Stern Review: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels
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© Crown copyright 2007 Veröffentlicht mit Genehmigung des britischen Schatzamtes. Der Inhalt dieses Dokuments ist urheberrechtlich geschützt, darf jedoch (mit Ausnahme des Königlichen Wappens und der Logos der Ministerien) in beliebigem Format und Medium kostenlos reproduziert werden, vorausgesetzt, er wird korrekt reproduziert und nicht in einem irreführenden Zusammenhang verwendet. Das reproduzierte Material muss unter Angabe des Titels als Crown Copyright kenntlich gemacht werden. Weitere Informationen über den Stern-Review und die internationalen Anstrengungen zur Bekämpfung des Klimawandels sind auf folgenden Webseiten zu finden: Stern Review im Auftrag des britischen Schatzamtes: www.sternreview.org.uk Ministerium für Auswärtige und Commonwealth-Angelegenheiten: www.fco.gov.uk Ministerium für Umwelt, Ernährung und ländliche Angelegenheiten: www.defra.gov.uk/environment/climatechange/index.htm Climate Change Communications: [www.climatechallenge.gov.uk] zu erreichen über: http://www.direct.gov.uk/en/Environmentandgreenerliving/Thewiderenvironment/Climatechange/index.htm Diese Broschüre wurde auf mindestens 75% Recycling-Papier gedruckt. Wenn Sie sie nicht mehr brauchen, führen Sie sie bitte wieder dem Materialkreislauf zu. Danksagungen Wir danken der Australian Antarctic Division für die Erlaubnis zur Verwendung des Fotos für das Logo und David Barnett für den Entwurf des Logos.
Zusammenfassung 1 Die wissenschaftlichen Beweise sind jetzt überwältigend: Der Klimawandel bringt sehr schwerwiegende STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels globale Risiken mit sich und erfordert eine umgehende weltweite Reaktion. Diese unabhängige Studie wurde vom britischen Schatzkanzler (Finanzminister) zur Vorlage bei ihm selbst ebenso wie beim Premierminister in Auftrag gegeben. Sie ist als Beitrag zur Einschätzung der Beweislage gedacht und soll zu einem besseren Verständnis der wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels führen. Zunächst werden die vorliegenden Erkenntnisse über die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft und die wirtschaftlichen Aspekte einer Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre untersucht. In der zweiten Hälfte befasst sich die Studie mit den komplexen politischen Herausforderungen, die damit verbunden sind, den Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft zu bewältigen und dafür zu sorgen, dass sich die Gesellschaftssysteme an die jetzt schon nicht mehr vermeidbaren Folgen des Klimawandels anpassen können. Die Studie nimmt eine internationale Sichtweise ein. Ursachen und Folgen des Klimawandels sind global, und wirksame, effiziente und angemessene Gegenmaßnahmen von der erforderlichen Größenordnung können nur durch kollektives internationales Vorgehen realisiert werden. Dafür muss die internationale Zusammenarbeit in vielen Bereichen intensiviert werden – insbesondere bei der Schaffung von Preissignalen und Märkten für Kohlendioxid (CO2), der Beschleunigung von Forschung, Entwicklung und Einsatz neuer Technologien und der Förderung von Anpassungsmaßnahmen speziell in den Entwicklungsländern. Der Klimawandel stellt die Wirtschaftssysteme vor eine noch nie da gewesene Herausforderung – er ist das größte und folgenschwerste Marktversagen, das es je gegeben hat. Die wirtschaftliche Analyse muss daher weltweit und auf langfristige Zeithorizonte ausgelegt sein, die ökonomischen Aspekte von Risiko und Ungewissheit in den Mittelpunkt stellen und die Möglichkeit bedeutender, keineswegs marginaler Veränderungen untersuchen. Um diesen Anforderungen zu genügen, greift die Studie auf Konzepte und Methoden aus fast allen wichtigen Bereichen volkswirtschaftlicher Forschung zurück und berücksichtigt auch viele neue Erkenntnisse. Der Nutzen entschiedener frühzeitiger Maßnahmen gegen den Klimawandel überwiegt die Kosten. Die Auswirkungen unseres heutigen Handelns auf künftige Klimaveränderungen zeigen sich erst nach langen Vorlaufzeiten. Was wir heute tun, hat also nur begrenzten Einfluss auf das Klima der nächsten 40 oder 50 Jahre. Andererseits kann das, was wir in den nächsten 10 oder 20 Jahren tun, möglicherweise tief greifende Auswirkungen auf das Klima in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts und im nächsten Jahrhundert haben. Niemand kann die Folgen des Klimawandels mit völliger Gewissheit voraussagen. Aber wir wissen inzwischen genug, um die Risiken zu begreifen. Die Mitigation – also entschiedene Maßnahmen zur Emissionsminderung – ist als eine Investition zu betrachten, d.h. als Kosten, die heute und in den kommenden Jahrzehnten in Kauf genommen werden müssen, um die Risiken sehr schwerwiegender Folgen in der Zukunft zu vermeiden. Wenn bei diesen Investitionen mit Bedacht vorgegangen wird, sind die Kosten tragbar, und es ergeben sich vielfältige Möglichkeiten für Wachstum und Entwicklung. Damit dieser Prozess erfolgreich verläuft, muss die Politik für verlässliche Marktsignale sorgen, Marktversagen beheben und eine angemessene Lastenverteilung sowie Risikominderung in den Mittelpunkt stellen. Das ist im Wesentlichen der konzeptionelle Rahmen dieser Studie.
Die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels sowie Kosten und Nutzen von Maßnahmen zur 2 Minderung der Emission klimaschädlicher Treibhausgase (THG) werden in dieser Studie auf drei verschiedene Weisen untersucht: ◗ mittels so genannter disaggregierter Methoden, wobei die praktischen Auswirkungen des Klimawandels auf die Wirtschaft, die Lebensbedingungen der Menschen und die Umwelt sowie die Kosten verschiedener Technologien und Strategien zur Verringerung der Treibhausgasemissionen separat untersucht werden; ◗ mittels wirtschaftlicher Modellrechnungen wie z.B. integrierter Modelle zur Einschätzung der wirtschaftlichen Auswirkungen des Klimawandels (Integrated Assessment Models) und makroökonomischer Modelle, die die gesamtwirtschaftlichen Kosten und Auswirkungen des Übergangs zu kohlenstoffarmen Energiesystemen darstellen; ◗ mittels Vergleichen der derzeitigen und der künftig zu erwartenden "Sozialkosten der CO2-Emissionen" (also der Kosten, die mit den Auswirkungen jeder zusätzlich ausgestoßenen THG-Einheit verbunden sind) mit den "Grenzkosten" der Emissionsminderung (den Kosten, die mit jeder zusätzlich eingesparten THG-Einheit verbunden sind). Aus allen diesen Blickwinkeln führen die hier zusammengetragenen Erkenntnisse zu einer einfachen Schlussfolgerung: Der Nutzen wirksamer, frühzeitiger Maßnahmen wiegt die damit verbundenen Kosten bei weitem auf. Die Beweise zeigen, dass das Wirtschaftswachstum letztlich Schaden nimmt, wenn wir den Klimawandel ignorieren. Unser Handeln in den nächsten paar Jahrzehnten könnte später in diesem und im nächsten Jahrhundert zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung des wirtschaftlichen und sozialen Lebens führen, und zwar in einer Größenordnung, die den Weltkriegen und der Rezession in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts gleichkommt. Und es könnte sich als schwierig oder gar unmöglich erweisen, die Veränderungen rückgängig zu machen. Langfristig gesehen ist die Bekämpfung des Klimawandels eine wachstumsfreundliche Strategie, die so angelegt werden kann, dass sie die Wachstumserwartungen der reichen ebenso wie der armen Länder nicht zu dämpfen braucht. Je früher wirksame Maßnahmen ergriffen werden, umso weniger kostspielig werden sie sein. Gleichzeitig müssen angesichts der Tatsache, dass der Klimawandel bereits in Gang ist, unbedingt Maßnahmen ergriffen werden, um den Menschen bei der Anpassung an die Klimafolgen zu helfen. Je weniger wir jetzt für die Mitigation tun, desto schwieriger wird sich die Anpassung zukünftig gestalten.
Sonstige energie- Industrie bezogene Abb. 1 Elektrizität (14%) (5%) (24%) Treibhausgasemissionen im Jahre Abfälle 2000, nach Emissionsquellen (3%) Gesamtemissionen im Jahre 2000: 42 GtCO2e NICHT ENERGIEBEZOGENE ENERGIEBEZOGENE Energiebezogene Emissionen sind hauptsächlich EMISSIONEN EMISSIONEN CO2 (einige Nicht-CO2 in Industrie und sonstigen energiebezogenen). Nicht energiebezogene Emissionen sind CO2 Verkehr Landwirtschaft (Landnutzungsänderung) und Nicht-CO2 (14%) (14%) (Landwirtschaft, Abfälle). Gebäude Landnutzungs- (8%) änderung Quelle: Erstellt vom Stern Review anhand von (18%) Daten, die mit dem Climate Analysis Indicators Tool (CAIT), Online-Datenbank Version 3.0 des In der ersten Hälfte der Studie wird untersucht, wie die Erkenntnisse über die wirtschaftlichen Auswirkungen World Resources Institute gewonnen wurden. 3 des Klimawandels und über Kosten und Nutzen von Maßnahmen zur Minderung der Treibhausgasemissionen in den oben beschriebenen konzeptionellen Rahmen einzuordnen sind. STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Die wissenschaftlichen Daten weisen auf steigende Risiken schwerwiegender, irreversibler Klimafolgen bei einem BAU-Emissionspfad hin (BAU = Business As Usual, d.h. "weiter wie bisher"). Die wissenschaftlichen Beweise zu den Ursachen und zukünftigen Pfaden des Klimawandels erhärten sich zunehmend. Insbesondere sind die Wissenschaftler inzwischen in der Lage, dem möglichen Temperaturanstieg und den Auswirkungen auf die natürliche Umwelt, die bei den verschiedenen Stabilisierungsniveaus der THG-Konzentration in der Atmosphäre zu erwarten sind, Wahrscheinlichkeitswerte zuzuordnen. Darüber hinaus wissen die Klimaforscher heute viel mehr über das Potenzial für dynamische Rückkopplungen, die bei Klimaveränderungen in früheren Zeiten die zu Grunde liegenden physikalischen Prozesse massiv verstärkt haben. Die atmosphärische Konzentration von Treibhausgasen (wie u.a. Kohlendioxid, Methan, Distickstoffoxid und eine Reihe von Gasen, die bei industriellen Prozessen entstehen) zeigt infolge menschlicher Aktivitäten zunehmende Tendenz. Die Emissionsquellen sind in Abb. 1. im Überblick dargestellt. Die derzeitige Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre entspricht ca. 430 Teilen pro Million (ppm) CO21, – im Vergleich zu nur 280 ppm vor der Industriellen Revolution. Die derzeitige Konzentration hat bereits bewirkt, dass sich die Welt um mehr als ein halbes Grad Celsius erwärmt hat, und wird aufgrund der Trägheit des Klimasystems im Laufe der nächsten paar Jahrzehnte zu mindestens einem weiteren halben Grad Celsius Erwärmung führen. Selbst wenn das jährliche Emissionsvolumen nicht über die heutigen Mengen hinaus anstiege, würde die Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre bis 2050 ein Zweifaches des vorindustriellen Niveaus erreichen – nämlich 550 ppm CO2e – und danach weiter ansteigen. Das jährliche Emissionsvolumen nimmt jedoch zu, da schnell wachsende Wirtschaftssysteme in CO2-intensive Infrastruktur investieren und der Energie- und Transportbedarf in der ganzen Welt ansteigt. Eine Konzentration von 550 ppm CO2e könnte daher bereits 2035 erreicht werden. Bei dieser Konzentration besteht ein mindestens 77%-iges – je nach verwendetem Klimamodell vielleicht sogar bis zu 99%-iges – Risiko, dass die Weltmitteltemperatur um mehr als 2°C ansteigt. Unter einem BAU-Szenario könnte sich die Treibhausgaskonzentration bis zum Ende des Jahrhunderts mehr als verdreifachen, was ein mindestens 50%-iges Risiko ergibt, dass die globale Durchschnittstemperatur im Laufe der folgenden Jahrzehnte um mehr als 5°C ansteigt. Damit geriete die Menschheit auf unbekanntes Terrain. Die Größenordnung einer solchen Erwärmung lässt sich daran ermessen, dass unsere heutigen Temperaturen nur 5°C höher sind als während der letzten Eiszeit. 1 Im Folgenden als CO2-Äquivalent, CO2e bezeichnet
5% 400 ppm CO2e 95% 450 ppm CO2e 550 ppm CO2e 650 ppm CO2e 750 ppm CO2e Letztendliche Temperaturänderung (gegenüber vorindustriellem Niveau) 4 Abb. 2 0˚C 1˚C 2˚C 3˚C 4˚C 5˚C Nahrung STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Stabilisierungsniveaus und Rückläufige Ernteerträge in vielen Entwicklungsregionen Wahrscheinlichkeitsbereiche Schwere Aus- Steigende Zahl von Menschen von Ganze Regionen erleben starken des Temperaturanstiegs wirkungen in Hunger bedroht (laut einer Studie Rückgang der Ernteerträge Sahel-Randgebieten bei schwacher CO2-Düngung 25-60% (z.B. um bis zu 1/3 in Afrika) Zunahme in den 2080er Jahren in Die Abbildung veranschaulicht die Afrika und Westasien) Auswirkungen, mit denen weltweit bei einer Stabilisierung bei höheren THG- Steigende Ernteerträge in Industrieländern Erträge in vielen Industrieländern selbst auf hohen Breitengraden bei starker CO2-Düngung bei starker CO2-Düngung rückläufig Konzentrationen zu rechnen wäre. Der obere Teil der Tafel zeigt die Temperaturbereiche, Wasser Erhebliche Veränderungen in der Verfügbarkeit die bei verschiedenen Stabilisierungsniveaus von Wasser (eine Studie sagt für die 2080er zwischen 400 ppm und 750 ppm CO2e Jahre Wassermangel für über 1 Mrd. Menschen voraus, viele davon in Afrika; eine ähnliche voraussichtlich erreicht werden. Die Anzahl wird mehr Wasser zur Verfügung haben) durchgehenden Horizontallinien markieren Kleine Berggletscher verschwinden Meeresspiegelanstieg bedroht den Bereich einer 5 – 95%-igen weltweit – potentielle Bedrohung große Weltstädte wie u.a. Wahrscheinlichkeit – auf der Basis von für die Wasserversorgung in Über 30% Rückgang des ober- London, Schanghai, New York, mehreren Gebieten irdischen Abflusses im Mittelmeer- Tokio und Hongkong Klimaempfindlichkeitsschätzungen des raum und im südlichen Afrika IPCC von 20012 und einer neuen Ensemble- Studie des Hadley Centre3. Die Vertikallinie Ökosysteme Ökosysteme können großenteils in derzeitiger Form nicht fortbestehen kennzeichnet den Durchschnitt des 50. Perzentils. Die gestrichelten Linien zeigen den Korallenriff-Ökosysteme Möglicher Beginn des teilweisen werden stark und schließlich oder totalen Zusammenbruchs Bereich einer 5 – 95%-igen Wahrscheinlichkeit irreversibel geschädigt des Amazonas-Regenwalds auf der Basis elf neuerer Studien4. Der Zahlreiche Arten vom Aussterben untere Teil der Tafel veranschaulicht die bedroht (laut einer Studie 20-50%) Spannbreite der Auswirkungen, mit denen bei verschiedenen Erwärmungsniveaus Extrem- wetter- Zunehmende Intensität von Stürmen, Waldbränden, Dürren, Überschwemmungen und Hitzewellen zu rechnen ist. Die Zusammenhänge ereignisse zwischen weltweiten Änderungen in der Leichter Anstieg der Hurrikan- Intensität führt zur Verdopplung Durchschnittstemperatur und regionalen der Schadenskosten in den USA Klimaveränderungen sind sehr ungewiss – insbesondere im Hinblick auf Änderungen Risiko rapider Risiko sinkender natürlicher CO2-Absorption und möglicher Anstieg der natürlichen Klimaveränderung Methan-Freisetzung sowie Schwächung der thermohalinen Zirkulation im Atlantik der Niederschlagsmengen (s. Kasten 4.2). und schwerer Diese Abbildung zeigt potenzielle irreversibler Beginn des irreversiblen Veränderungen auf der Basis der Folgen Schmelzens des Grönlandeises Zunehmendes Risiko großer abrupter Verschiebungen aktuellen wissenschaftlichen Literatur. im Klimasystem (z.B. Zusammenbruch der thermohalinen Zirkulation im Atlantik und des westantarktischen Eisschildes) 2 Wigley, T.M.L. und S.C.B. Raper (2001): ‘Interpretation of high projections for global-mean warming’, Science 293: 451- 454 based on Intergovernmental Panel on Climate Change (2001): ‘Climate change 2001: the scientific basis. Contribution of Working Group I to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change’ [Houghton JT, Ding Y, Griggs DJ, et al. (eds.)], Cambridge: Cambridge University Press. 3 Murphy, J.M., D.M.H. Sexton D.N. Barnett et al. (2004): ‘Quantification of modelling uncertainties in a large ensemble of climate change simulations’, Nature 430: 768-772 4 Meinshausen, M. (2006): ‘What does a 2°C target mean for greenhouse gas concentrations? A brief analysis based on multi-gas emission pathways and several climate sensitivity uncertainty estimates’, Avoiding dangerous climate change, in H.J. Schellnhuber et al. (eds.), Cambridge: Cambridge University Press, pp.265-280.
Derartige Änderungen würden die physikalische Geographie der Welt verwandeln. Eine radikale 5 Veränderung der physikalischen Geographie aber hätte zwangsläufig weit reichende Konsequenzen für die Humangeographie, d.h. darauf, wo die Menschen leben und wie sich ihr Leben gestaltet. STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Abb. 2 gibt einen Überblick über die wissenschaftlichen Forschungsergebnisse zu den Zusammenhängen zwischen THG-Konzentration in der Atmosphäre und der wahrscheinlich daraus resultierenden mittleren Erderwärmung sowie den praktischen Auswirkungen, mit denen bei den jeweiligen Temperaturen zu rechnen wäre. Das Risiko schwerwiegender, irreversibler Klimafolgen nimmt mit steigender Konzentration der Treibhausgase in der Atmosphäre stark zu. Der Klimawandel bedroht die Lebensgrundlagen für Menschen in der ganzen Welt – Zugang zu Wasser, Nahrungsmittelerzeugung, Gesundheit, Landnutzung und Umwelt. Die volkswirtschaftlichen Kosten des Klimawandels zu schätzen ist kein leichtes Unterfangen. Es gibt jedoch eine Reihe von Methoden bzw. Ansätzen, mit deren Hilfe wir die wahrscheinliche Größenordnung der Risiken abschätzen und sie mit den Kosten vergleichen können. In dieser Studie werden drei dieser Ansätze herangezogen. Als erstes hat sich die Studie ausführlich mit den praktischen Auswirkungen auf Wirtschaftsaktivitäten, Lebensbedingungen des Menschen und die Umwelt befasst. Wenn sich die aktuellen Trends fortsetzen, wird die mittlere Erdtemperatur in den nächsten ca. fünfzig Jahren um 2-3°C ansteigen.5 Nehmen die Emissionen weiter zu, wird die Erwärmung aber mit Sicherheit noch mehrere Grade höher liegen. Die Erderwärmung wird zahlreiche schwerwiegende Auswirkungen haben, bei denen Wasser oft eine wichtige Rolle spielt: ◗ Das Abschmelzen der Gletscher wird zunächst das Überschwemmungsrisiko erhöhen und dann die Wasservorräte stark reduzieren. Dadurch wird letztlich ein Sechstel der Weltbevölkerung gefährdet, insbesondere auf dem indischen Subkontinent, in Teilen Chinas sowie in den Anden Südamerikas. ◗ Rückläufige Ernteerträge, besonders in Afrika, könnten dazu führen, dass Hunderte Millionen Menschen nicht mehr genug Nahrungsmittel erzeugen oder kaufen können. In den mittleren bis hohen Breiten könnten die Ernteerträge bei mäßigem Temperaturanstieg (2-3°C) steigen, mit zunehmender Erwärmung dann jedoch abnehmen. Bei 4°C und mehr Erwärmung wird die weltweite Nahrungsmittelproduktion wahrscheinlich stark beeinträchtigt. ◗ In höheren Breiten werden kältebedingte Todesfälle abnehmen. Durch den Klimawandel wird jedoch die Zahl der auf Unterernährung und Hitzestress zurückzuführenden Todesfälle weltweit steigen. Durch Vektoren (Wirte) übertragene Krankheiten wie Malaria und Denguefieber könnten sich weiter ausbreiten, wenn keine wirksamen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. 5 Alle Änderungen der globalen Durch- schnittstemperatur sind im Verhältnis zum vorindustriellen Niveau (1750 – 1850) ausgedrückt.
◗ Bei einer Erwärmung um 3 oder 4°C werden durch den Anstieg des Meeresspiegels zusätzlich 6 Dutzende bis Hunderte Millionen Menschen alljährlich von Überschwemmungen betroffen sein. Es ist mit schwerwiegenden Risiken und einer steigenden Notwendigkeit des Hochwasserschutzes in STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Küstenregionen Südostasiens (Bangladesch und Vietnam), kleinen Karibik- und Pazifikinseln und großen Küstenstädten wie Tokio, New York, Kairo und London zu rechnen. Einer Schätzung zufolge könnte die Anzahl der Menschen, die durch den steigenden Meeresspiegel, stärkere Überschwemmungen und ausgeprägtere Dürren dauerhaft aus ihrer Heimat vertrieben werden, bis zur Mitte des Jahrhunderts auf 200 Millionen ansteigen. ◗ Die Ökosysteme reagieren auf den Klimawandel besonders empfindlich, ca. 15-40% der Arten sind schon bei einer Erwärmung um 2°C potenziell vom Aussterben bedroht. Die Versauerung der Ozeane – eine direkte Folge der steigenden Kohlendioxidkonzentration – wird drastische Auswirkungen auf die Meeresökosysteme haben, was auch schädliche Folgen für die Fischbestände haben könnte. Die klimabedingten Schäden werden mit zunehmender Erderwärmung größer. Bei höheren Temperaturen nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass abrupte und weit reichende Veränderungen ausgelöst werden. ◗ Die Erwärmung kann zu plötzlichen Verschiebungen in regionalen Wettermustern wie z.B. dem Monsunregen in Südostasien oder dem El Niño-Phänomen führen, was schwerwiegende Konsequenzen für die Verfügbarkeit von Wasser bzw. das Auftreten von Überschwemmungen in den tropischen Regionen mit sich bringen und die Lebensgrundlagen von Millionen von Menschen gefährden würde. ◗ Eine Reihe von Studien weist darauf hin, dass der Regenwald am Amazonas durch den Klimawandel geschädigt werden könnte. Modellierungen für diese Region sagen ein deutlich trockeneres Klima voraus. Beispielsweise stellt ein Modell fest, dass der Regenwald am Amazonas durch eine Erwärmung um 2-3°C signifikant und möglicherweise auf Dauer geschädigt werden könnte. ◗ Das Abschmelzen bzw. der Zerfall von Eisschilden und Eisschelfen würde schließlich Gebiete bedrohen, in denen heute 5% der Weltbevölkerung leben. Es besteht zwar noch großer Forschungsbedarf hinsichtlich dieser Risiken, aber bei den Temperaturen, die sich aus einem ungebremsten Klimawandel ergeben könnten, geriete die Menschheit auf völlig unbekanntes Terrain jenseits aller menschlichen Erfahrungswerte. Hier zeichnen sich potenziell sehr schädliche Folgen ab.
Die Klimafolgen sind nicht gleichmäßig verteilt – die ärmsten Länder und Menschen 7 werden als erste und am schwersten betroffen sein. Und wenn die Schäden sichtbar werden, ist es zu spät, den Prozess rückgängig zu machen. Daher müssen wir STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels unbedingt weit vorausschauen. Der Klimawandel stellt für die Entwicklungsländer eine schwere Bedrohung dar und ist ein großes Hemmnis für die weitere Armutsbekämpfung in allen ihren Dimensionen. Erstens sind die Entwicklungsländer ohnehin geographisch benachteiligt. Sie haben im Durchschnitt schon jetzt ein wärmeres Klima als die Industrieländer und weisen eine hohe Niederschlagsvariabilität auf. Somit wird weitere Erwärmung den armen Ländern hohe Kosten und wenig Nutzen einbringen. Zweitens sind die Entwicklungsländer – insbesondere die ärmsten unter ihnen – stark von der Landwirtschaft, dem klimaempfindlichsten aller Wirtschaftssektoren, abhängig und haben mit unzureichender medizinischer Versorgung und schlechten öffentlichen Dienstleistungen zu kämpfen. Drittens ist die Anpassung an den Klimawandel wegen des niedrigen Einkommensniveaus und anderer Schwachpunkte für sie besonders schwierig. Aufgrund solcher Schwachpunkte wird das ohnehin niedrige Einkommensniveau in den Entwicklungsländern durch den Klimawandel noch mehr gedrückt und Krankheits- und Todeshäufigkeit werden weiter steigen. Sinkende landwirtschaftliche Einkommen verschärfen die Armut und vermindern die Fähigkeit der Haushalte, in eine bessere Zukunft zu investieren – sie sind gezwungen, ihre ohnehin kargen Ersparnisse aufzubrauchen, einfach um zu überleben. Auf Staatsebene führt der Klimawandel zu verminderten Einnahmen und steigendem Ausgabenbedarf, so dass sich die finanzielle Lage der betroffenen Staaten verschlechtert. Viele Entwicklungsländer haben ohnehin schon Schwierigkeiten, mit ihren derzeitigen Klimaverhältnissen zurechtzukommen. Klimaschocks verursachen bereits jetzt Rückschläge in der sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung einiger Länder, obwohl die Temperatur bisher um weniger als 1°C angestiegen ist. Die Konsequenzen eines ungebremsten Klimawandels, d.h. ein Temperaturanstieg um 3 oder 4°C oder mehr, werden die Risiken und Kosten derartiger Ereignisse um ein Vielfaches erhöhen. Klimafolgen dieser Größenordnung könnten auch grenzübergreifende Folgen haben, was den Schaden noch verschlimmern würde. Der Anstieg des Meeresspiegels und andere klimabedingte Veränderungen könnten Millionen von Menschen zur Migration zwingen – bei einem Meeresspiegelanstieg von 1m stünde mehr als ein Fünftel von Bangladesch unter Wasser – was Ende dieses Jahrhunderts der Fall sein könnte. Klimabedingte Schockereignisse haben in der Vergangenheit schon gewaltsame Konflikte ausgelöst. In einigen Regionen wie z.B. Westafrika, dem Nilbecken und Zentralasien sind Konflikte in der Tat ein ernst zu nehmendes Risiko. In einigen wenigen Industrieländern könnte der Klimawandel anfangs geringfügige positive Auswirkungen haben. Die viel stärkere Erwärmung, mit der Mitte bis Ende des Jahrhunderts bei BAU-Szenarien zu rechnen ist, wird jedoch wahrscheinlich sehr schädliche Folgen haben. In einigen Regionen in höheren Breiten, z.B. in Kanada, Russland und Skandinavien könnten die Klima- veränderungen bei einer Erwärmung um 2 oder 3°C einen Nettonutzen bringen – höhere landwirtschaftliche Erträge, geringere Sterblichkeit im Winter, geringerer Heizbedarf und eine mögliche Zunahme des Tourismus. In diesen Regionen ist aber auch mit den höchsten Erwärmungsraten zu rechnen – mit schädlichen Folgen für Infrastruktur, menschliche Gesundheit, lokale Lebensgrundlagen und biologische Vielfalt.
8 Industrieländer in niedrigeren Breiten sind stärker gefährdet – beispielsweise ist bei einem Temperaturanstieg von 2°C damit zu rechnen, dass die Verfügbarkeit von Wasser und die Ernteerträge in Südeuropa um 20% zurückgehen werden. Regionen, in denen Wasser ohnehin schon knapp ist, müssen mit ernsthaften Schwierigkeiten und steigenden Kosten rechnen. Die Schadenskosten infolge extremer Wetterereignisse (Orkane, Hurrikane, Taifune, Überschwemmungen, Dürren und Hitzewellen) machen einige der anfänglichen Vorteile des Klimawandels wett und nehmen bei höheren Temperaturen rapide zu. Nach einfachen Hochrechnungen könnten die Kosten extremer Witterung bis Mitte des Jahrhunderts bereits 0,5-1% des BIP der Welt erreichen. Und sie werden weiter steigen, wenn sich die Erde weiter erwärmt. ◗ Für die USA wird vorausgesagt, dass eine Zunahme der Windgeschwindigkeit von Hurrikanen um 5 oder10%, die mit steigenden Meerestemperaturen zusammenhängt, die jährlichen Schadenskosten etwa verdoppeln wird. ◗ In Großbritannien könnten sich allein die Verluste durch Überschwemmungen von heute 0,1% auf 0,2-0,4% des BIP jährlich erhöhen, wenn der Anstieg der Weltmitteltemperatur 3 oder 4°C erreicht. ◗ Hitzewellen wie die von 2003 in Europa, als 35.000 Menschen starben und die Verluste in der Landwirtschaft 15 Milliarden US-Dollar erreichten, werden Mitte des Jahrhunderts an der Tagesordnung sein. Bei höheren Temperaturen steht den Industrieländern ein zunehmendes Risiko weit reichender Schocks bevor. So könnten beispielsweise die steigenden Kosten extremer Witterung die weltweiten Finanzmärkte durch höhere und zunehmend volatile Versicherungskosten erschüttern.
Integrierte Modelle bieten ein Instrument zur Einschätzung der Gesamtauswirkungen auf 9 die Wirtschaft. Nach unseren Schätzungen ist mit viel weiter reichenden Auswirkungen als bisher vermutet zu rechnen. STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Der zweite Ansatz zur Untersuchung der Risiken und Kosten des Klimawandels besteht in der Anwendung so genannter Integrated Assessment Models, um aggregierte monetäre Schätzwerte zu erhalten. Die formale Modellierung der Gesamtauswirkungen des Klimawandels in finanzieller Hinsicht ist eine kolossale Aufgabe, und wegen der Grenzen, die globalen Modellrechnungen über zwei Jahrhunderte oder mehr gesetzt sind, ist bei der Interpretation der Ergebnisse äußerste Vorsicht geboten. Aber wie schon gesagt, ist die Zeitverzögerung zwischen Maßnahmen und Wirkung ausgesprochen lang, und die quantitative Analyse, von der die Maßnahmen geleitet sein sollten, ist auf solche langfristigen Modellierungen angewiesen. Inzwischen geht man davon aus, dass die finanziellen Auswirkungen des Klimawandels schwerwiegender sein werden als frühere Studien vermuten ließen, nicht zuletzt, weil bei diesen Studien einige besonders unsichere, aber potenziell sehr schädliche Auswirkungen nicht berücksichtigt wurden. Dank neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse ist es jetzt möglich, diese Risiken anhand von Wahrscheinlichkeiten genauer zu untersuchen. In der Vergangenheit wurde für die meisten formellen Modellierungen als Ausgangspunkt ein Szenario mit 2-3°C Erwärmung verwendet. In diesem Temperaturbereich könnten die Kosten des Klimawandels im Vergleich zu dem, was in einer Welt ohne Klimawandel erzielbar gewesen wäre, einem dauerhaften Verlust von ca. 0-3% der globalen Wirtschaftsleistung entsprechen. Die Entwicklungsländer werden sogar noch höhere Einbußen erleiden. Die früheren Modelle waren allerdings zu optimistisch, was die Erwärmung betrifft. Neuere wissenschaftliche Daten lassen darauf schließen, dass der Temperaturanstieg bei BAU-Trends bis zum Ende des Jahrhunderts 2-3°C überschreiten könnte. Dadurch nimmt die Wahrscheinlichkeit zu, dass das Spektrum der Auswirkungen größer sein wird als zuvor vermutet. Viele davon, wie z.B. abrupte Klimaveränderungen in großem Maßstab, sind schwierig zu quantifizieren. Bei einer Erwärmung um 5-6°C – die im nächsten Jahrhundert durchaus denkbar ist – gehen heutige Modelle, die das Risiko abrupter und weit reichender Klimaveränderungen einbeziehen, von einem durchschnittlichen Verlust von 5-10% des weltweiten BIP und von mehr als 10% des BIP für die armen Länder aus. Ferner gibt es auch Hinweise auf ein kleines, aber doch signifikantes Risiko einer noch über 5-6°C hinausgehenden Erwärmung. Ein Temperaturanstieg dieser Größenordnung würde den Menschen mit bisher unbekannten Lebensbedingungen konfrontieren und radikale Änderungen in unserer Umwelt hervorrufen. Angesichts solcher potenzieller Entwicklungen war klar, dass sich der Modellierungsrahmen für diese Studie auf wirtschaftliche Risikoanalysen stützen musste. Durch die Bildung eines Durchschnittswerts für verschiedene Eventualitäten können Risiken verschleiert werden. Es besteht ein reales Risiko, dass viel schlimmere Resultate als erwartet eintreten, und sie könnten katastrophale Folgen haben. Die Risiken zu reduzieren ist das wesentliche Ziel der Klimapolitik. Sie können zwar nicht vollständig eliminiert werden, lassen sich aber deutlich vermindern. Ein solcher Modellierungsrahmen muss auch ethische Werturteile hinsichtlich der Verteilung der Einkommen und der Behandlung künftiger Generationen berücksichtigen.
Die Analyse sollte sich nicht auf eng gefasste Einkommensmaßstäbe wie z.B. das BIP beschränken. Der 10 Klimawandel wird sowohl für die Gesundheit der Menschen als auch für ihre Umwelt schwerwiegende Konsequenzen haben. Ein umfassender Vergleich der verschiedenen Strategien wird auch eine Evaluierung STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels dieser Konsequenzen einbeziehen. Auch hier sind komplizierte Fragen von Konzeption, Ethik und Messbarkeit im Spiel, und die Resultate sollten mit der gebotenen Vorsicht behandelt werden. Anhand der Resultate eines spezifischen Modells namens PAGE2002 veranschaulicht die Studie, wie sich die aus den integrierten Modellen abgeleiteten Schätzwerte in Reaktion auf neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wahrscheinlichkeiten, die bestimmten Erwärmungsgraden zuzuordnen sind, verändern. Bei der Auswahl des Modells haben wir uns von der Vorgabe leiten lassen, die Risiken explizit zu analysieren – es ist eines der sehr wenigen Modelle, mit dem eine solche Analyse durchführbar ist. Außerdem berücksichtigen die Annahmen, die diesem Modell zu Grunde liegen, das gesamte Spektrum früherer Untersuchungen. Wir haben das Modell zunächst mit einem Datensatz gefüttert, der den Klimaprognosen im Bericht des Zwischenstaatlichen Sachverständigenausschusses für Klimaänderungen (IPCC) von 2001 entspricht. Dann haben wir einen zweiten Datensatz eingegeben, bei dem die verstärkend wirkenden Rückkopplungen im Klimasystem eine kleine Zunahme zeigen. Diese Zunahme repräsentiert einen der Bereiche erhöhter Klimarisiken, die seit 2001 in den von Fachkollegen geprüften ("peer-reviewed") wissenschaftlichen Veröffentlichungen behandelt wurden. Und schließlich haben wir uns auch die Frage gestellt, in welchem Maße die geschätzten wirtschaftlichen Kosten des Klimawandels in die Höhe gehen würden, wenn angemessene soziale Diskontsätze verwendet und Annahmen für eine gerechte Gewichtung bei der Bewertung der Klimafolgen in armen Ländern sowie Schätzungen der Auswirkungen auf die Sterblichkeit und die Umwelt einbezogen würden. Unter Berücksichtigung derjenigen Aspekte der Analyse, die sich derzeit einbeziehen lassen, schätzen wir anhand dieses Modells, dass die Auswirkungen und Risiken des Klimawandels auf einem BAU-Pfad im Verlauf der nächsten beiden Jahrhunderte Gesamtkosten verursachen würden, die einem durchschnittlichen Rückgang des weltweiten Pro-Kopf-Verbrauchs um mindestens 5% entsprechen, heute und auf Dauer. Diese Kostenschätzung liegt zwar schon auffallend hoch, aber sie lässt immer noch viele wichtige Aspekte außer Acht.
Die Kosten eines BAU-Pfades wären noch höher, wenn in der Modellrechnung drei wichtigen Faktoren 11 systematisch Rechnung getragen würde: STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels ◗ Zunächst erhöht die Einbeziehung der direkten Auswirkungen auf Umwelt und menschliche Gesundheit (die manchmal als 'nicht marktbezogene' Klimafolgen bezeichnet werden) unsere Schätzung der Gesamtkosten des Klimawandels auf diesem Pfad von 5% auf 11% des weltweiten Pro-Kopf-Verbrauchs. Allerdings ergeben sich hier schwierige analytische und ethische Probleme hinsichtlich der Messbarkeit. Die in diesem Modell genutzten Verfahren sind recht konservativ, was den Wert angeht, der diesen Auswirkungen zugeordnet wird. ◗ Zweitens deuten einige neue wissenschaftliche Daten darauf hin, dass das Klimasystem stärker als bislang vermutet auf die THG-Emissionen reagiert, was u.a. auf verstärkend wirkende Rückkopplungseffekte wie die Freisetzung von Methan und die Schwächung von CO2-Senken zurückzuführen ist. Unsere Schätzungen, die auf der Modellierung einer begrenzten Verstärkung dieser Reaktion beruhen, lassen darauf schließen, dass das potenzielle Ausmaß der Klimareaktion die Kosten des Klimawandels unter BAU-Bedingungen von 5% auf 7% des weltweiten Verbrauchs ansteigen lassen könnte, oder sogar von 11% auf 14%, wenn die erwähnten nicht marktbezogenen Auswirkungen mit berücksichtigt werden. ◗ Drittens entfällt ein überproportionaler Anteil der Belastung durch den Klimawandel auf die armen Regionen der Welt. Bei einer angemessen gewichteten Bewertung dieser Belastung könnten die geschätzten globalen Kosten des Klimawandels bei einer Erwärmung um 5-6°C um mehr als ein Viertel höher ausfallen als ohne eine solche Gewichtung. Unter Einbeziehung dieser zusätzlichen Faktoren würden die Gesamtkosten des Klimawandels im BAU- Szenario einen 20%-igen Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs verursachen. Zusammenfassend ist folgendes festzuhalten: Analysen, die die Prinzipien wirtschaftlicher Risikoanalyse anwenden und das gesamte Spektrum möglicher Auswirkungen und Resultate in Betracht ziehen, weisen darauf hin, dass der Klimawandel unter BAU-Bedingungen Wohlstandseinbußen in einer Größenordnung verursachen würde, die einem Rückgang des Pro-Kopf-Verbrauchs um 5-20% entsprechen. Berücksichtigt man die zunehmenden wissenschaftlichen Indizien für höhere Risiken, die Scheu vor der Möglichkeit von Katastrophen und einen über eng gefasste Einkommensmaßstäbe hinausgehenden Ansatz, so liegt der angemessene Schätzwert wahrscheinlich im oberen Bereich dieser Bandbreite. Wirtschaftliche Prognosen auch nur für ein paar Jahre zu stellen, ist schon ein schwieriges und mit Ungenauigkeiten verbundenes Unterfangen. Für die Analyse des Klimawandels aber müssen wir zwangsläufig 50, 100, 200 Jahre und noch weiter in die Zukunft blicken. Eine derartige Modellierung ist mit Vorsicht und einem Schuss Demut anzugehen, und die Resultate sind nur für das jeweils Modell und seine zu Grunde liegenden Annahmen gültig. Man sollte ihnen keine Genauigkeit und Gewissheit zuschreiben, die sich einfach nicht erzielen lässt. Hinzu kommt, dass einige der großen klimawissenschaftlichen und ökonomischen Ungewissheiten mit den Fragen zu tun haben, über die wir am wenigsten wissen (wie z.B. die Auswirkungen sehr hoher Temperaturen), was sich daraus erklärt, dass diese für uns völliges Neuland sind. Die zentrale Botschaft dieser Modelle ist diese: die wahrscheinlichkeitsgewichteten Kosten erscheinen ausgesprochen hoch, wenn Risiken und Ungewissheiten im oberen Bereich angesiedelt werden. Durch eine entschiedene Mitigationspolitik lassen sich die Risiken großenteils (wenn auch nicht vollständig) reduzieren, und unsere These ist, dass die Risikominderung weitaus geringere Kosten verursachen wird als die Folgen eines ungebremsten Klimawandels. In diesem Sinne ist die Mitigation eine äußerst produktive Investition.
Globale Emissionen (in GtCO2e) 70 2015 Hoher Spitzenwert – 1,0%/Jahr 2020 Niedriger Spitzenwert – 1,5%/Jahr 60 2020 Hoher Spitzenwert – 2,5%/Jahr 2030 Niedriger Spitzenwert – 2,5%/Jahr 2030 Hoher Spitzenwert – 4,0%/Jahr 2040 Niedriger Spitzenwert – 3,0%/Jahr 50 2040 Hoher Spitzenwert – 4,5%/Jahr (Überschreiten) 40 30 20 10 0 2000 2020 2040 2060 2080 2100 Abb. 3 Wirtschaftswachstum hat bisher stets Emissionen verursacht und wird das auch 12 weiterhin tun. Dennoch ist eine Stabilisierung der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre machbar und mit anhaltendem Wachstum vereinbar. STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Darstellung von Emissionspfaden zur Stabilisierung bei 550 ppm CO2e Es bestand immer ein enger Zusammenhang zwischen CO2-Emissionen und Pro-Kopf-BIP. So haben Nordamerika und Europa seit 1850 mit ihrer Energieerzeugung ca. 70% aller CO2-Emissionen verursacht, Die Abbildung zeigt sechs Pfade zur während die Entwicklungsländer für weniger als ein Viertel der Emissionen verantwortlich waren. In Zukunft Stabilisierung bei 550 ppm CO2e. aber wird der Emissionsanstieg in erster Linie von den heutigen Entwicklungsländern ausgehen, was auf Bei den in der Legende aufgeführten ihr rapides Bevölkerungswachstum, den Anstieg ihres BIP und den zunehmenden Anteil energieintensiver Emissionsminderungsraten handelt es sich Industriezweige zurückzuführen ist. um maximale 10-Jahres-Durchschnittsraten der globalen Emissionsminderung. Die Trotz dieser historischen Muster und der Projektionen für einen BAU-Pfad braucht sich die Welt aber Abbildung zeigt, dass eine Verzögerung keineswegs zwischen Klimaschutz und Förderung von Wachstum und Entwicklung zu entscheiden. der Emissionsminderung (Verlagerung der Veränderungen in den Energietechnologien und den Wirtschaftsstrukturen haben besonders in einigen Spitzenwerte nach rechts) bedeutet, dass die reichen Ländern dafür gesorgt, dass Emissionsvolumen und Einkommenszuwachs nicht mehr so eng Emissionen dann schneller reduziert werden gekoppelt sind. Mit Hilfe konsequenter und wohl abgewogener politischer Entscheidungen ist es möglich, müssen, um dasselbe Stabilisierungsziel die CO2-Emissionen der Industrie- ebenso wie der Entwicklungsländer in dem Umfang zu reduzieren, der zu erreichen. Die Emissionsminderungsrate zur Klimastabilisierung erforderlich ist, und dabei gleichzeitig das Wirtschaftswachstum aufrechtzuerhalten. reagiert auch sehr empfindlich auf die Höhe des Spitzenwerts. Wenn die Emissionen Für eine Stabilisierung – auf welchem Niveau sie auch erfolgt – müssen die jährlichen Emissionen auf ein beispielsweise im Jahre 2020 bei einem Maß reduziert werden, das der natürlichen Kapazität der Erde zur Absorption von Treibhausgasen aus der Wert von 48 GtCO2 statt 52 GtCO2 gipfeln, Atmosphäre entspricht. Je länger die Emissionen dieses Maß überschreiten, desto höher wird letztlich auch reduziert sich die Minderungsrate von 2,5% das Stabilisierungsniveau liegen. Langfristig gesehen müssen die jährlichen Emissionen global auf weniger pro Jahr auf 1,5% pro Jahr. als 5 Gigatonnen CO2e reduziert werden – das ist das Maß, das die Erde verkraften kann, ohne dass sich die THG-Konzentration in der Atmosphäre weiter erhöht. Dieser Wert liegt mehr als 80% unter dem Quelle: Im Stern Review reproduziert auf derzeitigen absoluten jährlichen Emissionsvolumen. Basis von Meinshausen, M. (2006): 'What does a 2°C target mean for greenhouse gas Die vorliegende Studie hat sich darauf konzentriert, die Realisierbarkeit und die Kosten einer Stabilisierung concentrations? A brief analysis based on der Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre im Bereich von 450-550 ppm CO2e zu untersuchen. multi-gas emission pathways and several climate sensitivity uncertainty estimates', Eine Stabilisierung bei 550 ppm CO2e oder darunter würde voraussetzen, dass die globalen Emissionen in Avoiding dangerous climate change, in den nächsten 10-20 Jahren ihren Höchstwert erreichen und danach um mindestens 1-3% jährlich abnehmen. H.J. Schellnhuber et al. (eds.), Cambridge: Die möglichen Pfade sind in Abbildung 3 dargestellt. Bis 2050 müssten die globalen Emissionen demnach Cambridge University Press, S. 265-280. um ca. 25% unter den derzeitigen Werten liegen. Und diese Absenkung müsste im Kontext einer Weltwirtschaft erfolgen, deren Volumen 2050 evtl. 3-4-mal so groß ist wie heute. Das bedeutet, dass die Emissionen pro BIP-Einheit 2050 nur ein Viertel der heutigen Werte ausmachen dürften. Um eine Stabilisierung bei 450 ppm CO2e ohne Überschreiten des Soll-Scheitelpunkts ("overshooting") zu realisieren, müssten die globalen Emissionen in den nächsten 10 Jahren ihren Höchstwert erreichen und dann pro Jahr um mehr als 5% fallen, so dass sie bis 2050 ein Niveau von 70% unterhalb des heutigen erreichen.
Theoretisch wäre ein "overshooting" möglich, wenn man die THG-Konzentration in der Atmosphäre 13 oberhalb des Stabilisierungsniveaus gipfeln und erst später absinken ließe. Das wäre allerdings praktisch sehr schwierig zu bewerkstelligen und auch sehr unklug. Emissionspfade, die den Soll-Scheitelpunkt STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels überschreiten, bringen größere Risiken mit sich, da die Temperaturen ebenfalls rapide ansteigen und viele Jahrzehnte lang auf einem höheren Niveau verharren, bevor sie schließlich zurückgehen. Eine derartige Überschreitung würde außerdem erfordern, dass die Emissionen später auf ein extrem niedriges Niveau – noch unterhalb des Niveaus der natürlichen Kohlendioxidabsorption – reduziert werden, was möglicherweise praktisch gar nicht realisierbar wäre. Wenn die hohen Temperaturen die Kapazität der Erde zur CO2- Absorption zusätzlich abschwächen – was beim Überschreiten des Soll-Scheitelpunkts immer wahrscheinlicher wird – müssten die Emissionen danach noch schneller reduziert werden, um ein gegebenes Stabilisierungsziel für die atmosphärische THG-Konzentration zu erreichen. Die Realisierung derartig einschneidender Kürzungen verursacht Kosten. Die Studie schätzt, dass die Kosten einer Stabilisierung bei 500-550 ppm CO2e bis zum Jahr 2050 jährlich ca. 1% des BIP betragen werden – das ist zwar signifikant, aber verkraftbar. Den historischen Trend des Emissionsanstiegs umzukehren und die Emissionen im Vergleich zum heutigen Niveau um 25% oder mehr zu reduzieren, ist eine enorme Herausforderung. Der Übergang der Welt von einem hohen zu einem niedrigen CO2-Ausstoß wird mit Kosten verbunden sein. Durch wachsende Absatzmärkte für CO2-arme, hocheffiziente Waren und Dienstleistungen werden sich aber auch wirtschaftliche Chancen ergeben. Es gibt vier Möglichkeiten, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Die Kosten werden sehr unterschiedlich ausfallen, je nachdem, welche Kombination von Methoden angewendet wird und um welchen Marktsektor es geht: ◗ Senkung der Nachfrage nach emissionsintensiven Waren und Dienstleistungen ◗ Steigerung der Energieeffizienz, womit sowohl Kosten als auch Emissionen eingespart werden können ◗ Maßnahmen in Bezug auf Emissionen, die nichts mit der Energieerzeugung zu tun haben, z.B. das Verhindern der Entwaldung ◗ Übergang zu weniger CO2-intensiven Technologien für Stromerzeugung, Heizung und Verkehr Die mit diesen Veränderungen verbundenen Kosten können auf zwei Arten geschätzt werden. Bei der einen werden die Kosten von Klimaschutzmaßnahmen – einschließlich der Einführung CO2-armer Technologien und einer veränderten Landnutzung – mit den Kosten eines ungebremsten Emissionsanstiegs (BAU-Pfad) verglichen. Daraus ergibt sich eine obere Kostengrenze, da hier die Möglichkeit einer Senkung der Nachfrage nach CO2-intensiven Waren und Dienstleistungen nicht berücksichtigt wird. Bei der zweiten Methode werden makroökonomische Modelle eingesetzt, um die systemweiten Auswirkungen des Übergangs zu einer CO2-armen Energiewirtschaft auszuloten. Dies kann nützlich sein, um die dynamischen Wechselwirkungen verschiedener Faktoren, darunter auch die Reaktion der Wirtschaftssysteme auf Preisänderungen, über einen Zeitraum hinweg zu verfolgen. Allerdings können derartige Modelle sehr komplex sein, und die Ergebnisse werden von zahlreichen Annahmen beeinflusst. Die zentrale Schätzung auf der Basis dieser beiden Methoden läuft darauf hinaus, dass die Stabilisierung der Treibhausgase bei Werten von 500-550 ppm CO2e bis zum Jahre 2050 im Durchschnitt jährlich ca. 1% des weltweiten BIP kosten wird. Das ist zwar eine signifikante Einbuße, aber durchaus vereinbar mit weiterem Wachstum und Entwicklung – im Gegensatz zu einem ungebremsten Klimawandel, der mit der Zeit eine beträchtliche Gefahr für das Wirtschaftswachstum darstellen würde.
Schätzungen zufolge wird die Obergrenze der zu erwartenden jährlichen Kosten von 14 Emissionssenkungen, die mit einer Stabilisierung bei 550 ppm CO2e kompatibel sind, bis 2050 bei ca. 1% des BIP liegen. STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels In der vorliegenden Studie wurde im Detail untersucht, welches Potenzial für Technologien und Maßnahmen zur Emissionsminderung in den verschiedenen Sektoren besteht und welche Kosten damit jeweils verbunden wären. Ebenso wie bei den Auswirkungen des Klimawandels bestehen auch in dieser Hinsicht bedeutende Ungewissheiten. Dazu gehören die Schwierigkeiten, die Technologiekosten über mehrere Jahrzehnte in die Zukunft zu projizieren und abzuschätzen, wie sich die Preise für fossile Brennstoffe in Zukunft entwickeln werden. Abgesehen davon ist auch schwer einzuschätzen, wie die Menschen auf Preisänderungen reagieren werden. Wie sich die Mitigationsanstrengungen konkret entwickeln und welche Komponenten der Emissionsminderung in den verschiedenen Marktsektoren eingesetzt werden, hängt daher von allen diesen Faktoren ab. Es ist jedoch möglich, eine zentrale Kostenprojektion für ein Portfolio wahrscheinlicher Optionen innerhalb einer bestimmten Bandbreite vorzunehmen. Das technische Potenzial für Effizienzverbesserungen, die Emissionen mindern und Kosten senken, ist erheblich. Im Verlauf der letzten hundert Jahre wurde die Effizienz in der Energieversorgung der Industrieländer um ein Zehnfaches oder mehr gesteigert, und die Möglichkeiten für weitere Verbesserungen sind keineswegs erschöpft. Aus Studien der Internationalen Energieagentur geht hervor, dass die Verbesserung der Energieeffizienz das Potenzial besitzt, bis 2050 zur wichtigsten Emissionseinsparmöglichkeit im Energiesektor zu werden. Dies wäre sowohl für die Umwelt als auch wirtschaftlich günstig: effizienzsteigernde Maßnahmen reduzieren die Energieverschwendung und sparen oft Geld. Nicht mit Energieerzeugung verbundene Emissionen machen ein Drittel der gesamten Treibhausgasemissionen aus, und Maßnahmen auf diesem Gebiet werden daher einen wichtigen Beitrag leisten. Zahlreiche Indizien lassen darauf schließen, dass Maßnahmen zur Verhinderung einer weiteren Entwaldung im Vergleich zu anderen Minderungsarten relativ preiswert wären, wenn ein entsprechender politischer Rahmen und geeignete institutionelle Strukturen geschaffen werden. Um mittel- bis langfristig radikale Emissionskürzungen zu erzielen, müssen in den Bereichen Elektrizität, Heizung und Verkehr umweltfreundliche Technologien in großem Maßstab zum Einsatz kommen. Der Elektrizitätssektor müsste weltweit bis 2050 zu mindestens 60%, eventuell sogar zu 75% CO2-frei werden, um eine Stabilisierung bei 550 ppm CO2e oder darunter zu erzielen. Im Verkehrssektor wird es kurzfristig wahrscheinlich schwierig sein, einschneidende Minderungen zu erreichen, letztlich wird das jedoch unumgänglich sein. Viele Technologien zur Verwirklichung dieser Verbesserungen existieren bereits, und das vorrangige Ziel besteht nun darin, die Kosten dieser Technologien so weit zu senken, dass sie im Rahmen einer CO2-Preisordnung wettbewerbsfähig werden gegenüber Alternativen, die fossile Brennstoffe nutzen. Zur Stabilisierung der Emissionen ist ein Portfolio von Technologien nötig. Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass eine einzige Technologie in der Lage wäre, alle erforderlichen Emissionseinsparungen zu liefern, da alle Technologien irgendwelchen Einschränkungen unterliegen und es eine Vielfalt von Aktivitäten und Sektoren gibt, die Treibhausgase verursachen. Darüber hinaus ist ungewiss, welche Technologien sich als die preiswertesten erweisen werden. Deshalb wird für eine kostengünstige Emissionsminderung ein Technologie-Portfolio erforderlich sein.
Globales und US-BIP Unterschied zum Referenzwert (%) Abb. 4 10 Streudiagramm modellierter 5 Kostenprojektionen 0 Kosten der CO2-Minderung als -5 Prozentsatz des Welt-BIP im Verhältnis zum Grad der -10 Minderung -15 IMCP-Datensatz Quelle: Barker, T., M.S. Qureshi und -20 post-SRES-Datensatz J. Köhler (2006): 'The costs of greenhouse- WRI-Datensatz (nur USA) gas mitigation with induced technological -25 change: A Meta-Analysis of estimates in -30 the literature', 4CMR, Cambridge Centre -100 -80 -60 -40 -20 0 20 for Climate Change Mitigation Research, CO2 Unterschied zum Referenzwert (%) Cambridge: University of Cambridge. Der Übergang zu einer CO2-armen Weltwirtschaft wird vor dem Hintergrund reichlich vorhandener fossiler Eine Vielfalt von Modellierungsstudien, einschl. der durch IMCP, EMF und USCCSP 15 Brennstoffe stattfinden. Mit anderen Worten, die Vorräte an Kohlenwasserstoffen, deren Förderung (unter den derzeitigen politischen Rahmenbedingungen) profitabel ist, sind mehr als ausreichend, um der Welt durchgeführten Untersuchungen, sowie vom STERN REVIEW: Die wirtschaftlichen Aspekte des Klimawandels Treibhausgaskonzentrationen zu bescheren, die weit über 750 ppm CO2e hinausgehen, was sehr gefährliche IPCC in Auftrag gegebene Forschungsarbeiten Konsequenzen hätte. Bei einer BAU-Politik werden die Energieverbraucher wahrscheinlich sogar auf noch weisen darauf hin, dass sich die für 2050 CO2-intensivere Kohle und Ölschiefer umsteigen und damit das Emissionsvolumen weiter hochtreiben. projizierten Kosten bei einem Emissionspfad, der zur Stabilisierung bei ca. 500-550 ppm Selbst bei sehr stark zunehmender Nutzung von Erneuerbaren und anderen CO2-armen Energiequellen CO2e führt, im Bereich von -2% bis +5% wird auch 2050 möglicherweise noch mehr als die Hälfte des globalen Energieverbrauchs mit Kohlen- des BIP gruppieren und im Durchschnitt bei wasserstoffen gedeckt. Ein großtechnischer Einsatz von CO2-Abscheidung und -Speicherung würde die 1% des BIP liegen. Die Bandbreite spiegelt fortgesetzte Nutzung fossiler Brennstoffe ohne Schaden für die Atmosphäre gestatten und auch der Gefahr Ungewissheiten hinsichtlich des erforderlichen vorbeugen, dass eine entschiedene Klimaschutzpolitik möglicherweise irgendwann durch einen Preisrückgang Minderungsumfangs, des Tempos der bei fossilen Brennstoffen untergraben würde. technologischen Innovation und des Grades politischer Flexibilität wider. Schätzungen auf der Basis der wahrscheinlichen Kosten dieser Emissionsminderungsmethoden zeigen, dass die jährlichen Kosten einer Stabilisierung bei ca. 550 ppm CO2e im Jahre 2050 wahrscheinlich bei ca. 1% Die Abbildung oben stützt sich auf Barkers des globalen BIP liegen werden, mit einem Schwankungsspielraum von -1% (Nettogewinne) bis +3,5% des BIP. kombinierten Drei-Modelle-Datensatz und zeigt die Minderung der jährlichen CO2- Breiter angelegte makroökonomische Modelle bestätigen diese Schätzungen. Emissionen gegenüber dem Referenzwert und die damit verbundenen Änderungen Der zweite in dieser Studie verfolgte Ansatz stützt sich auf den Vergleich von Schätzwerten aus einem im Welt-BIP. Die große Bandbreite der breiten Spektrum makroökonomischer Modelle (wie beispielsweise in Abb. 4 dargestellt). Dieser Vergleich Modellergebnisse resultiert aus der ergab, dass die Kosten einer Stabilisierung bei 500-550 ppm CO2e bis 2050 durchschnittlich bei ca. 1% Konzeption der jeweiligen Modelle sowie des BIP liegen, mit einer Schwankung von -2% bis +5% des BIP. Dieser Schwankungsspielraum ergibt sich der Auswahl der darin verwendeten aus einer Reihe von Faktoren, darunter auch das Tempo der technologischen Innovation und die Effizienz, Annahmen, die wiederum für das Stellen von mit der weltweit politische Maßnahmen umgesetzt werden: je schneller die Innovation und je größer die Zukunftsprognosen typische Ungewissheiten Umsetzungseffizienz, desto niedriger die Kosten. Diese Faktoren sind durch die Politik beeinflussbar. und unterschiedliche Ansätze widerspiegeln. Das Gesamtspektrum der aus verschiedenen Ab Mitte des Jahrhunderts wird der Durchschnitt der zu erwartenden Kosten voraussichtlich weiter bei Stabilisierungspfaden und -jahren abgeleiteten ca. 1% des BIP liegen. Allerdings divergiert die Bandbreite der Schätzungen dann stark. Einige nehmen bis Schätzwerte erstreckt sich von -4% des BIP 2100 ab und andere steigen steil an, was die größere Ungewissheit hinsichtlich der Kosten widerspiegelt, (d.h. Nettogewinne) bis +15% des BIP die die Suche nach zunehmend innovativen Minderungsmethoden mit sich bringen wird. (Kosten), wobei es sich jedoch hauptsächlich um "Ausreißer" (stark vom Mittelwert Eine Stabilisierung bei 450 ppm CO2e liegt schon jetzt fast außerhalb unserer Reichweite, da dieser Wert abweichenden Studien) handelt, während die wahrscheinlich schon innerhalb der nächsten zehn Jahre erreicht sein wird und es mit den jetzt verfügbaren Mehrzahl der Schätzungen bei etwa 1% des bzw. absehbaren Technologien wirklich schwierig ist, die dafür erforderlichen starken Minderungen zu BIP liegt. Insbesondere gehen die Modelle, erreichen. Die Kosten steigen in signifikantem Maße an, wenn die angestrebte Minderung größer sein soll die zu höheren Kostenschätzungen gelangen, oder rascher erreicht werden soll. Maßnahmen zu einer rapiden Emissionsminderung werden wahrscheinlich hinsichtlich des technologischen Fortschritts sehr kostspielig sein. von Annahmen aus, die historisch gesehen sehr pessimistisch erscheinen. Eine wichtige Konsequenz hieraus ist, dass für jede Verzögerung ein hoher Preis zu zahlen sein wird. Maßnahmen gegen den Klimawandel hinauszuzögern, würde unweigerlich bedeuten, dass wir mehr Klimawandel und letztlich höhere Minderungskosten in Kauf nehmen müssten. Wenn in den nächsten 10-20 Jahren nur halbherzige Maßnahmen ergriffen werden, würde selbst eine Stabilisierung bei 550 ppm CO2e außer Reichweite geraten – und auch dieses Konzentrationsniveau birgt bereits signifikante Risiken.
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