Standort Rhein Lahn Kreis 2020 - Ein Positionspapier der regionalen Wirtschaft - IHK Koblenz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Standort Rhein-Lahn-Kreis 2020 Ein Positionspapier der regionalen Wirtschaft Inhaltsverzeichnis Vorwort………………………………………………………………… ……………………………...3 Der Rhein-Lahn-Kreis im Überblick ...................................................................................... 4 Die Wirtschaft im Kreis: Stark in der Dienstleistung, leistungsfähig in der Produktion..5 Bewertung einzelner Standortfaktoren durch die Unternehmen ....................................... 7 a) Infrastruktur ................................................................................................................. 7 i) Straßennetz ............................................................................................................ 7 ii) Breitbandanbindung ............................................................................................... 8 b) Steuern, Abgaben, Bürokratie ..................................................................................... 9 c) Kaufkraft, Wirtschaftsklima, Lebensqualität ................................................................ 9 d) Regionalmarketing ...................................................................................................... 9 Maßnahmen/Vorschläge zur Standortverbesserung ........................................................ 10 a) Infrastruktur/Verkehr ................................................................................................. 10 b) Steuern und Abgaben, Bürokratie............................................................................. 11 c) Fachkräfte/Demographischer Wandel, Aus- und Weiterbildung, Hochschulen ........ 11 d) Regionalmarketing/Standortattraktivität .................................................................... 11 e) „Hausaufgaben“ der Unternehmen ........................................................................... 12 f) Einbindung der Wirtschaft durch regionale Entscheider aus Politik und Verwaltung . 12 Schlussbemerkung/Fazit ..................................................................................................... 13 2
Vorwort Im Frühjahr 2012 entschied sich der Beirat der IHK-Geschäftsstelle Montabaur, für den Rhein-Lahn-Kreis ein Positionspapier zur Lage und Entwicklung des Kreises als Wirtschaftsstandort und dessen relevanter Faktoren zu erarbeiten. Die Qualität von Standortfaktoren ist maßgeblich für die Attraktivität von (potenziellen oder bereits tatsächlich genutzten) Standorten für Unternehmen verantwortlich und beeinflusst diese damit bei ihrer Standortwahl – einschließlich der Entscheidung, einen Standort zu verlassen oder weiterzuentwickeln. Die räumlichen Unterschiede in der Ausprägung von Standortfaktoren führen zu einer Differenzierung von deren Qualität, insbesondere von Kosten und/oder Erlösen der wirtschaftlichen Tätigkeit. Dabei gibt es deutliche Unterschiede in der Bewertung der Wichtigkeit der einzelnen Standortfaktoren durch die Unternehmen (branchen- und größenspezifische Unterschiede). So genannte harte Standortfaktoren (z. B. Infrastruktur, Steuern, Abgaben, Subventionen, Absatzmarkt, Arbeitskräftepotential, Ressourcenverfügbarkeit etc.) sind quantifizierbar und können direkt in die Markt- und Standortanalyse für ein Unternehmen mit einbezogen werden. Sie können zur Ermittlung der wirtschaftlichen Tragfähigkeit von Standorten genutzt werden, da sie engere betriebswirtschaftliche Kosten- und Umsatzrelationen beinhalten. Diese harten Standortfaktoren sind in manchen Fällen auch eine unabdingbare Voraussetzung zur Errichtung eines Unternehmens. Weiche Standortfaktoren (z. B. Kulturangebot, Freizeitmöglichkeiten und Bildungsangebot) die für die Anwerbung hoch qualifizierter Mitarbeiter entscheidend sind, können hingegen nicht unmittelbar in die Kosten- Nutzen-Rechnung eines Unternehmens integriert werden, wachsen aber in ihrer Bedeutung für den Unternehmenserfolg mittel- bis langfristig immer mehr. Im zunehmenden europäischen Wettbewerb der Regionen sehen sich Kommunen eines Lebens- oder Wirtschaftsraumes vor die Herausforderung gestellt, die eigenen attraktiven Standortfaktoren durch regionsweit abgestimmte Maßnahmen zu bewerben. Das gilt natürlich auch für den Rhein-Lahn-Kreis. Die Beiräte der IHK-Geschäftsstelle Montabaur erörterten sowohl die Lage als auch Perspektiven des Rhein-Lahn-Kreises im Rahmen eines Workshops im Sommer 2012, in Gesprächen und Beiratssitzungen. Hinzugezogen wurden von den Mitgliedern dieses Unternehmergremiums neben den eigenen Erfahrungen und Erkenntnissen auch aktuelle Daten sowie Untersuchungen der jüngeren Vergangenheit, so z.B. auch die Ergebnisse der umfangreichen Standortanalyse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz für das nördliche Rheinland-Pfalz aus dem Jahre 2007. Ziel dieser Arbeit war es, die Stärken und Schwächen des Wirtschaftsstandortes Rhein- Lahn-Kreis herauszuarbeiten und Perspektiven mit konkreten Maßnahmen und Ansatzpunkten aus Sicht der Praktiker (Unternehmen) der Region zu entwickeln, um diesen fit für die Zukunft zu machen. Montabaur, im Sommer 2013 Susanne Szczesny-Oßing Frank Klein Vizepräsidentin Vorsitzender des Beirats Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz IHK-Geschäftsstelle Montabaur 3
Der Rhein-Lahn-Kreis im Überblick Im Rhein-Lahn-Kreis leben 122.000 Menschen in 137 Gemeinden und Städten auf einer Fläche von 780 km2 (Stand 31.12.2011). Fast die Hälfte des Kreisgebiets ist Waldfläche, gut 12 Prozent sind Siedlungs- und Verkehrsflächen. Der Rhein-Lahn-Kreis ist – wie die meisten rheinland-pfälzischen Kreise – im Rahmen der Gebietsreform von 1969 durch Zusammenschluss zweier Kreise (Loreley- und Unterlahnkreis) entstanden. Dieser neu gebildete Kreis, dessen Verwaltung damals von St. Goarshausen und Diez nach Bad Ems verlegt wurde, umfasst das rechtsrheinische Gebiet mit der Lahnmündung, den Verlauf der Lahn bis Diez kurz vor Limburg, die südlichen Ausläufer des Westerwaldes zum Lahntal hin und das nördliche Hochland des Taunus zwischen Rhein und Aar. Rhein, Lahn und Taunus, die Welterben "Oberes Mittelrheintal" und "Limes", der Rheinsteig, die Loreley, idyllische Städte und Gemeinden, aktiver Mittelstand, kulturelle Highlights – das alles und mehr kennzeichnet diesen Landkreis. Emser Pastillen, Staatlich Fachingen, Leifheit, Kaiser-Backformen und andere bekannte Namen verleihen dem Wirtschaftsstandort Rhein-Lahn-Kreis durchaus überregionale Bedeutung. Aufgeschlossen und modern will man sich präsentieren. Großbetriebe gibt es kaum, es dominiert der Mittelstand. Die Wirtschaftsbeziehungen des Rhein-Lahn-Kreises reichen in drei Hauptrichtungen: Die Region rund um Lahnstein ist stark zur unmittelbar benachbarten Großstadt Koblenz orientiert, der Raum rund um Nastätten wird geprägt durch rege Beziehungen nach Wiesbaden, bedingt auch in die Landeshauptstadt Mainz und die Gegend rund um Diez ist eng mit dem Raum Limburg verknüpft, nicht zuletzt auch wegen des dortigen ICE-Haltepunktes Limburg-Eschhofen. Die Region rund um Bad Ems/Nassau hat sich in den letzten Jahren hingegen stärker zum Westerwald geöffnet – hier wiederum auch wegen des in Montabaur angesiedelten ICE-Bahnhofes. Hohe Arbeitsmoral, niedrige Arbeitslosenzahl – so lässt sich kurz und bündig die Situation am Arbeitsmarkt im Rhein-Lahn-Kreis skizzieren. Der Bezirk der Agentur für Arbeit Montabaur, zu dem auch der Rhein-Lahn-Kreis gehört, weist seit Jahren eine vergleichsweise moderate Arbeitslosenquote auf. In den letzten zwei Jahren lag diese um die vier Prozent und teilweise darunter – deutlich unter der in Land und Bund. 4
Die Wirtschaft im Kreis: Stark in der Dienstleistung, leistungsfähig in der Produktion Von den fast 7.200 Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung sind 88 Prozent im Handels- und Dienstleistungsbereich/Gastgewerbe und fast 10 Prozent im produzierenden Gewerbe angesiedelt. Rund 72 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten arbeiten in den Bereichen Handel, Gastgewerbe und sonstige Dienstleistungen, fast 27 Prozent im produzierenden Gewerbe. In 162 Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen mit 20 und mehr Beschäftigten arbeiten rund 8.000 Menschen. Der Rhein-Lahn-Kreis ist industriell weniger stark ausgeprägt als der Durchschnitt der rheinland-pfälzischen Landkreise. Es sind vor allem die Familienbetriebe aus Handwerk, Handel und Dienstleistung, die das Rückgrat der heimischen Wirtschaft bilden. Die große Zeit des Abbaus von Erzen und Schiefer ging vor 40 Jahren zu Ende. Im industriellen Mittelstand prägen nun Betriebe der Chemie, des Kunststoffbereichs, der Elektrotechnik, der Feinmechanik, der Herstellung von Eisen- und Metallwaren, des Maschinenbaus, des Holz-, Papier- und Druckgewerbes und besonders der Medizintechnologie das Bild. Die zunehmende Konzentration zu größeren Einheiten führt im Rhein-Lahn-Kreis wie auch andernorts zu einer Verminderung der Handelsbetriebe. Regionale Zentren des Handels sind neben der Stadt Lahnstein Bad Ems, Diez und in den letzten anderthalb Jahrzehnten verstärkt auch Nastätten. Der Dienstleistungssektor hat sich im vergleichsweise industrieschwachen Rhein-Lahn-Kreis eine herausragende Position erobert. Rund die Hälfte aller kreisweiten Arbeitsplätze ist in privaten und öffentlichen Dienstleistungsbetrieben eingerichtet. 68 Prozent der Bruttowertschöpfung im Kreis wird im Dienstleistungsbereich generiert, gut 31 Prozent im produzierenden Gewerbe und nur 1,3 Prozent in der Land- und Forstwirtschaft. 2010 betrug das Bruttoinlandsprodukt des Kreises zu Marktpreisen ca. 2,5 Mrd. EURO – 3,9 Prozent mehr als im Vorjahr. In 32 Gewerbegebieten der sieben Verbandsgemeinden des Rhein-Lahn-Kreises und der Stadt Lahnstein sind rund 100 Hektar Gewerbeflächen verfügbar. 5
Seit 2003 ist im Kreis der negative demographische Trend deutlich spürbar. In den letzten Jahren nimmt die Bevölkerung um jährlich fast 1.000 Personen ab. Das zeigt sich auch sehr deutlich an der Zahl der schulpflichtigen Kinder im Rhein-Lahn-Kreis: Waren es im Schuljahr 2005/06 noch 15.357, so sank diese Zahl im Schuljahr 2011/12 um über 12 Prozent auf 13.420. Bei den Berufsbildenden Schulen reduzierte sich die Zahl der Schülerinnen und Schüler im gleichen Zeitraum um lediglich 3,6 Prozent auf 2.532. Hier wirken sich wegen des verzögerten Schuleintritts die vergleichsweise geburtenstarken Jahrgänge noch relativ positiv auf die Entwicklung aus. In den kommenden Jahren wird jedoch der vorauseilende Trend aus den allgemein bildenden Schulen auch hier deutlicher hervortreten (Quelle: Statistisches Landesamt Rheinland-Pfalz, Bad Ems). 6
Bewertung einzelner Standortfaktoren durch die Unternehmen Im Jahr 2007 gaben lediglich 57 Prozent der im Rahmen einer IHK-Standortanalyse im Kreis befragten Unternehmen an, den Rhein-Lahn-Kreis als Standort weiterempfehlen zu können – die drittletzte Stelle im Ranking der Kreise des nördlichen Rheinland-Pfalz. Kein guter Wert für eine Region mit idyllischen Städten und Gemeinden, einem aktiven Mittelstand und kulturellen wie landschaftlich herausragenden Highlights – zumal man in den letzten Jahren nicht untätig war, um den Rhein-Lahn-Kreis künftig auch als attraktiven Wirtschaftsstandort fit zu machen. Insbesondere die Kreisverwaltung hat den Nachholbedarf gerade in der Verkehrsinfrastruktur im Fokus. An dieser Stelle seien vor allem die von der IHK Koblenz unterstützten Bemühungen für den Bau einer Rheinquerung bei St-Goarshausen-St.Goar genannt. Die Anpassung der Verkehrsinfrastruktur an die Erfordernisse der Zukunft durch den Aus- und Neubau von Verkehrswegen im Kreis rangiert ganz oben auf der Agenda der Unternehmen in Sachen Standorteinschätzung. Insbesondere für das produzierende bzw. verarbeitende Gewerbe sind die verkehrliche Erreichbarkeit und die hierdurch größere Nähe zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten von entscheidender Bedeutung. Keine Frage: Die topographischen Rahmenbedingungen im Kreis mit teilenden Flussläufen, Bergen und verschlungenen Tälern machen die Aufgabe nicht leicht. Gleichwohl: Sie muss angegangen werden! a) Infrastruktur i) Straßennetz Immer wieder wird von den Unternehmen der Themenkomplex „Mittelrheinbrücke“ in Verbindung mit den schlechten Fährverbindungen über den Rhein angesprochen. Ebenfalls thematisiert: Nicht ausreichende ÖPNV-Verbindungen von und zu den Höhenlagen im Kreis. Zudem seien – verkehrsbedingt und je nach Jahreszeit – die Straßenverbindungen zu den benachbarten Zentren Wiesbaden-Mainz, aber auch teilweise in den Raum Koblenz wegen des hohen Verkehrsaufkommens (Touristik), dem Straßenverlauf, der Straßenbeschaffenheit und der Zeitverluste relativ schlecht nutzbar. Höchste Priorität hat daher aus Sicht der Wirtschaft weiterhin eine leistungsfähige Rheinquerung bei St. Goarshausen–St. Goar (Präferenz: Brücke). Sowohl die B 260 als auch die L 335 müssen entsprechend den Erfordernissen (Entschärfung, zusätzliche Spuren, Ortsumgehungen) ausgebaut und modernisiert werden. Die kommunal Verantwortlichen sollten sich auch für den Ausbau der B 260 Richtung Wiesbaden einsetzen und dabei verstärkt Kontakte nach Hessen nutzen. Von hoher Bedeutung für die Wirtschaft ist auch die Verankerung der B 274 in der Landesplanung und deren Ausbau als überregional verbindende Verkehrsachse zwischen dem Raum Limburg-Weilburg-Diez mit der A 3 zum Rheintal nach St. Goarshausen zur künftigen Rheinquerung und dem Anschluss zur A 61 bzw. dem Flughafen Frankfurt-Hahn. Zusammen mit der hessischen Seite sollte man sich für eine leistungsfähige Verlängerung der B 274 ab Zollhaus über Burgschwalbach Richtung Autobahnanschluss Bad Camberg zur A 3 einsetzen. Damit wäre auch eine bessere Anbindung des Raums Nastätten und Katzenelnbogen an eine der wichtigsten Autobahnen der Bundesrepublik möglich. Nicht zuletzt auch im Interesse der Wirtschaft im Raum Diez und Hahnstätten wäre eine ver- stärkte Initiative auch der kommunalen Ebene gemeinsam mit Limburg/dem Land Hessen zur Realisierung der Südumgehung Limburg (B 54) für eine bessere Anbindung an den ICE- Bahnhof Limburg-Eschhofen und auch hier zur A 3. 7
ii) Breitbandanbindung Der Ausbau von Internet-Breitbandverbindungen hinkt im Rhein-Lahn-Kreis dem erforderlichen Bedarf vielfach weit hinterher. Zusammen mit ihrer Geschäftsstelle in Montabaur hatte die IHK Koblenz im Oktober 2012 eine Blitzumfrage zum Bedarf an „schnellem DSL“ im Kreis durchgeführt. Ergebnis: In fast allen Kommunen ist die Situation suboptimal. Vor allem die Gewerbetreibenden auf den Höhenlagen entlang des Rheins und auf dem Taunus melden großen Bedarf: In den Verbandsgemeinden Nastätten, Katzenelnbogen und Nassau geben über 90 Prozent der Unternehmen an, dringend auf schnelle Internetverbindungen angewiesen zu sein. Tatsächlich zufrieden mit der verfügbaren Grundversorgung ist jedoch nur ein kleiner Teil der Befragten, mancherorts sind es sogar weniger als fünf Prozent. Auch in den Verbandsgemeinden Bad Ems, Diez und Loreley steht einer starken Nachfrage kein entsprechend leistungsfähiges Netz gegenüber. Selbst dort, wo gegenwärtig noch gute Bedingungen herrschen, befürchten offenbar viele Unternehmen, dass die Bandbreite für den wachsenden Bedarf von Morgen nicht mehr ausreicht. Wenig Zuspruch bei den Unternehmen finden Funklösungen wie das gegenwärtig stark ausgebaute LTE. Hier werden vor allem die monatliche Volumenbegrenzung und teilweise niedrige Übertragungsraten bei hoher Auslastung bemängelt. Die vom Kreis kürzlich angestoßene „Breitband-Initiative“ wird seitens der Wirtschaft begrüßt. Zwar ist das Ziel, an jedem Ort mindestens 30 Mbit/s Bandbreite bereitzustellen, angesichts der derzeitigen Versorgungslage recht ambitioniert, aber der zu erwartenden Entwicklung angemessen. Wie man der örtlichen Presse entnehmen konnte, soll zunächst in Kooperation mit dem Breitband-Projektbüro aus Mainz eine Bedarfserhebung durchgeführt und auf dieser Basis dann eine Machbarkeitsstudie erstellt werden. Mit konkreten Ergebnissen wäre demnach frühestens Ende des Jahres zu rechnen. Wann und wo dann tatsächlich erste konkrete Ausbauprojekte in Angriff genommen werden sollen – das scheint jedoch eher in weiter Ferne zu liegen. Es ist sicherlich kein Fehler, sich einen Überblick zu verschaffen, die unterschiedlichen örtlichen Gegebenheiten zu kartieren und darauf aufbauend ein Konzept für möglichst wirtschaftliche und zukunftsträchtige Lösungen zu erarbeiten. Was die Unternehmen dabei enttäuscht, ist, dass diese Strategie zu einseitig ausgerichtet scheint und dabei alternative Ausbaumaßnahmen, die auf lokaler Ebene teilweise recht kurzfristig realisierbar wären, nicht ausreichend fokussiert werden. Auch wenn EU-Richtlinien und andere rechtliche Einschränkungen Hürden aufbauen, zeigen findige Gemeinden, wie man auf unkonventionellem Weg erfolgreich sein Ziel erreicht. So hat beispielsweise Bogel (VG Nastätten) mit Hilfe des örtlichen Verkehrsvereins ein Ausbauprojekt für die gesamte Ortsgemeinde initiiert. Bei solchen ‚Vor-Ort-Projekten‘ würde man sich auch seitens des Kreises bzw. seiner Wirtschaftsförderung mehr Engagement wünschen. Generell besteht der Eindruck, dass es keine erkennbaren administrativen und organisatorischen Strukturen gibt, die die strategische Planung auf Kreisebene und operative Maßnahmen in den Verbandsgemeinden zeitnah verzahnen und koordinieren könnten. Der Aufbau einer diesbezüglichen Organisation, im Vorfeld und parallel zu den Erhebungen sicherlich sinnvoll, ist bislang offensichtlich nicht erfolgt. Zu denken wäre hier an die Gründung von Zweckgesellschaften oder public-private-partnerships (ppp), wie es der Landkreis Cochem-Zell bereits 2011 exemplarisch vorgemacht hat. Die Bedürfnisse der Wirtschaft des Kreises, wenn es um eine leistungs- und zukunftsfähige Breitbandanbindung geht, sind die eine Seite der Medaille. Nicht vergessen werden darf, dass auch die privaten Haushalte eine entsprechende Infrastruktur benötigen! Nicht nur für die jüngere Generation ist der Zugang zu schnellem Internet mit hohem Datendurchsatz ein Muss. Ob Video-on-demand oder Fernsehsendungen als Live Stream – mit neuen Glasfaseranschlüssen können die Menschen ganz neue Kommunikationsmöglichkeiten erleben und nutzen. Doch die moderne Technologie bietet viel mehr als eine schnelle 8
Internetverbindung, denn sie steigert auch langfristig den Wert einer Immobilie – und das ist ebenfalls ein eminent wichtiger Standortaspekt. b) Steuern, Abgaben, Bürokratie Hinsichtlich der Höhe von Steuern und Abgaben (Gewerbesteuer, Grundsteuer sowie Gebühren und Abgaben) sind die Unternehmen im Kreis ebenfalls sensibilisiert. Hintergrund sind die immer wieder spürbaren Tendenzen von Gebietskörperschaften, an der „Einnahmeschraube zu drehen“ statt die Ausgabenseite mehr unter die Lupe zu nehmen. Bei manchen Standortfaktoren, wie z.B. der Dauer von Genehmigungsverfahren und dem Abbau von Verwaltungsauflagen, die in der Regel für die Unternehmen eine große Rolle spielen, hat sich der Unzufriedenheit zwischenzeitlich eine gewisse Resignation hinzugesellt. Eine 2007 erstellte Standortmatrix für den Rhein-Lahn-Kreis und die darin erkennbare Positionierung der Faktoren im Spannungsfeld zwischen Wichtigkeit und Zufriedenheit machte deutlich, dass bei den Standortkosten (Strom-/Gaspreise, Wasser-/Abwassergebühren, Müll- /Entsorgungsgebühren und Grund-/Gewerbesteuer) seitens der Unternehmen größerer Handlungsbedarf gesehen wird. Dies gilt tendenziell auch für einige Bereiche, die in der Verantwortung der kommunalen Verwaltung liegen (Abbau von Verwaltungsauflagen, Dauer von Genehmigungsverfahren). Aus Sicht der Unternehmen könnte die Kooperationsbereitschaft in diesen und anderen wirtschaftsrelevanten Fragen ausgeprägter sein. So werden auch Umwelt-, Naturschutz- und Landespflegeauflagen teilweise als zu streng, überzogen und ideologieüberfrachtet empfunden. c) Kaufkraft, Wirtschaftsklima, Lebensqualität Die Handelsunternehmen bemängeln eine schwächelnde Kaufkraft in der Region – u.a. bedingt durch den spürbaren demographischen Wandel. Industriebetriebe wünschten sich einen leichteren Zugang zu Forschungs-, Bildungs- und Entwicklungseinrichtungen bzw. Hochschulen „vor den Toren“ den Kreises. Mehr Kontakte und eine bessere Vernetzung mit Hochschulen in den Umlandregionen mit stärkerer Unterstützung seitens der Kommunalpolitik wären sinnvoll. Als verbesserungswürdig empfindet man bei den Unternehmen im Kreis das allgemeine Wirtschaftsklima. Als gut wird das Image des Standorts Rhein-Lahn und dessen Prestige eingeschätzt. Deutliche Potenziale im Bereich der Wirtschaftsförderung sieht man in der Unterstützung beim Aufbau und in der Pflege von Branchenclustern und Netzwerken (Beispiel: Kunststoffbe- und verarbeitendes Gewerbe, Medizintechnik, Tourismus). Lebendige Netzwerke werden als sehr wichtiger Standortfaktor eingeschätzt. Hier sind aber auch und vor allem die Unternehmen selbst gefordert, bestehende „innere Hürden“ zu überwinden. Positiv sehen die Unternehmen im Kreis das Wohnumfeld, die Umweltqualität sowie das Erholungs-, Kultur- und Freizeitangebot, wo hingegen die modernen Freizeit- und Vergnügungsmöglichkeiten für junge Menschen als verbesserungswürdig angesehen werden. Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und zunehmender Abwanderungstendenzen jüngerer Altersgruppen – vor allem im Rheintal – ist dies ein wichtiger Fingerzeig. d) Regionalmarketing Der Wirtschaftsstandort Rhein-Lahn-Kreis und sein Erscheinungsbild müssen auf dem Wege eines strukturierten Regionalmarketings weiter gestärkt werden – begleitet von einer professionellen Außendarstellung über Themenfelder (z.B. Tourismus, Gesundheit). Wichtig ist hierzu zunächst einmal die Erstellung eines Standortprofils (Ist-Profil) und das Identifi- 9
zieren der Entwicklungspotenziale. Es müssen Zielvorstellungen bzw. ein Leitbild für den Rhein-Lahn-Kreis bis 2020 (Soll-Profil) und darüber hinaus formuliert werden, die auch die Bedeutung der regionalen Wirtschaft berücksichtigen. Hieraus lassen sich dann Maßnahmen zur Erreichung des Soll-Profils ableiten. Das beinhaltet aber auch den Entwurf zukunftsfähi- ger Konzepte für Einzelthemen, wie zum Beispiel kommunale/interkommunale Einzelhan- delskonzepte und ein Verkehrskonzept unter Berücksichtigung der Vernetzung des in einer ländlichen Region unverzichtbaren Individualverkehrs mit einem bezahlbaren ÖPNV. Die kürzlich initiierte Erarbeitung eines Kreisentwicklungskonzepts (KEK) wird von der regionalen Wirtschaft begrüßt. Voraussetzung für dessen Erfolg wird aber sein, dass ganz konkrete, handfeste Maßnahmen erarbeitet und konsequent umgesetzt werden – und wirtschaftsrelevante Standortfaktoren hierin Berücksichtigung finden. Sich alleine auf die Schönheiten von Landschaft und Natur zu konzentrieren, wird nicht ausreichen, um den Kreis lebendig, lebenswert und damit zukunftsfähig zu halten. Maßnahmen/Vorschläge zur Standortverbesserung Als sehr wichtig schätzen die Unternehmen die für den jeweiligen Wirtschaftsbereich relevante Standortqualität ein. Unternehmen aus Industrie und Transportwirtschaft/Verkehr halten die Rahmenbedingungen für teilweise gerade mal ausreichend. Negativ wirken hier Defizite in der für die Logistik wichtige Verkehrsinfrastruktur des Kreises, damit verbundene Probleme der Erreichbarkeit, Umweltauflagen und die Schwierigkeiten, wenn es um geeignete Flächen für die Erweiterung oder gar Neuansiedlung geht. Der Handel, der Dienstleistungssektor und der Tourismus sind mit den für diese Wirtschaftsbereiche relevanten Faktoren eher zufrieden, wobei auch hier „Luft nach oben“ signalisiert wird. Seit der „Inbetriebnahme“ des RheinSteigs erfährt auch der Rhein-Lahn-Kreis eine kleine Tourismus-Renaissance. Mit dem zweiten Welterbe-Standort „Limes“ ist in der Zwischenzeit noch mehr Potenzial erwachsen. Die Radwanderwege werden ausgebaut, Wandern, Nordic- Walking und Wellness- und E-Bike-Angebote bieten neue Möglichkeiten. Nachfolgend werden schlagwortartig die seitens der regionalen Wirtschaft identifizierten sechs Handlungsfelder aufgelistet, um den Rhein-Lahn-Kreis als Wirtschafts-, Wohn- und Lebensstandort auch in Zukunft attraktiv zu halten: a. Infrastruktur/Verkehr i. Verbesserte Zugänge zu den Bundesautobahnen der der Region: A 3, A 61 und 66. Im Zuge dessen bleibt der Bau der Mittelrheinbrücke bei St. Goarshausen und St. Goar ganz oben auf der Agenda. Außerdem ist der Ausbau der B 274 ab St. Goarshausen über Nastätten, Katzenelnbogen, Burgschwalbach zum Autobahnanschluss Bad Camberg wichtig. ii. Den Bau der Brücke über den Mittelrhein bei St. Goarshausen–St. Goar. iii. Ausbau der B 260 über die hessisch-rheinland-pfälzische Landesgrenze hinweg bis zur A 66 bei Wiesbaden. Ziel: Die Anbindung der Höhenlagen verbessern. iv. Verstärktes Hineinwirken des Kreises zum Nachbarn Limburg, um im Verlauf der B 54 nach vielen Jahrzehnten endlich eine leistungsfähige Südumgehung der Stadt mit besserem Anschluss zum ICE-Bahnhof Limburg-Eschhofen und der A 3 zu ermöglichen. v. Weiterer Ausbau der L 335 zwischen Nastätten/Miehlen und Braubach, um diese Strecke von den bisherigen Engpässen und Gefahren zu befreien. 10
vi. Fortsetzung der Bauarbeiten für den durchgängigen Radweg am Rhein entlang der B 42 und an der Lahn, um zum einen den motorisierten Verkehr zu entzerren und zum anderen den touristischen Wert der Region zu steigern. vii. Verstärkte Bemühungen beim Ausbau der Breitband-/DSL-Netze im Kreis und besonders auf den bisher nur lückenhaft versorgten Höhenlagen. Wichtig: Nachhaltigkeit dieser Bemühungen, denn die Bedürfnisse der Nutzer in Wirtschaft und Bevölkerung steigen mit fortschreitender technischer Entwicklung auf diesem Gebiet. Ein einmal realisierter Anschluss an DSL light darf nicht das Ende sein. viii. Konzertierte Aktion von Nutzern, Wirtschaft, Bestellern und Betreibern des ÖPNV, um diesen auch im ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen. Ziel: Erarbeiten von Konzepten, um einen bezahlbaren, attraktiven ÖPNV – inkl. Bahnverkehre – sowie dessen Vernetzung in der Region (auch mit dem Pkw) zu ermöglichen und neben dem Individualverkehr die Menschen der Region in Zukunft auch hierüber mobil zu halten. Dabei könnten auch ppp-Initiativen von Unternehmen und Gebietskörperschaften, z.B. über Pendler-Shuttle-Services, angedacht werden. Das für die Beteiligten und Betroffenen gleichermaßen komplizierte wie unangenehme Thema „ÖPNV der Zukunft“ muss ernsthaft behandelt werden. b. Steuern und Abgaben, Bürokratie i. Verstärkung des ökonomischen Prinzips im Ausgabeverhalten der Kommunen. ii. Ausschöpfen der Sparpotenziale in den Kommunen auch unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, durch verstärkte interkommunale Zusammenarbeit (gemeinsame Vorhaben) und Nutzung privater Dienstleister Effizienzsteigerungen zu ermöglichen. iii. Anregung in diesem Zusammenhang: Stärkere Netzwerkbildung zwischen den Kommunen/Gebietskörperschaften. iv. Regelmäßiger, institutionalisierter Austausch von Unternehmen + Kommunen auf VG- und Kreis-Ebene (Themen: Gesprächsklima verbessern, Bürokratieabbau vor Ort, Finden kürzerer Genehmigungswege, Vereinfachung von Steuerberechnungen, bessere Feedbackkultur auf beiden Seiten). v. Grundsätzlich: Mehr Mut und Zeit zum Miteinander zwischen Wirtschaft und Verwaltung vor Ort. c. Fachkräfte/Demographischer Wandel, Aus- und Weiterbildung, Hochschulen i. Unternehmensübergreifende Ausbildung, Aus- und Weiterbildungsnetzwerke. ii. Bildungsprogramme für die Jugend und Generation 50 plus. iii. Nachwuchsförderung schon in Kita und Grundschule. iv. Schaffung von mehr Transparenz bei den Möglichkeiten nach Schulabschluss (Mittlere Reife, Abitur) mit Blick auf Studienangebote. v. Verstärkte Werbung für vorhandene Börsen (Praktika, Ausbildungsplätze, Studienarbeiten etc.). vi. Engere Zusammenarbeit von Unternehmen mit Hochschulen des Umlandes. vii. Flexiblere Arbeitszeitmodelle zur Förderung der Weiterbildung (berufsbegleitende Qualifikation/Aufstiegsfortbildung, z.B. Duales Studium). viii. Stärkere Werbung für duale Studienangebote in der Region. 11
d. Regionalmarketing/Standortattraktivität i. Region und ihre Stärken intensiver und professioneller nach Innen und Außen vermarkten. ii. Erstellung eines Regionalmarketing-Konzepts für die nächsten 10 Jahre (Stärken, Schwächen, Positionierung, Definition der Ziele, Maßnahmen). iii. ppp-Aktivitäten in Sachen Regionalmarketing – auch Unternehmen können Marketing- Botschafter sein (z.B. Präsentation des heimatlichen Standorts und seiner Umgebung auf internationalen Messen). iv. Mehr Attraktivität schaffen – die Jugend in der Region halten. v. Bahnlärm-Problematik im Mittelrheintal mit einer Perspektive versehen (1. Übergangslösungen, 2. Langfristlösungen); bisher keine nachvollziehbare Struktur der mittel- und langfristigen Lösung des Problems erkennbar. Wichtig: Weg von der zwar verständlichen, jedoch mittlerweile Image-schädigenden Protest-Kultur der Betroffenen im Mittelrheintal. e. „Hausaufgaben“ der Unternehmen i. Stärkere Netzwerkbildung der Unternehmen untereinander – auch branchenübergreifend.. ii. Mehr Offenheit für Best Practise. iii. Clusterbildung, aber nur dort, wo es sinnvoll ist (Kunststoffbe- und verarbeitendes Gewerbe, Medizintechnik, Tourismus/Hotellerie/Gastronomie) – Ziel: „Über den Tellerrand hinweg schauen und von einander lernen bzw. profitieren“. iv. Auflösung vermeintlicher Konfliktpotenziale zwischen produzierendem Gewerbe und Tourismuswirtschaft – Gemeinsamkeiten stärken (Geschäftsreisende, Unternehmen der Region als Kunden/Gäste etc.). v. Investitionsstau und Nachfolgeproblematik in der Gastronomie/Hotellerie verstärkt mit Informations- und Hilfeprogrammen angehen – „Tourismuskonzept Rhein-Lahn 2020“. vi. Welterbe Limes und Mittelrhein-Tal, Lahn, Rhein, Taunushöhen und Rheinsteig noch stärker bewerben, Angebote miteinander vernetzen, Gastgewerbe noch intensiver einbinden – Abbau der kommunalen „Kirchtürme“ bei den Tourismuseinrichtungen. Ziel: Mehr Mit- statt Nebeneinander! f. Einbindung der Wirtschaft durch regionale Entscheider aus Politik und Verwaltung i. Regelmäßiger Austausch zwischen Wirtschaft/Unternehmen, Politik und Verwaltung auf Kreis- und VG-Ebene. ii. Konkrete Projekte auf Kommunalebene gemeinsam angehen, ggfs. mit einem ppp- Modell. iii. Gemeinsame Veranstaltungen/Informationsrunden/Betriebsbesichtigungen und Projekt-Workshops von Wirtschaft und Verwaltung vor Ort. 12
Schlussbemerkungen/Fazit Vor Jahren brachte es ein Unternehmer aus dem Kreis provozierend und pointiert auf den Punkt: „Wir werden mit Blick auf unsere landschaftlichen Reize und die Naturschätze in Schönheit sterben und es dabei versäumen, den Wirtschaftsstandort und Lebensraum Rhein-Lahn für die Menschen zu entwickeln.“ Zugegeben, eine überzogene Einschätzung, zumal in den letzten Jahren eine Menge getan wird, um den Rhein-Lahn-Kreis künftig auch als attraktiven Wirtschaftsstandort fit zu machen. Insbesondere die Kreisspitze hat den Nachholbedarf und die Versäumnisse gerade in der Verkehrsinfrastruktur erkannt und setzt viel Kraft ein, um hier Perspektiven zu bieten – zweifelsohne eine schwere Aufgabe vor dem Hintergrund leerer Kassen in den Gebietskörperschaften vor Ort. Die Anpassung der Verkehrsinfrastruktur an die Erfordernisse der Zukunft rangiert ganz oben auf der Agenda der Unternehmen in Sachen Standorteinschätzung. Gerade für das produzierende Gewerbe ist die verkehrliche Erreichbarkeit des Unternehmens und die hierdurch größere Nähe zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten von entscheidender Bedeutung. Keine Frage: Die topographischen Rahmenbedingungen mit teilenden Flussläufen, steilen Bergen und engen Tälern machen die Aufgabe nicht leicht. Die Unternehmen im Rhein-Lahn-Kreis wurden auch hinsichtlich der Zufriedenheit und Wichtigkeit zu spezifischen Infrastrukturprojekten gefragt. Es ging dabei vor allem um eine Rheinbrücke bei St. Goarshausen–St. Goar, die Bundesstraße B 260 (Bäderstraße) und die Landesstraße L 335 zwischen Nastätten und Braubach. Auffallend ist die für die Wirtschaft große Bedeutung der sich durch den Kreis wie eine Versorgungsader ziehenden B 260 – und die deutliche Unzufriedenheit über deren Ausbauzustand. Das Ergebnis unterstreicht die Notwendigkeit des Ausbaus dieses Verkehrsweges mit wechselseitigen Überholspuren und Ortsumgehungen. Besonders wichtig ist und bleibt den Unternehmen und Menschen der Region eine Rheinbrücke bei St. Goarshausen–St. Goar. Entfernungen virtuell schnell und mit Volumen überbrücken zu können, setzt eine flächendeckende Breitbandversorgung voraus. Im Rhein-Lahn-Kreis wird dies von den Unternehmen als sehr wichtiger Standortfaktor erkannt. Ohne flächendeckende Breitbandversorgung keine Zukunft als Wirtschaftsstandort! Überdurchschnittlich große Probleme gibt es offensichtlich bei der Rekrutierung von Experten und Führungskräften im kaufmännischen wie auch gewerblich-technischen Sektor. Die Betriebe tun sich schwer, inner- und außerhalb der Kreisgrenzen entsprechendes Personal zu gewinnen – trotz der teilweise sehr attraktiven „weichen“ Standortfaktoren: Handlungsbedarf für die Verantwortlichen in Politik, Verwaltung als auch der Wirtschaft. Um den Rhein-Lahn-Kreis mit seinen Attraktionen auch künftig als erfolgreichen Tourismusmagnet positionieren zu können, ist es erforderlich, dass 1. die Akteure vor Ort (Hotellerie, Gastronomie, Tourismuswirtschaft insgesamt, Tourismus-Marketing in den Gebietskörperschaften) enger miteinander kooperieren; 2. über den Tellerrand des eigenen Betriebes und der lokalen Tourist-Info hinaus geschaut wird. Es sind die Attraktionen der weiteren Region (ca. 60 Pkw-Min.), die vermarktet werden müssen, um Menschen für den Urlaub hier zu gewinnen und die Verweilzeiten zu erhöhen. Das gilt für die Höhenlagen des Kreises ebenso wie für die Flusstäler – auch flussquerend! 3. dem nach wie vor weit verbreiteten Investitionsstau im Gastgewerbe mit Informationen zu Finanzierungsmöglichkeiten, Unternehmensnachfolgeregelungen und moderner Vermarktungspraxis begegnet wird. 13
Aus Sicht der Praktiker, der vor Ort aktiven Unternehmen stellt sich der Wirtschaftsstandort Rhein-Lahn-Kreis als attraktive Region mit noch ungenutzten Potenzialen dar. Seine gute Lage zwischen den Ballungsgebieten Rhein-Main, Koblenz-Neuwied und Rhein-Ruhr, die ansprechenden „weichen“ Standortfaktoren (Wohnumfeld, Sicherheit, Natur und Landschaft, etc.) bieten die Grundlage für eine bessere wirtschaftliche Entwicklung und stärkere Profilierung als attraktiver Standort für Unternehmen und zuzugswillige Fachkräfte. Eine erfolgreiche Zukunft im Standortwettbewerb hängt aber vor allem von 1. der besseren verkehrstechnischen Erschließung, 2. einer professionellen überregionalen Standortvermarktung mit Langfristwirkung, 3. mehr Netzwerkaktivitäten und Kommunikation zwischen den Akteuren (Unternehmen untereinander und dieser mit der Verwaltung und Politik vor Ort) sowie 4. einem teilweise erforderlichen „Sinneswandel“ in Politik, Verwaltung, ja in der regionalen Gesellschaft insgesamt in Sachen Wirtschaft, Industrie und deren Akzeptanz ab. Ebenso, wie Wirtschaft nicht alles ist, können Naturschönheiten und Beschaulichkeit nicht die alleinige Perspektive für diesen Kreis mit seinen Potenzialen darstellen. Vor allem: Das eine schließt das andere nicht aus. Wenn Zukunft eine Perspektive ist, dann sollte man in der Gegenwart damit beginnen, sie zu gestalten. Sir Francis von Verulam Bacon (1561 - 1626), englischer Philosoph, Essayist und Staatsmann Montabaur, im Sommer 2013 14
Sie können auch lesen