3.19 Netzwerk Zukunftsraum Land
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3.19 ZEITSCHRIFT FÜR LÄNDLICHE ENTWICKLUNG Klimafreundliche Lebensmittel Innovationsanalyse zum Klimaschutz in der Lebensmittel- Wertschöpfungskette Biodiversität: Ein bisschen „schlampert“ kann sehr nützlich sein! Ein LE-Projekt setzt sich mit alten und neuen Idealen auseinander Stürme, Trockenheit, Schädlinge www.zukunftsraumland.at und Schneelast Klimabedingte Herausforderungen in der Forstwirtschaft Vorreiter für den Klimaschutz Gemeinden und Regionen schließen sich zu Modellregionen zusammen Österreichische Post AG / MZ 16Z040734 M ARGE Vernetzungsstelle LE 14–20 Handelskai 92 / Gate 1 / 3. OG / Top CF, 1200 Wien Retouren an Postfach 100, 1350 Wien
02 Inhalt // Intro // Abbildungsnachweis Der Betrieb „RIBES – Mit Liebe zum Saft“ war im Juni Ziel einer Exkursion des Begleitausschusses LE 14–20. Vertreterinnen und Vertreter von Ministerien, Interessenverbänden und Programmabwicklungsstellen begleiten die Umsetzung des Programms für ländliche Entwicklung LE 14–20 und fassen die erforderlichen Beschlüsse. Im Betrieb von Franz und Gudrun Schriebl werden auf 50 Hektar Johannis- und Aroniabeeren angebaut und zu Säften, Gelee und Essig verarbeitet. Über das Programm LE 14–20 wurden eine neue, leistungsstarke Obst presse und der Umbau des Tanklagers finanziert. www.ribes.at INHALT 02 _ RIBES – Mit Liebe zum Saft // Aus der Praxis der Netzwerkarbeit // Abbildungsverzeichnis 03 _ LE konkret // Geleitwort // Projektdatenbank: Kooperation mit Netzwerk Kulinarik 04 _ Innovationsanalyse „Klimaschutz für die österreichische Landwirtschaft“ 05 _ Vier Grundvoraussetzungen für aktiven Klimaschutz in der Lebensmittelproduktion 06 / 07 _ Konkrete Ansatzpunkte für aktiven Klimaschutz in der Lebensmittelkette: Aus der Praxis der Netzwerkarbeit Sechs Innovationsfelder 08 _ EIP-AGRI-Projekt „Abgestufter Wiesenbau“ // Factbox EIP-AGRI 09 _ Interview mit LK-Präsidentin Michaela Mit fortschreitender Programmumsetzung Eines der größten Projekte des Netzwerks Langer-Weninger // Interview mit ändern sich auch die Inhalte, die über die im laufenden Jahr ist die Innovationsanalyse Andreas Abfalter Medien des Netzwerks Zukunftsraum Land „Klimafreundliche Lebensmittel“, die im 10 _ Biodiversität: Das Problem mit den transportiert werden. Für eine Reihe von Rahmen unseres Jahresschwerpunkts Klima- Emotionen Maßnahmen des Programms LE 14–20 liegen wandel erarbeitet wurde. Die Ergebnisse 11 _ Ordentlich! Schlampert. bereits Evaluierungen vor. In der letzten finden Sie auf den Seiten 4 bis 7. Im Hinblick 12 / 13 _ Standpunkte: Mobilität im ländlichen Ausgabe der Netzwerkzeitschrift haben wir auf Strategien zur Klimawandelanpassung Raum ausführlich über die Halbzeitevaluierung stellen wir auf einer weiteren Doppelseite 14 _ Klimabedingte Herausforderungen berichtet. Im Rahmen unseres Cross-Media- das EIP-AGRI-Projekt über den abgestuften in der Forstwirtschaft Konzepts eignet sich für die Verbreitung Wiesenbau vor – durch die vertiefende 15 _ Grafik: Entwicklung des Schadholzanfalls der einzelnen Studien vor allem der Analyse a usgewählter Einzelprojekte soll die seit 1944 // Seit 1990 Anstieg des Borken- Netzwerk-Newsletter. Im Juni-Newsletter Netzwerk-Projektdatenbank eine qualitative käferbefalls informierten wir Sie über die Studie, die Ergänzung finden. Ankündigen dürfen 16 _ Gemeinden und Regionen werden klimafit sich mit den Potenzialen sozialer Innovation wir auch eine Zusammenarbeit mit dem 17 _ Holzwelt Murau: One-Stop-Shop im Rahmen von LEADER beschäftigt, im Netzwerk Kulinarik, womit ein großer und im Energiebereich // Aus den LEADER- August-Newsletter über Studien, die sich wichtiger Teil der ländlichen Entwicklung Regionen mit der Entwicklung der Biodiversität auch auf der Netzwerk-Projektdatenbank 18/ 19 _ Expertinnen- und Expertenforum: auseinandersetzen. Alle Newsletter finden abgebildet werden wird (mehr auf Seite 3). Die Handlungserfordernisse beim Sie auf unserer Website, die Evaluierungs Ihr Netzwerkteam: Karl Bauer // Klimawandel berichte werden auf www.bmnt.gv.at/ Luis Fidlschuster // Michael Fischer // 20 _ Europa // Demnächst // Impressum land/laendl_entwicklung/evaluierung ver Georg Keuschnigg // Gertraud Leimüller // öffentlicht. Gerald Pfiffinger // Johanna Rohrhofer ABBILDUNGSNACHWEIS Cover: Österreichische Hagelversicherung | Seite 2: oben: www.ribes.at | Seite 3: Porträt: BMNT/Paul Gruber, links: Lungaugold | Seite 4: Hintergrund: photocase.de/Judywie | Seite 6: Hintergrund: iStock/enviromantic | Seite 7: Hintergrund: iStock/enviromantic | Seite 8: oben: Biokompetenzzentrum Schlägl | Seite 9: Hintergrund: Biokompetenzzentrum Schlägl, Porträt oben: LK OÖ, Porträt unten: Andreas Abfalter | Seite 10: Hintergrund: Mathias Scholz, Porträt: Johannes Maurer, rechts unten: Geert Gratama | Seite 11: Hintergrund: Mathias Scholz, rechts unten: Rupert Pessel | Seite 12: Hintergrund: iStock/Nastco/roccomontoya, Porträt links: Alex Gretter, Porträt rechts: privat | Seite 13: Hintergrund: iStock/Nastco/roccomontoya/Hein Nouwens, Porträt links oben: Rosinak & Partner ZTGmbH, Porträt links unten: privat, Porträt rechts: Chuk Nnamdi | Seite 14: oben: LKÖ/Martin Höbarth, Porträt links: BMNT/Paul Gruber | Seite 15: Hintergrund: LKÖ/Martin Höbarth | Seite 16: WeinFranz, Porträts: Umweltbundesamt/B. Gröger | Seite 17: rechts oben: Tom Lamm, unten: energiebuendel-imst.at | Seite 18: Hintergrund: photocase.de/vicuschka, Porträt links: Wuppertal Institut/VisLab/Sabine Michaelis, Porträt rechts: LK Steiermark | Seite 19: Hintergrund: photocase.de/vicuschka, Porträt links: Seminarhotel Biorestaurant Retter/Pöllauberg, Porträt rechts: privat | Seite 20: oben: iStock/republica, Porträt: Europäisches Parlament, unten: iStock/mdesigner125
LE konkret // Aus dem Netzwerk // Geleitwort 03 LE konkret Wachsende Zahl von 50.000 Betriebe setzen Bioschlachthöfen auf Biodiversität Anfang September ist der Neubau der 50.000 Betriebe nahmen im Vorjahr an der Sonnberg Biofleisch GmbH in Oberösterreich Maßnahme „Umweltgerechte und biodiver- in Betrieb gegangen, in Tirol hat die Bio- sitätsfördernde Bewirtschaftung“ (UBB) teil. metzgerei Juffinger die Schlacht-, Zerle- Sie legten auf 65.000 Hektar (2,8 Prozent Geleitwort gungs- und Lagerungskapazitäten erweitert. der Landwirtschaftsfläche, ohne Almen) Im Vorjahr wurde der erste Salzburger Biodiversitätsflächen an. Die Erhaltung von Bioschlachthof am Bergbauernhof Tromört Landschaftselementen wird mit Stand 2018 im Lungau eröffnet, in Oberösterreich auf knapp 1,6 Millionen Hektar umgesetzt hat die Firma Hütthaler umfassend in die (1,1 Millionen Hektar UBB-Flächen, 484.000 Weichenstellungen Biofleischproduktion investiert. Alle Projekte Hektar ÖPUL-Bioflächen). Mehr auf finden Sie auf www.zukunftsraumland.at/ www.zukunftsraumland.at/aktuell/326. Auf EU-Ebene werden die Vorschläge zur projekte. Ausgestaltung der künftigen Gemeinsamen Klimawandel: Meilenstein Agrarpolitik (GAP) weiterhin intensiv diskutiert. in der Waldforschung Zentrale Themen sind die grüne Umwelt Die Waldschäden infolge des Klimawandels architektur und die erhöhte Umwelt- und Klima und von Schädlingsinvasionen sind bereits ambition sowie das neue ergebnisorientierte enorm. Im Rahmen eines Forschungsprojek- Umsetzungsmodell. Die inhaltliche Ausge tes, das von der steirischen Landesregierung staltung hängt eng mit dem mehrjährigen in Zusammenarbeit mit der Landwirt- Finanzrahmen zusammen: Nur mit ausreichen- schaftskammer und den Land- und Forst der Finanzierung können auch zukünftig betrieben beauftragt wurde, sammeln mehr ehrgeizige Programme weitergeführt werden. als 100 Expertinnen und Experten der BOKU Österreich hat mit seinem bisherigen wissenschaftliche Daten über den Wald, Mix von agrarischen Maßnahmen, Umwelt- und indem sie Böden und Vegetation unter Klimamaßnahmen und starken Programmen suchen. Das Ergebnis wird eine Planungs- für die ländlichen Räume gute Erfahrungen und Beratungsunterlage sein. gemacht. Wie die Halbzeitevaluierung des Programms LE 14–20 gezeigt hat, wachsen Bioenergie auf dem Weg die ländlichen Räume in Österreich stärker als zur Nummer eins die städtischen, auch wenn noch ein Rückstand Biomasse hat das Potenzial, zum bundesweit aufzuholen ist. Damit sind wir in Europa aber bedeutendsten Energieträger zu avancieren nicht die Regel, sondern die Ausnahme! Bemer- und könnte mittelfristig Erdöl und Erdgas kenswert ist unter anderem, dass die umge überholen. Wie der Österreichische Biomas- setzten Maßnahmen auch die Wertschöpfung severband im Bioenergie-Atlas 2019 schreibt, in den Ballungsräumen steigern und somit könnte der Biomasseanteil bis 2030 um die gesamte Volkswirtschaft unterstützen. 35 Prozent erhöht werden. Derzeit ist nicht Nach der Auftaktveranstaltung zum öster- die Verfügbarkeit, sondern die Aufnahme reichischen GAP-Strategieplan im Mai 2019 fähigkeit der Märkte das limitierende wird nun an den Grundlagen für den Strategie- Die Produkte des Bioschlachthofs Moment. Mehr auf www.biomasseverband.at/ plan gearbeitet. Die Ausarbeitung des GAP- Tromörthof werden unter dem oesterreichischer-biomasse-verband-setzt-auf- Strategieplans wird in Zusammenarbeit mit Markennamen Lungaugold vertrieben. fakten. allen involvierten Partnerinnen und Partnern der Landwirtschaft und der ländlichen Räume erfolgen. Die Verantwortung für die Umsetzung Projektdatenbank: Kooperation somit mit einem Klick gefunden werden. Sie sind wird zukünftig mehr als bisher im eigenen mit Netzwerk Kulinarik zudem über das reguläre Suchsystem unserer Land liegen. Ich sehe das als Chance, die Ziel Über eine Kooperation mit dem Netzwerk Website auffindbar. Wir freuen uns auf die setzungen noch präziser als bisher auf unseren Kulinarik wird die Projektdatenbank des Zusammenarbeit mit dem Netzwerk Kulinarik! Bedarf abzustellen und die Abwicklung so Netzwerks Zukunftsraum Land noch vielfältiger. einfach wie möglich zu gestalten. Die Projekte aus dem Kulinarikbereich, die bereits seit September eingepflegt werden, NETZ Johannes Fankhauser erhalten eine eigene Kachel und eine eigene WERK Leiter der Sektion Landwirtschaft Farbe, sie sind verschlagwortet und können KU L I N A R I K und ländliche Entwicklung
04 Schwerpunktthema Klimawandel Eine Innovationsanalyse für die österreichische Landwirtschaft: Aktiver Klimaschutz durch klimafreundliche Lebensmittel Der Klimawandel ist aktuell in aller Munde, Klimaschutzmaßnahmen werden für die Landwirtschaft, die Lebensmittelbranche sowie Verbraucherinnen und Verbraucher immer relevanter. Im Auftrag des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT) hat das Netzwerk Zukunftsraum Land deshalb untersucht, wo diesbezüglich von der heimischen Urproduktion bis hin zum Konsum von Lebensmitteln im Haushalt wichtige Innovationspotenziale liegen. 80 Prozent des landwirtschaftlichen Deshalb ist es das Gebot der Stunde, schon Ertrages in Österreich sind von stabilen heute Produktions- und Nachweissysteme Wetter- bzw. konstanten Klimabedingungen zum aktiven Klimaschutz aufzubauen. abhängig. In den letzten Jahren zeigen sich Damit soll jedoch nicht nur Antwort auf die jedoch bereits vermehrt die Auswirkungen künftig zu erwartenden Entwicklungen des Klimawandels: Zunehmende Wetter gegeben werden. Der landwirtschaftliche extreme wie beispielsweise Unwetter mit Sektor hat dadurch auch die Chance, eine Hagel, Starkregenfälle und Überschwem- aktiv richtungsweisende Rolle einzunehmen mungen verursachen Ertragsausfälle, und gesamtgesellschaftliche Verantwortung die in manchen Fällen für die agrarischen zu übernehmen. Nur so kann das Fort Betriebe sogar existenzbedrohend sind. bestehen der landwirtschaftlichen Betriebe, Die Landwirtschaft ist vom Klimawandel die an Grund und Boden gebunden sind, jedoch nicht nur betroffen, sondern ver auch für die nächsten Generationen ursacht ihn selbst mit. Der Sektor ist für gesichert werden. 10,3 Prozent aller Treibhausgasemissionen Allerdings agiert die Landwirtschaft (THG) in Österreich verantwortlich. Um nicht als isolierter Player, sondern ist Teil die österreichischen Klimaziele bis 2030 eines Wertschöpfungssystems von Lebens zu erreichen, sind neue staatliche Vorgaben mittelerzeugung und -verbrauch. Nur für die Verursacherinnen und Verursacher durch i ntensivierte Zusammenarbeit aller von THG-Emissionen zu erwarten. wesentlichen Akteurinnen und Akteure Darüber hinaus ist davon auszugehen, inklusive öffentlicher Hand, Forschung und dass Konsumentinnen und K onsumenten Wissenschaft können die österreichischen in Zukunft vermehrt nachweislich klima Klimaziele erreicht und THG-Emissionen freundliche Produkte nachfragen werden, reduziert werden. Die Innovationsanalyse weil sie selbst einen aktiven Beitrag zeigt deshalb Rahmenbedingungen, Voraus zum Klimaschutz leisten wollen. Gleichzeitig setzungen und Innovationspotenziale für werden neue Akteurinnen und Akteure aktiven K limaschutz im gesamten Lebens- wie Start-ups – unterstützt durch neue mittel-Wertschöpfungssysstem von der Technologien – traditionelle landwirtschaft- Urproduktion bis zum Konsum auf. Mithilfe liche Prozesse und Methoden weiterent der Analyse soll die Entwicklung innovativer wickeln und neue Produkte auf den Markt Lösungen im Zusammenhang mit Klima- bringen. schutz in Ö sterreich unterstützt werden. q
Schwerpunktthema Klimawandel 05 Rahmenbedingungen für aktiven Klimaschutz durch Lebensmittel aus der Landwirtschaft Veränderung braucht entsprechende Rahmenbedingungen. Um einen Markt für klimafreundliche Lebens- mittel in Österreich zu schaffen, bedarf es nicht nur der Bemühungen des landwirtschaftlichen Sektors. Alle Beteiligten bis hin zu den Konsumentinnen und Konsumenten sind gefragt, ihren Beitrag zu einer klimafreundlichen Wertschöpfung in der Lebensmittelproduktion zu leisten. Im Rahmen von Interviews mit Expertinnen und Experten wurden vier G rundvoraussetzungen identifiziert, die als unverzichtbares Fundament dazu dienen, aktiven Klimaschutz in der Lebensmittelproduktion aufzubauen. Rahmenbedingungen Daten und Modelle zur Abschätzung der Klimabewusstsein auf allen Ebenen Treibhausgasemissionen bereitstellen gezielt stärken Der einzelne Landwirtschafts-, Verarbeitungs- und Gastronomie Der globale Klimawandel ist für viele ein sehr abstraktes Thema, betrieb kann aktuell nicht nachvollziehen, wie viele THG-Emissionen Zusammenhänge zwischen individuellem Verhalten (z. B. dem Kauf er verursacht. Ebenso wenig können Konsumentinnen und Konsumen- eines bestimmten Produkts), der Entstehung von THG und deren ten beim Einkauf erkennen, welchen CO2-Fußabdruck ein bestimmtes Einfluss auf den Klimawandel sind komplex und oft nicht transpa- Lebensmittel hat. Es fehlt an einfachen Entscheidungshilfen und kos- rent nachzuvollziehen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen tengünstigen Möglichkeiten, die THG-Emissionen unterschiedlicher mithilfe innovativer Bildungs- und Kommunikationsformate praxis- Prozesse bzw. Lebensmittel zu berechnen. Derartige Berechnungs- nah und leicht verständlich über die Zusammenhänge zwischen möglichkeiten und eine verständliche Aufbereitung mithilfe digitaler ihrem persönlichen Verhalten und dem Klimawandel informiert Tools können entscheidend dazu beitragen, positive Verhaltens werden, um im Alltag bewusste Entscheidungen treffen zu können. veränderungen zu initiieren. Wesentliche Voraussetzung sind wissen- Auch für Landwirtinnen und Landwirte müssen Angebote geschaffen schaftlich fundierte und gut zugängliche Klimadaten und -modelle. werden, sich zielgruppenspezifisch aufbereitetes Wissen zum Klimaschutz aneignen zu können. Open-Innovation-Projekte und Forschungs partnerschaften zu klimafreundlichen Klimaschutz aktiv fordern und fördern Lebensmitteln ermöglichen Wesentlich ist auch die Rolle der öffentlichen Hand, die mit Unter- Komplexe Problemstellungen wie Klimaschutz benötigen ein stützungsleistungen und finanziellen Anreizen die Attraktivität koordiniertes, gemeinsames Vorgehen und eine übergreifende von Klimaschutzmaßnahmen für die Landwirtinnen und Landwirte Zusammenarbeit aller wesentlichen Akteurinnen und Akteure erhöht. Ökologisches Wirtschaften der landwirtschaftlichen im Lebensmittel-Wertschöpfungssystem. Es braucht innovative Betriebe darf nicht zu einem ökonomischen Nachteil werden. Austauschformate, in denen miteinander und ergebnisoffen Dies erfordert, dass Klimaschutzaspekte in alle Fördermaßnahmen diskutiert wird. Ein derartiger systematischer Austausch kann von Bund und Ländern eingebettet werden, was unter Umständen dazu beitragen, Lösungen zu finden, die für alle von Nutzen sind. auch eine völlige Neuausrichtung von Förderprogrammen mit Vor allem in der Kommunikation und Kooperation von landwirt- sich bringen kann. M ittel- und langfristig bedarf es darüber hinaus schaftlichen Betrieben untereinander, aber auch mit verarbeitenden auch neuartiger Förderprogramme für Forschung und Innovation, Betrieben und Handelsunternehmen sowie den Bereichen Gastro in denen gemeinsam neue klimafreundliche Technologien, nomie und Gemeinschaftsverpflegung liegt enormes Innovations Verfahren und Bewirtschaftungsmethoden entwickelt werden, potenzial. Neuartige Forschungs- und Innovationspartnerschaften die praxistauglich sind. können sicherstellen, dass entwickelte Lösungen für landwirtschaft- liche Betriebe in ihrer Arbeitsrealität umzusetzen sind.
06 Schwerpunktthema Klimawandel Konkrete Ansatzpunkte für aktiven Klimaschutz in der Lebensmittelkette Im Rahmen der Innovationsanalyse „Klimafreundliche Lebensmittel“ wurden sechs Innovationsfelder identifiziert, welche die wesentlichen Hebel für mehr Klimaschutz in Lebensmittelproduktion und -verbrauch darstellen. Diese Innovationsfelder sprechen gezielt alle Teile des Lebensmittel- Wertschöpfungssystems direkt an und zeigen so auf, dass jeder im Kampf für mehr Klimaschutz Verantwortung übernehmen kann. Innovationsfelder Klimafreundliche Fütterung und Haltung von Nutztieren Tierische Lebensmittel haben ein signifkant höheres Treibhaus gaspotenzial als pflanzliche Lebensmittel (ausgenommen Reis). Innovative, praxistaugliche Tierhaltungs- und Fütterungskonzepte, die sowohl tierwohlorientiert als auch klimafreundlich sind, können in Zukunft dazu beitragen, klimaschädliche Emissionen in der Tier- haltung zu verringern. Ein möglicher Ansatz ist z. B. die Umstellung auf 100 Prozent regionale Futtermittel. Dafür sprechen nicht nur die positiven Umweltauswirkungen, sondern auch eine erhöhte in- ländische Wertschöpfung und eine verminderte Importabhängigkeit. Ein weiterer Ansatzpunkt in der tierischen Produktion ist der richtige Umgang mit Wirtschaftsdünger in Bezug auf Lagerung und Aus bringungsmethode. Die größte Hebelwirkung liegt aber darin, den Konsum tierischer Lebensmittel in Österreich langfristig auf ein klimaverträgliches Ausmaß zu senken. Erzeugung und Nutzung von erneuerbarer Energie für die Lebensmittelproduktion Klimafreundliche Energiekonzepte sind für die Lebensmittel-Liefer- kette künftig unerlässlich. Für die Landwirtschaft, aber auch für Verarbeitungsbetriebe, Supermärkte oder die Gastronomie bietet sich der Bezug von erneuerbarer Energie wie etwa Strom aus der eigenen Photovoltaikanlage an. Um den erzeugten Strom rund um die Uhr nutzen zu können, werden ergänzend effiziente und leistbare Speichertechnologien benötigt. Hier bedarf es noch weiterer For- schung und Entwicklung, um bereits vorhandene Ansätze marktfähig und auch für kleine landwirtschaftliche Betriebe finanziell leistbar zu machen. Auch im Bereich der Mobilität ‒ besonders beim landwirtschaftlichen Maschineneinsatz ‒ besteht u. a. durch den Umstieg auf Elektromobilität großes Potenzial, künftig ohne fossile Energieträger auszukommen.
Schwerpunktthema Klimawandel 07 eduktion und Vermeidung von Lebensmittel R Reduktion und Vermeidung von Verpackungen abfällen, Ernte- und Produktionsresten sowie Entwicklung von Verpackungsalternativen Derzeit werden in Österreich pro Haushalt und Jahr 300 bis 400 Euro Die Menge von Verpackungen, vor allem aus Kunststoff, ist in den an Lebensmitteln weggeworfen. Dies stellt nicht nur ein mora- letzten Jahrzehnten massiv angestiegen. Die Verwendungsdauer lisch-ethisches Problem dar, sondern ist auch schlecht für das Klima: ist in der Regel jedoch nur sehr kurz, vieles kann nicht oder nur in Produktion, Transport, Verarbeitung sowie Entsorgung von Nah- schlechter Qualität recycelt werden ‒ mit negativen Auswirkungen rungsmitteln sind mit einem hohen Energieaufwand verbunden. Hier für das Klima. Die Entwicklung von umweltfreundlichen Alternativen ist mehr Bewusstseinsbildung bei den Konsumentinnen und Konsu- zu Plastikverpackungen, aber auch zu Verpackungen überhaupt ist menten erforderlich: Viele Abfälle können durch richtige Lagerung daher mittel- und langfristig unumgänglich. Es braucht im Handel und gezielteren Einkauf vermieden werden. Zur Verbesserung der alternative Verpackungsmöglichkeiten und Optionen zur Kennzeich- Klimabilanz kann auch die Wiederverwertung von Lebensmittelab- nung von Produkten, wie z. B. durch Laser. Auch die (Wieder-)Ein fällen sowie Ernte- und Produktionsresten beitragen. Beispielsweise führung von Mehrwegsystemen kann Verpackungsmüll reduzieren. können sich Urprodukte, die aufgrund ihrer Optik nicht vom Handel Desgleichen werden in der Gemeinschaftsverpflegung und im abgenommen werden, noch hervorragend für die Weiterverarbei- Außer-Haus-Verzehr innovative, im Alltag umsetzbare Konzepte für tung eignen. Dafür sind neuartige Vermarktungs- und Logistik die Vermeidung von Verpackungen benötigt, wie z. B. die Umstellung konzepte notwendig, welche die Abstimmung entlang der Wert- auf kurze, regional fokussierte Versorgungsketten, von denen auch schöpfungskette, z. B. zwischen den landwirtschaftlichen und den die regionale Landwirtschaft profitiert. verarbeitenden Betrieben, erleichtern. Ausbau und Erweiterung des klimafreundlichen Klimafreundliche Produktion von pflanzlichen Lebensmittelangebots Lebensmitteln Hohes Potenzial für CO2-Einsparungen liegt im Konsum von Lebens- Durch richtige Bewirtschaftung in Ackerbau, Grünland sowie mitteln: Würde sich die Bevölkerung regional und saisonal sowie Obst- und Gemüsebau lassen sich nicht nur Treibhausgase ver überwiegend pflanzlich ernähren, könnten THG-Emissionen deutlich ringern, sondern sogar CO2 lässt sich aktiv binden. Es gibt bereits reduziert werden. Beim verbleibenden Fleischkonsum sollte mög- zahlreiche vielversprechende Ansätze wie z. B. ganzjährige Begrü- lichst auf ganzheitlich verwertetes, regionales Fleisch in hoher nung und optimiertes Fruchtfolgemanagement. Diese klimafreundli- Qualität zurückgegriffen werden. Um sich klimafreundlich ernähren chen Bewirtschaftungsmethoden gilt es einerseits gezielt (weiter) zu können, benötigen Kundinnen und Kunden einfachen Zugang zu entwickeln und zu testen, andererseits bedarf es einer gezielten, zu Lebensmitteln mit kleinem CO2-Fußabdruck, die auch entspre- praxisnahen Verbreitung des bereits vorhandenen Wissens unter chend gekennzeichnet sind. Neue Produkte (wie z. B. österreichisches den Landwirtinnen und Landwirten mittels moderner Formate. Wintergemüse – siehe dazu auch die Fact-Box), aber auch neue Auch der vermehrte Einsatz von innovativen Technologien wie Produktionsweisen (wie Vertical Farming) sind innovative Precision und Smart Farming oder vertikaler Landwirtschaft und Möglichkeiten zur Erweiterung des Angebots. Zusätzlich sind von Kreislaufsystemen (z. B. Hydrokulturen, Aquaponics) können neue klimaschonende Vertriebskonzepte gefragt. Online-Tools und zur Reduktion des Ressourceneinsatzes in der Produktion beitragen. -Plattformen können im Bereich der U rproduktion, vorrangig in Derartige Systeme sind in der Lage, als Ergänzung der bisherigen der Direktvermarktung und der Verarbeitung, dabei unterstützen, Produktion ganzjährige Ertragsmöglichkeiten für die Betriebe die Logistik sinnvoll zu bündeln und so die THG-Emissionen zu eröffnen. in Transport und Lagerung so gering wie möglich zu halten. Operationelle Gruppe Weiterentwicklung United Against Waste Biowintergemüse Auf united-against-waste.at, einer österreichischen Plattform von Das LE-finanzierte EIP-Projekt sucht Lösungen für konkrete Problem Unternehmen, Bund, Ländern, Wissenschaft und NGOs, wird Beratung stellungen beim Anbau von heimischem Biowintergemüse in Österreich. zur Optimierung des Wareneinsatzes sowie ein Selbstschnelltest Denn durch den Anbau von heimischem Biowintergemüse kann für Gastronomie, Hotellerie und Gemeinschaftsverpflegung angeboten. das in den Wintermonaten zur Verfügung stehende Angebot an Mit diesem können Betriebe errechnen, wie viel Geld sie mit einer Gemüsesorten und -raritäten ressourcenschonend erweitert werden. Reduktion des Lebensmittelabfalls einsparen könnten. Mehr Informationen unter zukunftsraumland.at/projekte/1481
08 Projektvorstellung Klimawandel Weitere Informationen zum EIP-AGRI-Projekt finden Sie hier: www.zukunftsraumland.at/projekte/1486 www.biokompetenzzentrum.at/forschung/ forschung-wiesenbau.html Den Leitfaden mit konkreten Handlungs empfehlungen finden Sie zum kostenlosen Download hier: https://shop.fibl.org/atde/2021-abgestufter- wiesenbau.html EIP-AGRI-Projekt „Abgestufter Wiesenbau“: Durch differenzierte Nutzung von Grünland zu mehr Ertrag Wertvolles Grundfutter und zahlreiche Klimatische Veränderungen wie zum lichkeit einer differenzierten Bewirtschaf- ökologische Funktionen zeichnen die rund Beispiel Trockenperioden und Starkregen tung betriebseigener Grünlandflächen 1,35 Millionen Hektar Grünland in Österreich zwingen Landwirtinnen und Landwirte getestet. Ertragsbetonte und extensivere aus und machen es zu einem unverzicht häufig, die Nutzungshäufigkeit von Grün- Flächen sollen durch angepasste Nutzung baren Element der österreichischen Land- landflächen zu erhöhen. Bis zu fünfmal und Düngung etabliert und/oder erhalten wirtschaft. Der fortschreitende Klimawandel im Jahr werden Grünlandflächen in Öster- werden. Mit abgestuftem Wiesenbau können und die Tendenz, immer mehr Ertrag aus reich g eerntet. Die vorhandenen Flächen sich Pflanzen- und Tierbestände erholen, der gleichen Fläche zu gewinnen, setzen das eines Betriebs werden häufig gleichförmig und es lässt sich eine zeitgemäße ertrags Grünland unter Druck. Diesem Spannungs- bewirtschaftet. Diese einheitliche Bewirt- betonte Nutzung sicherstellen. Somit wirkt feld zwischen nachhaltiger Grünlandbewirt- schaftung verbunden mit häufigerem sich der abgestufte Wiesenbau nicht nur schaftung bei gleichzeitiger Ertragssiche- Mähen und Abernten führt in der landwirt- positiv auf die Erträge, sondern auch auf den rung hat sich eine Gruppe rund um schaftlichen Praxis oft zu Problemen in Klimaschutz und die Artenvielfalt aus. Trotz landwirtschaftliche Betriebe in Oberöster- der Nährstoffversorgung der Böden. Betrof- dieser Vorteile wird diese Bewirtschaftungs- reich, das Biokompetenzzentrum Schlägl, fen davon sind s owohl konventionelle als form allerdings bisher kaum in der Praxis das Forschungsinstitut für biologischen auch Biobetriebe. angewendet. Landbau (FiBL), die HBLFA Raumberg- In dem EIP-AGRI-Projekt „Nachhaltige In einem Leitfaden hat daher die Pro- Gumpenstein, die Landwirtschaftskammer Grünlandbewirtschaftung durch abgestuften jektgruppe klar formuliert, wie abgestufte Oberösterreich und BirdLife, gewidmet. Wiesenbau“ wurde deshalb die Praxistaug- Grünlandbewirtschaftung im eigenen Betrieb umgesetzt werden kann. Im Rahmen des EIP-AGRI-Projekts haben 13 sowohl konventionell als auch biologisch wirtschaf- tende Grünlandbetriebe in Oberösterreich EIP-AGRI steht für „Europäische Innovationspartnerschaft für landwirtschaftliche die abgestufte Grünlandbewirtschaftung ge- Produktivität und Nachhaltigkeit“. Dabei handelt es sich um ein K onzept zur testet und das Konzept unter fachlicher Be- Förderung von Innovation in der Land- und Forstwirtschaft. In Ö sterreich wird die gleitung ihren Anforderungen angepasst. EIP-AGRI seit 2015 erfolgreich im Rahmen des Programms LE 14–20 umgesetzt. Die aus der praktischen Umsetzung gewon- Vier Aufrufe zur Einreichung von innovativen Projekten sind ergangen. Inzwischen nenen Erkenntnisse bildeten die Basis für haben sich 29 sogenannte Operationelle Gruppen formiert, um innovative Projekte den Leitfaden zur Umsetzung des abgestuf- für die österreichische Landwirtschaft u mzusetzen. Die ersten Gruppen haben ten Wiesenbaus. q ihre Arbeit bereits abgeschlossen, darunter auch die Operationelle Gruppe „Abgestufter Wiesenbau“. Jene aus dem 4. Aufruf haben gerade erst begonnen.
Projektvorstellung Klimawandel 09 Weiterentwicklung der österreichischen Grünlandwirtschaft Im Gespräch mit der Präsidentin der Landwirtschaftskammer Oberösterreich, LAbg. Michaela Langer-Weninger Frau Langer-Weninger, welchen Fragen und Problemen tärkung der Futterproduktion auf Flächen mit gutem S stehen Grünlandbetriebe heute gegenüber? Ertragspotenzial und erzeugt gleichzeitig mehr Bio Die Grünlandwirtschaft steht heute unter erheblichem diversität auf extensiven Flächen. Dadurch gestaltet sich Druck. Einerseits soll und muss das Grünland seine die Grünlandbewirtschaftung sowohl regional als auch Funktion als Futtergrundlage der österreichischen betriebstypisch individuell. Sinn, Nutzen und Hinter- Rinder-, Schaf- und Ziegenwirtschaft erfüllen, anderer- gründe müssen jedenfalls noch besser vermittelt wer- seits werden die Anforderungen und Ansprüche der den, damit dieses herausfordernde und anspruchsvolle Gesellschaft im Hinblick auf Umweltschutz und Biodi- Konzept in der Praxis breiter ausgerollt werden kann. versität an die Landwirtschaft generell, und da speziell Das ist mit Sicherheit ein langfristiges Projekt. an die Grünlandwirtschaft, immer mehr. Dazu kommt noch der Klimawandel, der die Grünlandwirtschaft Was ist Ihrer Meinung nach das Besondere an diesem vor enorme Herausforderungen stellt. Wir haben Gebie- EIP-AGRI-Projekt? te, in denen die Grünlandbauern aufgrund massiven Das Projekt wird vom Schulwesen und praktizierenden Schädlingsbefalls momentan buchstäblich mit dem Landwirten getragen. In der Praxis wird Wissen gene- Rücken zur Wand stehen. riert, das dann im Rahmen der Schule gleich an die künf- tigen Bewirtschafterinnen und Bewirtschafter weiter Sie unterstützen das EIP-AGRI-Projekt zum abgestuften gegeben werden kann. Konzeptuell stammt das Thema ja Wiesenbau. Worin sehen Sie konkret das Potenzial aus unserem Haus, das stets bestrebt ist, Rückkopplun- für österreichische Grünlandbetriebe? gen zwischen Bildung und Umsetzung, zwischen Theorie Jedes Projekt, das dazu beiträgt, die Grünlandwirtschaft und gelebter Praxis herzustellen. Ich denke, dass diese in Österreich weiterzuentwickeln, ist uns willkommen. Art von Forschung sehr fruchtbringend sein kann, denn Der abgestufte Wiesenbau ist ein Konzept, das die Forschung soll ja nicht abgehoben im Elfenbeinturm eingangs erwähnten Anforderungen in gewisser Weise passieren, sondern umsetzungsorientiert sein, Nutzen zusammenführt. Abgestufter Wiesenbau führt zur stiften und uns insgesamt weiterbringen. q Umsetzung: Schritt für Schritt … Im Gespräch mit dem EIP-AGRI-Projektleiter Andreas Abfalter (FiBL) Herr Abfalter, das Konzept des abgestuften Wiesenbaus Im Zuge des Projekts konnten sowohl Erfahrungen unterstützt die landwirtschaftlichen Betriebe dabei, als auch Erkenntnisse über die praktische Umsetzung ökologisch nachhaltig zu wirtschaften, ohne dabei der Wiesenbewirtschaftung in Betrieben gewonnen und Ertragseinbußen verzeichnen zu müssen. Was würden daraus Empfehlungen für die Auswahl und Umstellung Sie Landwirtinnen und Landwirten raten, bei der der Flächen sowie weiterführende Schritte entwickelt Umstellung auf abgestufte Grünlandbewirtschaftung werden. Diese wurden in einem Leitfaden mit Hand- als Erstes in Angriff zu nehmen? lungsempfehlungen zusammengeführt, welcher über Der erste Schritt bei der Umstellung zur abgestuften den Onlineshop des FiBL Österreich zum kostenlosen Wiesenbewirtschaftung sollte sein, sich verstärkt mit Herunterladen zur Verfügung steht. dem eigenen Betrieb und dessen Flächen zu beschäfti- gen. Es müssen unter Berücksichtigung der Nährstoff Sie haben gemeinsam mit Ihrer Operationellen Gruppe verfügbarkeit Entscheidungen über potenzielle Flächen das EIP-AGRI-Projekt zum abgestuften Wiesenbau sowohl für Intensivierungs- als auch für Extensivie- umgesetzt. Wie waren Ihre Erfahrungen in der Zusam- rungsmaßnahmen getroffen werden. Ein im Zuge des menarbeit von Praxis und Wissenschaft? Projekts entwickeltes Berechnungs- und Planungstool Wissenschaft in Praxis umzusetzen braucht stets eine soll die Entscheidungsfindung unterstützen. gewisse Flexibilität, um auf unvorhersehbare Herausfor- derungen gut reagieren zu können. Von der Zusammen- Welche weiteren wesentlichen Erkenntnisse oder arbeit der Partnerinnen und Partner aus unterschied Empfehlungen konnten Sie aus dem Projekt ableiten? lichen Fachbereichen hat das Projekt enorm profitiert. q
10 Umwelt Das Problem mit den Emotionen Die schön gepflegte Landschaft ist ein gesellschaftliches Ideal, das im Natur- schutz Probleme bereitet. Dieses Ideal verhindert oft das Anlegen von Bio diversitätsflächen als Rückzugsräume für Tiere, weil diese in den Augen vieler Menschen schlampig ausschauen. Nur eines von vielen Beispielen ist der Satz eines Bauern, der bei einer Beratung am Hof gefallen ist: „Ja, ich kann schon einen Wiesenstreifen stehen lassen, aber das geht nur ganz hinten beim Wald, wo die Mama nicht mehr hinkommt. Weil die darf das nicht sehen.“ Johannes Maurer Das Projekt „Ordentlich! Schlampert.“ Man kommt schnell ins Gerede andschaft ist nicht allein ein Ausschnitt L stellt der menschlichen Wahrnehmung von Schlampigkeit die Ordnung der Es ist eine lustige Geschichte, aber dahinter der Erdoberfläche mit allen Tieren und Natur gegenüber. steckt ein Konflikt, der tief in der Gesell- Pflanzen, sondern auch das, was wir emotio- schaft verankert ist. Wenn Bäuerinnen und nal damit verbinden. Landschaft ist Bauern, aber auch Hausgärtnerinnen und damit auch Erinnerung an Erlebnisse und Hausgärtner Flächen ungemäht lassen, müs- Gerüche aus u nserer Kindheit, sie wird sen sie teilweise nicht nur gegen Abneigung durch Brauchtum und Vorstellungen in der eigenen Familie ankämpfen, sie kom- geformt, die uns von klein auf weiter- men auch bei den Nachbarn oder im Dorf gegeben werden. schnell ins Gerede. Das führt oftmals dazu, Aus dem historischen Gedächtnis der dass auf „schlampige“ Flächen lieber ver- Gesellschaft ergibt sich, dass wir mit zichtet wird. Nicht aus wirtschaftlichen ordentlich gemähten Landschaften eine Gründen, nicht weil eine solche Entschei- vitale, lebende, glückliche Region dung schwer in den Arbeitsalltag integrier- verbinden. Dort aber, wo wilde Ecken bar ist, sondern schlicht aus dem Gedanken und Wegraine ungemäht bleiben, heraus, was denn da die Nachbarn sagen entsteht in uns das Gefühl von werden, wenn eine Fläche nicht mehr Niedergang: Die Bauern schaffen gemäht wird. es nicht mehr, die Landschaft zu pflegen, weil sie überfordert Landschaft im Kopf oder zu wenige sind. Die Leute Der Schweizer Soziologe Lucius Burckhardt ziehen weg, die Region stirbt – formulierte einen umfassenden Land- Vorgänge, die sich so in der schaftsbegriff: „Landschaft ist in den Köpfen Vergangenheit auch durchaus der Betrachter zu suchen.“ Das bedeutet, beobachten ließen.
Umwelt 11 Ordentlich! Schlampert. Nachdem wir unzählige Male den Satz „Aber Die Insektenshow im Wirtshaus wie werden denn da die Nachbarn reden!“ ge- Um auch kritische Menschen zu erreichen, hört hatten, überlegten wir, eine Gruppe von gingen wir mit der interaktiven Show Landwirtinnen und Landwirten, Ökologin- „Insektenleben“ ins Wirtshaus. Mit viel nen und Ökologen, wie wir auch die emotio- Humor und unter Einbeziehung des Publi- nale Ebene der Menschen erreichen können. kums erzählten Wolfgang Suske und Georg Aus diesen Überlegungen entstand das von Derbuch dabei aus dem Leben von Insekten Bund und EU geförderte Projekt „Ordentlich! und Spinnen. „Ich hatte einen Vortrag Schlampert.“ Die Doppeldeutigkeit des über Insekten erwartet. Aber dass es zu Namens ist gewollt. Die ungemähten Flächen einer solch kurzweiligen und interessanten und Streifen schauen ordentlich schlampert Liveshow kam, mit dem habe ich nicht aus, aber hinter der menschlichen Wahrneh- gerechnet“, sagte eine der Zuhörerinnen mung der Schlampigkeit steckt eine tiefer aus Lechaschau in Tirol. Und darum ging es gehende Ordnung der Natur. Diesen Kontrast uns: Wir wollten in gemütlicher Atmosphäre zwischen Schlampigkeit und Ordnung zeigt dem Gefühl der Schlampigkeit eine Neugier- „Ordentlich! Schlampert.“ auf und regt an, de auf das spannende Leben der Insekten den eigenen Wertekanon zu hinterfragen. in den Blühstreifen gegenüberstellen. Die Natur hat ihre Ordnung Der begehbare Schlampertatsch Zu Beginn holten wir in fünf ungewöhnli- Herzstück der Kampagne ist der Schlamper- chen Seminaren systematisch die Meinun- tatsch, ein faszinierender Infostand. gen von Bäuerinnen und Bauern zum Thema Der Schlampertatsch sieht aus wie eine Biodiversitätsflächen ein. Dabei entstanden alte, überständige Wiese. Betritt man ihn, Wirtshaussprüche, „Red zruck“-Antworten taucht man in die verborgene Welt dieses auf kritische Äußerungen und humorvolle Wiesenstreifens ein und sieht kunstvolle Eikokon der Zeichnungen. Kokons von Spinnen, architektonisch aufge- Feenlämpchenspinne Aus diesen Erfahrungen und einer paral- baute Schmetterlingseier, in Reih und Glied lel dazu durchgeführten Studie erstellten abgelegte Eier von Käfern usw. Der Schlam- wir eine Wanderausstellung. Diese in Form pertatsch zieht durch sein s pektakuläres einer vierseitigen Säule gestaltete Ausstel- Äußeres die Menschen auf Märkten und Das ganze Dorf muss dabei sein lung kommt mit wenigen Worten aus. Auf Festen an und ermöglicht so, mit ihnen ins Aufgrund der heute intensiveren Bewirt- den ersten beiden Seiten werden Bilder von Gespräch zu kommen. Ein erster Schritt. schaftung haben sich Strukturen der Land- „schlampigen“ Flächen gezeigt, um bei den Das Projekt „Ordentlich! Schlampert.“ schaft aber verändert. Ungemähte Streifen Betrachterinnen und Betrachtern Emotionen wurde im Mai 2019 abgeschlossen. oder Raine verweisen vielfach auf eine gute auszulösen. Auf den folgenden beiden Seiten Der Schlampertatsch ist noch im Einsatz, landwirtschaftliche Praxis, in der Bäuerin- wird mit der kurzen Botschaft „Die Natur und es wird auch weitere Aufführungen nen und Bauern aktiv Lebensraum für Tiere hat ihre Ordnung“ der Schlampigkeit die der Wirtshausshow geben. q schaffen, die es in den eigentlichen Kulturen Ordnung der Natur gegenübergestellt. Damit aufgrund der intensiven und schnelleren erschließt sich dem eigenen Empfinden eine Bewirtschaftung schwer haben. Schlampig- mögliche andere Wahrnehmung und ein tief Termine und weitere Infos unter keit in der Landschaft bedeutet somit verankertes Bild wird ins Wanken gebracht. www.ordentlich-schlampert.at. ordentliche Landwirtschaft. Rational können wir das rasch begreifen, aber auf der Im Inneren des Gefühlsebene lehnen wir es trotzdem ab. Schlampertatschs entdeckt man die Naturschutzberatung sollte daher Schönheit und immer auch auf einer emotionalen Ebene Ordnung der Natur. stattfinden, und das nicht nur bei Bäuerin- nen und Bauern. Das ganze Dorf muss Biodiversitätsflächen mittragen. Tut es das nicht, kommen Bäuerinnen und Bauern schnell ins Gerede. Unter diesen Umständen werden Landwirtinnen und Landwirte nicht lange und mit wenig Freude etwas für die Tiere stehen lassen. q
12 Standpunkte Das Auto stehen lassen: Wie gehen wir mit unseren Mobilitätserfordernissen um? Im ländlichen Raum war persönliche Mobilität immer schon eine Herausforderung. Ohne Auto geht vieles nicht. Jetzt kommt der Klimawandel dazu und macht ein schlechtes Gewissen, wenn man sich einfach ins Auto setzt und losfährt. Wir haben fünf Personen mit unterschiedlichen beruflichen Hintergründen gefragt, wie sie sich dem Thema stellen. Ein Plädoyer für den Fleckerlteppich Die Tiroler Naturparke Die Wiener Stadtregierung möchte das öffentlich erwandern individuelle Parkticket einführen und den Nicht nur die globale Klimadiskussion, „historisch gewachsenen Fleckerlteppich“ sondern ganz einfach der lokale Blick auf Mona Harfmann,* 20, entfernen. Weg mit den altbackenen, Tirols Straßen genügt, um die Verkehrs Youth-Reporterin, kategorischen Bezirksgrenzen – her mit problematik tagtäglich zu „erleben“ – Niederösterreich den Schul-, Arbeits- und Kindergarten- Hermann Sonntag, Geschäftsführer hier setzt das Projekt „WÖFFI – Wandern Parkzonen! Das autoaffine Wien jubelt auf. Naturpark Karwendel mit öffentlicher Anreise“ der Tiroler Der Rest kann ob dieser Ansage nur den Naturparke an. Kopf schütteln. Timing ist alles, sagt man – Im Naturpark Karwendel gibt es seit und in Zeiten des politisch immer mehr fünf Jahren eine 98-seitige Wanderbro- an B edeutung gewinnenden Klimawandels schüre, die das gesamte öffentliche in diesem Fall wohl nichts. Denn: Wenn Verkehrsangebot auf einen Blick sichtbar jede (Wienerin) bzw. jeder (Wiener) be- macht und mit konkreten Wandertipps ginnt, sich von nun an persönliche Park den ersten Schritt zum Umstieg auf um- zonen zurechtzuzimmern, dann werden weltfreundliches Reisen mit Bus und Bahn jegliche Ambitionen, Öffis zu verwenden, ermöglicht. Die große Nachfrage ermutigte in Zukunft schwinden. Als langjährige uns, dieses Konzept auf die anderen Tiroler Niederösterreicherin kann ich da nur Naturparke zu übertragen und damit ge- sagen: Bitte, liebe Stadtbewohnerinnen meinsam ein tolles Angebot zu erstellen. und Stadtbewohner, g enießt weiterhin Inzwischen trägt sich das erfolgreiche eure im Fünf-Minuten-Takt fahrenden Projekt der vielen Partnerinnen und Part- U-Bahnen! Nicht selber fahren müssen ner aus Tourismus und Verkehr großteils hat so seine Vorteile. Spritzwein trinken, selbst und wird laufend aktualisiert. zum Beispiel.
Standpunkte 13 Drei bis vier Jahre länger leben Etwa sieben Prozent aller Pkw-Wege der Österreiche- rinnen und Österreicher enden schon nach einem Kilometer. Eine ideale Fußwegdistanz. Untersuchungen zeigen, dass die Lebenserwartung durchschnittlich Helmut Hiess, drei bis vier Jahre höher liegt, wenn man sich 150 Minu- Rosinak & Partner ten pro Woche bewegt. Genau dieses Pensum erreicht Ziviltechniker GmbH, man, wenn man einen täglichen Hin- und Rückweg Wien von jeweils einem Kilometer Länge statt mit dem Auto zu Fuß zurücklegen würde (BMVIT: Österreich unter- wegs 2014). Fast ein Fünftel aller Pkw-Wege geht über 2,5 km nicht hinaus, und 40 Prozent sind kürzer als fünf km. Ideale Distanzen für das Fahrrad und die Gesundheit: Die Atemorgane werden trainiert, der Fettstoffwechsel angekurbelt, das Immunsystem gestärkt, der Rücken gekräftigt und Glückshormone ausgeschüttet. Eigent- lich ist es ganz leicht, das Auto einmal stehen zu lassen, oder? Der Gesundheit zuliebe und zum Schutz des Klimas! Den öffentlichen Verkehr Mit klimafreundlicher Mobili- am Land aufrüsten! tät in die Sommerfrische Seit gut drei Jahren bin ich nun im Besitz Steigende Temperaturen und eine wahr- des Führerscheins, keine drei Mal bin scheinliche Zunahme der Hitzetage ich seitdem in Wien hinter dem Steuer sorgen vor allem in den Ballungsräumen Sharon Muska,* gesessen. Und das nicht nur deshalb, weil Nadine Guggenberger, für erhitzte Gemüter. Spontane Kurztrips Youth-Reporter, Autofahren nicht gerade zu meinen Lieb- Klimawandel- in kühle alpine oder seenahe Regionen Wien lingsbeschäftigungen zählt, sondern anpassungsmanagerin, werden immer beliebter! Aber bitte ohne vor allem, weil die Notwendigkeit schlicht KLAR! Region Pongau Auto, denn etwa 75 Prozent der touristisch nicht gegeben ist. Öffentliche Verkehrs- verursachten CO2-Emissionen sind dem mittel bringen mich zuverlässig und güns- damit verbundenen Verkehr in Rechnung tig überallhin, schonen überdies die Um- zu stellen. Über klima- und kundenfreund- welt und hinterlassen deshalb ein gutes liche Mobilitätsangebote am Weg zur Gewissen – bei Tag und bei Nacht. Besu- gewünschten Destination, aber auch wäh- che ich aber die Verwandtschaft am Land, rend des Urlaubs freuen sich nicht nur die ist dort sogar die Autofahrt zum nächst Gäste; auch die Bewohnerinnen und Be- gelegenen Bahnhof unausweichlich. Zu wohner vor Ort profitieren von diesem unregelmäßig sind die Intervalle der ört erweiterten und optimierten Mobilitäts- lichen Busverbindungen, zu weit entfernt angebot. Geschickt vermarktet kann sich die einzelnen Bahnhöfe. Will man das eine Destination zudem einen Wettbe- * Mehr über die Youth- Klima nachhaltig schonen, muss der werbsvorteil sichern und gleichzeitig Reporter unter öffentliche Verkehr im ländlichen Raum neue Arbeitsplätze schaffen. Somit werden www.jugendportal.at/ rasch aufgerüstet werden, um ernsthafte youth-reporter neue Chancen durch Anpassung genutzt. Alternativen zum Auto zu bieten.
14 Forstwirtschaft Stürme, Trockenheit, Schädlinge und Schneelast: Klimabedingte Herausforderungen in der Forstwirtschaft Die Klimaveränderung bringt neben einem langfristigen Innviertels sowie das gesamte Alpenvorland. Temperaturanstieg auch gehäuft kurzfristige Wetterextreme Im Vergleich zu 2017 haben sich 2018 die Schäden durch den Borkenkäfer in Nieder- mit sich. Der Wald reagiert auf die Veränderungen seiner und Oberösterreich dramatisch erhöht. Die Umwelt langsam. Das macht ihn im Zusammenhang mit dem durch den Borkenkäfer geschädigte Holz- Klimawandel besonders anfällig für Schäden. Die klimabe- menge lag österreichweit bei 4,4 Millionen Efm. Das entspricht rund einem Viertel der dingten Herausforderungen, denen die Forstwirtschaft heute in Österreich jährlich geernteten Holzmenge. gegenübersteht, sind enorm. In den letzten Monaten häuften Für 2019 sind die Schadholzmengen durch sich Meldungen von Rekordschäden infolge von Stürmen, den Borkenkäfer noch nicht abschätzbar. Eine Entspannung ist derzeit nicht in Sicht, Trockenheit, Schädlingen und Schneelast. Johannes Schima und es ist möglich, dass die enorme Schad- holzmenge 2018 erreicht oder gar übertrof- Im Zentrum der Diskussion steht dabei die spürbar. In Nieder- und Oberösterreich fen wird. Fichte: Mit über 49 Prozent Flächenanteil im fand der Borkenkäfer aufgrund des fehlen- Die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer österreichischen Wald (auf die gesamte Er- den Niederschlags optimale Bedingungen im Süden Österreichs kämpften 2018 mit an- tragswaldfläche bezogen) ist sie mit Abstand vor und konnte sich dadurch außerge deren Katastrophen. In Osttirol und Kärnten die bedeutendste Baumart. Messungen be wöhnlich stark ausbreiten. Die höchsten vernichtete das Sturmtief Vaia im Herbst legen, dass es der Fichte in Österreich in Schäden mit 2,12 Millionen Erntefestmetern ganze Waldstriche und Infrastruktur wie gewissen Regionen bereits zu heiß geworden (Efm) wurden aus Niederösterreich gemel- zum Beispiel Forststraßen. Allein in Kärnten ist. Sie wurde vom einstigen „Brotbaum“ det, wobei das Waldviertel am stärksten betrug die Schadholzmenge durch Stürme der Forstwirtschaft vielerorts zum Problem- betroffen war. Auch in Oberösterreich ver- 2018 1,1 Millionen Efm. Das Jahr 2019 begann baum, denn an ungeeigneten Standorten zeichnete man einen borkenkäferbedingten mit weiteren abiotischen Schäden in den ist sie besonders für Störungen anfällig. Schadholzanfall von 1,26 Millionen Efm. Wäldern: Außergewöhnliche Schneefälle Dies war im letzten Jahr für die österrei- Hier waren die betroffenen Gebiete die verursachten vor allem in Oberösterreich chische Forstwirtschaft besonders intensiv tieferen Lagen des Mühl-, Hausruck- und Schneebruch und Schneedruckschäden.
Forstwirtschaft 15 Schadholzmengen durch Sturm, Schnee und Borkenkäfer sowie Entwicklung der Lufttemperatur in Mio. Vfm (Vorratsfestmetern) oC 12,00 3 2,5 10,00 2 1,5 8,00 1 6,00 0,5 0 4,00 –0,5 –1 2,00 –1,5 0,00 –2 1944 1946 1948 1950 Ø 1952–65 1967 1969 1971 1973 1975 1977 1979 1981 1983 1985 1987 1989 1991 1993 1995 1997 1999 2001 2003 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 Schaden durch Sturm und Schnee in Mio. Vfm Quelle: BFW/ZAMG Schaden durch Borkenkäfer in Mio. Vfm Lufttemperatur Österreich – Jahresmittelwert, Seit 1990 Anstieg der Borken Abweichung zum Bezugszeitraum 1961–1990 käfer-Schadholzmengen Maßnahmenpaket Trockenheit rung des Programms für ländliche Entwick- Die Klimaänderung und ihre Auswirkungen Solche Katastrophenereignisse in den lung sollen durch Finanzumschichtungen beeinflussen den österreichischen Wald Wäldern erfordern rasches Handeln. Das zusätzlich 8 Millionen Euro für Förderungen massiv. Bäume werden geschwächt und Schadholz muss schnellstmöglich e ntfernt in den Schadgebieten zur Verfügung stehen. somit leichter anfällig für Schadinsekten werden. Das Maßnahmenpaket Trockenheit Es wird auch einen speziellen Aufruf für bzw. -erreger. Seit 1990 ist den Daten für die Land- und Forstwirtschaft stellt Förderprojekte zum Schutz der biologischen des Bundesforschungszentrums für Wald im Rahmen des Programms für ländliche Vielfalt in den Schadgebieten geben, wo zufolge ein Anstieg der Borkenkäfer- Entwicklung 35 Millionen Euro zur Unter- Biotopholzinseln von stehendem Totholz Schadholzmengen zu verzeichnen. Nach stützung der Forstwirtschaft bereit. Die im Ausmaß von rund 10 Prozent belassen dem Rekordjahr 2017 mit 3,3 Mio. fm Schwerpunkte liegen auf Sofortmaßnahmen werden sollen, die gleichzeitig auch der (Festmetern), gefolgt von 4,4 Mio. fm 2018, zur Hintanhaltung weiterer Massenver CO2-Speicherung dienen. ist für 2019 mit mindestens ähnlichen mehrungen der Käfer und auf der Wieder- Für die Zukunft steht die Adaptierung Werten zu rechnen. Denn vor allem in den aufforstung der Wälder. Zusätzlich wurde unserer Wälder an den Klimawandel an erster Borkenkäfer-Hotspots des Wald- und die Ausnahmeregelung zur Schadholz Stelle. Es gilt, die vielfältigen Waldleistungen, Mühlviertels ist es wieder trocken geblie- lagerung auf beihilfefähigen Flächen (ÖPUL- insbesondere die Nutz-, Schutz-, Wohlfahrts- ben. Auch der etwas kühlere Mai hat Flächen) bis Ende März 2020 verlängert; die und Erholungswirkung, sicherzustellen. Ziel nicht zur Abschwächung, sondern höchs- Errichtung von Nasslagern als Forstschutz- ist ein vitaler, standortgerechter und an den tens zu einer zeitlichen Verschiebung maßnahme kann befristet mit bis zu 80 Pro- Klimawandel angepasster Wald, der aktiv und beigetragen. Vergleicht man die zent gefördert werden. Die F örderung bietet nachhaltig bewirtschaftet wird. Denn nicht Temperaturabweichung vom Mittelwert Waldbesitzerinnen und Waldbesitzern zuletzt leisten stabile Wälder einen wichtigen im Bezugszeitraum 1961–1990 mit der einen Anreiz, bei der Schadholzaufarbeitung Beitrag zum Klimaschutz. q Borkenkäferschadholzkurve ist bereits Maßnahmen zu ergreifen. Konkret soll durch ein ähnlicher Verlauf erkennbar. Statistiken vorbeugende Maßnahmen, Bekämpfungs- Johannes Schima, stellvertretender Leiter der belegen den direkten Zusammenhang maßnahmen und chemischen Forstschutz Sektion III ‒ Forstwirtschaft und Nachhaltigkeit von Temperaturabweichungen und Borken- eine Ausbreitung des Borkenkäfers verhin- im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und käferbefall. dert werden. Im Zuge der heurigen Ände- Tourismus
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