Stiftungen fördern Künstler - Steuern auf Preisen, Werk - beiträgen und ähnlichen Leistungen
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Stiftungen fördern Künstler – Steuern auf Preisen, Werk- Dr. Roman Baumann Lorant * Advokat, Basel beiträgen und ähnlichen Leistungen etwa die kostenlose Überlassung eines Künstler- ateliers während eines bestimmten Zeitraums. Der Schweizerische Schriftstellerverband4 gelang- te 1953 mit der Anfrage an die Eidgenössische 1 Privatrechtliche Stiftungen Steuerverwaltung (ESTV), wie Preise, Ehren- und Kulturförderung gaben und Stipendien an Schriftsteller steuerlich behandelt würden. Daraufhin veröffentlichte die Kulturförderung ist eine staatliche Aufgabe und ESTV das Kreisschreiben Nr. 15 vom 8. April 1953. findet in der Schweiz primär durch die öffentli- Dieses Kreisschreiben ist noch heute einschlägig che Hand statt (vgl. Art. 69 BV). Aber auch pri- und wird von einigen Kantonen auch im Bereich vatrechtliche Stiftungen spielen dabei eine der kantonalen Steuern angewandt5. Andere Kan- wichtige Rolle1. In der Schweiz existieren rund tone haben eigene Merkblätter erlassen6. 13 000 gemeinnützige Stiftungen2, wovon ge- Die Ausführungen des vorliegenden Beitrags mäss Studien wohl ca. 20% bis 25% im Bereich gelten sinngemäss für Förderbeiträge der öffent- Kunst und Kultur tätig sind3. Zu unterscheiden lichen Hand oder von öffentlich-rechtlichen gilt es zwischen operativen Stiftungen, z. B. von Stiftungen7 und lassen sich auf die Gebiete der Stiftungen getragene Museen und Theater, und Wissenschaft8, Umwelt, Gesundheit, Sport etc. Förderstiftungen, die geldwerte Leistungen an ausdehnen. Nachfolgend steht jedoch die Förde- ihre Destinatäre ausrichten. Destinatäre sind da- rung des Kulturschaffens durch privatrechtli- bei entweder Kulturinstitutionen oder aber che Stiftungen im Vordergrund. Anders als im Künstler als Einzelpersonen. Gegenstand des Bereich der öffentlichen Kulturförderung ist die vorliegenden Beitrags bilden die Förderleistun- Subvention bei der privaten Kulturförderung gen an Künstler und ihre steuerliche Behand- begriffsnotwendig kein Thema. lung. Förderstiftungen stellen Fördermittel für das 2 Besteuerungsgrundlagen Kunst- und Kulturschaffen zur Verfügung. Sie für Künstler unterstützen dabei Kunstschaffende auf vielfälti- ge Weise. In der Regel richten sie Geldleistungen 2.1 Der Künstler im schweize- in Form von Stiftungspreisen, Werkbeiträgen, rischen Steuerrecht Stipendien, Kostenzuschüssen und dergleichen Künstler geniessen grundsätzlich keine Vorzugs- aus. Denkbar sind auch Naturalleistungen wie behandlung bei den Steuern. Auf sie sind die all- Nr. 4/2014 Seite 252
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN gemeinen Regeln anwendbar. Demnach unter- Inhaltsverzeichnis liegen Künstler mit Wohnsitz in der Schweiz der allgemeinen Einkommenssteuer durch den 1 Privatrechtliche Stiftungen Bund und die Kantone sowie der Vermögens- und Kulturförderung steuer der Kantone. Künstler generieren in aller 2 Besteuerungsgrundlagen Regel Einkommen aus selbstständiger Erwerbs- für Künstler tätigkeit (vgl. Art. 18 DGB; Art. 8 StHG), da sie 2.1 Der Künstler im schweizerischen Steuerrecht zum Zweck der Gewinnerzielung auf eigene 2.2 Leistungen von Stiftungen Rechnung und Gefahr entweder Werke schaffen 2.2.1 Einkommenssteuer (z. B. Bilder, Romane und dergleichen) oder 2.2.2 Schenkungssteuer vor Publikum Kunst darstellen9. Nicht ausge- 2.2.3 Steuerfreie Unterstützung aus privaten schlossen ist jedoch, dass Künstler Einkommen Mitteln aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit erzielen, etwa durch eine Anstellung bei einem Theater 3 Die Stiftungsleistungen an oder einem Sinfonieorchester. Eine weitere Künstler im Einzelnen wichtige Einnahmequelle sind Lizenzgebühren, 3.1 Kunst- und Kulturpreise die durch Verwertung ihrer urheberrechtlich ge- 3.2 Werkbeiträge schützten Werke anfallen. Vorliegend interessiert 3.3 Preisgelder von Projekt- und Kunst- wettbewerben 3.4 Stipendien 3.5 Sponsoring * Dr. Roman Baumann Lorant ist Advokat und Partner 3.6 Kostenzuschüsse und Defizitgarantien bei Dufour Advokatur Notariat in Basel sowie stellver- tretender Geschäftsführer von proFonds, Dachverband 3.7 Naturalleistungen gemeinnütziger Stiftungen der Schweiz. 4 Meldepflicht von Stiftungen 1 Vgl. UHLMANN ET AL., Kulturförderung, in: MOSI- MANN/RENOLD/ RASCHER (HRSG.), Kultur Kunst 5 Schlussfolgerungen aus Recht, Basel 2009, S. 143. Sicht der Stiftungen 2 Vgl. DEGEN/BAUMANN LORANT, Kommt mit den Reformen die Bürokratie, Aktuelle Entwicklungen im Stiftungs- und Gemeinnützigkeitssektor, Die Stiftung Schweiz, Februar 2013, S. 34. 3 PURTSCHERT ET AL., Visions and Roles of Foundations in Europe, Länderstudie Schweiz, Freiburg 2003, S. 21; HELMIG/HUNZIKER, Stiften in der Schweiz, Freiburg Kantons Bern «Einkommen: Spezialfälle», Ziff. 3.3 2007, S. 6. betr. Preise/Wettbewerbsgewinne. 4 Heute: AdS – Autorinnen und Autoren der Schweiz. 7 Eine zentrale Rolle spielt dabei die Stiftung PRO HEL- 5 Vgl. für Basel-Stadt etwa den Entscheid der Steuer- VETIA; vgl. dazu Art. 31 ff. des Bundesgesetzes über die rekurskommission vom 29. August 2002, Erw. 4a, Kulturförderung KFG vom 11. Dezember 2009. BStPra 3/2004, S. 169. 8 Vgl. dazu insbesondere das Kreisschreiben Nr. 8 der 6 Vgl. etwa Merkblatt des kantonalen Steueramts ZÜRICH ESTV vom 25. Februar 1971 betr. Zuwendungen des über die Besteuerung von Auszeichnungen für künstle- Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der rische, wissenschaftliche oder kulturelle Tätigkeiten wissenschaftlichen Forschung . vom 27. September 2004; Steuerpraxis des Kantons 9 Vgl. OBERSON/MARAIA, Der Fiskus und die Kunst, in: THURGAU, StP 18 Nr. 3 betreffend Stipendien und MOSIMANN/RENOLD/ RASCHER (HRSG.), Kultur Ehrengaben; Merkblatt Nr. 7 der Steuerverwaltung des Kunst Recht, Basel 2009, S. 953. Nr. 4/2014 Seite 253
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN eine andere Einnahmequelle, nämlich die be- Schenkung ist der Schenkungswille, wonach die reits erwähnten Preise, Werkbeiträge, Stipendien Zuwendung des Schenkenden freiwillig erfolgen etc. muss. Stiftungen richten ihre Leistungen an sich nicht freiwillig aus, sondern gestützt auf ih- 2.2 Leistungen von Stiftungen re Stiftungsurkunde. Die Organe der Stiftung Leistungen von Stiftungen fallen beim Empfän- setzen den in der Urkunde der Stiftung veranker- ger entweder unter die Einkommenssteuer oder ten Stiftungszweck um. Der steuerrechtliche unter den Katalog der steuerfreien Einkünfte Schenkungsbegriff weicht in diesem Punkt vom (vgl. Art. 24 DBG; Art. 7 Abs. 4 StHG). Dieser Kata- zivilrechtlichen ab, indem es als unbeachtlich log ist abschliessend10. In Frage kommt dabei die angesehen wird, aus welchem Grund eine Zu- Subsumtion der Stiftungsleistungen unter den wendung erfolgt. Entscheidend ist einzig, dass Begriff der Schenkung (Art. 24 lit. a DBG; Art. 7 sie unentgeltlich erfolgt und die beschenkte Per- Abs. 4 lit. c StHG), womit die kantonale Schen- son bereichert ist. Dabei wird der Schenkungs- kungssteuer zum Tragen kommt, oder denjeni- wille entweder substituiert durch den ursprüng- gen der Unterstützung aus privaten Mitteln lichen Schenkungswillen beim Stifter, oder aber (Art. 24 lit. d DBG; Art. 7 Abs. 4 lit. f StHG). es wird damit argumentiert, eine Stiftung hand- le zwar in Erfüllung einer statutarischen Pflicht, 2.2.1 Einkommenssteuer habe aber bei der Auswahl der Destinatäre ein Von der Einkommenssteuer der natürlichen Per- grosses Ermessen, was einem Schenkungswillen sonen werden alle wiederkehrenden und einma- gleichkomme12. Das Bundesgericht hat im Kon- ligen Einkünfte erfasst, insbesondere solche aus text einer Familienstiftung erkannt, dass kein unselbstständiger und selbstständiger Erwerbs- Schenkungswille gegeben sein könne, soweit ei- tätigkeit (vgl. Art. 16 Abs. 1 DGB; Art. 7 Abs. 1 ne Stiftung Leistungen in Erfüllung der ihr DBG). Der Steuergesetzgeber geht von einem durch die Stiftungsurkunde auferlegten Rechts- umfassenden Einkommensbegriff aus. Es han- pflichten ausrichte13. Das Berner Verwaltungsge- delt sich dabei um eine Nettogrösse, d. h. die zur richt hat diese Rechtsprechung für die Ausrich- Erzielung der Einkünfte notwendigen Aufwen- tung eines Kunstpreises des Bundesamts für dungen können abgezogen werden (sog. Gewin- Kultur (BAK) nicht übernommen. Das Bundes- nungskosten)11. Stiftungsleistungen können oh- gericht habe den Schenkungswillen der Famili- ne Weiteres unter den Einkommensbegriff enstiftung nur deshalb verneint, weil die Desti- fallen. Die kantonale Steuerhoheit für das Ein- natäre bzw. die berechtigten Familienstämme kommen obliegt dem Wohnsitzkanton (vgl. einen statutarischen Rechtsanspruch auf jährli- Art. 3 StHG) oder dem Kanton des Geschäftsbe- che Leistungen hätten. Beim Kunstpreis des BAK triebs (Art. 4 StHG), wobei es gegebenenfalls zu sei dies hingegen nicht der Fall. Das BAK verfüge einer Steuerausscheidung kommt. bei der Vergabe des Kunstpreises über eine grosse Entscheidungsfreiheit und handle dementspre- 2.2.2 Schenkungssteuer chend bei der Preisvergabe an den Künstler Ob Stiftungsleistungen als Schenkungen zu nicht in Erfüllung einer Rechtspflicht14. qualifizieren sind, ist demgegenüber fraglich. Die Steuerhoheit steht bei der Schenkungssteuer Als Schenkung gilt jede Zuwendung, mit der je- ausschliesslich den Kantonen zu. Der Bund er- mand aus seinem Vermögen das Vermögen ei- hebt keine Schenkungssteuer. Im interkantona- nes andern ohne entsprechende Gegenleistung len Verhältnis hat derjenige Kanton die Steuer- bereichert (vgl. Art. 239 OR). Ein Element einer hoheit, in dem die schenkende Stiftung ihren Nr. 4/2014 Seite 254
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN Sitz hat. Steuersubjekt ist demgegenüber der be- Nach SPRECHER/VON SALI-LÜTOLF unterlie- schenkte Künstler. Dies führt dazu, dass Leistun- gen einkommenssteuerfreie Unterstützungsleis- gen von Stiftungen, die steuerrechtlich als tungen der Schenkungssteuer18. M. E. kann dem Schenkungen qualifiziert werden, im Wohnsitz- nicht gefolgt werden. Sinn und Zweck von Un- kanton des Künstlers keiner kantonalen Schen- terstützungsleistungen ist es, den notwendigen kungssteuer unterstellt sind, wenn die ausrich- Lebensbedarf zu decken. Aus diesem Grund un- tende Stiftung ihren Sitz im Ausland hat (z. B. terliegen solche Leistungen weder der Einkom- die Nobelstiftung). Auch Schenkungen von Stif- mens- noch der Schenkungssteuer19. tungen mit Sitz in den Kantonen Schwyz oder Luzern sind nicht steuerbar, weil diese Kantone 3 Die Stiftungsleistungen an keine Schenkungssteuer erheben15. Künstler im Einzelnen 2.2.3 Steuerfreie Unterstützung 3.1 Kunst- und Kulturpreise aus privaten Mitteln Unter Kunst- und Kulturpreisen sind geldwerte Stiftungsleistungen können weiter steuerfreie Leistungen von Stiftungen zu verstehen, die Unterstützungen aus privaten Mitteln nach einem Künstler in Anerkennung der künstleri- Art. 24 lit. d DBG bzw. Art. 7 Abs. 4 lit. f StHG dar- schen Tätigkeit und als Ausdruck der allgemei- stellen. Darunter fallen solche Mittel von priva- nen Wertschätzung ausgerichtet werden. Sie ten Institutionen, die den Künstlern freiwillig hängen nicht mit einer konkreten Leistungser- und unentgeltlich zur Bestreitung des notwen- bringung des Künstlers zusammen, sondern digen Lebensunterhalts gewährt werden. Die würdigen ganz allgemein sein künstlerisches Unterstützungsleistung ist dabei auf die De- Schaffen. Kunst- und Kulturpreise können be- ckung des Grundbedarfs beschränkt16. Als Mass- reits Geleistetes eines Künstlers oder sein ganzes stab für den notwendigen Lebensunterhalt gilt Lebenswerk rühmen, also vergangenheitsbezo- das anrechenbare Einkommen nach dem Bun- gen sein, oder aber hoffnungsvolle Jungtalente desgesetz über Ergänzungsleistungen (ELG). fördern und damit einen Zukunftsbezug aufwei- Der Anteil der Unterstützungsleistungen, der den sen. Der Grossteil der Preise dürfte sich auf das notwendigen Lebensunterhalt übersteigt, ist vergangene Schaffen eines Künstlers beziehen. steuerbar17. Die Terminologie ist uneinheitlich. Häufig an- 10 Vgl. REICH in: Kommentar zum Schweizerischen 15 Vgl. ESTV, Dossier Steuerinformationen, Die Erbschafts- Steuerrecht I/1 Art. 7 StHG N 76. und Schenkungssteuern, Bern 2013, S. 3; vgl. 11 Vgl. REICH, Steuerrecht, 2. Auflage, Zürich 2012, § 13 HINDERSMANN/MYSSEN, Die Erbschafts- und N 245. Schenkungssteuern der Schweizer Kantone, Köln 2003, 12 Vgl. RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, Rz. 1543. 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 24 N 25 mit Verweis auf 16 Vgl. RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, zahlreiche Entscheide; RICHNER/FREI, Kommentar 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 24 N 75. zum Zürcher Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, 17 Vgl. BGE 137 II 328 ff. Zürich 1996, § 4 N 82; RAMSEIER, Die basellandschaft- 18 Vgl. SPRECHER/VON SALIS-LÜTOLF, Die Schweize- liche Schenkungssteuer, 1989, S. 53. rische Stiftung, Zürich 1999, S. 108. 13 Vgl. Entscheid des Bundesgerichts 2A.668/2004 vom 19 So auch Merkblatt des kantonalen Steueramts Zürich 22. April 2005, Erw. 3.4.3. vom 27. September 2004, in: Zürcher Steuerbuch 14 Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern Nr. 16/700, lit. C; Merkblatt Nr. 7 der Steuerverwaltung vom 22. Juni 2007, publ. in: NStP 2007, S. 92 ff. des Kantons Bern «Einkommen: Spezialfälle», Ziff. 3.3. Nr. 4/2014 Seite 255
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN zutreffen sind die Begriffe Preis, Ehrengabe, menhang zwischen dem Beitrag und der kon- Award und Auszeichnung. kreten Leistungserstellung bestehen27. Darunter Gemäss einer Studie aus dem Jahr 2010 liegt fallen auch Beiträge oder Preise, die für ein auf die Preisgeldspanne zwischen CHF 200.– und Ausschreibung oder Auftrag hin geschaffenes CHF 1 Mio., im Durchschnitt bei rund Werk ausgerichtet werden (zu den Wettbewerbs- CHF 75 000.–20. Es existieren zahlreiche kleine, preisen siehe unten Ziff. 3.3). aber wenige grosse Preise. Rund die Hälfte aller Solche Werkbeiträge fallen nach der bereits er- Preisgelder liegt zwischen CHF 200.– und wähnten Entgeltcharakter-Theorie von REICH CHF 20 000.–21. unter die Einkommenssteuer, weil sie entgeltli- Die steuerliche Zuordnung solcher Kunst- und chen Charakter aufweisen. Sie wurden entweder Kulturpreise zur Einkommens- oder Schen- für die Erstellung eines spezifischen Werks oder kungssteuer ist schwierig. Gemäss REICH ist die- einer spezifischen künstlerischen Arbeit oder se Abgrenzung aufgrund des Entgeltcharakters aber für eine definierte Schaffensperiode ge- der Leistung zu treffen22. Wird ein Preis unab- währt und stellen eine Entschädigung dafür hängig von einer konkret geleisteten Arbeit (in dar28. Der Beitrag kann an Erwartungen, Aufla- der Vergangenheit oder in der Zukunft) vorwie- gen oder Bedingungen geknüpft werden. Zivil- gend in allgemeiner Anerkennung des künstle- rechtlich liegt eine Schenkung mit oder ohne rischen Schaffens oder Lebenswerks ausgerich- Auflagen und Bedingungen vor (Art. 239 ff. OR). tet, ist er als unentgeltlich zu betrachten und Es handelt sich also um eine Konstellation, bei dementsprechend der Schenkungssteuer zuzu- der zivilrechtlich eine Schenkung vorliegt, die ordnen23. Die Steuerhoheit kommt dem Sitzkan- aber steuerlich von der Einkommenssteuer er- ton der Stiftung zu. Kunst- und Kulturpreise von fasst wird. Bei eigentlichen Werkaufträgen nach Stiftungen mit Sitz in den Kantonen Schwyz Art. 363 ff. OR (mit Eigentumsübergang des und Luzern werden nicht besteuert (vgl. vorne Werks) liegt eine Werkvertragsvergütung nach Rz. 2.2.2). Zahlreiche Kantone gewähren Steuer- Art. 372 ff. OR vor, beim Ankauf eines bereits be- freibeträge oder einen Steuerabzug24. Der Kan- stehenden Kunstwerks eine Kaufpreiszahlung ton Zürich kennt etwa die Praxis, Kunst- und nach Art. 211 ff. OR. Diese unterliegen zweifels- Kulturpreise, die den Betrag von CHF 10 000.– frei der Einkommenssteuer. Heikel sind diejeni- nicht übersteigen, nicht zu besteuern25. Es ist gen Preise, die nachträglich für ein spezifisches fraglich, wie vorzugehen ist, wenn ein Künstler Werk ausgerichtet werden (z. B. ein Buchpreis). in einem Jahr mehrere Preise erhält, die aber Handelt es sich dabei um eine Entschädigung nur zusammen den Freibetrag oder den Steuer- für die geleistete Arbeit oder um eine allgemeine abzug übersteigen. Grundsätzlich dürfte jeder Anerkennung der spezifisch mit diesem Werk Preis für sich allein besteuert werden, d. h. es zusammenhängenden künstlerischen Arbeit? findet keine Zusammenrechnung statt26. Diese Frage muss anhand der Umstände des Einzelfalls beantwortet werden (Ziele der Stif- 3.2 Werkbeiträge tung, Stiftungszweck, Ausschreibung des Preises, Werkbeiträge sind Leistungen, die im Hinblick Kommunikation bei der Preisverleihung etc.). auf oder nachträglich für die Erstellung eines Die Steuerhoheit für die Einkommenssteuer liegt bestimmten Werks oder für einen bestimmten beim Bund und demjenigen Kanton, in dem der Zeitraum für die Ausübung einer künstlerischen Künstler seinen Wohnsitz oder einen Geschäftsbe- Tätigkeit (z. B. ein literarisches Werkjahr) ge- trieb hat. Der Künstler kann Aufwendungen, die währt werden. Dabei muss ein direkter Zusam- ihm für die Erstellung des Werks oder die künstle- Nr. 4/2014 Seite 256
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN rische Tätigkeit anfallen (z. B. Material für die scheidend, wie der Wettbewerb konkret ausge- Erstellung eines Bildes), als Gewinnungskosten staltet wird. Geht es darum, einen Künstler für abziehen29. Nach der Zürcher Praxis können sein Werk abzugelten, das spezifisch für die Teil- zwanzig Prozent der in Frage stehenden Leistun- nahme am Wettbewerb geschaffen und einge- gen in Abzug gebracht werden. Höhere Aufwen- reicht wurde, liegt Einkommen vor. Bei solchen dungen sind vollumfänglich nachzuweisen30. Preiswettbewerben werden die Teilnehmer gera- Falls solche Werkbeiträge zusammen mit den de wegen des erhofften Preises tätig, weshalb ein übrigen Einkünften des Künstlers seinen not- Kausalzusammenhang zwischen dem Tätigwer- wendigen Lebensbedarf nicht übersteigen, gel- den und dem Preis besteht und damit ein direk- ten sie als steuerfreie Unterstützungsleistungen ter Zusammenhang zwischen dem Beitrag und (vgl. dazu vorne Ziff. 2.2.3). der konkreten Leistungserstellung vorliegt, wie er für die Subsumtion unter die Einkommens- 3.3 Preisgelder von Projekt- und steuer vorausgesetzt wird (vgl. vorne Ziff. 3.2). Kunstwettbewerben Aber nicht jeder Wettbewerbspreis wird als Ein- Stiftungen schreiben für die Verleihung ihrer kommen einzustufen sein. Dient nämlich die Preise zuweilen öffentlich einen Wettbewerb aus. Wettbewerbsausschreibung lediglich dazu, Kan- Sie treten dabei als Veranstalter des Wettbewerbs didaten für die Teilnahme zu gewinnen und auf, dessen Gewinner als Belohnung den Stif- wird nicht extra ein künstlerisches Werk ge- tungspreis erhält. Zivilrechtlich handelt es sich schaffen, stellt der Preis eine Schenkung dar. in aller Regel um ein sogenanntes Preisaus- Dies gilt selbst dann, wenn die Teilnehmer ge- schreiben nach Art. 8 OR. wissen Voraussetzungen zu genügen haben Es stellt sich nun die Frage, wie Preise steuer- (z. B. betreffend Alter) und (bereits erstellte) rechtlich erfasst werden, die im Rahmen eines Werkbeispiele31 einreichen müssen. Der Künstler Wettbewerbs ausgerichtet werden. Hier ist ent- hat ein Werk nicht spezifisch im Hinblick auf 20 Vgl. VON SCHNURBEIN/STÜHLINGER, Ausgezeichnet! 26 Im Kanton Solothurn wäre dem z. B. nicht so, wenn eine Preise, Awards und Auszeichnungen von Schweizer Stiftung während desselben Jahres mehrere Preise an Stiftungen, Basel 2010, S. 8. denselben Künstler ausrichten und der Steuerabzug da- 21 Vgl. VON SCHNURBEIN/STÜHLINGER, Ausgezeichnet! durch überschritten würde (vgl. § 239 Abs. 2 SO-StG). Preise, Awards und Auszeichnungen von Schweizer 27 TaxInfo Kanton Bern, Schenkungssteuer, Fassung vom Stiftungen, Basel 2010, S. 8. 6. November 2013, Ziff. VIII. 5. 22 Vgl. REICH, Steuerrecht, 2. Auflage, Zürich 2012, 28 Vgl. REICH, Steuerrecht, 2. Auflage, Zürich 2012, § 15 § 15 N 45. N 45; Kreisschreiben ESTV Nr. 15 vom 8. April 1953. Die 23 Vgl. REICH, Steuerrecht, 2. Auflage, Zürich 2012, ESTV verwendet im Kreisschreiben den Begriff «Preis». § 15 N 45; Kreisschreiben ESTV Nr. 15 vom 8. April Vgl. weiter Merkblatt des kantonalen Steueramts Zürich 1953. Die ESTV verwendet im Kreisschreiben den vom 27. September 2004, in: Zürcher Steuerbuch Begriff «Ehrengaben». Nr. 16/700, lit. C. 24 Vgl. die Übersicht in: ESTV, Dossier Steuerinformatio- 29 Kreisschreiben ESTV Nr. 15 vom 8. April 1953. nen, Die Erbschafts- und Schenkungssteuern, Bern 30 Vgl. Merkblatt des kantonalen Steueramts Zürich vom 2013, S. 26 ff. 27. September 2004, in: Zürcher Steuerbuch Nr. 16/700, 25 Vgl. Merkblatt des kantonalen Steueramts Zürich vom lit. C. 27. September 2004, in: Zürcher Steuerbuch Nr. 16/700, 31 Die eingereichten Unterlagen dienen in der Regel dazu, lit. B. die künstlerischen Fähigkeiten eines Bewerbers zu beur- teilen. Nr. 4/2014 Seite 257
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN die Preisverleihung erstellt und eingereicht, wo- genleistung und unterliegen demzufolge der mit keine Abgeltung für die Teilnahme am Wett- Einkommenssteuer34. Sie werden auch von der bewerb vorliegt. Der Wettbewerbspreis wäre viel- Mehrwertsteuer erfasst35. mehr eine Anerkennung des künstlerischen Schaffens oder eines bereits erstellten künstleri- 3.6 Kostenzuschüsse und schen Werks und hätte steuerrechtlich den Cha- Defizitgarantien rakter einer Schenkung (vgl. vorne Ziff. 3.1). Häufig anzutreffen sind nebst den bereits er- wähnten Leistungen etwa Kostenzuschüsse (z. B. 3.4 Stipendien für Druck- oder Übersetzungskosten, für die Stipendien sind einmalige oder wiederkehrende Durchführung von Veranstaltungen, Infrastruk- Geldleistungen, die von der öffentlichen Hand turbeiträge etc.) und Defizitgarantien für Veran- oder von privatrechtlichen Stiftungen für die staltungen. Nach der bereits erwähnten Entgelt- Aus- oder Weiterbildung ausgerichtet werden charakter-Theorie (vgl. vorne Ziff. 3.1) werden und für die – von spezifischen Ausnahmen wie solche Leistungen, die stets einen direkten Zu- Ausbildungsabbruch abgesehen – keine Rück- sammenhang mit einem bestimmten Werk oder zahlungsverpflichtung besteht32. Stipendien einer spezifischen künstlerischen Tätigkeit auf- sind von keiner konkreten Gegenleistung des weisen, entweder von der Einkommenssteuer er- Empfängers abhängig. Sie sind jedoch zweck- fasst oder gelten – sofern die Voraussetzungen konform zu verwenden. erfüllt sind – als steuerfreie Unterstützungsleis- Soweit diese Voraussetzungen erfüllt sind und tungen. die Stipendien zusammen mit den übrigen Ein- künften des Künstlers seinen notwendigen 3.7 Naturalleistungen Lebensbedarf nicht übersteigen, fallen sie unter Was die steuerliche Qualifikation von Natural- die steuerfreien Unterstützungsleistungen (vgl. leistungen als Einkommen, Schenkungen oder vorne Ziff. 2.2.3). Sind die Voraussetzungen hin- steuerfreie Unterstützungen anbelangt, gilt das gegen nicht erfüllt, handelt es sich um Erwerbs- bisher Gesagte entsprechend. Dass Naturalleis- einkommen. tungen steuerbares Einkommen darstellen kön- Auf die Bezeichnung der Leistungen als Stipen- nen, ergibt sich schon aus dem steuerlichen dien oder Stipendium kann es nicht ankom- Einkommensbegriff (vgl. vorne Ziff. 2.2.1). Pro- men. So hat etwa die Steuerrekurskommission bleme können sich bei der Bewertung dieser IV des Kantons Zürich zu Recht festgehalten, es Leistungen ergeben, weil sie nicht in Geld aus- könne nicht angehen, einen Kunstpreis bzw. gerichtet werden. eine Auszeichnung mit der Einkommenssteuer Naturalleistungen bemessen sich nach dem zu erfassen, nur weil dieser als Stipendium be- Marktwert (vgl. Art. 16 Abs. 2 DBG). In der Pra- zeichnet wurde33. xis spielen Naturalleistungen vor allem in der Form der unentgeltlichen Überlassung von 3.5 Sponsoring Künstlerateliers (Literatur, Malerei, Bildhauerei Erhält ein Künstler Beiträge für eine konkrete etc.) sowie Übungs- und Proberäumen (Musik) Werbe- und/oder Bekanntmachungsleistung zu- eine Rolle36. Wenn keine steuerfreie Unterstüt- gunsten des Zuwendenden, liegt Sponsoring vor. zungsleistung vorliegt, wäre der Marktwert m. E. Der Sponsor ist in der Regel keine Stiftung, son- durch Vergleichsmieten zu bestimmen. dern ein kommerzielles Unternehmen. Sponso- ringbeiträge sind Entgelt für eine konkrete Ge- Nr. 4/2014 Seite 258
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN 4 Meldepflicht von Stiftungen sind. Bei Schenkungen kommt das jeweilige kantonale Schenkungssteuerrecht zur Anwen- Für jede Steuerperiode müssen Stiftungen den dung. Das Gros der Kantone kennt eine Anzeige- Steuerbehörden eine Bescheinigung über die ih- pflicht des Beschenkten. Andere Kantone neh- ren Begünstigten erbrachten Leistungen ein- men den Schenker oder sowohl den Schenker reichen (vgl. Art. 129 DBG Abs. 1 lit. a DBG; als auch den Beschenkten in die Pflicht für die Art. 45 lit. a StHG). Von der Meldeplicht erfasst Anzeige der jeweiligen Schenkung41. sind sämtliche Stiftungen, also auch solche, die wegen Gemeinnützigkeit von den Steuern be- 5 Schlussfolgerungen aus freit sind37. Zu melden sind die den Begünstigten Sicht der Stiftungen erbrachten Leistungen wie unter anderem Kunst- und Kulturpreise sowie Stipendien38. Stiftungen haben unter Umständen einen Ein- Die Bescheinigungen sind grundsätzlich der Ver- fluss auf die steuerliche Behandlung ihrer Leis- anlagungsbehörde jenes Kantons einzureichen, tungen an Künstler. Dies hängt davon ab, wie der für die Veranlagung der steuerpflichtigen der Stifter oder die Stifterin die Preise bzw. Bei- Person zuständig ist39. Im vorliegenden Kontext träge in der Stiftungsurkunde ausgestaltet hat. ist dies dann schwierig, wenn fraglich ist, ob ein Wurde der Stiftungszweck sehr allgemein bzw. Einkommen oder eine Schenkung vorliegt. offen formuliert, kann der Stiftungsrat durch die M. E. erfüllt eine Stiftung ihre Meldepflicht des- nähere Ausgestaltung des Zwecks und des darin halb, wenn sie die Bescheinigung der Veranla- statuierten Preises Einfluss auf die steuerliche gungsbehörde ihres Sitzkantons einreicht40. Behandlung nehmen. Zielt der Preis auf die all- Dem Begünstigten, also etwa dem Preisträger, ist gemeine Anerkennung eines künstlerischen ein Doppel der Bescheinigung zuzustellen (vgl. Werks oder Schaffens ab, greift die Schenkungs- Art. 129 Abs. 2 StGB). steuer. Geht es mehr um die Ermöglichung bzw. Diese Melde- bzw. Bescheinigungspflicht greift Finanzierung eines konkreten Werks oder Pro- m. E. nur dann, wenn die Stiftungsleistungen jekts, wird die Einkommenssteuer zur Anwen- steuerrechtlich als Einkommen einzustufen dung gelangen, es sei denn, es handle sich um 32 Vgl. RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, 2. Nutzung einer Wohnung (inkl. Arbeitsräumen) sowie Auflage, Zürich 2009, Art. 24 N 77. Siehe auch St. Galler einen Reise- und Lebenskostenzuschuss beinhalten. Steuerbuch StB 29 Nr. 1 «Stipendien und Studiendarle- 37 Vgl. ZWEIFEL in: Kommentar zum Schweizerischen hen» vom 1. Juli 2011. Steuerrecht I/1 Art. 45 StHG N 3. 33 Vgl. Entscheid der Steuerrekurskommission IV des Kan- 38 Vgl. ZWEIFEL/CASANOVA, Schweizerisches Steuerverfah- tons Zürich vom 21. Februar 1990, publ. in: StE 1990 rensrecht, Zürich 2008, § 18 Rz. 34. B 28 Nr. 2. 39 Vgl. RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, 34 Vgl. OBERSON/MARAIA, Der Fiskus und die Kunst, in: 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 129 N 6. MOSIMANN/RENOLD/ RASCHER (HRSG.), Kultur 40 Nach RICHNER ET AL. erfolgt in diesem Fall eine Kunst Recht, Basel 2009, S. 957. Weiterleitung an die zuständige Veranlagungsbehörde; 35 Bekanntmachungsleistungen von oder an gemeinnüt- vgl. RICHNER ET AL., Handkommentar zum DBG, zige Organisationen sind aber von der Mehrwertsteuer 2. Auflage, Zürich 2009, Art. 129 N 6. ausgenommen (vgl. Art. 21 Abs. 2 Ziff. 27 MWSTG). 41 Vgl. ESTV, Dossier Steuerinformationen, Die Erbschafts- 36 Bekannt sind z. B. die Atelierstipendien der Landis&Gyr und Schenkungssteuern, Bern 2013, S. 41. Stiftung in London und Zug, welche die unentgeltliche Nr. 4/2014 Seite 259
STEUERN AUF STIFTUNGSPREISEN steuerfreie Unterstützungsleistungen zur Be- Weiter sollte die Stiftung beachten, dass gewisse streitung des notwendigen Lebensunterhalts. Kantone Bestimmungen vorsehen, wonach der Die ausgezeichneten Künstler stehen vor der Schenker, also die Stiftung, solidarisch mit dem Entscheidung, ob sie ihren Preis als Einkom- Beschenkten, also dem Künstler, für die Steuer men deklarieren oder als Schenkung anzeigen. haftet42. Damit besteht zumindest theoretisch Stiftungen, die Kunst- und Kulturpreise ausrich- ein Risiko, dass eine Stiftung in Anspruch ge- ten, tun gut daran, die schenkungssteuerlichen nommen wird, falls der beschenkte Künstler sei- Freibetrags- und Abzugsregelungen zu prüfen, be- ner Steuerpflicht nicht nachkommt. vor sie die Höhe ihrer Preise festsetzen. Es ergibt keinen Sinn, einen Preis von CHF 12 000.– auszu- richten, wenn Schenkungen bis CHF 10 000.– steuerfrei sind. Je nach Sitz der Stiftung werden 42 Vgl. die Übersicht in: ESTV, Dossier Steuerinformatio- ihre Preise nicht von einer Schenkungssteuer er- nen, Die Erbschafts- und Schenkungssteuern, Bern fasst und können vom Künstler steuerfrei verein- 2013, S. 12; zum Teil besteht die Solidarhaftung nur, nahmt werden (Kantone Luzern und Schwyz). wenn der Beschenkte Wohnsitz im Ausland hat. Nr. 4/2014 Seite 260
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