Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen

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Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen
Stellung der deutschen Sprache
in schwedischen Schulen
Per Åkesson

Institutionen för slaviska och baltiska språk, finska, nederländska
och tyska / Department of Slavic and Baltic Studies, Finnish, Dutch
and German
Examensämne Tyska / Subject German
Kandidatkurs (30 hp) / Graduate programme (30 credits)
Vårterminen / Spring term 2021
Handledare / Supervisor: Anta Kursiša
English title: Position of the German language in Swedish schools
Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen
Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen

Per Åkesson

Abstract
Der Aufsatz untersucht die Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen. Zuvor
war Deutsch nach Englisch die beliebteste Fremdsprache. Jetzt ist es Spanisch.

Der Ziel ist herauszufinden, warum Deutschstudien an schwedischen Schulen abnehmen und
mögliche Maßnahmen. Die Methodik besteht aus einer Expertenbefragung. Die Diskussion
basiert auch auf Medienartikeln, Statistiken und früheren Forschungen.

Gründe und mögliche Maßnahmen für die Beibehaltung der Sprachkenntnisse in Deutsch
werden hier vorgestellt. Die Schlussfolgerung ist jedoch, dass das Interesse an Deutsch weiter
sinken wird.

Keywords
Deutsch, Schule
Inhaltsverzeichnis

Einleitung1
1. Historischer Hintergrund zum DaF in Schweden1
2. Sprach- und bildungspolitischer sowie institutioneller Rahmen für den
heutigen Deutschunterricht in Schweden3
 2.1 Stellung der deutschen Sprache in der Europäischen Union3
 2.2 Schweden – bildungspolitische Entscheidungen bzgl. modernen
 Fremdsprachenunterrichts4
     2.2.1 Skolverket4
     2.2.2 Reichspolitiker5
     2.2.3 Kommunen5
 2.3 Bedarf an Deutsch in Schweden6
 2.4. Rahmenbedingungen für Lehren und Lernen von Deutsch7
     2.4.1 Forschungsstand7
     2.4.2 Institutionelle und personelle Bedingungen7
3.     Methodik10
 3.1. Forschungsfragen und Vorgehen10
 3.2 Vorgehensweise der Expertenbefragung11
 3.3 Analysemethode12
     Analyse von Statistik und früherer Forschung12
     Analyse von Medienartikeln13
     Analyse der Expertenbefragung13
4. Präsentation und Diskussion der Ergebnisse13
 4.1 Warum nimmt das Interesse an Deutsch ab?14
     Diskussion15
 4.2 Motive für mehr Deutschlernen, „pro“:16
     Diskussion16
 4.3 Motive für weniger Deutschlernen/Deutschangebot, „contra“:17
     Diskussion17
 4.4 Maßnahmen, um Deutsch zu fördern18
 Diskussion19
 4.5 Zukunft für Deutsch in Schweden19
     Diskussion19
5. Zusammenfassung und Ausblick20
6. Literaturverzeichnis21
Anhang A: Fragebogen der Umfrage24
Anhang B: Antworten der Umfrage25
 Befragte 1, Deutschlehrer an einer Universität:25
1. Wie ist der heutige Status … ?25
  Original25
  2. Wie sieht die Zukunft aus?26
  Original26
  3. Was sind die Ursachen …?26
  Original26
  4. Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?27
  Original27
  5. Was kann man tun?27
  Original29
Befragte 2, Vertreter, Goethe-Institut, Stockholm:30
  1. Wie ist der heutige Status … ?30
  2. Wie sieht die Zukunft aus?30
  3. Was sind die Ursachen … ?31
  4. Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?31
  5. Was kann man tun?31
Befragte 3, Vertreter, Deutsch-Schwedische Handelskammer, Stockholm:32
  1. Wie ist der heutige Status … ?32
  Original32
  2. Wie sieht die Zukunft aus?32
  3. Was sind die Ursachen …?32
  Original33
  4. Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?33
  Original33
  5. Was kann man tun?34
Befragte 4, Direktor für Ausbildung, Sveriges Kommuner och Landsting:34
  1. Wie ist der heutige Status …?34
  Original34
  2. Wie sieht die Zukunft aus?34
  Original34
  3. Was sind die Ursachen … ?34
  Original35
  4. Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?35
  Original35
  5. Was kann man tun?35
  Original35
Befragte 5, Redakteur, Språktidningen, Stockholm:35
  1. Wie ist der heutige Status … ?35
  Original36
  2. Wie sieht die Zukunft aus?36
  Original36
3. Was sind die Ursachen … ?36
Original36
4. Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?36
5. Was kann man tun?37
Original37
Einleitung
In der aktuellen Diskussion wird manchmal behauptet, dass Deutsch als Kultursprache in
schwedischen Schulen während der letzten Jahrzehnte fast verschwunden ist. Andere meinen,
dass DaF (Deutsch als Fremdsprache) nicht mehr so wichtig ist.
Im Gegensatz zu früher wählen schwedische Schüler eher Spanisch als Deutsch als zweite
Fremdsprache.
Interessanterweise, trotz der abnehmenden Popularität für Deutsch in Schweden, ist das
Schwedische in Deutschland immer noch beliebt. Während die Deutschen in fast allen
Bereichen Schweden romantisieren, sehen die Schweden Deutschland als ein eher
uninteressantes Land an. Es gibt heute mehr Deutsche, die Schwedisch lernen als Schweden,
die Deutsch lernen (Rosén 2014, Rosén 2019, Swartz 2012, Raab 2009 o.S.).
In diesem Aufsatz wird die Stellung der deutschen Sprache in schwedischen Schulen
analysiert. Ziel ist zu verstehen, warum Deutschstudien an schwedischen Schulen abnehmen
und mögliche Maßnahmen. Alle Personenbezeichnungen sind im generischen Maskulinum.

1. Historischer Hintergrund zum
DaF in Schweden
Schon im Mittelalter war Deutsch durch die Hanse eine wichtige Geschäftssprache in Städten
wie Stockholm und Visby (Ericson Wolke 2016 S. 13, 17, 25). Nach dem Kirchengesetz von
1686 sollten alle Schweden selbst die Bibel auf Schwedisch lesen können (Hartman 2005 S.
27). Es wird geschätzt, dass um 1800 etwa 60–80 % der Männer und 40 % der Frauen lesen
konnten (Lundgren & Säljö 2014 S. 51).
Seit 1842 ist in Schweden der Besuch der Schule kostenlos. Eine 6-jährige Volksschule war
obligatorisch. Danach ging nur eine privilegierte Minderheit zu höheren Studien weiter.
Deutsch war die erste Fremdsprache in schwedischen Schulen von 1859 bis 1945 (Björklund
2016 S. 8–10). Gleichzeitig war Deutsch die dominante Kultursprache in Schweden vom 19.
Jahrhundert bis 1945. Seit 1945 hat Englisch diese Rolle. Man könnte annehmen, dass dies

                                             1
nur mit dem Zweiten Weltkrieg zu tun hat, aber so ist es nicht. Schon 1922 und 1938 schlugen
zwei öffentliche Untersuchungen vor, Englisch statt Deutsch als erste Fremdsprache
einzuführen, weil diese Sprache leichter zu lernen sei (Björklund 2016 S. 11). 1945 führte
Schweden eine allgemeine Schulreform durch, wo der Wechsel von Deutsch zu Englisch
stufenweise erfolgte.
Die sozialdemokratische Regierungspartei wollte eine obligatorische 9-jährige Grundschule,
die sogenannte Einheitsschule, einführen, mit Fokus auf die demokratische Entwicklung der
Schüler und gute Ausbildung „für alle Jugendlichen unabhängig von Einkommen und
Wohnort der Eltern“ (Lundgren 2014 S. 89). 1963 wurde die 9-jährige Grundschule
eingeführt und sie ist immer noch die herrschende Schulform. Das damals festgestellte
Fremdsprachenangebot gilt noch heute. Englisch ist die erste Fremdsprache, obligatorisch ab
Klasse 4. Ab Klasse 7 kann man Deutsch oder Französisch als zweite obligatorische
Fremdsprache, die sogenannte B-Sprache, wählen. Seit 1995 ist auch Spanisch wählbar. Die
B-Sprachen Deutsch, Französisch und Spanisch werden in Schweden auch moderna språk
(Moderne Sprachen) genannt.
Seit 1994 ist die B-Sprache nicht mehr obligatorisch, und Schüler mit niedrigen Noten können
stattdessen „extra Englisch“ oder „extra Schwedisch“’ wählen. Es ist bemerkenswert, dass
etwa 80 % der Schüler in der Grundschule eine der B-Sprachen wählen. Wie in der Abb. 1 zu
sehen, wächst sogar der prozentuale Anteil der Schüler seit 1998.

            Abb. 1: Anteil Schüler, die 1998–2018 eine B-Sprache lernen. (Skolverket 2019:1)
Seit etwa 20 Jahren nimmt das Interesse für Deutsch als Fremdsprache ständig ab. Von 1997
bis heute hat die deutsche Sprachwahl an Popularität verloren, von 41 bzw. 42 % (Mädchen
bzw. Jungen) auf 18 bzw. 24 %. Im Gymnasium sind es noch weniger, nur 3 % (Smith 2018
o.S.). Gleichzeitig ist der Anteil von Spanisch von 6 bzw. auf 49 bzw. 42 % gestiegen. Siehe
Abbildung 2.

                                                   2
Abb. 2: Sprachwahl Französisch, Deutsch, Spanisch in schwedischen kommunalen Schulen. Farbige
                            Markierung durch den Autor. (Skolverket 2019:2)
Englisch hat die Rolle als erste Fremdsprache in schwedischen Schulen von Deutsch
übernommen. Das Interesse für Deutsch hat abgenommen und Spanisch ist jetzt die
populärste zweite Fremdsprache.

2. Sprach- und bildungspolitischer
sowie institutioneller Rahmen für
den heutigen Deutschunterricht in
Schweden
Die Bildungs- und Schulpolitik eines Landes gehen Hand in Hand mit der Sprachenpolitik.
Gute Sprachkenntnisse sind der Schlüssel zu Bildung. Die EU hat den Sprachenerwerb zu
einer wichtigen Priorität erklärt und finanziert zahlreiche Programme und Projekte in diesem
Bereich, wie z.B. das Comenius-Programm (Europäische Kommission 2005 o.S.).

2.1 Stellung der deutschen Sprache in der
Europäischen Union
Deutsch ist mit etwa 95 Millionen Sprechern und 18 % (Anteil vor dem Brexit) der
Bevölkerung die größte Alltagssprache der Europäischen Union (Abb. 3).

      Abb. 3: Sprecher (Mutter- und Zweitsprachler) von Deutsch im Amtssprachgebiet von Deutsch in
                                     Millionen. (Ammon 2015 S. 170)

                                                   3
Ursprünglich (1958) waren die offiziellen EU-Sprachen: Deutsch, Französisch, Italienisch
und Niederländisch. Davon wurde Französisch dominierend als lingua franca. Englisch kam
erst 1973 durch den Beitritt des Vereinigten Königreichs und Irlands hinzu, überholte in den
1990er Jahren das Französische und dominiert seitdem in der Kommunikation innerhalb und
mit der EU. (Haselhuber 2019 S. 172)
Im Zentrum der EU-Sprachenpolitik steht die Frage nach dem Erhalt der Mehrsprachigkeit
gegenüber der zunehmenden Dominanz von Englisch. (Krumm 2016 S. 47) Die EU-
Kommission empfiehlt, dass jeder Bürger neben seiner Muttersprache noch zwei andere
europäische Sprachen beherrschen sollte (Europäische Kommission 2002 o.S.). Diese EU-
Empfehlungen sind wichtig für die EU-Mitgliedsländer. Trotzdem hat jedes EU-Land seine
eigene Schul- und Sprachenpolitik.
Der EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker stellte 2017 die Vermutung auf, dass
Englisch nach dem Brexit an Bedeutung in Europa verlieren werde (Rötzer 2017 o.S.). Das
heißt, die Bedeutung für Deutsch steigt eventuell, weil jetzt Irland als einziges Land mit
Englisch als Muttersprache in der EU bleibt. Es kann jetzt sein, dass viele verlangen, dass
Deutsch eine stärkere Stellung in der EU bekommt.

2.2 Schweden – bildungspolitische
Entscheidungen bzgl. modernen
Fremdsprachenunterrichts
2.2.1 Skolverket
Alle schulpolitischen Reformen, Änderungen und Direktive in Schweden sind im Läroplan
(Lehrplan) festgestellt. Der Lehrplan wird von den Politikern in Regierung und Reichstag
beschlossen und dann vom Skolverket durchgeführt. Skolverket ist das Zentralamt für Schüler
und Erwachsenausbildung, eine zentrale Verwaltungsbehörde für das öffentliche Schulsystem
für Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Seit 1991 sind die Kommunen für den
Sprachunterricht verantwortlich. Das Skolverket kontrolliert, dass Schulen dem Lehrplan
folgen.
Das Skolverket hat kürzlich die Frage der Meritpoäng untersucht. Meritpoäng (dt.
Leistungspunkte) sind eine zusätzliche Belohnung für Schüler, die eine moderne Sprache
lernen, was bei der Bewerbung um eine Hochschulausbildung von Vorteil ist. Eine staatliche
Untersuchung schlug 2017 vor, die Meritpoäng zu entfernen (SOU 2017:20).

                                             4
Das Skolverket (2018:1) und (2018:2) hat danach die Situation der moderna språk untersucht.
Das Skolverket hat folgendes an die Regierung vorgeschlagen:
      Das System mit Meritpoäng zu behalten, weil es sonst dazu beiträgt, dass weniger
       Schüler moderne Sprachen im Gymnasium lernen.
      Dass eine zweite Fremdsprache (moderne Sprache) für mehr Studienzweige
       obligatorisch wird, wegen des Bedarfs der Wirtschaft.

2.2.2 Reichspolitiker
Schulpolitische Richtlinien sind von Regierung und Reichstag beschlossen. Das verhindert
aber nicht, dass einzelne Reichspolitiker an der Diskussion teilnehmen. Zahlreiche
Reichspolitiker äußern sich zu der Bedeutung des Deutschlernens.
Verschiedene    Parteien   argumentieren,   dass   Schweden     mehr    Deutschlehrer   und
Deutschschüler braucht, z.B. Oppositionspolitiker wie die Liberalen (Liberalerna 2015) und
die Moderaten (Garcia 2018).
Die schwedische Finanzministerin (Sozialdemokraten) hat 2017 gesagt, dass schwedische
Kinder Deutsch lernen sollten (Deutsch-Schwedische Handelskammer 2017 o.S.).
Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven (Sozialdemokraten) sagte 2017 „Ich hoffe,
sie lernen mehr europäische Sprachen, nicht nur Englisch.“ (Löfven 2017 o.S.).
Der Reichstagsabgeordnete Per-Arne Håkansson (Sozialdemokraten) verlangte 2017 eine
Untersuchung der Möglichkeiten, die Stellung der deutschen Sprache in der Schule zu stärken
(Håkansson 2017 o.S.). Der Grund dafür waren wirtschaftliche, kulturelle und sportliche
Beziehungen mit Deutschland.
Andererseits wird behauptet, dass die Sozialdemokraten (Regierungspartei), sich eher darum
kümmern, dass alle Schüler die Schule bestehen, als „Kultursprachen“ wie Deutsch oder
Französisch obligatorisch zu machen. Das Motto lautet „Eine Schule für alle“.
Die Sozialdemokraten vertreten auch ihre Wähler. Viele Wähler sind Immigranten, deren
Kinder genug Schwierigkeiten haben, Schwedisch und Englisch zu lernen und nicht gerne
noch eine Fremdsprache lernen wollen.

2.2.3 Kommunen
Bis der Kommunalisierung 1991 waren fast alle schwedischen Schulen staatlich. In Folge
dieser Reform unterliegen die Grundschulen und Gymnasien der Verantwortung der
Kommunen, die dem Lehrplan vom Skolverket folgen sollen.

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In der Schulverordnung (SFS 2011:185, Kap. 11, § 4) ist geregelt, dass die Schule als
Sprachwahl mindestens zwei der Sprachen Französisch, Spanisch und Deutsch anbieten muss.
Eine Kommune, die es sich nicht leisten kann, darf eine von den drei „Pflichtsprachen“
entfernen. Damit ist das Angebot eine Frage von Budget und Geld.
Die    Kommunen      müssen    den    Sprachunterricht   bezahlen.   Deshalb     haben   die
Kommunalpolitiker einen potentiellen Interessenkonflikt mit Reichspolitikern und Skolverket.
Reichspolitiker möchten, dass Schüler Deutsch lernen, aber Kommunen haben ein Budget.
Um Geld zu sparen, können Kommunen, wie gesagt, eine „Pflichtsprache“ entfernen.
Zum Beispiel hat die Kommune Kristianstad mit 84 000 Einwohnern, vom Herbst 2018
Französisch als Fremdsprache entfernt und die Sprache ist nicht mehr wählbar. Der Grund
dafür ist Geld zu sparen (Bergling 2018 o.S.). Ein Kommunalpolitiker in Kristianstad erzählt,
dass die Kommune dadurch 3 Millionen SEK pro Jahr spart und dass die Entscheidung damit
nötig war (persönliche Kommunikation 5.5.2019). Der kommunale Schuldirektor ist für die
Entscheidung verantwortlich und bestätigt, dass diese Entscheidung nötig war, weil nicht
genug Schüler Französisch gewählt haben (persönliche Kommunikation 6.5.2019).

Wie in Kapitel 1 erwähnt, nimmt das Interesse für Deutsch ab. Ähnlich wie in Kristianstad
kann es auch dem Deutschen in Kommunen ergehen, in denen sich nicht genug Schüler sich
dafür interessieren, oder wo man keinen ausgebildeten Deutschlehrer findet.
Immer weniger Schüler wählen Deutsch. Kommunen haben nicht immer das Geld für alle
Sprachangebote.

2.3 Bedarf an Deutsch in Schweden
Die Zahlen der Deutschlernenden nehmen ab, dabei zeigen die Daten aus der Wirtschaft, wie
groß der Bedarf an Deutsch ist. Deutsch ist nicht nur die meist gesprochene Muttersprache
Europas. Deutschland ist auch Schwedens wichtigster Handelspartner (Ekonomifakta 2019
o.S.) und macht etwa 10 % der schwedischen Exporte und 17 % der schwedischen Importe
aus.
Svenskt Näringsliv (der schwedische Arbeitgeberverband) meint dass eine große Nachfrage
der Wirtschaft nach Deutschkenntnissen besteht. Das heißt, schwedische Betriebe finden nicht
genug Mitarbeiter die Deutsch können. Eine Umfrage unter 200 schwedischen Unternehmen
ergab, dass Deutsch nach Englisch die wichtigste erwünschte Sprachkompetenz ist. (Bergling
& Nejman 2011 o.S.).

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Der Mangel an schwedischen Sprachkenntnissen hat Konsequenzen. Die Sprachforscherin
Ingela Bel Habib meint, dass die meisten schwedischen Betriebe nur Englisch als
internationale Geschäftssprache benutzen während durchschnittliche Betriebe in Ländern wie
Dänemark, Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Polen acht bis zwölf Sprachen
benutzen (Bel Habib 2012 o.S.).
Als Beispiel, erzählt eine Deutschlehrerin, dass neu angestellte Mitarbeiter bei Lidl in
Schweden erstmals Deutsch lernen müssen, weil kaum Leute zu finden sind, die Deutsch
können (persönliche Kommunikation 16.3.2019).

2.4. Rahmenbedingungen für Lehren und Lernen
von Deutsch
2.4.1 Forschungsstand
Die Forscher Schartau, Strålind und Szrubka (2005 S. 65) untersuchten die Motive, warum
schwedische Schüler Deutsch wählen. Die Autoren meinen, dass Jugendliche sich zwar für
Fremdsprachen außer Englisch interessieren, aber Sprachstudien sind, unabhängig auf
welchem Niveau, sehr arbeitsintensiv. Deshalb wählen Schüler, sowohl auf Grund- als auch
Gymnasialniveau, Fächer, in denen man leichter gute Noten erhält. Die Autoren meinen, eine
mögliche Lösung wäre die Noten unterschiedlich zu gewichten. Das bedeutet, dass in
schwereren Fächern, wie Fremdsprachen, die Noten mit einem bestimmten Koeffizienten
multipliziert werden und auf diese Weise einen Mehrwert erhalten.
Die Forscherin Astrid Arkel (2007 S. 30–35) untersuchte die Einstellung der Schüler zum
Deutschunterricht in einer schwedischen Grundschule und in einem Gymnasium. Die
Antworten auf den Fragebogen zeigen, dass die Schüler im Allgemeinen eine positive
Einstellung zu Beginn der Deutschstudien haben, aber dass sie während des Studiums jedoch
zunehmend müde von ihrem Deutschunterricht werden. Die Autorin meint, dass die
Deutschlehrer die deutsche Sprache attraktiver in den Augen der Schüler machen sollten, dass
alle Fachlehrer dafür mehr zusammenarbeiten sollten.

2.4.2 Institutionelle und personelle Bedingungen
Die Lehrer haben ein Interesse, ihre Arbeit zu behalten. Sie organisieren sich in den
Gewerkschaften Lärarnas Riksförbund und Lärarförbundet, sowie Språklärarnas Riksförbund,
eine Interessenorganisation für Sprachlehrer.
Argumente, die in der Diskussion oft vorkommen, sind:

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1. Ökonomisch/wirtschaftlich, Deutschkenntnisse sind gut für Personen, die gute Jobs
       bekommen wollen, dadurch ist es auch gut für Schweden
   2. Die kulturhistorische Verwandtschaft Deutschland–Schweden
Schwedische Deutschlehrer sind sehr aktiv in der Diskussion in den Medien, sowohl
individuell als auch durch ihre Organisationen.
Wie man in der Abb. 4 sehen kann, sind die meisten Deutschlehrer über 50 Jahre alt und viele
werden bald in den Ruhestand gehen (Bergling 2018). Schwedische Universitäten haben nicht
genug Bewerbungen für Studienplätze für zukünftige Deutschlehrer, die benötigt werden
(Lärarnas Riksförbund 2016 S. 11). Es wird behauptet, dass die Politiker das schnellstens
lösen müssen, sonst können bald auch Schüler, die es wollen, nicht Deutsch lernen.

                        Abb. 4: „So alt sind die Sprachlehrer“ (Bergling 2018).
Eine Untersuchung von Lärarnas Riksförbund zeigt (Abb. 5), dass Schweden einen riesigen
Lehrermangel hat, und dass es zu wenige Studierende für Deutschlehrer an schwedischen
Universitäten gibt (Lärarnas Riksförbund 2016).

                                                  8
Abb. 5: 2015 sind nur 30 Studenten in Deutschlehrer-Ausbildungen zugelassen, obwohl 877 Lehrer bis
                               2029 benötigt werden (Lärarnas Riksförbund 2016).
Christine Fredriksson und Christina Rosén zeigen in ihrer Untersuchung (2020), dass von
2016 bis 2018 die Anzahl Studienplätze für Deutschlehrer von 44 auf 22 gesunken ist (Abb.
6).

       Abb. 6: Von 2016 bis 2018 ist die Anzahl der Studienplätze für Deutschlehrer von 44 (4+40) auf 22
         (6+16) gesunken. Die tatsächliche Anzahl der zugelassenen Studierenden kann geringer sein.
                     NF=Nebenfach, HF=Hauptfach (Fredriksson & Rosén 2020 S. 713).
Vertreter von Lärarnas Riksförbund und Språklärarnas Riksförbund meinen, dass sich die
einseitige Ausrichtung auf Englisch in der Schule nachteilig auf die Wettbewerbsfähigkeit
Schwedens auswirkt. Sie meinen, dass die Kenntnisse insbesondere in Französisch und
Deutsch gestärkt werden müssen, wenn unsere Zukunft so eng mit der europäischen
Zusammenarbeit verbunden ist. Sie meinen: „Unverständlich, dass wichtige Sprachen im
Stundenplan gelöscht werden.“ (Fahlén & Viik 2019:1 und 2019:2 o.S.).

                                                      9
Die internationale Dominanz der englischen Sprache ist unumstritten. Die Diskussion handelt
sich nur um die Rolle des Deutschen als zweite Fremdsprache. Vertreter von Lehrern und
Wirtschaft meinen, dass Schweden mehr Menschen braucht, die Deutsch können.

   3. Methodik
Dieses Kapitel beschreibt Forschungsfragen, Methoden und Materialien.

3.1. Forschungsfragen und Vorgehen
Ziel der vorliegenden Untersuchung ist herauszufinden, warum Deutschstudien an
schwedischen Schulen abnehmen und mögliche Maßnahmen und wie Vertreter bestimmter
Berufs- oder Interessengruppen, die mit dem Deutschlehren zu tun haben, über diese
Entwicklungen denken.

Diese Forschungsfragen sind zu beantworten:

   1) Warum nimmt das Interesse an Deutsch ab?

   2) Was spricht für mehr Deutschlernen?

   3) Was spricht für weniger Deutschlernen?

   4) Wie könnte man Deutschlernen fördern?

   5) Wie sieht die Zukunft für Deutsch in schwedischen Schulen aus?

Die eigene Untersuchung besteht aus eine Expertenbefragung, um Erklärungen und
Vorschläge zu den Forschungsfragen zu bekommen. Es ist eine Befragung von Vertretern
bestimmter Gruppen. Ich wollte wissen, wie bestimmte Berufs- oder Interessengruppen, die
mit dem Deutschlehren zu tun haben, über diese Entwicklungen denken.

Dieses Verfahren ist qualitative Forschung, wo die Erhebungsbasis aus Interview,
Beobachtung und schriftlicher Umfrage besteht. Die Zahl der Befragten bei einer Umfrage
sollte nicht mehr als 50 sein (Hodgetts & Chamberlain 2013 S. 27–28).

Die Expertenbefragung ist eine Primärquelle.

                                               10
3.2 Vorgehensweise der Expertenbefragung
Ich fing an mit einem Interview mit einer Vertreterin der deutschen Botschaft in Stockholm.
Es war eine interessante Diskussion mit offenen Fragen, in der ich über das Thema viel
gelernt und gute Tipps bekommen habe.

Dann habe ich ein Interview mit Mitarbeitern von Skolverket und Lärarnas Riksförbund
durchgeführt.

Nach den Interviews und nach dem Studium von Statistik, von früherer Forschung und von
Medienartikeln, wusste ich welche Fragen für eine Befragung sinnvoll sind.

Danach wurde der Fragebogen der Umfrage fertig formuliert. Er besteht aus fünf offenen
Fragen. Wichtig ist hier, dass die Frageformulierung einfach, neutral und präzis ist (ibid. S.
98–100).

Hier sind die Fragen und Begründungen dafür:

1: Wie, finden Sie, ist der heutige Status für Deutsch als Fremdsprache in schwedischen Schulen?
Diese offene Frage eröffnet die Möglichkeit, frei über das Thema nachzudenken.

2: Wie sieht die Zukunft für Deutsch in schwedischen Schulen aus?

Das beantwortet Forschungsfrage 5.

3: Was, finden Sie, sind die Ursachen dieser Entwicklung?

Das beantwortet Forschungsfrage 1.

4: Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?

Das kann Forschungsfragen 2 und 3 beantworten.

5: Was kann man tun oder was schlagen Sie vor, um die Rolle des Deutschen in eine von Ihnen
favorisierte Richtung zu lenken?
Das beantwortet Forschungsfrage 4.

Zunächst habe ich Befragungszielgruppen gewählt, die nach Kenntnissen im Fach gewählt
sind (ibid. S. 93). Die schriftliche Umfrage wurde an Vertreter von folgenden
Gruppen/Organisationen gerichtet, weil ich sie als wichtige Akteure in der schulpolitischen
Diskussion betrachte:

   Reichspolitiker, weil sie die Diskussion führen und Entscheidungen machen. Ich habe die
    Umfrage an alle acht Reichstagsparteien gesendet.

   Kommunalpolitiker, weil sie die Prioritäten setzen und Entscheidungen machen.

                                                 11
   Deutschlehrer, Akteure der Diskussion, mit Expertenkompetenz.

   Goethe-Institut, über die Bedeutung von Deutschkenntnissen.

   Deutsch-Schwedische Handelskammer, über die wirtschaftliche Bedeutung von
    Deutschkenntnissen.

   Skolverket, wegen ihrer Expertenkompetenz.

   Lärarnas Riksförbund, Akteur der Diskussion, mit Expertenkompetenz.

Von Reichspolitikern oder politischen Parteien sind keine Antworten gekommen. Aus
Medienartikeln habe ich ihre Meinungen übernommen, die Sekundärquellen sind (Büning et
al 1981 S. 67–68).

Von Kommunalpolitikern, Skolverket und Lärarnas Riksförbund habe ich keine Antwort auf
die Umfrage bekommen, aber durch direkte Kommunikation und Interviews Antworten von
einzelnen Vertretern bekommen, welche Primärquellen sind. Von allen anderen
Gruppen/Organisationen habe ich Antworten auf die Umfrage bekommen, die Primärquellen
sind.

Die Umfrage ist schriftlich und nicht anonym aber die Antworte sind hier anonymisiert.

3.3 Analysemethode
Die Analyse ist hauptsächlich thematisch. Die Analyse ist teils quantitativ, teils qualitativ. Der
„Methodenmix“ quantitativ/qualitativ ist abhängig von der Art des Untersuchungsgebiets und
von den theoretischen verwendeten Konzepten (Keller & Erzberger 2004, S. 176).

Folgende Analysen sind durchgeführt:

     Analyse von Statistik und früherer Forschung

     Analyse von Medienartikeln

     Analyse der Expertenbefragung

Analyse von Statistik und früherer Forschung
Hier sind z.B. SOU-Untersuchungen, SFS-Verordnungen und öffentliche Statistik. Diese sind
alle Primärquellen. So weit wie möglich werden Primärquellen benutzt (Büning et al 1981 S.
67–68). Die Analyse ist quantitativ (Hodgetts & Chamberlain 2013 S. 27–28) und qualitativ.

                                               12
Analyse von Medienartikeln
Es ist wichtig die Diskussion zu verfolgen. Die Zukunft von Deutsch in Schweden hängt von
der öffentlichen Meinung und politischen Entscheidungen ab, nicht notwendigerweise
Forschung und Tatsachen. Zur Diskussion über die Forschungsfrage sind mehrere
Diskussionsartikel in Medien durch qualitative Dokumentenanalyse analysiert. Relevante
Artikel habe ich teils in Fachzeitschriften wie Språktidningen gefunden, teils durch
Suchmotoren und Stichworte wie tyska, skola, språkval, språkpolitik. Diese Medienartikel
sind Sekundärquellen (ibid. S. 67–68).

Medien können sowohl Verständnis als auch Unwissenheit fördern. Bei der Präsentation einer
Geschichte wird ein Winkel gewählt. Deshalb sind Medienberichte selten neutral (Hodgetts &
Chamberlain 2013 S. 3–5). Diese Analyse ist quantitativ.

Analyse der Expertenbefragung
Die Antworten wurden unter Verwendung von Verfahren der qualitativen Inhaltsanalyse
(Mayring 2015) analysiert. Dabei wurde deduktiv-induktiv vorgegangen. Ich habe eine
thematische Matrix gemäß Kuckartz (2013) erstellt. Diese Analyse ist thematisch.

Hier können die verschiedenen Analysebeispiele einander gegenübergestellt werden und
daraus Schlüsse gezogen, die dann zur Diskussion der Ergebnisse überleiten.

4. Präsentation und Diskussion
der Ergebnisse
Hier ist eine Darstellung der Expertenbefragung, auf den Forschungsfragen von 3.1 basierend,
zusammen mit einer Analyse über die Stellung der deutschen Sprache in schwedischen
Schulen. Die Analyse basiert auf Expertenbefragung, Statistik, früherer Forschung,
Medienartikeln und persönlichen Kommunikationen.
Vereinfacht kann man sagen, dass es einen schulpolitischen Konflikt gibt, zwischen zwei
Seiten, die eigene Interessen vertreten, für oder gegen mehr Deutsch. Deshalb mache ich eine
„Pro-et-Contra-Analyse“:

                                             13
   Auf einer Seite haben wir Wirtschaft und Deutschlehrer, die mehr Deutschunterricht
      wünschen. Manche wollen sogar zwei Fremdsprachen (d.h. eine moderne Sprache)
      obligatorisch machen.
     Auf der anderen Seite haben wir Politiker, die Geld sparen wollen, und andere die
      fürchten, dass schwache Schüler es nicht schaffen, noch eine obligatorische
      Fremdsprache zu studieren.
Vollständige Antworten der Befragung sind im Anhang. Alle Befragte sind anonymisiert.
Befragter 1, Deutschlehrer an einer Universität wird „Deutschlehrer“ benannt.
Befragter 2, Vertreter vom Goethe-Institut wird „GI“ benannt.
Befragter 3, Vertreter der Deutsch-Schwedischen Handelskammer wird „HK“ benannt.
Befragter 4, Direktor für Ausbildung von Sveriges Kommuner och Landsting wird „SKL“
benannt.
Befragter 5, Redakteur von Språktidningen wird „Språktidningen“ benannt.

4.1 Warum nimmt das Interesse an Deutsch ab?
Ergebnisse der Umfrage können mit Bezug auf die erste Forschungsfrage folgendermaßen
zusammengefasst werden. Nach Meinung der Befragten nimmt das Interesse am
Deutschlernen ab, weil:
  1. die Dominanz des Englischen steigt (SKL und Språktidningen). SKL meint „…weil
      Englisch in Europa die Sprache geworden ist, die ,jeder‘ benutzt“
  2. Spanisch einen besseren Ruf als Deutsch genießt (GI und HK)
  3. die deutsche Sprache als schwer zu erlernende Sprache gilt (Språktidningen) „… eine
      weit verbreitete Vorstellung, dass Englisch die einzige benötigte Fremdsprache ist, und
      eine ähnlich weit verbreitete Vorstellung, dass Deutsch eine schwer zu erlernende
      Sprache ist“.
  4. das Interesse an den deutschsprachigen Ländern abnimmt (Språktidningen)
  5. Manche Schulen nicht mehr Deutsch anbieten, weil Spanisch und Französisch beliebter
      sind (Språktidningen) „Deutsch verschwindet in einigen Grundschulen als Sprachwahl
      und wird an weniger Universitäten angeboten“.
  6. Schülern und Eltern eine Strategie für die Sprachwahl fehlt (HK) „Weder Schüler noch
      Eltern scheinen in hohem Maße darüber nachzudenken, warum Sie eine Sprache
      wählen und wie Sie sie in Zukunft verwenden können“.

                                             14
7. Politiker kein Verständnis dafür haben, wie bedeutend das Wissen von mehreren
      Sprachen ist (Deutschlehrer)

Diskussion
GI, HK und Språktidningen meinen, dass viele Schüler aus verschiedenen Gründen
Französisch oder Spanisch statt Deutsch bevorzugen. Diese Meinung ist auch in anderen
Forschungsarbeiten festgestellt worden. Zum Beispiel haben auch Schartau, Stralind und
Szrubka (2005) in ihrer Untersuchung herausgefunden, dass die, die eine Fremdsprache außer
Englisch wählen, Deutsch oft langweilig, Französisch schöner oder Spanisch mehr hip finden
(Schartau, Strålind, Szrubka 2005).
Laut Språktidningen kann die Sympathie für Spanisch und Französisch auf Vorurteile
gegenüber Deutsch zurückzuführen sein. Die Forschung zeigt auch, dass manche glauben,
dass Deutsch zu schwierig sei (Magnusson 2002). Schon 1938 meinte eine öffentliche
Untersuchung (SOU 1938:5), dass englische Grammatik einfacher als die deutsche sei, und
deshalb besser als erste Fremdsprache. Diese Einstellung zur deutschen Sprache scheint im
Laufe der Zeit konstant zu sein.
SKL und Språktidningen erwähnen die Dominanz von Englisch als Ursache. Englisch ist seit
dem zweiten Weltkrieg durch Wirtschaft, Medien und Internet zum Standard für die
internationale Kommunikation geworden. Mit über 1,2 Milliarden Sprechern auf der ganzen
Welt hat Englisch nach Mandarin die zweithöchste Anzahl von Sprechern aller Sprachen.
Etwa 85 % der internationalen Organisationen verwenden Englisch als gemeinsame Sprache,
etwa 75 % der weltweiten E-Mails sind auf Englisch und 80 % der Info auf Internet (Xue &
Zuo 2013). Englisch ist laut Power Language Index die weltweit wichtigste Sprache für eine
effektive Kommunikation (Chan 2016 S. 2). Siehe Abbildung 7.

                          Abb. 7: Die Top-Liste von Power Language Index.

                                                15
Durch die Globalisierung und das Internet ist Englisch die völlig dominierende Sprache der
Jugend geworden. Statistik und die Umfrage zeigen daran, dass die Dominanz von Englisch
der Hauptgrund ist, dass Deutch nicht mehr so beliebt ist.

4.2 Motive für mehr Deutschlernen, „pro“:
Ergebnisse der Umfrage können mit Bezug auf die zweite Forschungsfrage folgendermaßen
zusammengefasst werden. Nach Meinung der Befragten gibt es folgende Motive für mehr
Deutschlernen:
   1. Deutschkenntnisse sind wichtig für die Wirtschaft (Deutschlehrer, GI, HK und
       Språktidningen). Språktidningen meint: „ Schlechtere Deutschkenntnisse der
       schwedischen Bevölkerung können die Handelsbedingungen und die verschiedenen
       Arten des Austauschs zwischen den Ländern verschlechtern. Deutschkenntnisse sind
       für den Einzelnen eine Tür zu Kultur, Wirtschaft und Bildung im Herzen und Motor
       Europas.“
   2. Deutschkenntnisse erweitern die Kulturkompetenz (SKL und Språktidningen). SKL
       meint: „Die Möglichkeit, ein Land und seine Bewohner, Kultur usw. besser zu
       verstehen, steigt, wenn man die Sprache kennt, und Deutschland ist ein Nachbarland,
       dem die Schweden häufig begegnen.“

Diskussion
Die Befragten sind sich einig, dass Schüler Deutsch wählen sollten, um Geschäftskontakte zu
gewinnen. Das entspricht auch der Meinung der Reichspolitiker und Vertreter von Wirtschaft
behaupten auch, dass Deutschkenntnisse wichtig sind. Deutschland ist Schwedens größter
Handelspartner und es gibt einen großen Bedarf an Schweden die Deutsch können, wie in 2.2
erläutert. Sogar die EU-Kommission empfiehlt, dass jeder Bürger neben seiner Muttersprache
noch zwei andere europäische Sprachen beherrschen sollte, um eine „Wettbewerbsfähige,
wissensbasierte Wirtschaft“ zu erreichen (Europäische Kommission 2002 o.S.).
Egal ob Deutsch, Spanisch oder Französisch, sind Sprachkenntnisse ein soziales Kapital, das
dazu beiträgt, den Handlungsspielraum von Menschen zu vergrößern (Krumm 2016 S. 45–
50). Wenn Schüler nur eine fremde Sprache und Kultur (Englisch) kennen, verstößt es gegen
das Ziel der kulturellen Vielfalt vom Skolverket (2011 o.S.).

                                              16
4.3 Motive für weniger
Deutschlernen/Deutschangebot, „contra“:
Ergebnisse der Umfrage können mit Bezug auf die dritte Forschungsfrage folgendermaßen
zusammengefasst werden. Nach Meinung der Befragten gibt es folgende Motive für weniger
Deutschlernen oder weniger Deutschangebot:
   1. Da das Interesse an Deutsch abnimmt, ist es logisch, das Angebot zu reduzieren.
       Entweder wird eine Sprachauswahl entfernt oder die Anzahl der Unterrichtsstunden
       reduziert. Dadurch können Kommunalpolitiker Geld sparen (Deutschlehrer).
   2. Schweden hat viele neu angekommene außereuropäische Immigranten, die genug
       Schwierigkeiten haben, Schwedisch und Englisch zu lernen. Für sie sei eine dritte
       obligatorische Sprache zu schwer zu lernen. GI meint: „Wir haben sehr viele Schüler
       mit einer anderen Muttersprache als Schwedisch und die müssen Schwedisch und
       Englisch lernen und sich integrieren und ihren Platz finden. Die dritte Sprache wäre
       für viele überfordernd.“

Diskussion
Der Deutschlehrer und die Darstellung von 2.2 deuten darauf hin, dass Kommunalpolitiker
Geld sparen möchten und Deutsch nicht anbieten, wenn die Gruppen zu klein sind.
GI meint, dass Immigranten ein Faktor sind. Svenskt Näringsliv (der schwedische
Arbeitgeberverband) hat 2019 die Ergebnisse von neu immigrierten Schülern untersucht. 90
% der in Schweden geborenen Neuntklässlern erhalten genehmigte Ergebnisse, um im
Gymnasium zu beginnen. Aber bei den neu immigrierten Schülern, die seit weniger als vier
Jahren in Schweden sind, betrug 2017/18 der Anteil der zugelassenen Schüler nur 29 %. Der
Anteil neu angekommener Schüler ist mit 7 % der neunten Klasse im Jahr 2018 so hoch, dass
er einen großen Einfluss auf die Noten, auf die Organisation der Schule und auf die
Arbeitssituation der Lehrer hat (Rebas 2019 S. 7).
Wie in 2.2 erläutert, ist höchste Priorität für die Regierungspolitiker (Sozialdemokraten), dass
mehr Schüler ihr Studium mit genügenden Noten abschließen. Dies kann bedeuten, dass
breiten Sprachkenntnissen eine niedrigere Priorität eingeräumt wird.
Man könnte von der Diskussion schließen, dass die Sozialdemokratische Regierung für eine
obligatorische zweite Fremdsprache ist. Aber die Wirklichkeit ist so, dass viele Schüler mit
schwachen Leistungen, z.B. Immigrantenkinder, ihre Abschlussprüfungen nicht bestehen
(Rebas 2019 S. 7). Ohne Endnoten von der Grundschule werden sie am Gymnasium nicht

                                              17
aufgenommen und riskieren arbeitslos und kriminell zu werden. Wie in Kapitel 2 beschrieben,
ist die in der Politik herrschende Meinung, nicht mehr Fremdsprachen zu fördern.
Deshalb ist es politisch schwer umzusetzen und unwahrscheinlich, dass die schwedische
Regierung eine zweite Fremdsprache wie Deutsch obligatorisch macht. Daraus kann man
schließen, dass die Motive „contra“ mehrpolitisch akzeptabel als diejenigen „pro“ sind.

4.4 Maßnahmen, um Deutsch zu fördern
Ergebnisse der Umfrage können mit Bezug auf die vierte Forschungsfrage folgendermaßen
zusammengefasst werden. Es gibt Vorschläge, um Deutsch in diesen drei Bereichen zu
fördern:
   1. Motivation für das Fremdsprachlernen oder Deutschlernen:
       – Vor der Sprachwahl in Klasse 6 sollte man die Eltern und Schüler über die
       Bedeutung von Deutschkenntnissen im Arbeitsleben informieren. Vor der Sprachwahl
       zum Gymnasium sollte man die Eltern und Schüler über die Bedeutung von
       Deutschkenntnissen im Arbeitsleben informieren (Deutschlehrer).
       – Eine offene Diskussion über die Bedeutung von Deutschkenntnissen in Bezug auf
       die EU und Wirtschaft, um Schüler und Politiker zu motivieren (Deutschlehrer, GI,
       HK, SKL und Språktidningen). SKL verlangt: „eine öffentliche Diskussion über die
       allgemeine Bedeutung und Bereicherung der Sprechfähigkeit. Darüber hinaus ist es
       wichtig, benachbarte Sprachen zu können. Wir treffen uns oft mit Deutschen und
       handeln mit Deutschland usw.“
       – Mehr Deutsch in Medien. GI meint: „Eine größere Präsenz von deutschsprachigen
       Inhalten in TV und Radio wäre wünschenswert“.
   2. Bildungspolitische bzw. administrative Entscheidungen:
       – Die Meritpoäng behalten, weil es absolut entscheidend für die Motivation der
       Schüler ist (Deutschlehrer)
       – Spanisch erst ab dem Gymnasium anbieten, statt wie heute ab Klasse 6 (GI)
       – Für höhere Studien, eine moderne Sprache mehr oder weniger obligatorisch machen
       (Deutschlehrer)
   3. Stellung der Fremdsprachlehrer:
       – Höhere Löhne für Deutschlehrer (GI und Språktidningen). Språktidningen meint:
       „Ohne höhere Löhne, bessere Arbeitsbedingungen und kontinuierliche Weiterbildung
       ist schwer einzusehen, wie sich die heutige Entwicklung umkehren lässt.“

                                             18
– Ausbildung und Fortbildung (GI und Språktidningen). GI meint: „Wir brauchen
       eine großartige Lehrerausbildung und wir brauchen sehr gute Lehrerfortbildung.“

Diskussion
Alle Befragten wollen eine offene Diskussion über Deutsch in Schweden. Motivation durch
Information ist einfach und billig. Deutschland ist ja Schwedens wichtigster Handelspartner,
also könnte man einfach eine deutsche Sprachwahl motivieren. Wenn Schulen und
Skolverket Deutsch statt Spanisch oder Französisch empfehlen, werden vielleicht mehr
Schüler Deutsch wählen.
Das System mit Meritpoäng zu behalten, schlägt auch Skolverket vor, was in 2.2.1 erläutert
wird. Das System mit Meritpoäng zu behalten ist eine einfache und realistische Reform, die
einen gewissen Effekt haben kann. Eine Erhöhung der Studienplätze für Deutsch ist dadurch
möglich.
Der Vorschlag von GI, Spanisch später anzubieten, ist interessant, erscheint aber nicht in der
schulpolitischen Debatte. Spanisch ist die beliebteste moderne Sprache. Eine solche würde
unpopulär werden und wird wahrscheinlich nicht umgesetzt.
GI und Språktidningen möchten mehr Geld und Ausbildung für Deutschlehrer. In einem
kommunalen Budget, das sparen muss, ist das schwer zu erreichen. Aber Hilfe kann vom
Staat kommen. Die Regierungsparteien (Sozialdemokraten und Miljöpartiet) vereinbaren,
Lehrer und Schulleiter in ihrem Beruf zu stärken (Regeringen 2016). Es besteht politische
Einigkeit darüber, dass der Status von Lehrern angehoben werden sollte, was auch
Deutschlehrern zugutekommt.

4.5 Zukunft für Deutsch in Schweden
Ergebnisse der Umfrage können mit Bezug auf die fünfte Forschungsfrage folgendermaßen
zusammengefasst werden. Die Prognose lautet, dass Deutsch an schwedischen Schulen
weiterhin einen begrenzten Platz bekommt (SKL und Språktidningen). Språktidningen meint:
„Deutsch verschwindet in einigen Grundschulen als Sprachwahl und wird an weniger
Universitäten angeboten.“

Diskussion
Zur pessimistischen Prognose von SKL und Språktidningen kann man hinzufügen, dass die
meisten Deutschlehrer über 50 Jahre alt sind und viele bald in den Ruhestand gehen.

                                             19
Schweden hat einen Lehrermangel und zu wenige Lehrplätze für neue Deutschlehrer.
Statistiken zeigen, dass das Interesse an Deutsch in den letzten Jahren zurückgegangen ist.
Das wurde in Kapitel 1 und 2 erläutert.
Es kann festgestellt werden, wie SKL und Språktidningen meinen, dass das Interesse für
Deutsch langsam abnimmt und dass es wenig politischen Willen für drastische Reformen im
Schulsystem gibt.
Daraus kann man schließen, dass Deutsch in Schweden noch seine Rolle verlieren wird.

5. Zusammenfassung und
Ausblick
In der vorliegenden Studie ging es darum, herauszufinden, ob und warum das Interesse an
Deutsch als Fremdsprache in Schweden abnimmt und mögliche Maßnahmen.
Die Ergebnisse dieser Studie haben bestätigt, dass ein Rückgang des Interesses ein
langfristiger Trend ist.
Aufgrund der Ergebnisse kann die folgende Schlussfolgerung gezogen werden.
In der heutigen politischen Lage ist es unwahrscheinlich, dass die Politiker eine zweite
Fremdsprache nach Englisch obligatorisch machen. Es gibt keine politische Mehrheit dafür.
Realistisch machbar wäre jedoch die Meritpoäng zu behalten. Eine obligatorische Wahl von
Deutsch als zweite Fremdsprache scheint politisch unrealistisch.
Es ist jedoch wahrscheinlich, dass kommende Reformen den Status von Lehrern erhöhen
werden, was auch Deutschlehrern zugutekommt.
International bleibt Englisch die globale Weltsprache. Diese Entwicklung kann nicht durch
politisches Handeln gestoppt werden. Allerdings könnte Deutsch nach Brexit eine relativ
starke Rolle in der EU spielen, sowohl als Amtssprache als auch als Fremdsprache in den
Schulen.
Verschiedene Interessen stehen sich in Bezug auf Geld und Bildungsziele gegenüber. Die
Widersprüche können nicht gelöst werden, um alle zufrieden zu machen. Deutsch wird noch
weiter seine Rolle in Schweden auf Kosten von Englisch verlieren.

                                             20
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     program. Dnr 2018:00570. 30.5.2018. URL:
     https://www.skolverket.se/download/18.6bfaca41169863e6a65d40f/1553968007133/pd
     f3965.pdf [Stand 18.4.2019].
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     https://www.skolverket.se/skolutveckling/statistik/sok-statistik-om-forskola-skola-och-

                                              23
vuxenutbildning?sok=SokC&verkform=Grundskolan&omrade=Skolor%20och%20elev
     er&lasar=2018/19&run=1 [Stand 29.2.2020].
Skolverket (2019:2). Tabell 7 A Moderna språk inom ramen för språkval. Sveriges officiella
     statistik. URL: https://www.skolverket.se/skolutveckling/statistik/sok-statistik-om-
     forskola-skola-och-
     vuxenutbildning?sok=SokC&verkform=Grundskolan&omrade=Skolor%20och%20elev
     er&lasar=2018/19&run=1 [Stand 29.2.2020].
Smith, M. (2018): „Så ska fler lockas att läsa tyska“.
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SOU 1922:29. Skolkommissionens betänkande 2. Stockholm: P. A. Norstedt & söner.
SOU 1938:5. Betänkande med Utredning och Förslag Angående Begynnelsespråket i
    Realskolan. Stockholm.
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    högskoleutbildning. Stockholm.
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      http://www.academypublication.com/issues/past/tpls/vol03/12/16.pdf [Stand 21.7.2020]

Anhang A: Fragebogen der
Umfrage
Die Durchführung der Umfrage ist i 3.2 beschrieben. Alle Meinungen in den Antworten sind
persönlich.

Frage 1: Wie, finden Sie, ist der heutige Status für Deutsch als Fremdsprache in schwedischen
Schulen?

Frage 2: Wie sieht die Zukunft für Deutsch in schwedischen Schulen aus?

Frage 3: Was, finden Sie, sind die Ursachen dieser Entwicklung?

Frage 4: Warum könnte diese Entwicklung ein Problem sein?

Frage 5: Was kann man tun oder was schlagen Sie vor, um die Rolle des Deutschen in eine
von Ihnen favorisierte Richtung zu lenken?

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