SIND HANNOVER Zusammenleben in der Stadt - Strategien für Migration und Teilhabe

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SIND HANNOVER Zusammenleben in der Stadt - Strategien für Migration und Teilhabe
SIND HANNOVER
Zusammenleben in der Stadt

  Strategien für Migration
  und Teilhabe
SIND HANNOVER Zusammenleben in der Stadt - Strategien für Migration und Teilhabe
Inhalt
Grußwort ................................................................................................................................. 5

Vorwort .................................................................................................................................... 6

Haltung der Landeshauptstadt Hannover zu Migration und Teilhabe...................................... 8

Grund der Überarbeitung und Ausgangssituation...................................................................10

                                                   2.0
Ziele und Funktionen des WIR ............................................................................................ 12
Geltungsbereich und zeitliche Gültigkeit................................................................................................. 12
Akteur*innen, Zielgruppen und strukturelle Ansätze.............................................................................. 12

Rahmenbedingungen für die Umsetzung............................................................................... 14
Kennzahlen.............................................................................................................................................. 14
Qualitätssicherung und kontinuierliche Weiterentwicklung.................................................................... 14
                                            2.0
Zentrale Koordination und WIR Begleitgremium.................................................................................. 14
Wirksamkeitsanalysen............................................................................................................................. 15
Finanzen.................................................................................................................................................. 15

Übergreifende Priorisierungen.............................................................................................. 16

Handlungsfelder und Querschnittsthemen............................................................................ 18
Handlungsfeld Bildung.............................................................................................................................20
Handlungsfeld Soziales............................................................................................................................ 22
Handlungsfeld Demokratie...................................................................................................................... 24
Handlungsfeld Stadtleben und Kultur...................................................................................................... 26
Handlungsfeld Wirtschaft........................................................................................................................28
Handlungsfeld Stadtverwaltung und interkulturelle Öffnung..................................................................30

Unsere Vision: Wir halten zusammen.................................................................................... 32

Anhang................................................................................................................................... 34

                                                                             3
Grußwort

„Wir sind Hannover“, der Titel des neuen Strategiepapiers für Migration und Teilhabe ist Programm. Zu
diesem „Wir“ sollen sich alle, die in dieser Stadt leben, zugehörig fühlen können, unabhängig davon wo
sie oder ihre Eltern geboren wurden. Das vorliegende Strategiepapier gibt somit Hannover als Einwande-
rungsstadt eine Orientierung auf dem Weg zu mehr Teilhabegerechtigkeit. Es stellt die Weichen für das
Morgen und auch das Übermorgen. Ein ganz wichtiger grundlegender Gedanke durchzieht das gesamte
Papier: Migration ist eine selbstverständliche Konstante unserer Stadtgesellschaft. Folgerichtig nimmt es
auch die gesamte Stadtgesellschaft in den Blick, weil es um unser Zusammenleben geht.

Das vorliegende Strategiepapier ist im Dialog entstanden und bildet den Konsens vieler Akteur*innen ab.
Antidiskriminierung ist dabei als Querschnittsaufgabe festgeschrieben worden. Nicht nur daran werden
wir uns zukünftig messen lassen müssen. Die Maßstäbe wurden sehr hoch angesetzt. Genauso hoch
sind sicherlich auch die Erwartungen an den nun zu entwickelnden Ziel- und Maßnahmenkatalog, der
auf viele Fragen Antworten finden muss. Wie kann es uns gelingen, für den konstruktiven Umgang mit
Vielfalt einen Rahmen zu schaffen, in dem Potenziale eingebracht werden können und jedwede Form von
sozialer Ausgrenzung keinen Platz hat? Einen Rahmen in dem alle Menschen ihre individuellen Lebens-
entwürfe diskriminierungsfrei verfolgen können. Einen Rahmen also für unsere postmigrantische Wirk-
lichkeit, der Teilhabe für alle sichert, unabhängig davon, ob eine Person gerade erst eingewandert ist, als
Geflüchtete*r Schutz sucht, als Nachkomme von Einwander*innen hier lebt, einer binationalen Familie
entstammt oder seit Jahrhunderten familiäre Wurzeln in dieser Stadt hat.

Mein Dank gilt an dieser Stelle allen, die durch ihr Mitwirken dazu beigetragen haben, dass das „WIR“
mit Ideen und Visionen gefüllt wird. Lassen Sie uns nun gemeinsam daran arbeiten, diesen Visionen
näher zu kommen.

Belit Onay
Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover

                                                    5
Einleitende Worte

Bereits mit dem Entstehungsprozess des vorliegenden Strategiepapiers hat die Landeshauptstadt Han-          Also mussten Alternativen her: Das WIR2.0 -Team experimentierte erst mit Telefonkonferenzen, beschaff-
nover neue Maßstäbe für Migration und Teilhabe gesetzt: Über ein Jahr lang haben mehr als 70 Ex-            te dann Webcams und Headsets, obwohl diese wie vom Markt gefegt waren, und probierte verschiedene
pert*innen daran geschrieben und die Mehrheit der dabei Beteiligten gehört nicht der Verwaltung an.         Videokonferenztools aus. So konnte das gesammelte Know-How und die nötigen Geräte bald an die Ex-
Das heißt, die Stadtgesellschaft und insbesondere Migrant*innenorganisationen haben sich von Anfang         pert*innen weitergegeben und die Gruppenarbeit zum Teil schon im April wiederaufgenommen werden.
an daran beteiligt. Dies galt nicht nur für die sieben, hoch engagiert arbeitenden Expert*innengruppen,
sondern auch für die ebenfalls paritätisch besetzte Lenkungsgruppe, das Entscheidungsgremium des            Als Präsenztreffen wieder zulässig waren, stellten etliche externe Expert*innen für die Treffen ihre eig-
Prozesses. Zudem wurde die Öffentlichkeit wiederholt direkt befragt. Selbst über den Namen des Papiers      nen Räumlichkeiten zur Verfügung, in denen sich die Hygienevorschriften einhalten ließen. Das Strate-
„Wir sind Hannover – Zusammenleben in der Stadt“ entschied die interessierte Stadtbevölkerung online.       giepapier „Wir sind Hannover – Zusammenleben in der Stadt“ entstand also passenderweise nicht nur
Auf diese konsequente Öffnung für Beteiligung und Perspektivenvielfalt können wir als Stadt stolz sein.     im Rathaus und anderen Verwaltungsgebäuden, sondern zum Beispiel auch im Künstlerhaus.
Die Corona-Krise hat den LIP 2.0-Prozess – oder jetzt: WIR2.0 -Prozess – erwischt, kaum dass die Arbeits-
phase gestartet war. Die Expert*innengruppen hatten gerade erst richtig losgelegt, da waren Arbeits-        Auch die Lenkungsgruppe musste auf Grund der Pandemie auf Videokonferenzen umstellen. Hier war
treffen auf einmal für drei Monate gar nicht mehr möglich und später dann nur noch unter Einhaltung         wiederum viel Improvisation gefragt. Trotzdem kamen gute Diskussionen und Entscheidungen zustande.
von Abstandsregeln und weiteren Hygienevorschriften. Gruppenarbeit auf Abstand – keine optimale Vo-         Dies kann ich als erste Dezernentin der Landeshauptstadt, die den Begriff „Integration“ im Titel führt,
raussetzung.                                                                                                aus erster Hand bestätigen, da ich unmittelbar nach Amtsantritt den Vorsitz der WIR2.0 -Lenkungsgruppe
                                                                                                            übernehmen durfte.

                                                                                                            Mit „Wir sind Hannover – Zusammenleben in der Stadt“ ist eine progressive neue Grundlage für die Mig-
                                                                                                            rations- und Teilhabepolitik der Landeshauptstadt entstanden. Die Ratsgremien haben durch ihr einstim-
                                                                                                            miges Votum für dieses Strategiepapier dokumentiert, dass es nach dem LIP von 2008 erneut gelungen
                                                                                                            ist, einen breiten Konsens in Stadtgesellschaft und -politik zum Thema Migration und Teilhabe zu finden.
                                                                                                            Allen Beteiligten gilt mein Dank für ihr hohes und stetiges Engagement sowie ihre Anpassungs- und Lern-
                                                                                                            bereitschaft während der Pandemie!

                                                                                                            Sylvia Bruns
                                                                                                            Dezernentin für Soziales und Integration

                                                   6                                                                                                           7
Haltung der Landeshaupt-                                  5. Wir fördern Sprachkompetenz in Deutsch und        Damit ist auch gesagt, dass Begriffe wie „Mehr-            unmittelbar mit all den Herausforderungen kon-
stadt Hannover zu                                         generell Mehrsprachigkeit sowie weitere Kom-         heitsgesellschaft“ oder „Aufnahmegesellschaft“             frontiert sind, die die Niederlassung in einem an-
                                                          petenzen, die gesellschaftliche Teilhabe ermög-      wenig Aussagekraft haben, weil schon längst                deren Land mit sich bringt, sind die Begriffe „Mig-
Migration und Teilhabe                                    lichen.                                              Eingewanderte und ihre Nachkommen das Ge-                  rant*innen“ oder „Eingewanderte“ angemessen.
                                                                                                               schehen in der Stadt als Teil der „Mehrheitsge-            Meint man den erweiterten Kreis aller Menschen,
                                                                                                               sellschaft“ mitprägen und gestalten. Die Rede              die vielleicht nicht selbst eingewandert sind, aber
Die Landeshauptstadt Hannover ist eine Einwan-            6. Wir bekämpfen Rassismus, und jede andere          von der „Aufnahmegesellschaft“ macht insofern              über das Eingewandert-Sein der Eltern oder eines
derungsstadt. Das Zusammenkommen von Men-                 Form von Diskriminierung in Hannover entschie-       eine irreführende Trennung zwischen „uns“ und              Elternteils eine deutliche biografische Prägung
schen von überall her, sei es aus dem unmittelba-         den.                                                 den „anderen“ auf. Ein nicht von Einwanderung              erlebt haben, bietet es sich an, von „Eingewan-
ren Umland oder von anderen Kontinenten, prägt                                                                 geprägtes, einheitliches „Wir, die schon immer             derten und ihren Kindern“ zu sprechen oder von
unsere Stadt.                                                                                                  hier waren“ gibt es im Jahr 2020 nicht und hat es          „Menschen aus Einwanderungsfamilien“. Meint
                                                          7. Diese Leitlinien, die der Humanität und der       auch früher nie gegeben.                                   man Menschen, die aufgrund ihrer Hautfarbe oder
Dieses Selbstverständnis als Einwanderungsstadt           allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ver-                                                                   anderer Merkmale rassistisch diskriminiert wer-
hat praktische Konsequenzen, die sich in folgen-          pflichtet sind, sind ein Maßstab für die gesamte     Das Beispiel zeigt: Sprache schafft Wirklichkeit           den, kann man von Black, Indigenous and People
den Leitlinien ausdrücken:                                Stadtgesellschaft.                                   und Begriffe sind nicht belanglos. Sie prägen viel-        of Color (BIPoC) sprechen, beziehungsweise von
                                                                                                               mehr mit, was überhaupt gedacht werden kann.               Menschen, die von Rassismus betroffen sind. Die
1. Hannover ist eine offene Stadt der Vielfalt und        In anderen Worten: Ziel der Migrations- und Teil-    Begriffe können Denkhorizonte öffnen oder auch             vielfach als Ausgrenzung erlebte Kategorie „mit
versteht Migration als selbstverständlichen Teil          habepolitik der Landeshauptstadt Hannover ist        schließen. In diesem Sinne ist die Zeit des Über-          Migrationshintergrund“ braucht es hier nicht.
unserer gesellschaftlichen Realität.                      die Förderung sozialen Zusammenhalts und die         begriffs „Integration“ für alles, was mit Einwan-
                                                          Verwirklichung gleichberechtigter Teilhabe aller     derung zu tun hat, vorbei. Als wissenschaftliche           Zu rechtfertigen ist der Gebrauch des Begriffs
                                                          Hannoveraner*innen an den verschiedenen Le-          Kategorie ist Integration unverändert von Bedeu-           „mit Migrationshintergrund“ oder alternativ „mit
2. Alle Menschen in Hannover sollen gleichbe-             bensbereichen unabhängig davon, wo sie oder          tung und keineswegs obsolet. Doch als politischer          Migrationsbiografie“ tatsächlich allein als statisti-
rechtigt und respektvoll zusammenleben können.            ihre Vorfahren geboren wurden. Eine bewusste         Begriff der praktischen Gestaltung des Umgangs             sches Werkzeug für die Messung systematischer
Deshalb streben wir gleichberechtigte Teilhabe            Gestaltung des Umgangs mit Einwanderung in           mit Migration und migrationsbedingter Vielfalt             Barrieren bei Zugang zu Gütern und Entwick-
und Chancengerechtigkeit für alle im wirtschaft-          diesem Sinne erfordert von einer Stadtgesell-        in unserer Stadt ist er so umstritten, dass er nur         lungschancen. Auch hier gilt aber, dass überprüft
lichen, politischen, kulturellen und sozialen Leben       schaft, die sich bis zur Jahrtausendwende noch       noch begrenzten Nutzen hat. Statt jedoch einen             werden muss, ob dieses Werkzeug präzise genug
an.                                                       nicht bewusst als Einwanderungsstadt begrif-         neuen Masterbegriff an seine Stelle zu setzen,             ist. Das grundlegende Dilemma jeder Antidiskri-
                                                          fen hat, Veränderungen gerade auf struktureller      wird in diesem Konzept versucht, möglichst ge-             minierungsmaßnahme, dass sie das vermeintli-
                                                          Ebene. Das heißt, nicht nur auf der individuellen,   nau zu beschreiben, was jeweils konkret gemeint            che Merkmal, das zum Vorwand genommen wird,
3. Das Zusammenleben in Vielfalt hängt von allen          zwischenmenschlichen Ebene, sondern auch auf         ist. So wird der Begriff „Teilhabe“ überall dort be-       Menschen zu diskriminieren, benennen muss und
ab und ist deshalb eine Aufgabe für die gesamte           der Ebene der Organisationen und der formalen        nutzt, wo es um Zugänge zu Ressourcen sowie die            durch gerade diese Benennung dazu beiträgt,
Stadtgesellschaft. Das Zusammenleben in Vielfalt          Verfahren müssen Zugänge geöffnet werden.            Möglichkeit der aktiven Gestaltung und Prägung             dass es zum Stigma und immer weitergetragen,
braucht zudem für alle verbindliche Werte und             Deshalb sind es vor allem die Menschen, die          der Stadtgesellschaft geht. An Stellen, wo sich            reproduziert und damit verewigt wird, lässt sich
Gesetze. Dieses gemeinsame Fundament bilden               schon länger Teil der Stadtgesellschaft sind –       der Fokus auf die Veränderung der Bevölkerungs-            an dieser Stelle nicht lösen.
unsere Verfassung und die Rechtsstaatlichkeit.            einschließlich der langansässigen Migrant*innen      zusammensetzung richtet, wird eher der Begriff
                                                          und ihrer Nachkommen –, die durch ihr Wirken         „Zusammenleben in Vielfalt“ stehen.                        Für das respektvolle Zusammenleben in der Stadt
                                                          in Vereinen, Organisationen, Behörden etc. die                                                                  ist es unabhängig davon notwendig darauf hinzu-
4. Wir wollen lebendige Nachbarschaften, in               Bedingungen dafür schaffen, dass Eingewanderte       Durch einen entsprechend flexiblen und präzi-              wirken, dass Kategorien wie „mit Migrationshin-
denen alle Einwohner*innen gemeinsam ohne                 und ihre Nachkommen insgesamt eine Position          sen Umgang wird auch der Gebrauch des eben-                tergrund“, die Menschen in „wir“ und „andere“
Angst in ihrer Unterschiedlichkeit leben können.          der gleichberechtigten Teilhabe einnehmen kön-       falls sehr umstrittenen Begriffs „mit Migrations-          aufteilen, an Bedeutung verlieren und verblassen.
                                                          nen.                                                 hintergrund“ auf ein Minimum reduziert. Will
                                                                                                               man beispielsweise Menschen bezeichnen, die

                                                      8                                                                                                               9
Grund der Überarbeitung                                   In den zwölf Jahren seit der Veröffentlichung des   Zum anderen fand durch ein extern beauftragtes             Zusammenfassend betonen beide Evaluationen,
und Ausgangssituation                                     LIP sind viele Projekte und Maßnahmen zu sei-       Institut eine Evaluation des LIP aus Sicht der Ver-        dass der LIP seit 2008 das Stadtleben nachhaltig
                                                          ner Umsetzung realisiert worden. Es haben sich      waltung statt. Der verwaltungsinterne Rückblick            positiv geprägt hat und ein hoher Identifikations-
                                                          in dieser Zeit aber auch die Rahmenbedingungen      sollte Rückschlüsse auf die Qualität der Umset-            grad erreicht wurde. Eine Vielzahl von Einzel-
                                                          auf kommunaler, gesamtgesellschaftlicher und        zung und Wirkungseffekte des LIP ermöglichen.              projekten wurde im Rahmen des LIP erfolgreich
Im Jahr 2008 wurde erstmalig ein umfassendes              internationaler Ebene stark verändert. Heute ist    Schwerpunkte lagen dabei zum einen auf der                 umgesetzt oder Teil des laufenden Geschäfts
Konzept zur Gestaltung des Zusammenlebens in              Hannover – anders als noch 2008 – eine stark        Darstellung eines Sachstands „Einwanderung und             der Stadtverwaltung. Daneben ist sicherlich die
Vielfalt für die Landeshauptstadt Hannover be-            wachsende Stadt und es findet wieder eine er-       Interkulturelle Öffnung“ zum anderen wurden                Bewusstmachung und Sensibilisierung für das
schlossen. In Anlehnung an den kurz zuvor ent-            hebliche Einwanderung statt. Das Gesamtwachs-       durch die retrospektive Betrachtung des Lokalen            Thema „Einwanderung“ innerhalb der Stadtver-
standenen Nationalen Integrationsplan wurde er            tum Hannovers von 524.000 Einwohner*innen in        Integrationsplans von 2008 neben Stärken auch              waltung sowie die Begegnung auf Augenhöhe al-
„Lokaler Integrationsplan“, kurz LIP, getauft. Vo-        2014 auf heute über 556.000 ist in erheblichem      Schwächen identifiziert und Erkenntnisse aus               ler am Prozess beteiligten Akteur*innen als eine
rangegangen waren zwei Jahre intensiver Arbeit            Umfang auf neue Migrationsprozesse – darunter       dem Erstellungs- und Umsetzungsprozess sowie               zentrale Folge des alten LIP anzusehen. Die Kri-
vieler Akteur*innen innerhalb und außerhalb der           EU-Binnenwanderung und fluchtbedingte Einwan-       aus der Nachhaltigkeit des Lokalen Integrations-           tikpunkte der Evaluationen bezogen sich primär
Stadtverwaltung. Tatsächlich lassen sich die An-          derung – zurückzuführen.                            plans gezogen.                                             auf die nachhaltige Umsetzung, die Jugendbe-
fänge der Bemühungen sogar zurückverfolgen bis                                                                                                                           teiligung, das Controlling sowie insgesamt auf
zu einem Ratsbeschluss von 2004, in welchem die           Eine Überarbeitung des LIP steht aber nicht nur                                                                die Beteiligung der Stadtgesellschaft. Auf dieser
Verwaltung beauftragt wurde, ein interkulturelles         deshalb dringend an, es hat sich auch der ge-                                                                  Grundlage wurde deshalb für den WIR2.0 ein Ent-
Handlungsprogramm für Hannover vorzulegen.                samtgesellschaftliche Diskurs zum Thema Ein-                                                                   stehungs- und Umsetzungsprozess entwickelt,
                                                          wanderung stark weiterentwickelt. Es gab daher                                                                 der von Beginn an auf eine breite Mitwirkung
Was den LIP-Entstehungsprozess besonders aus-             schon länger konkrete Forderungen aus der han-                                                                 der Stadtgesellschaft gesetzt hat. Die sechs Ex-
zeichnete war, dass sich zahlreiche Migrant*in-           noverschen Zivilgesellschaft und insbesondere                                                                  pert*innengruppen sowie die in allen Gruppen
nenorganisationen aktiv daran beteiligt haben.            von Migrant*innenorganisationen, den LIP konst-                                                                vertretene Expert*innengruppe Jugend, sind
Der LIP kann in dieser Hinsicht durchaus als eine         ruktiv weiterzuentwickeln, die nunmehr in einem                                                                durchweg divers und vor allem paritätisch mit
Art Wendepunkt im Verhältnis zwischen Mig-                gesamtstädtischen Partizipationsprozess aufge-                                                                 verwaltungsinternen und -externen Expert*innen
rant*innen-Communities und „etablierter“ Stadt-           griffen und umgesetzt werden können.                                                                           besetzt und arbeiten mit den Erkenntnissen der
gesellschaft gesehen werden. Denn es wurden in                                                                                                                           Evaluationen. Die von den Expert*innengruppen
dieser Zeit Partizipations- und Kommunikations-           Um sich zunächst über den erreichten Stand zu                                                                  entwickelten Maßnahmen profitieren von dieser
verbindungen etabliert, die sich in der Folge er-         vergewissern, wurden in 2019 zwei unterschied-                                                                 Öffnung und sind noch präziser und zielgerichte-
folgreich verstetigt haben.                               liche Maßnahmen zur Evaluation des Lokalen                                                                     ter als im LIP von 2008.
                                                          Integrationsplan von 2008 durchgeführt. Zum
Es verdient ebenso hervorgehoben zu werden,               einen schrieb der Gesellschaftsfonds Zusammen-
dass die endgültige Verabschiedung durch die              leben (GFZ) seinen XI. Ideenwettbewerb unter
Ratsversammlung am 12. Juni 2008 fraktions-               dem Titel „Erfahrung für die Zukunft! Zehn Jahre
übergreifend und einstimmig zustande kam. Es              Lokaler Integrationsplan – Wie soll es weiterge-
ist auf diese Weise tatsächlich gelungen, einen           hen?“ aus. Elf einzelne Projekte diskutierten und
weitgehenden Konsens in der Stadtgesellschaft             bewerteten den LIP aus höchst unterschiedlichen
zum Thema Migration und Teilhabe herzustellen.            Perspektiven.

                                                     10                                                                                                             11
Ziel und Funktion des                                    gesellschaft ist. Der WIR2.0 wendet sich daher an      WIR2.0. Wenn im Folgenden von „wir“ gesprochen            deren eröffnet eine überindividuelle Perspektive
WIR2.0                                                   die Stadtgesellschaft als Ganzes. Die Aufgabe, ein     wird, sind also alle Menschen, die in Hannover le-        den Blick auf strukturelle und institutionelle Hin-
                                                         gedeihliches Zusammenleben in einer Einwande-          ben, gemeint.                                             dernisse und Diskriminierungen, die einer gleich-
                                                         rungsstadt zu gestalten, kann nur im Zusammen-                                                                   berechtigten Teilhabe insbesondere von Ein-
                                                         wirken der Vielen bewältigt werden.                    Dabei ist auch klar, dass nicht jede*r Hannove-           gewanderten und ihren Nachkommen im Wege
Der WIR schreibt die Richtung der Migrations-
        2.0
                                                                                                                raner*in die gleichen Bedürfnisse und Möglich-            stehen. Die Landeshauptstadt Hannover stellt
und Teilhabepolitik für Hannover fort. Dabei geht        Der WIR2.0 soll mit einer Perspektive von fünf         keiten bei der Verwirklichung einer offenen und           sicher, dass sie in ihren Strukturen und ihren
es um die Gestaltung und Organisation des Um-            Jahren den Rahmen der Migrations- und Teilha-          gleichberechtigten Stadtgesellschaft hat. In              Leistungen für alle Menschen in Hannover in glei-
gangs mit Migration und migrationsbedingter              bepolitik in Hannover setzen. Er wird zwar konti-      Hannover leben Menschen, die lange Wege hin-              cher Weise zugänglich ist.
Vielfalt in unserer Stadt. Migrations- und Teil-         nuierlich weiterentwickelt, es sollte aber spätes-     ter sich haben und hier auf ein besseres Leben
habepolitik auf städtischer Ebene umfasst dabei          tens nach fünf Jahren eine Bilanz gezogen und          hoffen. In Hannover leben Menschen, denen Teil-           Das gilt insbesondere im Hinblick auf Geflüchte-
Fragen von Zu- und Abwanderung, vor allem aber           eine Neubewertung vorgenommen werden.                  habe und Anerkennung seit Jahren, Jahrzehnten             te, Eingewanderte und ihre Kinder, die dritte und
der Förderung gesellschaftlichen Zusammenhalts                                                                  oder Generationen schwergemacht oder verwei-              vierte Generation in Einwanderungsfamilien, BI-
und der individuellen Teilhabe der Eingewander-          Akteur*innen, Zielgruppen und                          gert werden. In Hannover leben Menschen, die              PoC sowie Eingewanderte in bestimmten Lebens-
ten und ihrer Nachkommen.                                strukturelle Ansätze                                   Rassismus erfahren und zu „Anderen“ gemacht               phasen, Alterssegmenten und sozialen Milieus
                                                         Die Stadtverwaltung ist eine wichtige Akteurin         werden. Auch andere Diskriminierungsdimen-                und unterschiedlicher Religionszugehörigkeit. Be-
Das Ziel der Migrations- und Teilhabepolitik der         der städtischen Migrationspolitik. Ihre Rolle ist      sionen können Ausgrenzung bewirken und dazu               sondere Aufmerksamkeit gilt vulnerablen Grup-
Landeshauptstadt Hannover ist die gleichbe-              darüber hinaus die einer Koordinatorin, die das        führen, dass Fähigkeiten und Potenziale nicht             pen wie beispielsweise Kindern und Menschen
rechtigte Teilhabe aller Hannoveraner*innen am           Zusammenwirken aller nach Kräften unterstützt.         erkannt und damit nicht anerkannt werden. So              mit physischen oder psychischen Einschränkun-
(stadt-) gesellschaftlichen Leben. Teilhabe ist          Das bedeutet auch, bestehende Angebote und             ergeben sich Teilhabebarrieren und Hürden, die            gen. Selbstverständlich sind auch diese definier-
hier immer auch explizit aktiv gemeint, also als         Akteur*innen in allen Bereichen, die das Thema         andere nicht zu überwinden haben.                         ten Zielgruppen in sich nicht homogen, innerhalb
Möglichkeit, die Stadtgesellschaft zu gestalten,         Migration und Teilhabe in Hannover berühren, zu                                                                  der Gruppe der BIPoC können beispielsweise
sichtbar zu prägen und zu bereichern. Um dieses          vernetzen. Die Landeshauptstadt Hannover ver-          Die Stadtgesellschaft – und mit ihr die Verwal-           gerade Frauen zusätzlichen Benachteiligungen
Ziel zu erreichen, entwickelt der WIR2.0 in sechs        pflichtet sich eine gestärkte Organisationsstruk-      tung – steht vor der Aufgabe, entschieden dafür           aufgrund ihres Geschlechts ausgesetzt sein. Die
Handlungsfeldern konkrete Maßnahmen. Diese               tur für das Thema „Migration und Teilhabe“ im          einzutreten, dass alle Hannoveraner*innen ihre            Selbstwahrnehmung der Angesprochenen wird
sind so formuliert, dass sie in den Zuständig-           Dezernat III „Soziales und Integration“ zu ent-        Stadtgesellschaft gleichberechtigt mitprägen              bei den Maßnahmen des WIR2.0 mitgedacht.
keitsbereich der Kommune fallen, können aber in          wickeln. Hierbei wird ein eigener Fachbereich an-      können sowie entschieden dagegen vorzugehen,
Einzelfällen auch darüber hinaus weisen. Damit           gestrebt, der dazu beitragen wird, dass Hannover       dass Hannoveraner*innen diskriminiert und aus-
steckt er außerdem den Rahmen für den Umgang             sich zu einer diskriminierungsfreien und diversi-      gegrenzt werden.
mit Migration und migrationsbedingter Vielfalt in        tätsorientierten weltoffenen Einwanderungsstadt
Hannover ab.                                             entwickelt.                                            Die grundsätzliche Frage, wie schaffen und pfle-
                                                                                                                gen wir den Zusammenhalt unserer Stadtgesell-
Geltungsbereich und zeitliche Gültigkeit                 Migrations- und Teilhabepolitik ist eine Angele-       schaft, reicht allerdings über das individuelle
Der WIR2.0 gilt innerhalb der Stadtverwaltung            genheit der gesamten Stadtgesellschaft sowie           Wohlergehen hinaus. Deshalb erschöpft sich das
übergreifend für alle Dezernate und alle Fach-           ihrer Institutionen, vielfältigen zivilgesellschaft-   Thema nicht in der individuellen Teilhabe der Ein-
bereiche. Alle Bereiche der Stadtverwaltung sind         lichen Organisationen und politischen Vertre-          gewanderten und ihrer Nachkommen auf gleich-
ausdrücklich für die Umsetzung des WIR2.0 zu-            tungen. Eine besondere Schnittstelle zwischen          berechtigter Basis, sondern es verlangt auch eine
ständig und an seiner Umsetzung beteiligt.               Zivilgesellschaft und Politik stellen die Stadtbe-     gesellschaftliche, überindividuelle Perspektive.
                                                         zirksräte und in ihnen vor allem die Integrations-     Und hier sprechen wir zum einen über Solidarität.
Außerhalb der Stadtverwaltung beansprucht der            beiräte dar. Alle Hannoveraner*innen, egal ob sie      Es geht darum, sichtbar zu machen, dass wir als
WIR2.0 einen Konsens zu formulieren, der rich-           Migration aktiv oder passiv erfahren haben, sind       Stadt eine Solidargemeinschaft bilden, die soziale
tungsweisend für alle Akteur*innen der Stadt-            sowohl Akteur*innen, als auch Zielgruppe des           Schieflagen nicht auf Dauer dulden kann. Zum an-

                                                    12                                                                                                               13
Rahmenbedingungen                                         Kennzahlen                                                                                                     Finanzen

für die Umsetzung                                         Für den WIR2.0 werden im Rahmen des Ziel- und
                                                          Maßnahmenkataloges eine überschaubare Anzahl
                                                                                                                Darüber hinaus wirkt das Dezernat III in Koope-
                                                                                                                ration mit dem WIR2.0 Begleitgremium im Rah-
                                                                                                                                                                         Die Ziele und Maßnahmen des WIR2.0 müssen
                                                                                                                                                                         finanziell hinterlegt werden. Hierfür ist es unab-
                                                          an Kennzahlen in ausgewählten Bereichen festge-       men einer Kommunikationsstrategie darauf hin,            dingbar die bestehenden Maßnahmen der Stadt-
                                                          schrieben. Die Auswahl der Bereiche orientiert        den WIR2.0 und seine Maßnahmen der breiteren             verwaltung und die damit verbundenen Aufwen-
Die Zuständigkeiten für die Migrations- und Teil-         sich an den Schwerpunktsetzungen der einzelnen        Stadtbevölkerung noch weiter bekannt zu ma-              dungen aufzubereiten und im Jahr 2022 mit dem
habepolitik sind in Deutschland auf die beiden fö-        Handlungsfelder. Kennzahlen werden nicht für          chen und weist über Öffentlichkeitsarbeit in den         entwickelten Ziel- und Maßnahmenkatalog abzu-
deralen Ebenen (Bund/Länder) verteilt. Die Kom-           einzelne Projektideen festgelegt, sondern Aus-        Stadtteilen auf kontinuierliche Beteiligungsmög-         gleichen.
munen sind Teil der Bundesländer, haben aber              wahlkriterium ist die Frage ihrer grundsätzlichen     lichkeiten hin.
verfassungsrechtlich garantiert ein Recht der             und übergeordneten Wirkung. Es werden nur                                                                      Für das Jahr 2022 stehen zusätzlich 200.000 Euro
Selbstverwaltung und damit eine gewisse Eigen-            Kennzahlen für Bereiche festgeschrieben, in de-       Für das Begleitgremium werden verwaltungs-               für die entwickelten Maßnahmen und deren Um-
ständigkeit. Das Grundgesetz bestimmt, dass ih-           nen die Kommune eine eigene Zuständigkeit hat.        interne sowie stadtgesellschaftliche Akteur*in-          setzung zur Verfügung. Folgende drei Schwer-
nen die Möglichkeit gegeben werden muss, „alle                                                                  nen, darunter auch Jugendvertretungen und                punkte sollen innerhalb des neuen WIR2.0 In-
Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im             Qualitätssicherung und kontinuierliche                Migrant*innenorganisationen, berufen, die den            novationsfonds entsprechend der entwickelten
Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu            Weiterentwicklung                                     Umsetzungsprozess begleiten und bewerten. Es             Ziele- und Maßnahmen finanziert werden:
regeln“. Darüber hinaus hat die Kommune zahl-             Die gesellschaftliche Arbeit, der sich der WIR2.0     handelt sich um ein beratendes Gremium, das
reiche gesetzlich zugewiesene staatliche Aufga-           verpflichtet sieht, endet nicht mit der Festschrei-   gleichzeitig auch eine Steuerungsfunktion ausübt.        1. Kleinstprojekte bis zu einer Höhe von 5.000 €
ben, die sie als örtlicher Verwaltungsträger für          bung von Zielen und Maßnahmen, sondern be-            Die Einbeziehung der Stadtbezirksräte und Integ-         2. Projekte mit einem Volumen zwischen 5.000 €
die Länder wahrnimmt. Dies sind im Wesentli-              ginnt damit. Die Umsetzung des Ziel und Maßnah-       rationsbeiräte ist in diesem Kontext über die Ab-           und 50.000 €
chen die Aufgaben der Daseinsvorsorge. So fällt           menkataloges ist deshalb prozesshaft zu denken.       frage von Einschätzungen zum Umsetzungspro-              3. Innovative Projekte der Stadtverwaltung
beispielsweise der Betrieb von Kindergärten in            Für die Umsetzungsphase ist eine fortlaufende         zess und für das Aufgreifen neuer Entwicklungen
die Zuständigkeit der Kommune. Sie kann die               Analyse und transparente Reflexion angedacht,         vorgesehen. Das Begleitgremium tagt regelmä-             Über die zu fördernden Kleinstprojekte ent-
frühkindliche Bildung in ihren Kitas fördern und          um nachsteuern und neu justieren zu können.           ßig (wenigstens halbjährlich) und diskutiert den         scheidet das Projektteam. Über die Projekte mit
Unterstützungsprogramm wie „Rucksack“ in den              Hierfür wird folgende Struktur aufgebaut:             Stand der Umsetzung. Zwischen den zuständigen            größerem Volumen und die Projekte der Stadt-
Grundschulbereich übertragen.                                                                                   Fachabteilungen und dem Begleitgremium finden            verwaltung hat das WIR2.0 Begleitgremium ein
                                                          Zentrale Koordination und WIR2.0 Begleit-             regelmäßige offene Reflexionsgespräche statt,            Vorschlagsrecht. Die letztendliche Entscheidung
Wichtige Bereiche der Migrationspolitik, wie die          gremium                                               über die auch die Öffentlichkeit informiert wird.        obliegt den Ausschüssen der Landeshauptstadt
Handhabung des Einbürgerungs-, Aufenthalts-               Die Aufgabe der internen Steuerung ist im Dezer-                                                               Hannover.
und Asylrechts oder das Wahlrecht für Nicht-EU-           nat III „Soziales und Integration“ der Stadtver-      Wirksamkeitsanalysen
Bürger*innen liegt nicht im Handlungsspielraum            waltung der Landeshauptstadt Hannover angesie-        Für ausgewählte Maßnahmen aus dem Feld der
der Kommunen. Die Landeshauptstadt Hannover               delt. Von hier aus findet, in Abstimmung mit dem      übergreifenden Priorisierungen werden darüber
bewegt sich somit als Kommune im Bereich der              WIR2.0 Begleitgremium (vorläufige Benennung),         hinaus wissenschaftlich begleitete Wirksamkeits-
Migrations- und Teilhabepolitik in einem engen            eine ständige Begleitung des Umsetzungsprozes-        analysen angesetzt. In die Auswahl kommen die
Rahmen, hat aber dennoch eine gestaltende                 ses und die überprüfende Auseinandersetzung           Empfehlungen des Begleitgremiums, über die der
Kraft, die sie nutzen will.                               mit den angestrebten Zielen und Wirkungen statt.      Internationale Ausschuss entscheidet.
                                                          Die abschließende Benennung dieses begleiten-
                                                          den Gremiums erfolgt in der zweiten Phase des
                                                          WIR2.0 Prozesses.

                                                     14                                                                                                             15
Übergreifende                                            1                                                  2
Priorisierungen
                                                          Wir fördern konsequent Maßnahmen,                 Wir fördern die Öffnung und Durchlässig-
                                                         die der Etablierung einer Kultur der Wert-         keit gesellschaftlicher Institutionen für alle
                                                         schätzung und Sichtbarkeit von Vielfalt            Menschen in der Einwanderungsstadt
Die gleichberechtigte Teilhabe aller Hannovera-          dienen und gegen Diskriminierung in der
ner*innen am (stadt-) gesellschaftlichen Leben           Einwanderungsstadt wirken
erfordert sowohl breit aufgestellte Akteur*innen                                                            In den zentralen gesellschaftlichen Lebensberei-
und Maßnahmen als auch eine Fokussierung auf                                                                chen wie Bildung, Arbeit, Kultur, Politik, Gesund-
die drängendsten Themen. Entsprechend werden             Alle Menschen in Hannover sollen in der Lage       heit, Sport, Wohnen oder Digitalisierung muss für
auch gezielt Maßnahmen für einzelne Diskrimi-            sein, ihre Individualität ohne Angst vor Diskri-   alle Menschen in Hannover die selbstverständli-
nierungsdimensionen entwickelt. Wir wollen die           minierung zu leben. Die Maßnahmen des WIR2.0       che Möglichkeit zur freien Entfaltung, Beteiligung
Zukunft der vielfältigen Stadtgesellschaft konst-        sind entsprechend den Ansätzen des Allgemeinen     und gestaltenden Einflussnahme gegeben sein.
ruktiv gestalten und die Weichen stellen für mehr        Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) darauf aus-        Deshalb muss nicht nur allen der gleiche Zugang
gesellschaftlichen Zusammenhalt und gegen so-            gerichtet, dass Diskriminierungen aufgrund des     zu gesellschaftlichen Ressourcen, Dienstleistun-
ziale Polarisierung.                                     Geschlechts, der vermeintlichen ethnischen Her-    gen, Positionen und Aufstiegschancen ermöglicht
                                                         kunft oder der Hautfarbe, des Alters, der Behin-   werden, sondern es müssen auch alle Angebote
Gesellschaftlicher Zusammenhalt lässt sich an-           derung, der Religion oder Weltanschauung und       von gesellschaftlichen Institutionen der Vielfalt
hand von mehreren Dimensionen beschreiben,               der sexuellen Orientierung verhindert oder wo      der Stadtgesellschaft Rechnung tragen, damit sie
die sich aufeinander beziehen. Werte wie soziale         möglich aktiv beseitigt werden. Ein besonderes     allen in gleicher Qualität zur Verfügung stehen.
Gerechtigkeit, Wertschätzung von Diversität so-          Augenmerk liegt dabei auch auf den Verschrän-
wie Zufriedenheit mit der sozioökonomischen Si-          kungen dieser Dimensionen zu Mehrfachdiskrimi-
tuation sind dabei Bedingungen, die die Möglich-         nierungen und auf strukturellen Diskriminierun-
keit schaffen, sich mit einer größeren Community,        gen.
sei es die Nachbarschaft oder die gesamte Stadt,
solidarisch zu identifizieren. Aus der Verbindung
der Bedingungen entsteht die Möglichkeit, am
gesellschaftlichen und politischen Leben teilzu-
haben sowie Debatten und Gesellschaft aktiv und
sichtbar zu gestalten. Eine solche Beteiligungs-
möglichkeit ist in der Realität für Eingewanderte
und ihre Nachkommen, aber auch für viele ande-
re Gruppen in der Stadtgesellschaft, nicht immer
selbstverständlich.

Deshalb wollen wir zur gleichberechtigten Teil-
habe und zum gesellschaftlichen Zusammenhalt
beitragen, indem wir im WIR2.0 zwei übergeord-
nete Prioritäten setzen.

                                                    16                                                                                                           17
Handlungsfelder und                                          Anerkennung und Förderung von Diversität
Querschnittsthemen                                           Wir begreifen Diversität als gesellschaftliches Po-
                                                             tenzial. In einer pluralen Stadtgesellschaft ist die
                                                             sichtbare Vielfalt von Lebensstilen die Normali-
                                                             tät – und sie ist ausdrücklich erwünscht. Deshalb
Das Werkzeug des WIR2.0 sind konkrete Maßnah-                muss die Arbeit an dem Thema aufgewertet und
men, mit denen wir das Ziel der gleichberechtig-             in der Öffentlichkeit präsenter werden. Struktu-
ten Teilhabe aller am gesellschaftlichen Leben er-           ren und Prozesse innerhalb und außerhalb der
reichen wollen. Die Maßnahmen verteilen sich auf             Verwaltung müssen unter Aspekten der Diversität
die sechs Handlungsfelder Bildung, Soziales, De-             überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.
mokratie, Stadtleben und Kultur, Wirtschaft so-
wie Stadtverwaltung und interkulturelle Öffnung.             Zielgruppenorientierte Kommunikation und                                     Soziales
Für die Entwicklung und Umsetzung der Maßnah-                Konzeption
men setzen wir drei Querschnittsthemen. Diese                Damit Angebote und Maßnahmen möglichst viele
werden bei jeder Maßnahme bedacht und sollen                 Menschen erreichen, sollten die dazu benutz-                Bildung
sicherstellen, dass die Maßnahmen dem Ziel des               ten Medien und Sprachen neben Deutsch auch
WIR2.0 dienlich sind.                                        auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten sein.                                        Demokratie
                                                             Durch einen zielgruppenorientierten Einsatz di-
Gleichbehandlung                                             gitaler Medien können Sprachbarrieren abgebaut
Die Landeshauptstadt Hannover ist der Umset-                 und Informationen und Angebote passgenau
zung des in der Verfassung verankerten Gleichbe-             gestaltet werden, um Zugänge zu erleichtern.           Stadtverwaltung
handlungsgrundsatzes verpflichtet. Chancenge-
rechtigkeit und Diskriminierungsschutz gehören
                                                             So muss bei der Entwicklung von Informationen
                                                                                                                    und interkulturelle
                                                             und Angeboten auch stets geprüft werden, ob
zu den wesentlichen Grundlagen einer demokra-                neu Eingewanderte einbezogen sind.                     Öffnung
tischen Gesellschaft. Diskriminierungen finden
auf individueller, struktureller und institutioneller
                                                                                                                                                      Stadtleben
Ebene statt und haben zur Folge, dass den Be-                                                                                                         und Kultur
troffenen die gleichberechtigte Teilhabe in allen
Bereichen des Stadtlebens erschwert oder gar
                                                                                                                                   Wirtschaft
verweigert wird. Über die sechs Dimensionen des
Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes und ihre
Verschränkungen zu Mehrfachdiskriminierungen
hinaus sollen mit dem WIR2.0 Benachteiligungen
zum Beispiel aufgrund des sozioökonomischen
Status verhindert werden.

                                                        18                                                                                19
Soziales
Handlungsfeld Bildung

Bildung ist ein lebenslanger Prozess, der formal,          Hierfür werden vier Unterthemen entlang der
institutionell und sehr strukturiert ablaufen kann         idealtypischen Bildungsbiografie identifiziert und                                   Bildung
– gerade, wenn die aufeinander aufbauenden und             mit inhaltlich und formal übergreifenden Schwer-
die Biografie prägende schulische abschlussbe-             punkten kombiniert. (siehe Grafik)
zogene Bildung betrachtet wird. Gleichzeitig ist
Bildung auch immer ein informelles, nichtinsti-            Unabhängig davon entwickelt die WIR2.0 AG Ju-
tutionelles, zum Teil unbewusstes Lernen – hier-           gend ebenfalls Maßnahmen zu den Bereichen in-
bei kommt außerschulischen Lernorten eine be-              formelle Bildung und Antidiskriminierung.
sondere Rolle zu. Bildung ist eine der wichtigsten                                                              Unterthemen
Voraussetzungen für die individuelle Entfaltung,
die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit, den so-
                                                                                                                entlang der Bildungsbiografie                   Schwerpunkte
                                                                                                                                                                                                           Demokrat
zialen Zusammenhalt und die aktive Teilhabe in                                                                  1. Frühkindliche Bildung/                       1. Sprachbildung und Alphabetisierung/
einer Gesellschaft. Die Herausforderungen liegen                                                                   Elementarbildung                                Mehrsprachigkeit
in den Übergängen von einer Institution zur an-
dern, da oftmals bescheinigte Zugangsvorausset-
zungen erfüllt sein müssen. Gleichzeitig sind viele
                                                                                                                                        Stadtverwaltung
                                                                                                                2. Kinder und Jugendbildung
                                                                                                                                                  2. Zugänge zu Bildungsangeboten

Bildungsmöglichkeiten an ein bestimmtes Alter                                                                                           und interkulturelle
                                                                                                                                                  3. Übergänge im Bildungssystem und
gekoppelt. Es gibt keine gleichen Bildungschan-
cen für alle, solange beispielsweise Herkunft und
                                                                                                                                        Öffnung
                                                                                                                3. Ausbildung und Studium
                                                                                                                                                     aus dem Bildungssystem heraus

der Bildungsstand der Eltern prägend sind.                                                                                                                      4. Übergreifende Bildungsangebote/
                                                                                                                  • Duale Ausbildung                               Informelle Bildung
Das Handlungsfeld Bildung setzt sich zum Ziel                                                                     • Internationalisierung an Hochschulen
                                                                                                                                                                  •   Konkrete Bildungsinhalte wie bspw.
– im Rahmen der kommunalen Möglichkeiten –
                                                                                                                                                                		    Umweltbildung, politische Bildung,
Hindernisse zu beseitigen und Angebote im Sinne                                                                 4. Erwachsenenbildung
                                                                                                                                                                		    Gesundheitsbildung, offene Kinder-
der vielfältigen Gesellschaft von heute zu erarbei-
                                                                                                                                                                		    und Jugendarbeit
ten.                                                                                                              •   Inklusive berufliche und
                                                                                                                		    ehrenamtliche Qualifikationen             5. Digitalisierung und kritische           Stadtleben
                                                                                                                  •
                                                                                                                  •
                                                                                                                      Angebote für Senior*innen
                                                                                                                      Familienbildung
                                                                                                                                                                   Medienkompetenz
                                                                                                                                                                                                           und Kultur
                                                                                                                                                                6. Antidiskriminierungsarbeit und
                                                                                                                                                                   Gewaltprävention im Bildungskontext

                                                                                                                                                                  • Rassismuskritische und antisemitismus-
                                                                                                                                                      Wirtschaft		 kritische Bildungsarbeit

                                                      20                                                                                                   21
Handlungsfeld Soziales                                   2. Besondere soziale Lagen und Armut                     6. Gesellschaftliches Engagement
                                                         Wir setzen uns dafür ein, dass Menschenwürde             Gesellschaftliches Engagement und die damit
                                                         und Menschenrechte als Grundlage aller Anstren-          verknüpfte Partizipation aller in Hannover le-
Gleichberechtigte Teilhabe und Zugänge zu Res-           gungen zur Überwindung sozialer Schwierigkei-            benden Menschen sind ein wichtiger Bestandteil
sourcen sind wichtige Voraussetzungen für eine           ten, Armut und Wohnungslosigkeit sind. Durch             unserer Demokratie. Als wesentliche Ausdrucks-
aktive Gestaltung des eigenen Lebens und die             Abbau von Barrieren und Präventionsmaßnahmen             form aktiver, selbstbestimmter Teilhabe muss
Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts.           sollen gleichberechtigte Zugänge geschaffen              der Zugang zu gesellschaftlichem Engagement
Wer in Hannover lebt, muss an dieser Stadtge-            (Chancengleichheit) und Armutsrisiken vermin-            allen Stadtbewohner*innen offenstehen. Dazu
sellschaft teilhaben können: muss Zugang zu              dert werden.                                             sind eine nach Zielgruppen differenzierte Enga-
Informationen und soziale Kontakte haben, von                                                                     gementförderung, Anreize und Zugangswege nö-
ihren Bildungseinrichtungen profitieren, von ih-         3. Gesundheit                                            tig, die diverse sozioökonomische Lebenslagen,
ren kulturellen Angeboten angesprochen werden,           Als zentraler Bereich des täglichen Lebens müs-          individuelle Lebenserfahrungen und Bedürfnisse
in ihren Arbeitsmarkt integriert sein, von ihren         sen Gesundheit und die Chancenwahrnehmung                berücksichtigen.
Behörden unterstützt werden sowie selbstbe-              zur Gesunderhaltung allen zugänglich sein.
stimmt die eigenen Interessen vertreten können.          Dazu bedarf es der Orientierung an Ziel- und                                                                           Gesellschaftliches
Informationsdefiziten, sozialer Ausgrenzung, Un-         Altersgruppen und die Berücksichtigung (sozio-                                                                         Engagement
gleichheiten und Zugangsbarrieren werden Ak-             ökonomischer) Lebenslagen, individueller Le-
tivierung / Empowerment, Beteiligung und der             benserfahrungen (Kriegs-, Flucht-, Gewalt- und
gleichberechtigte Zugang zu gesellschaftlichen           Diskriminierungserfahrungen) und Bedürfnisse
Ressourcen entgegengestellt.                             oder aufenthaltsrechtlicher Bestimmungen, um
                                                         eine bedarfsgerechte Gesundheitsversorgung für
                                                                                                                                            Soziales
                                                                                                                                                                                     Wohnen
Das Handlungsfeld gliedert sich in sechs Unter-          alle zu gewährleisten.
themen.
                                                         4. Pflege
1. Zusammenleben im Quartier                             Stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante   Bildung                                                             Pflege
Hannovers Quartiere sind wichtige Dreh- und An-          Dienstleister*innen müssen sich auf die schon
gelpunkte des städtischen Zusammenlebens. Hier           bestehenden und weiter zunehmenden Heraus-                  Zusammenleben
treffen Menschen mit verschiedenen Hintergrün-           forderungen einer vielfältigeren Klientel aus-              im Quartier
                                                                                                                                                               Gesundheit
den und in verschiedenen Lebenslagen aufeinan-           reichend vorbereiten und konkrete Maßnahmen
der. Diese Diversität erkennt das Handlungsfeld          ergreifen, um den Pflegebereich weiter interkul-
Soziales als Herausforderung und Chance und              turell zu öffnen und einen kultursensiblen sowie                             Besondere soziale
setzt sich für eine positive Quartiersentwicklung        diskriminierungsfreien Umgang mit Pflegebe-                                  Lagen und Armut
ein. Das bedeutet zum einen, eine gute Lebens-           dürftigen zu etablieren.
qualität für alle Bewohner*innen zu sichern und                                                                                                 Demokratie
zum anderen, die individuelle Entfaltung ihrer           5. Wohnen
Potentiale durch die Ermöglichung einer aktiven          Das Recht auf Wohnen ist ein Menschenrecht, das
Mitgestaltung ihres unmittelbaren Umfeldes zu            wir als Basis des sozialen Lebens sehen.
fördern.
                                                                                                    Stadtverwaltung
                                                                                                    und interkulturelle
                                                                                                    Öffnung

                                                    22                                                                                                              23
Handlungsfeld Demokratie                                  3. Förderung der Demokratie- und
                                                             Menschenrechtsbildung
                                                          Es soll durch die Stärkung der demokratischen
Dem Themenfeld Demokratie geht es um die                  und menschenrechtlichen Grundwerte das solida-
Möglichkeit der aktiven Teilhabe an politischen           rische, friedliche Miteinander in der Gesellschaft                                       Soziales
Prozessen und die konsequente Anwendung hu-               befördert und eine „Kultur der demokratischen
manistischer und menschenrechtlicher Prinzipi-            Rechte und Menschenrechte“ gepflegt und prakti-
en.                                                       ziert werden. Das geschieht über die Vermittlung
                                                                                                                                                                      Sicherheit und
                                                                                                                                    Antirassismus und
Das Handlungsfeld Demokratie teilt sich in vier
                                                          von Wissen, den Zugang zu Räumen, in denen
                                                          diese Kultur erprobt und ausgehandelt werden
                                                                                                               Bildung              Antidiskriminierung
                                                                                                                                                                      Sicherheitsgefühl

Unterthemen auf.                                          kann und über spezifische Weiterbildungsange-
                                                          bote für Multiplikator*innen im Sinne einer „Edu-
1. Antirassismus und Antidiskriminierung                  cation for Citizenship / Civic Education“. Damit
Der WIR2.0 entwickelt Maßnahmen und Präven-               demokratische Grundwerte möglichst von der
tionsangebote, um ein stärkeres Bewusstsein für           gesamten Stadtgesellschaft mitgetragen werden,
Rassismus als gesamtgesellschaftliches Phäno-             müssen auch Maßnahmen entwickelt werden, die
men zu schaffen und institutionellen sowie struk-         dem ideologischen Einfluss nicht-demokratisch
turellen Rassismus abzubauen. Desgleichen wer-            handelnder Staaten und Organisationen auf han-                                              Demokratie
den Maßnahmen entwickelt, die Betroffene von              noversche Einwohner*innen entgegenwirken.
rassistischer und rechter Gewalt schützen und
stärken. Die Landeshauptstadt Hannover setzt ihr          4. Sicherheit und Sicherheitsgefühl
Engagement gegen jede Form von Diskriminie-               Die Landeshauptstadt Hannover bekennt sich zu
rung fort. Sie beteiligt sich aktiv an der Bekämp-        ihrer Verantwortung gegenüber allen Menschen, Stadtverwaltung
                                                                                                        und interkulturelle
fung von Rechtsextremismus jeglicher Art.                 die Angst um ihre körperliche und psychische Un-
                                                                                                                                                                   Förderung der Demokratie-
                                                          versehrtheit haben müssen, oder durch repres-                                                            und Menschenrechtsbildung
2. Politische Beteiligung und freiwilliges                sive Staaten und Organisationen politisch ver-Öffnung          Politische Beteiligung
                                                                                                                         und freiwilliges politisches
   politisches Engagement                                 folgt werden und bietet diesen Menschen einen                           Engagement
Ohne freiwilliges Engagement würde unserer                Schutzraum. Auch die zunehmenden Ausgrenzun-
Stadtgesellschaft ein zentrales Bindeglied im kul-        gen und Anfeindungen im Internet stellen eine
turellen, politischen und sozialen Leben fehlen.          Bedrohung für das friedliche Zusammenleben
Hier bleibt im Blick, dass es einen Wandel hin zu         und das Sicherheitsgefühl der Betroffenen dar.
eher bewegungsförmigen Initiativen gibt, die vor          Auch solchen Vorfällen muss entgegengewirkt
allem über soziale Medien geteilt werden. Beson-          werden. Das grundsätzliche Vertrauen in die Si-

                                                                                                                                                     Stadtleben
dere Beachtung erfahren Jugendliche und junge             cherheitsbehörden soll erhöht und stabilisiert
Erwachsene sowie generationsübergreifende Pro-            werden – dazu gehört auch die Bekämpfung von
jekte und die Interessenvertretungen verschie-            institutionellem Rassismus innerhalb der Sicher-                                           und Kultur
dener migrantischer Gruppen. Es wird auf eine             heitsbehörden. Ausnahmslos alle Menschen in
Stärkung aktiver und passiver politischer Teilha-         Hannover sollen sicher und frei von Befürchtun-
be gesetzt, auch im Kontext des Wahlrechts. Die           gen bezüglich ihrer körperlichen und psychischen
Arbeit und die Möglichkeiten der Integrationsbei-         Unversehrtheit in unserer Stadt leben und sich
räte sind hierbei ein Schwerpunktthema.                   frei entfalten können.                                Wirtschaft

                                                     24                                                                                                       25
Bildung

Handlungsfeld Stadtleben                                   Das Handlungsfeld gliedert sich in sieben Unter-         6. Sport machen – Bewegung ermöglichen
und Kultur                                                 themen mit eigenen Schwerpunkten:                        • Bedarfe der Zielgruppen des WIR2.0 ermitteln,
                                                                                                                       um die Sportaktivität zu steigern

                                                                                                                                                                           Demokratie
                                                           1. Capacity Building und Förderstrukturen                • Neue Formate für die Nutzung von Sport-
                                                           • Zielgruppen des WIR2.0 motivieren, die                    anlagen unter besonderer Berücksichtigung
Das Handlungsfeld Stadtleben und Kultur will Zu-              Stadtgesellschaft mitzuprägen und ihre                   der Belang von Eingewanderten und ihren
gänge zu Kunst und Kultur, Sport, Bildung und Be-             Talente fördern                                          Kindern
gegnung öffnen und hier den Dialog fördern. Da-            • Kulturelle (Kinder- und Jugend-) Bildung mit           • Informeller Sport
für setzt es dort an, wo Menschen sich begegnen:              migrantischen Vorbildern vernetzen                    • Bildung und Qualifizierung im und durch Sport
In der Nachbarschaft, im Stadtteil, in Kultur und          • Qualifizierung von Multiplikator*innen           Stadtverwaltung
Sport sowie an Orten religiöser Gemeinschaften.            • Barrierefreie finanzielle Förderung              und interkulturelle
Diese Orte sind dabei nicht getrennt zu betrach-
ten. Es gilt Schnittstellen zwischen ihnen zu defi-        2. Mitwirkung an der Ausgestaltung des             Öffnung
nieren und Synergien zu nutzen – auch zwischen                Kulturentwicklungsplans (KEP) aus der                          Capacity Building und
den Handlungsfeldern und Unterthemen des                      Perspektive von Eingewanderten und                             Förderstrukturen
WIR2.0.                                                       ihren Kindern
                                                           • Mitgestaltung der Umsetzung von Zielen,
Um gleichberechtigte Teilhabe zu fördern, muss                Maßnahmen und Modellprojekten des KEP
die (sozio-) kulturelle, sportliche und religiöse                                                                   Mitwirkung an der
                                                                                                                    Ausgestaltung des
Vielfalt der Menschen in Hannover sichtbar ge-             3. Inter- und transkultureller Dialog der
                                                                                                                    Kulturentwicklungs-
macht werden – in Medien, Politik und Verwaltung              Weltanschauungen und Religionen                       plans (KEP) aus der                                Stadtleben
sowie in Gremien, in Familien- und Jugendzent-             • Transkulturelle Dialoge anstoßen, führen und           Perspektive von
ren, Vereinen, Verbänden und Bildungseinrichtun-              vernetzen                                             Eingewanderten                                     und Kultur
gen. Gerade junge Menschen und Nachkommen                  • Interreligiöse Dialoge fördern und inter-              und ihren Kindern
von Eingewanderten sowie die Transkulturen, die               religiöse Kompetenz vermitteln
sie entwickeln, – also die Vermischung verschie-
dener subkultureller Einflüsse zu neuen Lebens-            4. Medienrepräsentation und Kommunika-
stilen und Ausdrucksformen – müssen stärker in                tionsstrategie                                    Wirtschaft
                                                                                                                    Inter- und transkultureller                                         Sport machen –
                                                                                                                         Dialog der Weltanschauungen                                    Bewegung ermöglichen
den Blick rücken. Wichtig ist auch die Ansprache           • Medienkompetenz fördern
                                                                                                                         und Religionen
und Förderung von Menschen, die nicht in Ver-              • Möglichkeiten der Beteiligung transparent
einen oder anderen Interessenvertretungen or-                 machen
ganisiert sind. Die Maßnahmen des Handlungsfel-            • (Mediale) Öffentlichkeit ermöglichen                                                                              Produktive Orte
des schaffen in den unterschiedlichen Bereichen                                                                                                                                der Vielfalt
Identifikationsmöglichkeiten für Eingewanderte             5. Produktive Orte der Vielfalt                                             Medienrepräsentation und
                                                                                                                                       Kommunikationsstrategie
und ihre Nachkommen.                                       • Zugänge zu und Gestaltung von formalen
                                                              sowie informellen alten und neuen Begeg-
                                                              nungsorten

                                                      26                                                                                                              27
Handlungsfeld Wirtschaft
                                                                                                                                                                        Demokratie
Die hannoversche Wirtschaft ist ein wichtiger               Das Handlungsfeld Wirtschaft gliedert sich in fol-
Faktor, wenn es um Migration und Teilhabe geht.             gende vier Unterthemen, die teils eigene
Nur wer existenziell abgesichert ist, hat Kapazitä-         Schwerpunkte setzen:
ten, sich in das gesellschaftliche Leben der Stadt                                                                      Stadtverwaltung
einzubringen und dieses mit zu gestalten und zu             1. Lokale Ökonomie                                          und interkulturelle
prägen. Das integrative Potenzial des breit aufge-          • Unternehmerische Vielfalt und neue Koopera-
stellten Feldes „Wirtschaft“ endet aber nicht bei              tionen im Stadtteil                                      Öffnung
                                                                                                                           Existenzgründung und
                                                                                                                             Unternehmer*innentum
der Arbeitsmarktintegration. Vielmehr bietet sich
die Chance, gerade über das eigene Unterneh-                2. Existenzgründung und Unternehmer*
men oder den eigenen Arbeitsplatz, die Stadtge-                innentum
sellschaft inter- und transkulturell zu bereichern.         • Unterstützende Angebote bekannter machen,                                             Arbeitsmarktintegration
Wirtschaftliche und unternehmerische Erfolgs-                  Ansprachen zielgruppenspezifisch gestalten                                           (Ausbildungsförderung,
                                                                                                                 Lokale Ökonomie
geschichten aus den Zielgruppen des WIR2.0 zei-             • Sichtbarkeit der Vielfalt des Unternehmer*                                            Qualifizierung,
gen außerdem explizit, wie sehr die Vielfalt der               innentums                                                                            Beschäftigungsförderung)
Stadtgesellschaft auch die Wirtschaft bereichert            • Bereicherung des Wirtschaftsstandortes                                                                  Stadtleben
und umgekehrt. Das Herausstellen solcher Ge-                   Hannover durch spezifische Stärken der Ziel-
schichten und ihrer Protagonisten macht den                    gruppen des WIR2.0                                                                                     und Kultur
gesellschaftlichen Fortschritt durch Vielfalt sicht-
bar und schafft Vorbilder. Dies zeigt auch, dass            3. Arbeitsmarktintegration
Arbeitgeber*innen, die Vielfalt in ihren Betrieben             (Ausbildungsförderung, Qualifizierung,
zulassen und leben von Bedeutung sind.                         Beschäftigungsförderung)
                                                            • Kompetenzförderung in allen Bereichen                           Wirtschaft                     Internationalisierung

Eine wichtige Rolle dabei spielen digitale wie              • Frauenförderung
analoge Netzwerke, die Zugänge in die Gesell-
schaft bereitstellen und Gestaltungsräume öff-              4. Internationalisierung
nen. Will der wirtschaftliche Sektor seinen Teil            • Weiterentwicklung der internationalen Koope-
zur gleichberechtigten Teilhabe beitragen, muss                rationen der Stadt unter Beteiligung lokaler
er außerdem eine eigene Willkommenskultur mit                  Akteur*innen
entsprechenden Förderstrukturen in Hannover
etablieren. Sei es, um einzelnen Arbeitnehmer*
innen das Ankommen in einer neuen Stadt zu
erleichtern, oder um transnationale Unterneh-
mer*innen an den Standort zu binden.

                                                       28                                                                                      29
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