STRATEGIE RESSOURCENEFFIZIENZ - IMPULSE FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN UND ÖKONOMISCHEN UMBAU DER INDUSTRIE-GESELLSCHAFT - BMU
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Umwelt und Innovation Strategie RESSOURCENEFFIZIENZ Impulse für den ökologischen und ökonomischen umbau der Industrie- gesellschaft Arbeitspapier für die zweite Innovationskonferenz Foto: © BMU / Rupert Oberhäuser des Bundesumweltministeriums Ressourceneffizienz – Strategie für Umwelt und Wirtschaft Berlin, 31. Oktober 2007
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Oktober 2007
Inhaltsverzeichnis Einleitung 4 1. Der globale Hunger nach Energie und Rohstoffen 5 2. Herausforderung und Chance für Deutschland 7 3. Strategie Ressourceneffizienz 9 4. Der Umbau der Industriegesellschaft 10 4.1 Der Staat als Pionier und Impulsgeber 10 4.2 Das effiziente Unternehmen – Stellschrauben für die Wirtschaft 13 5. Für eine ressourceneffiziente und umweltverträgliche Ökonomie 19 10 Thesen
Einleitung 1 Wachsende Verkehre, der weltweite Hunger nach Die Steigerung der Energie- und Materialeffizienz bil- Energie, die globale Ausweitung der industriellen det gerade für Deutschland das Herzstück einer dop- Massenproduktion und der ökonomische Aufholpro- pelten Modernisierungsstrategie. Sie trägt dazu bei, zess der bevölkerungsreichen Schwellenländer sowie dass wir unsere Industrien und Lebensweisen an die die steigende Nachfrage einer wachsenden Weltbe- ökologischen Herausforderungen anpassen, indem völkerung nach Gütern und Dienstleistungen sind zu wir ressourcenschonend produzieren, das Klima bes- einer Bedrohung des Weltklimas geworden. Niemand ser schützen und die Umwelt schonen. Aber sie ist stellt ernsthaft mehr in Frage, dass es gelingen muss, auch eine Antwort auf die neuen ökonomischen den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen Herausforderungen: explodierende Preise und wach- drastisch zu vermindern und die grassierende Um- sende Konkurrenz um knappe Rohstoffe. Für Deutsch- weltverschmutzung einzudämmen. Die Art und Wei- land wird die Strategie Ressourceneffizienz wirt- se wie wir produzieren und konsumieren setzt aber schaftlich zur Nagelprobe. Schaffen wir es, unsere nicht nur unser Ökosystem schweren Belastungen industriellen Strukturen rechtzeitig zukunftsfähig aus, auch unsere Wirtschaft und unsere sozialen Sys- umzubauen? Das Potenzial dazu haben wir, auch teme bleiben vom vorherrschenden Umgang mit den wenn es oft unerkannt in den Betrieben schlum- natürlichen Ressourcen und von der wachsenden mert. Die Strategie Ressourceneffizienz liefert uns Nachfrage nach Energie und Rohstoffen nicht unbe- das Know-how und die innovativen Produkte, die wir rührt. Diese werden knapp und immer teurer. brauchen, um uns in der sich verändernden, globali- sierten Welt und in einer neuen internationalen Ökonomische, ökologische und soziale Aspekte ha- Arbeitsteilung behaupten zu können. Als Lieferant ben sich in der Ressourcenfrage längst untrennbar von (öko-)effizienten Technologien und als globaler ineinander verwoben. Wie wir produzieren – das ist Umwelt- und Effizienztechniker kann Deutschland zu einer existentiellen Menschheitsfrage geworden. von den großen Herausforderungen sogar wirtschaft- Wie machen wir mehr aus weniger und zwar so, dass lich profitieren. Neues Wachstum ist so möglich. wir unsere Lebensgrundlagen nicht unwiderruflich Neues Wachstum mit viel weniger Ressourcenver- schädigen? Das ist die große Herausforderung, vor brauch. der wir heute stehen. Die Steigerung der Energie- und Materialeffizienz muss deshalb ins Zentrum der politischen Aufmerksamkeit, ins Zentrum der wirt- schaftlichen Prozesse und ins Zentrum der wissen- schaftlichen Forschung gerückt werden. Wenn wir wollen, dass alle Menschen auf diesem Planeten ein gutes, menschenwürdiges Leben haben, dann ist die Steigerung der Ressourceneffizienz eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Wir brauchen ein neues Modell wirtschaftlicher Entwicklung – natio- nal und international. Politik, Wirtschaft, Wissen- schaft und Gesellschaft müssen dazu beitragen. 1 Dieses Papier basiert auf einem Arbeitspapier des Wuppertal Insti- tuts für die Konferenz des Bundesumweltministeriums „Ressourcen- effizienz – Strategie für Umwelt und Wirtschaft“, am 31. Oktober 2007 in Berlin. Vgl. Kora Kristof / Christa Liedtke / Thomas Lemken: Strategie Ressourceneffizienz. Impulse für den ökologischen und Wachstumsrate des globalen Bruttoinlandsproduktes ökonomischen Umbau der Industriegesellschaft. Wuppertal Institut, Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten für ausgewählte Länder und Regionen Wuppertal 2007.
1. Der globale Hunger nach Energie und Rohstoffen Der weltweite Materialverbrauch hat sich bereits in hernd verdoppeln wird. Die Ausweitung der Nachfra- den vergangenen 30 Jahren enorm gesteigert, insbe- ge wird auch vorangetrieben vom Anstieg der Welt- sondere bei den Industrierohstoffen wie Rohöl, Stein- bevölkerung. Heute leben rund sechs Milliarden kohle, Stahl, Aluminium oder Kupfer. In jüngerer Zeit Menschen auf der Erde. 2050 werden es über 9 Milli- sorgt vor allem der Industrialisierungsprozess der arden sein und immer mehr Menschen davon leben Schwellenländer für eine sich stark beschleunigende in Städten und/oder in Industriegesellschaften. Erst- Verbrauchsdynamik. China hat beispielsweise in den mals in der Geschichte siedelt jetzt mehr als die Hälf- letzten drei Jahrzehnten den Energieverbrauch ver- te der Weltbevölkerung in Städten. Im Jahr 2020 wer- sechsfacht. Bereits heute verbraucht das Reich der den es bereits 60 Prozent sein. Und aus 1,4 Milliarden Mitte ein Achtel der globalen Energie, ein Viertel des Menschen, die in Industriegesellschaften leben, wer- weltweit produzierten Stahls und knapp die Hälfte den bis 2050 über 4 Milliarden werden. des Zementes. Vor allem das Anwachsen der kaufkräftigen Mittel- Die Nachfrage nach Ressourcen wird sich in den kom- schichten, die sich in ihrem Konsumverhalten an ih- menden Jahren noch erheblich intensivieren, denn ren „westlichen Vorbildern“ orientieren, schlägt un- das Wachstum der Weltwirtschaft wird anhalten. mittelbar auf den Energie- und Ressourcenverbrauch Prognosen gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft durch. Schaubild 1 illustriert, dass die Konsumenten- bis 2030 im Schnitt jährlich um drei Prozentpunkte klasse im Jahr 2002 in vielen Ländern die dominie- wächst und sich das Bruttosozialprodukt innerhalb rende Bevölkerungsschicht ausmachte. der kommenden 25 Jahre auf 60 Billionen Euro annä- 1. Die Top 10-Länder mit kaufkräftiger Konsumentenklasse im Jahr 2002 250 200 Zahl der Verbraucher in Mio. Anteil an der Bevölkerung in Prozent 150 100 50 0 Brasilien USA China Indien Japan Deutschland Russland Frankreich Italien Großbritannien Konsumentenklasse definiert ab einem verfügbaren Jahreseinkommen von 7.000 US$ (auf $-Basis 1995) Quelle: Worlwatch Institut. State of the World 2004, New York/London 2004, S.7.
Zugleich macht das Diagramm deutlich, dass gerade die wirtschaftliche Entwicklung in ärmeren Ländern in den Schwellenländern das zu erwartende prozen- zunehmend unmöglich, da Rohölimporte dort bis zu tuale Anwachsen der kaufkräftigen Konsumenten 80 Prozent der Devisen kosten. Die Ölpreissteigerun- erhebliche Auswirkungen auf die Nachfrage nach Res- gen des Jahres 2004 fraßen bereits die Summe der sourcen haben wird. Die internationale Investment- geleisteten Entwicklungshilfe auf. Das ist schlechter- bank Goldman Sachs rechnet in den so genannten dings unmoralisch und ungerecht. Der Pro-Kopf-Ver- BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) brauch an natürlichen Ressourcen von uns Mitteleu- mit einer Verdopplung der Mittelschichten bereits in ropäern ist rund 10 mal höher als der von Afrikanern den kommenden drei Jahren und prognostiziert eine oder Vietnamesen. Und die ökologischen Kosten un- Vervierfachung für die vor uns liegende Dekade. Bis seres Wohlstandes externalisieren wir, indem die west- 2050 wird die Mittelschicht in den BRIC-Staaten von lichen Industriestaaten 80 Prozent der Wertschöpfung heute weniger als einer halben Milliarde Menschen und nur 20 Prozent der ökologischen Folgewirkungen auf über 3 Milliarden angewachsen sein.2 China, so auf sich vereinen, während die Entwicklungs- und Goldman Sachs, werde beispielsweise bereits in weni- Schwellenländer 80 Prozent der ökologischen Folge- ger als 20 Jahren die USA als Autoland mit einem wirkungen schultern müssen und nur 20 Prozent der Bestand an Fahrzeugen von rund 200 Millionen über- globalen Wertschöpfung für sich verbuchen können. flügeln. Die Welt steht am Scheideweg: Entweder es gelingt, Bereits diese Zahlen illustrieren das Ausmaß der He- mit den vorhandenen Ressourcen die wachsenden rausforderung. Der weltweite Hunger nach Energie Bedürfnisse zu befriedigen und zwar so, dass dies un- und nach Rohstoffen ist unermesslich, aber die öko- sere natürliche Umwelt nicht irreversibel schädigt logische Belastbarkeit unseres Ökosystems ist schon oder aber der Menschheit steht eine unsichere und heute erreicht. Sollte es nicht gelingen, energie- und düstere Zukunft bevor. Eine Zukunft, in der beim rohstoffeffizienter zu produzieren und konsumieren, „Weltkrieg um Wohlstand“ (Der Spiegel) Arm gegen bräuchten wir nach Berechnungen des Wuppertal In- Reich, Nord gegen Süd, Ost gegen West und letztlich stituts mehr als drei Planeten, um den Ressourcenver- jede und jeder gegen jede und jeden um Entwick- brauch der Weltbevölkerung im Jahr 2050 zu decken. lungschancen und wirtschaftliche Prosperität kämpft. Wer sich damit nicht abfinden will, muss sich heute Ein „weiter so wie bisher“ ist schon aus physischen auf die Suche machen nach einem global verallge- Gründen keine Option. Und den künftigen Generati- meinerungsfähigen umweltverträglichen Wachs- onen oder den heute unterentwickelten Regionen tums- und Entwicklungsmodell. dieser Welt ihr Recht auf wirtschaftliche und soziale Entwicklung unter Hinweis auf begrenzte Rohstoffe und die Gefährdung unserer natürlichen Lebens- 2 Goldman Sachs: Global Update on „BRICs: Challenges to Growth in grundlagen zu versagen, ist in keiner Weise zu recht- an Changing World“, Präsentation Oktober 2007. Mittelklasse defi- fertigen. Der steigende Rohölpreis macht schon heute niert als Personen mit einem Einkommen von über 3.000 US-Dollar. 2. Ressourcenbedarf der Welt 2050 ohne zusätzliche Effizienzsteigerungen Globaler Ölverbrauch (in Mrd. t) Weltweite Autoflotte (in Mrd.) Globale Ressourcenextraktion (in Mrd. t) 35 5,0 350 4,5 30 300 4,0 25 3,5 250 20 3,0 200 2,5 15 150 2,0 10 1,5 100 1,0 5 50 0,5 0 0 0 heute 2050 heute 2050 heute 2050 Quelle: Hennicke, Peter F.: Präsentation auf der gemeinsamen Konferenz von BMU und IG Metall „Ressourceneffizienz – Innovation für Umwelt und Arbeit“, Berlin 31. August 2006.
2. Herausforderung und Chance für Deutschland Die Bundesrepublik Deutschland ist von der Ressour- 4. Entnahme abiotischer Rohstoffe und Import cenfrage in vielerlei Hinsicht betroffen. Als Industrie- abiotischer Güter gesellschaft sind wir immer noch in hohem Maße auf die physische Verarbeitung von Rohstoffen angewie- Veränderung 2003 gegenüber 1994 in Tonnen sen. Ein Großteil unserer Wertschöpfung und Beschäf- tigung steht unmittelbar mit dem industriellen Sek- Energieträger und - 52,5 Inländische Entnahmen tor in Zusammenhang. Als rohstoffarmes Land sind Erzeugnisse daraus Importe 61,2 wir dabei vom Import vieler Rohstoffe abhängig (Schaubild 3). Inländische Entnahmen 0,3 Erze und Erzeugnisse daraus Importe 15,8 Im Jahre 2003 belief sich die Menge des insgesamt in der deutschen Volkswirtschaft eingesetzten abiotisch- -167,4 Inländische Entnahmen en 3 Primärmaterials auf 1.342 Mill. Tonnen. Das sind Baustoffe, andere mineralische Roh- - 16,3 Importe rechnerisch 16,3 Tonnen pro Kopf der Bevölkerung, stoffe und Erzeugnisse daraus gut die Hälfte davon Baurohstoffe und einige weitere Quelle: Statistisches Bundesamt 2005 mineralische Rohstoffe, die insbesondere in der Glas- und Keramikindustrie eingesetzt werden. Der Anteil der Energieträger betrug knapp 39 Prozent. Mit rund 5. Abiotisches Primärmaterial nach Herkunft 8 Prozent war der Anteil der Erze und der daraus her- in Millionen Tonnen gestellten Importgüter relativ gering.4 Im Zeitraum von 1994 bis 2003 ging der inländische Einsatz abio- Einfuhr 392 tischen Primärmaterials zwar um 159 Mio. Tonnen zurück, ein Grund für Selbstzufriedenheit ist dies aber 453 nicht. Erstens geht der Rückgang vor allem auf den verminderten Einsatz von Baurohstoffen und anderen Rohstoffentnahme im Inland 1.108 888 3 Dabei handelt es sich um die nicht erneuerbaren Bodenschätze, d. h. die fossilen Energieträger, die Mineralien, wie die insbesondere für Bauzwecke verwendeten Sande, Steine und Erden sowie die Erze. 4 Vgl. dazu: Statistisches Bundesamt, „Energie, Rohstoffe und Umwelt“. 1994 2003 Ergebnisse der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen 2005, Presse- konferenz vom 2. November 2005, Statement von Johann Hahlen. Quelle: Statistisches Bundesamt 2005 3. Übersicht derzeit bekannter Ressourcenbestände 27 17 16 9 7 7 5 Russland 6 Polen Kanada 14 12 19 Ukraine 18 6 Kasachstan USA 27 7 7 16 10 Iran 9 Irak 13 13 6 China 8 Kuwait Saudi-Arabien 21 8 VAE Mexiko 6 10 Indien 8 Jamaika Guinea 30 15 Katar 6 Venezuela 26 Demokratische Rep. Kongo Erdöl Indonesien 7 Gas Kohle Peru 8 6 14 8 Brasilien Uran 23 Botswana Gold Namibia 8 Australien 30 23 16 12 9 9 5 Diamanten Chile 30 Platinmetalle Eisenerz Südafrika 88 14 12 8 5 Bauxit Kupfer 7 Anteil an den Weltreserven in % Wuppertal Institut auf Basis Der Spiegel 2006
wertes aus. Sektoren, die in besonderem Maße von 6. Entwicklung der Energieimportquote Rohstoffpreisen abhängig sind, sind beispielsweise 100 die Automobil-, die Maschinenbauindustrie und die in Prozent 76,3 76,6 Nahrungsmittelindustrie. In diesen Branchen betru- 80 gen die Materialkosten im Jahr 2005 jeweils 52,6 Pro- 61 60 zent, 42,2 Prozent und 51,9 Prozent.5 Nicht nur hohe, auch stark schwankende Rohstoffpreise erhöhen den 40 Handlungsdruck in den Unternehmen zum Kosten- controlling, zu ressourcensparenden Innovationen 20 und zur Substitution von Rohstoffen – sei es durch 0 Know-how oder den Ersatz endlicher Wertstoffe durch 1990 2000 2003 nachwachsende Rohstoffe. In der Vergangenheit Anteil des Energieimportes am Energieaufkommen wurden die Produktivitätszuwächse vor allem als Zu- Quelle: Statistisches Bundesamt 2002 wachs der Arbeitsproduktivität organisiert. Der Um- gang mit Material und Energie bildet aber einen mineralischen Rohstoffen zurück (Schaubild 4) und wichtigen Hebel, dessen Möglichkeiten für eine Stei- er sagt noch nichts über eine abnehmende Abhän- gerung der Produktivität bisher zuwenig ausgeschöpft gigkeit von Importen aus. Tatsächlich ist bei verbes- wurde. Das Potenzial für Produktivitätssteigerungen serter gesamtwirtschaftlicher Rohstoffproduktivität ist enorm (Schaubild 8). die Einfuhr von Rohstoffen sowie Halb- und Fertigwa- ren um 61 Mio. Tonnen auf 453 Mio. Tonnen (d.h. Durch die Erschließung der Kostensenkungspotenzi- um 15,5 Prozent) gestiegen (Schaubild 5). Konkret be- ale im Ressourcenverbrauch verbessert sich die finan- deutet dies auch, dass die inländische Natur zwar zu- zielle Performance und die Wettbewerbsfähigkeit der nehmend geschont wurde, Umweltbelastungen, so- Unternehmen auf den Inlands- und Auslandsmärk- weit sie sich auf die Entnahme von Rohstoffen und ten. Kostensenkungen durch eine optimale Nutzung die Weiterverarbeitung zu Halb- und Fertigwaren be- der eingesetzten natürlichen Ressourcen sind damit ziehen, aber ins Ausland verlagert wurden. Neben Schlüsselkonzepte auf dem Weg zu nachhaltigem der gesteigerten Einfuhr von Rohstoffen haben sich Wirtschaften in ökonomischer, sozialer und ökologi- auch die Energieimporte in den vergangenen Jahren scher Hinsicht. Weil auch die übrige Welt gezwungen kräftig nach oben entwickelt (Schaubild 6). Deutlich ist, auf ressourcensparende Technologien zu setzen, wird: Steigende Preise für Energie und Rohstoffe las- ist die Investition in die ressourcensparende Optimie- sen den Industriestandort Deutschland und unsere rung von Produktionsprozessen und die Entwicklung Wettbewerbsfähigkeit nicht unberührt. ökoeffizienter Technologien zugleich eine Moderni- sierungsstrategie, die auf die gezielte Erschließung Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes be- wichtiger Zukunftsmärkte auch im Ausland zielt. trägt in Deutschland der durchschnittliche Material- Die Unternehmensberater von Roland Berger sehen verbrauch rund 40 Prozent des Bruttoproduktions- mit den Umwelttechnologien bereits eine neue Leit- wertes der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe, industrie in Deutschland entstehen, die schon in während die Lohnkosten nur rund 25 Prozent aus- wenigen Jahren den Fahrzeug- und Maschinenbau machen (Schaubild 7). In etlichen unserer industriel- len Kernbereiche machen die Kosten des Materials aber schon mehr als die Hälfte des Bruttoproduktions- 5 Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2007; Wiesbaden. 7. Kostenverteilung im verarbeitenden Gewerbe 8. Entwicklung der Produktivitäten im verarbeitenden Gewerbe 400 350 Entwicklung vs. 1960=100 300 32% 40% 250 Arbeitsproduktivität 200 150 Materialproduktivität Material Energieproduktivität 3% 100 Lohn 25% Energie 50 Sonstiges 0 1960 1970 1980 1990 2000 Quelle: Statistisches Bundesamt 2005 Quelle: Statistisches Bundesamt 2002
in Deutschland an Umsatz überholt haben könnte. 9. Umsatzprognose Umwelttechnologien Deutschland Ihr Anteil am Umsatz aller Wirtschaftsbereiche, so Millionen Euro prognostizieren sie, wird von 4 Prozent in 2005 auf 16 Prozent in 2030 steigen. Schon heute ist die Bun- 1.000 Umwelttechnologien desrepublik mit einem Anteil von rund 19 Prozent am CAGR 8% Weltmarkt Exportweltmeister bei der Umwelttechno- 570 Fahrzeugbau logie. Wir haben also die besten Voraussetzungen, 280 CAGR 3% um uns als Technologieführer und als „first mover“ 170 290 Maschinenbau auch künftig im internationalen Wettbewerb eine 150 CAGR 2% führende Rolle zu sichern. 2005 2010p 2015p 2020p 2025p 2030p Quelle: Prognos 2006, Roland Berger 3. Strategie Ressourceneffizienz Eine Zukunft der industriellen Produktion in Deutsch- allen untersuchten Ländern eine relative Abkoppelung land und für neues Wachstum gibt es nur, wenn es von Ressourcen- und Materialeinsatz vom Wirtschafts- gelingt, die Rohstoff- und Energieeffizienz zu steigern. wachstum stattfindet, allerdings mit unterschiedlicher Das Ziel: Ressourcenverbrauch und Wachstum ent- Geschwindigkeit.6 Eine absolute Verminderung des koppeln und den Materialeinsatz auch in absoluten Ressourcenverbrauchs ist jedoch bislang nur in ganz Zahlen senken. Wer allein darauf setzt, den Zugang wenigen Ausnahmefällen festzustellen. Die Unter- zu Rohstoffen zu sichern, mag kurzfristig die Interes- schiede zwischen den Ländern, insbesondere inner- sen des Industriestandortes bedienen, eine Strategie halb der EU (die Materialeffizienz der neuen Mit- für die Zukunft ist damit nicht verbunden. Denn es gliedsländer liegt in etwa um den Faktor 4 bis 5 bietet keinen Ausweg aus dem strukturellen Dilem- niedriger als in der EU-15) sind beträchtlich. Für einen ma, dass die Ressourcen dieser Erde begrenzt sind wirklichen Effizienzdurchbruch brauchen wir einen und die Nachfrage nach ihnen immer weiter steigen umfassenden technologischen Fortschritt. Blaupausen wird. Wir sollten uns nicht in Verteilungskonflikten für ressourcenintelligentere Produkte sind vielfach einrichten, sondern versuchen, diese zu überwinden. vorhanden, es mangelt häufig „nur“ an der Umset- 6 Bringezu, Stefan / Schütz, Helmut / Steger, Sören / Baudisch, J., Mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 hat International comparison of resource use and its relation to econo- die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt mic growth: the development of total material requirment, direct in die richtige Richtung getan. Dort ist das Ziel fest- material inputs and hidden flows and the structure of TMR; In: Ecolo- gical economics, 51/2004, 1/2, S. 97-124 gelegt, bis 2020 eine Verdopplung der Rohstoffpro- duktivität gegenüber 1994 und der Energieprodukti- vität gegenüber 1990 zu erreichen. Wo stehen wir 10. Energieproduktivität aktuell auf dem Weg zu diesen Zielen? Zwischen 1990 und 2006 hat sich die Energieproduktivität um Index (1990=100) durchschnittliche jährliche Zuwachsrate knapp 31 Prozent in Deutschland erhöht. Die Roh- stoffproduktivität stieg zwischen 1994 und 2006 um Ist: 1990-2004 2,0 33,5 Prozent. Das klingt gut, ist aber angesichts von Ist: 2000-2004 0,8 16 bzw. 12 verstrichenen und nur noch 14 verblei- benden Jahren für die angestrebten Verdopplungen Soll: 2004-2020 4,5 viel zu wenig (Schaubilder 10 und 11). 0 1 2 3 4 5 Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in diesem Zeitraum 11. Rohstoffproduktivität um 16 Prozent, der Materialeinsatz ging nur um 13 Prozent zurück. Ernüchterndes Fazit im Jahre 2007: Index (1994=100) durchschnittliche jährliche Zuwachsrate Wenn wir die Energieeffizienz und Materialeffizienz Ist: 1994-2004 2,9 nicht radikal steigern, werden wir die Ziele der Nach- haltigkeitsstrategie nicht erreichen. Und im Sinne der Ist: 2000-2004 2,4 hier skizzierten Herausforderungen müssen wir nicht nur bei der relativen Entkoppelung von Wirtschafts- Soll: 2004-2020 4,4 wachstum und Ressourcenverbrauch Fortschritte 0 1 2 3 4 5 machen, sondern auch mit Blick auf die absolute Ab- Soll: notwendige jährliche Veränderung für die Erreichung des Ziels senkung des Energie- und Materialeinsatzes. Interna- Ist: durchschnittliche jährliche Veränderung in der Vergangenheit tional vergleichende Analysen haben gezeigt, dass in Quelle: Statistisches Bundesamt 2005
zung oder daran, die Prototypen auch auf den Markt streben und realisieren. Nur so sichern wir die Grund- zu bringen. Aber selbst eine verbesserte Umsetzung lagen unserer Wettbewerbsfähigkeit. Dazu kann die wird nicht reichen. Notwendig sind regelrecht „revo- Politik beitragen, aber sie kann die industrielle Revo- lutionäre“ Technologiesprünge in industriellen Kern- lution, die wir brauchen, nicht verordnen. Gelingen bereichen. Statt Energie aus fossilen Rohstoffen zu ge- kann der Umbau der Industriegesellschaft nur als winnen, brauchen wir mehr erneuerbare Energien gemeinsame Kraftanstrengung auf allen gesellschaft- und eine höhere Energieeffizienz. In der Chemiein- lichen Ebenen: Wir müssen neue umweltfreundliche dustrie müssen Kohlenstoffverbindungen immer Technologien erfinden und auf den Markt bringen. mehr aus nachwachsenden Rohstoffen bezogen wer- Wir müssen das Produktdesign lebenszyklusweit den. Überhaupt: Die industrielle Produktion muss ressourceneffizient anlegen, Qualitäten sichern und knappe und endliche Ressourcen sukzessive durch Risiken minimieren. Wir müssen unsere Produkti- nachwachsende Rohstoffe ersetzen, allerdings ohne onsprozesse optimieren, innovative energie- und das Problem der Flächenkonkurrenz zu verschärfen. materialsparende Technologien einsetzen und Wert- Und da, wo sie das in absehbarer Zeit nicht kann, wie schöpfungsketten restrukturieren. Wir müssen Re- beispielsweise bei Wolfram oder Indium, müssen cyclingpotenziale erschließen, Arbeitsprozesse und diese Materialien so effizient wie möglich verarbeitet Produktionsabläufe optimieren und in ressourcen- werden. Wir stehen also vor einem radikalen Umbau effizienten Produkt-Dienstleistungs-Systemen denken. der Industriegesellschaft, dem radikalsten Umbau, Wir müssen unseren Lebensstil und unsere Konsum- den eine Ökonomie in einer relativ kurzen Zeitperio- gewohnheiten auf Ressourceneffizienzpotenziale hin de je zu bewältigen hatte. Dieser Umbau bedeutet überprüfen und auch durch sie Innovationen beför- nicht mehr und nicht weniger eine dritte industrielle dern. Revolution. Technologische, organisatorische und gesellschaft- Um die notwendigen Impulse für zusätzliche Effizi- liche Innovationen müssen daher Hand in Hand ge- enzverbesserungsmaßnahmen zu verstärken und hen. Schon heute zeigen viele Praxisbeispiele, dass eine messbare Überprüfung der Zielerreichung zu das möglich ist.7 Und sie belegen auch, dass sich gewährleisten, sind klare Ziele, Indikatoren und Per- dieses mit ökonomischem Erfolg verknüpfen lässt spektiven unerlässlich. Eine Verdoppelung der Effizi- und nachhaltige Zukunftsmärkte im Bereich Ressour- enz (Faktor 2) stellt aus ökologischen wie ökonomi- ceneffizienz und nachwachsende Rohstoffe erschlos- schen Gründen inzwischen die Mindestanforderung sen werden können.8 dar. Mittelfristig müssen wir aber den „Faktor 4“ an- 4. Der Umbau der Industriegesellschaft 4.1. Der Staat als Pionier und Impulsgeber ferische Zerstörung“. Fünf Strategieelemente spielen Wer eine Revolution braucht, darf sich nicht auf die für das Bundesumweltministerium eine zentrale Rolle, Evolution verlassen. Die notwendige Steigerung der um zu einer integrierten Ressourceneffizienzpolitik Ressourceneffizienz ist trotz offensichtlicher Kosten- in Deutschland beizutragen. Sie wirken zusammen und Wettbewerbsvorteile und trotz aller ökonomischen und legen auch die Grundlage dafür, dass Deutsch- Notwendigkeiten kein Selbstläufer. Eine ökologische land seinen Beitrag im europäischen und internatio- Industriepolitik muss uns dabei auf die (Effizienz-) nalen Prozess zur Steigerung der Ressourceneffizienz Sprünge helfen.9 Das Bundesumweltministerium leistet. strebt im Rahmen einer ökologischen Industriepolitik einen ausgewogenen Policy Mix für eine nachhaltige 7 Kristof, Kora/Liedtke, Christa, Wie könnte eine erfolgreiche Materi- Ressourcenpolitik an, der aus vielen unterschied- aleffizienzpolitik für den Mittelstand aussehen?, in: Liedtke, Christa/ Busch, Timo, Materialeffizienz: Potenziale bewerten, Innovationen lichen Instrumenten besteht. Im Sinne der Synergie fördern, Beschäftigung sichern, München 2005 (oekom Verlag), S. sollten dabei Akteure aus Politik, Wirtschaft und 47-61; Vaughan, B. (Ed.): High 5!: Communicating your business suc- Wissenschaft ihre Anstrengungen und Beiträge besser cess through sustainability reporting; a guide for small and not so als bisher aufeinander beziehen und koordinieren. small businesses; Amsterdam 2004 (Global Reporting Initiative). Ein Industriekabinett könnte dazu ebenfalls einen 8 DIW / ISI / Roland Berger Strategy Consultants, Wirtschaftsfaktor wichtigen Beitrag leisten. Der Umbau der Industrie- Umweltschutz: Vertiefende Analyse zu Umweltschutz und Innovati- gesellschaft darf weder deren verkappter Abbau sein, on, herausgegeben vom Umweltbundesamt und Bundesumweltmi- noch sich auf ökologische Schönheitskorrekturen be- nisterium, 2007. schränken, die letztlich kosmetisch bleiben. Es geht 9 Vgl. dazu auch: Bundesumweltministerium, Ökologische Industrie- um nichts weniger als um das, was Schumpeter ins politik. Memorandum für einen New Deal von Umwelt, Wirtschaft Zentrum seiner Innovationstheorie stellte: die „schöp- und Beschäftigung, Berlin 2006. 10
Strategieelement „Ziele und Indikatoren“ Die Bundesregierung hat sich bereits zu einer Reihe von nationalen, europäischen und internationalen Zielen bekannt, an denen sich nicht nur die Umweltpolitik messen lassen muss. Erst unlängst haben un- ter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass die EU ihre Treibhausgasemissionen um 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken wird, wenn sich andere Industriestaaten zu vergleichbaren Reduktionen verpflichten. Der Bundestag hat bereits im vergangenen Jahr festgelegt, dass Deutschland dann bereit ist, seine Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren. Zur Um- setzung dieser ambitionierten Ziele soll die Energieeffizienz in Europa nach dem Willen der Staats- und Regierungschefs um 20 Prozent gesteigert werden. Das entspricht einer jährlichen Steigerungsrate von 3 Prozent. Diese Ziele müssen die Richtschnur für erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ma- terialeffizienz sein. Dazu tragen bei: — Umsetzung der Ressourcenpolitik auf nationaler Ebene. — Integration der Ziele zur Steigerung der Ressourceneffizienz in andere Politikbereiche (z. B. Steuerpolitik). — Vermittlung der Ziele auf Unternehmens- und Konsumentenebene. — Vereinbarung von konkreten Branchenzielen mit der Politik. — Entwicklung eines aussagekräftigen Ressourcenindikators und die Einführung eines konsistenten Daten- und Messsystems zu den Material- und Stoffbilanzen auf Mikro-, Meso-, Makro-Ebene. Das ist ambitioniert. Aber der Blick nach Japan zeigt, dass andere Volkswirtschaften sich noch mehr zu- trauen. In einem Kabinettbeschluss hat die japanische Regierung sich das Ziel gesetzt, die Ressourceneffi- zienz bis zum Jahr 2010 um 40 Prozent zu erhöhen. Wenn wir Zielperspektiven wie den „Faktor 4“ 10, also die Halbierung des Rohstoffeinsatzes bei Verdoppelung des Wohlstands, ernst nehmen, stehen wir erst am Anfang des Weges. Strategieelement „Effizienzfördernde Rahmenbedingungen“ Zur Steigerung der Ressourceneffizienz können wir nicht auf klassisches Ordnungsrecht verzichten. Die Erfahrung lehrt uns, dass Umweltrecht und -politik nicht zum Hemmschuh, sondern zum Motor für Inno- vation und wirtschaftlichen Erfolg geworden ist. Allerdings sollten die Rahmenbedingungen berechenbar und verlässlich sein und wo immer es geht marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen den Vorzug geben. Wichtige Instrumente dabei sind: —M odifizierte, lebenszykluskostenorientierte Top-Runner-Strategie und dynamisierte Verschärfung beste- hender und neuer EU-Grenzwerte – auch für Querschnittstechnologien/-komponenten. — Dynamisierte Berichts- und Kennzeichnungspflichten (evtl. verschränkt mit Produktkennzeichnung). — Produkt- und Materialverantwortung (z. B. Weiterentwicklung von Rücknahmeverpflichtungen und Mindestrecyclingquoten). — Etablierung vertraglicher Vereinbarungen auf Basis von Branchendialogen. — Mitgestaltung der globalen Ressourcenpolitik im Rahmen des Internationalen Panels zur nachhaltigen Nutzung natürlicher Ressourcen. 10 Weizsäcker, Ernst-Ulrich von / Lovins, Amory / Lovins, H., Factor Four: Doubling Wealth – Halving Resource Use, London 1997 (Earthscan). 11
Strategieelement „Markteinführung und Anreizsysteme“ Preise sind Knappheitsmesser. Aber nicht immer arbeitet der Preismechanismus wie in einer idealen Welt. Und selbst da, wo explodierende Preise uns die ökonomische und ökologische Wahrheit sagen, kön- nen wir nicht darauf vertrauen, dass der „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ die richtigen Antwor- ten zeitnah gibt. Angesichts des enormen Handlungsdrucks und der dynamischen Entwicklungsten- denzen müssen wir den Wandel aktiv gestalten: —M arktanreizprogramm Erneuerbare Energien und Erneuerbare Energien Wärme Gesetz, CO2-Gebäude- sanierungsprogramm. — Aktionsprogramm Energieeffizienz. — Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung um ressourceneffiziente Technologien zu fördern. — Exportförderungsprogramm für Ressourceneffizienztechnik/-lösungen und -dienstleistungen im Bereich Entsorgung und Klimaschutz. — BMU-Servicestelle Umwelttechnologieexport- und CDM-Vorhaben. — PoS-Programme (Point of Sale, Anbieter-Kunden-Schnittstelle/Kundenintegration). Strategieelement „Diffusion“ Es kommt nicht nur auf technologische Innovationen an, sondern ganz wesentlich auch auf ihre Einbet- tung, auf die Ausgestaltung von Produktionsketten und -prozessen sowie auf ökoeffiziente Konsummuster. Dazu müssen wir das Wissen über Einsparpotenziale verbreitern und gesellschaftliche Akzeptanz und En- gagement mobilisieren: —K ooperation mit Beratungs- und Förderinstitutionen auf Bundes- und Landesebene (z. B. DEMEA, Effizi- enzagenturen). — Web-Portal „Cleaner Production Germany“. — Vernetzung von Akteuren, Initiierung von Stakeholderprozessen wie z. B. Netzwerk Ressourceneffizienz des Bundesumweltministeriums. — Branchendialoge, Prozessbegleitung sektoraler Aktionspläne. — Agenda Setting, Informationskampagnen und Qualifizierungsangebote für intermediäre Akteure (z. B. Verbände, IHK, Handwerkskammern, Banken, Wirtschaftsförderung, Wissens- und Technologietransfer- institutionen wie z. B. Transferagenturen, Transfernetzwerken sowie Technologie- und Gründerzentren). —K ommunikationsstrategie. —P ilotprojekte (z. B. im Bereich beruflicher Weiterbildung). Strategieelement „Forschungs- und Innovationsförderung“ Die Forschung muss sich fokussieren auf die Entwicklung materialeffizienter Leitprodukte und Leitdienst- leistungen (z. B. Innovationsradar/Technologieplattform). Die High-Tech-Strategie der Bundesregierung ist ein wichtiger Schritt, er spiegelt aber die Bedeutung der Ökoinnovationen für alle Bereiche noch nicht hinreichend wider. Das Bundesumweltministerium wird die Wissensbasis zu den Potenzialen und zum ef- fektiveren bzw. breiteren Einsatz von Ressourcenpolitiken im nationalen, EU- und internationalen Rah- men vertiefen: — Erhebung der Ressourceneffizienzpotenziale in zentralen Branchen (z. B. Metall, I&K, Bau) und Entwick- lung integrierter Szenarien. — Analyse der Ressourcennutzung und der damit verbundenen (ökologischen) Auswirkungen nach Bran- chen, Materialsystemen und Bedarfsfeldern. — Aufbau eines Innovationsradars. — Aufbau einer Datenbank zu „Umwelt- und Effizienztechnologien“. 12
12. Dem Fortschritt eine Richtung geben Stellschrauben für eine integrierte Ressourceneffizienz Ziele, Indikatoren und Perspektiven Forschung und Innovation z.B. durch z.B. durch – S teigerung der Effizienz um – Forschung zu Leitmärkten- und Produkten, Ressourcen- mindestens Faktor 2 bis 2020 effizienzpotenzialen, Produktions-/ Konsummustern und Politikanalysen – Innovationsradar Markteinführung und Anreizsysteme Diffusion Rahmenbedingungen und Ordnungspolitik z.B. durch z.B. durch z.B. durch – Markteinführungsförderung – Branchendialoge – Top-Runner-Strategie/ Verschärfung – Exportförderungsprogramm – Datenbank EU-Grenzwerte – Beschaffung – Bildungsinitiative – Dynamisierte Kennzeichnungspflichten – Steuerliche Anreize Synergien mit anderen Politikbereichen z. B. durch Koordination in einem Industriekabinett 4.2 Das effiziente Unternehmen – Stellschrauben für Die folgenden zwei Tabellen fassen zentrale Ergeb- die Wirtschaft nisse der vorliegenden Studien zusammen und doku- Auch auf betrieblicher Ebene gibt es vielfältige An- mentieren zugleich die festgestellten Spannbreiten reize, ressourceneffizienter zu produzieren und ver- für Effizienzverbesserungen. Sie geben wichtige Hin- brauchsärmere Produkte anzubieten. Das Wuppertal weise für die Identifikation von Effizienzpotenzialen Institut hat in Studien untersucht, welche konkreten und damit für die konkrete betriebliche Analyse im Stellschrauben in den Unternehmen dazu beitragen Einzelfall. können, Energie und Material einzusparen. Dabei wird nach technologischen und organisatorisch- institutionellen Ansatzpunkten unterschieden. Es wird deutlich, dass in den Betrieben in Deutschland erhebliche Potenziale zur Steigerung der Ressourcen- effizienz schlummern. Potenziale, die es zu heben gilt. Es wird aber auch deutlich, dass das konkrete Potenzial für Effizienzsteigerungen nicht nur nach Bereichen und Branchen, sondern auch nach Betrie- ben variiert. 13
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte Potenzial Stellschraube Rohstoff Verallgemeinernde Aussagen lassen sich nicht treffen. Einzelfallanalysen sind notwendig, da Abbau und Herstellung einzelner Rohstoffe sehr unterschiedliche ökologische Rucksäcke, Materialflüsse und Energieverbräuche mit sich bringen. Bei vielen nicht-metallischen Industriemineralen (Salzen, Kalk, Dolomit, Tone 0 bis +++ und Kaolin) ist beispielsweise der ökologische Rucksack gering, die Recyclingfä- higkeit aufgrund ihrer Verwendung etwa in Bindemitteln, Keramik oder als Ad- ditive aber eingeschränkt. Auch biotische bzw. nachwachsende Rohstoffe haben – Stichworte sind Flächeninanspruchnahme, Erosion und Bodenbewegungen, Nut- zungskonkurrenz – ein erhebliches Potenzial für Effizienzsteigerungen. Fazit: Gerade weil hier bisher wenig geschah, gibt es im Einzelfall sehr hohes Potenzial für Effizienzsteigerungen. Stellschraube Werkstoffauswahl, neue Werkstoffe und werkstoffgerechte Konstruktion Die Auswahl der Werkstoffe hat einen wesentlichen Einfluss auf den Ressourcen- verbrauch von Produkten. Gerade in der Konstruktionstechnik bzw. im Auto-, Flugzeug-, oder Gebäudebau aber auch im Bereich der erneuerbaren Energien zeigt sich, dass insbesondere neue Werkstoffe verbesserte Anwendungseigen- schaften, verbesserte Verarbeitbarkeit und neue Konstruktionsmöglichkeiten + bis ++ miteinander verbinden. Die werkstoffgerechte Konstruktion und die Auswahl der Werkstoffe nach auftretenden Lastfällen hat z. B. im Automobilbau dazu bei- getragen, das Gewicht einer Stahlkarosserie um 25 Prozent zu senken. Fazit: Ein wesentlicher Schlüssel zur Ressourceneffizienzsteigerung ist auch die werkstoffgerechte Konstruktion, z. B. die Auswahl der Werkstoffe nach den auftretenden Lastfällen oder die kraftflussgerechte Gestaltung von Bauteilen. Recycling und langlebige Produkte Künftige Recyclingmöglichkeiten sowie die Lebensdauer von Gütern sind Fak- toren, die bereits bei der Produktgestaltung mitbedacht werden müssen. Wirt- schaftliches Recycling hängt von der Verfügbarkeit von Altmaterial ab und auch von möglichst gleichmäßiger Qualität und Menge. Die Tendenzen zu größerer Werkstoffvielfalt, Maß- und Verbundwerkstoffen verringert daher das Potenzial sortenreinen Recyclings. 0 bis + Langlebige Produkte können vorteilhaft sein, wenn sie in der Nutzungsphase im Vergleich zum Herstellungsaufwand keine hohen Energie-, Wasser- oder Materialverbräuche haben und längerfristig eine Kompatibilität mit den Werk- stoffkreisläufen gewährleistet ist und lange genutzt werden. Fazit: Recycling ist gut entwickelt, bietet aber nach wie vor weiteres Potenzial. 14
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte Potenzial Kaskadennutzung Wieder-, Weiter- und Umnutzung von Produkten kann ebenso wie die Nut- zung von Nebenprodukten des Herstellungsprozesses den Ressourcenver- brauch senken. Dies sollte bereits beim Design bedacht werden. Eine wesent- liche Herausforderung besteht in der Optimierung mit Blick über das erste Hauptprodukt hinaus, denn im Einzelfall kann Kaskadennutzung bedeuten, dass die Erstanwendung weniger effizient ist. 0 bis + Kunststoffe eignen sich nach ihrer Erstnutzung derzeit meist nur noch zum Downcycling oder zur Verbrennung. Dies kommt einer Verschwendung von wertvollen Rohstoffen gleich. Deshalb ist die Entwicklung von Kaskadennut- zungsstrategien für Kunststoffe sehr wichtig. Dass das möglich ist, zeigt z. B. die Nutzung von PET-Flaschen zur Herstellung von Fleecematerialien. Fazit: Potenzial ist da, aber (technologisch) nicht leicht zu erschließen. Produktion und Fertigung Abhängig vom Markt können Groß- oder Kleinserien und jeweils unterschied- liche Produktionsverfahren ressourceneffizienter als andere sein. Informationen über mögliche Varianten und Sensitivitätsanalysen sind damit schon in der Pro- duktgestaltung und der Konstruktion von großer Bedeutung. Dabei muss schon im Vorfeld eine große Anzahl von Fertigungsverfahren (Urformen, Umformen, ++ Trennen, Fügen, Beschichten, Stoffeigenschaften ändern etc.) im Zusammen- spiel mit den jeweiligen Werkstoffen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den Ressourcenverbrauch in Abhängigkeit von konstruktiven Lösungen und Produk- tionsmengen beurteilt werden. Fazit: Die Komplexität dieser Aufgabe und die derzeit dominierende Fokus- sierung auf wenige Werkstoffe lässt hier ein großes Potenzial vermuten. Produktgestaltung: Produktdesign und Produkt-Dienstleistungs-Systeme 80 Prozent der Umweltbelastungen werden schon bei der Gestaltung des Produkts festgelegt. Nur wenn beim Design die Wiederverwertung, aber auch material- und energiesparende Herstellungsverfahren mitgedacht werden, funktioniert auch der Kreislauf ressourcenschonender Herstellung, Verwendung und Wieder- verwertung von materiellen Gütern und Produkten. Wichtige Schritte für ein +++ ökologisches Design sind die Beschreibung der Kundenwünsche, die Suche nach möglichst entmaterialisierten Lösungen bezogen auf den gesamten Lebenszyklus (d.h. inkl. Kaskadennutzung, Vordenken von Weiter-, Wiedernutzungs- und Re- cyclinglösungen), die Auswahl der am „besten“ erscheinenden Lösung und der Vergleich mit gängigen Marktprodukten hinsichtlich Herstellbarkeit und Preis und dann ggfs. die Weiterentwicklung der Lösung. Fazit: Sehr hohes Potenzial für Effizienzsteigerungen. 15
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte Potenzial Querschnittstechnologien Informations- und Kommunikationstechnologien haben einerseits große Po- tenziale etwa im Bereich der Prozesssteuerung, aber auch in anderen Bereichen + bis +++ können sie den Ressourcenverbrauch deutlich reduzieren. Für die Steigerung der Energieeffizienz kommt der I&K – gerade auch im Bereich der Automation – eine herausragende Rolle zu. Ein Grundproblem ist die kurze Nutzungsdauer vieler I&K-Anwendungen und die immer stärkere Durchdringung von Konsum- gütern mit kurzlebigen I&K. Die weiße Biotechnologie birgt viele Chancen zur Ressourceneffizienzsteige- rung (z. B. Katalysatoren, Biomining, Fermenter). Es besteht erheblicher For- -- bis ++ schungsbedarf zu neuen Anwendungsbereichen bzw. den Nachhaltigkeitswir- kungen, aber auch Bedarf nach Markteinführungsstrategien. Folgewirkungen sind derzeit nur unzureichend abschätzbar. -- bis ++ Bei den Nanotechnologien sind die Ressourceneffizienzwirkungen und Folge- wirkungen noch am wenigsten analysiert und wenig abschätzbar. Fazit: Nicht alle Innovationen in diesen Branchen führen automatisch zur Steigerung der Ressourceneffizienz. Alle drei Querschnittstechnologien haben aber ein hohes bis sehr hohes Potenzial, wenn Lebenszyklusaspekte und die Kriterien des ökologischen Produktdesigns beachtet werden. Forschung und Entwicklung / Forschungstransfer Forschungsumfang und -output hängen eng miteinander zusammen. Die Gel- der, die z. B. in der Stahlindustrie für die Forschung zum Leichtbau ausgegeben wurden, haben die systemweite Ressourceneffizienz der entwickelten Produkte und Dienstleistungen signifikant gefördert. Im Anforderungsprofil für zu ent- wickelnde Technologien, Prozesse, Werkstoffe etc. sollte deshalb generell das Kriterium „systemweite optimierte Ressourceneffizienz“ einbezogen werden. F&E, die dieses Kriterium schon bei der Entwicklung von Produkten, Technolo- +++ gien, Dienstleistungen berücksichtigt, hat so einen großen Effekt auf die weite- ren Schritte in der Etablierung oder Weiterentwicklung der Produktkette: Auswahl der Rohstoffe, Prozessführung, Weiter-, Wiedernutzungs- und Recycling- lösungen etc. Allerdings ist der Transfer von Forschungsergebnissen in die be- triebliche Praxis und die Produktgestaltung häufig nicht gewährleistet oder suboptimal, Innovationsmöglichkeiten bleiben ungenutzt. Fazit: F&E und der Prozess der Diffusion bieten ein erhebliches Potenzial für mehr Ressourceneffizienz. Errichtung und Erneuerung von Infrastrukturen und Export von Infrastrukturlösungen Nicht nur öffentliche, auch private Investitionen sorgen für langfristige Festle- gungen von Produktions-, Siedlungs- und Versorgungsinfrastrukturen. Der Ein- ++ bis +++ fluss der Infrastrukturen auf den daraus resultierenden Ressourcenverbrauch ist 16
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte Potenzial daher erheblich. Hinzu kommt der Ressourcenverbrauch zum Aufbau und Unterhalt dieser Infrastrukturen. Entscheidenden Einfluss auf den Ressourcenver- brauch kann man in den Phasen der Errichtung und Erneuerung von Infrastruk- turen nehmen („Windows of Opportunity“). Fazit: Der Aufbau richtiger Infrastrukturlösungen hat ein hohes Potenzial. Dieses umso mehr, als dass schlechte Lösungen auf Jahre und Jahrzehnte Potenziale verbauen und Verbesserungen blockieren. Skalierung: +++ = stark positiver Effekt, ++ = positiver Effekt, + = leicht positiver Effekt, 0 = kein Effekt, – = leicht negativer Effekt, – – = negativer Effekt, – – – = stark negativer Effekt Quelle: Weiterentwickelte Tabelle auf der Basis von: Kristof, Kora, Hot Spots und zentrale Ansatzpunkte zur Steigerung der Ressourceneffizienz, Paper- reihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007, www.ressourcenproduktivitaet.de ; Ritthoff, Michael / Liedtke, Christa / Kaiser, Claudia / , Technologien zur Ressourceneffizienzsteigerung, Paperrei- he „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007, www.ressourcenproduktivitaet.de ; Kristof, Kora / Türk, Volker / Welfens, Jolanta / Walliczek, Katharina, Ressourceneffizienzsteigerungen durch organisato- rische und institutionelle Innovationen, Paperreihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007, www.ressourcenproduktivitaet.de . Neben diesen eher technologisch und rohstofforien- sein, die Potenziale mit Hilfe dieser sieben Stellschrau- tierten Stellschrauben, die auch die Ausgestaltung ben gezielt zu erschließen. Dass die identifizierten der konkreten Produktion und das Design der Pro- Ansätze an gängige Managementinstrumente ebenso dukte betreffen, gibt es eine Reihe von Stellschrau- anknüpfen wie an etablierte Konzepte für ein nach- ben und Ansatzpunkten organisatorischer und insti- haltiges Management, steigert ihren praktischen tutioneller Art – im Management, in der Produktion Gebrauchswert und kann dazu beitragen, Bedenken und im Vertrieb. gegen vermeintlich praxisferne Handreichungen ab- zubauen. Die Praxis zeigt, dass trotz der offensichtlichen Kosten- vorteile und Innovationsanreize noch viel zu wenig Unternehmen auch diese Stellschrauben systematisch nutzen, um ressourceneffizienter zu produzieren. Deshalb muss es in Zukunft eine der Hauptaufgaben Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Managementinstrumente Potenzial Handlungsorientierte Status Quo-Analyse Weil der Wunsch etwas zu tun nicht automatisch schon die Lösungen und das Umsetzungs-Know-how generiert, verknüpft die systematische Erhebung des Sta- 0 bis ++ tus Quo Änderungswünsche mit Informationen für mögliche Veränderungsakti- vitäten und kann positive Effekte haben. 17
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Managementinstrumente Potenzial Kontinuierliches datenbasiertes Informationsmanagement Die Bereitstellung und Darstellung der Material- und Energieflüsse, Umwelt- kennzahlen und Umweltauswirkungen sowie die Identifizierung von Verbesse- rungspotenzialen sind eine Voraussetzung zur systematischen und kontinuier- + bis ++ lichen Verbesserung der Ressourceneffizienz und haben leichte bis mittlere positive Effekte. Zielausrichtung Die freiwillige Verpflichtung von Unternehmen auf bestimmte, i.d.R. über den gesetzlichen Mindeststandards liegende Ziele kann deutlich positive Effekte haben. 0 bis ++ Die Wirkung hängt aber auch davon ab, ob Ressourceneffizienz als Ziel jenseits eines „Business-as-usual“- Szenarios definiert werden kann. Kontinuierliche Produkt- / Dienstleistungsbewertung und daraus abgeleitete Weiterentwicklung Die Erfassung des aktuellen Energie- und Materialverbrauchs, einschließlich einer Einschätzung der Umweltauswirkungen dieser Verbräuche, und die daraus abzu- leitende gezielte Verbesserung der Produkte, setzt bei der Kernkompetenz der Un- ternehmen an. Da Design, Produktionsprozess, Nutzung und Recycling/Entsor- + bis +++ gung berücksichtigt werden, ist eine hohe Eingriffsbreite und -tiefe möglich, wenn der Absatz am Markt gesichert ist. Positive bis hin zu stark positive Effekte sind möglich. Die Wirkung hängt davon ab, ob Ressourceneffizienz als Optimie- rungsvariable definiert wird und ob lebenszyklusweit optimiert wird. Qualitätsmanagement Nur wenige Unternehmen beziehen ihr vorhandenes Qualitätsmanagement auch auf die Einsparung von Energie und Material. Das Potenzial ist gegeben. Die Wir- kung hängt aber auch davon ab, ob Ressourceneffizienz explizit eine Rolle spielt 0 bis + und ob wertschöpfungskettenübergreifend optimiert wird. Solange Ressourcenef- fizienz im Qualitätsmanagement der Unternehmen nur ein Randthema ist, wer- den die zu realisierenden Effizienzpotenziale als gering eingeschätzt. Unternehmensübergreifende und interne Lernprozesse Die Potenziale der Mitarbeiter/-innen und der Netzwerke rund um das Unterneh- men lassen sich nutzen, um unternehmensübergreifende und interne Lernpotenzi- ale zu erschließen – z. B. hinsichtlich der Verfügbarkeit und Anwendung innova- + bis ++ tiver Technologien. Ohne Lernprozesse ist eine systematische und strategische Erschließung und kontinuierliche Realisierung von Ressourceneffizienz nicht mög- lich. Der Effekt dieses Instruments ist daher positiv einzuschätzen. 18
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz Managementinstrumente Potenzial Nachhaltigkeitsorientierte ganzheitliche Managementsysteme Die Wirkung kann sehr hoch sein mit einem starken positiven Effekt, wenn der Ressourcenverbrauch als strategische Stellgröße – in Unternehmen und Wert- 0 bis +++ schöpfungskette – identifiziert wird und die Integration der Managementsysteme erfolgreich ist. Skalierung: +++ = stark positiver Effekt, ++ = positiver Effekt, + = leicht positiver Effekt, 0 = kein Effekt, – = leicht negativer Effekt, – – = negativer Effekt, – – – = stark negativer Effekt Quelle: Kristof, Kora / Türk, Volker / Welfens, Jolanta / Walliczek, Katharina Ressourceneffizienzsteigerungen durch organisatorische und institutio- nelle Innovationen; Paperreihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2006, www.ressourcenproduktivitaet.de . 5. Für eine ressourceneffiziente und umweltverträgliche Ökonomie. 10 Thesen 1. Die globale Ökonomie wird immer stärker durch Fortschritt befördern und vorhandene Öko-Inno- die rapide steigende Nachfrage nach knappen vationen schneller und umfassender in die Ressourcen wie Öl, Gas, Kupfer, Stahl, Phosphor, Anwendung bringen. Zink u. a. geprägt. Diese werden vielfach immer teurer, wie allein die Vervierfachung der Preise 3. Es ist zu erwarten, dass 2050 etwa 4 Milliarden für Kupfer und Nickel seit 2002 zeigt. Deutsch- Menschen zur konsumintensiven Mittel- und Ober- land als rohstoffarmes Land ist in besonderer schicht zählen. Damit die zur Verfügung stehen- Weise von der Verknappung und Verteuerung den knappen Ressourcen die Konsumbedürfnisse der Rohstoffe betroffen. Unsere große Chance befriedigen können, ist ein tatsächlicher Effizienz- besteht jedoch darin, unsere Produktionsverfahren sprung erforderlich. Dies ist auf Dauer nicht nur frühzeitig ressourceneffizient auszurichten. Wir die ökonomisch und ökologisch richtige Antwort müssen uns als „first mover“ im internationalen auf immer knapper werdende Ressourcen, sondern Wettbewerb auf den Zukunftsmärkten positionie- auch sicherheitspolitisch unerlässlich. Handelspo- ren. Deutschland kann sich als der Technologie- litische Maßnahmen wie die verbesserte Durchset- lieferant der Welt etablieren und von dem öko- zung multilateraler Handelsregeln oder die Verbes- nomischen Potenzial dieser Märkte in besonderer serung der Transparenz in der Rohstoffgewinnung Weise profitieren. sind wichtig, bleiben aber in ihrer Wirkung be- grenzt. Nur Ressourceneffizienz verringert dauer- 2. Umwelt- und Effizienztechnologien sind die Wachs- haft die Abhängigkeit von Rohstoffimporten und tums- und Leitmärkte der Zukunft. Die Umwelt- erhöht dadurch unsere (Versorgungs-)Sicherheit. und Effizienztechnologie wird so zur Leitindustrie in Deutschland. Das Potenzial ist enorm. So ist 4. In Deutschland werden pro Jahr mehr als 60 Ton- z. B. in der Automobilindustrie der Materialeinsatz nen Ressourcen pro Kopf verbraucht. In Japan für mehr als 50 Prozent der Kosten verantwort- sind es nur 45 Tonnen. Dabei sind Energie- und lich, der Personaleinsatz nur für etwas mehr als Rohstoffproduktivität in Deutschland im Verhält- 20 Prozent. Die Erschließung dieses Potenzials nis zur Wirtschaftsleistung kontinuierlich gewach- setzt aber voraus, dass wir den technologischen sen. Gegenwärtig kann man jedoch nicht von 19
Sie können auch lesen