Stressbelastung und virtuelle Wirklichkeit - Ein systematisches Review zu PTSD und VRET

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Fakultät für
     Psychologie

Samuel Schuler

Stressbelastung und virtuelle
Wirklichkeit
Ein systematisches Review zu PTSD und VRET

Lehrgebiet Medienpsychologie
Bachelorarbeit
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  Stressbelastung und virtuelle Wirklichkeit:

Ein systematisches Review zu PTSD und VRET

                Samuel Schuler

Studiengang Psychologie, FernUniversität Hagen

       Bachelorarbeit Medienpsychologie

                Dr. M. Wenzler

                25. März 2021
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                                Zusammenfassung
Die Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) wird standardmäßig mithilfe der
Clinician-Administered PTSD Scale (CAPS) erfasst und häufig mit der Prolonged
Exposure Therapy (PET) behandelt. Die alternative Behandlungsmethode Virtual
Reality Exposure Therapy (VRET) weist jedoch einige Vorteile auf. Daher wurde
anhand der bisher verfügbaren empirischen Forschungsliteratur untersucht, ob die
VRET eine ähnliche Reduktion der PTSD-Symptome wie die PET aufweist. Dazu
erfolgte eine Literatursuche über EBSCOhost mit verschiedenen Begriffen zu VRET,
PTSD und CAPS. So wurden 20 Studien in diese systematische Zusammenfassung
einbezogen,   welche    quantitative   Daten,     CAPS   und    ausschließlich   VRET
beinhalteten. Bei 18 Studien zeigte die VRET signifikante Reduktionen von PTSD
und eine Mehrheit von Studien zeigte auch signifikante Langzeitreduktionen. Eine
gemittelte gewichtete Effektstärke von dpooled = 0.92 zeigte, dass die VRET eine
ähnlich hohe Effektivität wie die PET aufweist. Limitationen entstanden unter
anderem durch die uneinheitliche Signifikanzbestimmung in der CAPS und geringe
Teilnehmerzahlen. Daher lässt sich sagen, dass die VRET eine vielversprechende
Therapie darstellt, die der PET mindestens ebenbürtig ist.

                                       Abstract
Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) is recorded with the Clinician-Administered
PTSD Scale (CAPS) and often treated with Prolonged Exposure Therapy (PET).
Nevertheless an alternative method called Virtual Reality Exposure Therapy (VRET)
shows many advantages. Therefore the efficacy of VRET on PTSD symptoms was
examined via empirical research literature. The search was conducted with the
EBSCOhost database using terms relating to VRET, PTSD and CAPS. A total of 20
studies were included in this research. Studies had to be based on quantitative data,
CAPS and exclusively VRET. The CAPS results showed significant reductions after
treatment in 18 studies and a majority of studies could maintain this effect in the
long-term. An averaged weighted effect size of dpooled = 0.92 showed a high efficacy
of VRET, which is comparable to PET. Limitations are an unclear determination of
significance in the CAPS and problems with low numbers of participants. Still it can
be concluded that VRET is a promising therapy and at least comparable to PET.

       Keywords: post-traumatic stress disorder, PTSD, virtual reality exposure therapy,
VRET, clinician-administered PTSD scale, CAPS, systematic review, meta-analysis.
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                          Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung                                             4
2. Theorie                                                4
       2.1 Posttraumatic Stress Disorder                  5
                2.1.1 Entstehungshintergrund              5
                2.1.2 Symptome und Auswirkungen           5
                2.1.3 Erhebungsmethoden                   6
                2.1.4 Clinician-Administered PTSD Scale   8
                2.1.5 Zusammenfassung zu PTSD             10
       2.2 Therapiemethoden für PTSD                      10
                2.2.1 Prolonged Exposure Therapy          10
                2.2.2 Virtual Reality Exposure Therapy    12
                2.2.3 Zusammenfassung zu PTSD-Therapien   14
       2.3 Forschungsfrage und Hypothesen                 14
3. Methode                                                15
       3.1 Ein- und Ausschlusskriterien für Literatur     15
       3.2 Methodisches Vorgehen                          16
       3.3 Einbezogene Quellen                            17
4. Ergebnisse                                             19
       4.1 Effektivität der VRET                          19
       4.2 Hypothesenprüfung                              46
5. Diskussion                                             47
       5.1 Zentrale Befunde                               47
       5.2 Methodische Schwächen                          49
       5.3 Fazit und Implikationen                        51
Literaturverzeichnis                                      53
Anhang                                                    60
4

                                   1. Einleitung
       Moderne    Technologie    hat    sich   vermehrt   in   allen   Lebensbereichen
ausgebreitet und ist aus dem heutigen Alltag kaum wegzudenken. In den meisten
Fällen benötigt es allerdings eine gewisse Reifezeit, bis eine professionelle
Anwendung möglich ist. In manchen Fällen erschließt sich ein Anwendungsbereich
auch nicht sofort, sondern wird erst im Laufe der Zeit entdeckt. Ein derartiger Fall
lässt sich bei der Entwicklungsgeschichte der Virtuellen Realität (VR) und den
Anwendungsmöglichkeiten im Gesundheitsbereich beobachten.
       So stand das erste tragbare Head Mounted Display, das im Jahre 1965 von
Ivan Sutherland entwickelt wurde (Sutherland, 1968; Mazuryk & Gervautz, 1996)
noch lange nicht im Zusammenhang mit Gesundheit, sondern fokussierte sich ab
den 1980er Jahren auf drei andere Anwendungsbereiche: Kunst, Flugsimulation und
Robotik sowie Raumfahrt und Militärfortbildung (Schroeder, 1993). Erst Ende der
1980er Jahre gelangte VR durch das erste VR-Videospiel in den Privatbereich, was
den Begriff prägte und zu erster Forschung führte (Maples-Keller et al., 2017).
       Durch die ersten Spielumwelten wurde auch der Zusammenhang von VR mit
der Prolonged Exposure Therapy (PET) sichtbar, die zum Ziel hat durch längere
Konfrontation mit angstauslösenden Stimuli bzw. Reizen früher entstandene Angst-
Reiz-Verbindungen zu löschen oder abzuschwächen (Foa, 2011). Zuerst wurde VR
als Teil PET verwendet, aber bald entstand schon die erste Forschungsarbeit, die
sich mit der Effektivität von VR als eigene Therapieform beschäftigte. Diese Virtual
Reality Exposure Therapy (VRET) führte in der damaligen Forschungsarbeit von
Rothbaum et al. (1995) zu einer hohen Reduktion der Akrophobie (Höhenangst),
was weitere Forschung zu VRET, Angststörungen und anderen psychischen
Problemen in Gang setzte (Maples-Keller et al., 2017).
       In der heutigen Forschung wird die VRET häufig bei traumatischen
Stressbelastungen verwendet. Die vorliegende Zusammenfassung zielt daher
darauf ab, das relativ junge Forschungsfeld genauer zu beleuchten und die
Effektivität der VRET zur Reduktion von Symptomen der Posttraumatischen
Belastungsstörung, bzw. Posttraumatic Stress Disorder (PTSD) systematisch
anhand der bisherigen empirischen Forschungsliteratur zu untersuchen.

                                       2. Theorie
       Um einen Überblick in die Theorie zu erhalten, ist es sinnvoll zuerst den
Forschungstand genauer zu betrachten. Daher wird zunächst das Störungsbild
5

PTSD mit der typischen Symptomatik beschrieben. Es folgt das Therapieverfahren
PET, die als Basis für die Entwicklung der VRET diente. Im Anschluss wird die
VRET selbst    genauer dargestellt. Zuletzt erfolgt ein Überblick über die
Forschungsfragen und Hypothesen in dieser systematischen Arbeit.

2.1 Posttraumatic Stress Disorder
       Ein umfassender Überblick über PTSD beinhaltet mögliche Ursachen über
die Entstehung der Störung, eine Übersicht über die Symptome und die
Auswirkungen von PTSD. Anschließend werden die Messverfahren betrachtet, mit
einem Exkurs zu der aktuell gängigsten Erhebungsmethode von PTSD.

2.1.1 Entstehungshintergrund
        Wie der Name schon andeutet, beschreibt die PTSD eine langfristige
Stressbelastung, die nach einem traumatischen Ereignis einsetzt. Zu stresshaften
bzw. traumatischen Ereignissen, die zu PTSD führen können, gehören schwere
Verletzungen, Gewalt, sexueller Missbrauch oder Todesfälle, die über die
gewohnten Erfahrungen von Menschen hinausgehen. Diese Ereignisse werden in
der fünften Version des Diagnostic and Statistical Manual (DSM) als Kriterium A
(Stressoren) beschrieben (American Psychiatric Association, 2013). Es zählt hier
sowohl die tatsächliche Erfahrung, als auch die drohende Möglichkeit, solche
Situationen zu erleben. PTSD kann weiterhin durch ein Ereignis ausgelöst werden,
das nicht selbst erlebt, sondern bei anderen Personen beobachtet wurde. Auch ist
es möglich ein Trauma durch indirekte Erfahrung zu erleiden, beispielsweise als
Ersthelfer an einer Unfallstelle oder durch das Wissen, dass enge Bekanntschaften
ein traumatisches Ereignis erlitten haben. Die Anschläge auf das World Trade
Center, Kriege in Vietnam, Irak, Afghanistan und Syrien waren zum Beispiel häufige
Ursachen für PTSD, unter denen Menschen teilweise heute noch leiden.

2.1.2 Symptome und Auswirkungen
       Zu den Auswirkungen eines Traumas zählen nach dem U.S. Department of
Veterans Affairs (2020) unter anderem Probleme mit unangenehmen Erinnerungen,
Schlaflosigkeit und Nervosität, die das alltägliche Leben beeinträchtigen. Laut
Tanielan und Jaycox (2008) lassen sich jedoch mehr als die Hälfte aller Veteranen
mit mentalen Gesundheitsproblemen nicht behandeln. Ein aufgeführter Grund ist
unter anderem, dass die mentalen Verletzungen im Gegensatz zu physischen
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Schäden nicht direkt sichtbar sind. Außerdem verschwinden die meisten Symptome
mit längerem Abstand zu dem traumatischen Ereignis normalerweise, nicht aber bei
PTSD. Daher zeigt sich bei vielen Personen erst sehr spät, ob sie an PTSD leiden.
Die ersten Symptome sind daher häufig auch die ersten Auswirkungen. Nach dem
DSM werden diese Auswirkungen oder Symptome in vier Bereiche bzw. Kriterien
aufgeteilt (American Psychiatric Association, 2013).
       Kriterium B (Rückblenden) umfasst dabei das wiederholte Erleben von
Albträumen,    Rückblenden    in   das traumatische    Erlebnis (Flashbacks)    und
unfreiwillige unangenehme Erinnerungen sowie seelische Belastung oder physische
Reaktionen auf dieses wiederholte Erleben.
       Kriterium C (Vermeidungsverhalten) zielt dabei auf die Vermeidung von
internen Reizen, wie Gedanken oder Gefühlen, sowie von externen Reizen, wie
Personen oder Orten, ab, die mit dem Trauma einhergegangen sind. Beispielsweise
sind Aspekte dieses Kriteriums das Vermeiden dunkler Gassen nach einem erlebten
nächtlichen Gewaltangriff oder das Vermeiden hoher Gebäude nach dem Erleben
des Anschlags auf das World Trade Center.
       Kriterium D (Veränderung von Stimmung und Kognition) beschreibt
Entwicklungen nach dem traumatischen Ereignis, die sich auf Stimmung und
Kognition beziehen. Dazu gehören starke Negativität, Isolationsgefühle, starke
Selbstkritik, Interessenlosigkeit, Verlust von traumabezogenen Erinnerungen,
negative Emotionen oder Schwierigkeiten beim Erleben von positiven Emotionen.
       Unter Kriterium E (Veränderung von Erregung und Reaktivität) werden die
Symptome aufgelistet, die mit physiologischen Erregungszuständen zu tun haben.
Darunter fallen Reizbarkeit, Aggression, Schlaflosigkeit, Schreckhaftigkeit und
Konzentrationsschwächen sowie riskantes oder zerstörerisches Verhalten.
       Weitere Auswirkungen von PTSD zeigen sich auch über eine hohe
Komorbidität mit anderen mentalen Problemen oder Erkrankungen. So zeigt sich
PTSD     oft   im   Zusammenhang        mit   Essstörungen    (Brewerton,   2007),
Drogenmissbrauch (Brown et al., 1995), Suizidgedanken (Marshall et al., 2001)
Angstzuständen und Depression (Ginzburg et al., 2010; Campbell et. al., 2007)

2.1.3 Erhebungsmethoden
       Es gibt zahlreiche Varianten, um PTSD zu erfassen. Vor der Beschreibung
der vorhandenen Methoden, ist es aber sinnvoll die Diagnose-Kriterien nach dem
DSM zu betrachten, da sich viele der nachfolgenden Erhebungsmethoden direkt auf
7

dieses Manual beziehen. Es sei an dieser Stelle noch erwähnt, dass sich im DSM
die Diagnosekriterien für Kinder bis 6 Jahre teilweise deutlich von den Kriterien der
Erwachsenen unterscheiden. Diese Arbeit fokussiert sich daher nur auf die
Erhebung von PTSD bei Erwachsenen.
        Insgesamt gibt es acht verschiedene Kriterien, die mit den Buchstaben A bis
H gekennzeichnet sind. Jedes Kriterium muss erfüllt sein, damit eine PTSD-
Diagnose nach dem DSM erfolgen kann (American Psychiatric Association, 2013).
        Kriterium A wurde bereits in Kapitel 2.1.1 beschrieben. Es muss mindestens
ein belastendes Ereignis (Stressor) vorgefallen sein, damit das Kriterium erfüllt ist.
        Die Kriterien B bis E fokussieren sich auf die Auswirkungen von PTSD. Diese
wurden ebenfalls im vorherigen Kapitel 2.1.2 beschrieben. Für das Erfüllen der
Kriterien muss jeweils eine bestimmte Anzahl an Erlebnissen, Verhaltensweisen
oder   Veränderungen       vorhanden     sein.   Kriterium   B   (Rückblenden)   und     C
(Vermeidungsverhalten) erfordern jeweils mindestens einen Punkt, Kriterium D
(Stimmung und Kognition) und E (Erregung und Reaktivität) dagegen erfordern
jeweils zwei Veränderungen in den beschriebenen Aspekten, die zutreffen müssen,
damit diese Kriterien erfüllt sind.
        Kriterium F (Zeit) ist erfüllt, wenn die Kriterien B bis E für mindestens einen
Monat oder länger bestehen bleiben.
        Kriterium G (Funktionstüchtigkeit) betrachtet den Einschränkungsgrad durch
die Auswirkungen von PTSD im alltäglichen, sozialen oder beruflichen Umfeld.
Wenn ein signifikanter Einbruch in der Funktionstüchtigkeit in einem dieser Bereiche
besteht, ist dieses Kriterium erfüllt.
        Kriterium H (Substanzen) betrachtet die Auswirkungen von legalen und
illegalen Drogen, sowie Medikamenten. Das Kriterium ist erfüllt, wenn die PTSD-
Symptome nicht durch Substanzen herbeigeführt wurden.
        Die gängigsten Erhebungsmethoden zur Erfassung von PTSD beziehen sich
häufig auf diese Kriterien. In erster Linie kann zwischen Interview und Selbstbericht
unterschieden werden (U.S. Department of Veterans Affairs, 2020). Zu den
Interviews gehören zum Beispiel die PTSD Symptom Scale, das PTSD Modul des
Structured Clinical Interview for the DSM-IV Axis I Disorders und das Structured
Interview for PTSD. Diese Interviews beziehen sich alle direkt auf die Kriterien im
DSM. Weiterhin gibt es zahlreiche Selbstberichte. Dazu gehören beispielsweise die
PTSD-Checkliste für DSM und die Posttraumatic Diagnostic Scale. Wie bereits in
Kapitel 2.1.2 erwähnt, geht PTSD mit einer hohen Komorbidität einher, weswegen
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sehr häufig weitere Erhebungsmethoden genutzt werden, die sich nicht direkt auf
die Messung von PTSD-Symptomen fokussieren.              Dennoch können diese
zusätzlichen Informationen hilfreich sein, um individuelle Schwerpunkte zu
diagnostizieren. Sehr häufig wird neben einer Messung von PTSD auch Angst,
Depression oder Stress gemessen. Dies erfolgt oft über das Beck Depression
Inventory, das Beck Anxiety Inventory, das State-Trait Anxiety Inventory oder auch
über die Subjective Units of Distress Scale. Für einige der bisher aufgelisteten
Interviews und Fragebögen gibt es auch eine deutsche Übersetzung.

2.1.4 Clinician-Administered PTSD Scale
       Die Clinician-Administered PTSD Scale (CAPS) nimmt eine besondere
Position bei der Diagnostik von PTSD ein. Nach dem U.S. Department of Veterans
Affairs ist die CAPS das wichtigste Interview zu Erfassung von PTSD (Weathers et
al., 2013). Daher wird dieses Verfahren hier detailliert beschrieben. Die CAPS steht
in direktem Zusammenhang mit dem DSM, daher folgte zu jeder Aktualisierung des
DSM auch eine Anpassung der CAPS. Aktuell liegt die CAPS in der fünften Version
vor, die sich auch auf die fünfte und neueste Version des DSM bezieht und 2013
veröffentlicht wurde (American Psychiatric Association, 2013). Das CAPS-Interview
wird hier exemplarisch in dieser Version beschrieben. Dennoch bezieht sich die
Bezeichnung CAPS in dieser Zusammenfassung auf alle Versionen des Interviews,
da auch Studien untersucht wurden, die vor 2013 veröffentlicht wurden und die
CAPS in älteren Versionen verwendeten.
       Die CAPS ist ein strukturiertes Interview und besteht aus 30 standardisierten
Fragen bzw. Items. Diese Items erfassen die verschiedenen Kriterien des DSM. So
beziehen sich die ersten fünf Items auf Kriterium B, zwei Items auf Kriterium C,
sieben Items auf Kriterium D und weitere sechs Items auf Kriterium E. Diese ersten
20 Items beschäftigen sich daher mit den Symptomen von PTSD und werden
jeweils anhand einer quantitativen und unipolaren Skala mit fünf verschiedenen
Stufen eingeschätzt (0 = abwesend bis zu 4 = extrem).
       Kriterium F und G werden von den nächsten fünf Fragen erfasst und die
Fragen 26 bis 28 beziehen sich auf Gesamt- oder Globalurteile zur Validität,
Schwere der Auswirkungen und zur Verbesserung seit der letzten Erfassung der
Symptome (Weathers et al., 2015). Die letzten zwei Fragen dienen der Erfassung
von eventuell vorhandenen Subtypen von PTSD.
       Kriterium A wird nur mit einem kurzen qualitativen Item zu Beginn des
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Interviews beschrieben. Hierbei ist zu erwähnen, dass die fünfte Version des CAPS
sich nur noch auf ein traumatisches Ereignis bezieht, während in vorherigen
Versionen bis zu drei Ereignisse erfasst werden konnten (Weathers et al., 2013).
         Die Zahlen aus den Items können summiert werden und ergeben damit den
Schweregrad der PTSD. Dabei ergibt sich pro Kriterium eine spezifische Summe für
die Symptomcluster (CAPS Cluster B, Cluster C, Cluster D oder Cluster E) und aus
diesen    wiederum    summierten     Werten   der     einzelnen    Cluster     auch   eine
Gesamtsumme in Form des CAPS Total Severity Score (CAPS Score). Der CAPS
Score wird in mehrere Stufen aufgeteilt, die die Schwere der PTSD wiedergeben.
Dabei erfolgt die Einstufung anhand folgender Werte "0-19 = Keine bzw. geringe
Symptomatik", "20-39 = Leichte Symptomatik", "40-59 = Mittlere Symptomatik", "60-
79 = Schwere Symptomatik" und ">80 = Extreme Symptomatik" (Weathers et al.,
2001, S. 135). Werte über 40 gelten dabei als signifikant und zeigen, dass die
Person einen klinisch auffälligen Schweregrad von PTSD aufweist.
         Durch diesen Schwellenwert kann die CAPS nicht nur eine kontinuierliche
Abstufung beschreiben, sondern ermöglicht auch eine dichotome Klassifizierung der
PTSD-Ausprägung       bei   Personen    (vorhanden      vs.   nicht   vorhanden),     was
beispielsweise bei einer Vorauswahl zu Interventionsstudien sehr nützlich ist.
Weiterhin ermöglicht der CAPS Score eine gute Vergleichbarkeit mit anderen
Testergebnissen, sowohl von verschiedenen Personen zur beispielsweise aktuellen
Ausprägung des PTSD-Schweregrads, als auch von derselben Person, deren CAPS
Score    vor   und   nach   einer   Intervention    verglichen    wird,   um    eventuelle
Verbesserungen statistisch zu messen. Dabei gilt eine Verbesserung des CAPS
Score von 15 Punkten als statistisch signifikant (Weathers et al., 2001).
         Die Durchführung des gesamten CAPS-Interviews dauert zwischen 45 und
60 Minuten (Weathers et al., 2013). Weiterhin ermöglicht die CAPS eine individuelle
Erfassung der Häufigkeit und der Intensität von PTSD-Symptomen. Außerdem deckt
das Interview alle Bereiche der PTSD vollständig ab.
         Die CAPS gibt es in mehreren Versionen. Dazu gehört eine Version für
Kinder und Jugendliche sowie drei Versionen für Erwachsene. Diese betrachten drei
unterschiedliche Zeiträume bei den Symptomen von PTSD. Eine Version erfasst die
Schwere von PTSD innerhalb der letzten Woche und eine zweite Version erfasst
den letzten Monat. In der dritten Version wird der Monat in der gesamten Lebenszeit
erfasst, in dem die heftigsten Symptome von PTSD erlebt wurden. Das Interview
muss von klinischen Fachexperten bzw. klinischen Forschern durchgeführt werden,
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die bereits über Fachwissen zu PTSD verfügen. Alternativ können auch Laien das
Interview ausführen, müssen aber vorher ein Training absolvieren.
       Analysen zeigten auch, dass die CAPS sehr wenig Messfehler aufweist und
mit anderen Tests zur Erfassung von Depression, Angst oder PTSD, besonders zur
PTSD-Checkliste, hoch korreliert ist (Weathers et al., 2017). Die CAPS in der neuen
fünften Version korreliert auch stark positiv mit der alten Version, was darauf
hindeutet, dass beide Versionen vergleichbar sind und die Anpassung keine großen
Änderungen bewirkte. Eine deutsche Übersetzung der aktuellen CAPS wurde von
Cwik et al. (2020) zur Verfügung gestellt.

2.1.5 Zusammenfassung zu PTSD
       Für diese Arbeit ist festzuhalten: PTSD ist eine schwere Belastungsstörung,
die nach einem traumatischen Ereignis entstehen kann. Die Störung ist schwer
erkennbar und ohne Behandlung tritt kaum eine Verbesserung der Stressbelastung
ein. PTSD wird mit dem CAPS-Interview erfasst. Die Ausprägungen werden dabei
numerisch festgehalten und bilden die Schwere der Symptomatik von PTSD ab. Null
steht für eine Abwesenheit der Symptome und je höher der Wert, desto stärker fällt
diese Symptomatik aus. Werte über 40 weisen dabei auf einen klinisch relevanten
Schweregrad von PTSD hin.

2.2 Therapiemethoden für PTSD
       Zur   Behandlung      von    PTSD     oder   Traumata    existieren   mehrere
Therapieformen. Das U.S. Department of Veterans Affairs (2020) unterteilt die
Therapien grob in Psychotherapie, medikamentenbasierte Therapieformen und
alternative Methoden. Die PET wird den psychotherapeutischen Methoden
zugeordnet, während die VRET bislang nicht als eigenständige Therapie, sondern
nur als technisches Mittel oder als Interventionsmethodik aufgeführt wird.

2.2.1 Prolonged Exposure Therapy
       Die PET ist eine trauma-fokussierte Psychotherapie, die zum Ziel hat Ängste
und negative Emotionen zu reduzieren, die mit dem Erleben eines traumatischen
Ereignisses einhergegangen sind (McSweeney et al., 2020). Die Therapie richtet
sich an Individuen und besteht dabei aus 8 bis 15 Sitzungen, die jeweils 90 Minuten
andauern und in der Regel wöchentlich stattfinden. Dabei werden in jeder Sitzung
drei verschiedene Interventionstechniken angewendet.
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       Die erste Interventionsmethode bildet Psychoedukation bzw. Vermittlung von
Wissen über typische Reaktionen auf Traumata, Informationen über Symptome und
Auswirkungen auf die PTSD, die mit dem Absolvieren der PET einhergehen.
       Als zweite Methode wird eine wiederholte In-Vivo-Erfahrung genutzt, bei der
Patienten mit Situationen, Objekten oder Personen in der tatsächlichen Welt
konfrontiert werden, die im Zusammenhang mit dem Trauma stehen. Normalerweise
werden diese Stimuli von den Patienten gemieden, da eine Konfrontation zu
negativen Emotionen führen kann, wie z.B. Angstzuständen oder Schuldgefühlen.
       Die letzte Interventionstechnik bildet eine wiederholte Imagination bzw. ein
gedankliches Vorstellen oder Hineinversetzen in die Situation, die das Trauma
ausgelöst hat. Dabei werden einzelne Details der Situation intensiver fokussiert.
       Die PET basiert auf der Emotional Processing Theory von Foa und Kozak
(1986). Diese beschreibt Angst als ein Gedächtnis-Netzwerk, das drei Arten von
Informationen speichert. Es beinhaltet Wissen über den gefürchteten Stimulus sowie
Erinnerungen     zu    verbalen,    physiologischen     und    verhaltensbezogenen
Informationen, die mit diesem Stimulus in Verbindung stehen. Außerdem gehören
Interpretationen über den Stimulus auch zu dem Gedächtnis-Netzwerk, das in der
Theorie als Angst-Struktur bezeichnet wird. Diese Angst-Struktur fungiert dabei als
Vermeidungs- oder Flucht-Programm, was bedeutet, dass diese Angst-Strukturen
häufig unbewusst, unzugänglich und damit auch unveränderbar bleiben. Für eine
Reduktion der Angst muss laut der Theorie diese Angst-Struktur aber aktiviert oder
abgerufen werden, damit eine Modifikation möglich wird. Zusätzlich muss die
Struktur mit kognitiven und affektiven Informationen erweitert werden, die mit der
Angst-Struktur nicht zusammenpassen.
       Diese Wirkmechanismen werden in der PET systematisch genutzt. Die
Therapie basiert genau auf dieser Veränderung der Angst-Struktur durch eine
Konfrontation oder auch Habituation bzw. Gewöhnung der Angst (McSweeney et al.,
2020). Dazu werden Stimuli verwendet, die keine Gefahr für die Patienten
darstellen, aber aufgrund der Reizgeneralisierung ausreichend stark sind, um die
Angst-Strukturen zu aktivieren. Reizgeneralisierung bezieht sich auf das Phänomen,
dass ähnliche Reize eine ähnliche Auswirkung auf Menschen haben, sodass
beispielsweise eine Spinne zu einer ähnlichen Schreckreaktion führt wie ein gleich
großes Insekt. Diese Konfrontation mit ähnlichen Stimuli erlaubt es den Patienten
schrittweise zu lernen, dass Erinnerungen an das traumatische Ereignis nicht
gefährlich sind und Ängste oder negative Emotionen über die Zeit hinweg
12

abnehmen können. Außerdem können Patienten lernen, dass physiologische
Reaktionen auf die Erinnerung an ein Trauma nicht gefährlich sind. Gegen Ende der
Therapie sollte daher die Angst-Struktur aufgebrochen sein und den Patienten ein
Umgang mit den negativen Emotionen des Traumas ermöglicht werden.
       PET wird von der American Psychological Association, der International
Society for Traumatic Stress Studies und dem U.S. Department of Veterans Affairs,
sowie weiteren Insitutionen, als zentrale Therapiemethode bei PTSD empfohlen
(McSweeney et al., 2020). Eine Meta-Analyse mit summiert 658 Versuchspersonen
zeigte, dass die PET bei PTSD gegenüber einer Kontrollgruppe (KG) eine sehr hohe
Effektstärke aufweist und daher sehr effektiv ist, um die PTSD-Symptomatik zu
reduzieren    (Powers   et     al.,   2010).    Ein   weitere   große   Studie   mit   1888
Versuchspersonen berichtete einen hohen Effekt (d = 0.87) der Therapie beim
Vergleich der PTSD-Symptome vor und nach der PET (Eftekhari et al., 2013). Diese
Symptome wurden mit der PTSD-Checkliste erfasst, die eine hohe Vergleichbarkeit
mit dem CAPS-Interview aufweist (Weathers et al., 2017).

2.2.2 Virtual Reality Exposure Therapy
       Es gibt einige Ähnlichkeiten zwischen beiden Therapien, da die VRET auf
dem Standard-Protokoll der PET aufgebaut ist (Rizzo et al., 2017) und
dementsprechend auch einige Wirkzusammenhänge mit der Emotional Processing
Theory und den zentralen Angst-Strukturen von Foa und Kozak (1986) hat.
       Die VRET umfasst 10 individuelle und wöchentliche Sitzungen, die jeweils 90
bis 120 Minuten andauern. Während der Sitzungen und in der VR-Exposition
berichten    die   Patienten    von     ihren   erlebten   Erfahrungen,    Gefühlen     und
Angstzuständen. Die erste Sitzung fokussiert sich auf Psychoedukation zu
Traumata, PTSD, Atemtechniken und Stressmanagement. Danach folgen graduelle
Steigerungen der Traumaexposition. Begonnen wird in der zweiten Sitzung mit einer
Imagination des traumatischen Ereignisses. In der dritten Sitzung erfolgt die
Anwendung der VR-Technik. Patienten erhalten ein Head Mounted Display und
nutzen je nach technischer Austattung verschiedene Steuerungselemente, wie
beispielsweise Tastatur, Controller oder Joystick. In dieser ersten Exposition erfolgt
keine Präsentation von traumabezogenen Stimuli. Ziel ist die Gewöhnung an die
VR-Umgebung, die Erkundung der Umgebung und das Erlernen der Steuerung.
Außerdem soll eine "Brücke" zwischen Imagination und der Exposition mit VR
gebildet werden (Rizzo et al., 2017, S. 11). Ab der vierten Sitzung erfolgt die
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Konfrontation mit graduell steigenden traumarelevanten Stimuli in der VR-
Umgebung. Dabei ist das Ziel, die Patienten so mit den angstauslösenden Stimuli
zu konfrontieren, dass die Angst ein erträgliches Ausmaß annimmt und die
Patienten sich in ihrer eigenen Geschwindigkeit daran gewöhnen können.
       Im Verlauf der Sitzungen werden die Angstreize habituiert und es erfolgt eine
Reduktion der Angst durch sogenannte Extinktion. Bei der Extinktion werden die
Angst-Strukturen aufgebrochen und mit den Mechanismen der Konditionierung
erfolgt eine Paarung des angstauslösenden Stimulus mit neutralen bzw. positiven
Reizen (Guthrie & Bryant, 2006). Die Verbindung von Reiz und Angst wird
sozusagen gelöscht. Da diese Extinktion nur möglich ist, wenn die Angst-Strukturen
bewusst sind (Foa & Kozak, 1986), ist die graduelle Konfrontation ein zentrales
Mittel zur Reduktion der traumabezogenen Angst und der PTSD-Symptomatik.
       Zusätzlich zu diesen Konfrontationen in den Sitzungen erhalten Patienten
Hausaufgaben, die zwischen den Sitzungen absolviert werden müssen. Dazu gehört
das Anhören von Aufnahmen über die Erfahrungen, die die Patienten in der letzten
VR-Exposition berichtet haben.
       Gegenüber der PET besitzt die VRET einige Vorteile. VR hat sich zum
Beispiel in den letzten drei Jahrzenten stark weiterentwickelt und ist technisch
deutlich vorangeschritten. So ist heute die Darstellung von realistischen virtuellen
Stimuli sehr einfach möglich. In-Vivo-Stimuli müssen daher nicht erst gesammelt,
vorbereitet oder zugänglich gemacht werden, sondern können platzsparend in
einem Datenstick oder im Internet gespeichert werden. Außerdem kann die
Intensität der Stimuli ohne große Vorbereitung per Knopfdruck verändert werden.
       Weiterhin hat die PET Probleme damit, dass Personen sich teilweise nicht
auf die Therapie einlassen, was den Effekt deutlich vermindern kann (Jaycox et al.,
1998). Das Problem mit PTSD ist aber, dass die Patienten diese Angst-Strukturen in
der Regel möglichst vermeiden wollen und es daher auch durchaus dazu kommt,
dass sich Personen nicht auf die Therapie oder einzelne Methoden einlassen
können. Die VRET hat dagegen den Vorteil, dass die angstauslösenden Stimuli
nicht auf die Vorstellungskraft der Patienten angewiesen sind, sondern direkt
multisensorisch über ein Head Mounted Display präsentiert werden, was eine
Konfrontation deutlich erleichtert (Rizzo et al., 2017).
       Ein weiterer Vorteil der VRET ist die hohe Akzeptanz, die besonders bei
Soldaten sichtbar wird (Reger & Gahm, 2008). Soldaten möchten negative
Konsequenzen auf die Karriere oder durch das soziale Umfeld vermeiden und
14

suchen deswegen unter Umständen keine Hilfe, da dies mit einem Stigma belastet
sein kann. Auch wird Technologie heutzutage häufig als akzeptiertes Hilfsmittel
gesehen, um tägliche Probleme zu lösen oder zu erleichtern. Interventionen auf VR-
Basis werden gegenüber Gesprächstherapien daher bevorzugt.

2.2.3 Zusammenfassung zu PTSD-Therapien
       Zu den Therapien ist abschließend für diese Arbeit festzuhalten, dass die
PTSD-Symptomatik sehr effektiv mit einer Exposition reduziert werden kann.
Graduelle   Konfrontationen   mit   angstauslösenden   Stimuli   sorgen   für   eine
Bewusstwerdung der Angst-Strukturen und ermöglichen Habituation und Extinktion
der Angst-Stimulus-Verbindung. Diese Methoden nutzen die PET und die VRET,
daher sind beide Therapien für die Reduktion von PTSD-Symptomen geeignet. Die
VRET weist allerdings gegenüber der PET einige Vorteile auf.

2.3 Forschungsfrage und Hypothesen
       Da die VRET noch relativ jung ist, soll in dieser Zusammenfassung ein
Überblick über die bisherigen Forschungsarbeiten zu dieser Thematik erstellt
werden. Insbesondere soll die Effektivität der VRET geprüft werden im
Zusammenhang mit der Reduktion von PTSD-Symptomen. Zur Messung der
Symptome wird das CAPS-Interview verwendet, da es sich dabei um das
meistgenutzte Verfahren zur Erfassung von PTSD handelt. Dieses Interview und
dessen Vorteile wurden in 2.1.4 bereits beschrieben. Für die Signifikanzprüfung in
dieser Arbeit gibt es zwei Vorgehensmethoden.
       Die erste Methode bezieht sich auf die Arbeit von Weathers et al. (2001, S.
135), in der eine "15 Punkte Veränderung" des CAPS Score als Zeichen für
klinische Signifikanz vorgeschlagen wurde.
       Die zweite Methode prüft klassisch mit einem statistischen Signifikanztest,
ob die Messung vor der Therapie (Pre-Messung) statistisch überzufällig deutlich
bzw. signifikant verringert wurde im Vergleich zur Messung nach der Therapie (Post-
Messung). An dieser Stelle sollte noch erwähnt werden, dass die Therapie eine
Reduktion der PTSD-Symptome herbeiführen soll, weswegen es sich hier immer um
einen einseitig gerichteten Zusammenhang mit einem Alpha-Fehler von 5% handelt.
       Zusätzlich wird der langfristige Effekt der VRET geprüft. Hier erfolgt ein
ähnliches Vorgehen, allerdings wird der CAPS Score der Pre-Messung mit den
Folgeuntersuchungen nach drei oder sechs Monaten (Follow-Up) verglichen.
15

       Weiter soll bei signifikanten Unterschieden die Effektstärke der VRET
untersucht werden. Dazu wird mit einer Meta-Analyse geprüft, wie hoch die
Effektstärke Cohen's d in allen ausgewählten Studien ist. Da die VRET einige
Vorteile gegenüber der PET aufweist und die PET bereits nach Eftekhari et al.
(2013) einen Effekt von d = 0.87 beim Pre-Post-Vergleich hat, sollte die VRET
mindestens ebenfalls diese Effektstärke aufweisen.
       Zusammengefasst ergeben sich aus diesen Untersuchungszielen insgesamt
nachfolgende fünf Hypothesen:
   1. Hypothese 1a: Der CAPS Score der Post-Messung ist um 15 Punkte
       geringer, als der CAPS Score der Pre-Messung.
   2. Hypothese 1b: Der CAPS Score der Post-Messung ist signifikant geringer,
       als der CAPS Score der Pre-Messung.
   3. Hypothese 2a: Der CAPS Score der Follow-Up-Messung nach drei oder
       sechs Monaten ist um 15 Punkte geringer, als der CAPS Score der Pre-
       Messung.
   4. Hypothese 2b: Der CAPS Score der Follow-Up-Messung nach drei oder
       sechs Monaten ist signifikant geringer, als der CAPS Score der Pre-
       Messung.
   5. Hypothese 3: Die zusammengefasste Effektstärke der Pre-Post-Vergleiche
       aller untersuchten Studien hat mindestens eine Effektstärke von d = 0.87.

                                   3. Methode
       Für die Prüfung dieser fünf erstellten Hypothesen wird eine systematische
Prüfung der empirischen Forschungsliteratur unternommen. Es werden die Kriterien
für den Einbezug in die Literatur dargestellt, das genaue Vorgehen für die Suche
beschrieben und anschließend alle einbezogenen Studien aufgelistet.

3.1 Ein- und Ausschlusskriterien für Literatur
       Studien mussten bestimmte Kriterien vorweisen, um in diese systematische
Zusammenfassung      einbezogen    zu   werden.      Dabei   wurden   ausschließlich
wissenschaftliche Zeitschriften berücksichtigt, die mit einer Peer-Review überprüft
wurden, damit ein höchstmöglicher qualitativer Wissenschaftsstandard gewährleistet
werden konnte. Zeitlich gab es keine Grenze und es wurden alle Studien bis
einschließlich 2020 einbezogen, da die VRET ein relativ junges Verfahren ist.
Sowohl deutsche, als auch englische Studien flossen in die Analyse mit ein.
16

        Damit das Konstrukt PTSD möglichst valide erfasst wird, wurden nur Studien
in die Analyse integriert, die das CAPS-Interview zur Messung der PTSD-
Symptomatik verwendeten. Oft werden mehrere Fragebögen oder andere Methoden
verwendet, daher gab es nur Ausschlüsse, wenn kein CAPS Score berichtet wurde.
        Da es Unterschiede zwischen PTSD bei Erwachsenen und Kindern gibt,
gingen der Validität wegen nur Studien von erwachsenen Versuchspersonen in die
Zusammenfassung mit ein. Außerdem wurden nur Studien berücksichtigt, die einen
Messwiederholungsfaktor mit einem Vorher-Nachher-Vergleich beinhalteten.
        Für eine bestmögliche Validität des VRET-Konstrukts, wurden alle Studien
ausgeschlossen, deren Intervention über die Verwendung der VRET hinausging und
diese mit weiteren Therapieformen ergänzte.
        Weitere Details für Studienausschlüsse finden sich im nächsten Abschnitt.

3.2 Methodisches Vorgehen
        Für die Literaturrecherche wurde die Online-Rechercheplattform EBSCOhost
verwendet. In die Suche einbezogene Datenbanken waren OpenDissertations,
Applied Science & Technology Source, eBook Collection (EBSCOhost), Education
Source, ERIC, APA PsycArticles, Psychological and Behavior Sciences Collection,
APA PsycInfo, PSYNDEX Literature with PSYNDEX Tests und Sociology Source
Ultimate. Die Auswahl der Datenbanken war breit aufgestellt, da VR auch in vielen
interdisziplinären Forschungsfeldern aus der Technik oder dem Bildungsbereich
Anwendung findet. Zur genauen Identifikation der Studien wurden außerdem die
Suchkriterien sehr genau spezifiziert.
        Die Begriffe für die Suche setzten sich folgendendermaßen zusammen:
("virtual reality" or "virtual reality exposure" or "virtual reality exposure therapy" or
"vret") AND ("post traumatic stress disorder" or "posttraumatic stress disorder" or
"ptsd") AND ("clinician administered ptsd scale" or "caps"). Abgesehen von der
ausschließlichen Suche nach Peer-Reviews, wurden keine weiteren Suchkriterien
spezifiziert.
        Die mit diesen Kriterien gefundenen Studien (N = 73) enthielten wenige
Duplikate (n = 8), die entfernt wurden. Anschließend erfolgte eine Prüfung des
jeweiligen Abstracts, um Studien zu identifizieren, die nicht mit der Forschungsfrage
in Zusammenhang standen (n = 18). Darüber hinaus wurden auch Meta-Analysen
(n = 3) ausgeschlossen.
        Die verbleibende Literatur (n = 44) ging in die genauere Eignungsbeurteilung
17

mit ein, wovon aber weitere Studien aufgrund von für diese Arbeit unpassenden
PTSD-Erfassungsmethoden (n = 10), fehlenden quantitativen Daten (n = 9) oder
über VRET hinausgehende Therapiemethoden (n = 4) ausgeschlossen wurden. Die
10 Ausschlüsse aufgrund der Messmethodik gingen darauf zurück, dass nicht die
CAPS, sondern physiologische Maße (n = 4), die Subjective Units of Distress Scale
(n = 3), die PTSD-Checkliste (n = 2) oder die Posttraumatic Diagnostic Scale (n = 1)
zur Messung von PTSD verwendet wurden. Außerdem erfolgten Ausschlüsse von
Studien, deren Datensätze in integrierten Arbeiten bereits vorhanden waren, sodass
keine doppelten Datensätze in die Zusammenfassung eingingen (n = 2).
       Passende und nicht bereits vorhandene Studien aus der gefundenen Meta-
Analyse von Nelson (2013), wurden als zusätzliche Quellen in die Untersuchung mit
einbezogen (n = 1), sodass letztendlich n = 20 Studien in die qualitative und
quantitative Zusammenfassung mit eingeflossen sind. Eine grafische Übersicht des
Ausschlussverfahrens in Form eines Flussdiagramms nach PRISMA in der
deutschen Übersetzung findet sich in Abbildung 1 (Moher et al., 2009).

3.3 Einbezogene Quellen
       Alle Studien, die in die systematische Untersuchung mit einbezogen wurden,
werden hier zur besseren Übersicht kurz mit Erstautor, Jahr und Titel aufgelistet.
Genauere Details finden sich im Literaturverzeichnis. Die einbezogenen Quellen
sind im dort mit einem Stern (*) gekennzeichnet.
   1. Loucks et al. (2018): You can do that?!: Feasibility of virtual reality exposure
       therapy in the treatment of PTSD due to military sexual trauma.
   2. Maples-Keller et al. (2018): When translational neuroscience fails in the
       clinic: Dexamethasone prior to virtual reality exposure therapy increases
       drop-out rates.
   3. McLay et al. (2017): A randomized head-to-head study of virtual reality
       exposure therapy for posttraumatic stress disorder.
   4. Reger et. al. (2016): Randomized controlled trial of prolonged exposure
       using imaginal exposure vs. virtual reality exposure in active duty soldiers
       with deployment-related posttraumatic stress disorder (PTSD).
   5. Cárdenas-López et al. (2016): Virtual reality exposure for trauma and stress-
       related disorders for city violence crime victims.
   6. Difede et al. (2014): D-cycloserine augmentation of exposure therapy for
       post-traumatic stress disorder: A pilot randomized clinical trial.
18

7. Rothbaum et al. (2014): A randomized, double-blind evaluation of D-
   cycloserine or alprazolam combined with virtual reality exposure therapy for
   posttraumatic stress disorder (PTSD) in Iraq and Afghanistan war veterans.
8. Miyahira et al. (2012): The effectiveness of VR exposure therapy for PTSD in
   returning warfighters.
9. McLay et al. (2011): A randomized, controlled trial of virtual reality-graded
   exposure therapy for post-traumatic stress disorder in active duty service
   members with combat-related post-traumatic stress disorder.
10. Cárdenas-López & De La Rosa-Gómez (2011): Post-traumatic stress
   disorder treatment with virtual reality exposure for criminal violence: A case
   study in assault with violence.
11. Freedman et al. (2010). Prolonged exposure and virtual reality–enhanced
   imaginal exposure for PTSD following a terrorist bulldozer attack: A case
   study.
12. Miyaharia et al. (2010): Effectiveness of brief VR treatment for PTSD in war-
   fighters: A case study.
13. Ready et al. (2010): Comparing virtual reality exposure therapy to present-
   centered therapy with 11 U.S. Vietnam veterans with PTSD.
14. Wood et al. (2009): Combat-related post-traumatic stress disorder: A case
   report using virtual reality graded exposure therapy with physiological
   monitoring with a female seabee.
15. Gerardi et al. (2008): Virtual reality exposure therapy using a virtual Iraq:
   Case report.
16. Difede et al. (2007): Virtual reality exposure therapy for the treatment of
   posttraumatic stress disorder following September 11, 2001.
17. Beck et al. (2007): Virtual reality exposure therapy for PTSD symptoms after
   a road accident: An uncontrolled case series.
18. Ready et al. (2006): Virtual reality exposure for veterans with posttraumatic
   stress disorder.
19. Difede et al. (2006): The application of virtual reality to the treatment of
   PTSD following the WTC attack.
20. Rothbaum et al. (2003): Virtual reality exposure therapy of combat-related
   PTSD: A case study using psychophysiological indicators of outcome.
19

                                      4. Ergebnisse
       Die Fragestellung dieser systematischen Zusammenfassung bezieht sich im
Kern immer auf die Effektivität der VRET bei der Reduktion von PTSD-Symptomen.
Die fünf Hypothesen stehen so jeweils in Zusammenhang mit dem CAPS Score, der
bei der Pre- und Post-Messung sowie bei weiteren Follow-Up-Untersuchungen
erfasst wurde, oder Effektstärken, die aus diesen deskriptiven Werten berechnet
wurden. Es erfolgt zuerst eine Einzelbeschreibung jeder Studie und anschließend
werden die Ergebnisse für die jeweiligen Hypothesen zusammengefasst dargestellt.

4.1 Effektivität der VRET
       Die gewählten Studien zeigen einen Vergleich des CAPS Score vor und
nach der Anwendung einer VRET. Dies erlaubt die Prüfung der Effektivität von der
Therapiemethode, was der zentralen Forschungsfrage dieser Arbeit entspricht. Die
Beschreibungen der Studien verlaufen dabei immer nach dem gleichen Muster. Es
werden jeweils fünf Abschnitte genauer beleuchtet.
       Zuerst wird die Fragestellung der Studie betrachtet. Anschließend erfolgt die
Beschreibung der Stichproben anhand von Variablen wie Alter, Geschlecht und
traumatischem Erlebnis, das die PTSD herbeigeführt hat. Danach erfolgt die
Betrachtung des Designs. Die Studiendesigns ähneln sich im Bezug auf die
unabhängige Variable (UV) und abhängige Variable (AV). Es gibt in den Studien
immer nur eine UV und diese bezieht sich auf eine Intervention, die zur Reduktion
von PTSD genutzt wird. Die Stufen der UV werden daher mit den jeweiligen
Interventionsgruppen beschrieben. Eine Stufe bildet in den meisten Fällen eine
VRET-Intervention.   Für    diese     Zusammenfassung         werden      auschließlich    die
Messungen dieser VRET-Gruppe betrachtet. Bei Abweichungen wird gesondert
beschrieben, welche Gruppe in die Zusammenfassung einbezogen wird. Die AV
ähnelt sich in allen Studien noch etwas mehr. Sie gibt immer die PTSD-Symptomatik
wieder, die mit dem CAPS-Interview erfasst wurde. Außerdem ähnelt sich das
Design auch dahingehend, dass es immer Messwiederholungsfaktoren gibt. Daher
handelt es sich in den meisten Fällen um ein Mixed-Method-Design. Dieses wird
aber    zur    besseren          Übersicht      anhand      klassischer        experimenteller
Designbezeichnungen        mit     UV-Stufen      bzw.      Gruppen    und       Anzahl    an
Messwiederholungsfaktoren         dargestellt    (Design:    UV-Stufen     x     Messungen).
Zusätzlich wird die Gesamtdauer der VRET in der Studie berichtet, die sich aus
Sitzungsdauer und Anzahl der Sitzungen berechnet. Als viertes werden zentrale
20

Schwächen der Studie thematisiert. Die Darstellung der Ergebnisse erfolgt immer
als letzter Punkt, damit bei Sprüngen zwischen den Studien diese immer im
untersten Absatz zu finden sind und einen schnellen Vergleich ermöglichen. Dazu
werden die deskriptiven Statistisken und weitere statistische Werte dargestellt sowie
deren Zusammenhang mit den Hypothesen. Dieser Aufbau soll zu einer guten
Übersichtlichkeit über die einzelnen Studien führen und als Nachschlagewerk für die
empirischen Arbeiten dienen.
       Falls keine Effektstärken in den Studien angegeben wurden, erfolgte eine
eigene Berechnung mithilfe des Psychometrica-Rechners (4. Effektstärken bei
Messwiederholung mit einer Gruppe [Prä-Post]; Lenhard & Lenhard, 2016). Cohen's
d wurde anhand der deskriptiven Statistiken mit Mittelwert und Standardabweichung
bestimmt. Gemäß der Empfehlung von Morris (2008) erfolgte die Berechnung mit
einem r = .5 und der Standardabweichung der ersten Messung. Darüber hinaus
erfolgte ebenfalls eine Bestimmung der Teststärke bzw. Power (T), falls eine
Effektstärke zur Verfügung stand bzw. berechnet werden konnte. Für die
Bestimmung der Power wurde das Programm G*Power verwendet (Version 3.1.9.7;
Faul et al., 2007). Dazu erfolgten Post-Hoc-Tests, die im Programm unter der t-Test
Familie mit abhängigen Mittelwerten zu finden sind. Die Berechnung war einseitig
mit einem Alpha von 5%, da es sich immer um einen gerichteten Zusammenhang
handelte. Die Stichprobengröße der Post- bzw. Follow-Up-Messung wurde zur
Berechnung der Power verwendet. Alle selbstberechneten statistischen Werte sind
mit einem Stern (*) gekennzeichnet.

(1) Loucks et al. (2018)
       Fragestellung: In dieser Studie wird der Fokus auf die Betrachtung von
Soldaten gelegt, die unter einem Military Sexual Trauma (MST) leiden. MST kann
bei Soldaten entstehen, die einen sexuellen Überfall oder eine sexuelle Belästung
während des Militärdienstes erlitten haben. Um die Symptome von PTSD zu
reduzieren, die durch MST entstanden ist, wurde eine neue spezifische VR-
Umgebung entwickelt. Ziel der Studie war es daher, die Nützlichkeit der VRET zur
Reduktion von PTSD durch MST generell und hinsichtlich dieser neuen VR-
Umgebung zu prüfen.
       Stichprobe: Teilnehmer waren Veteranen (N = 15), die in ihrem Militärdienst
ein MST erlitten haben. Die meisten der Versuchspersonen waren weiblich (n = 11),
im mittleren Alter (M = 46) und hatten eine afroamerikanische Ethnizität (n = 10). Ein
21

geringer Anteil (n = 4) hatte bereits eine Traumatherapie absolviert, allerdings
erfolgte eine Traumaexposition dabei laut Therapieprotokollen nur in geringem
Umfang. Etwas mehr als die Hälfte der Versuchspersonen schloss die Intervention
ab (n = 9).
       Design: Es handelte sich bei dieser Studie um ein Experiment mit drei
Messzeitpunkten      und    zwei     Gruppen.     Diese     bestanden     aus    einer
Interventionsgruppe (n = 6), die eine VRET erhielt, und einer Wartelisten-KG (n = 3),
die sechs Wochen später die gleiche Therapie erhielt. Die Zuteilung zu den
Gruppen erfolgte randomisiert. Die VRET bestand aus 6 bis 12 Sitzungen über
sechs Wochen, die jeweils 90 Minuten andauerten, sodass die gesamte
Therapiezeit 9 bis 18 Stunden betrug. Zu Pre-, Post- und der drei Monate
verzögerten Follow-Up-Messungen wurden jeweils ein CAPS-Interview, sowie
weitere Erhebungen durchgeführt, die die PTSD-Symptomatik als zentrale AV
erfassten. Die Sitzungen wurden beendet, sobald die maximale Sitzungsanzahl oder
eine Reduktion der PTSD-Symptome von 70% erreicht war, basierend auf der
PTSD-Checkliste. Außerdem wurden die Sitzungen beendet, wenn keine weitere
Besserung zu erwarten war. Die Zuteilung zu den Bedingungen erfolgte per
Randomisierung. Allerdings gab es einen hohen Dropout von Versuchspersonen,
weswegen weitere (n = 6) Personen rekrutiert wurden, die einen Intensivkurs
absolvierten, bei dem täglich eine Sitzung über zwei Wochen erfolgte. Die
Versuchspersonen erhielten eine kleine finanzielle Aufwandsentschädigung für das
Abschließen der VRET und der Follow-Up-Untersuchung.
       Schwächen: Kritisch zu beleuchten war in dieser Studie, dass es zwei
unterschiedliche Interventionszeiträume von zwei und sechs Wochen gab. Die
Ergebnisse der Personen, die einen Intensivkurs bzw. Intensive Outpatient Program
in zwei Wochen absolvierten (n = 4), wurden zwar in den deskriptiven Statistiken
einzeln aufgeführt, aber es erfolgte keine Signifikanztestung dazu. Diese erfolgte
nur gesamthaft, obwohl die Operationalisierung der VRET hier uneinheitlich ist.
Weiterhin war kritisch anzumerken, dass die Therapiedauer in Abhängigkeit der
PTSD-Reduktion verkürzt wurde. Das konfundierte möglicherweise die Messung der
Effektivität, da es einen Bodeneffekt begünstigte, der verhinderte, dass die
Probanden nach Erreichen einer Schwelle weitere Effekte durch die Therapie
erhalten konnten. Auch war die geringe Stichprobengröße und der Einbezug der
Wartelisten-KG in die Ergebnisse als kritisch für die Validität einzuschätzen.
        Ergebnisse: Ein t-Test für abhängige Stichproben zeigte eine signifikante
22

Reduktion der PTSD-Symptome und eine große Effektstärke nach Cohen (1988),
t(10) = 3.69, p = .004, d = 1.11. Dies bestätigte Hypothese 1b. Allerdings gab es
zwischen den deskriptiven Statistiken der Pre-Messung (M = 41.53, SD = 10.08, n =
15) und der Post-Messung (M = 28.91, SD = 15.51, n = 11) keinen Unterschied von
15 Punkten, womit Hypothese 1a wiederum nicht bestätigt werden konnte. Eine
Post-Hoc-Messung mit G*Power (Faul et al., 2007) ergab T = .96*. Es wurde in der
Studie kein Signifikanztest durchgeführt, der die Werte der Pre-Messung mit den
Follow-Up-Daten (M = 27.89, SD = 14.63, n = 9) verglich und es gab auch keinen
Unterschied von 15 Punkten im CAPS Score, womit Hypothese 2a nicht bestätigt
werden konnte. Allerdings zeigte ein weiterer t-Test, dass es keinen signifikanten
Unterschied zwischen Post- und Follow-Up-Messung gab, t(8) = 0.45, p = .666.
Daher konnte davon ausgegangen werden, dass der signifikante Unterschied auch
noch in der Follow-Up-Messung stabil blieb, was wiederum für Hypothese 2b
sprach. Die Effektstärke für diesen langfristigen Effekt der Therapie wurde mithilfe
von Psychometrica (Lenhard & Lenhard, 2016) berechnet und es ergab sich ein
hoher Effekt (d = 1.35*) nach Cohen (1988). Ein Post-Hoc-Test ergab ein
ausreichende Power von T = .98*.

(2) Maples-Keller et al. (2018)
       Fragestellung: Die Reduktion von Angst stand in dieser Studie im
Vordergrund. Die Forschungsfrage bezog sich darauf, ob das Glucocorticoid
Dexamethason (DEX), das bereits bei anderen Studien die Reduktion von Angst
erleichterte, auch für klinische Therapien geeignet ist.
       Stichprobe: Es wurden männliche Soldaten (N = 27) im jungen bis mittleren
Erwachsenenalter (M = 35.42) einbezogen, die ein Trauma im Militärdienst in
Afghanistan oder Irak erlitten hatten. Soldaten, die unter diagnostizierten
psychischen Störungen litten, die Ähnlichkeiten mit PTSD aufwiesen, oder einen
veränderten    Hormonhaushalt      aufgrund    von    Medikamenten,   Drogen   oder
Krankheiten hatten, wurden nicht in die Studie mit einbezogen.
       Design: Die Studie wurde mit einem randomisierten Experiment mit zwei
Gruppen und zwei Messzeitpunkten für das CAPS-Interview durchgeführt. Dabei
erhielt eine Gruppe das Medikament DEX und VRET (n = 13), die andere Gruppe
erhielt ein Placebo und absolvierte auch eine VRET (n = 14). Die VRET bestand aus
6 bis 11 Sitzungen, die jeweils 90 Minuten andauerten. So ergab sich eine
Gesamtdauer der Therapie von 9 bis knapp 17 Stunden. Die zentrale AV war die
23

PTSD-Symptomatik, die mit dem CAPS-Interview erhoben wurde. Die UV bezog
sich in dieser Studie auf die Auswirkungen des Medikaments. Für die systematische
Zusammenfassung sollte daher die Placebo-Gruppe betrachtet werden, allerdings
wurden die Gruppen wegen Dropout nur zusammengefasst dargestellt. Es flossen
also beide Gruppen in die Ergebnisse ein.
       Schwächen:     Die    Studie   wies   einen   extrem   hohen     Dropout   von
Versuchspersonen (n = 14) auf. In der DEX-Gruppe war dieser mit 77% (n = 10) so
stark, dass das ursprüngliche Studienziel nur extrem eingeschränkt verfolgt werden
konnte. Die Ergebnisse der deskriptiven Statistiken des CAPS Score wurden daher
aufgrund des Dropouts nur zusammengefasst dargestellt, was die Effektivität der
VRET durch die Dexamethason-Gruppe konfundierte, auch wenn es wenig
einbezogene Personen aus dieser Gruppe waren (n = 3). Auch wurden nur Männer
untersucht, was die externe Validität dieser Studie gefährden könnte.
       Ergebnisse: Der CAPS Score aus der Pre-Messung für beide Gruppen (M =
35.58, SD = 11.90, n = 13) unterschied sich im Vergleich zur Post-Messung (M =
21.42, SD = 13.41, n = 13) um weniger als 15 Punkte, daher konnte Hypothese 1a
nicht bestätigt werden. Allerdings wurde ein t-Test für abhängige Stichproben
durchgeführt, der einen signifikanten Unterschied zwischen den Messzeitpunkten
vorweisen konnte, t(12) = 4.22, p = .001. Damit wurde Hypothese 1b bestätigt. Die
Berechnung der Effektstärke mit Psychometrica (Lenhard & Lenhard, 2016) ergab
einen hohen Effekt nach Cohen (1988) von d = 1.19* und mit G*Power (Faul et al.,
2007) ergab sich ein T = .99*. Hypothesen 2a und 2b konnten nicht überprüft
werden, da die geplanten Follow-Up-Untersuchungen aufgrund des hohen Dropouts
nicht durchgeführt wurden.

(3) McLay et al. (2017)
       Fragestellung: VRET ist auf technologische Ausrüstung angewiesen, die
hohe Kosten mit sich bringt, daher untersuchte diese Studie, ob sich diese
Mehrkosten auch in einer erhöhten Effektivität zeigen. Es wurde somit die
Effektivität der VRET im Vergleich zu einer Control Exposure Therapy (CET) im
Hinblick auf die Reduktion des CAPS Score geprüft. Dabei ging es auch um die
zeitliche Komponente im Anwendungsbereich des Militärs, da dort oft begrenzte
Erholungszeiträume möglich sind.
       Stichprobe: Die Versuchsteilnehmer (N = 81) waren Soldaten, die ein
Trauma im Militärdienst in Afghanistan oder Irak erlitten hatten. Der überwiegende
24

Teil war männlich (n = 78) und im jungen bis mittleren Erwachsenenalter (M =
33.53*). Einbezogen wurden nur Personen, die einen klinisch relevanten CAPS
Score von mindestens 40 aufwiesen und Ausschlüsse erfolgten aufgrund von
anderen diagnostizierten klinischen Störungen oder Substanzabhängigkeit.
        Design: Das Experiment war in eine Untersuchung mit drei Gruppen
eingebettet. Allerdings wurden für diese Studie nur zwei Gruppen mit drei
Messzeitpunkten untersucht. Die Zuteilung zu den Gruppen erfolgte per
Randomisierung. Eine Gruppe erhielt eine VRET (n = 43) und die andere Gruppe
eine CET (n = 38). Die Therapien waren gleich konzipiert, allerdings unterschied
sich die Exposition von traumarelevanten Stimuli. In der VRET erfolgte die
Präsentation über VR mit einem Head Mounted Display, während in der CET die
Präsentation nur am Computerbildschirm dargestellt wurde. Die Versuchspersonen
durchliefen 8 bis 12 Sitzungen, die jeweils 90 Minuten andauerten. Die
Gesamtdauer der Therapie betrug daher 12 bis 18 Stunden. Nach der ersten
Traumaexposition mit VR oder am Computerbildschirm in der dritten Sitzung
konnten Versuchspersonen in eine andere Gruppe wechseln. Dies erfolgte
allerdings nur, wenn die Gruppenbalance nicht gefährdet wurde. Es wechselten
einige Versuchspersonen (n = 11) zwischen den Gruppen, sodass insgesamt n = 42
Personen die VRET und n = 43 die CET abschlossen. Die zentrale AV war die
PTSD-Symptomatik, die mit dem CAPS-Interview erhoben wurde.
        Schwächen: Die Randomisierung war nicht in allen Fällen gegeben. Da die
Durchführung der CET eine höhere Qualifikation der Therapeuten erforderte,
wurden Versuchspersonen der VRET-Gruppe zugeteilt, wenn die randomisiert
zugewiesenen Therapeuten nicht über eine solche Qualifikation verfügten. Weiterhin
wurde    die   Randomisierung     eingeschränkt     durch   den     Wechsel   einzelner
Versuchspersonen zwischen den Gruppen. Auch könnte das Wissen der
gewechselten Teilnehmer über die andere Versuchsbedingung möglicherweise den
Effekt der Therapie konfundiert haben, auch wenn der Wechsel sehr früh erfolgte.
Eine    weitere   Schwäche      war,   dass   der    Ergebnisteil     abgesehen    von
Wahrscheinlichkeitswerten keinerlei Teststatistiken aufführte. Eine Berechnung
zeigte auch, dass die Follow-Up-Untersuchung nicht genug Power aufwies.
        Ergebnisse: Der CAPS Score der Pre-Messung (M = 76.8, SD = 15.0, n =
42) war bei der VRET-Gruppe im Vergleich zur Post-Messung (M = 65.7, SD = 28.4,
n = 42) geringer, aber die Differenz betrug weniger als 15 Punkte. Hypothese 1a
konnte daher nicht bestätigt werden. Eine Varianzanalyse mit Messwiederholung für
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