Skandinavischer Funktionalismus

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Skandinavischer Funktionalismus
Skandinavischer Funktionalismus
Für einen Einzugsbereich von ca. 340.000 Bewohnern aus der Region
Oslo-Nord ist in Akershus ein neues Krankenhaus entstanden, das mit
medizinischer Lehre und Forschung zugleich zentraler Bestandteil der
Universität Oslo ist.

Das dänische Architekturbüro C.F. Møller, das die Maxime des Einfa-
chen, Klaren und Unprätentiösen für sich beansprucht, und das bereits
mehrfach im nördlichen Europa im Krankenhausbau tätig war, hat 2001
den Architekten-Wettbewerb für Konzept und Ausführung gewonnen.
Zwei Jahre später hat dann das norwegische Parlament als Aufsichtsor-
gan der staatlichen Krankenhausgesellschaft Helse Øst RHF die Ge-
nehmigung zum Bau des neuen Universitätskrankenhauses erteilt, mit
dem dann auch noch im gleichen Jahr begonnen wurde. Im Herbst 2008
ist es endgültig bezugsfähig übergeben worden. Fassaden in Ziegel,
Holz und Aluminium finden ihren besonderen Ausdruck in der transpa-
renten Ausformung und verleihen damit dem Gebäude, trotz seiner gro-
ßen Volumina, dennoch einen filigranen Charakter, - unverkennbare
Formensprache von C.F. Møller.

Große Volumina auf gemeinsamem Sockel
Patienten und Mitarbeiter stehen im Mittelpunkt, Transparenz, gute Architektur
und künstlerische Gestaltung schaffen Atmosphäre, die Konzentration der
Funktionen optimiert den Kontakt zwischen Behandelnden und Patienten.
Hinzu kommen kurze Wege, bewährte Organisationsformen und moderne
Technologien, die die Freiräume schaffen für eine zeitgemäße Pflege. Neben
diesen grundsätzlichen Basisforderungen waren die bekannt komplexen Pro-
zesse eines Krankenhauses zu berücksichtigen, deren Funktionen logistisch
zu verbinden waren. Entsprechend wurde der Hauptbaukörper als klare und
präzise Gebäudeanlagung ausformuliert, derart, dass seine differenzierten
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Aufgabenbereiche in Gestaltung und Materialität ablesbar sind. Die einzelnen,
den Baukörper beschreibenden Volumina, unterscheiden sich in ihrer Dimen-
sionierung, in Form und Ausdruck und sorgen so für ein abwechslungsrei-
ches, visuelles Erleben. Ein rundum geschlossenes zusammenhängendes
Glasband in der ersten Etage, das die Gebäudeunterschiede aufnimmt,
schafft einen präzisen horizontalen Sockel und vereinigt so die einzelnen Ge-
bäudeteile wieder zu der gewünschten Ganzheitlichkeit.

Ziegelfassade signalisiert Geschlossenheit
Die unterschiedlichen Gebäude und Funktionen des Hauptkomplexes sind
beidseits einer in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Erschließungsachse an-
geordnet, einer glasüberdachten »Straße«, die die Gebäude auf allen Ebenen
miteinander verbindet. Auf der Ostseite schließt sich der Bettentrakt an, der
mit seinen vier schlanken Gebäudeflügeln einen übergeordneten Rhythmus
vorgibt, der dann entsprechend auf der Westseite der Glasstraße, von dem
um vier Höfe herum gebauten Behandlungsbereich wieder aufgenommen
wird. Die Technik-Etage unter dem Dach sowie die sechs Techniktürme, die
zugleich der inneren, vertikalen Erschließung dienen, werden durch die Aus-
bildung ihrer Fassaden in vulkangrauer ALPHATON-Ziegelbekleidung mit z.
T. überlagerten Baguettes in die übergeordnete Gestaltung integriert, sodass
sie zusammen mit den übrigen Gebäudefunktionen des Gesamtkomplexes
eine harmonische Geschlossenheit signalisieren.
Die als Hauptachse durch den Neubau geführte Erschließungsstraße verbin-
det alle Funktionsbereiche des Krankenhauses zwischen dem Hauptein-
gangsgebäude im Norden und dem Kinderzentrum an ihrem südlichen Ende.
Beide   Kopfgebäude       sind   ebenfalls   durch   das   gemeinsame    Glas-
Sockelgeschoss in den Gesamtgebäudekomplex eingebunden. Die vierge-
schossige Glasstraße dient nicht nur als Hauptverkehrsader, sondern ist zu-
gleich zentrale und soziale Zone des Krankenhauses mit Geschäften, Bankfi-
lialen, Kirche, Friseur, Gastronomie etc., sozusagen die Dorfstraße des En-
sembles mit entsprechender Infrastruktur. »Man fühlt sich wie zu Hause«. Die
den unterschiedlichen Funktionen der Krankenhausanlage zugeordneten Ma-
terialien wie Ziegelelemente, Holz, Aluminium, Glas finden sich hier wieder. In
dieser Straße kommen alle Identitäten zusammen; die einzelnen Bereiche
werden nachvollziehbar.
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Ablesbarkeit der Funktionen
Die Materialität der Fassaden ist grundsätzlich den Funktionen bzw. Nutzun-
gen des Hauses zugeordnet, als verbindendes Element jedoch überlagert
durch eine vulkangraue, vorgehängte Ziegelfassade aus Platten und Ba-
guettes der MOEDING Keramikfassaden GmbH, Niederbayern.            Weiterhin
sind Leimholz-Lamellenkonstruktionen verarbeitet worden, beispielsweise in
Bereichen des Kinderzentrums und auch an den Nordfassaden der einzelnen
Flügel des Bettenhauses. Lockere Holzlamellen-Behänge vor einigen Fenster-
flächen der Erschließungsachse schaffen dazu den Übergang von Innen nach
Außen. Das signifikante Eingangsgebäude als auch unterschiedliche Teilflä-
chen an anderen Stellen wurden in weiß gestrichenem Wärmedämmverbund-
system ausgeführt und auch z.T. in Aluminium. Eines aber haben alle Fassa-
dengestaltungen, mit Ausnahme der WDV-Systeme, gemeinsam: die Trans-
parenz. Sie zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Ensemble und
spiegelt die Identität der Architektur von C.F. Møller wider. Diese typische
Formensprache dokumentiert sich sowohl in den offenen als auch geschlos-
senen Konstruktionen der Ziegelfassade, - immer wieder nach gleichem Ges-
taltungsmuster: dreidimensionale, massive Rahmen umschließen die einzel-
nen Wände, wobei luftige Mitten sich auch um die Ecken herumziehen. Das
Innere ist ausgefüllt durch eher transparente Lamellen-Konstruktionen, bei-
spielsweise Baguettes, oder aber durch Fensterflächen.
Die Lamellen bilden filigrane Strukturen und gehen beispielsweise bei den
Süd-Fassaden der Bettenflügel flüssig über in die Glas-Konstruktionen der
Fensterbänder, ohne hier jedoch die Funktion des Sonnenschutzes zu über-
nehmen; dazu sind die Abstände der Lamellen zu weit. Die großflächigen Zie-
gelplatten-Fassaden der Techniktürme sind zusätzlich durch vorgehängte,
aus Baguettes montierte Vorfassaden, aufgelöst. Das schafft Tiefe und macht
gleichzeitig die Türme, die sich so gewaltig in die Funktionsbereiche hinein-
schieben, zu einem Teil des gemeinsamen Ensembles.

Ein großes Bauvolumen, durch abgegrenzte Materialzuordnung einfach und
klar gegliedert in seine deutlich ablesbaren Funktionen und Nutzungsberei-
che, wird in seiner filigranen und transparenten Ausformung menschlich er-
fassbar. Die die beiden Hauptbereiche Bettenhaus und Behandlungsgebäude
trennende und zugleich verbindende Glasstraße mit zusätzlichen Shopping-
Angeboten trägt dazu bei, - ein Haus gebaut für Menschen.

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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Modell der neuen Gebäudeanlage, bestehend aus den vier nach Osten aus-
gerichteten Bettenflügeln, dem sich um drei Innenhöfe gruppierenden Be-
handlungsbereichen im Westen, dem Kinderzentrum im Süden und dem Vor-
derhaus mit Eingangssituation an der Nordseite des Komplexes.
Im Hintergrund erkennbar ist der Altbau aus den 60er Jahren.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Stirnseite eines der vier Bettenhäuser, bekleidet mit der ALPHATON-
Ziegelfassade in der Farbe vulkangrau. Links im Bild: das sich im Süden des
Gebäudekomplexes anschließende Kinderzentrum mit einer hellen Leimholz-
Lamellenfassade; die Funktionen sind ablesbar.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Die Südfassaden der nach Osten gerichteten vier Bettenhausflügel, sind im
Wesentlichen als transparente Lamellenkonstruktionen mit Ziegel-Baguettes
ausgebildet, gefasst in einem Rahmen aus massiven Ziegelplatten,- ein typi-
sches Gestaltungsmerkmal, das sich bei dem gesamten Gebäudekomplex
wiederholt.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Die Kopfbauten der Bettenflügel zeigen die typische Transparenz und Luftig-
keit der Architektur von C.F. Møller. Die Lamellen-Bekleidungen werden teil-
weise auch um die Gebäudeecken herumgezogen, um so die scharfen Kan-
ten aufzulösen.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Die markante, horizontale Struktur des Eingangsgebäudes vor den massiven,
mit einer vulkangrauen Ziegelfassade bekleideten Techniktürmen, hat einen
hohen Wiedererkennungswert und ist damit zugleich Signaturbau und Symbol
des neuen Krankenhauses.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Das Bettenhaus und der Behandlungsbereich sind getrennt durch eine licht-
durchflutete Glasstraße, zugleich aber durch Brücken funktional miteinander
verbunden. Diese Straße bildet die Haupterschließungsachse und verläuft von
dem Kinderzentrum im Süden bis zum Eingangsbereich im Norden. Sie ist
zugleich die soziale Zone des Krankenhauses mit entsprechender Infrastruk-
tur.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo
Selbst die gewaltigen Techniktürme, die u.a. der inneren, vertikalen Erschlie-
ßung dienen, werden durch die Überlagerung der vulkangrauen ALPHATON-
Ziegelbekleidung mit gleichfarbigen Ziegel-Baguettes aufgelöst und so in die
übergeordnete Gestaltungsidee integriert: Transparenz als dominierende
Formensprache.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Detail der um eine Gebäudeecke herumgezogenen luftigen Bekleidung mit
Ziegel-Baguettes, um so die harte Kante des Kubus aufzulösen.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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Neubau des Universitätskrankenhauses in Akershus/Oslo

Die nach Westen gerichteten Behandlungsgebäude folgen, ebenso wie die
Bettenhäuser, dem grundsätzlichen Gestaltungsmuster: Auflösung von Flä-
chen durch Lamellenkonstruktionen (hier Aluminium) und Fensterbänder, um-
schlossen von massiven Rahmen, die dann wiederum die einzelnen Bauteile
als Einheit zusammenhalten.

Architekten: C.F. Møller, Århus, Dänemark
Foto: MOEDING Keramikfassaden GmbH (Torben Eskerod, Kopenhagen)
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