STRATEGIE RESSOURCENEFFIZIENZ - IMPULSE FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN UND ÖKONOMISCHEN UMBAU DER INDUSTRIE-GESELLSCHAFT - BMU

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STRATEGIE RESSOURCENEFFIZIENZ - IMPULSE FÜR DEN ÖKOLOGISCHEN UND ÖKONOMISCHEN UMBAU DER INDUSTRIE-GESELLSCHAFT - BMU
Umwelt und Innovation

Strategie RESSOURCENEFFIZIENZ
   Impulse für den ökologischen
   und ökonomischen umbau der Industrie-
   gesellschaft

Arbeitspapier für die zweite Innovationskonferenz
                                                                          Foto: © BMU / Rupert Oberhäuser

des Bundesumweltministeriums
Ressourceneffizienz – Strategie für Umwelt und Wirtschaft
Berlin, 31. Oktober 2007
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Oktober 2007
Inhaltsverzeichnis
Einleitung 		                                                               4

1.	Der globale Hunger nach Energie und Rohstoffen                           5

2.	Herausforderung und Chance für Deutschland                               7

3. Strategie Ressourceneffizienz                                            9

4.	Der Umbau der Industriegesellschaft                                      10

		     4.1	Der Staat als Pionier und Impulsgeber                            10

		     4.2	Das effiziente Unternehmen – Stellschrauben für die Wirtschaft   13

5. Für eine ressourceneffiziente und umweltverträgliche Ökonomie            19
   10 Thesen
Einleitung 1
Wachsende Verkehre, der weltweite Hunger nach                    Die Steigerung der Energie- und Materialeffizienz bil-
Energie, die globale Ausweitung der industriellen                det gerade für Deutschland das Herzstück einer dop-
Massenproduktion und der ökonomische Aufholpro-                  pelten Modernisierungsstrategie. Sie trägt dazu bei,
zess der bevölkerungsreichen Schwellenländer sowie               dass wir unsere Industrien und Lebensweisen an die
die steigende Nachfrage einer wachsenden Weltbe-                 ökologischen Herausforderungen anpassen, indem
völkerung nach Gütern und Dienstleistungen sind zu               wir ressourcenschonend produzieren, das Klima bes-
einer Bedrohung des Weltklimas geworden. Niemand                 ser schützen und die Umwelt schonen. Aber sie ist
stellt ernsthaft mehr in Frage, dass es gelingen muss,           auch eine Antwort auf die neuen ökonomischen
den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen                  Herausforderungen: explodierende Preise und wach-
drastisch zu vermindern und die grassierende Um-                 sende Konkurrenz um knappe Rohstoffe. Für Deutsch-
weltverschmutzung einzudämmen. Die Art und Wei-                  land wird die Strategie Ressourceneffizienz wirt-
se wie wir produzieren und konsumieren setzt aber                schaftlich zur Nagelprobe. Schaffen wir es, unsere
nicht nur unser Ökosystem schweren Belastungen                   industriellen Strukturen rechtzeitig zukunftsfähig
aus, auch unsere Wirtschaft und unsere sozialen Sys-             umzubauen? Das Potenzial dazu haben wir, auch
teme bleiben vom vorherrschenden Umgang mit den                  wenn es oft unerkannt in den Betrieben schlum-
natürlichen Ressourcen und von der wachsenden                    mert. Die Strategie Ressourceneffizienz liefert uns
Nachfrage nach Energie und Rohstoffen nicht unbe-                das Know-how und die innovativen Produkte, die wir
rührt. Diese werden knapp und immer teurer.                      brauchen, um uns in der sich verändernden, globali-
                                                                 sierten Welt und in einer neuen internationalen
Ökonomische, ökologische und soziale Aspekte ha-                 Arbeitsteilung behaupten zu können. Als Lieferant
ben sich in der Ressourcenfrage längst untrennbar                von (öko-)effizienten Technologien und als globaler
ineinander verwoben. Wie wir produzieren – das ist               Umwelt- und Effizienztechniker kann Deutschland
zu einer existentiellen Menschheitsfrage geworden.               von den großen Herausforderungen sogar wirtschaft-
Wie machen wir mehr aus weniger und zwar so, dass                lich profitieren. Neues Wachstum ist so möglich.
wir unsere Lebensgrundlagen nicht unwiderruflich                 Neues Wachstum mit viel weniger Ressourcenver-
schädigen? Das ist die große Herausforderung, vor                brauch.
der wir heute stehen. Die Steigerung der Energie-
und Materialeffizienz muss deshalb ins Zentrum der
politischen Aufmerksamkeit, ins Zentrum der wirt-
schaftlichen Prozesse und ins Zentrum der wissen-
schaftlichen Forschung gerückt werden. Wenn wir
wollen, dass alle Menschen auf diesem Planeten ein
gutes, menschenwürdiges Leben haben, dann ist die
Steigerung der Ressourceneffizienz eine zentrale
Herausforderung des 21. Jahrhunderts. Wir brauchen
ein neues Modell wirtschaftlicher Entwicklung – natio-
nal und international. Politik, Wirtschaft, Wissen-
schaft und Gesellschaft müssen dazu beitragen.

                                                                 1  Dieses Papier basiert auf einem Arbeitspapier des Wuppertal Insti-
                                                                    tuts für die Konferenz des Bundesumweltministeriums „Ressourcen-
                                                                    effizienz – Strategie für Umwelt und Wirtschaft“, am 31. Oktober
                                                                    2007 in Berlin. Vgl. Kora Kristof / Christa Liedtke / Thomas Lemken:
                                                                    Strategie Ressourceneffizienz. Impulse für den ökologischen und
    Wachstumsrate des globalen Bruttoinlandsproduktes
                                                                    ökonomischen Umbau der Industriegesellschaft. Wuppertal Institut,
    Durchschnittliche jährliche Wachstumsraten für ausgewählte   Länder  und Regionen
                                                                    Wuppertal 2007.


1. Der globale Hunger nach Energie
   und Rohstoffen
Der weltweite Materialverbrauch hat sich bereits in                              hernd verdoppeln wird. Die Ausweitung der Nachfra-
den vergangenen 30 Jahren enorm gesteigert, insbe-                               ge wird auch vorangetrieben vom Anstieg der Welt-
sondere bei den Industrierohstoffen wie Rohöl, Stein-                            bevölkerung. Heute leben rund sechs Milliarden
kohle, Stahl, Aluminium oder Kupfer. In jüngerer Zeit                            Menschen auf der Erde. 2050 werden es über 9 Milli-
sorgt vor allem der Industrialisierungsprozess der                               arden sein und immer mehr Menschen davon leben
Schwellenländer für eine sich stark beschleunigende                              in Städten und/oder in Industriegesellschaften. Erst-
Verbrauchsdynamik. China hat beispielsweise in den                               mals in der Geschichte siedelt jetzt mehr als die Hälf-
letzten drei Jahrzehnten den Energieverbrauch ver-                               te der Weltbevölkerung in Städten. Im Jahr 2020 wer-
sechsfacht. Bereits heute verbraucht das Reich der                               den es bereits 60 Prozent sein. Und aus 1,4 Milliarden
Mitte ein Achtel der globalen Energie, ein Viertel des                           Menschen, die in Industriegesellschaften leben, wer-
weltweit produzierten Stahls und knapp die Hälfte                                den bis 2050 über 4 Milliarden werden.
des Zementes.
                                                                                 Vor allem das Anwachsen der kaufkräftigen Mittel-
Die Nachfrage nach Ressourcen wird sich in den kom-                              schichten, die sich in ihrem Konsumverhalten an ih-
menden Jahren noch erheblich intensivieren, denn                                 ren „westlichen Vorbildern“ orientieren, schlägt un-
das Wachstum der Weltwirtschaft wird anhalten.                                   mittelbar auf den Energie- und Ressourcenverbrauch
Prognosen gehen davon aus, dass die Weltwirtschaft                               durch. Schaubild 1 illustriert, dass die Konsumenten-
bis 2030 im Schnitt jährlich um drei Prozentpunkte                               klasse im Jahr 2002 in vielen Ländern die dominie-
wächst und sich das Bruttosozialprodukt innerhalb                                rende Bevölkerungsschicht ausmachte.
der kommenden 25 Jahre auf 60 Billionen Euro annä-

      1. Die Top 10-Länder mit kaufkräftiger Konsumentenklasse im Jahr 2002

250

200
                                                                                                                           Zahl der Verbraucher
                                                                                                                           in Mio.

                                                                                                                           Anteil an der Bevölkerung
                                                                                                                           in Prozent
150

100

 50

 0
                                                                                                  Brasilien
             USA

                         China

                                       Indien

                                                     Japan

                                                                   Deutschland

                                                                                      Russland

                                                                                                              Frankreich

                                                                                                                                Italien

                                                                                                                                                  Großbritannien

Konsumentenklasse definiert ab einem verfügbaren Jahreseinkommen von 7.000 US$ (auf $-Basis 1995)
Quelle: Worlwatch Institut. State of the World 2004, New York/London 2004, S.7.

                                                                                                                                                                   
Zugleich macht das Diagramm deutlich, dass gerade                            die wirtschaftliche Entwicklung in ärmeren Ländern
in den Schwellenländern das zu erwartende prozen-                            zunehmend unmöglich, da Rohölimporte dort bis zu
tuale Anwachsen der kaufkräftigen Konsumenten                                80 Prozent der Devisen kosten. Die Ölpreissteigerun-
erhebliche Auswirkungen auf die Nachfrage nach Res-                          gen des Jahres 2004 fraßen bereits die Summe der
sourcen haben wird. Die internationale Investment-                           geleisteten Entwicklungshilfe auf. Das ist schlechter-
bank Goldman Sachs rechnet in den so genannten                               dings unmoralisch und ungerecht. Der Pro-Kopf-Ver-
BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China)                         brauch an natürlichen Ressourcen von uns Mitteleu-
mit einer Verdopplung der Mittelschichten bereits in                         ropäern ist rund 10 mal höher als der von Afrikanern
den kommenden drei Jahren und prognostiziert eine                            oder Vietnamesen. Und die ökologischen Kosten un-
Vervierfachung für die vor uns liegende Dekade. Bis                          seres Wohlstandes externalisieren wir, indem die west-
2050 wird die Mittelschicht in den BRIC-Staaten von                          lichen Industriestaaten 80 Prozent der Wertschöpfung
heute weniger als einer halben Milliarde Menschen                            und nur 20 Prozent der ökologischen Folgewirkungen
auf über 3 Milliarden angewachsen sein.2 China, so                           auf sich vereinen, während die Entwicklungs- und
Goldman Sachs, werde beispielsweise bereits in weni-                         Schwellenländer 80 Prozent der ökologischen Folge-
ger als 20 Jahren die USA als Autoland mit einem                             wirkungen schultern müssen und nur 20 Prozent der
Bestand an Fahrzeugen von rund 200 Millionen über-                           globalen Wertschöpfung für sich verbuchen können.
flügeln.
                                                                             Die Welt steht am Scheideweg: Entweder es gelingt,
Bereits diese Zahlen illustrieren das Ausmaß der He-                         mit den vorhandenen Ressourcen die wachsenden
rausforderung. Der weltweite Hunger nach Energie                             Bedürfnisse zu befriedigen und zwar so, dass dies un-
und nach Rohstoffen ist unermesslich, aber die öko-                          sere natürliche Umwelt nicht irreversibel schädigt
logische Belastbarkeit unseres Ökosystems ist schon                          oder aber der Menschheit steht eine unsichere und
heute erreicht. Sollte es nicht gelingen, energie- und                       düstere Zukunft bevor. Eine Zukunft, in der beim
rohstoffeffizienter zu produzieren und konsumieren,                          „Weltkrieg um Wohlstand“ (Der Spiegel) Arm gegen
bräuchten wir nach Berechnungen des Wuppertal In-                            Reich, Nord gegen Süd, Ost gegen West und letztlich
stituts mehr als drei Planeten, um den Ressourcenver-                        jede und jeder gegen jede und jeden um Entwick-
brauch der Weltbevölkerung im Jahr 2050 zu decken.                           lungschancen und wirtschaftliche Prosperität kämpft.
                                                                             Wer sich damit nicht abfinden will, muss sich heute
Ein „weiter so wie bisher“ ist schon aus physischen                          auf die Suche machen nach einem global verallge-
Gründen keine Option. Und den künftigen Generati-                            meinerungsfähigen umweltverträglichen Wachs-
onen oder den heute unterentwickelten Regionen                               tums- und Entwicklungsmodell.
dieser Welt ihr Recht auf wirtschaftliche und soziale
Entwicklung unter Hinweis auf begrenzte Rohstoffe
und die Gefährdung unserer natürlichen Lebens-
                                                                             2    Goldman Sachs: Global Update on „BRICs: Challenges to Growth in
grundlagen zu versagen, ist in keiner Weise zu recht-                             an Changing World“, Präsentation Oktober 2007. Mittelklasse defi-
fertigen. Der steigende Rohölpreis macht schon heute                              niert als Personen mit einem Einkommen von über 3.000 US-Dollar.

     2. Ressourcenbedarf der Welt 2050 ohne zusätzliche Effizienzsteigerungen

     Globaler Ölverbrauch (in Mrd. t)                  Weltweite Autoflotte (in Mrd.)                      Globale Ressourcenextraktion (in Mrd. t)
35                                               5,0                                                 350
                                                 4,5
30                                                                                                   300
                                                 4,0
25                                               3,5                                                 250

20                                               3,0                                                 200
                                                 2,5
15                                                                                                   150
                                                 2,0
10                                               1,5                                                 100
                                                 1,0
 5                                                                                                    50
                                                 0,5
0                                                  0                                                   0
             heute             2050                            heute             2050                              heute            2050

Quelle: Hennicke, Peter F.: Präsentation auf der gemeinsamen Konferenz von BMU und IG Metall „Ressourceneffizienz – Innovation für Umwelt und
Arbeit“, Berlin 31. August 2006.


2. Herausforderung und Chance für Deutschland
Die Bundesrepublik Deutschland ist von der Ressour-
                                                                                                        4. Entnahme abiotischer Rohstoffe und Import
cenfrage in vielerlei Hinsicht betroffen. Als Industrie-                                                   abiotischer Güter
gesellschaft sind wir immer noch in hohem Maße auf
die physische Verarbeitung von Rohstoffen angewie-                                                     Veränderung 2003 gegenüber 1994 in Tonnen
sen. Ein Großteil unserer Wertschöpfung und Beschäf-
tigung steht unmittelbar mit dem industriellen Sek-                                                    Energieträger und                           - 52,5                                Inländische Entnahmen

tor in Zusammenhang. Als rohstoffarmes Land sind                                                       Erzeugnisse daraus
                                                                                                                                                                          Importe                               61,2
wir dabei vom Import vieler Rohstoffe abhängig
(Schaubild 3).                                                                                                                                            Inländische Entnahmen         0,3
                                                                                                       Erze und
                                                                                                       Erzeugnisse daraus                                                 Importe                15,8
Im Jahre 2003 belief sich die Menge des insgesamt in
der deutschen Volkswirtschaft eingesetzten abiotisch-                                                  -167,4                                                                            Inländische Entnahmen

en 3 Primärmaterials auf 1.342 Mill. Tonnen. Das sind                                                  Baustoffe, andere mineralische Roh-
                                                                                                                                                                  - 16,3                 Importe
rechnerisch 16,3 Tonnen pro Kopf der Bevölkerung,                                                      stoffe und Erzeugnisse daraus
gut die Hälfte davon Baurohstoffe und einige weitere                                               Quelle: Statistisches Bundesamt 2005
mineralische Rohstoffe, die insbesondere in der Glas-
und Keramikindustrie eingesetzt werden. Der Anteil
der Energieträger betrug knapp 39 Prozent. Mit rund                                                     5. Abiotisches Primärmaterial nach Herkunft
8 Prozent war der Anteil der Erze und der daraus her-
                                                                                                            in Millionen Tonnen
gestellten Importgüter relativ gering.4 Im Zeitraum
von 1994 bis 2003 ging der inländische Einsatz abio-
                                                                                                            Einfuhr                         392
tischen Primärmaterials zwar um 159 Mio. Tonnen
zurück, ein Grund für Selbstzufriedenheit ist dies aber                                                                                                                      453
nicht. Erstens geht der Rückgang vor allem auf den
verminderten Einsatz von Baurohstoffen und anderen                                                          Rohstoffentnahme
                                                                                                            im Inland                      1.108                             888
3    Dabei handelt es sich um die nicht erneuerbaren Bodenschätze, d. h.
     die fossilen Energieträger, die Mineralien, wie die insbesondere für
     Bauzwecke verwendeten Sande, Steine und Erden sowie die Erze.

4    Vgl. dazu: Statistisches Bundesamt, „Energie, Rohstoffe und Umwelt“.
                                                                                                                                           1994                             2003
     Ergebnisse der Umweltökonomischen Gesamtrechnungen 2005, Presse-
     konferenz vom 2. November 2005, Statement von Johann Hahlen.                                  Quelle: Statistisches Bundesamt 2005

    3. Übersicht derzeit bekannter Ressourcenbestände

                                                                                                                              27     17   16 9 7 7 5 Russland

                                                                                                   6 Polen
                                            Kanada 14 12
                                                                                                            19   Ukraine           18 6 Kasachstan

                    USA      27   7 7                                                                                       16 10 Iran
                                                                                                                 9 Irak                                13 13 6 China
                                                                                                                        8 Kuwait
                                                                                              Saudi-Arabien       21        8 VAE
                  Mexiko 6                                                                                                                 10 Indien
                                            8 Jamaika                    Guinea   30                                            15 Katar

                                                  6 Venezuela
                                                                                                        26       Demokratische Rep. Kongo
       Erdöl
                                                                                                                                             Indonesien 7
       Gas
       Kohle                      Peru 8 6              14 8 Brasilien
       Uran
                                                                                                       23    Botswana
       Gold                                                                            Namibia 8
                                                                                                                                                             Australien       30        23 16 12 9 9 5
       Diamanten
                                    Chile    30
       Platinmetalle
       Eisenerz
                                                                                           Südafrika                   88              14 12 8 5
       Bauxit
       Kupfer
     7 Anteil an den Weltreserven in %                                                                                                                                    Wuppertal Institut auf Basis Der Spiegel 2006

                                                                                                                                                                                                                          
wertes aus. Sektoren, die in besonderem Maße von
    6. Entwicklung der Energieimportquote
                                                           Rohstoffpreisen abhängig sind, sind beispielsweise
100                                                        die Automobil-, die Maschinenbauindustrie und die
         in Prozent
                                    76,3          76,6     Nahrungsmittelindustrie. In diesen Branchen betru-
80
                                                           gen die Materialkosten im Jahr 2005 jeweils 52,6 Pro-
                  61
60                                                         zent, 42,2 Prozent und 51,9 Prozent.5 Nicht nur hohe,
                                                           auch stark schwankende Rohstoffpreise erhöhen den
40                                                         Handlungsdruck in den Unternehmen zum Kosten-
                                                           controlling, zu ressourcensparenden Innovationen
20
                                                           und zur Substitution von Rohstoffen – sei es durch
    0                                                      Know-how oder den Ersatz endlicher Wertstoffe durch
                 1990             2000            2003     nachwachsende Rohstoffe. In der Vergangenheit
Anteil des Energieimportes am Energieaufkommen             wurden die Produktivitätszuwächse vor allem als Zu-
Quelle: Statistisches Bundesamt 2002
                                                           wachs der Arbeitsproduktivität organisiert. Der Um-
                                                           gang mit Material und Energie bildet aber einen
mineralischen Rohstoffen zurück (Schaubild 4) und          wichtigen Hebel, dessen Möglichkeiten für eine Stei-
er sagt noch nichts über eine abnehmende Abhän-            gerung der Produktivität bisher zuwenig ausgeschöpft
gigkeit von Importen aus. Tatsächlich ist bei verbes-      wurde. Das Potenzial für Produktivitätssteigerungen
serter gesamtwirtschaftlicher Rohstoffproduktivität        ist enorm (Schaubild 8).
die Einfuhr von Rohstoffen sowie Halb- und Fertigwa-
ren um 61 Mio. Tonnen auf 453 Mio. Tonnen (d.h.            Durch die Erschließung der Kostensenkungspotenzi-
um 15,5 Prozent) gestiegen (Schaubild 5). Konkret be-      ale im Ressourcenverbrauch verbessert sich die finan-
deutet dies auch, dass die inländische Natur zwar zu-      zielle Performance und die Wettbewerbsfähigkeit der
nehmend geschont wurde, Umweltbelastungen, so-             Unternehmen auf den Inlands- und Auslandsmärk-
weit sie sich auf die Entnahme von Rohstoffen und          ten. Kostensenkungen durch eine optimale Nutzung
die Weiterverarbeitung zu Halb- und Fertigwaren be-        der eingesetzten natürlichen Ressourcen sind damit
ziehen, aber ins Ausland verlagert wurden. Neben           Schlüsselkonzepte auf dem Weg zu nachhaltigem
der gesteigerten Einfuhr von Rohstoffen haben sich         Wirtschaften in ökonomischer, sozialer und ökologi-
auch die Energieimporte in den vergangenen Jahren          scher Hinsicht. Weil auch die übrige Welt gezwungen
kräftig nach oben entwickelt (Schaubild 6). Deutlich       ist, auf ressourcensparende Technologien zu setzen,
wird: Steigende Preise für Energie und Rohstoffe las-      ist die Investition in die ressourcensparende Optimie-
sen den Industriestandort Deutschland und unsere           rung von Produktionsprozessen und die Entwicklung
Wettbewerbsfähigkeit nicht unberührt.                      ökoeffizienter Technologien zugleich eine Moderni-
                                                           sierungsstrategie, die auf die gezielte Erschließung
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes be-             wichtiger Zukunftsmärkte auch im Ausland zielt.
trägt in Deutschland der durchschnittliche Material-       Die Unternehmensberater von Roland Berger sehen
verbrauch rund 40 Prozent des Bruttoproduktions-           mit den Umwelttechnologien bereits eine neue Leit-
wertes der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe,          industrie in Deutschland entstehen, die schon in
während die Lohnkosten nur rund 25 Prozent aus-            wenigen Jahren den Fahrzeug- und Maschinenbau
machen (Schaubild 7). In etlichen unserer industriel-
len Kernbereiche machen die Kosten des Materials
aber schon mehr als die Hälfte des Bruttoproduktions-        5                       Statistisches Bundesamt: Statistisches Jahrbuch 2007; Wiesbaden.

    7. Kostenverteilung im verarbeitenden Gewerbe                                   8. Entwicklung der Produktivitäten im verarbeitenden
                                                                                       Gewerbe
                                                                                     400
                                                                                     350
                                                         Entwicklung vs. 1960=100

                                                                                     300
        32%                   40%
                                                                                     250
                                                                                                                                  Arbeitsproduktivität
                                                                                     200
                                                                                      150                                         Materialproduktivität
                                           Material                                                                               Energieproduktivität
        3%                                                                            100
                                           Lohn
                       25%                 Energie                                    50
                                           Sonstiges                                   0
                                                                                                1960         1970         1980          1990         2000
Quelle: Statistisches Bundesamt 2005                       Quelle: Statistisches Bundesamt 2002


in Deutschland an Umsatz überholt haben könnte.                 9. Umsatzprognose Umwelttechnologien Deutschland
Ihr Anteil am Umsatz aller Wirtschaftsbereiche, so
                                                               Millionen Euro
prognostizieren sie, wird von 4 Prozent in 2005 auf
16 Prozent in 2030 steigen. Schon heute ist die Bun-                                                                 1.000       Umwelttechnologien
desrepublik mit einem Anteil von rund 19 Prozent am                                                                              CAGR 8%
Weltmarkt Exportweltmeister bei der Umwelttechno-                                                                        570     Fahrzeugbau
logie. Wir haben also die besten Voraussetzungen,          280                                                                   CAGR 3%
um uns als Technologieführer und als „first mover“          170
                                                                                                                         290     Maschinenbau
auch künftig im internationalen Wettbewerb eine            150
                                                                                                                                 CAGR 2%
führende Rolle zu sichern.                                  2005       2010p        2015p    2020p       2025p       2030p
                                                           Quelle: Prognos 2006, Roland Berger

3. Strategie Ressourceneffizienz
Eine Zukunft der industriellen Produktion in Deutsch-      allen untersuchten Ländern eine relative Abkoppelung
land und für neues Wachstum gibt es nur, wenn es           von Ressourcen- und Materialeinsatz vom Wirtschafts-
gelingt, die Rohstoff- und Energieeffizienz zu steigern.   wachstum stattfindet, allerdings mit unterschiedlicher
Das Ziel: Ressourcenverbrauch und Wachstum ent-            Geschwindigkeit.6 Eine absolute Verminderung des
koppeln und den Materialeinsatz auch in absoluten          Ressourcenverbrauchs ist jedoch bislang nur in ganz
Zahlen senken. Wer allein darauf setzt, den Zugang         wenigen Ausnahmefällen festzustellen. Die Unter-
zu Rohstoffen zu sichern, mag kurzfristig die Interes-     schiede zwischen den Ländern, insbesondere inner-
sen des Industriestandortes bedienen, eine Strategie       halb der EU (die Materialeffizienz der neuen Mit-
für die Zukunft ist damit nicht verbunden. Denn es         gliedsländer liegt in etwa um den Faktor 4 bis 5
bietet keinen Ausweg aus dem strukturellen Dilem-          niedriger als in der EU-15) sind beträchtlich. Für einen
ma, dass die Ressourcen dieser Erde begrenzt sind          wirklichen Effizienzdurchbruch brauchen wir einen
und die Nachfrage nach ihnen immer weiter steigen          umfassenden technologischen Fortschritt. Blaupausen
wird. Wir sollten uns nicht in Verteilungskonflikten       für ressourcenintelligentere Produkte sind vielfach
einrichten, sondern versuchen, diese zu überwinden.        vorhanden, es mangelt häufig „nur“ an der Umset-
                                                           6     Bringezu, Stefan / Schütz, Helmut / Steger, Sören / Baudisch, J.,
Mit der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie 2002 hat             International comparison of resource use and its relation to econo-
die Bundesregierung einen ersten wichtigen Schritt               mic growth: the development of total material requirment, direct
in die richtige Richtung getan. Dort ist das Ziel fest-          material inputs and hidden flows and the structure of TMR; In: Ecolo-
                                                                 gical economics, 51/2004, 1/2, S. 97-124
gelegt, bis 2020 eine Verdopplung der Rohstoffpro-
duktivität gegenüber 1994 und der Energieprodukti-
vität gegenüber 1990 zu erreichen. Wo stehen wir
                                                                10. Energieproduktivität
aktuell auf dem Weg zu diesen Zielen? Zwischen
1990 und 2006 hat sich die Energieproduktivität um         Index (1990=100)                            durchschnittliche jährliche Zuwachsrate
knapp 31 Prozent in Deutschland erhöht. Die Roh-
stoffproduktivität stieg zwischen 1994 und 2006 um         Ist: 1990-2004                              2,0

33,5 Prozent. Das klingt gut, ist aber angesichts von
                                                           Ist: 2000-2004              0,8
16 bzw. 12 verstrichenen und nur noch 14 verblei-
benden Jahren für die angestrebten Verdopplungen           Soll: 2004-2020                                                                4,5
viel zu wenig (Schaubilder 10 und 11).                                          0             1              2             3          4         5

Das Bruttoinlandsprodukt wuchs in diesem Zeitraum               11. Rohstoffproduktivität
um 16 Prozent, der Materialeinsatz ging nur um
13 Prozent zurück. Ernüchterndes Fazit im Jahre 2007:      Index (1994=100)                            durchschnittliche jährliche Zuwachsrate
Wenn wir die Energieeffizienz und Materialeffizienz
                                                           Ist: 1994-2004                                          2,9
nicht radikal steigern, werden wir die Ziele der Nach-
haltigkeitsstrategie nicht erreichen. Und im Sinne der     Ist: 2000-2004                                    2,4
hier skizzierten Herausforderungen müssen wir nicht
nur bei der relativen Entkoppelung von Wirtschafts-        Soll: 2004-2020                                                                4,4
wachstum und Ressourcenverbrauch Fortschritte                                   0             1              2             3          4         5
machen, sondern auch mit Blick auf die absolute Ab-        Soll: notwendige jährliche Veränderung für die Erreichung des Ziels
senkung des Energie- und Materialeinsatzes. Interna-       Ist: durchschnittliche jährliche Veränderung in der Vergangenheit
tional vergleichende Analysen haben gezeigt, dass in       Quelle: Statistisches Bundesamt 2005

                                                                                                                                                
zung oder daran, die Prototypen auch auf den Markt        streben und realisieren. Nur so sichern wir die Grund-
zu bringen. Aber selbst eine verbesserte Umsetzung        lagen unserer Wettbewerbsfähigkeit. Dazu kann die
wird nicht reichen. Notwendig sind regelrecht „revo-      Politik beitragen, aber sie kann die industrielle Revo-
lutionäre“ Technologiesprünge in industriellen Kern-      lution, die wir brauchen, nicht verordnen. Gelingen
bereichen. Statt Energie aus fossilen Rohstoffen zu ge-   kann der Umbau der Industriegesellschaft nur als
winnen, brauchen wir mehr erneuerbare Energien            gemeinsame Kraftanstrengung auf allen gesellschaft-
und eine höhere Energieeffizienz. In der Chemiein-        lichen Ebenen: Wir müssen neue umweltfreundliche
dustrie müssen Kohlenstoffverbindungen immer              Technologien erfinden und auf den Markt bringen.
mehr aus nachwachsenden Rohstoffen bezogen wer-           Wir müssen das Produktdesign lebenszyklusweit
den. Überhaupt: Die industrielle Produktion muss          ressourceneffizient anlegen, Qualitäten sichern und
knappe und endliche Ressourcen sukzessive durch           Risiken minimieren. Wir müssen unsere Produkti-
nachwachsende Rohstoffe ersetzen, allerdings ohne         onsprozesse optimieren, innovative energie- und
das Problem der Flächenkonkurrenz zu verschärfen.         materialsparende Technologien einsetzen und Wert-
Und da, wo sie das in absehbarer Zeit nicht kann, wie     schöpfungsketten restrukturieren. Wir müssen Re-
beispielsweise bei Wolfram oder Indium, müssen            cyclingpotenziale erschließen, Arbeitsprozesse und
diese Materialien so effizient wie möglich verarbeitet    Produktionsabläufe optimieren und in ressourcen-
werden. Wir stehen also vor einem radikalen Umbau         effizienten Produkt-Dienstleistungs-Systemen denken.
der Industriegesellschaft, dem radikalsten Umbau,         Wir müssen unseren Lebensstil und unsere Konsum-
den eine Ökonomie in einer relativ kurzen Zeitperio-      gewohnheiten auf Ressourceneffizienzpotenziale hin
de je zu bewältigen hatte. Dieser Umbau bedeutet          überprüfen und auch durch sie Innovationen beför-
nicht mehr und nicht weniger eine dritte industrielle     dern.
Revolution.
                                                          Technologische, organisatorische und gesellschaft-
Um die notwendigen Impulse für zusätzliche Effizi-        liche Innovationen müssen daher Hand in Hand ge-
enzverbesserungsmaßnahmen zu verstärken und               hen. Schon heute zeigen viele Praxisbeispiele, dass
eine messbare Überprüfung der Zielerreichung zu           das möglich ist.7 Und sie belegen auch, dass sich
gewährleisten, sind klare Ziele, Indikatoren und Per-     dieses mit ökonomischem Erfolg verknüpfen lässt
spektiven unerlässlich. Eine Verdoppelung der Effizi-     und nachhaltige Zukunftsmärkte im Bereich Ressour-
enz (Faktor 2) stellt aus ökologischen wie ökonomi-       ceneffizienz und nachwachsende Rohstoffe erschlos-
schen Gründen inzwischen die Mindestanforderung           sen werden können.8
dar. Mittelfristig müssen wir aber den „Faktor 4“ an-

4. Der Umbau der Industriegesellschaft
4.1. Der Staat als Pionier und Impulsgeber                ferische Zerstörung“. Fünf Strategieelemente spielen
Wer eine Revolution braucht, darf sich nicht auf die      für das Bundesumweltministerium eine zentrale Rolle,
Evolution verlassen. Die notwendige Steigerung der        um zu einer integrierten Ressourceneffizienzpolitik
Ressourceneffizienz ist trotz offensichtlicher Kosten-    in Deutschland beizutragen. Sie wirken zusammen
und Wettbewerbsvorteile und trotz aller ökonomischen      und legen auch die Grundlage dafür, dass Deutsch-
Notwendigkeiten kein Selbstläufer. Eine ökologische       land seinen Beitrag im europäischen und internatio-
Industriepolitik muss uns dabei auf die (Effizienz-)      nalen Prozess zur Steigerung der Ressourceneffizienz
Sprünge helfen.9 Das Bundesumweltministerium              leistet.
strebt im Rahmen einer ökologischen Industriepolitik
einen ausgewogenen Policy Mix für eine nachhaltige        7   Kristof, Kora/Liedtke, Christa, Wie könnte eine erfolgreiche Materi-
Ressourcenpolitik an, der aus vielen unterschied-             aleffizienzpolitik für den Mittelstand aussehen?, in: Liedtke, Christa/
                                                              Busch, Timo, Materialeffizienz: Potenziale bewerten, Innovationen
lichen Instrumenten besteht. Im Sinne der Synergie
                                                              fördern, Beschäftigung sichern, München 2005 (oekom Verlag), S.
sollten dabei Akteure aus Politik, Wirtschaft und             47-61; Vaughan, B. (Ed.): High 5!: Communicating your business suc-
Wissenschaft ihre Anstrengungen und Beiträge besser           cess through sustainability reporting; a guide for small and not so
als bisher aufeinander beziehen und koordinieren.             small businesses; Amsterdam 2004 (Global Reporting Initiative).

Ein Industriekabinett könnte dazu ebenfalls einen
                                                          8   DIW / ISI / Roland Berger Strategy Consultants, Wirtschaftsfaktor
wichtigen Beitrag leisten. Der Umbau der Industrie-           Umweltschutz: Vertiefende Analyse zu Umweltschutz und Innovati-
gesellschaft darf weder deren verkappter Abbau sein,          on, herausgegeben vom Umweltbundesamt und Bundesumweltmi-
noch sich auf ökologische Schönheitskorrekturen be-           nisterium, 2007.

schränken, die letztlich kosmetisch bleiben. Es geht
                                                          9   Vgl. dazu auch: Bundesumweltministerium, Ökologische Industrie-
um nichts weniger als um das, was Schumpeter ins              politik. Memorandum für einen New Deal von Umwelt, Wirtschaft
Zentrum seiner Innovationstheorie stellte: die „schöp-        und Beschäftigung, Berlin 2006.

10
Strategieelement „Ziele und Indikatoren“

    Die Bundesregierung hat sich bereits zu einer Reihe von nationalen, europäischen und internationalen
    Zielen bekannt, an denen sich nicht nur die Umweltpolitik messen lassen muss. Erst unlängst haben un-
    ter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft die Staats- und Regierungschefs beschlossen, dass die EU ihre
    Treibhausgasemissionen um 30 Prozent gegenüber dem Basisjahr 1990 senken wird, wenn sich andere
    Industriestaaten zu vergleichbaren Reduktionen verpflichten. Der Bundestag hat bereits im vergangenen
    Jahr festgelegt, dass Deutschland dann bereit ist, seine Emissionen um 40 Prozent zu reduzieren. Zur Um-
    setzung dieser ambitionierten Ziele soll die Energieeffizienz in Europa nach dem Willen der Staats- und
    Regierungschefs um 20 Prozent gesteigert werden. Das entspricht einer jährlichen Steigerungsrate von
    3 Prozent.
    Diese Ziele müssen die Richtschnur für erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Energie- und Ma-
    terialeffizienz sein. Dazu tragen bei:

    — Umsetzung der Ressourcenpolitik auf nationaler Ebene.
    — Integration der Ziele zur Steigerung der Ressourceneffizienz in andere Politikbereiche (z. B. Steuerpolitik).
    — Vermittlung der Ziele auf Unternehmens- und Konsumentenebene.
    — Vereinbarung von konkreten Branchenzielen mit der Politik.
    — Entwicklung eines aussagekräftigen Ressourcenindikators und die Einführung eines konsistenten Daten-
      und Messsystems zu den Material- und Stoffbilanzen auf Mikro-, Meso-, Makro-Ebene.

    Das ist ambitioniert. Aber der Blick nach Japan zeigt, dass andere Volkswirtschaften sich noch mehr zu-
    trauen. In einem Kabinettbeschluss hat die japanische Regierung sich das Ziel gesetzt, die Ressourceneffi-
    zienz bis zum Jahr 2010 um 40 Prozent zu erhöhen. Wenn wir Zielperspektiven wie den „Faktor 4“ 10, also
    die Halbierung des Rohstoffeinsatzes bei Verdoppelung des Wohlstands, ernst nehmen, stehen wir erst
    am Anfang des Weges.

    Strategieelement „Effizienzfördernde Rahmenbedingungen“

    Zur Steigerung der Ressourceneffizienz können wir nicht auf klassisches Ordnungsrecht verzichten. Die
    Erfahrung lehrt uns, dass Umweltrecht und -politik nicht zum Hemmschuh, sondern zum Motor für Inno-
    vation und wirtschaftlichen Erfolg geworden ist. Allerdings sollten die Rahmenbedingungen berechenbar
    und verlässlich sein und wo immer es geht marktwirtschaftlichen Steuerungsmechanismen den Vorzug
    geben. Wichtige Instrumente dabei sind:

    —M  odifizierte, lebenszykluskostenorientierte Top-Runner-Strategie und dynamisierte Verschärfung beste-
      hender und neuer EU-Grenzwerte – auch für Querschnittstechnologien/-komponenten.
    — Dynamisierte Berichts- und Kennzeichnungspflichten (evtl. verschränkt mit Produktkennzeichnung).
    — Produkt- und Materialverantwortung (z. B. Weiterentwicklung von Rücknahmeverpflichtungen und
      Mindestrecyclingquoten).
    — Etablierung vertraglicher Vereinbarungen auf Basis von Branchendialogen.
    — Mitgestaltung der globalen Ressourcenpolitik im Rahmen des Internationalen Panels zur nachhaltigen
      Nutzung natürlicher Ressourcen.

10 Weizsäcker, Ernst-Ulrich von / Lovins, Amory / Lovins, H., Factor Four: Doubling Wealth – Halving Resource Use, London 1997 (Earthscan).

                                                                                                                                              11
Strategieelement „Markteinführung und Anreizsysteme“

     Preise sind Knappheitsmesser. Aber nicht immer arbeitet der Preismechanismus wie in einer idealen
     Welt. Und selbst da, wo explodierende Preise uns die ökonomische und ökologische Wahrheit sagen, kön-
     nen wir nicht darauf vertrauen, dass der „Wettbewerb als Entdeckungsverfahren“ die richtigen Antwor-
     ten zeitnah gibt. Angesichts des enormen Handlungsdrucks und der dynamischen Entwicklungsten-
     denzen müssen wir den Wandel aktiv gestalten:

     —M  arktanreizprogramm Erneuerbare Energien und Erneuerbare Energien Wärme Gesetz, CO2-Gebäude-
        sanierungsprogramm.
     — Aktionsprogramm Energieeffizienz.
     — Ausrichtung der öffentlichen Beschaffung um ressourceneffiziente Technologien zu fördern.
     — Exportförderungsprogramm für Ressourceneffizienztechnik/-lösungen und -dienstleistungen im
        Bereich Entsorgung und Klimaschutz.
     — BMU-Servicestelle Umwelttechnologieexport- und CDM-Vorhaben.
     — PoS-Programme (Point of Sale, Anbieter-Kunden-Schnittstelle/Kundenintegration).

     Strategieelement „Diffusion“

     Es kommt nicht nur auf technologische Innovationen an, sondern ganz wesentlich auch auf ihre Einbet-
     tung, auf die Ausgestaltung von Produktionsketten und -prozessen sowie auf ökoeffiziente Konsummuster.
     Dazu müssen wir das Wissen über Einsparpotenziale verbreitern und gesellschaftliche Akzeptanz und En-
     gagement mobilisieren:

     —K  ooperation mit Beratungs- und Förderinstitutionen auf Bundes- und Landesebene (z. B. DEMEA, Effizi-
        enzagenturen).
     — Web-Portal „Cleaner Production Germany“.
     — Vernetzung von Akteuren, Initiierung von Stakeholderprozessen wie z. B. Netzwerk Ressourceneffizienz
        des Bundesumweltministeriums.
     — Branchendialoge, Prozessbegleitung sektoraler Aktionspläne.
     — Agenda Setting, Informationskampagnen und Qualifizierungsangebote für intermediäre Akteure (z. B.
        Verbände, IHK, Handwerkskammern, Banken, Wirtschaftsförderung, Wissens- und Technologietransfer-
        institutionen wie z. B. Transferagenturen, Transfernetzwerken sowie Technologie- und Gründerzentren).
     —K  ommunikationsstrategie.
     —P  ilotprojekte (z. B. im Bereich beruflicher Weiterbildung).

     Strategieelement „Forschungs- und Innovationsförderung“

     Die Forschung muss sich fokussieren auf die Entwicklung materialeffizienter Leitprodukte und Leitdienst-
     leistungen (z. B. Innovationsradar/Technologieplattform). Die High-Tech-Strategie der Bundesregierung ist
     ein wichtiger Schritt, er spiegelt aber die Bedeutung der Ökoinnovationen für alle Bereiche noch nicht
     hinreichend wider. Das Bundesumweltministerium wird die Wissensbasis zu den Potenzialen und zum ef-
     fektiveren bzw. breiteren Einsatz von Ressourcenpolitiken im nationalen, EU- und internationalen Rah-
     men vertiefen:
     — Erhebung der Ressourceneffizienzpotenziale in zentralen Branchen (z. B. Metall, I&K, Bau) und Entwick-
        lung integrierter Szenarien.
     — Analyse der Ressourcennutzung und der damit verbundenen (ökologischen) Auswirkungen nach Bran-
        chen, Materialsystemen und Bedarfsfeldern.
     — Aufbau eines Innovationsradars.
     — Aufbau einer Datenbank zu „Umwelt- und Effizienztechnologien“.

12
12. Dem Fortschritt eine Richtung geben
    Stellschrauben für eine integrierte Ressourceneffizienz

         Ziele, Indikatoren und Perspektiven                             Forschung und Innovation
         z.B. durch                                                      z.B. durch

         – S teigerung der Effizienz um                                 – Forschung zu Leitmärkten- und Produkten, Ressourcen-
           mindestens Faktor 2 bis 2020                                     effizienzpotenzialen, Produktions-/ Konsummustern
                                                                            und Politikanalysen
                                                                         – Innovationsradar

         Markteinführung und Anreizsysteme                Diffusion                   Rahmenbedingungen und Ordnungspolitik
         z.B. durch                                       z.B. durch                  z.B. durch

         – Markteinführungsförderung                     – Branchendialoge          – Top-Runner-Strategie/ Verschärfung
         – Exportförderungsprogramm                       – Datenbank                   EU-Grenzwerte
         – Beschaffung                                    – Bildungsinitiative        – Dynamisierte Kennzeichnungspflichten
                                                                                      – Steuerliche Anreize

    Synergien mit anderen Politikbereichen
    z. B. durch Koordination in einem Industriekabinett

4.2 Das effiziente Unternehmen – Stellschrauben für                               Die folgenden zwei Tabellen fassen zentrale Ergeb-
die Wirtschaft                                                                    nisse der vorliegenden Studien zusammen und doku-
Auch auf betrieblicher Ebene gibt es vielfältige An-                              mentieren zugleich die festgestellten Spannbreiten
reize, ressourceneffizienter zu produzieren und ver-                              für Effizienzverbesserungen. Sie geben wichtige Hin-
brauchsärmere Produkte anzubieten. Das Wuppertal                                  weise für die Identifikation von Effizienzpotenzialen
Institut hat in Studien untersucht, welche konkreten                              und damit für die konkrete betriebliche Analyse im
Stellschrauben in den Unternehmen dazu beitragen                                  Einzelfall.
können, Energie und Material einzusparen. Dabei
wird nach technologischen und organisatorisch-
institutionellen Ansatzpunkten unterschieden. Es
wird deutlich, dass in den Betrieben in Deutschland
erhebliche Potenziale zur Steigerung der Ressourcen-
effizienz schlummern. Potenziale, die es zu heben
gilt. Es wird aber auch deutlich, dass das konkrete
Potenzial für Effizienzsteigerungen nicht nur nach
Bereichen und Branchen, sondern auch nach Betrie-
ben variiert.

                                                                                                                                     13
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
     Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte                                       Potenzial

     Stellschraube Rohstoff

     Verallgemeinernde Aussagen lassen sich nicht treffen. Einzelfallanalysen sind
     notwendig, da Abbau und Herstellung einzelner Rohstoffe sehr unterschiedliche
     ökologische Rucksäcke, Materialflüsse und Energieverbräuche mit sich bringen.

     Bei vielen nicht-metallischen Industriemineralen (Salzen, Kalk, Dolomit, Tone        0 bis +++
     und Kaolin) ist beispielsweise der ökologische Rucksack gering, die Recyclingfä-
     higkeit aufgrund ihrer Verwendung etwa in Bindemitteln, Keramik oder als Ad-
     ditive aber eingeschränkt. Auch biotische bzw. nachwachsende Rohstoffe haben
     – Stichworte sind Flächeninanspruchnahme, Erosion und Bodenbewegungen, Nut-
     zungskonkurrenz – ein erhebliches Potenzial für Effizienzsteigerungen.

     Fazit: Gerade weil hier bisher wenig geschah, gibt es im Einzelfall sehr
     hohes Potenzial für Effizienzsteigerungen.

     Stellschraube Werkstoffauswahl, neue Werkstoffe und werkstoffgerechte Konstruktion

     Die Auswahl der Werkstoffe hat einen wesentlichen Einfluss auf den Ressourcen-
     verbrauch von Produkten. Gerade in der Konstruktionstechnik bzw. im Auto-,
     Flugzeug-, oder Gebäudebau aber auch im Bereich der erneuerbaren Energien
     zeigt sich, dass insbesondere neue Werkstoffe verbesserte Anwendungseigen-
     schaften, verbesserte Verarbeitbarkeit und neue Konstruktionsmöglichkeiten           + bis ++
     miteinander verbinden. Die werkstoffgerechte Konstruktion und die Auswahl
     der Werkstoffe nach auftretenden Lastfällen hat z. B. im Automobilbau dazu bei-
     getragen, das Gewicht einer Stahlkarosserie um 25 Prozent zu senken.

     Fazit: Ein wesentlicher Schlüssel zur Ressourceneffizienzsteigerung ist auch
     die werkstoffgerechte Konstruktion, z. B. die Auswahl der Werkstoffe nach
     den auftretenden Lastfällen oder die kraftflussgerechte Gestaltung von
     Bauteilen.

     Recycling und langlebige Produkte

     Künftige Recyclingmöglichkeiten sowie die Lebensdauer von Gütern sind Fak-
     toren, die bereits bei der Produktgestaltung mitbedacht werden müssen. Wirt-
     schaftliches Recycling hängt von der Verfügbarkeit von Altmaterial ab und
     auch von möglichst gleichmäßiger Qualität und Menge. Die Tendenzen zu
     größerer Werkstoffvielfalt, Maß- und Verbundwerkstoffen verringert daher das
     Potenzial sortenreinen Recyclings.
                                                                                          0 bis +
     Langlebige Produkte können vorteilhaft sein, wenn sie in der Nutzungsphase
     im Vergleich zum Herstellungsaufwand keine hohen Energie-, Wasser- oder
     Materialverbräuche haben und längerfristig eine Kompatibilität mit den Werk-
     stoffkreisläufen gewährleistet ist und lange genutzt werden.

     Fazit: Recycling ist gut entwickelt, bietet aber nach wie vor
     weiteres Potenzial.

14
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte                                    Potenzial

Kaskadennutzung

Wieder-, Weiter- und Umnutzung von Produkten kann ebenso wie die Nut-
zung von Nebenprodukten des Herstellungsprozesses den Ressourcenver-
brauch senken. Dies sollte bereits beim Design bedacht werden. Eine wesent-
liche Herausforderung besteht in der Optimierung mit Blick über das erste
Hauptprodukt hinaus, denn im Einzelfall kann Kaskadennutzung bedeuten,
dass die Erstanwendung weniger effizient ist.
                                                                                  0 bis +
Kunststoffe eignen sich nach ihrer Erstnutzung derzeit meist nur noch zum
Downcycling oder zur Verbrennung. Dies kommt einer Verschwendung von
wertvollen Rohstoffen gleich. Deshalb ist die Entwicklung von Kaskadennut-
zungsstrategien für Kunststoffe sehr wichtig. Dass das möglich ist, zeigt z. B.
die Nutzung von PET-Flaschen zur Herstellung von Fleecematerialien.

Fazit: Potenzial ist da, aber (technologisch) nicht leicht zu erschließen.

Produktion und Fertigung

Abhängig vom Markt können Groß- oder Kleinserien und jeweils unterschied-
liche Produktionsverfahren ressourceneffizienter als andere sein. Informationen
über mögliche Varianten und Sensitivitätsanalysen sind damit schon in der Pro-
duktgestaltung und der Konstruktion von großer Bedeutung. Dabei muss schon
im Vorfeld eine große Anzahl von Fertigungsverfahren (Urformen, Umformen,         ++
Trennen, Fügen, Beschichten, Stoffeigenschaften ändern etc.) im Zusammen-
spiel mit den jeweiligen Werkstoffen hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf den
Ressourcenverbrauch in Abhängigkeit von konstruktiven Lösungen und Produk-
tionsmengen beurteilt werden.

Fazit: Die Komplexität dieser Aufgabe und die derzeit dominierende Fokus-
sierung auf wenige Werkstoffe lässt hier ein großes Potenzial vermuten.

Produktgestaltung: Produktdesign und Produkt-Dienstleistungs-Systeme

80 Prozent der Umweltbelastungen werden schon bei der Gestaltung des Produkts
festgelegt. Nur wenn beim Design die Wiederverwertung, aber auch material-
und energiesparende Herstellungsverfahren mitgedacht werden, funktioniert
auch der Kreislauf ressourcenschonender Herstellung, Verwendung und Wieder-
verwertung von materiellen Gütern und Produkten. Wichtige Schritte für ein        +++
ökologisches Design sind die Beschreibung der Kundenwünsche, die Suche nach
möglichst entmaterialisierten Lösungen bezogen auf den gesamten Lebenszyklus
(d.h. inkl. Kaskadennutzung, Vordenken von Weiter-, Wiedernutzungs- und Re-
cyclinglösungen), die Auswahl der am „besten“ erscheinenden Lösung und der
Vergleich mit gängigen Marktprodukten hinsichtlich Herstellbarkeit und Preis
und dann ggfs. die Weiterentwicklung der Lösung.

Fazit: Sehr hohes Potenzial für Effizienzsteigerungen.

                                                                                              15
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
     Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte                                       Potenzial

     Querschnittstechnologien

     Informations- und Kommunikationstechnologien haben einerseits große Po-
     tenziale etwa im Bereich der Prozesssteuerung, aber auch in anderen Bereichen        + bis +++
     können sie den Ressourcenverbrauch deutlich reduzieren. Für die Steigerung der
     Energieeffizienz kommt der I&K – gerade auch im Bereich der Automation –
     eine herausragende Rolle zu. Ein Grundproblem ist die kurze Nutzungsdauer
     vieler I&K-Anwendungen und die immer stärkere Durchdringung von Konsum-
     gütern mit kurzlebigen I&K.

     Die weiße Biotechnologie birgt viele Chancen zur Ressourceneffizienzsteige-
     rung (z. B. Katalysatoren, Biomining, Fermenter). Es besteht erheblicher For-        -- bis ++
     schungsbedarf zu neuen Anwendungsbereichen bzw. den Nachhaltigkeitswir-
     kungen, aber auch Bedarf nach Markteinführungsstrategien. Folgewirkungen
     sind derzeit nur unzureichend abschätzbar.
                                                                                          -- bis ++
     Bei den Nanotechnologien sind die Ressourceneffizienzwirkungen und Folge-
     wirkungen noch am wenigsten analysiert und wenig abschätzbar.

     Fazit: Nicht alle Innovationen in diesen Branchen führen automatisch zur
     Steigerung der Ressourceneffizienz. Alle drei Querschnittstechnologien
     haben aber ein hohes bis sehr hohes Potenzial, wenn Lebenszyklusaspekte
     und die Kriterien des ökologischen Produktdesigns beachtet werden.

     Forschung und Entwicklung / Forschungstransfer

     Forschungsumfang und -output hängen eng miteinander zusammen. Die Gel-
     der, die z. B. in der Stahlindustrie für die Forschung zum Leichtbau ausgegeben
     wurden, haben die systemweite Ressourceneffizienz der entwickelten Produkte
     und Dienstleistungen signifikant gefördert. Im Anforderungsprofil für zu ent-
     wickelnde Technologien, Prozesse, Werkstoffe etc. sollte deshalb generell das
     Kriterium „systemweite optimierte Ressourceneffizienz“ einbezogen werden.
     F&E, die dieses Kriterium schon bei der Entwicklung von Produkten, Technolo-         +++
     gien, Dienstleistungen berücksichtigt, hat so einen großen Effekt auf die weite-
     ren Schritte in der Etablierung oder Weiterentwicklung der Produktkette:
     Auswahl der Rohstoffe, Prozessführung, Weiter-, Wiedernutzungs- und Recycling-
     lösungen etc. Allerdings ist der Transfer von Forschungsergebnissen in die be-
     triebliche Praxis und die Produktgestaltung häufig nicht gewährleistet oder
     suboptimal, Innovationsmöglichkeiten bleiben ungenutzt.

     Fazit: F&E und der Prozess der Diffusion bieten ein erhebliches
     Potenzial für mehr Ressourceneffizienz.

     Errichtung und Erneuerung von Infrastrukturen und Export von Infrastrukturlösungen

     Nicht nur öffentliche, auch private Investitionen sorgen für langfristige Festle-
     gungen von Produktions-, Siedlungs- und Versorgungsinfrastrukturen. Der Ein-         ++ bis +++
     fluss der Infrastrukturen auf den daraus resultierenden Ressourcenverbrauch ist

16
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
    Technologische Stellschrauben und Ansatzpunkte                                                                                Potenzial

    daher erheblich. Hinzu kommt der Ressourcenverbrauch zum Aufbau und
    Unterhalt dieser Infrastrukturen. Entscheidenden Einfluss auf den Ressourcenver-
    brauch kann man in den Phasen der Errichtung und Erneuerung von Infrastruk-
    turen nehmen („Windows of Opportunity“).

    Fazit: Der Aufbau richtiger Infrastrukturlösungen hat ein hohes Potenzial.
    Dieses umso mehr, als dass schlechte Lösungen auf Jahre und Jahrzehnte
    Potenziale verbauen und Verbesserungen blockieren.

    Skalierung: +++ = stark positiver Effekt, ++ = positiver Effekt, + = leicht positiver Effekt,
    0 = kein Effekt, – = leicht negativer Effekt, – – = negativer Effekt, – – – = stark negativer Effekt

Quelle: Weiterentwickelte Tabelle auf der Basis von: Kristof, Kora, Hot Spots und zentrale Ansatzpunkte zur Steigerung der Ressourceneffizienz, Paper-
reihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007, www.ressourcenproduktivitaet.de  ; Ritthoff, Michael / Liedtke, Christa / Kaiser, Claudia / , Technologien zur Ressourceneffizienzsteigerung, Paperrei-
he „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007, www.ressourcenproduktivitaet.de  ; Kristof, Kora / Türk, Volker / Welfens, Jolanta / Walliczek, Katharina, Ressourceneffizienzsteigerungen durch organisato-
rische und institutionelle Innovationen, Paperreihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2007,
www.ressourcenproduktivitaet.de .

Neben diesen eher technologisch und rohstofforien-                            sein, die Potenziale mit Hilfe dieser sieben Stellschrau-
tierten Stellschrauben, die auch die Ausgestaltung                            ben gezielt zu erschließen. Dass die identifizierten
der konkreten Produktion und das Design der Pro-                              Ansätze an gängige Managementinstrumente ebenso
dukte betreffen, gibt es eine Reihe von Stellschrau-                          anknüpfen wie an etablierte Konzepte für ein nach-
ben und Ansatzpunkten organisatorischer und insti-                            haltiges Management, steigert ihren praktischen
tutioneller Art – im Management, in der Produktion                            Gebrauchswert und kann dazu beitragen, Bedenken
und im Vertrieb.                                                              gegen vermeintlich praxisferne Handreichungen ab-
                                                                              zubauen.
Die Praxis zeigt, dass trotz der offensichtlichen Kosten-
vorteile und Innovationsanreize noch viel zu wenig
Unternehmen auch diese Stellschrauben systematisch
nutzen, um ressourceneffizienter zu produzieren.
Deshalb muss es in Zukunft eine der Hauptaufgaben

    Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
    Managementinstrumente                                                                                                         Potenzial

    Handlungsorientierte Status Quo-Analyse

    Weil der Wunsch etwas zu tun nicht automatisch schon die Lösungen und das
    Umsetzungs-Know-how generiert, verknüpft die systematische Erhebung des Sta-                                                  0 bis ++
    tus Quo Änderungswünsche mit Informationen für mögliche Veränderungsakti-
    vitäten und kann positive Effekte haben.

                                                                                                                                                     17
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
     Managementinstrumente                                                                Potenzial

     Kontinuierliches datenbasiertes Informationsmanagement

     Die Bereitstellung und Darstellung der Material- und Energieflüsse, Umwelt-
     kennzahlen und Umweltauswirkungen sowie die Identifizierung von Verbesse-
     rungspotenzialen sind eine Voraussetzung zur systematischen und kontinuier-          + bis ++
     lichen Verbesserung der Ressourceneffizienz und haben leichte bis mittlere
     positive Effekte.

     Zielausrichtung

     Die freiwillige Verpflichtung von Unternehmen auf bestimmte, i.d.R. über den
     gesetzlichen Mindeststandards liegende Ziele kann deutlich positive Effekte haben.   0 bis ++
     Die Wirkung hängt aber auch davon ab, ob Ressourceneffizienz als Ziel jenseits
     eines „Business-as-usual“- Szenarios definiert werden kann.

     Kontinuierliche Produkt- / Dienstleistungsbewertung und daraus abgeleitete
     Weiterentwicklung

     Die Erfassung des aktuellen Energie- und Materialverbrauchs, einschließlich einer
     Einschätzung der Umweltauswirkungen dieser Verbräuche, und die daraus abzu-
     leitende gezielte Verbesserung der Produkte, setzt bei der Kernkompetenz der Un-
     ternehmen an. Da Design, Produktionsprozess, Nutzung und Recycling/Entsor-           + bis +++
     gung berücksichtigt werden, ist eine hohe Eingriffsbreite und -tiefe möglich,
     wenn der Absatz am Markt gesichert ist. Positive bis hin zu stark positive Effekte
     sind möglich. Die Wirkung hängt davon ab, ob Ressourceneffizienz als Optimie-
     rungsvariable definiert wird und ob lebenszyklusweit optimiert wird.

     Qualitätsmanagement

     Nur wenige Unternehmen beziehen ihr vorhandenes Qualitätsmanagement auch
     auf die Einsparung von Energie und Material. Das Potenzial ist gegeben. Die Wir-
     kung hängt aber auch davon ab, ob Ressourceneffizienz explizit eine Rolle spielt     0 bis +
     und ob wertschöpfungskettenübergreifend optimiert wird. Solange Ressourcenef-
     fizienz im Qualitätsmanagement der Unternehmen nur ein Randthema ist, wer-
     den die zu realisierenden Effizienzpotenziale als gering eingeschätzt.

     Unternehmensübergreifende und interne Lernprozesse

     Die Potenziale der Mitarbeiter/-innen und der Netzwerke rund um das Unterneh-
     men lassen sich nutzen, um unternehmensübergreifende und interne Lernpotenzi-
     ale zu erschließen – z. B. hinsichtlich der Verfügbarkeit und Anwendung innova-      + bis ++
     tiver Technologien. Ohne Lernprozesse ist eine systematische und strategische
     Erschließung und kontinuierliche Realisierung von Ressourceneffizienz nicht mög-
     lich. Der Effekt dieses Instruments ist daher positiv einzuschätzen.

18
Steigerung der betrieblichen Ressourceneffizienz
    Managementinstrumente                                                                                                       Potenzial

    Nachhaltigkeitsorientierte ganzheitliche Managementsysteme

    Die Wirkung kann sehr hoch sein mit einem starken positiven Effekt, wenn der
    Ressourcenverbrauch als strategische Stellgröße – in Unternehmen und Wert-                                                   0 bis +++
    schöpfungskette – identifiziert wird und die Integration der Managementsysteme
    erfolgreich ist.

    Skalierung: +++ = stark positiver Effekt, ++ = positiver Effekt, + = leicht positiver Effekt,
    0 = kein Effekt, – = leicht negativer Effekt, – – = negativer Effekt, – – – = stark negativer Effekt

Quelle: Kristof, Kora / Türk, Volker / Welfens, Jolanta / Walliczek, Katharina Ressourceneffizienzsteigerungen durch organisatorische und institutio-
nelle Innovationen; Paperreihe „Steigerung der Ressourcenproduktivität als Kernstrategie einer nachhaltigen Entwicklung“, 2006,
www.ressourcenproduktivitaet.de  .

5. Für eine ressourceneffiziente
   und umweltverträgliche Ökonomie.
   10 Thesen
1. Die globale Ökonomie wird immer stärker durch                                  Fortschritt befördern und vorhandene Öko-Inno-
   die rapide steigende Nachfrage nach knappen                                    vationen schneller und umfassender in die
   Ressourcen wie Öl, Gas, Kupfer, Stahl, Phosphor,                               Anwendung bringen.
   Zink u. a. geprägt. Diese werden vielfach immer
   teurer, wie allein die Vervierfachung der Preise                           3. Es ist zu erwarten, dass 2050 etwa 4 Milliarden
   für Kupfer und Nickel seit 2002 zeigt. Deutsch-                               Menschen zur konsumintensiven Mittel- und Ober-
   land als rohstoffarmes Land ist in besonderer                                 schicht zählen. Damit die zur Verfügung stehen-
   Weise von der Verknappung und Verteuerung                                     den knappen Ressourcen die Konsumbedürfnisse
   der Rohstoffe betroffen. Unsere große Chance                                  befriedigen können, ist ein tatsächlicher Effizienz-
   besteht jedoch darin, unsere Produktionsverfahren                             sprung erforderlich. Dies ist auf Dauer nicht nur
   frühzeitig ressourceneffizient auszurichten. Wir                              die ökonomisch und ökologisch richtige Antwort
   müssen uns als „first mover“ im internationalen                               auf immer knapper werdende Ressourcen, sondern
   Wettbewerb auf den Zukunftsmärkten positionie-                                auch sicherheitspolitisch unerlässlich. Handelspo-
   ren. Deutschland kann sich als der Technologie-                               litische Maßnahmen wie die verbesserte Durchset-
   lieferant der Welt etablieren und von dem öko-                                zung multilateraler Handelsregeln oder die Verbes-
   nomischen Potenzial dieser Märkte in besonderer                               serung der Transparenz in der Rohstoffgewinnung
   Weise profitieren.                                                            sind wichtig, bleiben aber in ihrer Wirkung be-
                                                                                 grenzt. Nur Ressourceneffizienz verringert dauer-
2. Umwelt- und Effizienztechnologien sind die Wachs-                             haft die Abhängigkeit von Rohstoffimporten und
   tums- und Leitmärkte der Zukunft. Die Umwelt-                                 erhöht dadurch unsere (Versorgungs-)Sicherheit.
   und Effizienztechnologie wird so zur Leitindustrie
   in Deutschland. Das Potenzial ist enorm. So ist                            4. In Deutschland werden pro Jahr mehr als 60 Ton-
   z. B. in der Automobilindustrie der Materialeinsatz                           nen Ressourcen pro Kopf verbraucht. In Japan
   für mehr als 50 Prozent der Kosten verantwort-                                sind es nur 45 Tonnen. Dabei sind Energie- und
   lich, der Personaleinsatz nur für etwas mehr als                              Rohstoffproduktivität in Deutschland im Verhält-
   20 Prozent. Die Erschließung dieses Potenzials                                nis zur Wirtschaftsleistung kontinuierlich gewach-
   setzt aber voraus, dass wir den technologischen                               sen. Gegenwärtig kann man jedoch nicht von

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