Sicherheit, Ru stung und Entwicklung in Empfa ngerla ndern deutscher Ru stungsexporte - REGIONALBERICHT
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\ REGIONALBERICHT 07\2020 Aserbaidschan, Kirgisistan & Turkmenistan Informationsdienst Sicherheit, Rü stung und Entwicklung in Empfä ngerlä ndern deutscher Rü stungsexporte
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN INHALT ZUSAMMENFASSUNG 2 GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR 4 Deutsche Rüstungsexporte 4 Bedeutung deutscher Rüstungsexporte für die Region 7 Militärausgaben 10 Streitkräftestruktur 11 Bewaffnung der Streitkräfte 14 Polizei und andere Sicherheitskräfte 16 INFORMATIONEN NACH DEN KRITERIEN DES GEMEINSAMEN STANDPUNKTS 18 Einhaltung internationaler Verpflichtungen 18 Achtung der Menschenrechte in der Region 20 Innere Lage in den Empfängerländern 24 Erhaltung von Frieden, Sicherheit und Stabilität in der Region 27 Bedrohung von Alliierten 29 Verhalten in der internationalen Gemeinschaft 30 Unerlaubte Wiederausfuhr 34 Wirtschaftliche und technische Kapazität der Länder 36 BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 1\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN ZUSAMMENFASSUNG Grunddaten zum Militärischen Sektor Aserbaidschan, Kirgisistan und Turkmenistan gehören nicht zu den Hauptempfängerländern deutscher Rüstungsexporte. Kirgisistan erhielt in den vergangenen Jahren vor allem Jagd- und Sportwaffen aus Deutschland, Aserbaidschan insbesondere Geländewagen mit Sonderschutz. Der im Vergleich der drei Staaten mit Abstand größte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter ist Turkmenistan, das unter anderem Kommunikations- und Navigationsausrüstung, Identifikationssysteme, Ausrüstung für elektronische Gegen- und Schutzmaßnahmen, Sicherheitsstahl sowie Flugabwehrsysteme in ein- bis zweistelliger Millionenhöhe erhalten hat. Für Turkmenistan ist die Türkei der wichtigste Waffenlieferant; Kirgisistan, das im regionalen Vergleich nur in sehr geringem Umfang Großwaffensysteme importiert, bezieht diese ausschließlich aus Russland. Aserbaidschan importierte in den vergangenen fünf Jahren vor allem Waffen aus Russland und Israel. Nach Russland und der Ukraine weist Aserbaidschan 2019 mit über 1,8 Milliarden US- Dollar im regionalen Vergleich die höchsten Militärausgaben der GUS-Staaten auf, obwohl es zu den eher kleineren ehemaligen Sowjetrepubliken zählt. Der Ölexporteur investierte 2019 rund 4 Prozent seines BIPs in den militärischen Sektor. Insbesondere seit 2010 stiegen die Militärausgaben im Zuge wechselseitiger verbaler Provokationen und militärischer Konfrontationen mit Armenien deutlich an. Infolge gesunkener Rohstoffpreise investierte Aserbaidschan zuletzt jedoch wieder weniger ins Militär. Die veraltete Militärtechnik der ehemaligen Sowjetunion, die bei der Gründung der Republik Aserbaidschan 1991 zum größten Teil in den Besitz der Streitkräfte übergegangen war, wurde durch moderne, im Inland produzierte oder aus dem Ausland importierte Waffensysteme ersetzt. Neben 18.000 bis 20.000 Soldaten sind in der Region Bergkarabach derzeit rund 400 bis 600 moderne Kampfpanzer sowie gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriesysteme sowie einige Helikopter stationiert. Die Gesamtstärke des Militärs sowie die Stärke aller Teilstreitkräfte (Heer, Marine, Luftwaffe) liegen deutlich über dem regionalen Durchschnitt. Turkmenistan ist bestrebt, seine Armee zu modernisieren. Ähnlich wie andere GUS- Staaten hat auch Turkmenistan nach dem Zusammenbruch der UdSSR die sowjetische Militärinfrastruktur weitergehend übernommen. Das größte Problem der turkmenischen Verteidigung bleibt die mangelhafte Qualifizierung des Militärpersonals, sodass die turkmenischen Streitkräfte, trotz moderner Kampfjets und -panzer, insgesamt durch eine niedrige Einsatzfähigkeit gekennzeichnet sind. Die kirgisische Armee ist die kleinste und schwächste in der zentralasiatischen Region und zählt 10.900 aktive Soldaten. Auch wenn Kirgisistan 2019 lediglich 115 Millionen US- Dollar in sein Militär investierte, liegt dieser Haushaltsposten mit rund 1,5 Prozent des nationalen BIP lediglich etwas unter dem regionalen Durchschnitt. Die Militärdoktrin vom Juli 2013 enthielt detaillierte Pläne zur Reform der Streitkräfte mit verbesserten Führungsstrukturen, effektiver militärischer Logistik und einem modernen Luftverteidigungssystem. Bis heute scheint es diesbezüglich allerdings nur wenige Fortschritte gegeben zu haben. 2\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts der Europäischen Union Seit 1992 existiert ein Ersuchen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an die Mitgliedsstaaten, gegen die Konfliktparteien im Bergkarabach- Konflikt nationale Waffenembargos zu verhängen. In Deutschland besteht seither ein Waffenembargo gegen Aserbaidschan. Gegen Kirgisistan und Turkmenistan bestehen derzeit keine Waffenembargos der Europäischen Union, Vereinten Nationen oder OSZE. Aserbaidschan, Kirgisistan und Turkmenistan sind den meisten internationalen Menschenrechtsabkommen und Vereinbarungen des humanitären Völkerrechts beigetreten. Die Menschenrechtslage ist jedoch in allen drei Staaten kritisch. Die Polizei ist als Instrument des staatlichen Repressionssystems in allen drei Staaten für eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlungen mit Todesfolge und die gewaltsame Niederschlagung zivilgesellschaftlicher Proteste, auch unter Einsatz von Schusswaffen, verantwortlich. Aserbaidschan befindet sich seit 1991 in einem bewaffneten Konflikt mit der selbsternannten Republik Arzach (bis 2017 Republik Bergkarabach) sowie der Regierung von Armenien um die Region Bergkarabach. Im April 2016 kam es zur schwersten militärischen Eskalation seit 1994. In Kirgisistan und Turkmenistan gibt es zurzeit keine bewaffneten innerstaatlichen Konflikte. Allerdings existieren in Kirgisistan nach wie vor Spannungen zwischen Kirgisen und Angehörigen der usbekischen Minderheit. Die vermeintliche Stabilität Turkmenistans basiert nicht zuletzt auf der massiven Unterdrückung oppositioneller Kräfte durch den Staatsapparat. Die Beziehungen zwischen den zentralasiatischen Staaten, zu denen auch Kirgisistan und Turkmenistan zählen, sind gekennzeichnet durch verschiedene Konflikte; etwa um den Zugang zu Wasser und Rohstoffen. Im Südkaukasus bestimmt derzeit primär der Konflikt zwischen Armenien und Aserbaidschan um Bergkarabach die Sicherheitslage. Nicht unproblematisch sind auch die Beziehungen zwischen Aserbaidschan und dem Iran sowie Konflikte der Anrainerstaaten um die Öl- und Gasvorkommen im Kaspischen Meer. Als Folge des Gewaltkonfliktes in der Region Bergkarabach befinden sich derzeit sowohl in Aserbaidschan als auch Armenien einige Soldaten im Auftrag der OSZE. In Afghanistan, das süd-östlich an Turkmenistan grenzt, sind im Rahmen der ISAF Folgemission Resolute Support rund 13.500 Soldaten, überwiegend aus NATO-Staaten, stationiert – 960 davon aus Deutschland. Alle drei Staaten sind den wichtigsten internationalen Abkommen zur Terrorismusbekämpfung beigetreten. Zentralasien ist mit einer zunehmenden islamistischen Radikalisierung konfrontiert. Die organisierte Kriminalität floriert sowohl in Zentralasien, als auch im Kaukasus. Im Zuge des Konflikts in Afghanistan sind alle drei Staaten vom illegalen Waffenhandel betroffen. Viele der Transportrouten in und aus dem Kriegsgebiet verlaufen durch die südkaukasische sowie zentralasiatische Region. Während wir für Turkmenistan über keine verlässlichen Angaben verfügen, investieren Kirgisistan und insbesondere Aserbaidschan viele Ressourcen in das Militär. Die menschliche Entwicklung (nach dem Human Development Index) in Aserbaidschan ist aber vergleichsweise hoch. Kirgisistan schneidet hinsichtlich einiger sozio- ökonomischer Rahmendaten schlechter ab. Sollte sich der Anteil der Militärausgaben am BIP deutlich erhöhen, so besteht ein Risiko, dass dies zu Lasten der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung geht. BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 3\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN GRUNDDATEN ZUM MILITÄRISCHEN SEKTOR Deutsche Rüstungsexporte Tabelle 1 Deutsche Rüstungsexporte nach Außenwirtschaftsgesetz, 2009-2019 (in Millionen Euro) Jahr Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan 2009 Gesamtwert: 1,18 Gesamtwert: 0,03 Gesamtwert: 8,34 Geländewagen mit Jagdgewehre und Teile dafür: Kommunikationsausrüstung Sonderschutz 58,4% und Teile dafür: 73,9% [Amerikanische Botschaft] Munition für Jagdwaffen, LKW, Geländewagen mit und Feuerwehrfahrzeug: Sportwaffen und Flinten: Sonderschutz und Teile für 100% 41,6% gepanzerte Fahrzeuge: 26% 2010 Gesamtwert: 0,39 Gesamtwert: 0,01 Gesamtwert: 0,02 Geländewagen mit Sportgewehre: 69,2% Jagdgewehre und Sonderschutz: 100% Munition für Jagdwaffen und Sportgewehre: 72,6% Sportwaffen: 30,8% Teile für Panzer: 25,6% 2011 Gesamtwert: 0,33 Gesamtwert: 0,06 Gesamtwert: 2,83 Flugkörperabwehrsysteme Jagdgewehre, Sportgewehre Kommunikationsausrüstung, und Teile für und Teile für Jagdgewehre, Identifikationssysteme und Flugkörperabwehrsysteme: Sportgewehre: 76,5% Teile für 100% Munition für Jagdwaffen und Kommunikationsausrüstung, Sportwaffen: 23,5% Navigationsausrüstung: 53,6% Teile für Hubschrauber: 35,4% 2012 --- Gesamtwert: 0,02 Gesamtwert: 3,83 Munition für Jagdwaffen und Kommunikationsausrüstung, Sportwaffen: 50,9% Navigationsausrüstung, Beschusshemmende Identifizierungssysteme und Verglasung [Botschaft]: 25,5% Teile für elektronische Jagdgewehre und Ausrüstung, Sportgewehre: 23,6% Kommunikationsausrüstung, Navigationsausrüstung: 99,9% 2013 Gesamtwert: 0,35 --- Gesamtwert: 39,32 Geländewagen mit Kommunikationsausrüstung, Sonderschutz Ausrüstung für [Regierungsfahrzeug]: 74,7% elektronische Gegen- Teile für eine /Schutzmaßnahmen und Tunnelvortriebsmaschine: Teile für 25,3% Kommunikationsausrüstung, elektronische Gegen- /Schutzmaßnahmen, Baugruppen: 81% 2014 --- Gesamtwert: 0,22 Gesamtwert: 4,27 4\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Jahr Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Geländewagen mit Teile für Sonderschutz [Botschaft]: Flugabwehrsysteme für 95,5% Schiffe: 78,6% Kommunikationsausrüstung, Datenverarbeitungsausrüstu ng und Teile für Magnetfeldröhren, Navigationsausrüstung: 21,4% 2015 --- Gesamtwert: 0,12 Gesamtwert: 10,63 Jagdgewehre, Kommunikationsausrüstung, Jagdselbstladeflinten, Messausrüstung, Mündungsbremsen und Teile Prüfausrüstung und Teile für für Jagdgewehre: 47% Kommunikationsausrüstung Bombenschutzanzüge: 27,6% : 51% Munition für Jagdwaffen und Sattelauflieger: 42,3% Sportwaffen: 25,4% 2016 Gesamtwert: 0,29 Gesamtwert: 0,02 Gesamtwert: 6,39 Geländewagen mit Jagdgewehre: 100% Kommunikationsausrüstung Sonderschutz: 95,5% und Teile für Kommunikationsausrüstung, Funkaufklärung: 40,6% Sicherheitsstahl: 19,3% Teile für gepanzerte Fahrzeuge: 16,7% Flugabwehrsysteme (ohne Waffen) und Teile für Flugabwehrsysteme: 14,8% 2017 Gesamtwert: 0,30 Gesamtwert: 0,04 Gesamtwert: 3,58 Geländewagen mit Bombenschutzanzüge: 75,2% Kommunikationsausrüstung Sonderschutz: 100% Jagdgewehre und Teile für und Teile für Jagdgewehre: 24,8% Kommunikations- ausrüstung: 96,2% 2018 Gesamtwert: 0,05 Gesamtwert: 0,21 Gesamtwert: 0,02 Bodengeräte: 96,1% Jagdgewehre, Rohrwaffen- Teile für Hubschrauber: Lafetten, Magazine, 87,6% Mündungsbremsen und Teile für Jagdgewehre: 74,7% Munition für Jagdwaffen und Sportwaffen: 25,3% 2019 --- Gesamtwert: 0,46 Gesamtwert: 7,58 Jagdgewehre, Sportgewehre, Unterwasserortungsgeräte Magazine, Rohrwaffen- und Teile für Unterwasser- Lafetten und Teile für ortungsgeräte: 79,4% Jagdgewehre: 100% Kommunikationsausrüstung und Teile für Kommu- nikationsausrüstung: 19,5% Quelle: Rüstungsexportberichte der Bundesregierung 2009-2019, verfügbar auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie http://www.bmwi.de BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 5\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Schaubild 1 Deutsche Rüstungsexporte, 2009-2019 45 40 35 Aserbaidschan 30 Kirgisistan MILLIONEN EURO 25 Turkmenistan 20 15 10 5 0 Schaubild 2 Prozentualer Anteil der Empfängerländer am Gesamtwert der Exporte, 2009-2019 Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Quelle: Rüstungsexportberichte der Bundesregierung 2009-2019, verfügbar auf der Website des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie http://www.bmwi.de 6\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Kommentar Aserbaidschan, Kirgisistan und Turkmenistan gehören nicht zu den Hauptempfängerländern deutscher Rüstungsexporte. In den vergangenen Jahren lieferte Deutschland regelmäßig Jagd- und Sportwaffen mit dazugehöriger Munition sowie Bombenschutzanzüge nach Kirgisistan. Aserbaidschan erhielt, in geringem finanziellem Umfang, insbesondere Geländewagen mit Sonderschutz aus deutscher Produktion. Im Juni 2018 unterzeichnete der Rüstungskonzern Rheinmetall auf der Pariser Rüstungsmesse Eurosatory jedoch eine Absichtserklärung über eine künftige bilaterale Kooperation mit der Kaukasusrepublik, gegen die seit 1992 aufgrund der Beteiligung am Bergkarabach-Konflikt ein Waffenembargo der OSZE besteht. Der im Vergleich mit Abstand größte Abnehmer deutscher Rüstungsgüter ist Turkmenistan, das laut SIPRI Arms Transfers Database (Stand: März 2020) zwischen 2015 und 2019 an der 44. Stelle (2010-2014: Platz 52) unter den weltweit größten Waffenimporteuren rangiert. So erhielt der zentralasiatische Staat Kommunikations- und Navigationsausrüstung, Identifikationssysteme, Ausrüstung für elektronische Gegen- und Schutzmaßnahmen, Sicherheitsstahl sowie Flugabwehrsysteme in ein- bis zweistelliger Millionenhöhe. Die vom Volumen her höchsten genehmigten deutschen Rüstungsexporte nach Turkmenistan entfielen mit insgesamt 39,32 Millionen Euro auf das Jahr 2013. Turkmenistan ist zugleich der einzige Staat, der in den vergangenen fünf Jahren Großwaffensysteme aus Deutschland importierte. So wurden 2014 zwölf MTU-4000 Dieselmotoren für sechs schnelle Angriffsboote aus der türkischen Dearsan-Werft bestellt, die von MTU in Friedrichshafen produziert und zwischen 2015 und 2017 ausgeliefert wurden. Zusätzlich gelangte über den Re-Export Italiens deutsche Rüstungstechnik (Teile für gepanzerte Fahrzeuge) nach Turkmenistan. Die Lieferung von Granatwerfern und Gewehren wurde der Schmeisser GmbH 2010 untersagt. Bedeutung deutscher Waffensysteme für die Region Tabelle 2 Höhe der Exporte von Großwaffensystemen in die Region 2015-2019, Mio. USD Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2015-2019 Aserbaidschan 335 274 275 322 25 1231 Kirgisistan 4 9 13 1 15 42 Turkmenistan 172 428 92 - - 692 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Arms Transfers Database: http://armstrade.sipri.org/armstrade/page/values.php BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 7\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Tabelle 3 Deutsche Exporte von Großwaffensystemen in die Region 2015-2019, Mio. USD Jahr 2015 2016 2017 2018 2019 2015-2019 Aserbaidschan - - - Kirgisistan - - - Turkmenistan 4 12 8 - - 24 Alle Angaben in konstanten Preisen mit 1990 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Arms Transfers Database: http://armstrade.sipri.org/armstrade/page/values.php Schaubild 3 Wichtigste Lieferanten von Großwaffensystemen zwischen 2015-2019, in Prozent Slowakei: 1,3% Belarus: 1% Italien: 5,1% 100% Türkei: 2,8% Niederlande: 4,6% 90% 80% Israel: 42,7% China : 30,6% 70% 60% Russland : 100% 50% 40% Türkei: 42,8% 30% Russland : 51,1% 20% 10% Russland : 13,5% 0% Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Für die absoluten Werte der Importe von Großwaffensystemen siehe Tabelle 2. Quelle: SIPRI Arms Transfers Database, http://armstrade.sipri.org/armstrade/html/export_values.php 8\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Kommentar zu den Waffenkäufen Für Turkmenistan zählt die Türkei zu den wichtigsten Waffenlieferanten: Sie exportierte neben sechs Schnellbooten vom Typ Dearsan 33m auch zehn YTBK Patrouillenboote, 34 gepanzerte Amphibienfahrzeuge vom Typ COBRA sowie 28 Kirpi, gepanzerte Fahrzeuge des türkischen Rüstungskonzerns BMC. Turkmenistan ist wiederum der wichtigste Abnehmer türkischer Waffen. China war der zweitgrößte Exporteur von Waffen nach Turkmenistan und lieferte in den vergangenen Jahren unter anderen 41 FM-90 Flugabwehrraketensysteme, 76 Langstreckenraketen zur Flugabwehr (HQ-9), zwei Überwachungsradare sowie rund 50 Boden-Luft-Raketen (KS-1A). Drittgrößter Lieferant war Russland, gefolgt von Italien und den Niederlanden. Russland ist zugleich der einzige Waffenlieferant nach Kirgisistan, das im regionalen Vergleich nur in sehr geringem Umfang Großwaffensysteme importierte – darunter zehn 120mm-Haubitzen D-30, 60 BTR-70 Schützenpanzer sowie zwei leichte Transportflugzeuge vom Typ Anatonow An-26 (alle gebraucht und russische Schenkung). Laut SIPRI lag Kirgisistan zwischen 2015 und 2019 im Ranking der weltweit größten Waffenimporteure lediglich an 105. Stelle. Aserbaidschan hingegen steht in diesem Ranking auf Platz 30 (2015-2019). Es importierte in den vergangenen fünf Jahren konventionelle Großwaffensysteme in einem finanziellen Umfang von rund 1,9 Mrd. US-Dollar, wovon 51 Prozent aus Russland und rund 43 Prozent aus Israel stammten. So belieferte Russland den Staat der einstigen Sowjetrepublik, der zu den weltweit größten Waffenimporteuren gehört, u. a. mit 66 Mi- 17 Transporthelikoptern, 118 BMP-3 Schützenpanzern sowie 1.000 dazugehörigen 9M117 Panzerabwehrlenkraketen, 1000 T-90S Kampfpanzern, 70 gepanzerte Mannschaftstransportern (BTR-82A) und zwei Flugabwehrraketensystemen (9K37 Buk- MB) mit dazugehörigen Raketen (200 Stück). Nach einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin im September 2018 bekräftigte der aserbaidschanische Staatschef Ilham Aliyev, dass die Ex-Sowjetrepublik ihre Armee auch zukünftig weiter umfangreich mit russischen Waffen modernisieren möchte. Medienberichten zufolge belief sich der Wert der russischen Waffenlieferungen an Ascherbaidschan in den vergangen Jahren (2010-2015) bereits auf über 4 Mrd. Euro. Auch aus Israel erhielt Aserbaidschan in den vergangenen Jahren hochmoderne Waffensysteme, darunter mehrere Aufklärungsdrohnen; zehn Hermes-450, fünf IAI Heron sowie fünf Searcher. Die kleine Orbiter-Drohne wird in verschiedenen Versionen mit Lizenz in Aserbaidschan produziert. Zudem lieferte Israel zwischen 2014 und 2015 sechs Patrouillenboote der Shaldag-Klasse, 50 bewaffnete IAI Harop, 50 gepanzerte Mannschaftstransporter, sechs mobile Raketenabwehrsysteme (Iron Dome) sowie eine Vielzahl an Flug- und Panzerabwehrraketen. BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 9\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Militärausgaben Tabelle 4 Absolute Militärausgaben und Anteil am BIP 2015 2016 2017 2018 2019 Militärausgaben (in Millionen US-Dollar) Aserbaidschan 2262 1509 1584 1672 1804 Kirgisistan 115 115 115 115 115 Turkmenistan - - - - - Anteil am BIP (in Prozent) Aserbaidschan 5,5 3,7 3,8 3,6 4 Kirgisistan 1,8 1,7 1,6 1,6 1,5 Turkmenistan - - - - - Anteil an Staatsausgaben (in Prozent) Aserbaidschan 14,1 10,4 10,6 10,7 11,3 Kirgisistan 4,6 4,3 4,1 4,6 4,1 Turkmenistan - - - - - Angaben in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database Schaubild 4 Absolute Militärausgaben, Trend 2009 – 2019 in Mio. USD 2500 2000 1500 Aserbaidschan 1000 Kirgisistan 500 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Für die turkmenischen Militärausgaben wurden keine Zahlen von SIPRI veröffentlicht. Alle Angaben in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database 10\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Schaubild 5 Anteil der Militärausgaben am BIP, Trend 2009 – 2019 (in Prozent) 6 5 4 Aserbaidschan 3 Kirgisistan 2 1 0 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 Für die turkmenischen Militärausgaben wurden keine Zahlen von SIPRI veröffentlicht. Alle Angaben in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr. Quelle: SIPRI Military Expenditure Database Streitkräftestruktur Wehrpflicht: Aserbaidschan: Ja; 12 bis 18 Monate (18. – 35. Lebensjahr) Kirgisistan: Ja; 12 bis 18 Monate (18. – 27. Lebensjahr) Turkmenistan: Ja; 2 Jahre (18. – 30. Lebensjahr) Box 1 Gesamtstärke der Streitkräfte Aserbaidschan: Kirgisistan: Turkmenistan: 66.950 aktive Streitkräfte 10.900 aktive Streitkräfte 36.500 aktive Streitkräfte Heer: 56.850 Heer: 8.500 Heer: 33.000 Luftwaffe: 7.900 Luftwaffe: 2.400 Luftwaffe: 3.000 Marine: 2.200 Marine: 500 Paramilitärs: 15.000 Paramilitärs: 9.500 Paramilitärs: 5.000 Reserve: 300.000 Quelle: IISS Military Balance 2020 BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 11\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Schaubild 7 Gesamtstärke der Streitkräfte im Vergleich, 2019 80000 70000 60000 50000 40000 30000 20000 10000 0 Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Aktive Streitkräfte Heer Marine Luftwaffe Paramilitär Die gestrichelte Linie veranschaulicht den jeweiligen Durchschnitt in der eurasischen Region. Bei der Berechnung dieses Durchschnittswerts wurden dabei folgende Länder berücksichtigt: Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan, Moldawien, Tadschikistan, Turkmenistan, Usbekistan und die Ukraine. Aufgrund ihrer enormen Truppenstärke und der damit einhergehenden Verschiebung wurde auf die Berücksichtigung des russischen Militärs bewusst verzichtet. Quelle: IISS Military Balance 2019 Kommentar Nach Russland und der Ukraine weist Aserbaidschan 2019 mit über 1,8 Milliarden US- Dollar im regionalen Vergleich die höchsten Militärausgaben der GUS-Staaten auf, obwohl es zu den eher kleineren ehemaligen Sowjetrepubliken zählt. Der Ölexporteur Aserbaidschan investierte in den vergangenen Jahren durchgehend 4 Prozent des BIPs und über 10 Prozent der Staatsausgaben in den militärischen Sektor. Insbesondere seit 2010 stiegen die Militärausgaben im Zuge wechselseitiger verbaler Provokationen und militärischer Konfrontationen mit Armenien – primär an der Waffenstillstandslinie in der südkaukasischen Region Bergkarabach – deutlich an. Seit 2011 erlaubten große Einnahmen aus dem Erdöl- und Erdgasexport eine enorme Aufstockung des Militärbudgets. Die Kampfhandlungen mit dem armenischen Militär setzten sich in regelmäßigen Abständen fort. Im April 2016 etwa starben bei viertätigen Kämpfen 92 armenische und 31 aserbaidschanische Soldaten. Durch diesen jahrzehntelangen Konflikt mit Armenien ist das aserbaidschanischen Militär kampferprobt. Die veraltete Militärtechnik der ehemaligen Sowjetunion, die bei der Gründung 1991 zum größten Teil in den Besitz der aserbaidschanischen Streitkräfte übergegangen war, wurde durch moderne im Inland produzierte oder aus dem Ausland importierte 12\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Waffensysteme ersetzt. So wurde, als Folge der ständigen Gefechtsbereitschaft an der westlichen Landesgrenze, das militärische Equipment aller Teilstreitkräfte einer umfassenden Modernisierung unterzogen. Neben 18.000 bis 20.000 Soldaten sind in Bergkarabach derzeit rund 400 bis 600 moderne Kampfpanzer sowie gepanzerte Kampffahrzeuge, Artilleriesysteme sowie einige Helikopter stationiert. Die Gesamtstärke des Militärs sowie aller Teilstreitkräfte (Heer, Marine, Luftwaffe) liegt deutlich über dem regionalen Durchschnitt. Der Binnenstaat am Kaspischen Meer verfügt mit 300.000 Personen zusätzlich über eine große Anzahl militärisch ausgebildeter Reservisten. Dem Innenministerium unterstehen weitere 15.000 paramilitärische Einheiten, darunter der staatliche Grenzschutz inklusive Küstenwache (rund 5.000 Paramilitärs) sowie die Truppen des Inneren (über 10.000 Paramilitärs). Militärisch kooperiert Aserbaidschan eng mit der Ukraine, den USA, Pakistan und insbesondere der Türkei. So werden die Eliteeinheiten des Heeres von türkischen Offizieren ausgebildet. Seit 2013 ist Aserbaidschan neben der Türkei, Kirgisistan und der Mongolei Mitglied der Eurasien- Sondereinheit mit militärischem Status, kurz TAKM. Aserbaidschan ist Mitglied in der GUAM-Allianz und der Partnerschaft für den Frieden der NATO. Im Rahmen dieser Partnerschaft beteiligte sich Aserbaidschan mit 120 Soldaten an der ISAF-Folgemission Resolute Support in Afghanistan und entsandte zudem Truppen in den Kosovo und den Irak. Turkmenistans Militärdoktrin von 2016 wiederum enthält ein klares Verbot für den Einsatz der Streitkräfte außerhalb der eigenen Landesgrenzen. Darüber hinaus proklamiert sie die Neutralität Turkmenistans. Auf die Beteiligung an internationalen politisch-militärischen Bündnissen und Blöcken wird verzichtet, um an keiner Form regionaler Rivalität beteiligt zu sein. Präsident Berdymuhamedow ist bestrebt, die Armee zu modernisieren. Denn ähnlich wie andere GUS-Staaten hat auch Turkmenistan nach dem Zusammenbruch der UdSSR die sowjetische Militärinfrastruktur weitestgehend übernommen. Die ehemalige sowjetische Divisionsstruktur des Heeres wird derzeit in ein modernes Brigade-System transferiert. Die Gesamtstärke der Streitkräfte, primär der Bodentruppen, wurde seither deutlich erhöht. Verfügte das turkmenische Militär 2008 noch über 22.000 Soldaten, stieg die Anzahl der aktiven Streitkräfte bis 2018 auf 36.500 an. Zusätzlich wurden in der Militärdoktrin von 2016 qualitative und quantitative Defizite im militärischen Equipment identifiziert und geplante Neubeschaffungen für die Luftwaffe und die Marine verankert, um die Präsenz der Marine im Kaspischen Meer zu erhöhen. Auch die Verteidigungsfähigkeit des paramilitärischen Grenzschutzes soll ausgebaut werden, um die territoriale Integrität an der afghanischen Landesgrenze zu verteidigen. Das größte Problem der turkmenischen Verteidigung bleibt die mangelhafte Qualifizierung des Militärpersonals, sodass die turkmenischen Streitkräfte, trotz moderner Kampfjets und -panzer, insgesamt durch eine niedrige Einsatzfähigkeit gekennzeichnet sind. Die kirgisische Armee ist die kleinste und schwächste in der zentralasiatischen Region und zählt 10.900 aktive Soldaten. Auch wenn Kirgisistan 2019 lediglich 115 Millionen US- Dollar in sein Militär investierte, liegt dieser Haushaltsposten mit rund 1,5 Prozent des nationalen BIPs lediglich etwas unter dem regionalen Durchschnitt. Neben dem Heer und der Luftwaffe verfügt Kirgisistan über einen Grenzschutz (5.000 Paramilitärs), Interne Truppen (3.500 Paramilitärs) sowie eine Nationalgarde (1.000 Paramilitärs). Insgesamt haben die kirgisischen Streitkräfte eine geringe Desertionsquote, trotz niedrigem BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 13\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Ausbildungs- und Ausstattungsniveau, sowie niedriger Besoldung. Die Militärdoktrin vom Juli 2013 enthielt detaillierte Pläne zur Reform der Streitkräfte mit verbesserten Führungsstrukturen, effektiver militärischer Logistik und einem modernen Luftverteidigungssystem. Bis heute scheint es diesbezüglich allerdings nur wenige Fortschritte gegeben zu haben. Indes existiert eine enge strategische Partnerschaft mit und Abhängigkeit von Russland. Kirgisistan ist Mitglied in der von Russland angeführten Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit (OVKS) und nimmt auch an Militärübungen der OVKS teil. Bewaffnung der Streitkräfte Tabelle 5 Heer Waffenkategorien Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Schwere Panzer 439 150 654 Aufklärer 15 39 Mehr als 260 Schützenpanzer 216 320 1038 Gepanzerte Mannschaftstransporter 568 55 Mehr als 898 Artillerie 598 228 765 Panzerabwehr 10 36 Mehr als 118 Drohnen 3 - Einige Luftabwehr Einige 48 Mehr als 123 Raketen 6 - Einige Quelle: IISS Military Balance 2020 Tabelle 6 Marine Waffenkategorien Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Patrouillenboote 12 - 4 Davon Korvetten 1 - - Minenboote 4 - - 14\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Waffenkategorien Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Amphibienfahrzeuge 6 - - Logistik und Unterstützung (Schiffe) 1 - 1 Quelle: IISS Military Balance 2020 Tabelle 7 Luftwaffe Waffenkategorien Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Jagdbomber - - - Abfangjäger 15 - 24 Kampfflugzeuge 21 - 31 Transportflugzeuge 4 6 3 Ausbildungsflugzeuge 15 4* 2 Kampfhubschrauber 26 2 10 Transporthubschrauber 24 8 Mehr als 11 Mehrzweckhubschrauber Mehr als 20 - Mehr als 2 Drohnen 16 - - Raketen Einige - Einige Luftabwehr Einige Einige Einige Die mit einem * versehenen Werte kennzeichnen kampffähige Ausbildungsflugzeuge. Quelle: IISS Military Balance 2020 Box 2 Paramilitärische Einheiten Aserbaidschan: Turkmenistan: Grenzschutz: Grenzschutz: 168 Schützenpanzer 33 Patrouillenboote 19 gepanzerte Mannschaftstransporter 1 Amphibienfahrzeug 3 Artilleriegeschütze 2 Mehrzweckhubschrauber 24 Kampfhubschrauber Mehr als 3 Transporthubschrauber Einige Drohnen (Hermes 900) BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 15\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Küstenwache: 17 Patrouillenboote 5 Logistik und Unterstützung (Schiffe) Interne Truppen: 7 gepanzerte Mannschaftstransporter Kirgisistan verfügt zwar über paramilitärische Einheiten (Grenzschutz, Interne Truppen, Nationalgarde), genauere Informationen zu deren Bewaffnung macht das IISS allerdings nicht. Quelle: IISS Military Balance 2020 Box 3 Peacekeeping Afghanistan (NATO - Südsudan (UNMISS) Sudan (UNAMID) Operation Resolute Support) Aserbaidschan 120 Soldaten - - Kirgisistan - 2 Soldaten 1 Soldat Turkmenistan - - - Quelle: IISS Military Balance 2020 Polizei und andere Sicherheitskräfte Tabelle 8 Ausgaben für öffentliche Ordnung und Sicherheit 2013 2014 2015 2016 2017 Aserbaidschan 0,64 0,68 0,68 0,75 0,79 Kirgisistan - - - - - Turkmenistan - - - - - Angaben in Milliarden US-Dollar. Die Ausgaben für Sicherheit und öffentliche Ordnung wurden von nationalen Währungen in US-Dollar in konstanten Preisen mit 2018 als Basisjahr umgerechnet. Quelle: IMF Government Finance Statistics Die Polizei Aserbaidschans untersteht dem Innenministerium. Aufgrund der geringen Bezahlung der Polizisten sind Korruption und Erpressung weit verbreitet. Ein im Juli 2018 veröffentlichter Bericht des Europarates verurteilt die aserbaidschanischen 16\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Sicherheitskräfte für die Anwendung von Folter. So wurden in Gefängnissen und Polizeianstalten hunderte Fälle von Folter und anderen Misshandlungen dokumentiert, einige mit Todesfolge. Unter massiver Gewaltanwendung geht die Polizei gegen Menschenrechtler, Kulturschaffende, politische Aktivisten und regierungskritische Journalisten vor, wie Human Rights Watch vermehrt beobachtete. Schlechte Bezahlung, Ausbildung und Ausstattung kennzeichnen auch die Situation der kirgisischen Polizei. Das Innenministerium arbeitet seit 2004 an einer von der OSZE initiierten Reform der Sicherheitsbehörden. Dennoch kommt es häufig bei friedlichen zivilgesellschaftlichen Demonstrationen, die sich meist gegen negative innenpolitische Entwicklungen richten, zu gewaltsamen Zusammenstößen mit den Sicherheitsbehörden. Politische Gegner werden dabei willkürlich wegen Delikten wie Verkehrsbehinderung von der Polizei festgenommen und teilweise im Gefängnis gefoltert. Zur Auflösung von Massenprotesten wurden in der Vergangenheit auch Schusswaffen eingesetzt. So wurden im April 2010 beispielsweise 80 Demonstranten bei Protesten gegen das Regime des damaligen Präsidenten Bakijew getötet. Auch Antiterroreinsätze fordern vermehrt zivile Opfer. Die weit verbreitete Korruption hat das Vertrauen in die Polizei stark erschüttert. Das Geschäft privater Sicherheitsfirmen floriert. Derzeit existieren in Kirgisistan mehr als 400 private Sicherheitsfirmen, deren Mitarbeiter mit Schusswaffen ausgestattet sind. In Turkmenistan gehört die Polizei, neben Militär und Geheimdienst, mit über 25.000 Angestellten zu den größten Arbeitgebern des Landes. Sie dient Präsident Berdimuhamedow zum Machterhalt in einem der repressivsten und abgeriegeltsten Länder der Welt. Politische Gegner werden misshandelt, verhaftet oder verschwinden. Untersuchungshäftlinge und Gefangene werden von den Sicherheitsbehörden gefoltert und misshandelt, in manchen Fällen führte dies zu ihrem Tod. Innerhalb des Staats- und Polizeiapparates ist Korruption weit verbreitet. Transparency International zählt Turkmenistan zu den zehn korruptesten Nationen der Erde. Die fünf Millionen Einwohner des Landes stehen unter der umfassenden Kontrolle und Beobachtung des staatlichen Repressionssystems. Regimefeindliche Aktivitäten werden von den Polizeikräften im Keim erstickt. BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 17\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Informationen nach den Kriterien des Gemeinsamen Standpunkts Überblick über die Einstufung nach BICC-Datenbank Kriterium Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan 1. Einhaltung internationaler Möglicherweise Möglicherweise Nicht kritisch Verpflichtungen kritisch kritisch 2. Achtung der Menschenrechte Kritisch Kritisch Kritisch im Empfängerland 3. Innere Lage im Möglicherweise Möglicherweise Möglicherweise Empfängerland kritisch kritisch kritisch 4. Erhalt von Frieden, Sicherheit Möglicherweise Möglicherweise Nicht kritisch und Stabilität in der Region kritisch kritisch 5. Bedrohung von Alliierten Möglicherweise Nicht kritisch Nicht kritisch kritisch 6. Verhalten in der int. Kritisch Möglicherweise Möglicherweise Gemeinschaft kritisch kritisch 7. Unerlaubte Wiederausfuhr Kritisch Kritisch Kritisch 8. Wirtschaftliche und technische Nicht kritisch Nicht kritisch --- Kapazitäten des Landes Quelle: Bonn International Center for Conversion (BICC): Rüstungsexport-Datenbank (ruestungsexport.info). Einhaltung internationaler Verpflichtungen Box 4 Bestehende Waffenembargos gegen Aserbaidschan, Kirgisistan und Turkmenistan Im Zuge des bewaffneten Konflikts zwischen Armenien und Aserbaidschan in der Region Bergkarabach verabschiedete der VN-Sicherheitsrat im Juli 1993 die Resolution 853. Diese Resolution forderte die Mitgliedsstaaten auf von Waffen- und Munitionslieferungen abzusehen, die zu einer Verschärfung des Konflikts oder der fortgesetzten Besetzung des Territoriums führen könnten. Da der Sicherheitsrat das nicht zwingende UN-Embargo seit 2002 nicht mehr aufführt, wird davon ausgegangen, dass das Embargo gegen Aserbaidschan nicht mehr aktiv ist. Dennoch existiert gegenwärtig weiterhin das im Februar 1992 formulierte Ersuchen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) an die Mitgliedsstaaten, gegen die Konfliktparteien im Bergkarabachkonflikt nationale Waffenembargos zu verhängen. In Deutschland besteht seither ein Waffenembargo gegen Aserbaidschan. Gegen Kirgisistan und Turkmenistan bestehen derzeit keine Waffenembargos der Europäischen Union, Vereinten Nationen oder OSZE. Quelle: SIPRI: Arms Embargo Database 18\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Tabelle 9 Mitgliedschaft in Abrüstungs- und Rüstungskontrollverträgen Kurzname des Abkommens Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Vertrag über die Nichtverbreitung von ✓ ✓ ✓ Kernwaffen von 1970 Biologie- und Toxinwaffen-Konvention ✓ ✓ ✓ von 1975 Konvention zum Verbot bestimmter ✗ ✗ ✓ konventioneller Waffen von 1983 Chemiewaffen-Konvention von 1997 ✓ ✓ ✓ Anti-Personenminen-Konvention (Ottawa ✗ ✗ ✓ Vertrag) von 1999 The Hague Code of Conduct 2002 ✓ ✗ ✓ Übereinkommen über Streumunition von ✗ ✗ ✗ 2010 Der Internationale Waffenhandelsvertrag ✗ ✗ ✗ 2014 Quelle: SIPRI: Yearbook, Armaments, Disarmament and International Security Kommentar Alle drei Staaten sind mit dem Vertrag über die Nichtverbreitung von Kernwaffen, der Biowaffen- sowie der Chemiewaffen-Konvention den drei wichtigsten internationalen Verträgen zur Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen beigetreten. Anders sieht es hingegen im Hinblick auf die Begrenzung konventioneller Waffen und speziell im Bereich der humanitären Rüstungskontrolle aus. So hat bislang nur Turkmenistan die Anti-Personenminen-Konvention ratifiziert. Dem Übereinkommen über Streumunition ist keines der drei Länder beigetreten. Dasselbe gilt auch für den Internationalen Waffenhandelsvertrag von 2014. Aserbaidschan produziert und exportiert nach eigener Auskunft keine Anti- Personenminen und auch keine Streumunition; verfügt aber in beiden Waffenkategorien noch über Bestände aus der Sowjetzeit. Es hat 1994 Anti-Personenminen im Konflikt mit Armenien eingesetzt und auch die Möglichkeit eines zukünftigen Einsatzes nicht ausgeschlossen. Laut dem Landmine & Cluster Munition Monitor gibt es glaubwürdige Beweise dafür, dass Aserbaidschan im Zuge der Kämpfe im April 2016 in der Region Bergkarabach mindestens zwei Typen von bodengestützten Raketen mit Streumunition eingesetzt hat. Kirgisistan produziert und exportiert keine Minen und auch keine Streumunition, verfügt aber ebenfalls noch über Altbestände an Anti-Personenminen aus der Zeit der Sowjetunion. BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 19\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Turkmenistan produziert und exportiert ebenfalls weder Anti-Personenminen noch Streumunition; verfügte jedoch noch über Altbestände sowjetischer Streumunition. Die Altbestände an Anti-Personenminen wurden hingegen bis November 2004 zerstört. Achtung der Menschenrechte in der Region Tabelle 10 Mitgliedschaft in UN-Menschenrechtsabkommen und Vereinbarungen des internationalen humanitären Völkerrechts Kurzname des Abkommens Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Genfer Konvention zum Schutz von ✓ ✓ ✓ Zivilisten in Kriegszeiten von 1950 Zusatzprotokolle zur Genfer Konvention ✗ ✓ ✓ von 1950 zum Schutz von Opfern in bewaffneten Konflikten von 1978 Völkermord-Konvention von 1951 ✓ ✓ ✗ Internationales Übereinkommen zur ✓ ✓ ✓ Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, 1969 Internationaler Pakt über wirtschaftliche, ✓ ✓ ✓ soziale und kulturelle Rechte, 1976 Internationaler Pakt über bürgerliche und ✓ ✓ ✓ politische Rechte, 1976 Übereinkommen zur Beseitigung jeder ✓ ✓ ✓ Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW), 1981 Fakultativprotokoll zum CEDAW, 2000 ✓ ✓ ✓ Übereinkommen gegen Folter und andere ✓ ✓ ✓ grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe, 1987 Übereinkommen über die Rechte des ✓ ✓ ✓ Kindes, 1990 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen ✓ ✓ ✓ über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten, 2002 Fakultativprotokoll zum Übereinkommen ✓ ✓ ✓ über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie, 2002 Internationaler Strafgerichtshof ✗ ✗ ✗ (Römisches Statut) von 2002 20\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Quelle: United Nations: Treaty Collection Tabelle 11 Indikatoren zur Menschenrechtslage Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Teilweise Frei Freedom House Index: Nicht Frei (10/100) Nicht Frei (2/100) (39/100) Political Rights 2/40 0/40 12/40 Civil Liberties 8/60 2/60 27/60 Voice and Accountability Index -1,57 -0,37 -2,14 Political Terror Scale: Amnesty International 3 3 3 U.S. State Department 3 3 3 Human Rights Watch 3 3 3 Military Interference in Rule of Law 5,00 5,20 - and the Political Process Quellen: Freedom House: Freedom House Index 2020; The World Bank: Worldwide Governance Indicators 2018; The Political Terror Scale 2018; Fraser Institute: Economic Freedom of the World 2019 Der Freedom House Index bewertet die politischen Rechte sowie bürgerlichen Freiheiten innerhalb eines Staates auf einer Skala von 1-40 bzw. 1-60. Der aggregierte Wert dieser Bewertungen bestimmt den Status eines Landes – Frei (71 bis 100), Teilweise Frei (31 bis 70) oder Nicht Frei (0 bis 30). Der Voice and Accountability Index reflektiert die Wahrnehmung der Bürger, inwiefern diese an der Wahl ihrer Regierung beteiligt werden und Meinungs- sowie Versammlungsfreiheit vorhanden ist. Die Einschätzung der Governance-Performance reicht von -2,5 (schwach) bis 2,5 (stark). Die Political Terror Scale (PTS) misst das Ausmaß staatlich sanktionierter oder staatlich verübter Gewalt. Die zur Erstellung des Index verwendeten Daten stammen aus drei verschiedenen Quellen: den jährlichen Länderberichten von Amnesty International, Human Rights Watch und dem US-Außenministerium. Die drei separaten Indikatoren der PTS bewerten das Maß politischer Gewalt mittels Leveln von 1 (Rechtsstaatlichkeit und Meinungsfreiheit, keine politische Verfolgung und Folter) bis 5 (gesamte Bevölkerung von grenzenlosem staatlichen Terror betroffen). Die Military Interference in Rule of Law and the Political Process – ein Indikator des Economic Freedom of the World-Index – beschäftigt sich wiederrum mit der politischen Beteiligung sowie Beeinträchtigung der Rechtsstaatlichkeit durch das Militär. Bewertet wird dies auf einer Skala von 1 (sehr hohes Risiko) bis 10 (sehr niedriges Risiko). Box 5 Auszüge aus den Jahresberichten von Amnesty International für 2018/2019 Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan The rights to freedom of Discrimination against Turkmenistan is one of the expression and peaceful women, people with most authoritarian regimes in assembly remained suppressed disabilities, LGBTI people and the world. Human rights as dissenting voices were ethnic minorities remained violations are routine and silenced and imprisoned, and widespread. Credible reports severe, the right to freedom of BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 21\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan peaceful protests were of torture and other ill- expression is severely violently dispersed by police. treatment in police custody restricted and all media are Persecution of government persisted and there continued controlled by the state. critics, including those forcibly to be no accountability for Torture and other ill- returned from abroad, human rights violations treatment is reported to be continued. Violation of due following ethnic violence in widespread, and prisoners are process and unfair trials were the south of Kyrgyzstan in held in conditions amounting common; lawyers were 2010. Prisoner of conscience to inhuman and degrading harassed. Torture and other Azimjan Askarov continued to treatment, and in many cases ill-treatment remained serve his life sentence, without subjected to enforced endemic, its perpetrators any prospect of release. disappearances. Deaths in enjoying impunity. custody are commonplace and uninvestigated. Believers who follow unauthorized religions and critics of the regime risk being imprisoned on fabricated charges. Women face discrimination, and same-sex sexual relations between men remains a criminal offence. Quelle: Amnesty International Report 2018/2019 https://www.amnesty.org/en/countries/ Box 6 Auszüge aus den Länderberichten von Freedom House 2020 Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Power in Azerbaijan’s After two revolutions that Turkmenistan is a repressive authoritarian regime remains ousted authoritarian authoritarian state where heavily concentrated in the presidents in 2005 and 2010, political rights and civil hands of Ilham Aliyev, who has Kyrgyzstan adopted a liberties are almost served as president since 2003, parliamentary form of completely denied in practice. and his extended family. government. Governing Elections are tightly Corruption is rampant, and the coalitions have proven controlled, ensuring nearly formal political opposition has unstable, however, and unanimous victories for the been weakened by years of corruption remains pervasive. president and his supporters. persecution. The authorities In recent years, the ruling The economy is dominated by have carried out an extensive Social Democratic Party of the state, corruption is crackdown on civil liberties in Kyrgyzstan (SDPK) has sought systemic, religious groups are recent years, leaving little to consolidate power, using 22\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan room for independent the justice system to suppress persecuted, and political expression or activism. political opponents and civil dissent is not tolerated. society critics. Quelle: Freedom in the World 2020 https://freedomhouse.org/countries/freedom-world/scores Kommentar Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion sind Aserbaidschan, Kirgisistan und Turkmenistan den meisten internationalen Menschenrechtsabkommen und Vereinbarungen des humanitären Völkerrechts beigetreten. Den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag erkennen jedoch alle drei Staaten nicht an. Die Menschenrechtslage ist in allen drei Staaten kritisch. Nur Kirgisistan wird von Freedom House noch als „teilweise frei“ eingeschätzt, während sowohl Aserbaidschan wie auch Turkmenistan als „unfrei“ bezeichnet werden. Nach der Bewertung der Political Terror Scale kommt jedoch auch Kirgisistan nur auf eine Bewertung von „drei“, was bedeutet, dass es dort politische Gefangene in erheblichem Ausmaß („extensive political imprisonment“) gibt oder in jüngster Vergangenheit gegeben hat. Die jüngsten Berichte von Human Rights Watch lassen sogar eine Einstufung von „vier“ auf der Political Terror Scale zu. Dies bedeutet, dass ein Großteil der Bevölkerung unter der Verletzung der bürgerlichen und politischen Rechte leidet und es häufig zu politischen Morden und Folter kommt. Wie im Kapitel zur Polizei und anderen Sicherheitskräften bereits ausführlich dargelegt, ist speziell die Polizei als Instrument des staatlichen Repressionssystems in allen drei Staaten für eine Vielzahl von Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlungen mit Todesfolge und die gewaltsame Niederschlagung zivilgesellschaftlicher Proteste, auch unter Einsatz von Schusswaffen, verantwortlich. Die schwach bis nicht existente Meinungs- und Versammlungsfreiheit führt auch zu einer negativen Bewertung der Governance-Performance des Voice and Accountability Index, der insbesondere die Wahrnehmung der Bürger reflektiert. Die bürgerlichen Freiheiten, in Turkmenistan de-facto nicht existent, wurden in Aserbaidschan und Kirgisistan in den vergangenen Jahren zunehmend eingeschränkt, insbesondere mit negativen Auswirkungen auf die politische und gesellschaftliche Partizipation oppositioneller Gruppen. Gemeinsam ist allen drei Staaten, dass homo-, bisexuelle und Transgender-Personen mit Repressionen durch die Sicherheitsbehörden rechnen müssen. Gleichgeschlechtliche Beziehungen gelten in Turkmenistan als Straftat, welche mit bis zu zwei Jahren Haft geahndet werden. In Kirgisistan wurde ein ähnlicher Gesetzesentwurf gegen die „Popularisierung homosexueller Beziehungen“ vom Parlament im Mai 2016 zwar zunächst auf Eis gelegt. Dennoch nimmt die Zahl der physischen Gewaltangriffe aufgrund sexueller Orientierung oder Geschlechteridentität nach Einschätzung lokaler Aktivisten seit 2014 kontinuierlich zu. Verantwortlich dafür ist ein wachsender Ethnonationalismus, der Abweichungen von vermeintlich traditionellen Lebensentwürfen und Verhaltensweisen als Bedrohung kirgisischer Identität darstellt. In Aserbaidschan werden Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans- und Intergeschlechtliche (LGBTI) willkürlich festgenommen und misshandelt. Am 22. September 2017 wurden BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 23\
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN bspw. mehr als 100 LGBTI Personen von der Polizei an öffentlichen Plätzen zusammengetrieben und festgenommen. Die Religionsfreiheit ist in allen Staaten gesetzlich beschränkt. Religiöse und ethnische Minderheiten – bspw. die ethnischen Usbeken in Kirgisistan – werden unterdrückt und politisch ausgegrenzt. Journalisten, Blogger und soziale Aktivisten, die diese Menschenrechtsverletzungen aufdecken wollen, sind staatlicher Repression und Gewalt ausgesetzt. In der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Ascherbaidschan 2019 nach Somalia und Äquatorialguinea Platz 166 der insgesamt 180 bewerteten Länder. Im Vergleich zum Vorjahr verbessert sich Kirgisistan etwas und rangiert auf Platz 83. Turkmenistan belegt nach Eritrea und Nordkorea Platz 180. Innere Lage in den Empfängerländern Box 7 Politisches System; Auszüge aus den Länderberichten des Auswärtigen Amtes Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Aserbaidschan ist ein Nach der Revolution und Sturz Nach Erlangung seiner säkularer Staat mit einer der Regierung Bakiev im April Unabhängigkeit am 27. muslimischen 2010 wurde von der Oktober 1991 gab sich Bevölkerungsmehrheit. Die vereinigten Opposition, Turkmenistan am 18. Mai Verfassung von 1995 bestehend aus Vertretern der 1992 eine Verfassung. Die etablierte ein Präsidialsystem, Sozialdemokratischen Partei erste Revision der Verfassung das dem Präsidenten und den nicht im Parlament erfolgte am 26.09.2008, am weitreichende Vollmachten vertretenen Parteien Ata- 16.09.2016 ist eine zweite einräumt. Mit Referendum Meken und Ak-Shumkar, eine Revision in Kraft getreten. vom 18.03.2009 wurde die Interimsregierung eingesetzt. Oberstes Gesetzgebungsorgan Begrenzung der Wiederwahl Diese wurde von ist das Parlament. Dieses des Präsidenten aufgehoben. Übergangspräsidentin Rosa besteht aus 125 […] Der Präsident ernennt und Otunbaeva geführt. Bei Abgeordneten. 2017 wurde entlässt den gewalttätigen die Verfassung dahingehend Ministerpräsidenten und die Auseinandersetzungen im ergänzt, dass ein Volksrat als Minister, die allein ihm Süden des Landes im Juni 2010 „höchstes repräsentatives verantwortlich sind. Er ist dem zwischen der kirgisischen und Gremium, das die Interessen Parlament gegenüber nicht usbekischen Bevölkerung des Volkes Turkmenistans verantwortlich, kann jedoch starben nach offiziellen vertritt“ eingeführt wurde. wegen schwerer Angaben 470 Menschen, mehr Gestaltung und Befugnisse Amtsvergehen auf Initiative als 2.500 überwiegend von werden per Verfassungsgesetz des Verfassungsgerichts vom ethnischen Usbeken bewohnte geregelt. Die Verfassung ist Parlament entlassen werden. Gebäude wurden modern mit umfangreichem Er kann Rechtsverordnungen niedergebrannt. Grundrechtekatalog. erlassen und das Parlament Am 27. Juni 2010 wurde eine Parteigründungen sind auflösen. Der Präsident besitzt neue Verfassung und die erlaubt. Die Umsetzung der das Vorschlagsrecht für die Präsidentschaft Rosa Verfassungsgrundsätze 24\ BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020
REGIONALBERICHT \ ASERBAIDSCHAN | KIRGISISTAN | TURKMENISTAN Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Ernennung von Richtern des Otunbaevas bis 2011 erfolgt jedoch in vielen Verfassungsgerichts, des bestätigt. Während die Bereichen nur zögerlich. Die Obersten Gerichtshofs und des Verfassung von 2007 dem Regierung besteht aus dem Appellationsgerichts durch Präsidenten weitreichende Präsidenten, der in das Parlament und ernennt die Befugnisse gab, enthält die in Personalunion übrigen Richter. Mit dem Referendum am 27. Juni Regierungschef ist, sowie elf Referendum vom 26.09.2016 2010 angenommene Mitgliedern des wurde die Amtszeit des Verfassung sowohl Ministerkabinetts Präsidenten von 5 auf 7 Jahre parlamentarische als auch (Vizepremierminister). Der verlängert und dessen Position präsidentielle Züge. Der direkt Präsident hat umfassende noch weiter gestärkt. Es wurde gewählte Staatspräsident Kompetenzen. Die letzten u.a. die Einführung der Ämter besitzt eine Reihe wichtiger Präsidentschaftswahlen des 1. Vizepräsidenten und Vollmachten, beispielsweise fanden im Februar 2017 statt. weiterer Vizepräsidenten hinsichtlich der Ernennung Präsident Berdymuchamedow beschlossen. Am 23.02.2017 und Entlassung von Obersten (seit 2007 im Amt) hat eine ernannte Staatspräsident Richtern und des Anzahl von Reformen Ilham Aliyev seine Ehefrau und Generalstaatsanwalts. Er ist durchgeführt, insbesondere in stellvertretende Vorsitzende ferner Oberkommandierender den Bereichen Bildung-, der Regierungspartei, der Streitkräfte und Landwirtschaft, Gesundheit- Mehriban Alieyeva, zur Ersten Vorsitzender des und Wirtschaft. Es gibt einen Vizepräsidentin. Sicherheitsrates. Eine 'Entwicklungsplan 2030' für Präsidentschaft ist auf sechs das Land, mit welchem Jahre beschränkt, die Turkmenistan modernisiert Wiederwahl laut Verfassung werden soll. Das Land ist nicht möglich. In der weiterhin sehr stark Verfassung von 2010 ist der abgeschottet. Grundrechtsschutz deutlich gestärkt worden. […]. Die letztmalige Aktualisierung des aserbaidschanischen Länderberichts erfolgte im Februar 2018. Die Berichte zum politischen System in Kirgisistan und Turkmenistan wurden vom Auswärtigen Amt zuletzt im März 2018 aktualisiert. Quelle: https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender Tabelle 12 Indikatoren zur inneren Lage Aserbaidschan Kirgisistan Turkmenistan Political Stability and Absence of -0,70 -0,58 -0,01 Violence/Terrorism Index BICC \ REGIONALBERICHT 07 \ 2020 25\
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