SINGE UN SINGE LOSSE - Kölsche Heimat
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Liebe Freunde der kölschen Musikkultur, mit der siebten Folge unseres Musikprojekts „Kölsche Heimat“ blicken wir zurück und nach vorne, spielen mit den vielfältigen Formen der höchst faszinierenden Unterhaltungsmusik der „Goldenen Zwanziger“ des letzten Jahrhunderts und schlagen einen Bogen zu den 20er-Jahren unserer Tage. Diese spannende Zeitreise zeigt, wie kölsche Unterhaltungskunst mit Krisen umging und -geht. „Wat nötz die ganze Kümerei“ – Sorgen werden nicht ignoriert, ein Verharren im Kummer aber ist für die Menschen keine Lösung. Und so sucht man nach vergnüglichen Momenten, die Kraft geben für einen Aufbruch in eine sichere und unbeschwerte „Normalität“. Die bisherigen Erfahrungen aus den bedrückenden Monaten der Pandemie und den verheerenden Folgen des Hochwassers in Teilen unserer Heimat zeigen deutlich, dass wir gemeinsam allem gewachsen sein können, wenn wir als Gemeinschaft zusammenhalten. Als tief in der Region ver- wurzeltes Kreditinstitut werden wir mit aller Kraft dazu beitragen, dass das Leben in unserer Region schnell wieder Fahrt aufnimmt. Die „Kölsche Heimat“ mag dabei eine kleine musikalische Unterstützung und Aufmunterung sein. Mir wünsche üch vill Freud! Kreissparkasse Köln Der Vorstand
Wat nötz die ganze Kümerei? Die Musik aus den Varietés, Tanzlokalen und Kon- allem der Karneval – litt bis 1925 unter strengen Wer auf die „Goldenen Zwanziger“ zurück- beschwört stets die „Jemötlichkeit“ in Gemein- zertsälen der „Roaring Twenties“ erlebt ein buntes Verboten. blickt, tut dies zwangsläufig immer auch im schaft. Die Sorgen werden nicht ignoriert, aber Revival. Auch wenn wohl nicht ganz so wild ge- Nicht alle machten mit beim wilden Aufbruch. Wissen um das, was in den darauffolgenden sie mögen bitte draußen bleiben. Die aktuelle feiert wurde, wie man es sich heute erzählt, Die Möglichkeiten der Teilhabe waren höchst Jahrzehnten geschah. Das erscheint unfair. Doch Krise zu Beginn der 20er Jahre dieses Jahrhun- war es doch eine faszinierende Zeit des unbe- ungleich verteilt. Gespalten war die Gesellschaft eine Würdigung der Kunst geht nicht ohne den derts lässt das jedoch nicht zu. Die Bekämpfung schwerten Aufbruchs. Köln war nicht Berlin, doch auch beim Umgang mit dem, was an kulturellen für sie verantwortlichen Künstler. Die meisten der Corona-Pandemie führte zu Kontaktbe- auch hier pulsierte die kulturelle Vielfalt: Bilden- Einflüssen von außen kam, vor allem aus Amerika. passten sich während der Nazi-Diktatur an, um schränkungen, Abstandsregeln, Ausgangssperren de Kunst, Architektur, Stadtgestaltung, Literatur, So positionierte sich der offizielle Karneval in weiter ihrem Beruf nachgehen zu können. Einige und Alkoholverboten. An die Stelle des gemein- Theater, Kabarett und Musik erlebten eine Abwehrhaltung. Im Volkskarneval, bei seinen wurden zu offenen Unterstützern des Regimes. samen Feierns gegen das Ungemach trat die Blüte. Gastspiele und auch viele persönliche Lumpenbällen oder im Kneipenkarneval wird Und viele wurden zu Opfern. Jüdische Unter- schwer zu vertonende Hoffnung auf eine „neue Kontakte sorgten zudem für eine lebendige Ver- das anders gewesen sein. Doch die historischen haltungskünstler emigrierten oder starben in Ver- Normalität“. bindung in die Hauptstadt. Der Rausch, der mit Zeugnisse sind rar. Der Liedermacher Willi Oster- nichtungslagern. der Weltwirtschaftskrise 1929 sein Ende fand, mann, der vielleicht erste Popstar des Rheinlands, Die Zeitreise ist auch deshalb so spannend, Helmut Frangenberg war hier noch kürzer als anderswo. Das Rhein- stand dazwischen, feierte mit bei ausgelassenen weil sie zu 100 Jahre überspannenden Betrach- land stand nach dem Ersten Weltkrieg unter Künstlerbällen, besang aber auch sentimental die tungen einlädt, wie die Unterhaltungskunst mit britischer Besatzung. Das kulturelle Leben – vor alten Zeiten ohne den „fremde Krom“. Krisen umging und umgeht. Die kölsche Musik
Foto: Valery Kloubert Foto: The COOL CATS Kohberg Orchester Lou‘s THE COOL CATS Wat nötz die ganze Kümerei Esu jung wie fröher Der flotte Marsch über die Sinnlosigkeit von Kü- unzählige Texte verantwortlich war, ist von den In den 1920er-Jahren wird aus Jazz Tanzmusik. etwa den Boswell Sisters, die wiederum die Vor- merei aus den 1920er-Jahren passt auch 100 Folgen des Ersten Weltkriegs die Rede. Mit ei- Aus Amerika kommen Foxtrott, dann Shimmy und bilder für die legendären Andrew Sisters waren. Jahre später noch wie die Faust aufs Auge. Mit ner neuen Strophe stellt das Kohberg Orchester Charleston nach Europa – als Vorboten einer pul- Die Cool Cats verbinden mit „Esu jung wie frö- kölscher Leichtigkeit beim Gläschen Wein im nun den Bezug zu aktuellen Krisenlagen her, ver- sierenden Swing-Ära. Auch wenn der offizielle her“ den Wunsch, ab und zu mal die Zeit zu- Freundeskreis, dazu ein bisschen Mut, Trotz, bunden mit der Einsicht, dass Wohlstand nichts Karneval damit nichts anfangen konnte, kann rückdrehen zu können. Während einer Pandemie Durchhaltewille und Tatendrang – so sollte wert ist, wenn es nicht gelingt, die Folgen von man sicher sein, dass die neue Musik ihren Weg kann die Erinnerung an frühere Zeiten noch sen- man mit Krisen umgehen, sang damals August Pandemie und Klimawandel in den Griff zu be- in viele Tanzlokale am Rhein fand. Beliebt ist sie timentaler, aber - wie hier auch - durchaus trotzig Batzem. In der zweiten Strophe kommen. Der Apell bleibt der gleiche wie bei bis heute. Die Kölner Band The Cool Cats inter- ausfallen. des Originaltextes von Hubert Ebeler: „Mer speie en de Häng un bieße op pretiert alte und neue Songs der Popgeschichte Ebeler, der in jener Zeit für de Zäng!“ im Stil der mehrstimmigen Vocal-Jazz-Frauentrios,
Foto: Marek Ratajczak Foto: Marek Ratajczak Ozan Akhan und das Kohberg Orchester Guido Cantz Mer sin vun Köln am Rhing En hundert Johr Es gibt wunderbare Lieder aus den 1920er-Jahren, Sammlerregal. Ganz ohne Pathos, wie man es Wenn Guido Cantz mit seinem Kleinkunst- um eigene Strophen ergänzt. Das Lied spannt mit die völlig in Vergessenheit gerieten, obwohl sie sonst beim Lobgesang auf Köln und die Kölner Programm unterwegs ist, setzt er sich gelegent- seinem Blick auf Krisen und Vergänglichkeit einen das Zeug zum Evergreen hatten. Es mag daran gewohnt ist, kommt „Mer sin vun Köln am Rhing“ lich auch singend ans Klavier. Das Kabarett der Bogen über 100 Jahre und schafft zudem eine liegen, dass sich nach dem Zweiten Weltkrieg von Gerhard Ebeler und Fritz Hannemann aus 1920er-Jahren ist geprägt von dieser Art des Vor- weitere Verbindung zwischen Köln und Berlin. keiner darum bemüht hat, sie durch Neuinter- – eine Traumvorlage für den in Izmir geborenen trags. Erfolgreichster seiner Zunft war der Berliner Reutter war mit Kölner Künstlern befreundet und pretationen und Neuaufnahmen am Leben zu kölsche Jung und Stunksitzungs-Liebling Ozan Otto Reutter. Dessen Hit „In 50 Jahren ist alles immer wieder im Rheinland auf Tournee. Es heißt, erhalten, wie es bei Willi Ostermann geschehen Akhan. Bernd Paffrath, ehemaliger Weltmeister vorbei“ aus dem Jahr 1920 ist die Vorlage für dass sich Willi Ostermann erst durch seinen Rat- ist. So verstaubte auch dieses im Solo-Stepptanz aus Leverkusen, liefert sich eine kölsche Neuinterpretation mit Hans Fücker schlag für eine Karriere als köl- ungewöhnliche Heimatlied dazu ein Percussion-Duell mit dem Schlagzeuger am Piano. Die neue Version basiert auf einem scher Liedermacher entschied. als Schellack-Schätzchen im des begleitenden Kohberg-Orchesters. Text des kölschen Autors Robert Pütz, den Cantz
Foto: Annett Vauteck Foto: Gregor Hohenberg Max Raabe, Alice Esser Christoph Israel und das Kohberg Orchester Kölsche Mädcher, kölsche Junge Weißt du was du kannst Die Sängerin Alice Esser, Mitglied im Ensemble Stück einer Frau auf den Leib geschrieben. Ein musikalischer Gruß aus Berlin: Max Raabe erschaffen, die auch bei vielen Gastspielen in der Kölner „Immisitzung“, interpretiert zusammen „Kölsche Mädcher, kölsche Junge“ stammt aus singt – begleitet vom Pianisten Christoph Israel Köln Begeisterung auslöste. In Köln begann seine mit dem Kohberg Orchester einen unverwüstli- der Revue „Der Feldmarschall vum Kümpchenshof“ – einen Schlager, der in den 1920er-Jahren zum Verfolgung in der NS-Zeit. Als der offen homo- chen Evergreen aus dem Jahr 1927. Da er in mit dem kölschen Superstar Grete Fluss als Haupt- Repertoire des Sängers Paul O’Montis gehörte. sexuell lebende Künstler 1933 die Kabarett- der Vergangenheit immer wieder von Männern darstellerin. In Köln füllte sie die Varieté-Theater Der in Budapest geborene Varieté- und Kabarett- festspiele im Kölner Kaiserhof leitete, wurde er gesungen wurde, geriet sein Ursprung in Verges- wie das „Groß Köln“ in der Friesenstraße. Bun- künstler, der nach dem Ersten Weltkrieg in Berlin erstmals verhaftet und im Klingelpütz inhaftiert. Er senheit: Denn eigentlich hatten der Musiker Fritz desweit wurde „Et Flusse Griet“ als „achtungs- seinen Durchbruch feierte, parodierte mit Eleganz kam frei und floh nach Wien und Prag, wo er Hannemann und der deutsch- gebietendes schweres Geschütz des Frohsinns“ und Charme die Welt von Operette und Salon- erneut verhaftet wurde. Er landweit erfolgreiche Varieté- gefeiert, wie eine Berliner Zeitung schrieb. Orchester-Schlager. Paul Wendel, so sein bürger- starb 1940 im KZ Sachsen- Künstler Engelbert Sassen das licher Name, hatte eine faszinierende Kunstfigur hausen.
Foto: Katharina von der Kall Foto: Marek Ratajczak Kasalla Biggi Wanninger De Wienanz han ‘nen Has‘ em Pott Woröm solle mer ald en de Heija gon Willi Ostermann war nicht nur ein zuverlässiger binden. Eine Alltagsgeschichte wie die von der Ein Schutzmann, der mit dem Zeigefinger zum dem Jahr 1926 mit einer Musik, die Kölns erster Hit-Lieferant, der in ganz Deutschland bekannt verschwundenen Katze der Familie Hövelmann, Feierabend mahnt – bei Willi Ostermann geht es Superstar wohl weniger mochte. Der Swing, war. Der 1876 geborene Sänger und Lieder- aus der bei Wienanz ein falscher Hase wird, weniger um die Überwachung einer nächtlichen die neue Musik aus Amerika, und die „Dänz macher war auch für die Entwicklung der rheini- wurde schnell zum echten Volkslied, dessen Ausgangssperre als um eine fröhliche Feier, die vun hück“ waren für ihn eher bedauernswerter schen Festkultur von herausragender Bedeutung: Refrain fast jeder mitsingen konnte und das auch kein Ende zu finden scheint. Die Polizei soll ein- „fremde Krom“, wie es in „Och wat wor dat frö- Ihm gelang es, die oft widerstreitenden Pole des ohne den Gesang seines Originalinterpreten fach mitfeiern, es gilt, den Augenblick zu genie- her schön doch en Colonia“ heißt. Ostermanns kölschen Fastelovends – das bürgerliche, nach über ein Jahrhundert weiterlebt. Für die „Kölsche ßen – weil: „Jeder es sich em Klore, mer existieere Skepsis war unbegründet, wie diese Version im Regeln organisierte Fest und die Heimat“ interpretiert Kölns Erfolgsband Kasalla all nit mieh bestemmp en hundert Johre“. Stunk- Stile einer Small-Jazz-Band Idee des unangepassten Volks- „De Wienanz han ‘nen Has‘ em Pott“ in einem sitzungspräsidentin Biggi Wanninger verbindet belegt. karnevals – miteinander zu ver- ganz eigenen, überraschenden Stil neu. den unverwüstlichen Ostermann-Klassiker aus
Foto: Helmut Frangenberg Foto: Marek Ratajczak Thomas Cüpper Michael Kuhl und das Kohberg Orchester Leeven Pitter Künnte mer nit e Milliönche han Als der Decke Pitter im November 1924 in Michael Kuhls Zeitreise darf der Decke Pitter Mit weißer Weste und Zylinder über den tape- erste Veröffentlichung von „Künnte mer nit e Mil- Köln eintraf, war das mehr als ein Spektakel selber mitspielen und sein tiefes „C“ erklingen zierten Neumarkt und die mit Schokolade la- liönche han“ geht zurück auf die kölsche Adap- mit 20.000 begeisterten Kölnerinnen und Köl- lassen. Musikalisch versetzt der Sänger und Trom- ckierte Hohe Straße – was könnte man alles tun, tion einer Revue von Otto Reutter zur Zeit des nern. Die Petersglocke war auch ein stolzes Sym- peter den 24.000 Kilo schweren Kollegen nach wenn man ein „Milliönche“ übrig hätte. „Klimper- Ersten Weltkriegs. Aus „Berlin im Krieg“ wurde bol. Fast ein Jahrhundert lang blieb sie die größte New Orleans. Der Oldtime Jazz, wie man ihn männchen“ Thomas Cüpper, dessen Stimme der im Kölner Metropol-Theater „Köln im Krieg“. Die frei schwingende Glocke der Welt. Eigentlich noch heute in der „Wiege des Jazz“ im Süden von Willi Ostermann so ähnlich ist, nimmt sich weniger lustige vierte Strophe, in der Ostermann sollte der Metallriese schon im Frühjahr 1923 in der USA hört, war der Vorläufer für die Tanzmu- zusammen mit dem Kohberg das „Milliönche“ für eine weitere Kriegsanleihe Köln sein. Doch da befürchtete man noch, dass sik, die ab Mitte der 1920er- Orchester eines eher unbekann- ausgeben wollte, ließ man in den Jahren nach die Glocke von den Besatzungstruppen als Re- Jahre nach Europa kam. ten Stücks des Meisters an. Die dem Krieg unter den Tisch fallen. parationsgut beschlagnahmt werden könnte. Bei
Foto: Dirk Behlau Katie & Alfred Heinen the Swing Aces Trink ich am Rhein ein Gläschen Wein Explodeere Der gebürtige Mönchengladbacher Alfred Heinen die „Kölsche Heimat“ an einen vergessenen kam als Schauspieler 1900 nach Köln und Unterhaltungskünstler. Sein Stimmungslied voller In Zeiten der Pandemie und der Maßnahmen, mit vergangenen Jahrhunderts vor Augen, wo in gro- machte sich schnell auch außerhalb des Rhein- geliebter Klischees von Heimat, Rhein, Wein denen man glaubt, sie bekämpfen zu können, ist ßen Tanzlokalen der Charleston für Begeisterung lands einen Namen als Varieté-Künstler. Im und „blonden Mägdelein“ ist ein herrliches die Vorstellung von einem großen gemeinsamen sorgte. Die Tänzerin Josephine Baker hatte den Schwerthof am Neumarkt betrieb er zudem eine Schellack-Zeitdokument mit Anspielungen auf Fest zu einem fernen Wunsch geworden. Man nach einer Hafenstadt in South Carolina benann- „Künstlerklause“. Trotz seines Erfolgs gibt es nur den Box-Champion Max Schmeling oder wenig würde gerne vor Lust und Freude „explodeere“. ten Modetanz mit Auftritten in Paris und Berlin sehr wenige Zeugnisse seines Schaffens – die geschätzte „Völkerbund-Debatten“. Zeilen wie Doch wird es wieder so sein, wie es einmal war? nach Europa gebracht. Die Swing Aces um die Nazi-Diktatur hat sie wie im Falle vieler anderer „Ich pfeif‘ auf die Sorgen“ wirken im Rückblick Von so einem Abend in einem Club, in dem das Sängerin Kristina Kruttke machen sonst englisch- jüdischer Künstler ausradiert. bedrückend, wenn man weiß, dass Heinen, der Gedränge und die Feierlust so groß sind, dass es sprachige Swingmusik in der Mit dieser Originalaufnahme eigentlich Levy hieß, 1943 von den Nazis im von der Decke tropft, singen Katie & the Swing Tradition der sogenannten aus dem Jahr 1929 erinnert Vernichtungslager Sobibor umgebracht wurde. Aces – dabei das Bild der Roaring Twenties des Small-Jazz-Bands.
Foto: Oebel Foto: Marek Ratajczak Philipp Oebel Kätt un Fründe Uns Stroßemusikante Saht, hatt ehr ald geho‘t vum Schmitze Nett? Man weiß wenig über die Straßenmusik aus den Schrubber Walzer, der Schneider näht doppelt Katja Lavassas und die Hänneschen-Band inter- und Rufmord. Die lästernden Denunziantinnen 1920er-Jahre. Die Geschichte der legendären so schnell und das Baby strampelt vor Freude in pretieren ein völlig unbekanntes Lied von Hubert liegen falsch mit ihren Vermutungen. Annette Vier Botze beginnt erst 1933, und so ist wenig der Wiege, wenn „Orgels- un Tröötemann“ oder Ebeler und August Batzem, von dem lediglich Schmitz hat keine Zeit für Liebschaften, weil sie überliefert über die Kunst der kölschen Straßen- gar eine Jazzband um die Ecke kommen. In jeder eine strophenlose Tanzorchester-Version in einem Geld verdienen muss. Für die von Marsch und sänger in der Zeit davor. Insofern ist der liebe- Straße von früh bis spät muss „Musik en de Stadt“ Sammlerregal überliefert ist. Die nun im Archiv Walzer geprägte kölsche Musik war das Lied volle Text von Hubert Ebeler aus dem Jahr 1932 gewesen sein. Der Sänger Philipp Oebel, der zutage geförderten Strophentexte sorgten für schon damals ungewöhnlich. Katja Lavassas eine der aussagekräftigsten Quellen über das sich der langen Tradition der Kölner Straßensän- eine Überraschung, denn die Geschichte vom geht noch einen Schritt weiter, indem sie aus musikalische Treiben jenseits der ger verpflichtet fühlt, interpretiert die feine Hom- Liebesleben der Schmitze Nett, die neben einem zwei Strophen einen Rap macht. Bühnen, Tanzlokale und Ball- mage an ein besonderes Phänomen rheinischer Kavalöres auch noch ein Fisternöll haben soll, säle. Die Putzfrau tanzt mit dem Musikkultur. entpuppt sich als Anklage von übler Nachrede
Foto: Costa Belibasakis Foto: Valery Kloubert Alte Bekannte Kohberg Orchester Nur noch ein paar Schritte Woröm si’mer dann nit immer su gemütlich wie hück? „Zugesperrt, die Lichter aus. Banger Blick auf gelten. Es blieb die Hoffnung, dass irgendwann Der Marsch aus dem Jahr 1928 – erstmals in Stu- Jahre viele Auseinandersetzungen mit dem nackte Zahlen.“ Die Band Alte Bekannte be- „das Leben“ zurückkehrt. Der Beitrag der Kölner dioqualität vom Kohberg Orchester aufgenom- damaligen Oberbürgermeister Konrad Adenauer schreibt die Zeit der Pandemie mit all ihren A-capella-Band, die sich 2017 als Nachfolgerin men – ist ein schönes Beispiel für die Verbindung ausgefochten hat. Der Text stammt von Franz Unsicherheiten, Widersprüchen und Zweifeln: der Wise Guys formierte, ist auch eine Reminis- von aktuellen Bezügen mit dem alle Krisen über- Chorus, dem Literaten der Großen Karnevals- „Welches Mittel heilt den Zweck?“ Es ist nicht zenz an die erste große „Boygroup“, die den dauernden Appell, mal die Sorgen zu vergessen Gesellschaft – ein Beispiel dafür, warum die Pro- vielen Unterhaltungskünstlern etwas Geistreiches mehrstimmigen Gesang ohne Begleitung in und den Augenblick zu genießen. So findet man grammverantwortlichen früher zu Recht die Be- zur Pandemie eingefallen. Das typisch kölsche Deutschland zu großem Publikumserfolg führte: gar ein „Henriettche“, das sich im Stadtrat mit zeichnung „Literaten“ trugen. Die Musik stammt Rezept, durch gemeinsames Feiern die Sorgen 1928 begann der Aufstieg der legendären „Kunrad“ streitet. Das ist keine aktuelle Da capo vom in Köln geborenen Wahlberliner Emil Palm. weg zu schunkeln, konnte nicht Comedian Harmonists. Ein Jahr später sangen Strophe für die Kölner Oberbürgermeisterin. Ge- wirken, wenn Abstandsregeln sie erstmals in Köln. meint ist vielmehr die streitbare linke Frauenrecht- und Kontaktbeschränkungen lerin Henriette Ackermann, die in den 1920er-
Wat nötz die ganze Kümerei – Kohberg Orchester – Musik: Heinrich Frantzen; Text: Hubert Eberle (es handelt sich um Hubert Ebeler, beim Verlag und der Gema ist er offensichtlich mit falscher Schreibweise registriert), neue Strophe: Norbert Schumacher, Thomas Gebhardt; Verlag: Gerdes Musikverlag, Musikverlage Gerig KG; Arrangement: Olav Calbow; Produktion: Dieter Kirchenbauer, Olav Calbow || Esu jung wie fröher – Lou‘s THE COOL CATS – Musik: Claus Hesse, Till Kersting; Text: Claus Hesse, Peggy Sugarhill; Verlag: Manuskript; Mix: Salz Music; Produktion: Renaissance Studio Cologne || Mer sin vun Köln am Rhing – Ozan Akhan und das Kohberg Orchester – Musik: Fritz Hannemann; Text: Gerhard Ebeler; Verlag: P. J. Tonger Musikverlag KG; Arrangement: Olav Calbow, Thomas Gebhardt; Produktion: Dieter Kirchenbauer, Olav Calbow; Stepptanz: Bernd Paffrath || En hundert Johr – Guido Cantz – Musik: Otto Reutter, Hans Fücker; Text: Robert Pütz, Guido Cantz; Original- text: Otto Reutter („In 50 Jahren ist alles vorbei“); Verlag: Bergwald-Verlag Walter Paul E.K.; Aufnahme: Ulf Stricker; Klavier: Hans Fücker; Produzent: Hans Fücker || Kölsche Mädcher, kölsche Junge – Alice Esser und das Kohberg Orchester – Musik: Fritz Hannemann; Text: Engelbert Sassen; Verlag: P. J. Tonger Musikverlag KG; Arrangement: Olav Calbow; Produktion: Dieter Kirchenbauer, Olav Calbow || Weißt du was du kannst – Max Raabe, Christoph Israel – Musik: Austin Egen, Walter Jurmann; Text: Fritz Rotter; Verlag: Bosworth Music GmbH || De Wienanz han ‘nen Has‘ em Pott – Kasalla – Musik und Text: Willi Ostermann; Verlag: Willi-Ostermann-Verlag; neues Arrangement: Kasalla; aufgenommen von Matthias Gamm und Flo Peil, Maarwegstudio 2/Tinseltown Music Studios; Mix: Dan Stone; Produktion: Flo Peil || Woröm solle mer ald en de Heija gon – Biggi Wanninger – Musik und Text: Willi Ostermann; Verlag: Willi Ostermann-Verlag; Produktion: Friso Lücht; beteiligte Musiker: Heiner Wiberny (Saxofon), Friso Lücht (Bass, Klavier, Schlagzeug) || Künnte mer nit e Milliönche han – Thomas Gerhard Ebeler Cüpper und das Kohberg Orchester – Musik und Text: Willi Ostermann; Verlag: Willi Ostermann-Verlag; Arrangement: Olav Calbow; Produktion: Dieter Kirchenbauer, Olav Calbow || Leeven Pitter – Michael Kuhl – Musik und Text: Michael Kuhl; Verlag: Manuskript; Produktion: Michael Kuhl; beteiligte Musiker: Frank Buohler (Klavier), Ulf Stricker (Schlagzeug), Richard Hellenthal (Sousafon), Jörg P. Weber (Gitarre), Engelbert Wrobel (Klarinette) || Trink ich am Rhein ein Gläschen Wein – Alfred Heinen – Musik und Text: Franz Straßmann; Originalaufnahme aus dem Jahr 1929; Verlag: Hans Gerig Musikverlage KG || Explodeere – Katie & the Swing Aces – Musik und Text: Martell Beigang, Kristina Kruttke; Verlag: Manuskript; Produktion: Martell Beigang || Uns Stroßemusikante – Philipp Oebel – Musik: August Batzem; Text: Hubert Ebeler; Verlag: Manuskript; Kölle, ming Heimat am herrlichen Rhing Produktion: Ralf Hahn, Volker Dahmen, Philipp Oebel; beteiligte Musiker: Ralf Hahn (Bass, Ukulele, Gesang), Volker Dahmen (Akkordeon, Gesang) || Saht, hatt ehr ald geho‘t vum Schmitze Nett? – Kätt un Fründe – Musik: August Batzem; Text: Hubert Ebeler; Verlag: P. J. Tonger Musikverlag KG; Aufnahme: Daniel Zimmermann; Produktion: Katja Lavassas, Daniel Zimmermann; Neben Willi Ostermann ist Gerhard Ebeler ab 1913 schrieb er Texte für kölsche Revuen. beteiligte Musiker: Jura Wajda (Piano, Keyboard, Arrangement), Benedikt Hesse (Schlagzeug), Gregor Lindemann (Bass), Stefan Mertens (Mandoline, Ukulele, Gitarre) || Nur noch ein paar Schritte – Alte Bekannte – Musik und Text: Daniel „Dän“ (1877 – 1956) wohl der wichtigste Interpret und Er sang hochdeutsche und kölsche Lieder und Dickopf; Verlag: meinsongbook Verlag GbR; Produktion: Ingo Wolfgarten || Woröm si’mer dann nit immer su gemütlich wie Texter der kölsch-karnevalistischen Szene der verstand es, ähnlich wie Ostermann, aus hei- hück? – Kohberg Orchester – Musik: Emil Palm; Text: Franz Chorus; Verlag: Gerdes Musikverlag, Musikverlage Gerig KG; Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg. Zusammen mit teren Alltagsgeschichten und zeitgeschichtlichen Arrangement: Olav Calbow, Thomas Gebhardt; Produktion: Dieter Kirchenbauer, Olav Calbow || Kölle, ming Heimat am den Komponisten Fritz Hannemann und später Ereignissen Lieder zu machen. Das für die herrlichen Rhing – Gerhard Ebeler – Musik: Fritz Hannemann; Text: Christian Witt; Originalaufnahme aus dem Jahr 1928 Hans Otten galt er als sicherer Hit-Lieferant. Das 1920er-Jahre musikalisch eher ungewöhnliche Lied „Du kannst nicht treu sein“ von 1935 wurde Heimatlied, das die „Kölsche Heimat“ hier als durch seine englische Übersetzung zum wahr- Originalaufnahme präsentiert, hat der damalige Alle Titel (P) 2021 Kreissparkasse Köln, außer „Weißt du was du kannst“ (P) 2010 Palast Musik GmbH, under exclusive license to Universal Music Classics & Jazz – a division of Universal Musik GmbH. Mit freundlicher Genehmigung von scheinlich einzigen echten Welthit Vorsitzende der Roten Funken, Christian Witt, Deutsche Grammophon Gesellschaft MBH, a Division of Universal Music GmbH aus Köln. Sein Debüt im Karneval für Ebeler getextet. gab er 1900 als Büttenredner, Künstlerische Leitung: Helmut Frangenberg, Fotos Cover: Marek Ratajczak, Designed: www.heynink.com
Sie können auch lesen