SPORT- UND ERNÄHRUNGSVERHALTEN BEI KINDERN UND JUGENDLICHEN IN DEUTSCHLAND - QUERSCHNITTERGEBNISSE AUS KIGGS WELLE 2 UND TRENDS - FOCUS SPORT- UND ...
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Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Journal of Health Monitoring · 2018 3(2) DOI 10.17886/RKI-GBE-2018-065 Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Robert Koch-Institut, Berlin Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 und Trends Susanne Krug, Jonas D. Finger, Cornelia Lange, Almut Richter, Abstract Gert B. M. Mensink In diesem Beitrag werden ausgewählte Indikatoren zum Sport- und Ernährungsverhalten betrachtet, zwei wichtige Einflussfaktoren auf die Entwicklung einer Adipositas. Die Analysen beziehen sich auf die in der zweiten Folgeerhebung Robert Koch-Institut, Berlin der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS Welle 2, 2014 – 2017) mittels Abteilung für Epidemiologie und Gesundheits- Fragebogen erhobenen Daten von 6.810 Mädchen und 6.758 Jungen im Alter zwischen 3 und 17 Jahren sowie auf monitoring den Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006). Mehr als 70 % der 3- bis 17-Jährigen geben an, Sport zu treiben, Jungen signifikant häufiger als Mädchen und 11- bis 17-Jährige häufiger als 3- bis 10-Jährige. Elterliches Sporttreiben und eine bewegungsfreundliche Wohnumgebung sind mit dem Sporttreiben der Kinder und Jugendlichen assoziiert. Jüngere Kinder und Mädchen ernähren sich gesünder als ältere Kinder und Jungen. Einerseits ist der Konsum von Süßwaren und zuckerhaltigen Getränken im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung bei 3- bis 17-Jährigen signifikant zurückgegangen, andererseits essen insbesondere 11- bis 17-Jährige heute im Vergleich zu vor etwa zehn Jahren signifikant weniger Gemüse. Obwohl 3- bis 10-Jährige heute signifikant häufiger als vor etwa zehn Jahren mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag zu sich nehmen, ist der Anteil derjenigen, die diese Empfehlung erreichen, mit insgesamt 14 % sehr gering. Neben dem Vorleben eines gesunden Lebensstils in der Familie und in den Lebenswelten, in welchen Kinder und Jugendliche aufwachsen, müssen auch Wohnumgebungen gesundheitsorientierter gestaltet werden, damit Kinder und Jugendliche dabei unterstützt werden, die nationalen Empfehlungen zu körperlich-sportlicher Aktivität und gesunder Ernährung zu erreichen. SPORTTREIBEN · ERNÄHRUNG · EINFLUSSFAKTOREN · KIGGS · GESUNDHEITSMONITORING 1. Einleitung Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutsch- land (KiGGS Welle 2, 2014 – 2017) zeigen, dass 15,4 % Die Prävalenz (Häufigkeit) von Adipositas ist in den letz- der 3- bis 17-jährigen Kinder und Jugendlichen in Deutsch- ten Jahrzehnten weltweit deutlich gestiegen und ein zen- land übergewichtig sind, fast 6 % sind adipös [2]. Im trales Thema für Gesundheitsförderung und Prävention Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) hat [1]. Aktuelle Ergebnisse der zweiten Welle der Studie zur sich die Prävalenz von Übergewicht und Adipositas in Hier gelangen Sie zum Journal of Health Monitoring Ausgabe 2 2018: »KiGGS Welle 2 - Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen« 3 - artikelweise
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS den letzten zehn Jahren bei Kindern und Jugendlichen Empfehlungen [10], die nur ein Mindestmaß darstellen. KiGGS Welle 2 nicht weiter erhöht, sie stagniert auf hohem Niveau [2]. Nationale Empfehlungen gehen einen Schritt weiter und Zweite Folgeerhebung der Studie zur Eine im Kindesalter entwickelte Adipositas stellt das Risi- empfehlen für einen größeren gesundheitlichen Nutzen, Gesundheit von Kindern und Jugendlichen ko einer dauerhaften, bis ins Erwachsenenalter andau- Kindern zwischen vier und sechs Jahren mindestens 180 in Deutschland ernden Adipositas dar [3]. Häufig ist der Krankheitsver- Minuten und Kindern zwischen sechs und elf Jahren Datenhalter: Robert Koch-Institut lauf im Erwachsenenalter sogar noch schwerer, wenn mindestens 90 Minuten tägliche Bewegungszeit [11]. Ziele: Bereitstellung zuverlässiger Informatio- sich die Adipositas bereits im Kindes- oder Jugendalter Gleichzeitig ist die Verfügbarkeit von Nahrungsmit- nen über Gesundheitszustand, Gesundheits- verhalten, Lebensbedingungen, Schutz- und entwickelt hat [4]. Adipositas ist zudem mit weiteren teln fast überall und ständig gegeben. Gerade der Zugang Risikofaktoren und gesundheitliche Versorgung gesundheitlichen Beeinträchtigungen wie kardiovasku- zu energiedichten Nahrungsmitteln ist dabei häufig sehr der in Deutschland lebenden Kinder, Jugend- lären Erkrankungen, Typ-2-Diabetes sowie dem metabo- leicht, was zu einem erhöhten Konsum und damit zu lichen und jungen Erwachsenen mit der Mög- lichkeit von Trend- und Längsschnittanalysen lischen Syndrom assoziiert, einem gleichzeitigen Auftre- einer erhöhten Energiezufuhr führt. Der Verzehr von Studiendesign: Kombinierte Querschnitt- und ten mehrerer kardiovaskulärer Risikofaktoren. Lebensmitteln, die insbesondere Kinder ansprechen und Kohortenstudie Neben genetischen Ursachen [5] ist ein dauerhaftes potenziell ungesund sind, gilt als ein weiterer Risikofak- Querschnitt in KiGGS Welle 2 Ungleichgewicht zwischen Energieaufnahme und tor für Adipositas im Kindes- und Jugendalter [12], ebenso Alter: 0 – 17 Jahre Energieverbrauch die wesentliche Ursache für die Ent- der hohe Konsum gesüßter Getränke [13, 14] und der Grundgesamtheit: Kinder und Jugendliche mit ständigem Wohnsitz in Deutschland wicklung einer Adipositas [6]. Ein ungesundes Ernäh- geringe Verzehr von Obst und Gemüse [15]. Bereits in Stichprobenziehung: Einwohnermeldeamt- rungsverhalten, sitzende Tätigkeiten sowie körper- der Ernährungsstudie als KiGGS-Modul (EsKiMo) der Stichproben – Einladung zufällig ausgewählter lich-sportliche Inaktivität sind demnach wichtige KiGGS-Basiserhebung wurde sichtbar, dass Kinder und Kinder und Jugendlicher aus den 167 Städten und Gemeinden der KiGGS-Basiserhebung Einflussfaktoren für Adipositas [7, 8]. Zu beobachten Jugendliche die für sie zutreffenden Verzehrempfehlun- Stichprobenumfang: 15.023 Teilnehmende ist, dass bereits Kinder und Jugendliche den Großteil gen häufig nicht einhalten [16]. KiGGS-Kohorte in KiGGS Welle 2 des Tages mit sitzenden Tätigkeiten in Schule, Ausbil- Das individuelle Gesundheitsverständnis und -ver- Alter: 10 – 31 Jahre dung und Beruf verbringen; medienbezogene Aktivitäten halten wird durch verschiedene adipositas-fördernde Stichprobengewinnung: Erneute Einladung aller wiederbefragungsbereiten Teilnehmen- in der Freizeit können zu diesen Inaktivitätszeiten bei- (adipogene) Umgebungsfaktoren begünstigt [17–19]. Die den der KiGGS-Basiserhebung tragen. Sitzendes Verhalten hat sich in den letzten Jah- Lebenswelten, in denen sich Kinder und Jugendliche auf- Stichprobenumfang: 10.853 Teilnehmende ren daher als eigenständiger Risikofaktor für Überge- halten, sollten gesundheitsorientierter gestaltet werden. KiGGS-Erhebungswellen: wicht etabliert. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) So begünstigen das Fehlen verkehrssicherer Rad- und ▶ KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) Untersuchungs- und Befragungssurvey hat 2010 Mindestempfehlungen für körperlich-sportliche Fußwege sowie eine schlechte Erreichbarkeit von bewe- ▶ KiGGS Welle 1 (2009 – 2012) Aktivität im Kindes- und Jugendalter definiert [9]. Dem- gungsfreundlichen Plätzen den körperlich überwiegend Befragungssurvey nach sollten Kinder und Jugendliche täglich mindestens passiven Lebensstil [20] und damit einen reduzierten ▶ KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) Untersuchungs- und Befragungssurvey 60 Minuten mäßig bis sehr anstrengende körper- Energieverbrauch. Die Dichte der Lebensmittelgeschäfte Mehr Informationen unter lich-sportliche Aktivität ausüben. Aktuell erreichen ledig- und das Angebot an ungesunden Produkten begünsti- www.kiggs-studie.de lich 25,9 % der Kinder und Jugendlichen diese gen andererseits eine erhöhte Energieaufnahme. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 4
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Für Kinder und Jugendliche in Deutschland existieren erhebung von KiGGS Welle 2 15.023 Kinder und Jugend- sowohl zum Sport- und Ernährungsverhalten als auch liche (7.538 Mädchen, 7.485 Jungen) teil, davon 13.568 im zu adipositas-fördernden Umgebungsfaktoren aktuelle, Alter von 3 bis 17 Jahren. Konzept und Design von KiGGS repräsentative Daten aus KiGGS Welle 2. In diesem Bei- sind an anderer Stelle ausführlich beschrieben [21–23]. trag sollen anhand ausgewählter Indikatoren das aktu- elle Sport- und Ernährungsverhalten der 3- bis 17-jähri- 2.2 Variablen gen Kinder und Jugendlichen in Deutschland sowie Umgebungsfaktoren, die adipogenes Verhalten begüns- Sportverhalten tigen, dargestellt werden. Außerdem soll ein Vergleich In diesem Beitrag wird das Sportverhalten in den Fokus mit gleichaltrigen Kindern und Jugendlichen von vor etwa genommen, da Sport einen spezifischen Aspekt der kör- zehn Jahren erfolgen, um zeitliche Trends zu ermitteln. perlichen Aktivität darstellt, der meistens intensiver und damit gesundheitswirksamer ist als allgemeine körper- 2. Methode liche Aktivität [24]. Aktuelle Daten zur körperlichen Akti- 2.1 Studiendesign vität aus KiGGS Welle 2 finden sich im Beitrag Körper liche Aktivität von Kindern und Jugendlichen in KiGGS ist Bestandteil des Gesundheitsmonitorings am Deutschland – Querschnittergebnisse aus KiGGS Welle 2 Robert Koch-Institut. KiGGS beinhaltet wiederholt durch- und Trends in Ausgabe 1/2018 des Journal of Health geführte, für Deutschland repräsentative Querschnitt Monitoring [10]. erhebungen bei Kindern und Jugendlichen im Alter von In KiGGS Welle 2 wurden 3- bis 10-Jährige (Elternbe- 0 bis 17 Jahren (KiGGS-Querschnitt). Nach Durchfüh- fragung) und 11- bis 17-Jährige (Selbstbefragung) gefragt, rung der Basiserhebung als Untersuchungs- und Befra- ob sie Sport treiben. In der Fragestellung wurde darauf gungssurvey (2003 – 2006) und der KiGGS Welle 1 als hingewiesen, dass dabei alle Arten von Sport im Verein reiner Befragungssurvey (2009 – 2012), fand die KiGGS oder außerhalb eines Vereins, außer Sportunterricht in Welle 2 von 2014 bis 2017 als kombinierter Untersu- der Schule beziehungsweise außer Bewegungsangebote chungs- und Befragungssurvey statt. Die KiGGS-Daten im Kindergarten, gemeint sind. Die Frage konnte mit „ja“ wurden nach einem komplexen zweistufigen Stichpro- oder „nein“ beantwortet werden. Wurde die Frage mit bendesign erhoben. Im ersten Schritt wurden Untersu- „ja“ beantwortet, wurden sie weiter gefragt, wie viele chungsorte (Sample Points) zufällig nach der Verteilung Minuten oder Stunden sie in der Regel pro Woche Sport der BIK-Gemeindegrößenklassen auf die Bundesländer treiben. Als Cut-off für die Sportdauer wurden beispiel- gezogen. Im zweiten Schritt erfolgte eine Zufallsauswahl haft mindestens 90 und mindestens 180 Minuten Sport der Probanden altersstratifiziert aus den Einwohnermel- pro Woche gewählt, da eine Trainingseinheit für Kinder deamtsregistern. Insgesamt nahmen an der Querschnitt- und Jugendliche in der Regel 90 Minuten andauert. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 5
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Die Eltern der 3- bis 17-jährigen Kinder und Jugend 10-Jährigen von den Eltern, für die 11- bis 17-Jährigen von lichen wurden in KiGGS Welle 2 ebenfalls gefragt, den Kindern und Jugendlichen selbst beantwortet. Es wie oft sie selbst Sport treiben. Sie konnten jeweils fol- wurden Fragen zu Verzehrhäufigkeiten gestellt in der gende Antwortkategorien angeben: „keine sportliche Form: „Wie oft hat ihr Kind/hast du Lebensmittel X Betätigung“, „weniger als eine Stunde pro Woche“, (meistens werden hier Beispiele genannt) gegessen/ „regelmäßig 1 – 2 Stunden pro Woche“, „regelmäßig 2 – 4 getrunken?“. Die Antwortmöglichkeiten waren immer: Stunden pro Woche“, „regelmäßig mehr als 4 Stunden „Nie“, „1 Mal im Monat“, „2 – 3 Mal im Monat“, „1 – 2 pro Woche“. Für die folgende Analyse wurde die Frage Mal pro Woche“, „3 – 4 Mal pro Woche“, „5 – 6 Mal pro für die Eltern dichotomisiert in „weniger als eine Stunde Woche“, „1 Mal am Tag“, „2 Mal am Tag“, „3 Mal am Sport pro Woche“ und „mindestens eine Stunde Sport Tag“, „4 – 5 Mal am Tag“, „öfter als 5 Mal am Tag“. Por- pro Woche“. Weiter wurden den Eltern Fragen zur Wohn tionsmengen wurden nach dem Muster „Wenn ihr Kind/ umgebung gestellt: „Gibt es in Ihrem derzeitigen Wohn- wenn du Lebensmittel X isst/trinkt/trinkst, wie viel isst ort Spiel- oder Sportmöglichkeiten, die für Ihr Kind gut es/isst du/trinkt es/trinkst du davon meistens?“ erfasst. zu erreichen sind?“ Dabei wurde konkret nach Spielplatz, Hierzu gab es jeweils fünf Antwortmöglichkeiten, die in Sportplatz, Schwimmbad und Park/Grünfläche gefragt. Abhängigkeit des Lebensmittels variierten, zum Beispiel Alle Fragen konnten mit „ja“, „nein“ oder „weiß nicht“ ½ Glas (oder weniger), 1 Glas, 2 Gläser, 3 Gläser, 4 Glä- beantwortet werden. In den folgenden Auswertungen ser (oder mehr). Für einige Lebensmittel wurde durch werden die Angaben zu Sportplatz, Schwimmbad und eine zusätzliche Frage die spezifische Verzehrart (z. B. Park/Grünfläche berücksichtigt. der Grad der Verdünnung bei Säften) erfasst. Für die Auswertung wurden die Angaben zu den Ver- Ernährung zehrhäufigkeiten in Anzahl Gelegenheiten pro vier Wochen In KiGGS Welle 2 wurde der Konsum ausgewählter (28 Tage) umgerechnet und die angegebenen Portions- Lebensmittelgruppen mittels eines Verzehrhäufigkeits- mengen in Gramm oder Milliliter umgerechnet. Diese fragebogens erhoben [25, 26]. Dieser Verzehrhäufigkeits- beiden Werte wurden jeweils miteinander multipliziert fragebogen ist, mit einigen Ausnahmen für bestimmte und durch 28 dividiert (Verzehrhäufigkeit x Portionsmenge Lebensmittel, überwiegend mit dem der KiGGS-Basis (g) / 28 Tage), um so eine geschätzte mittlere Tagesmenge erhebung vergleichbar. zu erhalten. Anschließend wurden die so errechneten Der Fragebogen bezieht sich auf den Konsum „in den Mengen, wie in Abbildung 1 dargestellt, summiert. Außer- vergangenen vier Wochen“ von insgesamt 48 Lebens- dem wurde, zum Vergleich mit der „5-am-Tag-Empfehlung“ mittelgruppen bei den 3- bis 10-Jährigen und 53 Lebens- [27], die tägliche Portionszahl von Obst und Gemüse, mittelgruppen (inklusive alkoholischer Getränke) bei inklusive bis zu maximal einem Glas Saft, als „Obst und den 11- bis 17-Jährigen. Die Fragen wurden für die 3- bis Gemüse gesamt“ zusammengerechnet. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 6
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Abbildung 1 – Zuckerhaltige Erfrischungs- Für die Regressionsanalyse (Sporttreiben) werden Ausgewählte Lebensmittelgruppen getränke Zuckerhaltige Getränke nach der Betrachtung bivariater Zusammenhänge indi- des in KiGGS Welle 2 eingesetzten – Fruchtsäfte viduelle (Alter und sozioökonomischer Status (SES); Verzehrhäufigkeitsfragebogens – Kuchen, Torten oder süße Modell 1), interpersonelle (Sporttreiben der Eltern; Quelle: KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) Backwaren – Kekse Modell 2) und umgebungsbezogene Einflussfakto- – Schokolade oder Schokoriegel Süßwaren ren (Sportplatz/Schwimmbad/Park oder Grünfläche; – Süßigkeiten – Eis Modell 3) schrittweise in die vollständige Fallanalyse auf- – Honig oder Marmelade genommen. Die Modelle sind adjustiert für Alter und – Nuss-Nougatcreme Süße Aufstriche SES. Die Messung des SES wird im Beitrag Messung des – Frisches Obst sozioökonomischen Status und des subjektiven sozia- Obst – Gegartes Obst len Status in KiGGS Welle 2 in Ausgabe 1/2018 des Jour- Mehr als 70 % der 3- bis nal of Health Monitoring näher beschrieben [28]. – Rohes Gemüse 17-Jährigen treiben Sport. – Hülsenfrüchte Gemüse – Gegartes Gemüse 3. Ergebnisse 3.1 Sportverhalten 2.3 Statistische Analyse Die in diesem Abschnitt beschriebenen Prävalenzen des Alle Analysen zum Sportverhalten wurden mit dem Sta- Sportverhaltens und potenzieller Einflussfaktoren für tistikprogramm StataSE14 (Stata Corp., College Station, 3- bis 17-jährige Mädchen und Jungen sind in Tabelle 1 TX, USA, 2015) berechnet, die Analysen zum Ernährungs- dargestellt. 70,9 % der 3- bis 17-jährigen Mädchen und verhalten mit SAS Version 9.4 (SAS Institute, Cary, NC, 75,1 % der gleichaltrigen Jungen geben an, Sport zu trei- USA). Das komplexe Stichprobendesign führte zu einer ben. Der Unterschied zwischen Mädchen und Jungen geclusterten und stratifizierten Stichprobe. Zur Optimie- ist signifikant. Auch in der Dauer des Sporttreibens rung der Repräsentativität werden die Analysen gewich- unterscheiden sich Mädchen und Jungen im Alter von tet durchgeführt, außerdem wird für korrektere Varianz- 3 bis 17 Jahren signifikant: 53,9 % der Mädchen und schätzungen (u. a. für Konfidenzintervalle) die Clusterung 62,8 % der Jungen treiben mindestens 90 Minuten pro in der Stichprobe mit statistischen Verfahren für komple- Woche Sport. Mindestens 180 Minuten Sport pro Woche xe Stichproben berücksichtigt. Prävalenzen (Sporttreiben) erreichen 31,4 % der Mädchen und 45,0 % der Jungen sowie Mittelwerte (Ernährung) werden durch die Angabe (Altersgruppe 3 bis 17 Jahre). Signifikante Geschlechts- von 95 %-Konfidenzintervallen für komplexe Stichproben unterschiede hinsichtlich potenzieller Einflussfaktoren ergänzt. Nicht überlappende Konfidenzintervalle werden auf das Sporttreiben können nicht beobachtet werden: als signifikante Unterschiede interpretiert. Etwas mehr als die Hälfte der Mütter und etwas weniger Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 7
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 1 Gesamt Altersgruppe Prävalenzen von Sporttreiben und potenziellen 3 bis 10 Jahre 11 bis 17 Jahre Einflussfaktoren bei 3- bis 17-Jährigen % (95 %-KI) % (95 %-KI) % (95 %-KI) nach Geschlecht und Alter Mädchen (n = 6.565 Mädchen, n = 6.413 Jungen) Sportliche Aktivität (ja vs. nein) 70,9 (69,3 – 72,5) 69,9 (67,5 – 72,2) 72,1 (69,7 – 74,4) Quelle: KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) Sport ≥ 90 Minuten/Woche 53,9 (52,2 – 55,7) 48,2 (45,9 – 50,5) 60,3 (57,6 – 62,8) Sport ≥ 180 Minuten/Woche 31,4 (29,9 – 33,0) 25,4 (23,3 – 27,5) 38,1 (35,8 – 40,5) Potenzielle Einflussfaktoren Mutter: ≥ 1 Stunde Sport/Woche 50,6 (48,9 – 52,4) 46,8 (44,4 – 49,2) 54,8 (52,2 – 57,3) Vater: ≥ 1 Stunde Sport/Woche 47,3 (45,5 – 49,1) 46,6 (44,1 – 49,2) 48,1 (45,6 – 50,7) Sportplatz in der Nähe 80,4 (78,4 – 82,3) 75,6 (73,1 – 77,9) 85,3 (82,9 – 87,4) Schwimmbad in der Nähe 55,1 (51,2 – 58,9) 47,6 (43,5 – 51,8) 62,9 (58,7 – 67,0) Elterliches Sporttreiben und Park/Grünfläche in der Nähe 80,9 (78,7 – 83,0) 77,5 (74,7 – 80,0) 84,6 (82,2 – 86,8) eine bewegungsfreundliche Jungen Umgebung stehen in Sportliche Aktivität (ja vs. nein) 75,1 (73,5 – 76,6) 70,4 (68,0 – 72,7) 80,3 (78,2 – 82,3) Sport ≥ 90 Minuten/Woche 62,8 (61,0 – 64,6) 53,7 (51,4 – 55,9) 73,1 (70,8 – 75,3) Zusammenhang mit dem Sport ≥ 180 Minuten/Woche 45,0 (43,2 – 46,7) 34,5 (32,5 – 36,6) 56,7 (54,2 – 59,2) Sporttreiben der Kinder Potenzielle Einflussfaktoren Mutter: ≥ 1 Stunde Sport/Woche 50,3 (48,4 – 52,1) 47,3 (44,7 – 49,8) 53,4 (50,6 – 56,3) und Jugendlichen. Vater: ≥ 1 Stunde Sport/Woche 49,2 (47,3 – 51,1) 48,1 (45,8 – 50,5) 50,4 (47,7 – 53,0) Sportplatz in der Nähe 83,8 (81,9 – 85,5) 79,3 (77,0 – 81,6) 88,3 (86,2 – 90,1) Schwimmbad in der Nähe 56,3 (52,2 – 60,2) 49,8 (45,5 – 54,1) 62,9 (58,5 – 67,2) Park/Grünfläche in der Nähe 79,7 (77,5 – 81,8) 77,0 (74,3 – 79,5) 82,6 (80,1 – 84,8) KI = Konfidenzintervall als die Hälfte der Väter der befragten Mädchen und Jun- nur in der Altersgruppe der 11- bis 17-Jährigen signifi- gen treiben selbst mindestens eine Stunde pro Woche kant ist. 3- bis 10-jährige und 11- bis 17-jährige Jungen Sport. Für 80 % der Mädchen und Jungen gibt es nach treiben häufiger als gleichaltrige Mädchen mindestens Einschätzung ihrer Eltern einen gut erreichbaren Sport- 90 Minuten beziehungsweise mindestens 180 Minuten platz oder einen Park/eine Grünfläche und für etwa 55 % pro Woche Sport. Hinsichtlich der möglichen Einfluss- ein gut erreichbares Schwimmbad. faktoren gibt es zwischen Mädchen und Jungen in kei- Die Geschlechtsunterschiede bleiben innerhalb der ner der beiden betrachteten Altersgruppen signifikante Altersgruppen (3 bis 10 Jahre und 11 bis 17 Jahre) beste- Unterschiede. hen. In beiden Altersgruppen geben Jungen häufiger als Ältere geben häufiger als Jüngere an, Sport zu treiben Mädchen an, Sport zu treiben, wobei der Unterschied und treiben häufiger als Jüngere mindestens 90 Minu- Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 8
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 2a Sporttreiben bei Mädchen Schrittweise Zusammenhangsanalyse zu Bivariate Modell 1 Modell 2 (Modell 1 + Modell 3 (Modell 2 + individuellen, interpersonellen und Zusammenhänge (Alter + Sozialstatus) Sporttreiben der Eltern) Umgebungsfaktoren) umgebungsbezogenen Einflussfaktoren auf das OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) Sporttreiben bei 3- bis 17-jährigen Mädchen Altersgruppe (n = 5.531) 3 – 6 Jahre 1,00 1,00 1,00 1,00 Quelle: KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) 7 – 10 Jahre 2,62 (2,09 – 3,29) 2,71 (2,14 – 3,43) 2,64 (2,08 – 3,36) 2,72 (2,13 – 3,47) 11 – 13 Jahre 2,55 (1,98 – 3,29) 2,70 (2,08 – 3,49) 2,56 (1,97 – 3,34) 2,58 (1,95 – 3,40) 14 – 17 Jahre 1,33 (1,08 – 1,63) 1,50 (1,22 – 1,86) 1,37 (1,09 – 1,72) 1,39 (1,11 – 1,75) Sozioökonomischer Status Niedrig 1,00 1,00 1,00 1,00 Mittel 2,25 (1,76 – 2,87) 2,29 (1,79 – 2,91) 1,96 (1,51 – 2,54) 1,91 (1,46 – 2,49) Hoch 4,13 (3,06 – 5,58) 4,26 (3,14 – 5,78) 3,08 (2,23 – 4,26) 3,11 (2,24 – 4,31) Sporttreiben der Mutter < 1 Stunde/Woche 1,00 1,00 1,00 ≥ 1 Stunde/Woche 2,48 (2,10 – 2,93) 1,92 (1,60 – 2,31) 1,89 (1,57 – 2,28) Sporttreiben des Vaters < 1 Stunde/Woche 1,00 1,00 1,00 ≥ 1 Stunde/Woche 2,01 (1,70 – 2,37) 1,42 (1,16 – 1,73) 1,41 (1,14 – 1,74) Sportplatz in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 1,47 (1,20 – 1,80) 1,36 (1,08 – 1,70) Schwimmbad in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 1,14 (0,96 – 1,35) 0,97 (0,80 – 1,18) Park/Grünfläche in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 0,97 (0,79 – 1,20) 0,79 (0,62 – 1,00) OR = Odds Ratio, KI = Konfidenzintervall ten und mindestens 180 Minuten pro Woche Sport. der 3- bis 10-Jährigen. Darüber hinaus geben Eltern Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren geben häufiger an, von 11- bis 17-Jährigen häufiger als Eltern von 3- bis Sport zu treiben als Jungen im Alter von 3 bis 10 Jah- 10-Jährigen an, dass ihr Kind einen Sportplatz, ein ren. Mütter der 11- bis 17-jährigen Mädchen und Jun- Schwimmbad oder einen Park/eine Grünfläche gut gen geben häufiger an, Sport zu treiben als die Mütter erreichen kann. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 9
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 2b Sporttreiben bei Jungen Schrittweise Zusammenhangsanalyse zu Bivariate Modell 1 Modell 2 (Modell 1 + Modell 3 (Modell 2 + individuellen, interpersonellen und Zusammenhänge (Alter + Sozialstatus) Sporttreiben der Eltern) Umgebungsfaktoren) umgebungsbezogenen Einflussfaktoren auf das OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) OR (95 %-KI) Sporttreiben bei 3- bis 17-jährigen Jungen Altersgruppe (n = 5.470) 3 – 6 Jahre 1,00 1,00 1,00 1,00 Quelle: KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) 7 – 10 Jahre 3,37 (2,67 – 4,24) 3,62 (2,88 – 4,56) 3,61 (2,86 – 4,56) 3,49 (2,76 – 4,41) 11 – 13 Jahre 3,47 (2,62 – 4,61) 3,66 (2,74 – 4,89) 3,59 (2,67 – 4,82) 3,28 (2,43 – 4,44) 14 – 17 Jahre 2,40 (1,89 – 3,05) 2,64 (2,07 – 3,36) 2,47 (1,95 – 3,14) 2,22 (1,74 – 2,84) Sozioökonomischer Status Niedrig 1,00 1,00 1,00 1,00 Mittel 1,77 (1,39 – 2,26) 1,94 (1,50 – 2,52) 1,69 (1,31 – 2,19) 1,65 (1,26 – 2,15) Hoch 2,87 (2,10 – 3,91) 3,33 (2,44 – 4,55) 2,49 (1,82 – 3,41) 2,44 (1,79 – 3,32) Sporttreiben der Mutter < 1 Stunde/Woche 1,00 1,00 1,00 ≥ 1 Stunde/Woche 2,25 (1,88 – 2,68) 1,64 (1,36 – 1,98) 1,55 (1,28 – 1,87) Sporttreiben des Vaters < 1 Stunde/Woche 1,00 1,00 1,00 ≥ 1 Stunde/Woche 2,15 (1,79 – 2,57) 1,70 (1,39 – 2,08) 1,69 (1,39 – 2,06) Sportplatz in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 2,08 (1,66 – 2,59) 1,57 (1,21 – 2,04) Schwimmbad in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 1,40 (1,17 – 1,68) 1,16 (0,95 – 1,42) Park/Grünfläche in der Nähe Nein 1,00 1,00 Ja 1,40 (1,14 – 1,72) 0,99 (0,80 – 1,22) OR = Odds Ratio; KI = Konfidenzintervall Die im Folgenden beschriebenen Ergebnisse der um welchen Faktor die statistischen Chancen für Sport- logistischen Regression sind in Tabelle 2a und Tabelle 2b treiben in den ausgewählten Gruppen im Verhältnis zur aufgrund der signifikanten Unterschiede zwischen Referenzkategorie (Nicht-Sporttreiben) erhöht oder ver- Mädchen und Jungen stratifiziert nach Geschlecht dar- ringert sind. gestellt. Die Odds Ratios (OR) in den Tabellen geben an, Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 10
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Individuelle Faktoren Grünfläche sind nur bei Jungen mit Sporttreiben asso- Es besteht bei Mädchen und Jungen ein positiver Zusam- ziiert. Dieser Zusammenhang ist jedoch in den Model- menhang zwischen Sporttreiben und Alter sowie zwischen len nicht mehr signifikant. Sporttreiben und SES. Eine höhere Altersgruppe ist bei Jungen stärker als bei Mädchen mit Sporttreiben assozi- 3.2 Ernährung iert. Ein mittlerer oder hoher SES stehen bei Mädchen stärker im Zusammenhang zu Sporttreiben als bei Jungen. Im Bereich Ernährung wird exemplarisch die tägliche Der Zusammenhang zwischen individuellen Faktoren und Verzehrmenge von Gruppen ausgewählter Lebensmittel Sporttreiben bleibt in multivariaten Modellen signifikant, mit hohem Zuckergehalt (zuckerhaltige Getränke, Süß- ist jedoch schwächer als bei bivariater Betrachtung. waren, süße Aufstriche) sowie von Lebensmitteln, die auf einen gesunden Lebensstil hinweisen (Wasser, Obst, Interpersonelle Faktoren Gemüse) dargestellt (Tabelle 3). Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen Der Konsum zuckerhaltiger dem Sporttreiben der Eltern und dem Sporttreiben der Zuckerhaltige Getränke Getränke ist in den letzten Kinder. Mädchen und Jungen, deren Mütter oder Väter Im Mittel trinken 3- bis 17-Jährige mehr als einen halben mindestens eine Stunde wöchentlich Sport treiben, Liter zuckerhaltige Getränke pro Tag. Die geschätzte Men- zehn Jahren zurückgegangen, haben eine doppelt so hohe Chance, selbst Sport zu trei- ge ist bei 3- bis 10-jährigen Mädchen mit 454 ml/Tag sig- der Wasserkonsum hat ben als Mädchen und Jungen, deren Mütter oder Väter nifikant geringer als bei 11- bis 17-jährigen Mädchen hingegen zugenommen. weniger als eine Stunde pro Woche Sport treiben. Der (569 ml/Tag). Bei Jungen sind die entsprechenden Men- Zusammenhang bleibt auch bei multivariater Betrach- gen mit 568 ml/Tag bei 3- bis 10-Jährigen und 708 ml/Tag tung (Modell 2 und 3) signifikant, jedoch wird die Stärke bei 11- bis 17-Jährigen signifikant höher als bei Mädchen. des Zusammenhangs sowohl bei Mädchen als auch bei Im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung sind die Mittel- Jungen schwächer. werte des täglichen Konsums dieser Getränke um etwa ein Viertel gesunken und für alle dargestellten Alters- und Umgebungsbezogene Faktoren Geschlechtsgruppen statistisch signifikant. Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen einem gut erreichbaren Sportplatz und dem Sporttreiben der Süßwaren Mädchen und Jungen. Der Zusammenhang bleibt im 3- bis 17-Jährige konsumieren im Mittel 68,9 Gramm multivariaten Modell adjustiert nach Alter, SES und Süßwaren pro Tag. Die geschätzte Menge ist bei 3- bis Sporttreiben der Eltern (Modell 3) signifikant, wird 10-jährigen Mädchen mit 60,6 g/Tag signifikant geringer jedoch schwächer. Ein gut erreichbares Schwimmbad als bei 11- bis 17-jährigen Mädchen (73,1 g/Tag). 3- bis sowie ein gut erreichbarer Park/eine gut erreichbare 10-jährige Jungen konsumieren mit 68,4 g/Tag Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 11
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 3 Geschlecht/Altersgrupe KiGGS-Basiserhebung KiGGS Welle 2 Lebensmittelmengen pro Tag bei Indikator (Mengeneinheit) MW (95 %-KI) MW (95 %-KI) 3- bis 17-Jährigen nach Geschlecht und Alter Mädchen (KiGGS-Basiserhebung Zuckerhaltige Getränke (ml) 704,8 (670,4 – 739,1) 508,7 (469,4 – 548,1) n = 6.918 Mädchen, n = 7.186 Jungen; Süßwaren (g) 85,2 (80,7 – 89,7) 66,6 (62,8 – 70,3) KiGGS Welle 2 Süßer Aufstrich (g) 10,3 (9,9 – 10,8) 11,4 (10,8 – 11,9) n = 6.568 Mädchen, n = 6.466 Jungen) Trinkwasser (ml) 874,5 (830,0 – 918,9) 1.445,1 (1.390,0 – 1.500,2) Quelle: KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006), Obst (g) 242,4 (231,2 – 253,5) 269,8 (259,1 – 280,6) KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) Gemüse (g) 129,8 (125,3 – 134,2) 135,7 (129,7 – 141,6) Jungen Zuckerhaltige Getränke (ml) 843,4 (804,1 – 882,7) 634,1 (592,1 – 676,1) Süßwaren (g) 95,2 (91,2 – 99,2) 71,1 (67,8 – 74,4) Süßer Aufstrich (g) 12,3 (11,8 – 12,9) 12,9 (12,2 – 13,6) Trinkwasser (ml) 816,1 (776,0 – 856,3) 1.392,4 (1.331,0 – 1.453,8) Obst (g) 203,9 (195,2 – 212,6) 234,9 (224,6 – 245,3) Gemüse (g) 119,7 (116,1 – 123,4) 115,2 (110,7 – 119,6) Gesamt Zuckerhaltige Getränke (ml) 775,7 (746,4 – 805,1) 573,0 (539,5 – 606,4) Süßwaren (g) 90,3 (86,7 – 93,9) 68,9 (65,9 – 71,9) Süßer Aufstrich (g) 11,3 (10,9 – 11,7) 12,2 (11,7 – 12,6) Trinkwasser (ml) 844,6 (810,4 – 878,7) 1.418,1 (1.369,7 – 1.466,5) Obst (g) 222,7 (214,9 – 230,4) 252,0 (243,8 – 260,1) Gemüse (g) 124,6 (121,7 – 127,6) 125,2 (121,1 – 129,2) Mädchen, 3 – 10 Jahre Zuckerhaltige Getränke (ml) 626,1 (585,6 – 666,7) 454,0 (405,4 – 502,7) Süßwaren (g) 75,4 (70,7 – 80,1) 60,6 (57,3 – 63,9) Süßer Aufstrich (g) 9,9 (9,3 – 10,5) 10,6 (9,9 – 11,2) Trinkwasser (ml) 649,2 (601,0 – 697,3) 1.246,2 (1.173,7 – 1.318,8) Obst (g) 234,7 (223,0 – 246,4) 286,0 (273,4 – 298,6) Gemüse (g) 115,0 (110,0 – 120,0) 142,2 (133,1 – 151,3) Mädchen, 11 – 17 Jahre Zuckerhaltige Getränke (ml) 780,1 (731,0 – 829,2) 569,2 (511,5 – 627,0) Süßwaren (g) 94,6 (88,3 – 100,8) 73,1 (66,4 – 79,9) Süßer Aufstrich (g) 10,7 (10,1 – 11,3) 12,3 (11,3 – 13,2) Trinkwasser (ml) 1.089,8 (1.025,5 – 1.154,2) 1.665,4 (1.583,3 – 1.747,4) Obst (g) 249,7 (233,4 – 266,1) 251,9 (236,0 – 267,9) Gemüse (g) 143,9 (137,1 – 150,7) 128,5 (121,7 – 135,3) Fortsetzung nächste Seite Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 12
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 3 Fortsetzung Geschlecht/Altersgrupe KiGGS-Basiserhebung KiGGS Welle 2 Lebensmittelmengen pro Tag bei Indikator (Mengeneinheit) MW (95 %-KI) MW (95 %-KI) 3- bis 17-Jährigen nach Geschlecht und Alter Jungen, 3 – 10 Jahre (KiGGS-Basiserhebung Zuckerhaltige Getränke (ml) 722,1 (679,0 – 765,2) 568,1 (515,1 – 621,1) n = 6.918 Mädchen, n = 7.186 Jungen; Süßwaren (g) 82,3 (78,0 – 86,5) 68,4 (64,0 – 72,9) KiGGS Welle 2 Süßer Aufstrich (g) 10,7 (10,1 – 11,4) 11,3 (10,6 – 11,9) n = 6.568 Mädchen, n = 6.466 Jungen) Trinkwasser (ml) 671,5 (625,6 – 717,3) 1.272,9 (1.193,5 – 1.352,3) Quelle: KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006), Obst (g) 216,1 (206,8 – 225,4) 267,1 (253,0 – 281,3) KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) Gemüse (g) 109,7 (104,6 – 114,8) 127,4 (121,1 – 133,7) Jungen, 11 – 17 Jahre Zuckerhaltige Getränke (ml) 962,4 (907,0 – 1.017,7) 708,0 (648,2 – 767,9) Süßwaren (g) 107,9 (102,2 – 113,6) 74,1 (69,1 – 79,0) Mädchen ernähren sich Süßer Aufstrich (g) 13,9 (13,1 – 14,6) 14,8 (13,5 – 16,1) Trinkwasser (ml) 957,9 (900,5 – 1.015,3) 1.526,8 (1.441,8 – 1.611,8) gesünder als Jungen und Obst (g) 191,9 (179,1 – 204,7) 198,8 (186,2 – 211,3) 3- bis 10-Jährige ernähren Gemüse (g) 129,5 (124,0 – 135,1) 101,5 (95,3 – 107,6 ) MW = Mittelwert; KI = Konfidenzintervall; ml = Milliliter; g = Gramm sich gesünder als 11- bis 17-Jährige. signifikant mehr als gleichaltrige Mädchen, bei 11- bis mit 14,8 g/Tag signifikant mehr als gleichaltrige Mäd- 17-jährigen Jungen ist die konsumierte Menge mit 74,1 g/ chen und als jüngere Jungen. Die Mittelwerte der Tag fast ebenso hoch wie bei Mädchen dieses Alters. Im konsumierten Mengen ähneln denen der KiGGS- Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung sind die angegebe- Basiserhebung. nen konsumierten Mengen erheblich gesunken, je nach Geschlecht und Altersgruppe zwischen 20 % und 30 % Wasser und jeweils statistisch signifikant. Insgesamt trinken 3- bis 17-Jährige im Mittel fast andert- halb Liter Wasser pro Tag. Die Trinkmenge ist bei 3- bis Süße Aufstriche 10-jährigen Mädchen mit 1.246 ml/Tag signifikant gerin- 3- bis 17-Jährige konsumieren im Mittel 12,2 Gramm ger als bei 11- bis 17-jährigen Mädchen mit 1.665 ml/Tag. süße Aufstriche pro Tag. Die geschätzte Menge ist bei Die Trinkmengen sind bei Jungen mit 1.273 ml/Tag bei 3- bis 10-jährigen Mädchen mit 10,6 g/Tag geringfügig 3- bis 10-Jährigen und 1.527 ml/Tag bei 11- bis 17-Jährigen aber signifikant geringer als bei 11- bis 17-jährigen Mäd- etwa gleich hoch wie bei Mädchen. Im Vergleich zur chen (12,3 g/Tag). 3- bis 10-jährige Jungen konsumie- KiGGS-Basiserhebung ist der mittlere tägliche Wasser- ren mit 11,3 g/Tag etwa gleiche Mengen wie gleichalt- konsum deutlich und signifikant, je nach Alter und rige Mädchen, 11- bis 17-jährige Jungen konsumieren Geschlecht, um 50 % bis 90 % gestiegen. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 13
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Tabelle 4 Geschlecht/ KiGGS-Basiserhebung KiGGS Welle 2 Geschlecht/ KiGGS-Basiserhebung KiGGS Welle 2 Obst- und Gemüseportionen pro Tag für Altersgruppe % (95 %-KI) % (95 %-KI) Altersgruppe % (95 %-KI) % (95 %-KI) 3- bis 17-Jährige nach Geschlecht und Alter Mädchen, 3 – 17 Jahre Mädchen, 3 – 10 Jahre (KiGGS-Basiserhebung < 1 Portion 9,9 (8,9 – 10,9) 11,2 (10,2 – 12,3) < 1 Portion 8,4 (7,3 – 9,6) 7,3 (6,3 – 8,5) n = 6.918 Mädchen, n = 7.186 Jungen; 1 – < 3 Portionen 53,5 (51,7 – 55,4) 50,9 (49,3 – 52,5) 1 – < 3 Portionen 57,0 (54,9 – 59,0) 50,7 (48,5 – 52,8) KiGGS Welle 2 3 – < 5 Portionen 22,9 (21,6 – 24,2) 22,2 (21,0 – 23,6) 3 – < 5 Portionen 22,8 (21,0 – 24,6) 24,9 (23,0 – 26,8) n = 6.568 Mädchen, n = 6.466 Jungen) ≥ 5 Portionen 13,7 (12,7 – 14,9) 15,7 (14,6 – 16,8) ≥ 5 Portionen 11,9 (10,7 – 13,2) 17,2 (15,6 – 19,0) Quelle: KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006), Jungen, 3 – 17 Jahre Mädchen, 11 – 17 Jahre KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) < 1 Portion 12,8 (11,8 – 13,8) 15,1 (13,9 – 16,4) < 1 Portion 11,3 (9,9 – 12,8) 15,5 (13,8 – 17,4) 1 – < 3 Portionen 55,1 (53,5 – 56,6) 51,7 (50,2 – 53,3) 1 – < 3 Portionen 50,3 (47,8 – 52,8) 51,2 (48,7 – 53,7) 3 – < 5 Portionen 21,3 (20,2 – 22,5) 20,6 (19,3 – 21,9) 3 – < 5 Portionen 23,0 (21,2 – 24,8) 19,3 (17,5 – 21,3) ≥ 5 Portionen 10,9 (10,0 – 11,9) 12,6 (11,4 – 13,8) ≥ 5 Portionen 15,5 (14,0 – 17,1) 14,0 (12,4 – 15,7) Gesamt, 3 – 17 Jahre Jungen, 3 – 10 Jahre < 1 Portion 11,3 (10,6 – 12,1) 13,2 (12,4 – 14,0) < 1 Portion 9,3 (8,1 – 10,6) 8,5 (7,3 – 10,0) 1 – < 3 Portionen 54,3 (53,1 – 55,6) 51,3 (50,3 – 52,4) 1 – < 3 Portionen 57,0 (55,0 – 58,9) 51,3 (49,1 – 53,5) 3 – < 5 Portionen 22,1 (21,2 – 23,0) 21,4 (20,4 – 22,4) 3 – < 5 Portionen 21,9 (20,3 – 23,6) 24,6 (22,7 – 26,7) ≥ 5 Portionen 12,3 (11,5 – 13,1) 14,1 (13,3 – 15,0) ≥ 5 Portionen 11,8 (10,6 – 13,2) 15,5 (14,0 – 17,2) KI = Konfidenzintervall Jungen, 11 – 17 Jahre < 1 Portion 16,2 (14,7 – 17,7) 22,5 (20,5 – 24,6) 1 – < 3 Portionen 53,2 (51,1 – 55,4) 52,2 (49,9 – 54,6) 3 – < 5 Portionen 20,7 (19,0 – 22,5) 16,0 (14,4 – 17,8) Obst ≥ 5 Portionen 9,9 (8,8 – 11,2) 9,3 (7,9 – 10,9) 3- bis 17-Jährige konsumieren im Mittel 252 Gramm Obst KI = Konfidenzintervall pro Tag. Die konsumierte Menge ist mit 286 g/Tag bei 3- bis 10-jährigen Mädchen signifikant höher als bei Gemüse 11- bis 17-jährigen Mädchen mit 252 g/Tag. 3- bis 10-jäh- Im Mittel konsumieren 3- bis 17-Jährige 125 Gramm Gemü- rige Jungen konsumieren mit 267 g/Tag geringfügig weni- se pro Tag. Die konsumierte Menge ist mit 142 g/Tag bei ger als gleichaltrige Mädchen. Die konsumierte Menge 3- bis 10-jährigen Mädchen geringfügig, jedoch nicht sig- an Obst ist jedoch bei 11- bis 17-jährigen Jungen mit nifikant höher als bei 11- bis 17-jährigen Mädchen mit 199 g/Tag deutlich und signifikant geringer als bei gleich- 129 g/Tag. 3- bis 10-jährige Jungen konsumieren mit altrigen Mädchen und jüngeren Jungen. Im Vergleich zur 127 g/Tag geringfügig weniger als gleichaltrige Mädchen KiGGS-Basiserhebung sind die konsumierten Obstmen- und 11- bis 17-jährige Jungen konsumieren mit 102 g/Tag gen bei Mädchen und Jungen im Alter von 3 bis 10 Jah- signifikant weniger als gleichaltrige Mädchen und jün- ren signifikant gestiegen, bei den älteren Mädchen und gere Jungen. Im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung sind Jungen haben sich die Mengen kaum verändert. die konsumierten Gemüsemengen bei Mädchen und Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 14
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Jungen im Alter von 3 bis 10 Jahren signifikant gestiegen, Sport zu treiben, Jungen häufiger als Mädchen und ältere bei Mädchen und Jungen im Alter von 11 bis 17 Jahren Kinder häufiger als jüngere. Es konnte gezeigt werden, signifikant gesunken. dass es verschiedene individuelle, interpersonelle sowie umgebungsbezogene Faktoren gibt, die im Zusammen- Anzahl der pro Tag verzehrten Portionen Obst oder hang mit dem Sporttreiben der Kinder und Jugendlichen Gemüse stehen. So sind jüngeres Alter, männliches Geschlecht Von den 3- bis 17-Jährigen konsumieren insgesamt 13,2 % und hoher SES mit Sporttreiben im Kindes- und Jugend weniger als eine Portion, 51,3 % eine bis drei Portionen, alter assoziiert. Sporttreiben der Eltern steht in positi- 21,4 % drei bis fünf Portionen und 14,1 % die in der Kam- vem Zusammenhang zum Sporttreiben der Kinder und pagne „5 am Tag“ empfohlene Menge von fünf oder mehr Jugendlichen. Die Wohnumgebung – insbesondere ein Portionen Obst und Gemüse pro Tag (Tabelle 4). Der gut erreichbarer Sportplatz – scheint, unabhängig des Anteil derjenigen, die fünf oder mehr Portionen Obst SES, einen positiven Einfluss auf das Sporttreiben zu und Gemüse pro Tag konsumieren, ist mit 17,2 % der haben. 11- bis 17-Jährige essen 3- bis 10-jährigen Mädchen, 14,0 % der 11- bis 17-jähri- Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu berück- gen Mädchen und 15,5 % der 3- bis 10-jährigen Jungen sichtigen, dass sich Sporttreiben in KiGGS Welle 2 auf heute weniger Gemüse relativ ähnlich. Lediglich bei 11- bis 17-jährigen Jungen alle Arten von Sport im Verein und außerhalb des Ver- als vor zehn Jahren. ist der Anteil mit 9,3 % signifikant niedriger. Der Anteil eins bezieht, den die 3- bis 17-Jährigen in ihrer Freizeit derjenigen, die fünf oder mehr Portionen Obst und ausüben. Insgesamt sind die hier dargestellten Ergeb- Gemüse pro Tag konsumieren, hat im Vergleich zur nisse zum Sporttreiben vergleichbar mit den Ergebnis- KiGGS-Basiserhebung bei 3- bis 10-Jährigen signifikant sen der Studie Health Behaviour in School-aged Child- zugenommen, bei 11- bis 17-Jährigen sind die Anteile in ren (HBSC-Studie) [29, 30] und lassen sich in die etwa gleich geblieben. Statistiken des Deutschen Olympischen Sportbundes einordnen [31]. Die Prävalenzen zum Sportverhalten aus 4. Diskussion der HBSC- und der KiGGS-Studie sind allerdings auf- grund unterschiedlicher Indikatoren nicht eins zu eins Die Ergebnisse stellen einen Überblick ausgewählter vergleichbar. So wurde in der HBSC-Studie mindestens Indikatoren dar, die die Bilanz zwischen Energieaufnah- zweistündige sportliche Aktivität pro Woche (bei der die me und Energieverbrauch beeinflussen und sich somit Kinder außer Atem oder ins Schwitzen kommen) aus- auf das Entstehen oder den Verlauf einer Adipositas aus- gewertet, während in der vorliegenden KiGGS-Auswer- wirken können. tung Sporttreiben ja/nein und Sporttreiben für mindes- Die Ergebnisse zum Sporttreiben legen nahe, dass tens 90 Minuten beziehungsweise mindestens 180 mehr als 70 % der Kinder und Jugendlichen angeben, Minuten pro Woche ausgewertet wurde. Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 15
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS Sowohl der dargestellte Zusammenhang zwischen leichter Rückgang bei 3- bis 10-jährigen Mädchen bezo- interpersonellen Faktoren in Form von elterlichem Sport- gen auf mindestens 60-minütige mäßig bis sehr anstren- treiben [32–34] als auch der gezeigte Zusammenhang gende körperliche Aktivität pro Tag festgestellt werden zwischen umgebungsbezogenen Faktoren und Sporttrei- [10]. Zwischen 2002 und 2014 zeigen die Ergebnisse der ben der Kinder konnte in anderen Studien gezeigt wer- HBSC-Studie für 11-, 13- und 15-Jährige einen Anstieg der den [8, 35]. Bei den Angaben zu umgebungsbezogenen körperlichen Aktivität, ebenso bezogen auf mindestens Faktoren bleibt die Frage offen, ob Eltern beziehungs- 60-minütige mäßig bis sehr anstrengende körperliche weise Kinder, die ihre Wohnumgebung häufig für Aktivi- Aktivität pro Tag, der allerdings bei den 15-jährigen Mäd- täten nutzen, die Fragen nach gut erreichbaren Spiel- und chen deutlich geringer ausfällt als bei Jungen und in den Sportmöglichkeiten (wie einem Sportplatz, einem Park/ anderen Altersgruppen [39]. Für körperliche Aktivität, die einer Grünfläche und einem Schwimmbad) eher mit „ja“ mindestens viermal pro Woche in sehr anstrengender beantworten als Eltern, die nur selten oder gar nicht (mit Intensität ausgeübt wird, zeigen die Ergebnisse der ihrem Kind) in der Umgebung aktiv sind. In einer Quer- HBSC-Studie sowohl für Mädchen als auch für Jungen schnittstudie zum Zusammenhang zwischen subjektiv einen Anstieg [39]. Das Motorik-Modul (MoMo), das an und objektiv erhobenen Daten zur Umgebung und kör- einer Teilstichprobe der KiGGS-Studie vertiefende Fra- perlicher Aktivität wurde festgestellt, dass die subjektive gestellungen zur körperlich-sportlichen Aktivität erfasst, elterliche Einschätzung der Umgebung in höherem beobachtet zwischen der MoMo-Basiserhebung Zusammenhang mit der körperlichen Aktivität steht als (2003 – 2006) und MoMo Welle 1 (2009 – 2012) einen die objektiven Ergebnisse zur Umgebung [36]. So kommt Rückgang der sportlichen Aktivität außerhalb und einen es bei der Frage nach der Umgebung darauf an, ob die Anstieg der sportlichen Aktivität innerhalb eines Sport- als gut erreichbar eingeschätzten Parks, Grünflächen, vereins [40]. Schwimmbäder oder Sportplätze für körperlich-sport Aus den in KiGGS Welle 2 erfassten Ernährungsinfor- liche Aktivität genutzt werden, wie weit die Entfernungen mationen wurden einige Lebensmittelgruppen zusam- sind [37] und wie Eltern die Qualität der Fuß- und Rad- mengestellt und ausgewertet, die im besonderen Fokus wege sowie die Verkehrssicherheit bis dorthin einschät- der gesundheitspolitischen Diskussion zur Vermeidung zen [38]. von Übergewicht stehen. Einerseits sind dies zuckerhal- Ein Trendvergleich zum Sporttreiben zwischen der tige Getränke, Süßwaren und süße Aufstriche, die bei KiGGS-Basiserhebung (2003 – 2006) und KiGGS Welle 2 hohem Konsum die Entwicklung von Übergewicht eher (2014 – 2017) ist methodisch aufgrund Veränderungen begünstigen, anderseits sind dies Wasser, Obst und in der Abfrage problematisch. Im Bereich der körper Gemüse, deren Konsum mit einer Verringerung des lichen Aktivität konnte zwischen KiGGS Welle 1 Übergewichts assoziiert ist. Die Ergebnisse der Indika- (2009 – 2012) und KiGGS Welle 2 (2014 – 2017) ein toren zum Ernährungsverhalten legen nahe, dass Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 16
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS jüngere Kinder und Mädchen geringere Mengen an Da die Abfragen der Lebensmittel für die KiGGS- zuckerhaltigen Getränken, Süßwaren und süßen Aufstri- Basiserhebung und KiGGS Welle 2 sehr ähnlich waren, chen sowie größere Mengen an Obst und Gemüse zu sind Aussagen über zeitliche Trends möglich. Wir haben sich nehmen als ältere Kinder und Jungen. Die Ergeb- uns in der Ergebnisdarstellung auf Mittelwerte konzen- nisse zeigen unterschiedliche Trends. Während auf der triert, da dies den Vergleich mit anderen Ergebnissen einen Seite der Konsum von Süßwaren und zuckerhal- vereinfacht. Dies wird allerdings der Streuung in den tigen Getränken im Vergleich zur KiGGS-Basiserhebung Angaben nicht immer gerecht. So ist der mittlere Kon- bei 3- bis 17-Jährigen signifikant zurückgegangen ist, sum von Wasser in KiGGS Welle 2 relativ hoch, was zum essen insbesondere 11- bis 17-Jährige heute im Vergleich Teil darauf zurückzuführen ist, dass eine große Gruppe zu vor etwa zehn Jahren signifikant weniger Gemüse. von Kindern und Jugendlichen hier sehr hohe Werte Der Anteil der Mädchen und Jungen, die die Empfehlung angab. Die medianen Wassertrinkmengen sind deutlich der Deutschen Gesellschaft für Ernährung erreichen und geringer, dies gilt jedoch auch für die KiGGS-Basiserhe- mindestens fünf Portionen Obst und Gemüse pro Tag bung. Der Anstieg des Wasserkonsums deckt sich mit zu sich nehmen, ist bei den 3- bis 10-Jährigen in den letz- einer Zunahme der Pro-Kopf-Verbrauchszahlen für Mine- ten zehn Jahren signifikant gestiegen, allerdings ist der ralwasser, die von 138,1 Liter in 2008 auf 151,9 Liter in Anteil derjenigen, die diese Empfehlung erreichen, mit 2015 gestiegen ist [42]. Auch die Abnahme des Pro-Kopf- insgesamt 14 % sehr gering. Verbrauchs an Limonaden (82,9 Liter in 2012; 78,2 Liter Bei der Interpretation sollte bedacht werden, dass der in 2016 [41]) und Fruchtsäften (37,4 Liter in 2008; 33,0 eingesetzte Ernährungsfragebogen den Lebensmittelkon- Liter in 2015 [42]) passt zu der in KiGGS beobachteten sum im Vergleich zu umfangreicheren Ernährungserhe- Abnahme von zuckerhaltigen Getränken. Diese Zahlen bungsmethoden nur grob erfassen kann und die geschätz- beziehen sich aber auf die gesamte Bevölkerung und ten Mengen daraus dementsprechend auch nur grobe müssen sich nicht mit den Konsumtrends von Kindern Indikatoren des Verzehrs sind. So gehören beispielsweise und Jugendlichen decken. Jedoch zeigt auch die Kakao- und andere Milchmischgetränke ebenfalls zu HBSC-Studie für 11-, 13- und 15-Jährige in Deutschland zuckerhaltigen Getränken, wurden aber im Fragebogen einen Rückgang des täglichen Konsums von Erfrischungs- unter der Lebemittelgruppe „Milch“ abgefragt. Sie sind getränken zwischen 2002 und 2014 [43]. Die Verbrauchs- daher nicht getrennt darstellbar und hier nicht berück- zahlen für Schokoladenwaren, kakaohaltige Brotaufstri- sichtigt. Der Marktanteil von aromatisiertem Wasser ist che, Zuckerwaren und feine Backwaren haben sich im derzeit noch relativ klein [41], einige dieser Produkte ent- Zeitraum zwischen 2007 und 2014 kaum verändert. Der halten jedoch eine erhebliche Menge an Zucker. Der Kon- Pro-Kopf-Verbrauch für Gemüse ist gestiegen (von sum dieser Wassersorten wird von den Teilnehmenden 86,4 kg/Jahr in 2005/2006 auf 98,6 kg/Jahr in 2014/2015), vermutlich bei der Frage zum Wasser mit angegeben. der von Obst aber gesunken (von 78,6 kg/Jahr in Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 17
Journal of Health Monitoring Sport- und Ernährungsverhalten bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland FOCUS 2005/2006 auf 66,5 kg/Jahr in 2014/2015) [42]. Die körperlich-sportlicher Aktivität, Ernährung und Überge- Befunde decken sich somit nur hinsichtlich des Gemü- wicht, zunehmend in der Forschung aufgenommen [48] severzehrs der 3- bis 10-Jährigen mit den Ergebnissen und müssen Bestandteil von Interventionsmaßnahmen von KiGGS Welle 2. sein. Hierzu werden auch gesetzgeberische Maßnahmen, Dass die geschätzten Mengen für die 3- bis 10-Jähri- wie ein besserer Zugang zu gesunden Lebensmitteln gen geringer sind als die für die 11-bis 17-Jährigen, ist auf (z. B. durch Steuerreformen) und eine gesundheitsför- den geringeren Energie- und Nährstoffbedarf der jünge- derliche Gestaltung der Lebenswelten (Settings) von ren Kinder zurückzuführen. Auffällig ist aber, dass die sozial benachteiligten Kindern (z. B. durch die bewe- geschätzte tägliche Menge an Obst für die 3- bis 10-Jäh- gungsfreundliche Gestaltung sozial benachteiligter rigen etwas höher ist als für die 11- bis 17-Jährigen. Dies Wohnquartiere), gefordert [1]. Für einen frühen Ansatz könnte daran liegen, dass die Eltern den Fragebogen für sollten gesunde Ernährung und körperlich-sportliche die 3- bis 10-Jährigen ausgefüllt haben und hier häufiger Aktivität in Schullehrplänen verankert sein und Umge- ein sozial erwünschtes Antwortverhalten erfolgte oder bungen und Möglichkeiten entwickelt werden, die Kin- aber der Konsum im Jugendalter tatsächlich geringer der dabei unterstützen, gesündere Lebensmittel zu sich wird. zu nehmen und jeden Tag aktiv zu sein [49]. Dazu bedarf In den nationalen Gesundheitszielen (www.gesund- es auch der Unterstützung von Lehrenden und Erzie- heitsziele.de) werden zum Thema „Gesund aufwachsen“ henden bei der Umsetzung von Maßnahmen zur Lebenskompetenz, Bewegung und Ernährung in den Gesundheitsförderung sowie der Unterstützung der Fokus genommen [44]. Verhaltensweisen entwickeln sich Eltern, die Kinder zu mehr Bewegung, weniger Sitzen früh und sind nur schwer zu verändern. Daher kann und ausgewogener Ernährung motivieren. Ein Zusam- durch die Vorbildfunktion der Eltern, durch die Verhal- menspiel entsprechender Maßnahmen ist erforderlich, tensweisen in der Familie, bei gleichaltrigen Bezugsper- damit Kinder und Jugendliche die nationalen Empfeh- sonen (Peergroup) sowie in den Lebenswelten (Settings), lungen zu körperlich-sportlicher Aktivität und gesunder in denen Kinder und Jugendliche heute aufwachsen, Ernährung erreichen. sehr früh ein positives Gesundheitsverhalten entwickelt werden. So werden körperlich-sportlich aktive Kinder Korrespondenzadresse Dr. Susanne Krug häufig auch körperlich-sportlich aktive Erwachsene [45]. Robert Koch-Institut Für Ernährungsgewohnheiten wurde ebenfalls beobach- Abteilung für Epidemiologie und Gesundheitsmonitoring tet, dass diese häufig bis ins Erwachsenenalter beste- General-Pape-Str. 62–66 hen bleiben [46, 47]. Neben individuellen Verhaltens- 12101 Berlin E-Mail: KrugS@rki.de weisen werden auch die Bedeutung und Beachtung von Verhältnissen, wie die Umgebungsfaktoren von Journal of Health Monitoring 2018 3(2) 18
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