Stigma bei Hepatitis - Stigma die "zweite Erkrankung" - HIV im ...

 
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Stigma bei Hepatitis - Stigma die "zweite Erkrankung" - HIV im ...
Stigma bei
Hepatitis – Stigma
die “zweite
Erkrankung“
Stigma bei Hepatitis - Stigma die "zweite Erkrankung" - HIV im ...
20. HIV IM DIALOG-Kongress

    Stigma bei Hepatitis –
Stigma die “zweite Erkrankung“

             Uwe Naumann / Berlin
Stigma bei Hepatitis - Stigma die "zweite Erkrankung" - HIV im ...
Hepatitis C: Epidemiologie in Deutschland
         • Hohe Dunkelziffer bei Hepatitis C in Deutschland!
         • 300.000 chronische HCV-Patienten1
         • 100.000 diagnostizierte Patienten2

•   1 Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 15; http://www.rki.de/EN/Content/Health_Monitoring/Health_Reporting/Booklets/hepatitis_c_inhalt.html?nn=2376752 2
    Cornberg M, et al. Liver Int. 2011 Jul; 31 Suppl 2: 30 – 60. doi:101111/j.1478-3231-2011-02539.x.
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HCV-Infektion: Übertragungswege

• Das Hepatitis C-Virus wird von Mensch zu Mensch überwiegend über Blut
  übertragen.

• Das Hepatitis C-Virus ist auch in anderen Körperflüssigkeiten nachweisbar.
  Spielt für den Übertragungsweg aber nur eine untergeordnete Rolle.

• Vor der Einführung von wirksamen Verfahren zur Überwachung von
  Blutprodukten wurde das Virus sehr häufig durch Bluttransfusionen und
  kontaminierte Blutprodukte verbreitet. ( vor 1992 )
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HCV-Infektion: Übertragungswege

       Keine Übertragung möglich durch….
      • Husten oder Niesen
      • gemeinsame Benutzung von Geschirr oder Besteck
      • normale soziale Kontakte
      • durch Lebensmittel oder Wasser (soweit kein direkter
        Blutkontakt)
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HCV – Übertragungswege:

      Centers for Disease control and prevention – CDC
      2013
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Übertragungswege der übermittelten Hepatitis-C-Erstdiagnosen
2017 nach Referenzdefinition (n = 4.797)

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Verlauf einer HCV-Infektion
          • Wahrscheinlichkeit des Auftretens

•   Modifiziert nach: Lauer GM and Walker BD. N Engl J Med 2001; 345: 41 – 52
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HCV – eine Infektion, die Auswirkungen auf den
                                             gesamten Körper hat
      • 27% aller Leberzirrhosen sowie 25 % aller Leberzellkarzinome sind
        auf eine HCV-Infektion zurückzuführen1 – Tendenz steigend.2
      • Hoher medizinischer Bedarf bei Substitutionspatienten.
       In Deutschland sind derzeit bis zu
         80% der i. v. Drogenkonsumenten
         Anti-HCV positiv.3
       Die HCV-Infektionsrate ist bei i. v.
         Drogenkonsumenten 10 x höher
         als die HIV-Infektionsrate.4
       40% -74% der HCV-infizierten
         Patienten entwickeln mindestens
         eine extrahepatische Manifestation
         im Verlauf ihrer Erkrankung.5
1 Robert Koch Institut, Epidemiolog. Bulletin 30/2013 2 Rein DB et al, Dig Liver Dis. 2011: 43 (1) 66–72 3 Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 15, Robert Koch-Institut, 2003 4 Page K et al, Clin Infect Dis. 2013; 57 (suppl 2): 32–38 5
Ali A and Zein NN. Cleve Clin J Med. 2005; 72 (11): 1005–1008, 1010–1014, 1016 passim 6 Modifiziert nach Ali A and Zein NN. Cleve Clin J Med. 2005; 72 (11): 1005–1008, 1010–1014, 1016 passim. 7 Jacobson IM et al. Clinical
Gastroenterology and Hepatology 2010 8 (12): 1017–1029 8 Isaacs D et al. Hepatitis Research and Treatment 2013; Article ID 910519
Behandlungsrate ist niedrig unter PWIDS - Warum ?

                                   Vorurteile bei der Behandlung
                                   von PWID
                                   mit HCV
                                       • Niedrige Adhärenz
                                       • Hohes Reinfektionsrisiko
                                       • Hohe Komorbidität
                                       • Niedrige SVR Raten

                                    SVR: sustained virological response
                                 Grebely J, Dore GJ. Antiviral Res 2014;62–72
                                                                                10
HEPATITIS C IST HEILBAR – UNABHÄNGIG VON DEN
BASELINE-CHARAKTERISTIKA
  • Mit pangenotypisch wirksamen, direkt-antiviralen Therapien (DAA)
    können Heilungsraten von über 95 % erreicht werden1

  PATIENTENCHARAKTERISTIKA
                                                         SVR12
  IN KLINISCHEN STUDIEN
               Genotypen
               • GT1        • GT3      • GT5
               • GT2        • GT4      • GT6
               Patienten
               • Therapienaiv

                                                        ≥ 95 %
               • Therapieerfahren
               • Ohne und mit Zirrhose
                 (komp,/dekomp.)
               • Komorbiditäten (Adipositas, Insulin-
                 resistenz, Metabolisches Syndrom,
                 Herz-Kreislauf-Erkrankung, Diabetes,
                 Depression/bipolare Störung)

               Therapiedauer
               • i.d.R. 8–12 Wochen

                Applikation
                • 1x tägliche orale Gabe

1) Sarrazin C et al. 2010
VIELEN DANK
FÜR IHRE AUFMERKSAMKEIT

        Uwe Naumann / Berlin
         www.ubn-praxis.de
Frühere Ursachen für
       Diskriminierung
der Patienten mit Hepatitis C
                  Jörg Gölz
      Praxiszentrum Kaiserdamm Berlin
Wichtigste zeitgeschichtliche Ursache:
HIV überdeckte alles andere
• 1982 Beginn der AIDS-Epidemie, ab 1984 mit HIV-Test gesichert
  dort alle Aufmerksamkeit, da auch die Heterosexuellen betroffen
  waren
• HCV-Infektion nicht diagnostizierbar: „Non A / Non B „
  1990 war Diagnose der Hepatitis C durch Bluttest möglich
• HIV war von 1982 bis 1996 häufig tödlich
• HCV-Infektion führte erst nach Jahrzehnten
  bei 20 -30 % zum Tod durch Leberzirrhose
• Ab 1990 waren neue HCV-Infizierte fast nur noch IVDU, Schwule,
  Migranten
  Keine neuen Transfusionspatienten durch HCV-Test bei Blutspendern,
  also keine Gefahr für normale heterosexuelle Bevölkerung
Art der Ansteckung mit HCV:
medizinischer oder unmoralischem Grund
• HCV-Hilfsorganisationen waren nur für die HCV-Infizierten zuständig,
  die sich vor 1990 durch Blutprodukte angesteckt hatten
  (Hämophile, Transfusion, Dialyse-Patienten)
  und nicht durch diskriminierte Lebensstile ( needle sharing,
  Analverkehr)
• Kooperation der kommunalen und staatlichen Stellen nur für die vor
  1990 Angesteckten
• Änderung:
• - ab 1987 durch Opiatsubstitution Diagnose und Therapie für IVDU
• ab 2000 Aktivitäten der AIDS-Hilfen gegen HCV
Ärztliche Skepsis wegen medizinischer
und sozialer Kontraindikationen bei IVDU
• Viele substituierende Ärzte machten keine HIV-/HCV-Diagnostik
• ärztliche Zweifel ob Therapie mit IFN/RBV bei Nebenwirkungen
  durchgehalten wird, vor allem starke Entzugssymptome durch IFN
• 30 Kontraindikationen der HCV-Therapie mit IFN/RBV durch häufige
  Erkrankungen bei IVDU
• Soziale Kontraindikationen: Obdachlosigkeit, Berufliche
  Rehabilitation, Schwangerschaft, drohender Strafantritt
Wirtschaftliche Ursachen:
Kosten und Krankenkassen
• Kosten 24 - 48 Wochen PegIFN/RBV          12 000 - 20 000.-€
• Kosten 8-12 Wochen mit 2 DAA              30 000 - 80 000.-€
 Argumente von Krankenkassen 2013 in Berlin:

• „ Lohnt sich der finanzielle Aufwand überhaupt, die meisten IVDU sterben
    doch sowieso lange vor der Zirrhose an anderen Krankheiten oder
    Unfällen“
• „ Aber wie passen sie auf, dass die Patienten diese Rezepte nicht an
    kriminelle Apotheker oder Rezepthändler verkaufen?“
• „ Erlaubnis nur für Ärzte, die schon mindestens 30 Drogenpatienten
    mit IFN/RBV behandelt haben.
Stigma bei HCV
 Patientenperspektive
Definition1:
         • Es beschreibt einen Prozess, bei dem Menschen andere
         Individuen oder Gruppen in eine bestimmte (negative
         bewertete) Kategorie einordnen. Dies geschieht durch
         Zuschreiben von diskreditierbaren Merkmalen und
Stigma   Eigenschaften oder durch Herabwürdigen bereits
         vorhandener (sichtbarer) Merkmale und Eigenschaften.
         • Stigmatisierung ist aus dem Altgriechischen über das
         Substantiv Stigma (Stich, Wundmal) herzuleiten.

         1   Duden
Unterscheidung   Fremdstigmatisierung vs. Selbststigmatisierung
• Medizinischer Sektor (u.a. Zahnarzt,
                    Gynäkologe, Krankenhaus)
                  • Beruflicher Sektor (u.a. Zwangsversetzungen,
                    Einzelbüros, Meidung von Kundenkontakt)
      Orte der    • Finanzieller Sektor (u.a. Bank / Kredit,
Stigmatisierung     Lebensversicherung)
                  • Sozialer Sektor (u.a. Familie, Freunde, Verein,
                    Sport)
Charakteristika, die die Stigmatisierung eines
Merkmals wahrscheinlich machen
• Wahrnehmung, dass der Träger für die eigene Erkrankung
  verantwortlich ist
• Wahrnehmung der Krankheit als tödlich oder degenerativ
• Wahrnehmung der Krankheit als ansteckend
• Vorhandensein körperlicher Veränderungen, die sichtbar sind
  und als unangenehm wahrgenommen werden.

                                                Herek (1999)
Äußere Folgen = Public Stigma

• Statusverlust des Stigmatisierten
• Betroffene werden strukturell oder unmittelbar
  benachteiligt und abgewertet
• Diskriminierung
  • am Arbeitsplatz & bei Wohnungssuche
  • betrifft auch Angehörige
  • Distanzierung des Umfeldes
  • Erschwerter Zugang zu Behandlung
Innere Folgen = Self Stigma
• Verinnerlichung der Zuschreibungen
• Beeinträchtigung des Selbstwertes
• Stigmamanagement durch Geheimhaltung
• Sozialer Rückzug
   • Schutz vor Diskreditierung
   • Verringerung sozialer Ressourcen
• Labelling Approach
   • erst das Stigma “erzeugt” die “merkwürdigen”
     Eigenschaften
internalisiertes Stigma

wahrgenommenes Stigma

erlebte Diskriminierung

                 Diskriminierung   Depressivität

 negativen Effekt
 auf die Gesundheits-
 entwicklung

                                              Vanable et al. 2006
                                              Rao et al. 2012
                                              Vierneisel 2012
“Zweite Erkrankung” (Asmus Finzen 2013)
Verschlimmerung der Erkrankung durch:
• Scham, ärztliche Hilfe in Anspruch zu nehmen
• Angst, durch Behandlung stigmatisiert zu werden
• Erschwerten Zugang und geringere Compliance
• Zusätzliche soziale Belastungen
• Fehlende soziale Ressourcen
Wie sollte man
Stigmatisierung
    begegnen?
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