STAATLICHE BREITBANDSTRATEGIEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH
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MONITORING: GESETZLICHE REGELUNG FÜR DEN ZUGANG ZUR INFORMATIONSGESELLSCHAFT STAATLICHE BREITBANDSTRATEGIEN IM INTERNATIONALEN VERGLEICH TAB-BRIEF NR. 40 / FEBRUAR 2012 Die Verfügbarkeit breitbandiger Internetzugänge ist inzwischen zu einem wich- bandiger Internetanschluss mit einer tigen Indikator für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Modernisierung ge- Übertragungsgeschwindigkeit von worden. Es wird allgemein angenommen, dass nur dort, wo leistungsstarke In- mindestens 1 Mbit/s nutzbar, wobei ternetverbindungen zur Verfügung stehen, das Potenzial des Internets für die hier neben DSL- und Kabelmodeman- Wirtschaft sich entwickeln, Nachfrage nach neuen Medienangeboten entste- schlüssen auch mobile Technologien hen und die künftige Teilhabe am gesellschaftlichen und politischen Leben ge- berücksichtigt wurden. Stellt man hö- währleistet werden kann. Die Breitbandthematik betrifft also den technischen here Anforderungen an die Übertra- Zugang zur modernen Informationsgesellschaft. Vor diesem Hintergrund ist das gungsgeschwindigkeit, verringert sich Thema Breitbandinternet und die Frage, wie der Ausbau der Netze und die Ver- der erreichte Versorgungsgrad: Verbin- sorgung der Bevölkerung mit breitbandigen Anschlüssen gelingen kann, in den dungen mit einer Downloadgeschwin- letzten Jahren zu einem zentralen Thema der Telekommunikations- (TK) und Tech- digkeit von 16 Mbit/s waren Ende 2010 nologiepolitik geworden. In vielen Ländern haben die Regierungen hierfür eige- für nur knapp 70 % und mit 50 Mbit/s ne Breitbandziele formuliert und Breitbandpläne oder -strategien verabschiedet. für nur etwa 40 % der deutschen Haus- Bei der Umsetzung der Ziele kommen sehr unterschiedliche Ansätze zum Tragen. halte verfügbar. Während die Breitbandgrundversor- Im Vordergrund der Strategien stehen land, Australien, Finnland und den USA gung in Deutschland gewährleistet ist, konkrete Versorgungsziele, d.h., es geht vergleichend dargestellt (Kasten 2). Die befindet sich der Ausbau von Glasfa- hauptsächlich um die Erhöhung der zugrundeliegende Analyse internatio- sernetzen erst in einem frühen Stadium. prinzipiellen Verfügbarkeit von breit- naler Breitbandstrategien ist Teil des Bevorzugt werden die ultraschnellen bandigen Internetanschlüssen (Kas- Monitoringberichts zum Thema »Zu- Netze dabei in Ballungsgebieten aufge- ten 1). Diesbezüglich werden derzeit die gang zur Informationsgesellschaft«. baut, in denen mehr Teilnehmer zu ge- größten Defizite wahrgenommen. Man- ringeren Kosten als in dünner besiedel- che Breitbandstrategien werden darüber ten Gebieten erreicht werden können. hinaus ergänzt durch Maßnahmen, die DEUTSCHLAND Der ländliche Raum ist gegenwärtig von zusätzlich die Nachfrage stärken sollen. der Glasfaserversorgung noch weitge- Laut Breitbandatlas der Bundesregie- hend abgeschnitten, weil sich der Netz- Im folgenden Beitrag werden die natio- rung war Ende 2010 für 98,5 % aller aufbau für die TK-Unternehmen kurz- nalen Breitbandstrategien in Deutsch- Haushalte in Deutschland ein breit- bis mittelfristig nicht refinanzieren lässt. KASTEN 1: TECHNISCHE VARIANTEN VON BREITBANDANSCHLÜSSEN Es gibt keine einheitliche oder international verbindliche Definition von »Breitbandinternet«, insbesondere keine Fest- legung zu unteren Grenzwerten. In Deutschland werden Anschlüsse mit einer Übertragungsgeschwindigkeit von min- destens 1 Mbit/s als Breitbandanschlüsse bezeichnet, in Großbritannien gilt als Untergrenze 2 Mbit/s. Die OECD- Statistiken basieren auf einem geringeren Wert und subsumieren Zugangstechnologien mit mindestens 256 Kbit/s als Breitbandinternet. Die aktuelle Diskussion über die Grenzwerterhöhung zeigt, dass sich die Ansichten in Bezug auf die Frage, ab wann man von einem Breitbandanschluss spricht, im Zeitverlauf ändern. Sehr leistungsfähige Breitbandan- schlüsse mit mindestens 50 Mbit/s werden oft als Ultra-Highspeed-Zugänge bezeichnet. Folgende technische Varianten für Breitbandinternet sind zu unterscheiden: > Über Kupferleitungen, die bei Festnetztelefonanschlüssen verwendet werden, erreicht man mit ADSL (Asymmetric Digital Subscriber Line) 1 bis 16 Mbit/s oder aber 16 bis 50 Mbit/s mit VDSL (Very High Speed Digital Subscriber Line), einem System aus Glasfaserleitungen im Backbonenetz und Kupferleitungen im Zugangsbereich. > Über Koaxialkabel, die im herkömmlichen Rundfunkkabelnetz verwendet werden, werden bis zu 100 Mbit/s und teilweise noch höhere Übertragungsgeschwindigkeiten erreicht. > Über Glasfaseranschlüsse mit FTTB (Fiber to the Building) oder FTTH (Fiber to the Home) können den Endkun- den von 100 Mbit/s bis zu 1 Gbit/s zur Verfügung gestellt werden. > Über Mobilfunk mit UMTS (Universal Mobile Telecommunications System) sind bis zu 384 Kbit/s und mit HSPA (High Speed Packet Access, eine Weiterentwicklung von UMTS) 3,6 Mbit/s bis zu 42 Mbit/s möglich. LTE (Long Term Evolution), der Mobilfunk der vierten Generation, überträgt bis zu 50 Mbit/s. 41
MONITORING: GESETZLICHE REGELUNG FÜR DEN ZUGANG ZUR INFORMATIONSGESELLSCHAFT TAB-BRIEF NR. 40 / FEBRUAR 2012 Die 2009 verabschiedete Breitband- die mobile Technik der vierten Gene- AUSTRALIEN strategie der Bundesregierung hat des- ration (LTE) gesetzt. halb zum Ziel, Impulse für den Auf- Die australische Breitbandstrategie bau solcher Infrastrukturen zu geben. Die deutsche Breitbandstrategie ist sieht den Aufbau eines landesweiten Das aktuell relevante Ziel der deut- eingebettet in die IT- und IKT-Stra- Glasfasernetzes mit Anschlüssen bis schen Breitbandstrategie ist es, bis tegien des Bundes (Deutschland Di- in die Haushalte in staatlicher Regie Ende 2014 einen Versorgungsgrad gital 2015, IT-Gipfelserie, Forum IT vor. Damit verfolgt Australien das der- von 75 % aller Haushalte mit min- und Mittelstand), zu denen es zahlrei- zeit technisch ambitionierteste Pro- destens 50-Mbit/s-Anschlüssen zu che inhaltliche und personelle Bezüge gramm zum landesweiten Breitband- erreichen. Dieses Ziel kann nur mit gibt. In gemeinsamen Gipfelveranstal- ausbau. Das National Broadband Net- VDSL im herkömmlichen Telefonfest- tungen, Foren und Arbeitsgruppensit- work (NBN) wird als Public Private netz oder über noch leistungsstärkere zungen werden ausgewählte Themen Partnership aufgebaut. An der Betrei- Netzstrukturen erreicht werden (Kas- mit Netzbezug bearbeitet. Der Ansatz bergesellschaft NBN Co. ist der aus- ten 1). Auch wenn leitungsgebunde- ist dabei ein kooperativer: Die Pro- tralische Staat mit 51 % beteiligt, wo- ne Anschlüsse in Bezug auf Übertra- bleme beim Netzaufbau sollen gemein- für 4,7 Mrd. australische Dollar (ca. gungskapazität und Zuverlässigkeit sam mit den betroffenen Akteuren aus 2,5 Mrd. Euro) zur Verfügung gestellt den mobilen Zugängen gegenüber Wirtschaft und Verwaltung gelöst wurden. Der private Sektor kann sich prinzipiell als überlegen gelten, wird werden. Der Staat sieht sich haupt- mit bis zu 49 % am Unternehmen be- dennoch ebenfalls große Hoffnung in sächlich in der Rolle des Moderators. teiligen und dabei sowohl Finanzmit- tel als auch Sachkapital (Netze, Ver- teilstationen, Überlandleitungen usw.) KASTEN 2: ZIELE AUSGEWÄHLTER NATIONALER BREITBANDSTRATEGIEN einbringen. Der Aufbau des Netzes soll gleichzeitig in Großstädten und DEUTSCHLAND in ländlichen Gebieten erfolgen. Nach Bis 2014 sollen 75 % aller Haushalte über Anschlüsse mit Übertragungsra- Fertigstellung des nationalen Breit- ten von mindestens 50 Mbit/s verfügen können. Langfristig sollen solche An- bandnetzes Ende 2018 soll der Anteil schlüsse flächendeckend zur Verfügung stehen. des Staates innerhalb von fünf Jah- ren an den privaten Sektor veräußert AUSTRALIEN werden. Bis 2021 soll das National Broadband Network 93 % aller Haushalte und Unternehmen via Glasfaser erreichen (100 Mbit/s). Die restlichen 7 % sollen In sechs australischen Regionen, den Zugang über Richtfunk und Satellitenverbindungen mit mindestens 25 Mbit/s sogenannten »1st release sites«, sind Übertragungskapazität erhalten. bereits seit Mitte 2011 Glasfaseran- schlüsse für alle Haushalte verfügbar. FINNLAND In weiteren 19 Regionen (»2nd release sites«) wird das Netz momentan ausge- Bis 2015 soll ein Glasfaserbackbonenetz verlegt sein, dessen Anschlusspunk- baut bzw. befindet sich im Testbetrieb. te für 99 % aller Haushalte und Unternehmen nicht weiter als 2 km entfernt Auch das Backbone für das NBN, ein sind. Die Übertragungsgeschwindigkeit für die an das Backbonenetz ange- über 6.000 km langes Überlandnetz schlossenen Haushalte soll bis zu 100 Mbit/s betragen. aus Glasfaserkabel, ist bereits weitge- USA hend fertiggestellt. Bis 2020 soll jeder Haushalt und jedes Unternehmen Zugang zu einer Breit- Das NBN wird als Open-Access-Netz- bandleitung von mindestens 4 Mbit/s beim Download und 1 Mbit/s beim Up- werk betrieben. Das heißt, Netzbetrieb load haben. Mindestens 100 Mio. Haushalte sollen Zugang zu bezahlbaren und Anwendungen sind getrennt, und Breitbandanschlüssen mit tatsächlichen Übertragungsgeschwindigkeiten von jeder Diensteanbieter hat gleiche Zu- mindestens 100 Mbit/s beim Download und 50 Mbit/s beim Upload haben. gangsmöglichkeiten für die Nutzung Bei einer Gesamtzahl von ca. 114 Mio. Haushalten sind dies fast 90 % aller der Netzinfrastruktur. Dies soll zu Haushalte. Zusätzlich soll bis 2016 ein landesweites mobiles Breitbandnetz mehr Wettbewerb unter Netzbetrei- der vierten Generation aufgebaut werden, das mindestens 98 % aller Haus- bern im Endkundengeschäft sowie zu halte erreicht. besserem Service für Haushalte und Unternehmen führen. 42
MONITORING: GESETZLICHE REGELUNG FÜR DEN ZUGANG ZUR INFORMATIONSGESELLSCHAFT TAB-BRIEF NR. 40 / FEBRUAR 2012 Insbesondere das große Stadt-Land- re Recht auf einen Internetanschluss Das Ziel der finnischen Breitbandstra- Gefälle bzw. die vielen weit abgelege- von mindestens 1 Mbit/s, wobei der tegie, bis Ende 2015 flächendeckend nen Siedlungen, deren Versorgung mit Anschluss technologieneutral definiert 100-MBit/s-Anschlüsse anzubieten, Breitbandinternet nicht zu Marktprei- wurde, d.h. über Festnetz (DSL, Ka- kann als ambitioniert eingeschätzt sen möglich ist, dürften bei der Ent- bel-TV, Glasfaser) oder mobile Tech- werden. Es ist Ausdruck des Ehrgei- scheidung für einen Netzaufbau in nologien (UMTS, LTE) erfolgen kann. zes der finnischen Regierung, im in- staatlicher Regie eine Rolle gespielt ha- ternationalen Breitbandranking einen ben. Die Anschlusspreise an das NBN Hinsichtlich der angestrebten Glasfa- Spitzenplatz zu erreichen. Die Zielset- sollen im ganzen Land dieselben sein, serversorgung geht die finnische Regie- zung, bis 2015 allein aufgrund von unabhängig davon, ob es sich um ein rung davon aus, dass Ende 2015 etwa privaten Anbieteraktivitäten 95 % des Appartement in einer Stadt oder um 95 % aller Haushalte und Unterneh- Landes mit Glasfaseranschlüssen zu einen Hausanschluss in einem abgele- men Anschluss an ein Highspeednetz versorgen, gibt es so in keinem ande- genen Gebiet im Hinterland handelt. haben, das ohne staatliche Unterstüt- ren europäischen Land. Eine derartige Quersubventionierung zung von den TK-Unternehmen aufge- ist nur mit einem landesweiten Netz baut werden soll. Damit wird von den möglich. Die australische Labour Par- finnischen TK-Unternehmen ein sehr USA tei als Initiatorin des NBN ist der Über- viel größeres Engagement beim Glas- zeugung, dass der Nutzen eines landes- faserausbau erwartet als anderenorts. Beim Breitbandinternet hinken die weiten Glasfasernetzes langfristig seine Staatliche Mittel wurden lediglich für USA der Entwicklung etlicher ande- Kosten rechtfertigen wird. 4 % der Haushalte vorgesehen. rer Industrienationen derzeit noch hinterher. Dies betrifft sowohl die Experten schätzen, dass Australien in Eine wichtige Einschränkung bezieht Verbreitung von DSL und Kabelmo- weniger als zehn Jahren Europa und ver- sich jedoch auf den Streckenabschnitt dems als auch die Verfügbarkeit von mutlich auch die USA im Hinblick auf vom letzten Übergabepunkt bis in die Glasfaseranschlüssen. die Verbreitung von Glasfaseranschlüs- jeweiligen Haushalte hinein. In der sen bei Weitem überholt haben wird. finnischen Breitbandstrategie wurde Ähnlich wie in Australien stellt der festgelegt, dass dieser Abschnitt nicht hohe Anteil ländlicher Gebiete an der länger als 2 km sein darf. Die Verkabe- Gesamtfläche des Landes eine besonde- FINNLAND lung muss vom jeweiligen Hauseigen- re Herausforderung für die Breitband- tümer selbst organisiert und – steuer- versorgung dar. Hinzu kommt, dass die Die finnische Breitbandstrategie weist vergünstigt – finanziert werden. Die monatlichen Kosten für DSL oder Ka- drei Besonderheiten auf: die Aufnahme durchschnittlichen Kosten für den An- belmodemanschlüsse vergleichsweise des 1-Mbit/s-Breitbandinternetzugangs schluss eines Haushalts in nicht ver- hoch sind. Verantwortlich hierfür ist in die Universaldienstverpflichtungen sorgten Gebieten auf Basis von Glas- ein besonderer Ansatz der amerika- für TK-Anbieter, die Erwartung, dass faserleitungen liegen derzeit zwischen nischen Regulierungsbehörde Federal Hauseigentümer in abgelegenen Ge- 2.000 und 3.000 Euro. Diese Vorge- Communications Comminssion (FCC), bieten den Anschluss der letzten 2 km hensweise knüpft an andere finnische die den Wettbewerb innerhalb des TK- vom Übergabepunkt ins Glasfasernetz Grundversorgungsleistungen wie dieje- Sektors einschränkt zugunsten des bis zur Wohnung in Eigenregie über- nigen mit Strom und Wasser an. Wettbewerbs zwischen Telekommu- nehmen, und die große Bedeutung, nikations- und Kabelnetzbetreibern. die Glasfaseranschlüssen in der Breit- Der Fokus der Breitbandstrategie auf Dies bedeutet, dass sich Breitbandinte- bandstrategie haben, obwohl der Mo- Glasfaseranschlüsse ist vor dem Hinter- ressenten in den USA entweder für das bilfunk in Finnland besonders gut aus- grund des in Finnland starken Mobil- DSL-Angebot des lokalen TK-Unter- gebaut ist. funksektors und des bereits erreichten nehmens oder für das Kabelmodeman- hohen Versorgungsgrades mit breitban- gebot des Kabelnetzbetreibers entschei- Seit Juli 2010 gibt es in Finnland ein digen Mobilfunkanschlüssen bemer- den müssen. Anders als beispielsweise Grundrecht auf Breitbandinternet. kenswert. Er kann als Bekenntnis zur in Deutschland können Amerikaner Finnland war das weltweit erste Land, Festnetztechnologie verstanden wer- nicht zwischen verschiedenen DSL-An- das die Bandbreitenkomponente in die den, die einem leistungsstarken Mobil- bietern wählen. Universaldienstverpflichtung für TK- funknetz auch auf dem neusten Stand Anbieter aufgenommen hat. Seither der Technik (LTE) dauerhaft überle- Seit dem Regierungswechsel 2009 hat hat jeder Einwohner das einklagba- gen sein wird. das Thema Breitband jedoch an Bedeu- 43
MONITORING: GESETZLICHE REGELUNG FÜR DEN ZUGANG ZUR INFORMATIONSGESELLSCHAFT TAB-BRIEF NR. 40 / FEBRUAR 2012 tung gewonnen. Der aktuelle »Natio- Interessant an der Situation in den besonders bemerkenswert: die neue nal Broadband Plan« weist vielfältige USA ist der radikale Kurswechsel in Rolle des Staates. Sie hat sich von ei- Maßnahmen zur Förderung der Breit- der Breitbandpolitik nach dem Regie- ner grundsätzlichen Nichteinmischung bandversorgung und eine große Flexi- rungswechsel 2009. Ganz offensicht- im TK-Bereich zu einer gestaltenden bilität bei der Umsetzung auf. Zwei Be- lich hat die Laissez-faire-Politik der und mit ambitionierten Zielen unter- sonderheiten sind hervorzuheben: zum Bush-Regierung dazu beigetragen, dass legten Rolle beim Aufbau breitbandi- einen die Neudefinition des Universal- die Breitbandentwicklung in den USA ger Infrastrukturen gewandelt. dienstanspruchs, d.h. seine Ausweitung nicht mit der in anderen Ländern mit- auf das Breitbandinternet, und die gro- halten konnte. Selbst die Weltbank Alle hier untersuchten Breitbandpläne ßen Summen, die damit für die ländli- spricht in diesem Zusammenhang von sehen die eine oder andere Form staat- che Breitbandversorgung bereitgestellt einem Mangel an politischer Führung lichen Engagements vor, das sich nicht werden; zum anderen die festgeschrie- und sieht den langen Zeitraum ohne in der Sicherstellung des Marktrah- bene Berichterstattung zur Breitband- staatliche Maßnahmen zur Unterstüt- mens erschöpft, sondern weiter gehen- verfügbarkeit und -nutzung, aus der zung des Breitbandaufbaus als Ursache de Maßnahmen bis hin zur finanziellen sich detaillierte Berichtspflichten für für die vergleichsweise geringe Breit- Unterstützung von Netzbetreibern oder die Anbieter/Provider ergeben. bandverbreitung an. Dies hat sich mit gar den Aufbau eigener Netze in staat- dem »National Broadband Plan« der licher Regie vorsehen. Insbesondere in Im Oktober 2011 beschloss die FCC, Obama-Administration grundlegend den USA, in Finnland und Deutsch- Projekte zum Ausbau der Breitband- geändert. Sollte das Ziel erreicht wer- land hatte der Staat lange Zeit eine versorgung im ländlichen Raum mit den, bis 2020 100 Mio. Haushalte mit vergleichsweise passive Rolle im TK- Mitteln aus dem staatlichen »Univer- 100-Mbit/s-Leitungen zu versorgen, Sektor inne. Seit der Finanz- und Wirt- sal Service Fund« zu finanzieren. Aus hätten die USA innerhalb von zehn Jah- schaftskrise von 2009 gibt es in allen diesem wurde bisher der Telefondienst ren ihren Anschluss an die führenden Ländern deutliche Zeichen für ein Um- im ländlichen Raum mit jährlich rund Breitbandnationen geschafft. denken zu einer aktiveren Position. In 4,5 Mrd. US-Dollar subventioniert. Die Bezug auf den Breitbandausbau gibt es Mittel werden bis 2017 in den neuen für diese neue Rolle des Staates jedoch »Connect America Fund« überführt, SEKTORALE keine allgemeingültigen Patentrezepte. um die Aufrüstung des Festnetzes mit ENTWICKLUNGSTRENDS Vielmehr entwickeln sich unterschied- ca. 4 Mrd. US-Dollar und mobile Breit- liche Ansätze und Strategien – auch im bandanbindungen mit ca. 500 Mio. US- Die Analyse der Breitbandstrategien Hinblick auf das Austarieren von staat- Dollar jährlich zu fördern. in den ausgewählten Ländern zeigt, lichen und privatwirtschaftlichen Akti- dass sehr unterschiedliche Ansätze und vitäten. Es wird deutlich, dass die einst Der zweite Schwerpunkt des derzeiti- Maßnahmen verfolgt werden, um eine festgefügte Auffassung von der passi- gen Breitbandplans ist die Verbesserung bessere Versorgung mit Breitbandan- ven Rolle des Staates im TK-Bereich der Datenlage zur Breitbandversorgung schlüssen zu erreichen. Die Unterschie- in Bewegung geraten ist, wodurch sich und -nutzung. Als erste konkrete Maß- de betreffen z.B. die Formulierung der prinzipiell neue Optionen für den In- nahme wurde eine interaktive Breit- Ziele, die Bereitschaft, bestehende TK- frastrukturausbau ergeben. Eine dieser bandkarte im Februar 2011 online ge- Regulierungen und Gesetze anzupas- Optionen ist der Aufbau eigener Netze stellt (www.broadbandmap.gov). Die sen oder den Umfang der bereitgestell- als Open-Access-Netzwerke. »National Broadband Map« zeigt in ten (staatlichen) Finanzmittel für den sehr hoher Auflösung die Verfügbar- Netzaufbau. Es gibt jedoch auch ähn- KOMMUNEN ALS NETZBETREIBER: keit von Breitbandanschlüssen im gan- liche Aspekte, die in verschiedenen OPEN-ACCESS-NETZWERKE zen Land und stellt zusätzliche Daten, Breitbandstrategien erkennbar sind. wie z.B. Bevölkerungsdichte, durch- Sie weisen auf Bereiche hin, die bei Open-Access-Netzwerke sind Breit- schnittliches Bildungsniveau und Ein- der Weiterentwicklung der deutschen bandnetze, die von Unternehmen meist kommen, zur Verfügung. Hintergrund Strategie von Bedeutung sein können. in öffentlicher Trägerschaft aufgebaut der umfangreichen Datensammlung ist werden und deren Netzkapazitäten an die Überzeugung, dass dadurch Versor- DIE NEUE ROLLE DES STAATES kommerzielle Anbieter von Internet- gungslücken identifiziert und Nachfra- diensten vermarktet werden. Bei den gepotenziale bestimmt werden können, Ein Aspekt erscheint in der aktuellen untersuchten Ländern gibt es lediglich um daraufhin entsprechende Maßnah- Diskussion um die Versorgung der Be- in Australien den Plan, ein Open-Ac- men abzuleiten. völkerung mit Breitbandanschlüssen cess-Netzwerk auf nationaler Ebene zu 44
MONITORING: GESETZLICHE REGELUNG FÜR DEN ZUGANG ZUR INFORMATIONSGESELLSCHAFT TAB-BRIEF NR. 40 / FEBRUAR 2012 errichten. In den anderen Ländern ist sen (Baden-Württemberg) sowie Ru- BREITBANDMONITORING diese Option auf die regionale bzw. lo- delzhausen (Bayern). kale Ebene beschränkt. Für den Erfolg des Breitbandausbaus NACHFRAGESEITIGE MASSNAH- wird in vielen Ländern der Welt die Prinzipiell wird der Netzaufbau im MEN ZUR STIMULIERUNG DES Generierung von Informationen zur Open-Access-Modell von der öffent- BREITBANDAUSBAUS Verfügbarkeit unterschiedlicher Arten lichen Hand finanziert – oft unter der von Infrastruktur und die Weitergabe Regie kommunaler Versorger. Sind die In allen hier betrachteten Ländern mit dieser Informationen an relevante Ak- Netze fertig gestellt, werden darüber Ausnahme von Deutschland sehen die teure als zentral erachtet. Eine unab- Highspeedinternet, TV-Programmpa- jeweiligen Initiativen auch Maßnah- dingbare Voraussetzung für die gezielte kete, Voice over IP und andere Dienste men zur Stimulierung der Nutzung von Schließung von Versorgungslücken und unterschiedlichster Anbieter vermark- Breitbandinternet vor. In Deutschland die Kontrolle der Erreichung von Ver- tet. Der Zugang zum Netz wird die- werden nachfrageorientierte Maßnah- sorgungszielen sind dabei die sachlich- sen Anbietern transparent und diskri- men vornehmlich als Bildungsmaßnah- inhaltliche Eignung der Daten sowie die minierungsfrei gegen entsprechendes men verstanden, für die aufgrund der methodische Validität ihrer Erhebung. Entgelt zur Verfügung gestellt. Tatsäch- föderalen Struktur die Verantwortung Vor diesem Hintergrund gehören zu lich gibt es unterschiedliche Varianten auf der Landesebene liegt. vielen nationalen Breitbandprogram- dieser Art des Netzaufbaus- und -be- men auch Ansätze zur systematischen triebs, die von gemischtwirtschaftli- Das Spektrum nachfrageseitiger Maß- Verbesserung der Informationssitua- chen Modellen (Private Public Part- nahmen zur Stimulierung der Breit- tion zur Breitbandverfügbarkeit. nerships) bis zu öffentlich-rechtlichen bandnutzung ist allerdings breiter und Modellen reichen. reicht von Internetschulungen für Be- Die gegenwärtig in Deutschland ver- völkerungsgruppen, die heute noch kei- fügbaren Informationen zur Breitband- In den USA gibt es inzwischen über ne Nutzer sind (Migranten, Personen verfügbarkeit und -nutzung erscheinen 130 Gemeinden (z.B. Chattanooga, in einkommensschwachen Haushalten, noch als unzureichend, insbesondere Tennessee), die Open-Access-Netze Arbeitslose, Senioren usw.), über Breit- im Vergleich zur Situation in den USA. mit finanzieller Unterstützung durch bandportale für verschiedene Verwal- den »National Broadband Plan« auf- tungsdienstleistungen, spezielle Pro- Der Monitoringbericht »Gesetzliche gebaut haben. gramme für kleine und mittelgroße Regelung für den Zugang zur Infor- Unternehmen bis hin zu Förderpro- mationsgesellschaft« wird im Frühjahr In Deutschland werden ebenfalls ers- grammen für die Kreativindustrie. 2012 abgeschlossen und nach Abnah- te Open-Access-Netze auf kommu- me durch den Ausschuss für Bildung, naler Ebene von Energieversorgern In Ländern, die explizite Nachfrage- Forschung und Technikfolgenabschät- oder Stadtwerken aufgebaut oder sind maßnahmen vorsehen, werden Ausga- zung veröffentlicht. in Planung. Die Bundesnetzagentur ben in diesem Bereich damit begründet, (BNA) stellte jedoch Ende 2011 fest, dass die Existenz von Breitbandan- dass der Ausbauzustand von Glasfa- schlüssen zwar eine notwendige, aber KONTAKT seranschlüssen in Deutschland noch keine hinreichende Voraussetzung für unter dem möglichen Potenzial liege. die tatsächliche Nachfrage ist. Die er- Dr. Bernd Beckert Als Best-Practice-Beispiele, wie Open- warteten gesamtgesellschaftlichen 0721 6809-171 Access-Modelle helfen können, Glas- Effekte werden nicht von der reinen bernd.beckert@isi.fraunhofer.de faser auch in ländliche Regionen zu Verlegung der Netze, sondern von der bringen, nennt die BNA die Gemein- tatsächlichen Nutzung von Diensten den Hohentengen und Wollmershau- und Anwendungen erwartet. 45
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