Spektrum Dermatologie - wissenswert, kompakt, anregend
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
KALEIDOSKOP Kompass Dermatol 2021;9:175–178 DOI: 10.1159/000518062 Spektrum Dermatologie – wissenswert, kompakt, anregend Zum Schutz vor Sonnenbrand sollten immer Sonnenschutzprodukte verwendet werden. Foto von Guzmán Barquín/Unsplash Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. | Schutz vor Hautkrebs durch Sonnencremes überwiegt Risiko von möglicherweise schädlichen Inhaltsstoffen Seit einigen Monaten beunruhigen Nach- schungen zeigen jedoch, dass der Einsatz Der Schutz vor Hautkrebs überwiegt die richten über die möglicherweise schädli- zu überdenken ist, da das Vorhandensein Gefahr, dass möglicherweise schädigende che Wirkung gealterter Sonnencremes die von Benzophenon nicht ausgeschlossen Substanzen durch die Haut eindringen. «Die Bevölkerung. Handelsübliche Sonnen- werden kann», erklärt Professor Dr. med. Pe- neuen Erkenntnisse werden allerdings auch cremes haben als Wirkmechanismus ent- ter Elsner, Direktor der Klinik für Hautkrank- nicht verharmlost. Als dermatologische weder anorganische, mineralische Subs- heiten am Universitätsklinikum Jena und Fachgesellschaft sind wir an die Hersteller tanzen wie etwa Zinkoxid oder Titanoxid Beauftragter für die Öffentlichkeitsarbeit diese Produkte mit der Bitte herangetreten, oder aber sie arbeiten mit organischen UV- der Deutschen Dermatologischen Gesell- die möglicherweise von Octocrylen ausge- Filtern. Beide Filterarten sind wirksam und schaft (DDG). «Die Überwachungsbehör- hende gesundheitliche Gefährdung zu un- halten UV-Strahlung davon ab, die Haut zu den sind aufgefordert zu überprüfen, ob in tersuchen und Alternativen zu prüfen», be- schädigen. Den mineralischen Filtern sind Deutschland verkaufte Octocrylen-haltige tont Professor Dr. med. Michael Hertl, Di kleinste Partikel beigemischt, die UV-Strah- Sonnenschutzmittel bedenkliche Konzent- rektor der Klinik für Dermatologie und lung reflektieren. Die organischen Filter rationen von Benzophenon enthalten.» Allergologie der Philipps-Universität Mar- nehmen die UV-Strahlen auf und wandeln Bei längerer Lagerung kann sich Octocrylen burg und am Universitätsklinikum Marburg sie in Wärme und Fluoreszenzlicht um. zu Benzophenon zersetzen. Aus Sicht der (UKGM) und Präsident der Deutschen Der- Problematisch kann die Verwendung des europäischen Kosmetikkommission darf matologischen Gesellschaft (DDG). UV-Filters Octocrylen in Sonnenschutzpro- Benzophenon in Sonnenschutzmitteln al- Das Fazit der Dermatolog*innen der DDG dukten sein, da dieses sich zu Benzophe- lenfalls in Spuren vorhanden sein. Dem eher lautet: Zum Schutz vor Sonnenbrand und zur non zersetzt. «Bislang galt der Einsatz von hypothetischen Risiko von Benzophenon Risikoreduzierung von Hautkrebs sollten im- Octocrylen als unbedenklich, sofern bei Pa- steht aber ein echtes und durch Studien be- mer frische Sonnenschutzprodukte verwen- tienten keine Photoallergie gegen Ketoti- legtes Risiko gegenüber, durch zu viel UV- den werden und Verbraucher*innen sollten fen (ein Antiallergikum) bestand. Diese For- Strahlung an Hautkrebs zu erkranken. sich eher mehr eincremen als weniger. information@karger.com © 2021 S. Karger GmbH, Freiburg www.karger.com/kkd
Bundesamt für Strahlenschutz Klimawandel erfordert Schutz vor UV-bedingten Gesundheitsschäden Im Juni ist die aktuelle Klimawirkungs- und Wir begrüßen, dass damit dem Schutz vor winterlichen Ozonabbaus über der Ark- Risikoanalyse (KWRA 2021) der Bundesre- UV-Strahlung auch im Zusammenhang mit tis auf. Wenn dies passiert, dann steigt in gierung vorgestellt worden, an der auch dem Klimawandel der notwendige Stellen- Deutschland bereits Ende März der UV- das Bundesamts für Strahlenschutz (BfS) wert eingeräumt wird. Denn mit dem Kli- Index auf beachtliche Werte. zum Thema «Klimawandel und UV-Strah- mawandel steigt auch das Risiko jedes Ein- • Die komplexen Wechselwirkungen zwi- lung» beteiligt war. zelnen für UV-bedingte Erkrankungen», schen Treibhausgasen, Klimawandel und Zum zweiten Mal nach 2015 fasst die Ana- sagt die Präsidentin des Bundesamtes für der stratosphärischen Ozonschicht könn- lyse zukünftige Risiken für Deutschland zu- Strahlenschutz, Inge Paulini. ten eine Erholung der Ozonschicht und sammen, die mit dem Klimawandel in Ver- eine damit verbundene Reduzierung der bindung stehen, und bewertet diese. Der Klimawandel beeinflusst in UV-Strahlung verzögern. «In der aktuellen Klimawirkungs- und Ri mehrerer Hinsicht die UV-Strahlung: • Durch den Klimawandel nehmen die sikoanalyse der Bundesregierung sind UV- • Immer häufiger treten in den letzten Sonnenscheinstunden pro Jahr zu. In bedingte Gesundheitsschäden jetzt als Jahrzehnten spätwinterliche Miniozon- Jahren mit hoher Anzahl an Sonnenstun- weiteres Thema aufgenommen worden. löcher über Deutschland als Folge des den ist auch die gemessene, jährliche UV- Strahlung erhöht. • Mehr Tage im Jahr mit Wohlfühltempera- turen können dazu führen, dass sich die Menschen häufiger als sonst draußen aufhalten und somit auch vermehrt UV- Strahlung ausgesetzt sind. Das bedeutet, dass aufgrund des Klima- wandels die UV-Belastung für jeden Einzel- nen steigen kann - und damit auch das Ri- siko für ernsthafte Erkrankungen der Haut und der Augen. Der Klimawandel beeinflusst auch die UV-Belastung für jeden Einzelnen. Foto von Wolfgang Hasselmann/Unsplash Philipps-Universität Marburg Proteinkomplex verhält sich bei Krebs widersprüchlich Ein- und derselbe Proteinkomplex ruft bei Die Gruppe um Visekruna erhob einen Leister, eine weitere Mitverfasserin; sie ver- verschiedenen Krebsarten gegensätzliche überraschenden Befund: Sie untersuchte fertigt ihre Doktorarbeit in Visekrunas Ar- Wirkungen hervor. Das Team um den Mar- bei zwei verschiedenen Krebsarten, wie beitsgruppe. Auch Experimente im Tiermo- burger Immunologen Professor Dr. Alexan- sich das Fehlen des Proteinkomplexes aus- dell bestätigten die Befunde: Bei Mäusen der Visekruna berichtet vor kurzem der wirkt. Bei Darmkrebs führte es zu einer voll- ohne Proteasom-Untereinheiten wächst Fachpresse über seine Ergebnisse. ständigen Hemmung des Tumorwachs- Hautkrebs schneller als bei Tieren mit sol- Der Proteinkomplex Proteasom erfüllt im tums, während es bei Hautkrebs eine Ver- chen Proteinen. Proteasom hemmt also das Körper ganz unterschiedliche Aufgaben, größerung der Melanome hervorrief und Tumorwachstum. Wie weitere Untersu- unter anderem im Immunsystem. Zum Bei- Gegenmittel unwirksam machte. chungen ergaben, ist die Immunantwort spiel trägt er dazu bei, dass Immunzellen Der Proteasom-Komplex besteht aus meh- gegen Hautkrebs offenbar gestört, wenn möglichst gut erkennen, an welchen Stel- reren Untereinheiten. Das Team studierte Proteasom-Bestandteile fehlen. len sie eindringende Krankheitserreger an- Zellen aus menschlichen Hauttumoren, in Doch bei einer anderen Krebsart wirkt Pro- greifen können. «Der Immunoproteasom- denen es nach Vorstufen dieser Untereinhei- teasom gerade umgekehrt, wie Koautor Dr. Komplex beeinflusst aber auch Entzündun- ten suchte. Das Ergebnis: Liegen die Vorstu- Maik Luu aus Visekrunas Arbeitsgruppe dar- gen, indem er die Moleküle steuert, die fen in hoher Konzentration vor, so geht das legt: «Wenn eine chronische Darmentzün- Entzündungen hervorrufen», erklärt Profes- mit einer besseren Überlebensrate der Haut- dung besteht, fördert Proteasom die Ent- sor Dr. Alexander Visekruna. «Diese Molekü- krebspatienten einher. «Proteasom kann so- stehung von Krebs.» Wird der Proteinkom- le führen dazu, dass Entzündungen andau- mit bei dieser Tumorart als messbarer Hin- plex durch Medikamente gehemmt, so ern und chronisch werden, was in der Ent- weis auf eine gute Heilungschance angese- verhindert dies, dass Entzündungen zu stehung von Krebs münden kann.» hen werden», sagt die Medizinerin Hanna Darmkrebserkrankungen führen. 176 Kompass Dermatol 2021;9:175–178 DOI: 10.1159/000518062
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG) Angst vor Corona-Ansteckung führt zu verspäteten Hautkrebsdiagnosen und größeren Tumordicken In Pandemiezeiten ist die Angst vor Anste- der Universitäts-Hautklinik an der Ruprecht- März 2020 und um 29,3 Prozent im April ckung mit Corona groß, so dass selbst bei be- Karls-Universität Heidelberg und Past-Präsi- 2020 in Allgemeinarztpraxen. Ähnlich deut- sorgniserregenden Anlässen oder Früherken- dent der Deutschen Dermatologischen Ge- lich sind die im Journal of the European nungsuntersuchungen der Gang zur Hautärz- sellschaft (DDG). Academy of Dermatology and Venereology tin oder zum Hautarzt abgesagt oder ver- Zahlreiche Studien beschreiben diese Ent- (JEADV) publizierten Ergebnisse einer italie- schoben wird. Die Folgen vor allem für Haut- wicklung und ihre Auswirkung. Die in Can- nischen Forschergruppe um F. Ricci. krebspatientinnen und -patienten können cers 2021 veröffentlichte retrospektive Stu- Gleichzeitig war der Verlauf der Tumordi- dramatisch sein, wenn die Diagnose verspätet die von L. Jakobs et al. verglich, wie viele cken interessant. Während vor dem Lock- gestellt wird. Anhand aktueller Studien erläu- Krebserkrankungen in Deutschland in der down die durchschnittliche Tumordicke terten Experten der Deutschen Dermatologi- Zeit Januar bis Mai 2019 und Januar bis Mai 0,88 mm betrug, sank sie unter dem Lock- schen Gesellschaft e.V. (DDG) auf der Presse- 2020 diagnostiziert wurden. Insgesamt down auf 0,66 mm ab und stieg nach dem konferenz am 14. April 2021 welche Auswir- wurden die Daten von über 100 000 Patien- Lockdown auf 1,96 mm an. «Diese Mela- kungen die Pandemie auf die Versorgung von tinnen und Patienten aus 1660 Praxen aus- nomzahlen zeigen eindrücklich, dass Pati- Hautkrebspatientinnen und -patienten hat. gewertet. Ein Ergebnis ist, dass von allen Tu- entinnen und Patienten unter dem Lock- «Patientinnen und Patienten mit Hautver- moren die Hautkrebsdiagnosen durch die down nur seltener den Hautarzt mit der änderungen haben in der Zeit des ersten COVID-19-Pandemie am stärksten betrof- Verdachtsdiagnose Hautkrebs aufsuchten. Lockdowns die Praxen und Kliniken gemie- fen waren. Die Diagnose von Hauttumoren Zugleich wird deutlich, dass dieses ‚Warte- den und dadurch die Anzahl der Haut- sank im März 2020 um 25,6 Prozent und im verhalten‘ zu einem Anstieg der Tumordi- krebsdiagnosen gedrückt», sagt Professor April 2020 sogar um 42,9 Prozent in derma- cken direkt nach dem Lockdown führte», Dr. med. Alexander Enk, Ärztlicher Direktor tologischen Praxen und um 19,6 Prozent im erklärt Enk. Deutsche Krebshilfe Deutsche Krebshilfe und ADP warnen vor Solariennutzung Wer Solarien häufig nutzt, kann langfris- tig an Hautkrebs erkranken. Kurzfristig schwächt intensive UV-Strahlung zudem das Immunsystem. Die Deutsche Krebshilfe und die Arbeitsgemeinschaft Dermatologi- sche Prävention (ADP) warnen daher ein- dringlich vor der Nutzung und rufen die Po- litik zum Handeln auf. «Ultraviolette Strahlung ist der bedeutends- te Risikofaktor für das Entstehen von Haut- Wissenschaftler sind krebs», so Gerd Nettekoven, Vorstandsvor- sich einig: Es gibt keine sitzender der Deutschen Krebshilfe. «Sola gesundheitlich unbe riennutzerinnen und -nutzer erkranken be- denkliche Nutzung von Solarien. sonders häufig am gefährlichen schwarzen Foto von Samuel Hautkrebs. Ihr Erkrankungsrisiko ist um 60 McGarrigle/Unsplash Prozent erhöht. Diese, auch als malignes Melanom bezeichnete, Hautkrebsart bildet weit seit 2012 die UV-Schutz-Verordnung. der gesetzlichen Vorgaben immer noch mit sehr schnell Tochtergeschwulste und ist Sie legt eine maximale Bestrahlungsstärke großen gesundheitlichen Risiken verbun- dann deutlich schwerer heilbar.» Bundes- von 0,3 Watt pro Quadratmeter fest. Dies ist den. Wissenschaftler*innen sind sich auf in- weit erkranken jährlich über 40 000 Men- vergleichbar mit der Intensität der Äquator- ternationaler Ebene einig, dass es keine ge- schen an schwarzem Hautkrebs. Pro Jahr sonne mittags bei wolkenlosem Himmel sundheitlich unbedenkliche Nutzung von sterben rund 3 800 Menschen an den Fol- und entspricht einem UV-Index (UVI) von Solarien gibt. Der ‚Europäische Kodex zur gen dieser Erkrankung. 12 – Kategorie «Extrem», die Schutzmaß- Krebsbekämpfung‘ der Weltgesundheitsor- In Solarien ist die UV-Strahlung erheblich in- nahmen im Freien als «absolut erforderlich» ganisation (WHO) bringt es mit seiner Emp- tensiver als die der Sonne in unseren Brei- empfiehlt. Somit ist das künstliche Beson- fehlung auf den Punkt: «Gehen Sie nicht ins tengraden. Für Solariengeräte gilt bundes- nen auch bei gewissenhaftem Umsetzen Solarium!» Kompass Dermatol 2021;9:175–178 177 DOI: 10.1159/000518062
Deutsche Dermatologische Gesellschaft e.V. (DDG) Impfexpertise von Dermatologinnen und Dermatologen steigt Immer mehr Hautärztinnen und Hautärzte waren. 143 Dermatologinnen und Derma- che Fragen beim Impfen, die spezifisch der- bauen ihre Impfexpertise aus und erwer- tologen haben das Zertifikat «Impfen für matologische Impfberatung und spezielle ben das Zertifikat «Impfen für Dermatolo- Dermatologen (DDA)» erworben und brin- dermatologische Impfungen (HPV, Zoster) gen (DDA)» der Deutschen Dermatologi- gen sich nun in spezifische dermatologi- sowie die Finanzierung, Verordnung und Ab- schen Akademie (DDA). Die auch online sche Impfungen, aber auch in die Corona- rechnung von Impfungen. Zum Abschluss vorzüglich funktionierenden Impfkurse ge- Impfungen ein. Kein anderes Zertifikat wur- erfolgt eine Lernerfolgskontrolle. hören zu den gefragtesten Angeboten der de in diesem Jahr so nachgefragt. Der Kurs «Impfen für Dermatologen (DDA)» Akademie. Bereits im ersten Halbjahr 2021 Die Fortbildungsinhalte für die Zertifizierung wird auf den Kongressen «DDG-Tagung» erhielten über 140 Dermatologinnen und «Impfen für Dermatologen (DDA)» werden in und «Dermatologie KOMPAKT & PRAXIS- Dermatologen nach erfolgreicher Kursteil- einem ganztägigen Modul vermittelt. Inhalt- NAH» (18.-20.02.2022) angeboten. Davon un- nahme das Zertifikat. lich geht es um die Impfsituation in Deutsch- abhängig bietet die Akademie weitere Ter- Professor Dr. med. Peter Elsner, Beauftragter land, Impfarten und Umgang mit Impfstof- mine an. Der nächste Kurs findet als digitale für Öffentlichkeitsarbeit der Deutschen fen, technische Anforderungen beim Impfen Veranstaltung am 11.09.2021 statt. Weitere Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und und Impfmanagement in der Praxis, rechtli- Informationen: https://akademie-dda.de/ Vizepräsident der DDA sagt: «Wo immer es sich um impfpräventable Erkrankungen handelt und das Risiko zu erkranken hoch ist, ist Impfen die beste Präventionsmaß- nahme». Spezialisierte Impfkurse für Dermatologin- nen und Dermatologen fehlten allerdings lange. Diese Lücke schloss die Deutsche Dermatologische Akademie (DDA), die seit 2019 ein Impfzertifikat für Dermatologen entwickelte und seit Anfang 2020 Impfkur- se für Dermatologinnen und Dermatolo- gen anbietet. Ziel ist es, Theorie und Praxis der Impfkunde umfassend zu vermittelt und damit einen wichtigen Beitrag für Qua- lität und Sicherheit zu leisten. Mit der Corona-Impfkampagne ist die Nachfrage an den Kursen der DDA noch einmal rasant gestiegen. In 2021 fanden be- 143 Dermatologinnen und Dermatologen haben das Zertifikat «Impfen für Dermatologen (DDA)» reits 5 Impfkurse statt, die alle ausgebucht bereits erworben. Foto von Steven Cornfield/Unsplash 178 Kompass Dermatol 2021;9:175–178 DOI: 10.1159/000518062
Sie können auch lesen