Unterrichtsreihe Rollstuhlbasketball: Inklusion im (Sport-)Unterricht
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Unterrichtsreihe Rollstuhlbasketball: Inklusion im (Sport-)Unterricht Hinführende Unterrichtsstunden zum Projekt „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“ Informationen zur Unterrichtsreihe Inklusion in der Schule Die UKH hat den gesetzlichen Auftrag, Sicherheit und Gesundheit in hessischen Schulen zu fördern. Und seit vielen Jahren ist es wissenschaftlich erwiesen: Kinder haben viel zu geringe Bewegungserfahrungen. Kurz gesagt: Kinder bewegen sich zu wenig. Dieses Defizit führt u. a. zu Unfällen mit zum Teil schweren Folgen. Die UKH als gesetzliche Schüler-Unfallversicherung will hier gegensteuern. Kinder, die sich gut bewegen können, haben weniger schwere Unfälle. Das ist einer der Gründe für die UKH, sich beim Projekt „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“ einzubringen und möglichst viele Schulen und Lehrkräfte für das Projekt zu gewinnen. Rollstuhlbasketball macht Kindern und Jugendlichen Spaß und ist daher besonders geeignet, um sie für Sport und Bewegung zu begeistern. Die beste Voraussetzung also, um mehr Bewegung ins Schü- lerleben zu bringen. Unser zweiter Ansatz ist es, nachhaltige Maßnahmen der Inklusion im Schulsport erlebbar zu machen. Die Schüler*innen setzen sich mit dem Thema Behinderung aktiv und spielerisch auseinander. So werden Berührungsängste abgebaut. Schüler mit und ohne Han- dicap lernen, dass sie gemeinsam Sport treiben können und dass dies richtig Spaß macht. Unsere Gesellschaft wird immer vielfältiger. So kommt es vor, dass in einer Klasse eine komplett heterogene Gruppe zusammenarbei- tet. Bei diesen Unterschieden geht es nicht nur um unterschiedliches Aussehen, sondern auch um Menschen mit einer „Behinderung“. Durch inklusiven Sportunterricht ist es möglich, alle Schüler*innen gleichermaßen möglichst gut in die Lernprozesse miteinzube- ziehen. Die Herausforderung besteht in erster Linie in den verschiedenen Leistungsvoraussetzungen und deren Bewertung. Bildung ist für alle da, und der Sport auch! Sei es in der Freizeit mit Freunden oder im Schulsport mit inklusiven Sportarten, wie Roll- stuhlbasketball können alle die Faszination Sport erleben. Dafür haben wir das Projekt „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“ 2013 ins Leben gerufen. Ziel ist es, ein Gefühl von echter Gleichheit und Gemeinschaft zu erschaffen. Und das nicht nur wäh- rend der Schulzeit, sondern auch im Alltag. Im offenen Gespräch in der Vor- und Nachbereitung haben Schüler*innen die Möglichkeit, sich zusammen und miteinander mit dem Thema Behinderung auseinanderzusetzen. So kommt es vor, dass ein Rollstuhl zum Beispiel nicht mehr direkt mit einer körperlichen Benachteiligung in Verbindung gebracht wird, sondern in erster Linie mit einem Sportgerät. Beim Schulprojekt „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“ handelt es sich um eine Initiative der Unfallkasse Hessen (UKH) in Kooperation mit den Mainhatten Skywheelers. Unser Auftrag ist es, Sicherheit und Gesundheit in hessischen Schulen zu fördern und Unfällen so gut es geht vorzubeugen, denn Prä- vention hat das Ziel, Arbeitsunfälle, Berufskrankheiten und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren mit allen geeigneten Mitteln zu verhindern sowie für eine wirksame Erste Hilfe zu sorgen. Dafür möchten wir dem Bewegungsmangel vieler Kinder und Jugendlichen mit verschiedenen Projekten entgegensteuern. Mehr Sicherheit durch Bewegung, genau das ist unser Wunsch. Das Projekt „Rollstuhl- basketball – Inklusion an hessischen Schulen“ ist entstanden, um Kindern die Freude an der Bewegung und dem Schulsport zu ver- mitteln. Als gesetzliche Unfallkasse des Landes Hessen haben wir uns der UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet. In Artikel 24 der Konvention garantieren die Vertragsstaaten „ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen“. Des Weiteren heißt es, dass Kinder im Normalfall „nicht aufgrund von Behinderung vom unentgeltlichen und obligatorischen Grundschul- unterricht oder vom Besuch weiterführender Schulen ausgeschlossen werden“ (Art. 24 Abs. 2 a). Ziel dieser Konvention ist es, den gemeinsamen Unterricht von Menschen mit und ohne Behinderung zum Normalfall zu machen. Dieses Vorhaben deckt sich sehr gut mit der Zielvorstellung unseres Projekts „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“. 1
Basketball hat schon länger seinen Platz in der deutschen Gesellschaft und im Sportunterricht. Dabei ist vielen gar nicht klar, dass es auch eine inklusive Variante der beliebten Ballsportart gibt. Rollstuhlbasketball bietet Menschen mit und ohne Handicap die Chance, Teamgeist und Wettkampfwillen zu erfahren und sich aktiv am Sportgeschehen zu beteiligen. Außerdem trägt es gerade im Kinder- und Jugendalter positiv zur Entwicklung von Verantwortung sowie von Toleranz bei und fördert sachliche, methodische und soziale Kom- petenzen jedes einzelnen Schülers. Ziel der Unterrichtsreihe soll vor allem sein, Barrieren abzubauen. Bevor die Schüler*innen aktiv in die Rollstühle steigen, bieten wir Ihnen Materialien zur Vorbereitung der Unterrichtseinheit „Rollstuhl- basketball – Inklusion an hessischen Schulen“ an. Die Materialien umfassen sechs Doppelstunden, die Sie im Vorfeld mit Ihren Schüler*innen durchführen können. Ziel ist es dabei, den Schüler*innen einen Perspektivwechsel zu ermöglichen und sie für das „individuelle Sosein“ und für das Recht der Gleichheit, das allen eine aktive Teilhabe ermöglichen soll, zu sensibilisieren. In der ersten Doppelstunde (Sportunterricht) bekommt die Klasse eine kooperative Aufgabe, die sie gemeinschaftlich lösen soll. Einige Schüler*innen werden dabei mit einem Handicap versehen. Helfen und Hilfe annehmen, Teilnahme und Beteiligung aller am Lösungsprozess und an der Durchführung stehen im Mittelpunkt. In der Nachschau wird das Erlebte zum Ausdruck gebracht. Die zweite Doppelstunde (Klassenraum) soll die gemachten Erfahrungen aufgreifen und die Erkenntnisse vertiefen, dass wir alle ver- schieden sind und uns in dieser Vielfalt gegenseitig bereichern können. Die dritte und vierte Doppelstunde dient der Vorbereitung auf das Zielspiel Basketball. Die fünfte Doppelstunde befasst sich mit der Theorie und die darauffolgende Doppelstunde mit der Praxis des Rollstuhlbasketballs. Sie halten keine fertig gestalteten Unterrichtsstunden in den Händen: Das Material soll dazu einladen, eine Zugangsmöglichkeit am Beispiel kennenzulernen. Es bietet eine Möglichkeit, die Themen Inklusion, Vielfalt, individuelles Sosein und Gleichheit zu bear- beiten – sicherlich gibt es hierzu noch viele andere Ideen. Die sechs geplanten Unterrichtsstunden belaufen sich auf jeweils 90 Minuten und sind optimale Vorbereitung in Theorie und Praxis. Die erste Doppelstunde behandelt dabei das Thema Inklusion im Allgemeinen und bietet einen Einstieg über einen erlebnispädago- gischen Ansatz. Die Unterrichtsstunden drei und vier beziehen sich auf „Fußgänger“-Basketball und in den letzten beiden Unterrichts- stunden werden die Regeln und Besonderheiten des Rollstuhlbasketballs sowie einige Übungen vorgestellt. Mithilfe dieser Unterlagen sollen Sie als Sportlehrkraft in der Lage sein, alle Schüler*innen fachkompetent nach der Idee eines inklusiven Schulsystems zu fördern. 2
Methodik und Didaktik Inklusion, darunter versteht man ein bedingungsloses Gefühl von Zugehörigkeit und Gleichheit, aber wie vermittelt man das Schülern im Unterricht? Wichtig ist am Schluss nicht, dass sie auf die Frage, was Inklusion sei, die kürzeste Definition fehlerfrei aufsagen kön- nen, sondern dass sie die Idee hinter inklusivem Unterricht verstehen. Die Schüler sollen selber erfahren, was Inklusion bedeutet und wie sie dazu beitragen können, einen Unterricht inklusiv zu gestalten. Daher ist es in dieser Einheit besonders wichtig, den Schülern viel Freiraum bei der Entwicklung ihrer eigenen Konzepte zum Thema Inklusion zu lassen. Eine entscheidende Rolle für das Gelingen des Projekts spielen auch die regelmäßigen Reflexionsphasen, in der die Schüler*innen die Möglichkeit haben, ihr eigenes Handeln zu hinterfragen und sich als Gruppe damit auseinanderzusetzen. Das schafft die Voraus- setzung, zusätzlich zu den praktischen Erfahrungen den Inklusionsgedanken zu vermitteln. Das folgende Material enthält eine Auswahl an Übungen und Anregungen zum Thema Inklusion an hessischen Schulen. Sowohl die Auswahl als auch die Anzahl der Übungen hängt vom Alter und vom Kenntnisstand der Gruppe ab. Ebenfalls davon abhängig sind das Maß der Theorie und der Zeitplan. Jede Klasse geht mit einer anderen Vorstellung und anderen Bedürfnissen in das Projekt, daher ist es besonders wichtig, auf die Schüler*innen einzugehen und Zeitplan und Inhalt individuell an die Gruppe anzupassen. Es ist außer- dem möglich, die Unterrichtseinheiten fächerübergreifend zu gestalten, indem beispielsweise die Theorie zum Thema Inklusion im Sozialkunde-Unterricht behandelt wird. Das offizielle Regelwerk des Deutschen Rollstuhl-Sportverbands e. V. für Rollstuhlbasketball und Mini-Rollstuhlbasketball finden Sie auf der Website des Verbands als PDF-Datei zum Download unter diesen Links: http://www.drs-rbb.de/das-spiel/regel-crashkurs.html und http://www.drs-rbb.de/fileadmin/media/drs-rbb/handbuch/HB-B_I--RBB-Regeln.pdf Überblick über die Unterrichtsreihe: UE Inhalt 1. Doppelstunde Inklusion – praktischer Einstieg: „Wir erobern gemeinsam den Mattenturm“; erste Erfahrungen mit dem Thema Inklusion 2. Doppelstunde Inklusion – Theorie: Unterschiede und Gemeinsamkeiten; Kurzfilme der Aktion Mensch; Reflexion der Filme unter bestimmten Fragestellungen; mögliche Stundenabschlüsse 3. Doppelstunde Zehnerball, Passen und Fangen, Zweiballwurf, Inselspiel, Schattenprellen, Jäger und Hase 4. Doppelstunde Mehrtoreball, Prellen mit Positionswechsel, Kreiswerfen, Ballprellen im Kreis, Korbleger, Rückwärtsball 5. Doppelstunde Theorie und Geschichte des Rollstuhlbasketballs 6. Doppelstunde Übungen zu den Grundtechniken: Schattenfahren, Ball vom Boden aufnehmen, Romeo und Julia, Dribbelübung, Nummern- wettlauf, Zehnerball, Zielspiel Rollstuhlbasketball Material: • Mattenturm – Beobachtungsauftrag • Mattenturm – Spielanleitung und Regeln • Mattenturm – Vielfaltkarten • Mattenturm – Brillensammlung • Mattenturm – Aufbauplan 3
Diese Unterrichtsreihe entstand in Zusammenarbeit mit Martina Böger, Förderschullehrerin, Bildungsreferentin „Inklusion im Schulsport“ der Zentralen Fortbildungseinrichtung für Sportlehrkräfte des Landes (ZFS), und Annika Karkos, Justus-Liebig-Universität Gießen, und freundlicher Unterstützung von: Hessen 4
1. Doppelstunde UE Inhalt 1. Doppelstunde Inklusion – praktischer Einstieg: „Wir erobern gemeinsam den Mattenturm“; erste Erfahrungen mit dem Thema Inklusion 5
1. Doppelstunde in der Sporthalle: „Wir erobern gemeinsam den Mattenturm“ Erlebnispädagogik als eine Methode des Erfahrungslernens ermöglicht den Schüler*innen einen emotionalen Zugang zu ihren eige- nen Empfindungen und zu dem Thema Vielfalt. Die Herausforderung für die Schüler*innen besteht in der gemeinsamen Lösung der kooperativen Aufgabe. Ablauf: Nach einem Aufwärmspiel setzen sich die Schüler*innen in den Sitzkreis. Sie bekommen vorerst die Information, dass sie gemeinsam eine schwierige Aufgabe lösen müssen. Bevor die Aufgabe den Schüler*innen erklärt wird, wird ihnen der Aufbau des Mattenturms (s. Aufbauplan) erläutert. Nach dem gemeinsamen Aufbau und der Absicherung des Mattenturms treffen sich alle wiederum im Sitz- kreis. Ihnen werden die Aufgabe und die geltenden Regeln (s. Mattenturm-Regeln) erklärt: Alle Schüler*innen müssen auf diesen Turm steigen. Dabei dürfen sie keine Hilfsmittel (z. B. kleine Kästen, die Trageschlaufen der Weichböden) verwenden. Sie müssen sich ge- genseitig helfen und unterstützen. Damit diese Aufgabe gelingen kann, bekommen sie eine Beratungszeit von ca. 3 - 5 Minuten, in der sie die Lösung dieser Aufgabe planen und diskutieren können. Zudem bekommen sie noch erschwerende Handicaps hinzu. Anhand von Vielfaltkarten (s. Mattenturm-Vielfaltkarten) ziehen (je nach Klassengröße und Ermessen der Lehrperson) 3 - 5 Schüler*innen ein Handicap (Sehbeeinträchtigung; Hörbeeinträchtigung; körperliche Beeinträchtigung). Diese sollten grundsätzlich gefragt werden, ob sie sich die Aufgabe mit Handicap zutrauen. Gegebenenfalls kann zu diesem Zeitpunkt unter den Schüler*innen die Sonderrolle des Beobachters vergeben werden. Hier eignen sich insbesondere Schüler*innen, die nicht am Sportunterricht teilnehmen können. Der Beobachter bekommt einen vorbereiteten Beobachtungsbogen (s. Anhang), der die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte innerhalb der Beratungszeit und der Durchführung der Aufgabe fokussiert. Sind die verschiedenen Rollen (Handicaps/Beobachter) verteilt, gehen die Schüler*innen in die Beratungszeit und überlegen sich ei- nen möglichen Lösungsweg. In der Beratungszeit sollte sich die Lehrperson zurückziehen und Beobachter von außen sein. Lediglich in Konfliktsituationen sollte vermittelnd eingegriffen werden. Bei der Durchführung der Aufgabe steht die Lehrperson begleitend und sichernd dabei. Die Aufgabe ist gelöst und bewältigt, wenn alle Schüler*innen auf dem Mattenturm waren und sicher wieder herun- tergekommen sind. Im direkten Anschluss daran werden die Schüler*innen zu einer Auswertungsrunde in den Sitzkreis gebeten; die Schüler*innen mit Handicap dürfen dieses „ablegen“. Zuerst werden die Beobachter aufgefordert, ihre Eindrücke zu schildern, die sie unterstützt durch die Beobachtungsbögen notiert haben. Die Erfahrungen der Schüler*innen ergänzen den Eindruck der Beobachter. Gemeinsam wird nach Lösungen gesucht, wie alle Schüler*innen besser in die Lösung der Aufgabe (Planung und Durchführung) eingebunden werden können. Die Lösungen werden notiert (z. B. ein Schüler mit Handicap bekommt einen „Paten“ an seiner Seite). Sollte die Zeit noch reichen, kann ein weiterer Durchgang nach den Überlegungen der Schüler*innen durchgeführt werden. Die Schüler*innen entscheiden dabei selbstständig, ob die Handicap-Rollen neu verteilt werden. Auch jetzt sollte eine erneute Beratungs- zeit gegeben werden, da sowohl im Umgang mit den Schüler*innen mit Handicap als auch in der Durchführung Veränderungen möglich sein sollen. Eine weitere Reflexionsphase könnte den zweiten Durchgang abschließen. Hierfür bietet sich das Punkteblitzlicht an. Alle Schüler*innen sitzen im Sitzkreis und schließen die Augen. Die Lehrperson stellt eine Frage (Beispiele s. u.) zum Ablauf der kooperativen Aufgabe. Die Schüler*innen bewerten diese mit ihren Fingern (von 10 Finger positiv absteigend bis 0 Finger negativ). Die Augen bleiben so lan- ge geschlossen, bis die Lehrperson das Kommando zum Öffnen gibt. Hierbei werden die Hände mit der Fingerbewertung oben gelas- sen, so dass alle Schüler*innen die Bewertungen der anderen erkennen können. Schüler*innen mit besonders hoher Bewertung kön- nen nun kurz erläutern, warum sie diese gegeben haben – umgekehrt auch niedrige Bewertungen. Unterschiedliche Wahrnehmungen werden hier besonders deutlich gemacht. mögliche Reflexionsfragen: • Wie sehr war ich in den Lösungsprozess von der Beratungszeit bis zur Besteigung des Mattenturmes beteiligt? • Wurde mein Lösungsvorschlag gehört? 6
Ziele • sich konstruktiv in Gruppenprozesse einbringen • mit Unterschieden umgehen • Toleranz gegenüber Menschen mit Handicap entwickeln, • Konfliktlösungsstrategien und faires Verhalten entwickeln • Vielfalt bewusst machen und erkennen Didaktische Hinweise Die Durchführung dieser kooperativen Aufgabe sollte in Klassen mit Konfliktpotenzial durch einfachere kooperative Aufgaben1 und ohne Vielfaltkarten vorbereitet werden. Dies bedarf in der Regel einer Unterrichtseinheit zum Thema Erlebnispädagogik (Bezug Bildungsstandards: Leitidee: soziale Interaktion; Inhaltsfeld: Spielen). Sollte die Klasse Vorerfahrungen mit erlebnispädagogischen Problemlöseaufgaben haben bzw. ein sehr kooperatives Verhalten mit- bringen/zeigen, ist es durchaus möglich, dass die Handicaps an die Schüler*innen vor Aufbau des Mattenturms und vor der Spieler- klärung mit Hilfe der Vielfaltkarten vergeben werden. Die Schüler*innen würden sich dann direkt in die Rolle eines Menschen mit Be- einträchtigung begeben. Die Lehrperson ist Anleiter*in, Begleiter*in und Beobachter*in und hält sich bei der Findung von Lösungen und aus den Gruppenpro- zessen heraus. Lediglich bei Konflikten, die die Klasse nicht mehr alleine lösen kann, muss die Lehrperson regulierend eingreifen. Materialien: • Mattenturm (s. Aufbauplan): 3 große Sprungkästen (maximale Höhe beachten) max. 5 Niedersprungmatten Fallschutzmatten (Sicherung um den Mattenberg) • Vielfaltkarten (Die Karten „ohne Beeinträchtigung“ müssen so oft ausgedruckt werden, dass sie zusammen mit den Handicap- Karten der Klassengröße entsprechen.) • Blindtücher oder beklebte Schutzbrillen aus dem Baumarkt (s. Zeichnung) • Gehörschutz (Baumarkt) • Kreppband (motorisches Handicap: ein Arm wird mit Kreppklebeband an den Körper geklebt) • Beobachtungsbögen; Stifte; Papier zum Aufschreiben der Vereinbarungen 1 Literatur dazu beispielsweise: Gilsdorf/Kistner: Kooperative Abenteuerspiele. Band 1 und 2 7
2. Doppelstunde UE Inhalt 2. Doppelstunde Inklusion – Theorie: Unterschiede und Gemeinsamkeiten; Kurzfilme der Aktion Mensch; Reflexion der Filme unter bestimmten Fragestellungen; mögliche Stundenabschlüsse Die Erkenntnisse aus der erlebnispädagogischen Unterrichtsstunde sollen in dieser theoretischen Stunde zusammengefasst und vertieft werden. Wichtig ist hierbei, dass die gemachten Erfahrungen aus der Aufgabe „Mattenturm“ auf das Thema Inklusion über- tragen werden. Die folgende Unterrichtsstunde ist in verschiedene Phasen gegliedert: 1. Unterschiede und Gemeinsamkeiten 2. Kurzfilme: „Das erste Mal“ und/oder „Neue Nähe“ mit Fragen zum Film 3. Reflexion des Films/der Filme unter bestimmten Fragestellungen 4. Mögliche Stundenabschlüsse 8
1. Unterschiede und Gemeinsamkeiten2 Unsere Zugehörigkeit zu Gruppen ist vielseitig und kann sich ständig im Wechsel befinden. Diese Übung vermittelt das Gefühl, sich mal in der Mehrheit und mal in der Minderheit wiederzufinden. Gemeinsamkeiten und Unterschiede sollen wahrgenommen und geachtet werden. Ablauf: Im Raum hängen zwei Schilder, eines mit der Aufschrift „ich“, das andere mit der Aufschrift „ich nicht“. Wenn der Übungsleiter eine Frage gestellt hat, positionieren sich die Schüler*innen jeweils schweigend, halten kurz inne und schauen sich um: Mit wem bin ich zusammen? Gehöre ich zur Mehrheit oder zur Minderheit? Wie geht‘s mir in der jeweiligen Position? Kommentare sind nicht zugelas- sen. Jeder kann selbst entscheiden, ob er auf eine Frage antworten will oder nicht. Beispielfragen: • Wer von euch ist ein Mädchen/eine Frau? • Wer von euch ist ein Junge/Mann? • Wer von euch ist Linkshänder? • Wer von euch ist heute mit dem Auto in die Schule gekommen? • Wer von euch ist als Kind bei Vater und Mutter aufgewachsen? • Wer von euch hat mehr als zwei Geschwister? • Wer von euch kann mehr als zwei Sprachen sprechen? • Wer spielt ein Instrument? • Wer von euch ist in der Schule schon mal sitzen geblieben? • Wer macht regelmäßig Sport? • Wer nimmt gerne am Sportunterricht teil? • Wer von euch ist in Deutschland geboren? • Wer lebt an dem Ort, wo er auch geboren wurde? Fragen, die einen Bezug zur erlebnispädagogischen Aufgabe „Mattenturm“ herstellen: • Wer von euch musste schon mal Hilfe annehmen? • Wer hat sich schon mal hilflos gefühlt? • Wer hatte schon mal das Gefühl, von anderen Menschen fremdbestimmt zu werden? • Wer hat schon mal in einem Rollstuhl gesessen oder hatte eine andere motorische Einschränkung wie z. B. Beinbruch? • Wer hat sich schon mal ausgegrenzt gefühlt? Ziele • Wahrnehmen des eigenen Minderheits- bzw. Mehrheitsstatus • Gemeinsamkeit und Verschiedenheit zwischen Menschen erfahren • Wahrnehmen, dass jeder gleichzeitig verschiedenen Gruppen angehört Didaktische Hinweise Jeder darf frei entscheiden, ob er auf die jeweilige Frage antworten will. (Wer nicht wahrheitsgemäß antworten will, darf hier mal „schummeln“ bzw. sich in der Mitte des Raumes positionieren.) Reflexion Die Reflexion dieser Aufgabe kann mit der gesamten Lerngruppe ausgeführt werden. Es ist aber auch durchaus möglich, Kleingruppen zu bilden. • Bei welchen Fragen fühlte ich mich unwohl? • Welche Art von Fragen hat die stärksten Reaktionen hervorgerufen? • Welche Gefühle löste die Zugehörigkeit bei einer Minderheit aus, wenn die Frage eher persönlich war? 2 http://www.miteinander-ev.de/servicestelle-miteinander/integration.pdf 9
2. Kurzfilme der Aktion Mensch: „Neue Nähe“ und/oder „Das erste Mal“ Beide Kurzfilme beschäftigen sich mit dem Thema Begegnung von Menschen mit Behinderung und ohne Behinderung – von Menschen, die eine sehr große Minderheit in unserer Gesellschaft darstellen. Sie regen zum Nachdenken an und beschäftigen sich mit den Bar- rieren, die viele Menschen im Kopf haben. Kontaktängste, die zu Beginn der Filme deutlich zu spüren und mitzufühlen sind, werden durch die offene Begegnung miteinander, durch die Kommunikation und das dadurch entstehende Kennenlernen ausgelöscht. Im Folgenden werden die Filme nacheinander kurz beschrieben und die möglichen Reflexionsfragen vorgestellt, die mit den Schüler*innen besprochen werden können. Je nach Alter der Schüler*innen und deren Reflexionsfähigkeit sollte einer der Filme ausgewählt werden. Ziele: • Auseinandersetzung mit dem Thema Berührungsängste und Barrieren • Erkennen, dass man nur durch Aktivität Menschen begegnen kann • Erkennen, dass Offenheit für die Vielfalt der Menschen um uns herum Vorurteile ausschließt • Reflexion des eigenen Handelns und eigenes Handeln anregen Informationen zum Film: „Neue Nähe“ Inhalt: Kinder unterschiedlichen Alters werden mit verschiedenen technischen Geräten konfrontiert. Sie stellen Vermutungen an über den Sinn und Zweck dieser technischen Geräte. Die Nutzer*innen dieser technischen Hilfsmittel kommen dazu und es entwickelt sich über diese Hilfsmittel eine Kommunikation und Begegnung, die Nähe zueinander ermöglicht. Autor: Aktion Mensch Bezugsquelle: https://www.aktion-mensch.de/neuenaehe/ Dauer: 5:03 Minuten 10
Informationen zum Film: „Das erste Mal“ Inhalt: In einem Casting zu einem Fernsehspot einer sozialen Organisation sollen Paare, die sich nicht kennen, verschiedene Situationen darstellen. Vor der Kamera treffen sich jeweils ein Mensch mit und ein Mensch ohne Behinderung. Ihnen wird aufgetragen, verschie- dene Situationen zu entwickeln und zu spielen: ein Begrüßungsritual und eine Einkaufsberatungssituation. Zuerst sind die Menschen ohne Behinderung irritiert über ihr Gegenüber. Ihr Verhalten ist gehemmt und zurückhaltend. Mit der Bewältigung der Aufgaben ver- lieren sich wie von selbst die Berührungsängste. Autor: Aktion Mensch Bezugsquelle: https://www.aktion-mensch.de/begegnung/menschen-begegnen/ casting-der-besonderen-art.html Dauer: 2:48 Minuten Zentrale Botschaft beider Filme: Wir alle haben Berührungsängste und Vorurteile anderen Menschen gegenüber. Wir denken oft in Kategorien. Eine Begegnung mit Vielfalt macht unsicher und verursacht Angst. Wenn wir offen aufeinander zugehen, sind wir alle in der Lage, diese Barrieren zu über- winden. Dazu müssen wir aktiv werden. Jede Begegnung kann ein Anfang dazu sein! 11
3. Reflexion des Films/der Filme unter bestimmten Fragestellungen Die Reflexionsfragen zum Film können ebenso in Kleingruppen oder mit allen Schüler*innen besprochen werden. Fragen zu den Filmen: • Wodurch zeichnet sich das Verhalten der Menschen zu Beginn des Films/beider Filme aus? • Beschreibe das Verhalten! • Wodurch verändert sich das Verhalten der Menschen? • Was hilft ihnen, die Berührungsängste zu überwinden? • Wie gehen die Menschen auseinander? • Was würde euch helfen, Barrieren zwischen euch und Menschen, die Berührungsängste bei euch verursachen, abzubauen? 4. Mögliche Stundenabschlüsse 1. Gespräch über Möglichkeiten, Barrieren abzubauen Eine Möglichkeit könnte dabei sein, gemeinsam Sport zu treiben. Hier bietet Rollstuhlbasketball ein bewegungsintensives und freudiges Begegnungsfeld, das ein Teilhaben aller ermöglicht. 2. Gespräch über das Thema Inklusion Hierzu bietet sich wiederum der Kurzfilm „Inklusion in 80 Sekunden erklärt“ der Aktion Mensch an. Unterrichtsmaterialien dazu findet man auf der Website der Lebenshilfe e. V. unter: https://www.lebenshilfe.de/schulinklusion/inklusion-im-unterricht/arbeitsblaetter.php 3. Vorbereitendes Gespräch über das bevorstehende Projekt „Rollstuhlbasketball – Inklusion an hessischen Schulen“, das Berührungsängste abbaut oder Erwartungen klärt. 12
3. Doppelstunde (Basketball) UE Inhalt 3. Doppelstunde Zehnerball, Passen und Fangen, Zweiballwurf, Inselspiel, Schattenprellen, Jäger und Hase 13
Zehnerball Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Sicheres Fangen des Balls, gezieltes und kontrolliertes Passen des Balls, kooperative Zusammenarbeit, Kommunikation Spielerklärung (Gruppenübung): Die Schüler*innen werden in vier Teams aufgeteilt (durch Leibchen oder Bänder kenntlich gemacht), so dass jeweils zwei Teams in einem vorgegebenen Spielfeld spielen. Ein Team erhält zu Beginn den Ball und soll sich diesen innerhalb des Teams zehn Mal zupas- sen, ohne dass die gegnerische Mannschaft den Ball abfängt. Es sind sowohl Boden- als auch Brustpässe erlaubt, der Ball darf jedoch nicht gedribbelt werden. Gelingt es dem anderen Team, den Ball abzufangen oder wird der Ball außerhalb des Feldes gefangen, so ist dieses Team am Zug. Die Pässe werden laut mitgezählt, für zehn erfolgreiche Pässe gibt es einen Punkt und das andere Team erhält den Ball. Wer die meisten Punkte erzielt, gewinnt das Spiel. Sicherheitstipps:. • Zu Beginn sollte ein weicher Elefantenhautball benutzt werden (bei höherem Niveau ein Basketball) • Es dürfen keine Bälle herumliegen • Bei der Gruppeneinteilung sollte auf die individuellen Stärken eingegangen werden • Die Mitspieler*innen müssen aufmerksam sein und auf ihre Mitspieler*innen achten Variationsmöglichkeiten: • Verwendung von unterschiedlichem Ballmaterial Das Spielfeld wird in vier Zonen eingeteilt, in jeder Zone befinden sich etwa gleichstarke Schüler*innen der beiden Teams, die gegeneinander spielen. Der Ball darf in alle vier Zonen gelangen, die Schüler*innen müssen aber jeweils in ihren Zonen bleiben. 14
Passen und Fangen Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Sicheres Fangen des Balls, gezieltes und kontrolliertes Passen verbessern, basketballspezifische Technik erlernen Spielerklärung (Partnerübung): Die Schüler*innen stehen sich in zwei Reihen gegenüber und passen sich partnerweise den Ball zu. Die Entfernung und die Wurftech- nik bestimmen die Schüler*innen dabei zunächst selbst. Sicherheitstipps: • Es dürfen keine Bälle herumliegen. • Wenn ein Ball kreuzt, sollte ein Warnruf erfolgen • Die Mitspieler*innen müssen aufmerksam sein und auf ihre Mitspieler achten. Variationsmöglichkeiten: • Verwendung von unterschiedlichem Ballmaterial • Druckpass mit immer größerer Entfernung • Bodenpass • Pässe mit zwei Bällen gleichzeitig • Zwei verschiedene Passformen kombinieren • Gleichzeitiges Passen mit Fuß und Hand • Kreatives gleichzeitiges Passen 15
Zweiballwurf Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Genaues Passen und Fangen von Bällen, Auge-Hand-Koordination, Ballgefühl Spielerklärung (Partnerübung): Zwei Spieler*innen stehen sich gegenüber, der eine hat zwei Bälle in der Hand. Der Ballhaltende passt gleichzeitig beide Bälle seinem Mitspieler zu. Der Fänger fängt die Bälle mit ausgestreckten Armen und stabilisiert (kontrolliert) sie, indem er sie gegen die Brust drückt. Die Pässe sowie die Ballannahme müssen stets sauber und kontrolliert sein. Zu Beginn sollte der Abstand zwischen den Partnern sehr gering sein, mit steigendem Leistungsniveau können die Partner den Abstand dann vergrößern und die Bälle nur noch mit der Hand fangen. Die Geschwindigkeit des Passens und Fangens kann auch erhöht werden, aber immer beachten: Qualität vor Quantität! Sicherheitstipps: • Richtiges Ballmaterial verwenden (große Bälle, die leicht zu fangen sind). • Zu Beginn sollten zwei gleiche Bälle verwendet werden. • Genug Abstand zwischen den Gruppen. • Genauigkeit vor Kraft. Variationsmöglichkeiten: • Unterschiedliches Ballmaterial (z. B. ein Handball und ein Elefantenhautball) • Aufgabe für den Werfer, dass sich die Bälle in der Luft berühren, der Fänger muss in der Lage sein, die Bälle trotzdem zu fangen. Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _13 Zweiballwurf 16
Inselspiel Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Alle Spieler*innen müssen auf der Insel (Matte) stehen. Sicheres Fangen, gezieltes Werfen Spielerklärung ( Gruppenübung): Es werden zu Beginn zwei (möglichst gleichstarke) Teams gebildet. Jedem Team wird eine Matte zugewiesen, zudem werden drei Abwurflinien markiert, eine an der anderen Hallenseite und die anderen zwei in gleichen Abständen zwischen Matte und erster Abwurflinie. Nun bestimmt jedes Team einen Fänger, der sich auf der Matte positioniert, die restlichen Mitspieler stellen sich hinter die erste Abwurflinie. Nun versucht ein Mitspieler, einen Ball zum Fänger auf der Matte zu werfen, ohne dass der Ball dabei den Boden berührt. Ist dieser Pass erfolgreich, darf der Mitspieler sich auf die Matte stellen. Ist der Pass jedoch nicht erfolgreich, muss der Mitspieler sei- nen eigenen Ball wieder holen und der nächste Spieler darf werfen. Im Fall eines Fehlschlags darf der Spieler im nächsten Versuch eine Markierung weiter nach vorne rücken, somit wird es von Versuch zu Versuch leichter. Das Team, das als erstes alle Spieler auf ihrer Insel (Matte) versammelt hat, hat gewonnen. Hinweis: Unterschiedliche Leistungsstände der Gruppen können auch durch unterschiedliches Ballmaterial ausgeglichen werden, z. B. schlech- ter fliegende Bälle. Sicherheitstipps: • Ausreichender Sicherheitsabstand zwischen den beiden Teams. • Wenn ein Ball in den Bereich des anderen Teams gelangt, sollte ein Warnruf erfolgen. • Die Spieler sollten jederzeit aufmerksam und umsichtig handeln (Mitspieler und Bälle im Blick behalten). Variationsmöglichkeiten: • Spiel mit einem Fußball, der dann mit dem Fuß gestoppt werden muss • Übung mit Rückwärtswurf durchführen, somit wird das Zielen stark erschwert Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _03 Inselspiel 17
Schattenprellen Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Ein Spieler macht eine Bewegung mit dem Ball vor und der Mitspieler macht sie nach. Ballgefühl wird verbessert, Kreativität, genaues Beobachten Spielerklärung (Gruppenübung): Zwei Spieler*innen bekommen jeweils einen Ball (Gruppengröße kann auch variiert werden, auch größere Gruppen sind möglich), sie laufen in einer Reihe hintereinander durch die Halle. Der vordere Spieler macht eine Übung vor und die restliche Gruppe macht die Übung nach. Nach einiger Zeit wechselt die Gruppe ihre Rolle und ein anderer Mitspieler macht Übungen vor. Hinweise: Diese Übung ist sehr komplex, da man alle Drehungen und Tempovariationen des ersten Spielers sehr schnell nachmachen muss. Wenn also die anderen Spieler*innen die Übung nicht nachmachen können, sollte man anhalten und die Bewegung den Mitspielern zunächst langsam zeigen. Danach kann die Gruppe sich wieder in Bewegung setzen. Sicherheitstipps: • Schmuck und Uhren ablegen. • Bälle sind gut zu kontrollieren und zu prellen. • Der Tempowechsel darf nur dann stattfinden, wenn alle Mitspieler*innen der Gruppe ihren Ball unter Kontrolle haben. • Aufmerksam auf Mitspieler*innen und Ball achten. Variationsmöglichkeiten: • Kreativität ist gefragt: Würfe, Handwechsel, Abstoppen, Tempovariation … Spielaufbau: Video siehe: Ballsport, aber sicher! _06 Schattenprellen 18
Jäger und Hase Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Sicheres Dribbeln und Kontrolle über den Ball, mit dem Ball bewegen Spielerklärung (Gruppenübung): Die meisten Schüler*innen sind die Hasen, bekommen einen Ball und dribbeln durch die Halle. Ein Schüler*in ist der Jäger und hat keinen Ball, er/sie versucht den Hasen den Ball abzunehmen. Hat er das geschafft, wird der Ball in einen Ballwagen gelegt und der Hase wird auch zum Jäger. Das Spiel ist zu Ende, wenn keine Hasen mehr übrig sind. Sicherheitstipps: • Es dürfen keine Bälle herumliegen. • Die Mitspieler*innen müssen aufmerksam sein und auf ihre Mitspieler achten. Variationsmöglichkeiten: • Verliert ein Hase seinen Ball, übergibt er seinen Ball an den Jäger und wird selbst der Jäger • Zu Beginn werden zwei bis vier Jäger (je nach Gruppengröße) festgelegt. Wenn ein Hase den Ball verliert, bleibt er breitbeinig stehen und hält seinen Ball über den Kopf. Die Hasen können sich gegenseitig befreien, indem ein freier Hase durch die Beine eines gefan- genen Hasen dribbelt. Ziel der Jäger ist es, dass sich kein Hase mehr bewegen kann. 19
4. Doppelstunde (Basketball) UE Inhalt 4. Doppelstunde Mehrtoreball, Prellen mit Positionswechsel, Kreiswerfen, Ballprellen im Kreis, Korbleger, Rückwärtsball 20
Mehrtoreball Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Um einen Punkt zu erzielen, muss der Ball von einem Spieler zu einem Mitspieler durch ein Tor gepasst werden. Berührt ein gegneri- scher Spieler dabei den Ball, zählt der Punkt nicht. Sicheres Passen und Fangen, kooperatives Zusammenspiel, Anbieten, Orientierung im Raum, peripheres Sehen Spielerklärung (Gruppenübung): Auf den Boden werden Tore mit einer Breite von ungefähr einem Meter gelegt. Es müssen immer mehr Tore als Spieler in einem Team sein (5 Spieler in einem Team = 6 Tore), so können die Spieler die Tore nicht zustellen. Ein Pass durch ein Tor gibt einen Punkt, dabei gelten unsaubere Pässe nicht, der Mitspieler muss also nach dem Fangen den Ball unter Kontrolle haben. Nach einem erfolgreichen Punkt wechselt der Ballbesitz und es wird mit einem Einwurf begonnen. Das Team, das nach einer bestimmten Zeit die meisten Punk- te erzielt hat, gewinnt. Sicherheitstipps: • Schmuck und Uhren ablegen! • Aufmerksam auf Mitspieler*innen und Ball achten, wichtig hierbei: körperloses Spiel. • Regeln dem Können der Gruppe anpassen. • Die Tormarkierungen müssen aus einem flexiblen Material sein, damit sich niemand verletzen kann. Variationsmöglichkeiten: • Durchführung mit unterschiedlichem Ballmaterial (Futsal, Fußball, Handball, Basketball …) • Mehrere Bälle gleichzeitig ins Spiel bringen Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _02 Mehrtoreball 21
Prellen mit Positionswechsel Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Zwei Spieler*innen prellen ihren Ball auf den Boden, der Partner muss diesen fangen. Fangen, Orientierung zum Ball, Reaktionsfähigkeit und situationsabhängige Bewegung, kooperatives Zusammenarbeiten und Kom- munizieren Spielerklärung ( Partnerübung): Zwei Spieler stehen sich gegenüber, jeder Spieler hat einen Ball in der Hand. Sie prellen nun ihren Ball gleichzeitig vor sich auf den Boden in Richtung des Partners. Nach dem Wurf müssen die Spieler den Ball vom Partner erlaufen und fangen, bevor er auf dem Boden aufkommt. Die Geschwindigkeit kann je nach Können erhöht werden, sodass die Spieler im Kreis laufen. Wichtig ist, dass es für den Partner immer noch möglich ist, den Ball zu fangen. Hinweis: Je größer der Abstand zwischen den Spielern ist, desto schwieriger ist auch die Übung. Es sollte ein Kommando vereinbart werden, damit gleichzeitig gepasst wird. Sicherheitstipps: • Richtiges Ballmaterial verwenden (Ball muss gut prellen). • Genug Abstand zwischen den Gruppen lassen. • Die Laufwege müssen vorher abgestimmt werden. • Rücksicht auf andere nehmen. • Warnruf bei kreuzenden Bällen und die Übung unterbrechen. Variationsmöglichkeiten: • Unterschiedlich weiter Abstand der Spieler Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _10 Prellen mit Positionswechsel 22
Kreiswerfen Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Sicheres Fangen des Balls, gezieltes und kontrolliertes Anwerfen des Balls, kooperative Zusammenarbeit Spielerklärung (Gruppenübung): Die Spieler*innen stehen im Kreis, jeder Spieler hat einen Ball in der Hand, gleichzeitig (auf ein Kommando des Lehrers oder eines Mitspielers) werfen alle ihren Ball in die Luft. Während der Ball in der Luft ist, rotieren alle eine Position nach links und fangen dann den Ball des Nachbarn auf. Ist die Übung zu schwierig für die Schüler*innen, mit einem Ball starten und nach und nach weitere Bälle dazunehmen. Sicherheitstipps: • Miteinander sprechen und Kommandos ausmachen. • Es dürfen keine Bälle herumliegen. • Bei der Gruppeneinteilung sollte auf die individuellen Stärken eingegangen werden. • Die Mitspieler*innen müssen aufmerksam sein und auf ihre Mitspieler achten. • Wenn die Positionen durch Hütchen markiert werden, müssen diese flexibel sein, damit keine Verletzungsgefahr besteht. Variationsmöglichkeiten: • Verwendung von unterschiedlichem Ballmaterial Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _04 Kreiswerfen 23
Ballprellen im Kreis Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Die Spieler müssen den Ball des Nachbarn, nachdem der Ball auf den Boden geprellt wurde, sicher fangen. Sicheres Fangen, kooperative Zusammenarbeit unter Zeitdruck, Koordination Spielerklärung (Gruppenübung): Die Spieler*innen stehen in einem Kreis und jeder Spieler hält einen Ball in der Hand. Nun prellt jeder Spieler seinen Ball vor sich auf den Boden. Während die Bälle in der Luft sind, rotieren alle Spieler eine Position nach links und fangen den Ball des Nachbarn auf. Hinweis: Es gibt zwei Möglichkeiten, die Übung durchzuführen: 1. Die Übung ist einfacher, wenn jeder Spieler den Ball ein kleines Stück gerade in die Luft wirft, den Ball somit selber prellen lässt. Dadurch springt der Ball nicht so schnell wieder in die Luft und die Zeit für den Wechsel der Position ist länger. 2. Die Übung ist also schwieriger, wenn jeder Spieler den Ball aktiv (mit der Hand) auf den Boden prellt. Der Ball springt so schnel- ler vom Boden in die Luft und die Zeit für den Positionswechsel ist kürzer. Sicherheitstipps: • Es dürfen keine Bälle herumliegen. • Bälle sind gut zu kontrollieren und gezielt zu prellen. • Kommandos ausmachen und miteinander sprechen. • Aufmerksam auf Mitspieler*innen und Ball achten. Variationsmöglichkeiten: • Bälle, die unterschiedlich gut zu prellen sind, erschweren die Übung. Spielaufbau: Video siehe: Ballsport, aber sicher! _05Prellen 24
Korbleger Ziel der Übung und Kompetenzen, die erworben werden: Grundschritte des Korblegers Übungserklärung: Die Schüler*innen gehen je nach Gruppengröße und Anzahl der Körbe in Dreier- bis Fünfer-Gruppen zusammen. Zu Beginn wird allen die Schrittabfolge einmal vorgemacht. Dann sollten diejenigen, die schon Vorerfahrungen haben, und diejenigen, die es schon ver- standen haben, gleichmäßig in den Gruppen verteilt werden. Die „Experten“ schauen zu und geben Tipps, die anderen machen nach- einander Korbleger und holen ihren eigenen Rebound. Nach einer Weile wechseln die Experten. Hinweis: Schrittabfolge: Ausgangsstellung: parallele, schulterbreite Fußstellung Erster Schritt mit dem linken Fuß, gleichzeitig ein Dribbling mit der rechten Hand, danach wird der Ball aufgenommen Es folgt die Schrittfolge: rechts, links mit abschließendem Korbleger Sicherheitstipps: • Es dürfen keine Bälle herumliegen. • Bälle sind gut zu kontrollieren und gezielt zu prellen. Variationsmöglichkeiten: • Korbleger von verschiedenen Positionen aus 25
Rückwärtsball Ziel des Spiels und Kompetenzen, die erworben werden: Um einen Punkt zu erzielen, muss der Ball in das Tor (Weichboden) des gegnerischen Teams geworfen werden. Es darf nur durch die eigenen Beine und rückwärts gepasst werden. Außerdem muss so auch ein Tor erzielt werden. Das Team, das die meisten Tore erzielt, gewinnt. Passen und Fangen, kooperatives Zusammenspiel, Anbieten, Orientierung im Raum, peripheres Sehen Spielerklärung (Gruppenübung, bis zu 20 Teilnehmer): Es werden zwei Teams gebildet, jedes Team bekommt eine Turnmatte (Weichboden), die an der Wand steht, als Tor zugewiesen. Diese gilt es zu verteidigen. Der Ballbesitzer darf mit dem Ball nicht laufen und Pässe und Würfe aufs Tor dürfen nur rückwärts durch die Bei- ne erfolgen. Dabei müssen beide Füße auf dem Boden stehen und der Pass/Wurf muss mit beiden Händen durchgeführt werden. Es ist wichtig, dass vor Spielbeginn klare Regeln festgelegt werden, z. B.: „Wie wird eingeworfen? Wie viele Schritte sind erlaubt: Nur Sternschritt oder ein bis zwei Schritte zur Drehung?“ (Zu Beginn vielleicht sinnvoll, da es einfacher ist.) Sicherheitstipps: • Armbanduhren und sonstiger Schmuck muss abgelegt werden. • Richtiges Ballmaterial verwenden (Empfehlung: großer, weicher Ball, z. B. Elefantenhautbälle, übergroßer, weicher Volleyball). • Die Spieler*innen sollten genug Abstand zum werfenden Mitspieler halten. • Der Ballführende darf nicht zugestellt werden. • Das Regelwerk sollte situativ an die Spieldynamik angepasst werden. Variationsmöglichkeiten: • Unterschiedliches Ballmaterial (z. B. einen Softfootball, Leistungsunterschiede können so ausgeglichen werden, da man nicht einschätzen kann, wo der Ball hinspringt) Spielaufbau: Video siehe: Ballsport – aber sicher! _01 Rückwärtsball 26
5. Doppelstunde (Theorie des Rollstuhlbasketballs) UE Inhalt 5. Doppelstunde Theorie und Geschichte des Rollstuhlbasketballs 27
Einführung in den Rollstuhlbasketball Rollstuhlbasketball Geschichte In der (Fach-)Literatur nimmt Rollstuhlbasketball noch wenig Platz ein. Ein allgemein gültiges Standardwerk über die noch junge Sport- art fehlt. Der folgende Beitrag über die internationalen Anfänge des Rollstuhlbasketballs basiert größtenteils auf Examensarbeiten sowie auf Kongressreferaten. Die Geschichte des organisierten Rollstuhlsports (und damit auch des Rollstuhlbasketballs) beginnt nach dem Ende des Zweiten Welt- krieges und zwar fast parallel in den Vereinigten Staaten sowie in Großbritannien. In beiden Ländern waren die ersten Rollstuhlsport- ler junge Kriegsverletzte, denen innerhalb ihrer medizinischen Rehabilitation Sport als therapeutische Maßnahme verordnet wurde. Das war damals eine wirklich neue, fast revolutionäre Behandlungsmethode für Rückenmarkverletzte. Der räumliche Ausgangspunkt für die Entstehung des Rollstuhlbasketballs (RBB) in den USA waren verschiedene Armeekrankenhäu- ser, die sogenannten Veteran Administration Hospitals (VAH). Die dorthin abgeschobenen jungen Soldaten mit einer Querschnittschä- digung suchten einen Mannschaftssport, der ihnen zugleich Spaß und das Gefühl vermittelte, noch leistungsfähig zu sein. Bereits für das Jahr 1946 sind die ersten Rollstuhlbasketballspiele in VAHs dokumentiert. Die Zahl der Teams wuchs ständig, so dass man sich national in der „Paralyzed Veterans of America (PVA)“ organisierte. 1948 wurde der erste PVA-RoIIstuhlbasketballtitel ausgespielt. Der nächste Schritt war die Gründung von sogenannten Home Town Teams (oder auch: Civilian Teams). Denn sowohl die Zivilgeschä- digten als auch die aus den Krankenhäusern entlassenen Kriegsverletzten wollten Rollstuhlbasketball in ihren Heimatorten spielen. Im Gegensatz zu den PVA-Mannschaften rekrutierten sich diese Teams nun nicht mehr allein aus Kriegsverletzten, sondern aus Zivil- geschädigten und anderen Behinderten, wie Polio-Erkrankten oder Amputierten. Die Home Town Teams gerieten schnell in den Ruf, Profis zu sein, da sie vor zahlenden Zuschauern Demonstrationsspiele veranstalte- ten und dabei auch gegen Nichtbehinderte im Rollstuhl antraten. Für die Austragung dieser Begegnungen suchten sich die Civilian Teams meist einen Sponsor aus dem Bereich des Zivil-, Sozial- und Wohltätigkeitsbereichs. Historisch für die weitere Entwicklung des amerikanischen RBB war das Treffen von sechs Teams zum „First Annual National Wheelchair Basketball Tournament“ in Galesbury/Illinois im April 1949. Sie gründeten während ihres Turniers die National Wheelchair Basketball Association (NWBA). Die NWBA beschloss damals, jährlich ein Turnier auszutragen, um den nationalen RoIIstuhIbasketbaIImeister zu ermitteln. Diese Entscheidung war der Startschuss für einen USA-weiten Spielbetrieb. Gleichzeitig fasste die neugegründete NWBA den bedeutenden Entschluss, dass nur die behinderten Sportler die wichtigen Entscheidungen für die weitere Entwicklung der Liga treffen konnten. Die Einführung des funktionellen Klassifizierungssystems (siehe Kap. Klassifizierung) erleichterte mit Beginn der Saison 1984/85 auch anderen Behinderten (Amputierten etc.) die Möglichkeit, Rollstuhlbasketball zu spielen. Die Fixierung auf den reinen Querschnittsge- lähmtensport im Basketballbereich war damit endgültig beendet. Allerdings stellen die Querschnittsgelähmten auch heute noch 80 Prozent aller Spieler. In Deutschland vergrößerte sich mit der Klassifizierung die Zahl der Teams , so dass in der Saison 2000/2001 140 Teams an den Liga- spielen des Fachbereichs Rollstuhlbasketball teilnahmen. Der Spielbetrieb gliedert sich in die 1. und 2. Bundesliga, 4 Regionalligen und 4 Oberligen und – nach Regionen unterschiedlich – in Landes- und Bezirksligen (daneben gibt es noch einige Freizeitteams). Im Vergleich zu den 1970er-Jahren hat sich damit nicht nur die Zahl der Mannschaften, sondern auch die Zahl der Aktiven (z. Z. rund 2.500) verdreifacht. In der Saison 1990/91 fiel der Startschuss für die 1. Bundesliga (8 Mannschaften), die Durchführung der Spiele erfolgte ab der gleichen Saison sowohl in der 1. Bundesliga als auch in beiden 2. Bundesligen nicht mehr an Sammel-, sondern an Einzelspieltagen. Ab der Saison 1995/96 wurde die 1. Bundesliga auf 10 Mannschaften aufgestockt. Zur Förderung der Frauen beim Einsatz in Männermannschaften wurde die bestehende Bonusregelung ab der Saison 1990/91 insofern geändert, als der betroffenen Mannschaft für jede auf dem Spielfeld befindliche Spielerin (auch für 1,5- und 1-Punkte-Spielerinnen) ein 28
Bonuspunkt gewährt wurde. Nach der Europameisterschaft 1997 in Madrid wurde – in Anlehnung an die Regeln der Eurocup-Wettbe- werbe – der Frauenbonus auf 1,5 Punkte angehoben. Im Jahr 1993 wurde in Donrath zum ersten Mal die Deutsche Meisterschaft der Frauen ausgetragen. Auch die technische Entwicklung der Rollstühle nahm im Verlauf der 1990er-Jahre eine rasante Entwicklung. Der Deutsche Rollstuhl- basketball gab hier richtungsweisende Impulse: 1994 wurde der Rollstuhl mit drei Rädern eingeführt, auf der EM 1997 wurde durch die deutsche Delegation der Rollstuhl mit Stützrad den internationalen Gremien vorgestellt und ab der Saison 1997/98 für den Spielbetrieb zugelassen. Hinzu kommen der negative Sturz der Räder und die körpergenaue Anpassung der Wettkampfrollstühle. Mitwirkung von Minimalbehinderten (MB) und Nichtbehinderten (NB), technische Fortentwicklung der Rollstühle und höherer Trai- ningsaufwand der Spieler haben Rollstuhlbasketball zu einem auch für die Medien im höchsten Maße attraktiven Wettkampfsport gemacht. Über viele Jahre wurde in Deutschland die Nachwuchs- und Jugendarbeit für den RBB vernachlässigt. Inzwischen wurde durch die Kom- mission Kinder- und Jugendsport diese Lücke geschlossen. Im November 1999 fand das erste bundesdeutsche Nachwuchsturnier in Langensteinbach statt. Seitdem werden jährlich in der gesamten Bundesrepublik Jugend-Sichtungsturniere durchgeführt, die sich wachsender Beliebtheit erfreuen. Klassifizierung im Rollstuhlbasketball Rollstuhlbasketball war bis Mitte der 1980er-Jahre ein Sport vornehmlich für Querschnittsgelähmte. Heute spielen in den Teams Sport- lerinnen und Sportler mit den unterschiedlichsten Behinderungsarten und zum Teil auch Nichtbehinderte zusammen. Grundlage für einen fairen Wettbewerb unter diesen Bedingungen bildet die „Funktionelle Klassifizierung“. Den Spielerinnen und Spielern werden entsprechend ihrer verbliebenen Körperfunktion Punkte von 1 bis 4.5 zu geteilt. Die Summe der Punkte der fünf Spieler*innen auf dem Feld darf 14 Punkte nicht überschreiten. Durch diese Begrenzung wird gewährleistet, dass Spielerinnen und Spieler unterschied- licher Handicaps in einem Team zusammenspielen können und stärker eingeschränkte Teams (mit vielen niedrigpunktigen Spieler*innen) gegen eine übermächtige Mannschaft (nur hochpunktige Spieler*innen) geschützt werden. Berücksichtigt werden bei der Klassifizierung nur Körperschäden, die die Spielerin/den Spieler deutlich sichtbar bei den Grundfertig- keiten des Rollstuhlbasketballs (Rollstuhlfahren, Ballkontrolle, Dribbling, Passen, Korbwurf und Rebound) behindern. Die Benutzung von orthopädischen Hilfsmitteln (Korsett, Bein- und Hüftfixierung, Beckengurt etc.) kann die Bewegungsmöglichkeiten einer Spielerin deutlich verbessern. Die Klassifizierung kann sich dadurch zum Teil erheblich (0.5 bis 1 Punkt) verändern. Die wichtigste Fertigkeit zur Beurteilung der Klassifizierung einer Spielerin, insbesondere wenn sie zusätzliche Handicaps aufweist, ist das Starten, Schieben und Lenken des Rollstuhls. Zum Verständnis der Sitzstabilität im Rollstuhl und der möglichen Rumpfbewegungen bei unterschiedlichen Muskelausfällen gibt der passive Bewegungsapparat (Knochen, Gelenke, Bänder) Hinweise. Besonders bewegliche Stellen am passiven Bewegungsapparat sind der Übergang von den Brust- zu den Lendenwirbeln, das Kugelgelenk, gebildet durch die Gelenkpfanne der Hüfte und des Ober- schenkelknochens. 29
Übersicht Klassifizierungspunkte Rollstuhlbasketball: 1-Punkt-Spieler • keine Fixierung der beweglichen Lendenwirbelsäule durch Ausfall der Bauch- und der unteren Rückenmuskulatur • keine befriedigende Rumpftorsion durch den Ausfall der schrägen Bauchmuskulatur • keine Sitzbalance und Torsion des Rumpfes 2-Punkt-Spieler • keine Kontrolle über Hüfte bzw. Hüftgelenk • Fähigkeit, den Oberkörper über der Hüfte auszubalancieren • geringe Fixierung der Lendenwirbelsäule • Rotation des Rumpfes möglich • beim Aufrichten des Rumpfes aus der Vorlage bildet sich ein deutliches Hohlkreuz 3-Punkt-Spieler • ausreichende Hüftkontrolle, kann zumindest aufgerichtet werden • Kontrolle des Oberkörpers an der aufgerichteten Hüfte beim Vor- und Rückbeugen • Oberschenkel sind in der Regel geschlossen und vergrößern die Stützfläche für den Rumpf nach vorne 4-Punkt-Spieler • Abspreitzen eines Beines (oder Oberschenkels) zur Seite möglich, zur anderen Seite hin nicht möglich (gelähmtes Bein, Oberschenkelstumpf kürzer als 2/3 der normalen Länge) • Vergrößerung der Stützfläche des Rumpfes nach einer Seite 4.5-Punkt-Spieler • können beide Beine abspreitzen und damit den Rumpf uneingeschränkt zur Seite beugen. Einseitig Oberschenkelamputierte mit einer Stumpflänge von mehr als 2/3 der normalen Länge sind bereits 4.5-Punkt-Spieler. 30
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