dessen individueller Biografie und
zu implementieren.                                     Prägung zu verstehen. Deshalb ist es wichtig,
                                                       möglichst viel von dieser Biografie und Prägung
Psychobiografisches Pflegemodell nach Böhm             zu erfahren. Wenn sich der Bewohner selbst nicht
Erwin Böhm (*16.5.1940) stammt aus Österreich          mehr dazu äußern kann und es auch keine sonsti-
und absolvierte in den 1960er Jahren eine Ausbil-      gen Quellen wie zum Beispiel Angehörige gibt, so
dung zum Diplomierten Psychiatrischen Kranken-         lassen sich zumindest aus der regionalen und über-
pfleger. Während seiner anschließenden Berufs-         regionalen Prägung seiner Jugendzeit (z. B. Leben
tätigkeit in der Psychiatrie, entwickelte er Jahre     in einer ländlichen Region oder Stadt, Aufwachsen
später aufgrund seiner Beobachtungen sowie der         zu Kriegs- oder Friedenszeiten) Schlüsse ziehen,
Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse von       die helfen können, für ihn passende Anreize in der
Sigmund Freud und Alfred Adler das Psychobiogra-       Gestaltung seines Tagesablaufs zu bieten. Zu die-
fische Pflegemodell. Dieses beinhaltet einen ganz-     sen Anreizen zählt auch, die Räumlichkeiten mög-
heitlichen, praxisorientierten Ansatz im Umgang        lichst so zu gestalten, dass sie den Erfahrungen
mit demenziell erkrankten Menschen. In diesem          des Bewohners aus seiner Jugendzeit entsprechen.
Modell geht es darum, sich intensiv mit der Ge-        Auf diese Weise fühlt er sich eher zu Hause als in
fühlsbiografie der Betroffenen auseinanderzuset-       einem modernen Ambiente, welches ihn an eine
zen. Schon 1965 begann Böhm, anstelle der da-          Institution erinnert und dadurch verunsichert.
mals üblichen Pflege mit dem Schwerpunkt „Der          Durch die Anwendung des Psychobiografischen
Patient soll satt und sauber sein“ eine Pflegeform     Pflegemodells bleibt der demente Mensch in seiner
zu entwickeln, die den Menschen im Rahmen sei-         Gefühlswelt erreichbar. Dies kann den Erhalt bzw.
ner Möglichkeiten reaktiviert. Dabei wird er moti-     die Förderung seiner Lebensenergie bewirken und
viert, Alltagstätigkeiten wieder selbst durchzufüh-    somit sein gesamtes Wohlbefinden steigern. Der
ren. Böhm erkannte, dass man damals den zu             Einsatz von Psychopharmaka kann vermieden oder
Pflegenden nahezu alles abnahm und ihnen damit         zumindest deutlich reduziert werden. Es entstehen
ungewollt den Eindruck vermittelte, zu nichts mehr     weniger Konflikte, und auch die Pflegekräfte erle-
nütze zu sein. Um sie wieder die Teilhabe am Le-       ben dadurch eine größere Arbeitszufriedenheit.
ben spüren zu lassen, suchte Böhm über die Bio-
grafie-Arbeit nach jenen Aktivitäten, die den alten    Die Weiterbildung der Mitarbeiter/-innen
Menschen von früher her vertraut waren. Sie wie-       Natürlich lässt sich ein neues Pflegemodell nicht
der durchzuführen, gab den Betroffenen ein Stück       so ohne weiteres in einer Einrichtung umsetzen.
Normalität zurück.                                     Es bedarf ausgiebiger Vorbereitungen wie zum
Diese gefühlte Normalität kann demenziell erkrank-     Beispiel der räumlichen Umgestaltung, aber vor
ten Menschen helfen, Selbstsicherheit zurück zu        allem der Schulung der Mitarbeiter/-innen, die
gewinnen und die Lebenszufriedenheit deutlich zu       das Konzept mittragen und umsetzen sollen. So
steigern. Daher ist es wichtig zu erkennen, was        startete auch das Johanniter-Haus Weschnitztal
für sie Normalität bedeutet, statt sie in die Normen   mit den Planungen für die Weiterbildung und ver-
der Pflegenden zu pressen.                             anstaltete einen Infonachmittag zu Erwin Böhms

                                                                              9   / Schwesternbrief März 2021
Schwesternbrief der Johanniter-Schwesternschaft e.V.
Psychobiografischem Pflegemodell für Angehörige
der Bewohner/-innen sowie weitere Interessenten
aus der Umgebung. Dann kam Corona und mach-
te die Planung zunächst zunichte. Die ersten Ter-
mine zur Weiterbildung wurden gestrichen. Auch
später angesetzte Ersatztermine drohten aufgrund
der Pandemie zu scheitern, konnten dann aber,
dank eines ausgeklügelten Sicherheits- und Hygie-
nekonzepts, doch stattfinden. Die Kursteilnehmer/-
innen gewöhnten sich schnell an die damit ver-
bundenen Auflagen und waren froh nun endlich
starten zu können.
In mehreren Unterrichtseinheiten mit Referent
Christoph Werneke erfuhren sie Grundsätzliches
zu Böhms Konzept und konnten sich immer mehr
in die Materie einarbeiten. Hilfreich war auch der
zweitägige Rückblick in die Zeitgeschichte dessen,
was die heutigen Bewohner alles miterlebt haben.      Umgestaltung der Küchenzeile in eine Wohnküche im Stil
Referent Christophe Ludovicy verstand es hiebei,      der 1950er/1960er Jahre
die nicht immer leichte Kost spannend und mit
einer Prise Humor zu vermitteln. So äußerten eini-
ge Teilnehmer anschließend, sie wünschten, der
Geschichtsunterricht in ihrer Schulzeit wäre so
interessant gestaltet gewesen.
Nach und nach lernten die Kursteilnehmer/-innen,
wie beim Psychobiografischen Pflegemodell der
Ist-Zustand der Bewohner/-innen erfasst und mit
den vorhandenen Hintergrundinformationen zur
individuellen Lebensgeschichte in Zusammenhang
gebracht wird. Daraus ergibt sich, mit welchen Im-
pulsen man ihnen die Möglichkeit bietet, in ihrem
heutigen Alltag besser zurecht zu kommen. Dazu
gehört auch, ihr Umfeld möglichst so zu gestalten,
dass sie sich „daheim“ fühlen, statt ständig damit
konfrontiert zu werden, in einer Einrichtung zu
leben.

Die Projekte
Der Abschluss des Kurses ist in einen theoretischen
sowie einen praktischen Teil untergliedert. In der
theoretischen Prüfung geht es um die korrekte
Wiedergabe und Erläuterung der Fachbegriffe aus
dem Psychobiografischen Pflegemodell. Anschlie-
ßend stellen alle Beteiligten ihre in Kleingruppen
erarbeiteten Projekte zum Thema vor. Im Johan-
niter-Haus Weschnitztal fanden sich Kleingruppen
zu folgenden Projekten zusammen:
– Umgestaltung des Friseurraums
– Gestaltung einer Wohnküche im Stil der 1950er
  /1960er Jahre
– Unterstützung der Alltagsnormalität der Bewoh-
  ner/-innen im „Demenz-Wohnbereich“
– Orientierung gebende Gestaltung der Zimmer-
  türen im „Demenz-Wohnbereich“
– Dämmerschoppen für die männlichen Bewohner

10   / Schwesternbrief März 2021
Zudem befassten sich zwei externe Kursteilnehme-      Erkrankten unter ihnen ein Gefühl des Vertrauten
rinnen mit den Biografien von Klienten, welche sie    und der Geborgenheit schenken.
im Rahmen ihrer Beratungstätigkeit betreuen.          Bereits während des Kurses wurde parallel damit
Die Projekte sollten nicht zwangsläufig zum Zeit-     begonnen, die Alltagsstruktur in einem Wohbereich
punkt der Abschlussprüfung komplett durchge-          etwas umzugestalten. Hier leben überwiegend de-
führt sein, aber zumindest bereits deutlich sicht-    menziell erkrankte Bewohner/-innen, die mit Hilfe
bare Fortschritte aufweisen. Außerdem sollten         von ihnen vertrauten Tätigkeiten aus ihrer Jugend
die Kursteilnehmer/-innen diese am Abschlusstag       oder ihrem jungen Erwachsenenleben Erfolgserleb-
im Rahmen einer kleinen Präsentation einander         nisse im Alltag haben. So mag es zunächst auf Be-
gegenseitig vorstellen. Aus der Bewertung einer       sucher befremdlich wirken, wenn Bewohner/-innen
bereits zuvor erstellten psychobiografischen          kochen oder Geschirr abspülen, aber für diese älte-
Planung, des theoretischen Tests sowie der Vor-       ren Herrschaften können genau das Tätigkeiten
stellung des Projekts setzte sich dann jeweils die    sein, die ihnen eine bekannte Tagesstruktur zurück-
Gesamtbewertung der Kursteilnehmer/-innen             bringen und ihr Selbstbewusstsein stärken. Sie
zusammen.                                             fühlen sich in frühere Zeiten zurückversetzt, als
Trotz zusätzlicher Arbeit stürzten sich die Meisten   ihre Arbeit noch etwas galt und sie genau wussten,
mit Feuereifer auf ihre Aufgaben. So trugen die       was zu tun war.
Projektgruppen, die sich mit der Umgestaltung         Basierend auf den in der Fortbildung erworbenen
des Friseurraums bzw. der Gestaltung einer Wohn-      Kenntnissen wollen die Kursteilnehmer/-innen die-
küche beschäftigten, innerhalb kurzer Zeit zahl-      sen begonnenen Weg weiter beschreiten und das
reiche Möbel und Gegenstände aus den 1950er-          Konzept in der eigenen Altenpflegeeinrichtung ent-
und1960er Jahren zusammen. Die so zusehends           sprechend weiterentwickeln. Und wer sich selbst
wie in einer Zeitreise ausgestatteten Räumlichkei-    von coronabedingten Maßnahmen bei einer Fort-
ten bieten den Bewohner/-innen des Hauses künf-       bildung nicht abschrecken lässt, hat mit Sicherheit
tig ein Ambiente, wie sie es aus den Zeiten ihres     auch die nötige Motivation hierfür.
jungen Erwachsenenlebens kennen. Also einer Zeit,
die sie stark geprägt hat. Dies soll den demenziell   Johanniterschwester Heike Steffens

Betriebliches Gesundheits-
management – was ist das?
Das haben sich auch im Johanniter-Haus Wesch-         Gesundheit ihrer Mitarbeiter/-innen und wollen
nitztal in Rimbach viele gefragt, denn das war ein    ihren Beitrag dazu leisten, diese zu erhalten, Ge-
völlig unbekannter Begriff, bis zu dem Tag an dem     sundheitsbewusstsein zu fördern sowie die Leis-
die Einrichtungsleiterin, Johanniterschwester Heike   tungs- und Beschäftigungsfähigkeit zu erhalten.
Steffens, Anfang 2020 Ruth Weigold, eine Fach-        Dies steht im Mittelpunkt des betrieblichen Ge-
wirtin für Gesundheit und Sozialwesen, damit be-      sundheitsmanagement.
auftragte.                                            Begonnen hatte Frau Weigold damit, sowohl die
Ziel des betrieblichen Gesundheitsmanagements         Ergebnisse der Mitarbeiterbefragung als auch
(BGM) ist es, die Arbeitsbedingungen an die Be-       eine eigene tiefer gehende Befragung nach den
dürfnisse der Mitarbeiter anzupassen und somit        direkten Bedürfnissen auszuwerten, um Maß-
die Arbeitsplatzzufriedenheit zu stärken. Die psy-    nahmen zu finden, die die Gesundheit erhalten
chischen und physischen Arbeitsbelastungen soll-      und fördern können. Das Wohlbefinden aller Mit-
ten erfasst und minimiert werden. Gemeinsam           arbeiter an ihrem Arbeitsplatz soll so unterstützt
mit den Beschäftigten sollte erarbeitet werden,       werden.
welche Hilfsmittel zur Arbeitserleichterung noch      Gemeinsam mit der BKK Freudenberg und der
benötigt werden und welche Schulungen für die-        brainLight GmbH ist ihr der Start mit der Bereit-
sen Bereich notwendig sind.                           stellung eines Massagesessels für die Beschäftigten
Die Gesundheit ist bekanntlich das höchste Gut        gut gelungen. Ein Shiatsu-Massagesessel wurde
des Menschen. So schützen die Johanniter die          finanziert, der Verspannungen im Rücken-, Nacken-

                                                                            11   / Schwesternbrief März 2021
Mit dem Fitnessstudio Fit-Inn in Mörlenbach konn-
                                                       te ein Kooperationsvertrag geschlossen werden.
                                                       Dort können Beschäftigte des Johanniter-Hauses
                                                       ein individuell auf sie abgestimmtes Trainings-
                                                       programm in Anspruch nehmen. Der Preis ist fair
                                                       und ermöglicht jedem nach Lust, Laune und In-
                                                       teresse seine Freizeit zusätzlich noch gesund zu
                                                       gestalten. All diejenigen, die Eigenverantwortung
                                                       für ihre Gesundheit übernehmen wollen, werden
                                                       dort etwas Passendes für sich finden. Egal ob
                                                       Kurse zur Entspannung oder zur Stärkung der Rü-
                                                       ckenmuskulatur, Trainingsgeräte zur Stabilisation
                                                       des Herz-Kreislauf-Systems, der Ausdauer oder
                                                       zum Aufbau der Muskulatur. Noch lukrativer wird
                                                       dieser Einsatz für jeden Mitarbeiter in Verbindung
                                                       mit dem betrieblichen Gesundheitsmanagement,
                                                       denn als Belohnung und Ansporn zugleich erhält
                                                       jeder Mitarbeiter, der eine aktive Mitgliedschaft
                                                       bestätigen lassen kann, einen Bonus von bis zu
                                                       maximal 44 Euro monatlich steuerfrei vom Arbeit-
                                                       geber dazu (abhängig von der Stundenanzahl des
                                                       Arbeitsvertrages).
                                                       Doch der Vielseitigkeit des betrieblichen Gesund-
und Wadenbereich löst, während die beigefügte          heitsmanagements sind keine Grenzen gesetzt.
Spezialbrille mit Lichtimpulsen sowie die über Kopf-   Für alle Auszubildenden wurde zusammen mit der
hörer eingespielte Musik gleichzeitig audiovisuell     Barmer ein Azubitag organisiert. Einrichtungslei-
zur Entspannung beitragen. Dieses System ermög-        tung, Pflegedienstleitung, BGM-Verantwortliche
licht es den Benutzern, sich innerhalb weniger Mi-     und alle Azubis verbrachten ein paar schöne kurz-
nuten zu regenerieren, um anschließend mit neuer       weilige Stunden mit Frühstück und gemeinsamen
Frische und Konzentration den restlichen Tag anzu-     Aktivitäten im Freien. Nicht nur Zusammenhalt
gehen. Die Mitarbeiter/-innen nutzen den Sessel        und Geschicklichkeit waren gefragt. Dieser Tag,
gerne und ausgiebig. Viele positive Rückmeldungen      den sicherlich jede/r in guter Erinnerung behält,
bestärken die Kolleginnen und Kollegen bei der         brachte das Erlebnis, auch mal etwas zusammen
Nutzung. Wöchentlich empfiehlt Frau Weigold per        in der Einrichtung zu unternehmen, fernab von
Aushang ein passendes Programm. Eines davon            Pflege, Arbeit und Stress. Zudem wurde für Mit-
war die „Einführung in die Achtsamkeit“. Es soll       arbeiter/-innen und Bewohner/-innen feierlich
helfen, in einer Zeit die durch Beschleunigung, Ter-   eine Tischtennisplatte zum sportlichen Gebrauch
mindruck und zunehmende Belastung im Berufs-           eingeweiht. Gerne wird das Angebot in Anspruch
und Privatleben geprägt ist, mit dem dadurch ent-      genommen.
stehenden Stress besser umzugehen. Ihre Empfeh-
lung an die Beschäftigten war, sich zehn Minuten
Zeit mit dem brainLight-Sessel zu gönnen, um die
Gedanken, die Sinne und die Gefühle auf den Au-
genblick zu konzentrieren und dabei eine Rücken-
massage zu genießen.
Doch das ist nur eins der vielen Projekte, die Frau
Ruth Weigold auf den Weg gebracht hat, um die
Mitarbeiter/-innen zur Stärkung ihrer Gesundheit
zu befähigen.
Durch die BKK Freudenberg wurde eine Fortbildung
für Führungskräfte mit dem Thema „gesundes
Führen“ finanziert, in der die Teilnehmer ihr Wissen
um den direkten Zusammenhang zwischen Füh-
rungsverhalten und Arbeitsunfähigkeit vertieften
konnten.

12   / Schwesternbrief März 2021
Workshops mit ganz anderen, vielversprechenden
                                                    Themen für die Zeit nach dem Lock-down.
                                                    Gesundheitsmanagement das gelebt wird, ist ein
                                                    Begriff, der den ganzen Alltag einer/eines Beschäf-
                                                    tigten sehr positiv verändern kann. Es gibt ein
                                                    unglaublich breites Spektrum an Maßnahmen im
                                                    Betrieblichen Gesundheitsmanagement, eben ge-
                                                    nau so wie die Individualität der Mitarbeiter/-innen
                                                    selbst ist. Wenn das Angebot auf die Bedarfe der
                                                    Mitarbeiter/-innen angepasst ist, fördert es so die
                                                    kollegiale Zusammenarbeit, erhöht die Zufrieden-
                                                    heit und reduziert die Krankheitstage der Mitarbei-
                                                    tenden.
                                                    Gesundheitsmanagement ist inzwischen ein positi-
                                                    ver Begriff für alle Mitarbeiter/-innen im Johanniter-
                                                    Haus Weschnitztal.
                                                    So gibt es auch für 2021, trotz oder gerade wegen
Für die Weihnachtszeit gab es unter anderem Re-     Corona, viele schöne kreative Ideen, um die Gesund-
zeptvorschläge für Energyballs alternativ zu den    heit unseres Teams zu stärken!
vielen süßen Naschereien. Zum Nikolaustag gab
es anstatt Schokolade für jede Abteilung einen      Ruth Weigold
großen Korb mit Obst, Nüssen und Müsliriegeln.      Mitarbeiterin Johanniter-Haus Weschnitztal
Aktuell laufen bereits die Planungen für neue

Andachtsprojekt der Subkommende
Berlin Süd-Ost
Das erste Treffen 2021 der Subkommende Berlin
Süd-Ost fand als Online-Abend am 20. Januar statt
und startete mit einem geistlichen Impuls von RR
Dr. Wolfgang Krogel zu 2. Samuel 22,37 „Du gibst
meinen Schritten weiten Raum, und meine Knöchel
wanken nicht“ sowie aus 2. Korinther 3,17 „Wo der
Geist des Herrn ist, da ist Freiheit“.
„Du gibst meinen Schritten weiten Raum“ mag uns
Johanniterschwestern Leitgedanke für die Arbeit
gemeinsam mit und in der Subkommende sein.          Johanniterstift Berlin-Johannisthal
Eine aktive Verknüpfung der Ordenswerke in ge-
meinsamer regionaler Arbeit ist das von der Sub-    Bindungen und Erwartungen entstehen lassen –
kommende Berlin Süd-Ost praktizierte Andachts-      doch dann der Abbruch.
projekt mit dem Johanniterstift im Berliner Orts-   Pfarrer Florian Kunz, stellvertretender Superinten-
teil Johannisthal.                                  dent des Kirchenkreises Tempelhof-Schöneberg
Seit September 2019 unterstützt die Subkommen-      und Mitglied der Subkommende, übernahm feder-
de Berlin Süd-Ost die diakonische Arbeit in dem     führend die liturgische Konzeptionierung, lud zu
Johanniterstift mit regelmäßigen Gottesdiensten     vorbereitenden Sitzungen ein und leitete im Wech-
an jedem zweiten Sonntag im Monat. Im Jahr 2020     sel mit dem Militärdekan Peter Schmidt die ersten
war dieses Angebot durch den Ausbruch der Sars-     Gottesdienste in eigener Regie. Die Liturgie wurde
Covid-19-Pandemie unerwarteten Herausforderun-      angepasst auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten
gen ausgesetzt. Die gemeinsamen Begegnungen         der Bewohner/-innen des Stifts: Die Dauer ist auf
hatten über ein halbes Jahr bereits gegenseitige    45 Minuten begrenzt, die Lesungen sind reduziert

                                                                               13   / Schwesternbrief März 2021
und die Predigt in einfacher Sprache wird mit gut      arbeitet, die den Bewohnern, Bewohnerinnen und
sichtbaren Aktionen oder Bildern unterlegt. Beson-     Beschäftigten in der Altenpflegeeinrichtung ein
ders wichtig ist die musikalische Gestaltung. Die      spirituelles und seelsorgerisches Angebot ermög-
Ritterbrüder im Mantel oder Johanniterschwestern       lichen sollen.
der Region oder andere Mitglieder der Subkom-          Dies mag Inspiration sein und Impulse geben für
mende können die Lesungen übernehmen. Der Al-          andere Subkommenden und die dortigen Johanni-
tar ist komplett ausgestattet mit Kreuz, Leuchtern,    terschwestern zur gemeinsamen Gestaltung von
einem Pult für die Altarbibel und einem Antepen-       Andachten in den Einrichtungen der Johanniter.
dium mit dem Johanniterkreuz. Kelch und Patene         Eine wertvolle Möglichkeit der Verknüpfung in der
stehen für die Erteilung des Abendmahls zur Ver-       Zusammenarbeit der Ordenswerke in den Sub-
fügung.                                                kommenden.
Nicht nur Liturgie und Ausstattung geben jedem         Die Schwestern aus der Region Berlin, Branden-
Gottesdienst den Charakter eines besonderen            burg und Sachsen sind herzlich willkommen in
Ereignisses im Stiftsleben, sondern auch die Ein-      diesem Andachtsprojekt mitzuwirken. Interessen-
beziehung und Mitwirkung der Bewohner/-innen.          tinnen melden sich gerne bei RR Dr. Wolfgang
Trotz des strukturierten Ablaufes ist die Interak-     Krogel (wolfgang.krogel@landeskirchenarchiv-
tion bei Gesang und Predigt auf Intuition und Spon-    berlin.de) oder mir (christine.v.reibnitz@johanniter-
taneität angewiesen. Das gibt dem Gottesdienst         schwesternschaft.de)
eine persönliche Note, was die teilnehmenden
                                                       Regionalschwester Prof. Dr. Christine v. Reibnitz
Bewohner/-innen, Liturgen und Pflegekräfte sehr
schätzen.                                              Mit freundlicher Erlaubnis des Subkommendelei-
Nun geht es in 2021 weiter, wenn auch zunächst         ters RR Dr. Wolfgang Krogel zur Zitation aus sei-
in anderer Form. So werden digitale Konzepte er-       nem Jahresbericht.

Kaffeeklatsch trotz Corona
Gemeinsame Treffen, Kaffeeklatsch und sonstige         „Kaffeetrinken via WhatsApp“ umgesetzt und
soziale Aktivitäten, die uns guttun, bei denen wir     weitere werden folgen.
wieder Kraft tanken und die unsere Gemeinschaft
                                                       Regionalschwestern Silke Kloppenburg-Grote
zusammenhalten, hat die Corona-Pandemie ja
                                                       und Andrea v. Polenz
schon seit längerer Zeit einfach vom Tisch gewischt.
Aber glücklicherweise kann sie nicht in alle Lebens-
bereiche eingreifen.
Wir wollten uns nicht vollständig von der Pandemie
beherrschen lassen und so haben Andrea und ich
uns überlegt, den Kaffeeklatsch einfach mal digi-
tal auszuprobieren, via WhatsApp-Videotelefonie.
Wir haben uns gemeinsam auf der einen (unserer)
Seite des digitalen Drahtes an einen schön gedeck-
ten Kaffeetisch gesetzt und unser Kaffeebesuch
hat es sich auf der anderen (seiner) Seite des digi-
talen Drahtes gemütlich gemacht.
Es ist erstaunlich: Bei einem Video-Chat entsteht
ein ganz anderes, viel intensiveres Gefühl, als wenn
man einfach nur miteinander telefoniert. Dadurch,
dass man sich auch sehen kann, fühlt es sich tat-
sächlich fast so an, als würde man gemeinsam
beim Kaffeetrinken an einem Tisch sitzen und man
ist sich ganz nah.
Motiviert durch die positiven Rückmeldungen ha-
ben wir bislang schon einige Einladungen zum

14   / Schwesternbrief März 2021
Einladung zu etwas Spiritualität
im Alltag
Spiritualität im Alltag – uns allen fehlt das und
wir alle freuen uns über geeignete Angebote.
Wir möchten für die Schwesternschaft aktiv
werden und haben überlegt, wie das in Pande-
miezeiten mit Kontaktbeschränkungen gehen
könnte. Uns kam da die Idee, so etwas online
anzubieten. Mit Hilfe der modernen Medien gibt
es ja viele Möglichkeiten das zu tun.
Wir wollen miteinander beten, singen, in der Bibel lesen, Impulse austauschen und so unsere
Batterien wieder aufladen.
„In der Stille angekommen ...“ – ein Lied, das wir 2017 beim Chorwochenende in der Lutherstadt
Wittenberg gesungen haben, fällt mir da ein. Jede/r für sich Zuhause in Stille und doch verbunden
über den Computer – eine ungewohnte Kombination und doch ist man dankbar, das es möglich ist.

Wann: 21. April 2021 von 18.30 bis 20.30 Uhr per Videokonferenz (Zoom)
Anmeldungen an:
Heike v. Knobelsdorff, heike.v.knobelsdorff@johanniter-schwesternschaft.de, oder
Elisabeth Kühnelt-Leddihn, E-Mail: elisabeth@kuehnelt-leddihn.at
Nach der Anmeldung werden die Zugangsdaten (Zoom-Link) verschickt. Wir freuen uns auf Euch!
Johanniterschwestern Heike v. Knobelsdorff und Elisabeth Kühnelt-Leddihn

Ein Jahr neue Pflegeausbildung –
was hat sich verändert?
Seit einem Jahr setzen Pflegeschulen und Dienst-    Welche Erfahrungen machen wir seither mit der
betriebe die generalisierte Pflegeausbildung um.    Umsetzung der kompetenzorientierten Ausbildung
In der Vorbereitung hat sich ein Ausbildungsver-    in der Schule und in den Einrichtungen? Was be-
bund gegründet, an dem alle Ausbildungsbetriebe     deutet „Kompetenzorientierung“ als Maßgabe für
der stationären und ambulanten Pflege beteiligt     den Unterricht und für die praktische Ausbildung?
sind. Ebenfalls besteht über den Verbund die Ko-    Welche Rolle spielen die Vorbehaltsaufgaben der
operation mit Hamburger Krankenhäusern. Die         Pflegefachpersonen nach dem Pflegeberufege-
Schule gibt die Struktur der Ausbildung vor. Der    setz in der Ausbildung?
Ausbildungsbetrieb organisiert den eigenen Aus-     An meiner „Evangelischen Berufsschule für Pflege
bildungsplan und die externen Facheinsätze für      des Rauhen Hauses“ in Hamburg haben wir im
seine Azubis. Es besteht ein regelmäßiger Aus-      curricularen Prozess damit begonnen, die Hambur-
tausch mit den Praxisanleitungen der Koopera-       ger „Beruflichen Handlungsfelder“ in Lernsituatio-
tionsbetriebe, auch ein Angebot der Schule für      nen zu untergliedern und eine Stundenverteilung
die Praxisanleiter-Weiterbildung.                   zuzuordnen. Dabei geht es nicht mehr um die Fra-

                                                                          15   / Schwesternbrief März 2021
ge „was müssen Pflegefachpersonen in Zukunft            die Azubis gesehen, gelernt und geübt haben soll-
alles wissen“, sondern „was müssen Pflegefach-          ten. Stattdessen sind Kompetenzen in bestimmten
personen in Handlungssituationen des pflegerischen      Kompetenzbereichen beschrieben, die nun einge-
Alltags selber machen, steuern, anwenden, umset-        schätzt werden sollen. Das ist ungewohnt und
zen und patienten- und situationsorientiert gestal-     übungsbedürftig, aber in der Folge des Paradig-
ten?“ Es ist die Abkehr von einem umfangreichen         menwechsels der neuen Ausbildung passender.
Inhaltskatalog hin zu exemplarischen Geschichten        Ein zweites Werkzeug sind die Praxisaufgaben,
von Handlungs- und Entscheidungssituationen, in         die die Azubis während der Praxisphase schriftlich
denen Wissensinhalte neben situationsbezogenen          bearbeiten und dann in der Schule abgeben. Diese
Aspekten eine Rolle spielen. Damit werden die           Praxisaufgaben verbinden die im Block erarbeite-
Geschichten von Pflegesituationen der zentrale          ten Inhalte mit der Anwendung auf Fallsituationen
Aufhänger der Erarbeitung von Problemlösungen           in der Praxis. Sie integrieren Anteile einer Fallbe-
unter Einbeziehung von Kommunikation und Wis-           schreibung, Informationssammlung, Pflegeplanung
sensgrundlagen. Die Pflegesituationen spielen           und Lernreflexion.
von Anfang an in allen Altersstufen und in unter-       Das dritte Element der Theorie-Praxis-Koordination
schiedlichen Pflegesettings. Im Lauf der Ausbil-        sind die Praxisbegleitungen durch die betreuende
dung werden frühere Inhalte wieder aufgegriffen,        Kursleitung in den verschiedenen Einsatzgebieten.
vertieft und mit zunehmender Komplexität an Ein-        Anders als vorher werden wir unsere Azubis nun
flussfaktoren und Rahmenbedingungen verbunden           nicht nur in ihrem eigenen Ausbildungsbetrieb,
(„spiraliges Curriculum“).                              sondern auch in den anderen Facheinsätzen be-
Die Schule hat eine lange Tradition von kooperati-      suchen.
ven Lehr- und Lernformen und der Integration            Und dann kam Corona! Die Geschichte lässt sich
fachpraktischer Übungen. Gruppenunterricht ist          nicht ohne die besonderen Bedingungen beschrei-
die häufigste Unterrichtsform, abgewechselt mit         ben, die sich auf die aktuelle Ausbildungssituation
kurzen Impulsen der Lehrenden zur Einführung in         auswirken. Insbesondere in der Praxis waren die
ein Thema oder Phasen der Zusammenfassung               Bedingungen für Praxisanleitung durch Personal-
der Arbeitsergebnisse. Ein gegenüber der früheren       ausfälle und zusätzliche Maßnahmen der Pande-
Ausbildung erhöhter Anteil sozialwissenschaftli-        miebekämpfung erschwert. Auch diese neuen
cher Themen ist in die pflegerischen Handlungs-         Azubis mussten sich viele Erfahrungen selbst an-
situationen integriert.                                 eignen.
Wie fühlt es sich nun an in der neuen Ausbildung?       In der Schule fand der Einführungsblock im August
Die neuen Kurse sind vergleichbar heterogen wie         noch in Präsenz und in ganzer Klassenstärke statt.
frühere Klassen. Die Lernatmosphäre und Klassen-        Ab September 2020 gab es nur noch Teilklassen-
gemeinschaft hat sich unter dem Selbstbewusst-          gruppen, Wechselunterricht zwischen Präsenz
sein entwickelt, als Pioniere in einer neuen Ausbil-    und Selbsterarbeitung Zuhause und vollständige
dung lernen zu dürfen. Die Azubis sind engagiert,       Umstellung auf Online-Unterricht. Die Schule hat
motiviert und haben bereits gute kommunikative          in kurzer Zeit erheblich aufgerüstet – unterstützt
und soziale Kompetenzen aufgebaut.                      von Geldern aus dem „Digitalpakt Schule“ – und
Eine sehr wichtige Rolle für die Kompetenzent-          das WLAN erweitert, eine Lernplattform aufge-
wicklung spielt die Theorie-Praxis-Verknüpfung.         baut, verleihbare Schüler-Laptops angeschafft
Als ein zentrales Werkzeug fungiert der neu ge-         und Lehrer/-innen fortgebildet im Unterricht mit
staltete Praxisbegleitordner. Den Praxisanleitern       digitalen und sozialen Medien.
fällt daran sofort auf, dass der tätigkeitsorientier-   Damit haben wir uns auf eine spannende Reise
te Ausbildungskatalog von Verrichtungen fehlt,          begeben und schnell viel Neues dazugelernt. Wir
                                                        hoffen alle darauf, dass bald wieder Präsenzunter-
                                                        richt möglich sein wird. Leider mussten pandemie-
                                                        bedingt die fachpraktischen Unterrichte weitgehend
                                                        ausgesetzt bzw. verschoben werden und können
                                                        hoffentlich bald nachgeholt werden. Aber in der
                                                        Schule wird es wahrscheinlich nie mehr genau so
                                                        werden wie früher. Unsere Lern- und Übungs-
                                                        möglichkeiten haben sich erweitert. Einige davon
                                                        werden wir gelegentlich weiter benutzen.

                                                        Johanniterschwester Gela Spöthe

16   / Schwesternbrief März 2021
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