Österreichische Beteiligung am Post-Tsunami Wiederaufbau in Südostasien

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Österreichische Beteiligung am Post-Tsunami Wiederaufbau in Südostasien
Österreichische Beteiligung am Post-
Tsunami Wiederaufbau in Südostasien

  Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

                Tsunami-Opfer in Erwartung eines neuen Hauses, Galle, Sri Lanka (Foto: R.Ziss)

                                                 Erstellt für die
   Österreichische Entwicklungszusammenarbeit, Wien, Österreich

                                                                                        von

                      SUM Consult GmbH, Wiesbaden, Deutschland
                                                  Oktober 2005
Post-Tsunami Wiederaufbau                        Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Inhalt
      Zusammenfassung
1.    Einleitung                                                                              1
2.    Nothilfe- und Wiederaufbaubemühungen                                                    5
2.1   Internationale Reaktionen                                                               5
2.2   Koordinierungsstellen                                                                   7
3.    Wiederaufbaubedarf in den Schwerpunktbereichen                                          8
3.1   Nationale Versöhnung                                                                    9
3.2   Förderung von Schulen                                                                  10
3.3   Schutz von Kindern und Frauen                                                          11
3.4   Wiederaufbau von Dörfern                                                               14
3.5   Umweltschutz                                                                           20
3.6   Minenräumung                                                                           21
3.7   Wasserversorgung / Abwasser                                                            22
3.8   Infrastruktur                                                                          24
3.9   Wirtschaftliche Entwicklung                                                            26
3.10 Bildung                                                                                 29
3.11 Tourismus                                                                               29
3.12 Kapazitätsentwicklung                                                                   30
4.    Risiken im Post-Tsunami Wiederaufbau                                                   31
4.1   Risiken auf internationaler Ebene                                                      32
4.2   Risiken auf nationaler Ebene                                                           32
4.3   Risiken auf lokaler Ebene                                                              32
5.    Förderungskriterien                                                                    34
5.1   Relative Armut                                                                         34
5.2   Eigenverantwortung                                                                     35
5.3   Nachhaltigkeit                                                                         36
5.4   Konfliktprävention und -transformation                                                 36
5.5   Lokale Durchführungskapazität                                                          37
5.6   Orientierung am lokalen Bedarf                                                         37
5.7   Berücksichtigung der besonderen Situation von Frauen                                   37
5.8   Verhinderung von Korruption                                                            37
5.9   Kontrollmöglichkeiten                                                                  38
5.10 Öffentlichkeitswirkung in Österreich                                                    38
5.11 Abstimmung und Harmonisierung                                                           38
6.    Lehren, Empfehlungen und Ansprechpartner                                               39
6.1   Lehren aus den ersten Monaten nach dem Tsunami                                         39
6.2   Empfehlungen                                                                           40
6.3   Ansprechpartner für Wiederaufbauprojekte                                               43

SUM Consult GmbH                          Oktober 2005
Post-Tsunami Wiederaufbau                      Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Anhang

A1    Ergebnismatrix
A2    Beispiele zur Umsetzung der Qualitätskriterien in Projekten der Schwerpunktbereiche
A3    Zusagen der größeren Geber (Reuters-Stiftung)
A4    Organisationen in Sri Lanka nach Distrikt (HIC)
A5    Liste der Organisationen in Sumatra (HIC)
A6    Zusagen und Auszahlungen pro Sektor und Geber in Sri Lanka (TAFREN)
A7    Landkarten über Tsunami-Schäden
A8    Karten zu Organisationen in Sri Lanka
A9    Karte zu Koordinierung und Wiederaufbau im Bildungssektor in Aceh und Nias
A10   Kinderspezifische Indikatoren in den Tsunami-Ländern und Projekte zur Förderung
      von Frauen in Aceh
A11   Schäden und Wiederaufbau an Häusern in Sri Lanka und Indonesien
A12   Landminen in Sri Lanka
A13   Aktivitäten der ILO in Aceh und Nias
A14   Betroffene Gebiete in Indien
A15   Übersicht über Schäden auf den Malediven
A16   Bibliografie
A17   Abkürzungen

SUM Consult GmbH                       Oktober 2005
Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Zusammenfassung
Am 26. Dezember 2004 verursachte ein Tsunami von ungeahnter Stärke im Indischen
Ozean an allen angrenzenden Küsten verheerende materielle und personelle Schäden, vor
allem in Indonesien, Sri Lanka, Indien, Thailand und auf den Malediven. Innerhalb kurzer Zeit
mobilisierte daraufhin die internationale Gemeinschaft private Spenden und Mittelzusagen
öffentlicher Geber in Höhe von über 11 Milliarden US$. Österreich steuerte mehr als 104
Millionen Euro für die Nothilfe und den Wiederaufbau bei.
Mittlerweile ist eine beträchtliche Menge dieser Mittel bereits im Rahmen der Not- und
humanitären Hilfe eingesetzt worden. Auf allen Ebenen sind in den betroffenen Ländern
Regierungen, Gemeinden und NGOs mit der Vorbereitung des Wiederaufbaus beschäftigt.
Fast ein Jahr nach der Katastrophe gab die österreichische Entwicklungszusammenarbeit
diese Studie in Auftrag, um Hintergrundinformationen für Entscheidungen über die zukünftige
Orientierung des österreichischen Engagements im Wiederaufbau zur Verfügung zu stellen.
In den von der österreichischen Bundesregierung definierten Schwerpunktbereichen besteht
folgender Unterstützungsbedarf:
       Im Bereich der nationalen Versöhnung werden Mittel vor allem in Sri Lanka
       benötigt, wo der Wiederaufbau noch nicht zu verbesserten Beziehungen zwischen
       der singhalesischen und der tamilischen Bevölkerung beigetragen hat und wo die
       muslimische Bevölkerung oft nicht berücksichtigt wird. In einigen Gegenden im
       Norden und Osten des Landes bleibt die Räumung von Minen weiterhin ein
       dringendes Thema, dessen Nichtbeachtung den Wiederaufbau erschwert.
       Umweltschutz ist bislang vernachlässigt worden und stellt eine der wesentlichen
       Herausforderungen dar, insbesondere in Form von Schuttbeseitigung,
       Wiederaufforstung, Verbesserung der Wasserqualität und des Problems der
       Abholzung für den Wiederaufbau. Geber und Durchführungsorganisationen werden
       vor allem in Sri Lanka für Wasseraufbereitungsanlagen, Rohrleitungssysteme und
       Studien für Abwasserprojekte benötigt.
       Der Wiederaufbau von Dörfern und Siedlungen wird noch immer durch
       Koordinations- und Kommunikationsprobleme sowie durch nicht geklärte Land- und
       Eigentumsrechte behindert. Obdachlose benötigen Unterstützung, um wieder an ihre
       Ursprungsorte zurückkehren zu können; Wohnungsbauprogramme müssen mit
       aktiver Beteiligung der Zielgruppen und der lokalen Behörden geplant und
       durchgeführt sowie sorgfältig zwischen den Gebern koordiniert werden.
       Der wesentliche Bedarf im Bereich Infrastruktur wird bereits durch Zusagen der
       größeren internationalen Geber abgedeckt; der Wiederaufbau mittelgroßer
       Infrastruktur, die die Kapazität einer einzelnen Gemeinde überfordert, benötigt
       allerdings noch finanzielle Förderung, vor allem in Indonesien.
       Auch Schulen, insbesondere Sekundarschulen samt Einrichtung und
       Unterrichtsmaterialien in Aceh und Nias benötigen noch Unterstützung. Als Folge des
       Tsunami sollten die Bildungssysteme in den betroffenen Ländern die Vorbereitung

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       auf mögliche Katastrophen verstärken und Wiederaufbaufachleute und Lehrer
       ausbilden.
       Zum besseren Schutz von Kindern und Frauen sollte der Wiederaufbau von
       Gesundheitseinrichtungen, Tageszentren und insbesondere Trainingsprojekten für
       Frauen unterstützt werden.
       Da zahlreiche Menschen Heim und Arbeit verloren haben, sollte Hilfe bei der
       Wiedererlangung des Lebensunterhalts geleistet und die wirtschaftliche Entwicklung
       z.B. durch Kleinkreditprogramme und Wirtschaftsförderung angeregt werden. Der
       Tourismus sollte durch PR-Kampagnen und Training gefördert werden.
In allen Bereichen sollten Wissenstransfer, Vermittlung von Fertigkeiten und
Kapazitätsentwicklung integrale Bestandteile jeder Initiative zur Unterstützung des
Wiederaufbaus sein.
Die Bemühungen, die externe Unterstützung auf den enormen Wiederaufbaubedarf
abzustimmen, lassen gewisse Risiken erkennen. Auf internationaler Ebene werden Mittel
beispielsweise nicht dann bereitgestellt, wenn sie benötigt werden; die Koordinierung
zwischen Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen funktioniert nicht reibungslos.
Geringe Durchführungskapazitäten, begrenzter Zugang zu Land, ungeklärte Besitzrechte
und langwierige öffentliche Genehmigungsverfahren verhindern die effiziente Realisierung
von Wiederaufbauprojekten auf nationaler Ebene. Missmanagement, Korruption, fehlende
Informationssysteme, überhöhte Preise, mangelhafte Arbeitsqualität und Konflikte zwischen
den Zielgruppen zählen zu den Risiken auf lokaler Ebene.
Um diese Risiken zu vermeiden, sollten Planung, Förderung und Durchführung von
Wiederaufbauprojekten bestimmten Qualitätskriterien folgen. Die Projekte sollten zur
Armutsminderung beitragen und auf die lokalen Bedürfnisse der Zielgruppen abgestimmt
sein. Sie sollten auf lokalen Durchführungskapazitäten sowie effektiver Beteiligung und
Eigenverantwortung der Zielgruppen basieren. Weiter sollten die Projekte nachhaltig sein,
zur Konfliktprävention und -transformation beitragen und das Bewusstsein für
frauenspezifische Fragestellungen stärken. Sie sollten geeignete Kontrollmechanismen mit
einschließen und die Öffentlichkeitswirkung in Österreich berücksichtigen.
Koordinierung,      Kommunikation     und    Bedarfsorientierung    sollten  den   weiteren
Wiederaufbauprozess prägen. Organisationen, die sich daran beteiligen wollen, sollten nicht
nur die offiziellen Koordinierungsstellen wie BRR in Indonesien oder TAFREN in Sri Lanka
kontaktieren, sondern auch andere NGO- und Geberforen sowie zeitweilig entsandte
Fachkräfte nutzen, um ihre Projekte zu definieren. Da nun allmählich die Phase des
langfristig orientierten Wiederaufbaus beginnt, können nachhaltige Lösungen nur durch
intensive Beteiligung der örtlichen Bevölkerung erzielt werden, wie in jedem anderen Projekt
der internationalen Entwicklungszusammenarbeit.

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1.       Einleitung
Am Morgen des 26. Dezember 2004 verursachten Erdbeben von enormer Stärke ca. 200 km
westlich von Sumatra in der Nähe der Provinz Aceh verheerende Tsunamis an den
angrenzenden Küsten des Indischen Ozeans. Viele Dörfer wurden komplett zerstört oder
schwer beschädigt, insbesondere in Indonesien, Sri Lanka, Indien, Thailand und auf den
Malediven (siehe Anhang 7). Ca. 230.000 Menschen starben, viele verloren ihr Dach über
dem Kopf und ihren Lebensunterhalt. Da die Schäden bereits in vielen Berichten und Studien
unterschiedlichster Organisationen und in den Medien ausführlich dokumentiert sind, sollen
im Folgenden lediglich die wichtigsten Zahlen ins Gedächtnis gerufen werden.

Indonesien
Laut Weltbank belaufen sich die Zahlen der Toten und Vermissten in Indonesien auf weit
über 150.000. Besonders betroffen sind die Provinzen Aceh und Nias . Ca. 162.000 Häuser
wurden komplett zerstört und ca. 550.000 Menschen wurden obdachlos. Weitere 152.000
Häuser wurden schwer beschädigt. Straßen, Brücken, Häfen und Flughäfen an der
Westküste von Aceh und Nias verzeichneten schwere Schäden. Detaillierte Angaben sind
auf der Internetseite für Aceh, Nias und Nordsumatra (www.e-aceh-nias.org) sowie im
Weltbankbericht “Rebuilding a Better Aceh and Nias” vom Juni 2005 zu finden
(www.worldbank.or.id).

Sri Lanka
Der Tsunami hat vor allem die Nord-, Ost- und Südküsten von Sri Lanka heimgesucht.
31.200 Menschen verloren ihr Leben, weitere 4.100 sind immer noch vermisst. Die Angaben
zu den zerstörten und beschädigten Häusern schwanken zwischen 77.561 (TAFREN) und
145.000 (Weltbank), wobei die erste Zahl als verlässlicher eingeschätzt wird. 190
Bildungsstätten, 97 Gesundheitseinrichtungen und über 15.000 Fischerboote wurden
zerstört. Viele Arbeitsplätze im Tourismus, in der Fischerei und in der Landwirtschaft gingen
vorübergehend verloren. Für weitere Informationen empfehlen wir die Internetseite der
nationalen Koordinierungsstelle TAFREN (www.tafren.gov.lk) und die Seite des humanitären
Informationszentrums von Sri Lanka (www.humanitarianinfo.org/srilanka).

Indien
Am schwersten wurde die Inselgruppe der Nikobaren und Andamanen in der Nähe des
Epizentrums des Erdbebens getroffen, sowie die Küste des Bundesstaats Tamil Nadu. Auch
Andhra Pradesh und Kerala verzeichneten Schäden (siehe Anhang 14). Insgesamt
verursachte der Tsunami den Tod von über 10.000 Menschen, 80% davon Frauen. Über
135.000 Menschen wurden obdachlos. Weiterführende Informationen können dem
gemeinsamen Bericht der Asiatischen Entwicklungsbank, Vereinten Nationen und Weltbank
über Schäden und Wiederaufbaubedarf entnommen werden (http://www.adb.org/tsunami/
india-post-tsunami-recovery.asp).

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Thailand
Der Tsunami traf die Ostküste von Südthailand, vor allem die Provinzen Phuket, Phan-nga
und Krabi, und verursachte den Tod von ca. 5.400 Menschen. In Thailand wurden nur
wenige Analysen und Studien über die Auswirkungen des Tsunamis durchgeführt.

Malediven
13 der 200 maledivischen Inseln wurden komplett verwüstet, 56 schwer geschädigt (siehe
Annex 17). Etwa 100 Menschen verloren ihr Leben oder gelten als vermisst. Tourismus und
Fischerei, die Haupteinkommensquellen, wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Weitere
Informationen finden sich auf der Internetseite des Offiziellen Zentrums für
Katastrophenmanagement (www.tsunamimaldives.mv) und im Bericht über die gemeinsame
Studie von Asiatischer Entwicklungsbank, Vereinten Nationen und Weltbank
(http://www.adb.org/tsunami/joint-needs-assessment.asp).
Weitere Opfer wurden aus Somalia, Myanmar, Malaysia, Tansania, den Seychellen,
Bangladesch und Kenia gemeldet.

Tabelle 1: Zahl der Tsunami-Opfer (Stand: 24. Juni 2005)
    Land                   Todesopfer                 Verletzte       Vermisste      Obdachlose
                   Bestätigt      Geschätzt
  Indonesien       131.029         168.029             76.712          ~ 37.000        514.150
  Sri Lanka    31.229 –38.940      35.322 –            23.189           4.093          516.150
                                    38.940
    Indien         12.407           16.281                  n/a         3.874          647.599
   Thailand         5.395           8.212               8.457           2.817            8.500
  Malediven           82                108             1.113             26            11.568
   Somalia           298                298                 n/a          n/a             4.000
  Myanmar             61                90                  43            -              2.592
   Malaysia           69                74                  767           5              4.296
  Tansania            10                10                  n/a          n/a               -
  Seychellen          3                  3                   ?            -                -
 Bangladesh           2                  2                   -            -                -
    Kenia             1                  1                   -            -                -
   Gesamt        180.886 –        228.430 –           110.281+         47.815         1.708.855+
                  188.297          232.050
Quelle: Wikipedia (http://de.wikipedia.org/wiki/Erdbeben_im_Indischen_Ozean_2004)

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Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Die Katastrophe rief weltweite
Anteilnahme hervor, vor allem auch,
weil sich unter den Opfern 2.248
Touristen aus 42 Ländern befanden;
mindestens 75 Österreicher starben
in den Wellen, 532 Deutsche und 520
Schweden.
Die Karte rechts zeigt die Ausbreitung
des Tsunami.

Vorbereitungsstudie für die zweite Förderphase
Österreich hat mehr als 104 Millionen Euro an Mitteln zur Unterstützung der Nothilfe und des
Wiederaufbauprozesses nach dem Tsunami zur Verfügung gestellt. Die Bundesregierung,
Landesregierungen und Stadtverwaltungen haben sich bereit erklärt, die humanitäre Hilfe
und den Wiederaufbau über den Zeitraum von 2005 bis 2007 mit einer Gesamtsumme von
50 Millionen Euro zu unterstützen. Die privaten Spenden belaufen sich auf über 54 Millionen
Euro. Derzeit wird im Auftrag von OECD-DAC eine Studie über die Bereitstellung und
tatsächliche Auszahlung von Fördermitteln für den Post-Tsunami Wiederaufbau
durchgeführt.
Die vorliegende Studie, von SUM Consult im Auftrag der Österreichischen
Entwicklungszusammenarbeit erarbeitet, bereitet die nächste Phase der österreichischen
Unterstützung des Post-Tsunami Wiederaufbaus vor, indem sie Hintergrundinformationen für
die notwendigen strategischen Entscheidungen bereitstellt. Sie informiert kurz über die
internationalen Nothilfe- und Wiederaufbaubemühungen sowie über die kurzfristig ins Leben
gerufenen Koordinierungsstellen in den vom Tsunami betroffenen Ländern (Kapitel 2).
Kapitel 3 fasst die Informationen zum Wiederaufbaubedarf in den von der österreichischen
Regierung definierten Schwerpunktbereichen zusammen. In Kapitel 4 werden die wichtigsten
mit dem Wiederaufbau verbundenen Risiken identifiziert, Kapitel 5 stellt die wesentlichen
Kriterien für die Auswahl und Bewertung zukünftiger Fördervorhaben zusammen.
Abschließend werden Empfehlungen für die Ausrichtung der österreichischen Unterstützung
des Post-Tsunami Wiederaufbaus in den nächsten Jahren gegeben. Die Studie weist darauf
hin, dass nach Beendigung der unmittelbaren Nothilfe und bei Beginn von
Wiederaufbauprojekten mit längerfristigen Zielen der Nachhaltigkeit und Eigenverantwortung
dieselben Qualitätskriterien gelten müssen, die auch für andere Projekte der
Entwicklungszusammenarbeit von Bedeutung sind.
Die Studie unterliegt den Beschränkungen einer Schreibtischarbeit. Wir stützen uns dabei
auf unsere über 20-jährige, weltweite Erfahrung in der professionellen Beratung von
Entwicklungsprojekten und auf einen kürzlichen Einsatz in Sri Lanka. Die wichtigsten
Informationsquellen waren die Internetseiten der internationalen Entwicklungsorganisationen
und der nationalen Koordinierungsstellen. ADA und das österreichische Außenministerium

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Post-Tsunami Wiederaufbau                     Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

hatten Berichte über das bisherige Engagement Österreichs im Post-Tsunami Wiederaufbau
zur Verfügung gestellt. Wir analysierten die Berichte und Veröffentlichungen der folgenden
Institutionen und standen mit einigen von ihnen in E-Mail- und Telefonkontakt: Asiatische
Entwicklungsbank, Weltbank, UN (einschließlich der Unterorganisationen wie UNDP, UN-
Habitat, OCHA, ILO, UNFPA, UNHCR), EU, die österreichische Botschaft in Indonesien ,
das österreichische Honorarkonsulat in Sri Lanka, das deutsche Ministerium für
wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), Kreditanstalt für Wiederaufbau
(KfW), Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), Transparency
International, TAFREN in Sri Lanka und BRR in Indonesien.
Wir möchten allen Personen danken, die uns mit Informationen und Erfahrungen bei der
Erstellung der Studie unterstützt haben. Wir möchten darauf hinweisen, dass wir die volle
Verantwortung für Fehler und Mängel übernehmen, und hoffen, dass empirische
Untersuchungen in den vom Tsunami betroffenen Gebiete die Studie bald ergänzen.

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Post-Tsunami Wiederaufbau                                 Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

2.         Nothilfe- und Wiederaufbaubemühungen
Der Tsunami verursachte eine der schlimmsten Katastrophen, sowohl was den materiellen
Schaden als auch die Zahl der Todesopfer betrifft. In den ersten Monaten berichteten
sämtliche Medien weltweit und täglich über das Unglück und setzten eine Welle der
internationalen Nothilfe und Spendenbereitschaft zur Unterstützung des Wiederaufbaus in
Gang, wie sie in der Geschichte ihresgleichen sucht. Die betroffenen Länder richteten
spezielle Organe ein, um die Nothilfe, den Wiederaufbau und die umfangreiche
internationale Unterstützung zu koordinieren.

2.1        Internationale Reaktionen
Unmittelbar nach der Katastrophe wurden Unterstützung und Spenden in beispielloser Höhe
von nationalen und internationalen Gebern sowie von zahlreichen Privatleuten und nicht-
staatlichen Organisation in Aussicht gestellt. Insgesamt wurden ca. 6,8 Milliarden US$ von
internationalen Gebern für die nächsten Jahre zugesagt; hinzu kommen Spenden von NGOs
und Einzelpersonen in Höhe von über vier Milliarden US$.
NGOs wurden zu wichtigen Akteuren im Post-Tsunami Wiederaufbau. Während offizielle
Zusagen oft Monate oder über ein Jahr benötigen, um tatsächlich in Form von konkreten
Projekten vor Ort umgesetzt zu werden, wurden die Beiträge von internationalen NGOs und
Einzelpersonen schnell auf Bankkonten zahlreicher lokaler Organisationen übertragen.
Multinationalen Wohlfahrtsorganisationen wie dem Roten Kreuz, World Vision, UNICEF,
Oxfam, CARE oder Save the Children gelang es, mehr als zwei Milliarden US$ an
Spendenmitteln zu akquirieren, vor allem durch Aufrufe im Internet. Während bei früheren
Hilfsaktionen UN-Organisationen und bilaterale Zusammenarbeit zwischen den Regierungen
den Rahmen für die Nothilfemaßnahmen absteckten und NGOs lediglich die Lücken füllten,
lässt sich nun eine nahezu umgekehrte Tendenz beobachten: NGOs waren als erste vor Ort,
öffentliche Geber trafen erst allmählich ein. Aufgrund der Präsenz zahlloser kleiner
Organisationen in den vom Tsunami betroffenen Ländern mit erheblichen Unterschieden in
Arbeitsweise, Mandat und Effizienz gewinnt effektive Koordination höchste Priorität. 1
NGOs waren zwar schnell vor Ort und leisteten einen entscheidenden Beitrag zur Nothilfe;
allerdings verursachten sie auch eine Reihe von Problemen. Bei dem Versuch, ihre Mittel
möglichst schnell einzusetzen, um ihren Spendern auch schnell Ergebnisse präsentieren zu
können, vernachlässigen sie oft Baugesetze und Landnutzungsrichtlinien und agieren, ohne
sich mit anderen Organisationen abzustimmen. Wie wir während unseres letzen Aufenthalts
in Sri Lanka feststellen konnten, führen NGOs Projekte zum Wiederaufbau von Siedlungen
zum Teil in mäßiger Qualität und an Standorten ohne Baugenehmigung durch. Oft
konkurrieren sie untereinander um die attraktivsten Zielgruppen sowie um die besten und
sichtbarsten Standorte; häufig ist ihre Beziehung zu öffentlichen Organen zwiespältig oder
sogar feindselig. Ihr Aktivismus fördert mitunter Konflikte zwischen verschiedenen
ethnischen und religiösen Gruppen. Öffentliche Institutionen sehen sich mit ähnlichen
Durchführungsproblemen konfrontiert, oft missachten auch sie eine notwendige
Koordinierung und die Berücksichtigung der lokalen Bedingungen. Aufgrund ihrer besseren

1
    World Bank, Rebuilding a Better Aceh and Nias, June 2005, S. 48

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Post-Tsunami Wiederaufbau                         Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

institutionellen Verankerung scheinen sie jedoch für die Erreichung längerfristiger Ziele eher
gewappnet.
Die folgende Tabelle gibt eine Übersicht über Zusagen und Spenden der internationalen
Gemeinschaft (zu näheren Angaben siehe Anhang 3):
Tabelle 2: Zusagen der Geber und internationalen Organisationen

Land                 Zugesagte Hilfe       Bereitgestellte       Stand        Private Spenden
                        (Mio US$)          Hilfe (Mio US$)                        (Mio US$)

USA                         857                  767             13.9.05            1.480
Australien                 738,9                270,46           6.9.05              243
ADB                        689,9                659,9            25.7.05               -
Deutschland                643,3                343,5            25.7.05             611
EU                         608,6                582,8            21.7.05               -
Japan                       500                 550,5            6.5.05             123,8
Weltbank                   486,7                486,7            25.7.05               -
Großbritannien             445,2                382,6            21.7.05             663
Kanada                     341,1                 186             25.7.05             212
Niederlande                308,8                 214             21.7.05            257,3
Norwegen                   175,7                 173             14.9.05             95,7
Frankreich                 155,5                153,7            5.8.05             347,4
Italien                     148                  96,5            12.9.05            62,15
Schweden                    90,4                 60,5            5.8.05              137
China                       83                    83             14.9.05             73,7
Kuwait                      72,6                 72,6            5.8.05               40
Dänemark                    71,2                 54,3            14.9.05             37,3
Finnland                    64,3                 35,8            5.8.05              40,4
Österreich                63,43*                28,35*           30.9.05            68,5*
Südkorea                    50                    50             5.8.05               49
Neuseeland                  48                    48             8.9.05               18
Belgien                     38,6                 22,9            9.9.05              66,9
Singapur                    36,7                  32             15.9.05            51,76
Spanien                     30                   17,1            19.9.05              0
Griechenland               26,37                26,37            7.9.05              25,7
Irland                      25,7                 25,6            6.9.05              97,6
Schweiz                     24,4                 24,4            6.9.05              183
Tschechien                  9,07                 9,07            6.9.05             12,66
GESAMT                    6.833,3              5.464,3                             ~ 4.200

Quelle: Reuters Foundation (www.alertnet.org), * Quelle: OECD-Erhebung der Tsunami-Hilfe (Okt. 05)

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Post-Tsunami Wiederaufbau                         Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Interessanterweise leisten auch Länder der südlichen Hemisphäre wie Südafrika, Nigeria
oder Indien (für Sri Lanka) finanzielle, materielle und persönliche Hilfe im
Wiederaufbauprozess.

2.2      Nationale Koordinierungsstellen
Um die Koordinierung und Wirksamkeit der Wiederaufbaubemühungen zu unterstützen,
haben die meisten betroffenen Länder zu diesem Zweck spezielle Verwaltungsstellen
eingerichtet.
      In Indonesien wurde am 30.April 2005 die Badan Rehabilitasi dan Rekonstruksi (BRR –
      Wiederaufbaubehörde) gegründet, um den Wiederaufbauprozess zu planen,
      umzusetzen, zu kontrollieren und zu evaluieren. Die Aufgaben werden mit der
      “Ausarbeitung    und     Durchführung  eines      koordinierten, gemeindegesteuerten
      Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramms nach höchsten professionellen Standards”
      beschrieben. Alle offiziellen Geber müssen die Bestimmungen für den Einsatz ihrer
      Unterstützungsleistungen mit BRR abstimmen. NGOs hingegen entwickeln ihre Projekte
      manchmal ohne vorherige Benachrichtigung von BRR. Tatsächlich übersteigen die
      Koordinierungsanforderungen die bestehenden Kapazitäten von BRR bei Weitem, wie
      ein Kollege der ADB beobachtete. BRR-Angestellte kümmern sich beispielsweise um den
      Publikumsverkehr, beantworten aber keine schriftlichen Anfragen oder Telefonanrufe.
      In Sri Lanka ist TAFREN die Fachbehörde für den nationalen Wiederaufbau. TAFREN
      koordiniert den Wiederaufbau der betroffenen Regionen mit anderen öffentlichen
      Organen. Auf der Internetseite von TAFREN werden ausführliche Informationen über den
      aktuellen Stand von Projekten veröffentlicht. Seit September 2005 steht eine umfassende
      Datenbank der internationalen Hilfsleistungen (www.dad.tafren.gov.lk) mit Informationen
      über den Wiederaufbau zur Verfügung, allerdings noch mit einigen technischen
      Schwierigkeiten zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Studie.
      In Indien wurde die Koordinierungsaufgabe der Nationalen Einheit für
      Katastrophenmanagement         innerhalb      des      Innenministeriums       übertragen
      (www.ndmindia.nic.in). Die Internetseite ist allerdings nicht aktualisiert und es scheint,
      dass nationale Wiederaufbaubemühungen ihre Aufmerksamkeit anderen aktuelleren
      Katastrophen zugewandt haben. Die Hauptlast der Koordinierung liegt bei den
      Bundesstaaten, vor allem in Tamil Nadu (www.tn.gov.in/tsunami).
      Auf den Malediven koordiniert das Nationale Zentrum für Katastrophenmanagement
      (www.tsunamimaldives.mv) den Wiederaufbauprozess. Ein Treuhänderfonds wurde
      eingerichtet, um Mittel des Staatshaushalts sowie von lokalen und ausländischen Quellen
      für Nothilfe und Wiederaufbau zu verwalten. Alle Geber wurden gebeten, ihre Mittel in
      den Treuhänderfonds einzuzahlen, um Mehrfachfinanzierungen zu vermeiden,
      Verwaltungskosten zu reduzieren und die Effizienz der Hilfe zu erhöhen.
      In Thailand übernahm das Offizielle Tsunami- und Katastrophenzentrum die
      Koordinierungsaufgabe der Wiederaufbauleistungen (www.thaitsunami.com). Da die
      Webseite allerdings nur auf Thai existiert, wird es der internationalen Hilfsbereitschaft
      nicht gerade leicht gemacht. Darüber hinaus hat das Finanzministerium angekündigt,
      außer technischer Hilfe und Fachleuten keine finanzielle Unterstützung von der

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Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

     internationalen Gemeinschaft anzunehmen. In den betroffenen Provinzen wird derzeit ein
     regionaler Entwicklungsplan für die nächsten 15 Jahre erarbeitet.
In allen genannten Ländern wurden Gesamtpläne für den Wiederaufbau entwickelt. Die
nationalen Regierungen mobilisierten beträchtliche Summen für die betroffenen Gebiete. Die
lokalen Verwaltungen tragen die Hauptverantwortung für die Bereitstellung öffentlicher
Dienstleistungen und den Wiederaufbau der Infrastruktur, wobei es zu erheblichen
Unterschieden in der Qualität der Durchführung kommt: Einerseits beobachtet man
öffentliche Bedienstete, die mit großem Engagement die Nothilfe und den
Wiederaufbauprozess vorantreiben; andererseits gibt es Fälle von Korruption, Veruntreuung
von Mitteln und Untätigkeit angesichts dringender Fragen des Wiederaufbaus. Im
Allgemeinen sind die lokalen Durchführungskapazitäten unzureichend. In Indonesien zum
Beispiel konstatiert der Weltbank-Bericht “Rebuilding a better Aceh and Nias” (25. Juni 2005)
die Ineffizienzen der Verwaltungsverfahren und einen hohen Grad an Abwesenheit bei den
öffentlichen Angestellten.

3.      Wiederaufbaubedarf in den Schwerpunktbereichen
In diesem Kapitel versuchen wir, die wesentlichen Informationen aus Studien, Berichten,
Projektlisten und anderen Dokumenten über derzeitige Wiederaufbaubemühungen in den
Schwerpunktbereichen herauszufiltern.
Allgemein lässt sich sagen, dass der Nordosten und Osten Sri Lankas noch mehr
Unterstützung benötigt als die südlichen und südwestlichen Regionen, die näher an der
Hauptstadt Colombo liegen und daher leichter zu erreichen sind. Ein geringeres Maß an
ethnischen Konflikten und Schäden erleichtert zudem die Unterstützung durch internationale
Organisationen im Südwesten. Anhang 6 informiert über die zugesagten und bereits
ausgezahlten Mittel in Sri Lanka nach Sektor und Geber. Anhang 8 enthält entsprechendes
Kartenmaterial.
In Indonesien sind es die ländlichen Gegenden um Sigli an der Nordküste von Aceh und um
Meulaboh an der Südwestküste, die noch der meisten Unterstützung bedürfen. Ein Großteil
der internationalen Hilfe scheint sich bislang auf die Region um Banda Aceh zu
konzentrieren.
Sowohl Thailand als auch Indien lehnten öffentliche, internationale finanzielle Unterstützung
ab, da sie sich in der Lage sehen, den materiellen Schaden selbst zu bewältigen.
Insbesondere in Indien gibt es aber auch Bereiche, in denen Unterstützung notwendig sein
kann, vor allem durch NGOs und private Initiativen für benachteiligte Gruppen, wie zum
Beispiel Frauen und Dalits in Tamil Nadu. Vielerorts in Südindien lässt sich eine starke
Untergliederung der Gesellschaft in Klassen und Kasten beobachten. Durch den Tsunami
wurden Frauen, Kinder und Dalits (die keiner Kaste angehören), verhältnismäßig stärker
getroffen. Während sie bereits vor dem Tsunami in einer prekären Situation lebten, haben
sich nun ihre Bedingungen bezüglich Gesundheit, Bildung und Lebensunterhalt noch
verschlechtert. Nicht nur, aber auch aufgrund des Tsunami sehen wir daher einen generellen
Bedarf an Unterstützung der ärmeren Küstengemeinden.

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Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Die folgende Übersicht konzentriert sich vor allem auf Sri Lanka und Indonesien, da diese
beiden Länder am stärksten betroffen waren (siehe auch Anhang 1). In Indien und Thailand
können erfahrene NGOs und private lokale Organisationen eventuell weitere Bereiche
identifizieren, in denen darüber hinaus gehende Unterstützung nötig erscheint.

3.1    Nationale Versöhnung

Sri Lanka
Nur wenige Beiträge in diesem Bereich stehen mit dem Tsunami direkt in Beziehung. Seit
langem unterstützen norwegische und österreichische Vermittler mit großem Engagement
den Friedensprozess in Sri Lanka. Die lokale und internationale Presse (z.B. Daily Mirror, 2.
Juli 2005) berichtet von Diskriminierungen bei der Verteilung der Wiederaufbaumittel und die
Verschärfung der ethnischen Konflikte zwischen der singhalesischen, tamilischen und
muslimischen Bevölkerung in verschiedenen Regionen. Eine vielversprechende Initiative zur
Vereinbarung einer gerechten Zuteilung der Wiederaufbaumittel zwischen der Regierung Sri
Lankas und der LTTE wurde unter norwegischer Moderation begonnen. Im Juni wurde das
Protokoll dieses P-TOMS genannten Verteilungsmechanismus von beiden Parteien
unterzeichnet. Während Singhalesen und Tamilen dem gemeinsamen Mechanismus für die
Verteilung der Mittel prinzipiell zustimmten, fühlt sich die sehr arme muslimische
Bevölkerung, die im Osten der Insel lebt und am härtesten vom Tsunami betroffen ist,
benachteiligt und missachtet.
Der Muslimische Rat von Sri Lanka (MCSL), bestehend aus 58 nationalen muslimischen
Organisationen, fordert besondere Behandlung, finanzielle Zuwendungen und Grundstücke
für die vom Tsunami betroffene muslimische Bevölkerung, die von den derzeitigen
Wiederaufbauprojekten nicht berücksichtigt wird. Vor allem zwischen Tamilen und Muslimen
lässt sich eine feindliche Konfliktlinie beobachten; Muslime wurden von der LTTE aus dem
Nordwesten Sri Lankas vertrieben; viele Tamilen sehen Muslime als Tamilen mit anderer
Religion und ohne Recht auf spezielle Behandlung an.
Wenn externe Organisationen mit lokalen NGOs zusammenarbeiten, müssen sie deren
ethnische Positionierung berücksichtigen. Es gibt nur wenige gemischte NGOs, die ihre
Mitglieder aus unterschiedlichen ethnischen und religiösen Gruppen rekrutieren, z.B. die
Interreligious Peace Foundation, Paffrel, das National Peace Council, die buddhistische
NGO Sarvodya und die Peace Support Group.

Indonesien
Im Unterschied zu Sri Lanka erhielten die Bemühungen um eine Lösung des fast 30-jährigen
Konflikts um Autonomie und Unabhängigkeit zwischen der Provinz Aceh und der
indonesischen Zentralregierung durch die zerstörerischen Auswirkungen des Tsunami
wieder neuen Schwung. Beide Seiten näherten sich an und im Juli 2005 wurde in Helsinki
ein Friedensvertrag unterzeichnet. Aufgrund schwerer Verluste durch den Tsunami gibt die
Befreiungsbewegung von Aceh den Kampf für Unabhängigkeit auf, während die
Zentralregierung den Forderungen nach mehr Autonomie für die Region nachkommt.

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Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Kommentar
Frieden und nationale Versöhnung lassen sich nicht mit Schriftstücken herstellen.
Wiederaufbauprojekte können in Gemeinden Spaltung und Unruhe stiften; während einige
Haushalte beträchtliche Hilfsleistungen empfangen, fühlen sich andere ausgeschlossen und
diskriminiert. Wir sind überzeugt, dass weitere Anstrengungen in Mediation,
Konflikttransformation und Friedensschaffung hilfreich sind und Bestandteil jedes
Wiederaufbauprojekts sein sollten. Österreich besitzt eine beträchtliche Erfahrung in der
internationalen Konfliktbearbeitung und die besondere Chance, friedliche Konfliktlösung auf
lokaler Ebene zu fördern.

3.2      Förderung von Schulen

Sri Lanka
Laut TAFREN sind mittlerweile für Reparaturen und den Wiederaufbau fast aller zerstörten
und beschädigten Schulen und anderer Bildungseinrichtungen Zusagen eingegangen und
wurden entsprechende Absichtserklärungen unterzeichnet. 182 Schulen wurden beschädigt
– für 163 davon sowie für 13 Berufsschulen scheint die Finanzierung gesichert (TAFREN,
Juni 2005). Derzeit sind die Schulbehörden dabei, Land für Schulen, die an einem neuen
Standort errichtet werden müssen, bereitzustellen. Der Prozess wird allerdings durch den
Anstieg der Grundstückspreise erheblich behindert.

Indonesien
Mit 1.800 bis 2.150 zerstörten und beschädigten Schulen und dem Verlust von ca. 2.500
Lehrern und anderen Schulangestellten, ist der Bedarf an Unterstützung in diesem Bereich
sehr hoch. Viele internationale Entwicklungsorganisationen, NGOs und private Stiftungen
haben ihre Unterstützung im Wiederaufbau zugesagt (laut Weltbank und BRR, Juni 2005):
      UNICEF stellt 90 Millionen US$ für Reparaturen und den Wiederaufbau von 500
      Grundschulen, die Ausbildung von Lehrern und die Einstellung neuer Lehrer zur
      Verfügung.
      Bilaterale Entwicklungsorganisationen aus Australien, Großbritannien, Frankreich,
      Deutschland, Japan, Niederlande, Neuseeland, USA und anderen Ländern haben ca. 41
      Millionen US$ für den Wiederaufbau von Schulen, Ausrüstung, Materialien,
      Lehrerausbildung sowie berufliche Fort- und Ausbildung für alle Schultypen (Vorschule,
      Grundschule, Sekundarschule, Gymnasium und Universität) zugesagt.
      Eine Vielzahl von NGOs tragen mit ca. 79 Millionen US$ zu Reparaturen und zum
      Wiederaufbau von ca. 400 Schulen, zur Ausbildung von Lehrern, zur Finanzierung von
      Möbeln, Unterrichtsmaterialien und Stipendien bei.
      Die Asiatische Entwicklungsbank beabsichtigt, 10 Millionen US$ für das dezentrale
      System der Grundbildung bereitzustellen.
Gemäß dem Education Management Information System scheint aber die Finanzierung von
ungefähr 1.400 Schulen Mitte Juni noch immer unklar (Weltbank / BRR). Dies deutet darauf
hin, dass trotz der hohen Zusagen viele Gelder noch nicht tatsächlich bereit stehen. Die

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Post-Tsunami Wiederaufbau                      Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Weltbank stellt in ihrem Bericht “Rebuilding a Better Aceh and Nias” fest: “Für die
[Finanzierung der] meisten Schulen haben sich bisher keine Geber gefunden und viele
Schulen, deren Wiederaufbau gesichert ist, benötigen noch Einrichtung und
Unterrichtsmaterialen – insbesondere Sekundarschulen, die von UNICEF nicht abgedeckt
werden.” Auch fehlen Mittel für Stipendien, um den Transport von Schulkindern, Uniformen,
Bücher, etc. zu unterstützen, sowie für Verbesserungen der Lehrqualität und des
Schulmanagements.
Wir beobachten einen besonderen Bedarf bei der Unterstützung von Programmen für
Schulabgänger, vor allem für diejenigen, die ihre Ausbildung nicht beenden konnten, da ihre
Schulen zerstört wurden. Sie können nicht darauf warten, bis die Schulen wieder aufgebaut
sind, und arbeiten oft im informellen Sektor; wenn sie keine weitere Unterstützung erfahren,
werden sie immer das Handicap einer nicht abgeschlossenen Ausbildung mit sich tragen.
Daher empfehlen wir die Finanzierung von Ausbildungsprogrammen, die zum einen
Grundfähigkeiten vermitteln und gleichzeitig die Möglichkeit eines Schulabschlusses
eröffnen.
Wie in anderen Bereichen scheint auch hier die Koordinierung von Leistungen und Zusagen
problematisch. Technische Unterstützung in der Koordinierung des schulischen
Wiederaufbaus ist mit Sicherheit sinnvoll.

Indien
Die Regierung von Tamil Nadu hat über eine halbe Million Euro für Lehrbücher, Hefte und
Uniformen ausgegeben und Vorzugsbedingungen für Schüler vereinbart, die unter dem
Tsunami gelitten haben.

Malediven
37% aller Schulen auf den Malediven wurden beschädigt, sechs davon komplett. Die
Wiederaufbaukosten wurden im Februar 2005 von Weltbank, ADB und UN auf 21,1 Millionen
US$ beziffert.
Wie in den anderen Ländern sind Tsunamis, die davon ausgehenden Gefahren und das
Verhalten im Fall der Katastrophe, nicht Teil der offiziellen Schulausbildung. Außerdem
können nur wenige Männer und noch weniger Frauen auf den Inseln schwimmen.
Verbesserungen in den Lehrplänen und eine nationale Kampagne zur Förderung des
Schwimmunterrichts sowie einer Erste-Hilfe-Ausbildung sollten angeregt werden.

3.3      Schutz von Kindern und Frauen

Sri Lanka
Unmittelbar nach dem Tsunami wurden Dienstleistungen im Gesundheitsbereich für die
körperlich schwächeren Gruppen wie Kinder und Frauen besonders wichtig. In vielen
Gebieten sind bis zu 80% aller Opfer Frauen, da sie sich in der Regel im Haus aufhalten und
überlebenssichernde Verhaltensweisen wie Laufen und das Erklettern von Bäumen weniger
gewohnt sind. Die Schäden an 72 Krankenhäusern und 363 anderen
Gesundheitseinrichtungen treffen die Küstenbevölkerung daher empfindlich. Die geschätzten

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Post-Tsunami Wiederaufbau                      Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Kosten von 100 Millionen US$ scheinen von internationalen Gebern bereits abgedeckt zu
sein, die meisten Absichtserklärungen sind bereits unterzeichnet. Die wichtigsten Geber in
diesem Bereich sind das Rote Kreuz mit ca. 31 Millionen US$, UNICEF mit ca. 11,5 Millionen
US$ und die deutsche Bundesregierung mit ca. 15 Millionen US$ (TAFREN, September
2005).
Als Ergebnis eines öffentlichen Aufrufs des Gesundheitsministeriums über dessen
Internetseite belaufen sich die Zusagen für Reparaturen und Wiederaufbau derzeit auf ca.
200 Millionen US$.
Ein Bericht des UN-Bevölkerungsfonds (UNFPA) sechs Monate nach dem Tsunami stellt
fest, dass bereits ein deutlicher Fortschritt erzielt wurde – so wurden z.B. bereits 20
Gesundheitseinrichtungen wiederhergestellt –, dass aber die “Aufnahmekapazität der lokalen
Partner nicht in der Lage war, mit der Geschwindigkeit und der Zahl der Geber Schritt zu
halten, insbesondere in den weniger entwickelten Gegenden von Sri Lanka” (wie auch in
Indonesien).
Die spezielle Situation von Frauen und Kindern sollte als Querschnittsthema betrachtet
werden, das fast jeden Schwerpunktbereich berührt. Kinder leiden besonders unter dem
Verlust eines oder beider Elternteile, anderer Familienmitglieder und ihrer Schulen und
sollten als primäre Zielgruppe Unterstützung im Post-Tsunami Wiederaufbauprozess
erhalten. Sie brauchen ein neues Zuhause, Fürsorgeeinrichtungen und neue Schulen.
Diejenigen, die traumatisiert sind, benötigen besondere Betreuung, nicht unbedingt
individuelle  psychologische    Behandlung,    sondern      vielmehr  Sozialarbeit  und
Gemeinschaftsaufgaben, um die traumatischen Erfahrungen durch Spielen und die
Entwicklung von Gruppenaktivitäten zu überwinden; wann immer möglich sollten sie am
Wiederaufbauprozess teilnehmen und einfache Aufgaben übernehmen wie Bäume pflanzen,
Bewässerung, Tierhaltung oder die Sauberhaltung öffentlicher Plätze.

Indonesien
Auch in Indonesien wurden Frauen und Kinder schwer vom Tsunami getroffen. Da der
Tsunami Nahrungsvorräte und den Lebensunterhalt zahlreicher Familien zerstört hat, ist das
Risiko von Mangelernährung gestiegen. Die prekären hygienischen Bedingungen
begünstigen den Ausbruch von Infektionskrankheiten und durch Wasser übertragene
Krankheiten. Über eine halbe Million Menschen benötigt möglicherweise psychologische
Unterstützung, um mit dem Trauma des Tsunami fertig zu werden. Wie die Weltbank
beobachtet, lässt sich unter Vorschulkindern und Frauen ein hohes Maß an Auszehrung und
Mangelerscheinungen feststellen, vor allem aber außerhalb der vom Tsunami betroffenen
Gegenden: “In einigen Beispielregionen weisen Nicht-Flüchtlinge schlechtere
Gesundheitsindikatoren auf, aber der Zugang zu einigen Dienstleistungen wie kostenlose
Medikamente ist nur den Tsunami-Flüchtlingen vorbehalten.” Dies belegt die Effektivität der
Nothilfe, aber auch die Notwendigkeit, die Nahrungshilfe auf andere arme Zielgruppen
auszuweiten.
Gemäß einer kürzlichen Fallstudie der UNFPA ist Gewalt gegen Frauen ein wichtiges Thema
in Aceh, das dringend behandelt werden muss. Für viele Einheimische sind allerdings die
unterschiedlichen Arten dieser Gewalt, insbesondere sexuelle Belästigung, zu sensibel, um

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Post-Tsunami Wiederaufbau                          Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

sie öffentlich zu diskutieren. Daneben sind die meisten Befragten der Ansicht, dass die
Implementierung des muslimischen Gesetzes der Scharia die Interessen der Frau nicht
berücksichtigt.
SOS Kinderdorf wird zwei Dörfer für Tsunami-Waisen errichten. UNICEF finanziert ein
umfangreiches Programm zum Schutz von Kindern, zur Wiederzusammenführung getrennter
Geschwister und zur psychosozialen Betreuung (15 Millionen US$). Das Kinderhilfswerk
bereitet ein Projekt zur Förderung kinderfreundlicher Räume vor.
Die komplette Zerstörung von zwei privaten Krankenhäusern in Banda Aceh, 26 öffentlichen
Gesundheitszentren in Aceh und 150 Gesundheitseinrichtungen in Nias bedeuten eine
besonders schwere Last für den Wiederaufbau. Der Nothilfebedarf wurde zufriedenstellend
gedeckt; eine Erhebung über den Ernährungszustand im März belegt, dass die
schlechtesten Ernährungsindikatoren unter den Kindern zu finden sind, die nicht unter dem
Tsunami gelitten haben (siehe Weltbank, Rebuilding a Better Aceh and Nias, S. 77). In der
Versorgung mit Impfstoffen und Pflegeleistungen für Mütter wurden Fälle von mangelhafter
Koordination festgestellt. Generell besteht ein wesentlich höherer Bedarf an Lösungen für
längerfristige, psychische und mentale Probleme als für kurzfristige, körperliche
Verletzungen.
Laut BRR (September 2005) erfordern die folgenden Projekte noch Kofinanzierung:
-   das USAID HOPE Projekt (6,2 Millionen US$),
-   der Wiederaufbau eines Krankenhauses durch IMC in Gunung Sitoli (1,6 Millionen US$),
-   psychosoziale Unterstützung durch AMSA in Krueng Raya / Aceh Besar (50.000 US$),
-   ein IOM-Projekt zur Verhinderung von Menschenhandel und Stärkung schwacher
    Gemeinden in Aceh (999.326 US$).
UNIFEM, der UN-Entwicklungsfonds für Frauen, führt zahlreiche Projekte in Aceh und Nias
durch, die sich auf Führung, Ausbildung, Eintreten für Frauenrechte, Schutz von Frauen und
auf den Lebensunterhalts konzentrieren (z.B. Ausbildung im Verwaltungswesen, Stärkung
der Eigenverantwortung von Frauen, Führung von Kleinunternehmen, Wählerbildung,
Gleichstellung von Frauen und Männern, Workshops über Erb- und Besitzrechte, etc.). Diese
Projekte finden vor allem in Aceh Besar, Aceh Jaya, Aceh Barat, Pidie, Kota Lhokseumawe
und Aceh Timur statt (siehe Anhang 10).
Derzeit werden laut BRR die folgenden Gesundheitsprojekte durchgeführt (Oktober 2005):

Tabelle 3: Größere Post-Tsunami Gesundheitsprojekte in Aceh
Geber / NGO               Projekt                                                 Kosten in US$
USAID                     Gemeinde gesteuerte Projekte zur Wiederherstellung            38.787.600
                          von Aceh (genannt CLARA); Wiederaufbau der
                          erschütterten Sozialstruktur in Banda Aceh, Aceh Jaya
                          and Aceh Besar
USAID                     Krankenhaus-Bereitschaft für Notsituationen (HOPE) in           6.215.090
                          Indonesien
USAID                     Programm für Wiederbelebung und Wiederaufbau von                6.250.000
                          Aceh
Catholic Relief Service   Gemeinde basiertes Projekt für Wiederaufbau und               83.850.000
                          Entwicklung – ACCORD – in Aceh Barat

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Catholic Relief Service    Frauen- und Kinderkrankenhaus in Banda Aceh                     1.945.000
UNICEF                     Gesundheit und Ernährung in Notsituationen für die            80.000.000
                           Provinzen Nanggroe Aceh Darussalam und Nord-
                           Sumatra
Spanische Öffentlichkeit   Wiederaufbau des Calang-Gesundheitszentrums                      972.548
und private
Organisationen
Private Spender            Mobile Gesundheitskliniken                                          5.275
OEM                        Lamno Gesundheits-Software                                       200.000
MDM Förderung              Unterstützung zum Wiederaufbau primärer Gesundheits-            3.836.230
                           dienstleistungen (einschließlich mentaler Gesundheit) in
                           Aceh Jaya und Aceh Besar
International Medical      Wiederaufbau und Unterstützung des Krankenhauses in             2.850.000
Corps (IMC)                Gunung Sitoli und anderer Kliniken in Nias
Deutsche                   Aceh Rehabilitierungsprogramm: Wiederaufbau eines               7.573.000
Bundesregierung            Krankenhauses
Deutsche Geber-            Wiederaufbau des Allgemeinen Krankenhauses                      1.254.900
Gemeinschaft
Foundation de France       Primäre und sekundäre Gesundheitszentren und                     627.450
                           Unterstützung in der Wasserver- und
                           Abwasserentsorgung in den vom Tsunami betroffenen
                           Gegenden der Provinzen Ost- und West-Aceh
Disaster Emergency         Prävention überhöhter Krankheits- und Sterblichkeits-           6.500.000
Committee (UK)             ziffern innerhalb der Bevölkerung der vom Tsunami
                           betroffenen Gegenden in Aceh und Nordsumatra
Adolescent Health and      Meulaboh: Gesundheits-Software                                   200.000
Development – German
Funding Mechanism

Thailand
Ende August belegt eine Studie der Vereinten Nationen, dass Flüchtlinge in den vom
Tsunami betroffenen Gegenden Thailands immer noch unter unzureichendem Zugang zu
speziellen Dienstleistungen im Gesundheitsbereich für Mütter und Kinder, zu
Familienplanung und zu Informationen über AIDS-Prävention leiden. Es werden mobile
Kliniken und Aufklärungskampagnen benötigt.

3.4     Wiederaufbau von Dörfern
Der Wiederaufbau von Siedlungen stellt eine der dringendsten und umfassendsten Aufgaben
der nächsten Monate und Jahre dar (siehe Anhang 11). Programme für die Zuweisung von
Häusern nach Katastrophen bestehen in der Regel aus drei Phasen:
1) die Versorgung mit Notunterkünften wie beispielsweise Zelten
2) die Versorgung mit Übergangsunterkünften mit einem höheren Maß an Komfort und
   Schutz
3) der Bau von dauerhaften Häusern.

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Post-Tsunami Wiederaufbau                      Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

Im Allgemeinen kann die dritte Phase begonnen werden, sobald sämtlicher Schutt beseitigt
und die Besitzrechte geklärt sind, meist nicht früher als sechs Monate nach der Katastrophe.
Nach der relativ raschen Versorgung mit Übergangssiedlungen verzögert sich der Bau von
dauerhaften Unterkünften, wodurch sich das Leben derer, die ihr Dach über dem Kopf
verloren haben, zunehmend erschwert, was wiederum für Frustrationen sorgt.
Dabei haben Flüchtlinge meist den Wunsch, wieder dorthin zurückzukehren, woher sie
kamen und wo sie vom Tsunami vertrieben wurden. Der Ansatz, Dörfer an anderen
Standorten wieder aufzubauen und komplette Gemeinden umzusiedeln, ist fragwürdig.
Zwischen rationalen, vor allem administrativen Sicherheitsaspekten und dem Wunsch der
Flüchtlinge, an ihre Ursprungsorte zurückzukehren, wird man Kompromisse finden müssen.
Zu jedem Siedlungsprogramm gehört eine transparente und umfassende Kommunikation.
Konflikte aufgrund von ungleicher Verteilung der Zuwendungen im Wiederaufbau sollten
vermieden werden – insbesondere durch eindeutige Erklärungen, warum manche mehr
Unterstützung erhalten als andere.
Der Wiederaufbau von Siedlungen wird am Sinnvollsten durch Aus- und Fortbildung,
Unterstützung in der Koordinierung, Kofinanzierung und Qualitätsverbesserungen laufender
oder in Vorbereitung stehender Projekte unterstützt.

Sri Lanka
Die Regierung von Sri Lanka und TAFREN legten die Durchführungsrichtlinien für den
Wiederaufbau dauerhafter Siedlungen fest. Diese basieren auf den folgenden Prinzipien:
   An der Ostküste dürfen auf einem 200 m breiten Streifen, an der Südküste auf einem 100
   m breiten Streifen landeinwärts von der durchschnittlichen Hochwasserlinie gemessen
   keine neue Gebäude errichtet oder beschädigte Gebäude wiederaufgebaut werden (bis
   auf einige Ausnahmen für die Tourismus-Branche).
   Diejenigen, die ihr Haus innerhalb dieser Pufferzone verloren haben, werden ein neues
   Haus erhalten, das mit Unterstützung internationaler Geber auf einem von der Regierung
   zur Verfügung gestellten Stück Land errichtet wird.
   Diejenigen, die den Schaden oder Verlust ihres Hauses außerhalb dieser Pufferzone zu
   beklagen hatten, haben Anrecht auf eine Unterstützungszahlung in Höhe von 1.000 bis
   2.500 US$ je nach Ausmaß des Schadens.
   Nachdem die Haushalte diese Zuwendung erfolgreich eingesetzt haben, können sie
   einen weiteren Vorzugskredit in Höhe von bis zu 5.000 US$ in Anspruch nehmen.
Folgende Vorgehensweise ist für den Wiederaufbau von Häusern und Siedlungen durch
internationale Geber vorgesehen:
1) Der Geber übermittelt dem Vorsitzenden von TAFREN eine Absichtserklärung.
2) Dem Geber werden potenzielle Bauprojekte in ausgewählten Gebieten vorgestellt.
3) Die Stadtentwicklungsbehörde UDA stellt dem Geber Pläne für die zu bauenden
   Haustypen zur Verfügung.

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Post-Tsunami Wiederaufbau                       Studie zur Vorbereitung der zweiten Förderphase

4) Der Geber bestätigt sein Einverständnis und unterzeichnet eine Vereinbarung über die
   Zusammenarbeit.
5) UDA und Regierung stellen Siedlungspläne und Basisinfrastruktur zur Verfügung.
6) Der Geber reicht einen Bauplan ein.
7) Der Geber säubert das ausgewählte Stück Land.
8) Der Geber grenzt die zu bebauende Fläche ab.
9) Der Geber organisiert die nötige externe Infrastruktur für den Bau.
10) Der Geber legt einen Arbeitsplan vor.
11) Die Bauarbeiten können beginnen.
Im Juni 2005 lagen TAFREN Zusagen für den Wiederaufbau von 97.000 Wohneinheiten und
Vereinbarungen über die Zusammenarbeit für den Bau von 36.000 Wohneinheiten vor.
Bis Ende Juni schienen mindestens 90% der Übergangsunterkünfte fertiggestellt zu sein.
Laut der Reuters-Stiftung klagen allerdings zahlreiche Überlebende darüber, dass viele
Übergangssiedlungen, die von Hilfsorganisationen unter Verwendung von Beton und
Metalldächern errichtet wurden, stickig heiß und beengend seien. Die tropische Hitze
verwandelt diese Hütten in Brutkästen. Dasselbe Phänomen wird in Indien und Thailand
beobachtet.
Generell kann man überall die Dringlichkeit in diesem Sektor spüren. Der Umstieg von
Übergangsunterkünften zu dauerhaften Häusern ist durch zahlreiche ungelöste Fragen der
Landzuteilung und der Besitzrechte ins Stocken geraten. In einer Sitzung im UN-
Hauptquartier am 20. September 2005, an der auch der UN-Sondergesandte (SG) für den
Post-Tsunami Wiederaufbau, Bill Clinton, teilnahm, wurde der Wiederaufbau von
Wohnhäusern wie folgt diskutiert:
   Der SG sollte auf eine Beschleunigung des Wiederaufbaus dauerhafter Wohnhäuser
   drängen, und zwar durch verbesserte Zuweisung von geeigneterem Bauland und die
   Kapazitätsentwicklung von Lokalverwaltungen in allen Aufgaben, die mit
   Baulandzuweisung und -erschließung zu tun haben.
   Es ist anzunehmen, dass der Druck steigen wird, die Einrichtung der Pufferzone
   zurückzunehmen; vor allem bedarf es verbesserter Kontrolle und transparenterer
   Entscheidungsprozesse im Wiederaufbau der Küstenregionen. In den traditionellen
   Küstengemeinden herrscht Sorge vor Verdrängung durch reiche Investoren und die
   Tourismusindustrie. Der SG sollte auf die Transparenz der Küstenmanagementpläne
   achten und den früheren Wohnort und Lebensunterhalt der Bewohner berücksichtigen.
   Der SG sollte auf eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Regierung und NGOs
   hinarbeiten. Diese sollten auf einem Dialog über Rollen und Verantwortlichkeiten
   basieren. Gegenwärtig ist das Klima eher feindselig und könnte durch die
   bevorstehenden Wahlen noch verschärft werden.
   Qualitätsstandards und die Nachhaltigkeit laufender Siedlungsprogramme wird von
   Experten in Frage gestellt. Nachhaltige, ökologisch verträgliche Raumplanung,
   Infrastrukturentwicklung und Küstenmanagement einschließlich risikoverringernder

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