Wie kann eine Gesellschaft, die christlich geprägt ist, Vergewaltigungen tolerieren? - Freiherr-vom-Stein-Schule

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Wie kann eine Gesellschaft, die christlich geprägt ist, Vergewaltigungen tolerieren? - Freiherr-vom-Stein-Schule
05.01.2018, Hess. Lichtenau

                      Abbildung 1: I stand with survivors

         Wie kann eine Gesellschaft,
            die christlich geprägt ist,
       Vergewaltigungen tolerieren?

                              Chantal Krause

                                  Religion

                              Frau Wissemann

                   Freiherr-vom-Stein-Schule
Wie kann eine Gesellschaft, die christlich geprägt ist, Vergewaltigungen tolerieren? - Freiherr-vom-Stein-Schule
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                                            Inhaltsverzeichnis
Abkürzungs- und Fachwortverzeichnis ..................................................................iii
Abbildungsverzeichnis ...........................................................................................iv
1. Vorwort ..............................................................................................................1
2. Vergewaltigung ...................................................................................................2
   2.1 Vergewaltigungsmythen ................................................................................2
3. Vergewaltigung an amerikanischen Hochschulen ..............................................4
   3.1 Studien ..........................................................................................................4
   3.2 Beispielfälle ..................................................................................................7
      3.2.1 Brock Turner ..........................................................................................7
      3.2.2 Emily Powell ........................................................................................13
      3.2.3 Emily Renda ........................................................................................14
      3.2.4 Andrea Pino und Annie Clark ..............................................................15
      3.2.5 Lostutter                                                                                                     16
      3.2.6 Vanderbilt .............................................................................................17
      3.2.7 Baylor Bears ........................................................................................18
   3.3 Reaktionen der Gesellschaft .......................................................................19
      3.3.1 Reaktionen der amerikanischen Hochschulen .....................................19
4. Nächstenliebe ....................................................................................................22
   4.1 Höchstes Gebot ...........................................................................................23
   4.2 … wie dich selbst ........................................................................................23
   4.3 Wer ist mein Nächster? ................................................................................24
   4.4 Grenzen der Nächstenliebe .........................................................................25
5. Menschenwürde ................................................................................................26
   5.1 Imago-Dei-Konzeption ...............................................................................27
   5.2 Menschenwürde als moralisches Recht, nicht erniedrigt zu werden ..........28
6. Nachwort ...........................................................................................................30
7. Verzeichnis verwendeter Quellen .....................................................................32
   7.1 Literaturverzeichnis ....................................................................................32
   7.2 Internetquellen .............................................................................................33
   7.3 Abbildungen ................................................................................................37
Anhang ...................................................................................................................39
      Sofia Karasek                                                                                                       39
      Angie Epifano ...............................................................................................39
      Harvard                                                                                                             43
      Kamilah Willingham ......................................................................................45
   Exkurs: Gesetzeslage ........................................................................................46
      Title IX                  ..........................................................................................46
      Yes-means-Yes ...............................................................................................47
!ii

  Organisationen ..................................................................................................47
    EROC (End Rape On Campus) .....................................................................47
    RAINN (Rape, Abuse & Incest national Network) .......................................48
Vergewaltigung in der Bibel .................................................................................48
  „Acquaintance Rape“ .........................................................................................49
    Dina (Genesis 34) ..........................................................................................49
    Tamar (2. Samuel, 13) ...................................................................................51
    Abischag von Schunem (1. Könige 1,1-4) .....................................................52
    Susanna (Daniel 13) .......................................................................................52
  Gruppenvergewaltigung in Frieden und Krieg ..................................................54
    In Zeiten des Friedens (Richter 19) ...............................................................54
    In Zeiten des Krieges ....................................................................................55
  Vergewaltigung als Strafe .................................................................................55
    König David (2. Samuel 11-12) .....................................................................55
  Vergewaltigungsgesetze .....................................................................................56
    Ehe mit kriegsgefangenen Frauen ................................................................56
    Gesetze zum Schutz der Vergewaltigten .......................................................57
!iii

Abkürzungs- und Fachwortverzeichnis

A.a.O.:                             Am angegebenen Ort
vgl.:                               vergleiche
Äquivalent:                          gleichwertiger Ersatz
Binge Drinking:                     unkontrolliertes Trinken großer Mengen alkoholischer Ge-
                                    tränke - Rauschtrinken1
egalitär:                           auf Gleichheit gerichtet 2
Ivy League:                         Liga im US-amerikanischen Hochschulsport, welche sich
                                    aus den Sportmannschaften der acht Elite-Universitäten im
                                    Nordosten zusammensetzt; bezeichnet meist nur die Elite-
                                    Universitäten: Brown, Columbia, Cornell, Dartmouth, Har-
                                    vard, Princeton, Pennsylvania, Yale 3
Penetration:                        das Eindringen eines Gegenstandes oder Körpers in einen
                                    anderen
Prävention:                         Vorbeugung
Promiskuität:                       „sexuelle Freizügigkeit“ im Sinne häufig wechselnder Se-
                                    xualpartner oder mehrerer Sexualpartner gleichzeitig4
Sexismus:                          Vorstellung, nach der ein Geschlecht dem anderen von Natur
                                    aus überlegen sei, und die daraus resultierende Diskriminie-
                                    rung, Unterdrückung und Benachteiligung von Menschen,
                                    besonders von Frauen5
Whistleblower:                      Jemand, der Missstände (an seinem Arbeitsplatz) aufdeckt
                                    und öffentlich macht6

1   vgl. Wiktionary. 2017. binge drinking. Online: https://de.wiktionary.org/wiki/binge_drinking. 11.01.2018.
2 vgl. Bibliographisches Institut GmbH: Dudenverlag. 2017. egalitär. Online: https://www.duden.de/recht-
schreibung/egalitaer. 11.01.2018.
3   vgl. Wikipedia. 2018. Ivy League. Online: https://de.wikipedia.org/wiki/Ivy_League. 11.01.2018.
4   vgl. Neues Wort. 2018. Promiskuität. Online: https://neueswort.de/promiskuitaet/. 11.01.2018.
5 vgl. Bibliographisches Institut GmbH: Dudenverlag. 2017. Sexismus. Online: https://www.duden.de/
rechtschreibung/Sexismus. 11.01.2018.
6 vgl. Bibliographisches Institut GmbH: Dudenverlag. 2017. Whistleblower. Online: https://www.duden.de/
rechtschreibung/Whistleblower. 11.01.2018.
!iv

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: I stand with survivors ........................................................................1
Abbildung 2: Ursachen von Vergewaltigung ..........................................................3
Abbildung 3: Gründe für das Nicht-Anzeigen von Vergewaltigung .......................6
Abbildung 4: Wie der Vater eines Vergewaltigers seinen Sohn verteidigt ..............9
Abbildung 5: Studentinnen berichten über ihre Vergewaltigungen .......................15
!1

1. Vorwort

           „This is a call to action. Recognize that this culture exists and
        actively work to change it. I support survivors, today and every day.
                            Can you say this honestly too?7

Die Antwort auf die Frage, ob du Vergewaltigungsopfer unterstützt, sollte meiner Mei-
nung nach immer „JA!“ lauten. Leider kann nicht jeder Mensch diese Antwort geben
und in meiner Jahresarbeit möchte ich zeigen, was es heißt Vergewaltigungsopfer allein
zu lassen und probieren die Frage zu beantworten, wie eine Gesellschaft so etwas zulas-
sen kann. Besonderen Bezug möchte ich dabei auf eine christlich geprägte Gemein-
schaft nehmen, die Nächstenliebe und den Schutz der Menschenwürde als Anspruch
haben sollte.
Die Problematik, dass Vergewaltigungen an amerikanischen Hochschulen nicht verfolgt
werden, folglich also toleriert werden, liegt mir dabei besonders am Herzen. An dieser
Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass Vergewaltigungsopfer in Amerika als Überle-
bende („survivor“) bezeichnet werden. Diese Begrifflichkeit werde ich in meiner Jah-
resarbeit überwiegend verwenden, da es den Respekt und die Unterstützung gegenüber
Vergewaltigungsopfern zeigt. Sie mussten Unvorstellbares erleiden und haben Wunden
und Narben davon getragen, die vielleicht niemals mehr heilen werden, und dann zu
sagen, „Ich kämpfe für mich und andere Überlebende“, ist meiner Meinung nach etwas,
was man ehren sollte, und genau diese Einstellung probiere ich durch den Begriff
„Überlebende“ auszudrücken.
Die Briefe von Überlebenden zu lesen, hat mich in dieser Hinsicht geprägt und emotio-
nal berührt. Dank ihnen beschreite ich nun den Weg eine Jahresarbeit darüber zu schrei-
ben, wie eine Gesellschaft, die christlich geprägt ist, Vergewaltigungen tolerieren kann.
Ich möchte zeigen, wie falsch es ist Überlebenden die Unterstützung zu verweigern und
ihnen die Verantwortung für eine Vergewaltigung zuzuschieben.
Ich möchte probieren, etwas zu verändern.

7Powell, Emily. 2014. POWELL: A survivor’s call to action, in: The Cavalier Daily. Online: http://www.ca-
valierdaily.com/article/2014/12/powell-a-survivors-call-to-action. 06.01.2018.
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2. Vergewaltigung

Vergewaltigung umfasst sexuelle Handlungen gegen den Willen des Opfers. Dazu gehö-
ren sexuelle Handlungen an dem Opfer und sexuelle Handlungen, die das Opfer an an-
deren vollziehen muss. Allgemein spricht man von einer Penetration des sexuellen In-
timbereichs. Darunter fällt erzwungener vaginaler, analer oder oraler Geschlechtsver-
kehr, sowie das Eindringen/Einführen von Gegenständen in den sexuellen Intimbereich.
Vergewaltigung kann auch durch die Handlung eines Dritten unter Zwang geschehen.
Zwangsmittel können körperliche oder psychische Gewalt, die Bedrohung des eigenen
Lebens oder des Lebens Dritter beispielsweise durch Waffengewalt, sowie die Ausnut-
zung der Lage eines Opfers, wenn dieses schutzlos dem Vergewaltiger ausgeliefert ist,
sein.8
Mit der Vergewaltigung wird dem Menschen sein Recht zur Selbstbestimmung genom-
men.

2.1 Vergewaltigungsmythen

         „ALLE FRAUEN WOLLEN VERGEWALTIGT WERDEN

         KEINE FRAU KANN GEGEN IHREN WILLEN VERGEWALTIGT WER-
         DEN

         SIE WOLLTE ES JA

         WENN DU VERGEWALTIGT WIRST, ENTSPANN DICH DOCH UND HAB
         DEINEN SPASS!“ 9

Dies sind nach Susan Brownmiller Vergewaltigungsmythen, die der männlichen Ideolo-
gie entsprechen. Mit ihnen wird die Rechtmäßigkeit und Richtigkeit der männlichen
Macht begründet. Die Schuld an der Vergewaltigung liegt nun beim Opfer, indem davon
ausgegangen wird, dass Frauen zur Vergewaltigung verführen. Der Angriff und die Ge-
walttätigkeit, die mit einer Vergewaltigung in Verbindung stehen, wird geleugnet. Man
dürfte davon ausgehen, dass keine der oben zitierten Aussagen wirklich der Wahrheit

8vgl. Gottschalk, Christiane. 2014. Die Verletzlichkeit der Menschenwürde am Beispiel sexualisierter Gewalt gegen
Frauen. Berlin: LIT VERLAG, 56.
9Brownmiller, Susan. 1978. Gegen unseren Willen: Vergewaltigung und Männerherrschaft. Frankfurt am Main: S.
Fischer Verlag GmbH, 226.
!3

entsprechen. Wiederum ist es aber wichtig zu wissen, dass es solche Einstellungen gibt,
um die Reaktion der Gesellschaft in vollem Ausmaß zu verstehen:

         „Ich wehrte mich. Ich trat dem Kerl in die Eier und machte ihn krankenhausreif.
         Dabei war ich erst 17. So gab’s keinen Fall von Vergewaltigung, aber beinah
         einen Mordfall. Jedenfalls sagte die Polizei, wenn der Kerl stirbt, wäre ich we-
         gen Totschlags dran. Können Sie sich das vorstellen, ich wollte Anzeige wegen
         versuchter Vergewaltigung erstatten, und da sagten sie auf der Polizei:,Hast du
         dem armen Kerl nicht schon genug angetan?’ Ihre Sympathie war auf seiner
         Seite. Mich nannten sie einen ausgeflippten Hippie.“ 10

Für viele Überlebende entspricht die Reaktion der Gesellschaft einem zweiten Trauma,
denn ihnen begegnen Misstrauen, Vorwürfe, Ablehnung und Zweifel an ihrer Glaub-
würdigkeit. Sie werden nach ihrem Alkoholkonsum, ihren Klamotten und ihrem Verhal-
ten gefragt. Die Frau muss damit rechnen keine Unterstützung zu bekommen; sie be-
kommt die Schuld. Sie wird mit ihrem Leid alleine gelassen. Für viele Überlebende ein
Grund zu schweigen.

                           Abbildung 2: Ursachen von Vergewaltigung

10Brownmiller, Susan. 1978. Gegen unseren Willen: Vergewaltigung und Männerherrschaft. Frankfurt am Main: S.
Fischer Verlag GmbH, 267.
!4

3. Vergewaltigung an amerikanischen Hochschulen

Die nun folgenden Kapitel bilden das Herzstück meiner Jahresarbeit. In ihnen möchte
ich aufzeigen, wie häufig das Problem von Vergewaltigungen an Hochschulen in Ame-
rika auftritt und wie damit umgegangenen wird. Dazu möchte ich zuerst einen Über-
blick durch Studien, die zu dem Thema gemacht wurden, geben und dann mit Beispiel-
fällen fortfahren. Darauf aufbauend erarbeite ich die Reaktionen der Gesellschaft und
insbesondere der Hochschulen.

3.1 Studien
Bei Studien zum Thema Vergewaltigung gilt es allgemein zu beachten, dass es eine
hohe Dunkelziffer geben kann, da viele Frauen über ihre Erfahrungen schweigen. Die
Wahrscheinlichkeit, dass die Studien nur einen Teil des wirklichen Ausmaßes aufgrei-
fen, ist relativ hoch einzuschätzen.
Im Jahr 2014 startete das Weiße Haus eine Studie, um das Problem von sexuellen Über-
griffen an amerikanischen Hochschulen aufzuarbeiten. Sie befragten dafür Studentinnen
und Studenten von neun Colleges während des Schuljahrs 2014/2015. Dies ergab, dass
10% der Studenten und Studentinnen Erfahrungen mit sexuellen Übergriffen gemacht
haben. 4% wurden vergewaltigt. Doch nur 12,5% der Fälle von Vergewaltigung wurden
angezeigt. Die Restlichen wurden verschwiegen, folglich wurde der Täter nie bestraft.
Außerdem sollen die Hochschulen mit Studentenverbindungen und einer Sportler-Kul-
tur am stärksten betroffen sein. 20% der sexuellen Übergriffe sollen von Sportlern ver-
übt worden sein,11 sowie Verbindungsbrüder dreimal häufiger zu Vergewaltigern werden
als andere Studenten.12
2014 erklärte Barack Obama, als er ein Präventionsprogramm für sexuelle Gewalt vor-
stellte, „Geschätzt eine von fünf Frauen wurde während ihrer Collegejahre Opfer sexu-

11vgl. Jamieson, Amber. 2016. 10% of female US college students experienced sexual assault in 2015, in:
The Guardian. Online: https://www.theguardian.com/us-news/2016/jan/21/college-campus-sexual-as-
sault-report-2015-university-students-rape. 06.01.2018.
12 vgl. Wergin, Clemens. 2014. Vergewaltigung als Kollateralschaden der Party-Kultur, in: WeltN24. On-
line: https://www.welt.de/politik/ausland/article135241172/Vergewaltigung-als-Kollateralschaden-der-
Party-Kultur.html. 06.01.2018.
!5

eller Gewalt.“ 13 Andere Studien zeigen, dass 90% der Täter Serienvergewaltiger sind,
die im Durchschnitt bis zu sechs-mal vergewaltigen.14
Auch die Organisation RAINN (Rape,Abuse & Incest National Network), die sich ge-
gen sexuelle Gewalt einsetzt, veröffentlicht Studien und Statistiken zum Thema Verge-
waltigung. Unabhängig vom College erfährt alle 98 Sekunden eine Frau sexuelle Ge-
walt. Alle acht Minuten ist das Opfer ein Kind und nur sechs von 1.000 Tätern enden im
Gefängnis.15
Die Statistiken zu Vergewaltigungen an Hochschulen zeigen, dass diese Problematik
weit verbreitet ist. 11,2% der Studenten und Studentinnen haben eine Vergewaltigung
oder sexuelle Übergriffe erlebt. Bei den Absolventen erlebten 8,8% der Frauen und
2,2% der Männer einen sexuellen Übergriff, unter den Studenten 23,1% der Frauen und
5,4% der Männer.
Weiterhin lässt sich feststellen, dass auf zwei sexuelle Übergriffe ein Raub kommt. 16
Die Wahrscheinlichkeit vergewaltigt zu werden liegt dementsprechend höher als ausge-
raubt zu werden.
Im Gegensatz zur Anzahl der Frauen, die sexuelle Gewalt erfahren, liegt die Zahl derer,
die zur Polizei gehen und Anzeige erstatten bei 20%. 17
Die Gründe für das Nicht-Anzeigen sind vielfältig und hängen nicht in allen Fällen mit
der Reaktion der Gesellschaft zusammen. Doch bleibt sie ein entscheidender Faktor in
der Frage, warum nur wenige Vergewaltigungen gemeldet werden.
Die „Climate Survey on Sexual Assault and Sexual Misconduct“ (2015) von der „Asso-
ciation of American Universities“ bestätigt die Ergebnisse vorangegangener Studien.
23,1% der Studentinnen haben sexuelle Übergriffe erfahren. Doch nur 5-28% der Opfer
haben die Übergriffe gemeldet. Als Gründe wurden angeführt, dass die Studentinnen es

13 vgl. Wergin, Clemens. 2014. Vergewaltigung als Kollateralschaden der Party-Kultur, in: WeltN24. On-
line: https://www.welt.de/politik/ausland/article135241172/Vergewaltigung-als-Kollateralschaden-der-
Party-Kultur.html. 06.01.2018.
14 vgl. Wergin, Clemens. 2014. Vergewaltigung als Kollateralschaden der Party-Kultur, in: WeltN24. On-
line: https://www.welt.de/politik/ausland/article135241172/Vergewaltigung-als-Kollateralschaden-der-
Party-Kultur.html. 06.01.2018.
15   vgl. RAINN. 2018. Statistics. Online: https://www.rainn.org/statistics. 06.01.2018.
16   vgl. A.a.O.
17   vgl. A.a.O.
!6

für nicht wichtig genug hielten, sich schämten oder es für emotional zu schwierig erach-
teten. Außerdem hatten sie das Gefühl, dass nichts unternommen werden würde. 18
In der folgenden Abbildung sind weitere Gründe für das Schweigen der Opfer aufgelis-
tet, sortiert nach Studenten und Nicht-Studenten.

              Abbildung 3: Gründe für das Nicht-Anzeigen von Vergewaltigung

18vgl. Association of American Universities. 2015. AAU Climate Survey on Sexual Assault and Sexual Misconduct
(2015). Online: https://www.aau.edu/key-issues/aau-climate-survey-sexual-assault-and-sexual-miscon-
duct-2015?id=16525. 06.01.2018.
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3.2 Beispielfälle
„Die Geschichten echter Opfer zu hören, war so herausfordernd wie inspirierend. Wir
haben viele Statistiken zu diesem Thema gelesen und schnell erkannt, dass hinter diesen
Zahlen tolle Menschen mit starken Geschichten stecken.“19 - so Laura Petruccelli,
Kreativdirektorin einer Kampagne, die aufmerksam auf sexuelle Gewalt an amerikani-
schen Hochschulen macht. Ihre Worte möchte ich als Anlass nehmen, die Geschichten
von Überlebenden aufzuarbeiten.

3.2.1 Brock Turner
„You don’t know me, but you’ve been inside me, and that’s why we’re here today.“20

In der Nacht vom 17. Januar auf den 18. Januar 2015 vergewaltigte Brock Allen Turner
eine bewusstlose und wehrlose Frau.
Zum Zeitpunkt der Tat war er 19 Jahre alt und Student an der Elite-Universität Stanford.
Er galt als Schwimmer mit Olympia-Hoffnung. Die Überlebende war 22 Jahre alt und
keine Studentin mehr. Sie lebte mit ihren Eltern in Palo Alto, während ihr Freund in
Philadelphia lebte. Am 17. Januar kam ihre Schwester zu Besuch. Da diese selten vor-
beikam, ging sie mit ihr zu einer Party von der Kappa Alpha-Studentenverbindung. In
Folge dessen war sie in dieser Nacht betrunken. Der Täter hatte auch zu viel getrunken.
Bevor er mit ihr getanzt hat, hat er probiert ihre Schwester zu küssen. Die Schwester
lehnt dies aber ab und ist dann mit Freunden zu jemand anderem gefahren. Erst später
ist sie wieder zu der Party zurückgekehrt und musste feststellen, dass ihre Schwester
nicht auffindbar war.
Brock Turner sagt, er habe mit ihr getanzt und sie geküsst. Sie hätte immer ihr Einver-
ständnis geben, wenn er gefragt habe. Als sie nach draußen gingen, sei sie ausgerutscht
und beide gemeinsam hingefallen. Daraufhin soll es zu Küssen neben der Mülltonne
gekommen sein. Die Frau soll die ganze Zeit ansprechbar und wach gewesen sein, der
Sex einvernehmlich. Als er aber aufgestanden sei, weil ihm schlecht geworden war, at-

19 Anonymous. 2016. “Tut uns leid, dass Sie an der Uni vergewaltigt werden“, in: Süddeutsche Zeitung. On -
line: http://www.sueddeutsche.de/bildung/studium-tut-uns-leid-dass-sie-an-der-uni-vergewaltigt-werden-
1.2957836. 06.01.2018.
20 Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her Attaker,
in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-stanford-
victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
!8

tackierten ihn ohne Grund zwei fahrradfahrende Studenten.21 Die Fahrradfahrer dage-
gen sahen einen Mann, der mit seinem Körper gegen eine bewusstlose Frau stieß.22 Sie
hielten Brock Turner fest bis die Polizei kam. Die Überlebende wachte erst 3 Stunden
später im Krankenhaus auf, ohne Erinnerungen an die Vergewaltigung.
In Palo Alto wurde Brock Allen Turner vor Gericht gestellt. Zuerst handelte es sich um
fünf Anklagepunkte, die dann auf drei reduziert wurden: 1. sexuelle Penetration einer
alkoholisierten Person; 2. sexuelle Penetration einer bewusstlosen Person; 3. Angriff mit
dem Vorsatz der Vergewaltigung einer alkoholisierten oder bewusstlosen Person. Der
Täter leugnete während dem kompletten Verfahren, die Überlebende vergewaltigt zu
haben, daher forderte der Anwalt des Täters einen Freispruch.
Möglich wären 14 Jahre gewesen, die Staatsanwaltschaft forderte sechs Jahre und am
Ende erhielt Brock Turner eine sechsmonatige Haftstrafe - von der er wegen gutem Be-
nehmen nur drei Monate absitzen musste -, eine drei-jährige Bewährungsstrafe und ei-
nen Eintrag in das Register für Sexualstraftäter, nachdem er im März 2016 von 12 Ge-
schworenen als schuldig befunden wurde. Der Richter Aaron Persky, ehemaliger Star-
Athlet, begründete seine milde Strafe damit, dass Brock Turner noch so jung sei, keine
Vorstrafen habe und eine längere Haftstrafe ernsthafte Folgen für ihn haben könnte.23
Viele Menschen forderten daraufhin seine Absetzung als Richter. Die milde Strafe sei
ein Schlag ins Gesicht für die Überlebende.24
Der Vater von Brock Turner rechtfertigt die Tat seines Sohnes damit, dass er mit dem
College-Alltag nicht zurechtgekommen sei und zu viel getrunken habe. Er sei vorher nie
gewalttätig gewesen. Jetzt habe er keine Appetit mehr. Seine Lebensträume seien ge-
platzt. Eine Haftstrafe sei ein hoher Preis für eine 20 Minuten Aktion. Schließlich würde

21 vgl. Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her
Attaker, in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-
stanford-victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
22vgl. Lee, Jaqueline. 2016. Woman testifies against Brock Turner for sex assault, in: The Mercury News.
Online: https://www.mercurynews.com/2016/03/18/woman-testifies-against-former-stanford-all-star-
swimmer-accused-of-sexually-assaulting-her/. 06.01.2018.
23vgl. Anonymous. 2016. „Du hast mir meine Würde genommen“, in: WeltN24. Online: https://ww-
w.welt.de/vermischtes/article156057171/Du-hast-mir-meine-Wuerde-genommen.html. 06.01.2018.
24 vgl. Anonymous. 2016. “Du kennst mich nicht, aber du warst in mir und darum sind wir heute hier“,
in: Jetzt. Online: https://www.jetzt.de/sexuelle-gewalt/ansprache-eines-vergewaltigungsopfers.
06.01.2018.
!9

Brock Turner sich gegen „Binge Drinking“ und sexuelle Promiskuität auf dem College
einsetzen. 25

         Abbildung 4: Wie der Vater eines Vergewaltigers seinen Sohn verteidigt

In einer 13-seitigen Stellungnahme schildert die Überlebende eindringlich und berüh-
rend ihre Sicht auf die Vergewaltigung. Sie richtet sich dabei direkt an den Täter. Sie
schrieb, dass das Problem nicht Alkohol gewesen sei, sondern die Vergewaltigung:

        „This is not a story of another drunk college hookup with poor decision making.
        Assault is not an accident. Somehow, you still don’t get it. Somehow, you still
        sound confused. I will now read portions of the defendant’s statement and re-
        spond to them.

        You said, Being drunk I just couldn’t make the best decisions and neither
        could she.

        Alcohol is not an excuse. Is it a factor? Yes. But alcohol was not the one who
        stripped me, fingered me, had my head dragging against the ground, with me
        almost fully naked. Having too much to drink was an amateur mistake that I
        admit to, but it is not criminal. Everyone in this room has had a night where

25vgl. Anonymous. 2016. „Du hast mir meine Würde genommen“, in: WeltN24. Online: https://ww-
w.welt.de/vermischtes/article156057171/Du-hast-mir-meine-Wuerde-genommen.html. 06.01.2018.
!10

        they have regretted drinking too much, or knows someone close to them who
        has had a night where they have regretted drinking too much. Regretting drin-
        king is not the same as regretting sexual assault. We were both drunk, the diffe-
        rence is I did not take off your pants and underwear, touch you inappropriately,
        and run away. That’s the difference.

        You said, I stupidly thought it was okay for me to do what everyone around
        me was doing, which was drinking. I was wrong.

        Again, you were not wrong for drinking. Everyone around you was not sexually
        assaulting me. You were wrong for doing what nobody else was doing, which
        was pushing your erect dick in your pants against my naked, defenseless body
        concealed in a dark area, where partygoers could no longer see or protect me,
        and my own sister could not find me. Sipping fireball is not your crime. Peeling
        off and discarding my underwear like a candy wrapper to insert your finger into
        my body, is where you went wrong. Why am I still explaining this.

        You said, you are in the process of establishing a program for high school
        and college students in which you speak about your experience to “speak
        out against the college campus drinking culture and the sexual promiscuity
        that goes along with that."

        Campus drinking culture. That’s what we’re speaking out against? You think
        that’s what I’ve spent the past year fighting for? Not awareness about campus
        sexual assault, or rape, or learning to recognize consent. Campus drinking cultu-
        re. Down with Jack Daniels. Down with Skyy Vodka. If you want talk to people
        about drinking go to an AA meeting. You realize, having a drinking problem is
        different than drinking and then forcefully trying to have sex with someone?
        Show men how to respect women, not how to drink less.

        Drinking culture and the sexual promiscuity that goes along with that. Goes
        along with that, like a side effect, like fries on the side of your order. Where
        does promiscuity even come into play? I don’t see headlines that read, Brock
        Turner, Guilty of drinking too much and the sexual promiscuity that goes along
        with that. Campus Sexual Assault. There’s your first powerpoint slide. Rest as-
        sured, if you fail to fix the topic of your talk, I will follow you to every school
        you go to and give a follow up presentation.“26

Nicht nur ein Leben sei zerstört worden sondern zwei Leben. Sie habe körperliche und
seelische Wunden davon getragen.

        „Lastly you said, I want to show people that one night of drinking can ruin
        a life.

        A life, one life, yours, you forgot about mine. Let me rephrase for you, I want to
        show people that one night of drinking can ruin two lives. You and me. You are
        the cause, I am the effect. You have dragged me through this hell with you, dip-
        ped me back into that night again and again. You knocked down both our
        towers, I collapsed at the same time you did. If you think I was spared, came
        out unscathed, that today I ride off into sunset, while you suffer the greatest

26 Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her Attaker,
in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-stanford-
victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
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        blow, you are mistaken. Nobody wins. We have all been devastated, we have all
        been trying to find some meaning in all of this suffering. Your damage was con-
        crete; stripped of titles, degrees, enrollment. My damage was internal, unseen, I
        carry it with me. You took away my worth, my privacy, my energy, my time, my
        safety, my intimacy, my confidence, my own voice, until today.“27

Dazu käme die Retraumatisierung und Demütigung durch das Gerichtsverfahren und
einen Täter, der alles leugnete.

        „I was not only told that I was assaulted, I was told that because I couldn’t re-
        member, I technically could not prove it was unwanted. And that distorted me,
        damaged me, almost broke me. It is the saddest type of confusion to be told I
        was assaulted and nearly raped, blatantly out in the open, but we don’t know if
        it counts as assault yet. I had to fight for an entire year to make it clear that there
        was something wrong with this situation.

        When I was told to be prepared in case we didn’t win, I said, I can’t prepare for
        that. He was guilty the minute I woke up. No one can talk me out of the hurt he
        caused me. Worst of all, I was warned, because he now knows you don’t re-
        member, he is going to get to write the script. He can say whatever he wants and
        no one can contest it. I had no power, I had no voice, I was defenseless. My
        memory loss would be used against me. My testimony was weak, was incom-
        plete, and I was made to believe that perhaps, I am not enough to win this. His
        attorney constantly reminded the jury, the only one we can believe is Brock,
        because she doesn’t remember. That helplessness was traumatizing.

        Instead of taking time to heal, I was taking time to recall the night in excrucia-
        ting detail, in order to prepare for the attorney’s questions that would be invasi-
        ve, aggressive, and designed to steer me off course, to contradict myself, my
        sister, phrased in ways to manipulate my answers. Instead of his attorney say-
        ing, Did you notice any abrasions? He said, You didn’t notice any abrasions,
        right? This was a game of strategy, as if I could be tricked out of my own worth.
        The sexual assault had been so clear, but instead, here I was at the trial, answe-
        ring questions like:

        How old are you? How much do you weigh? What did you eat that day? Well
        what did you have for dinner? Who made dinner? Did you drink with dinner?
        No, not even water? When did you drink? How much did you drink? What con-
        tainer did you drink out of? Who gave you the drink? How much do you usually
        drink? Who dropped you off at this party? At what time? But where exactly?
        What were you wearing? Why were you going to this party? What’ d you do
        when you got there? Are you sure you did that? But what time did you do that?
        What does this text mean? Who were you texting? When did you urinate? Where
        did you urinate? With whom did you urinate outside? Was your phone on silent
        when your sister called? Do you remember silencing it? Really because on page
        53 I’d like to point out that you said it was set to ring. Did you drink in college?
        You said you were a party animal? How many times did you black out? Did you
        party at frats? Are you serious with your boyfriend? Are you sexually active
        with him? When did you start dating? Would you ever cheat? Do you have a
        history of cheating? What do you mean when you said you wanted to reward
        him? Do you remember what time you woke up? Were you wearing your cardi-

27 Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her Attaker,
in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-stanford-
victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
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        gan? What color was your cardigan? Do you remember any more from that
        night? No? Okay, well, we’ll let Brock fill it in.

        I was pummeled with narrowed, pointed questions that dissected my personal
        life, love life, past life, family life, inane questions, accumulating trivial details
        to try and find an excuse for this guy who had me half naked before even bothe-
        ring to ask for my name. After a physical assault, I was assaulted with questions
        designed to attack me, to say see, her facts don’t line up, she’s out of her mind,
        she’s practically an alcoholic, she probably wanted to hook up, he’s like an ath-
        lete right, they were both drunk, whatever, the hospital stuff she remembers is
        after the fact, why take it into account, Brock has a lot at stake so he’s having a
        really hard time right now.

        And then it came time for him to testify and I learned what it meant to be revic-
        timized. I want to remind you, the night after it happened he said he never plan-
        ned to take me back to his dorm. He said he didn’t know why we were behind a
        dumpster. He got up to leave because he wasn’t feeling well when he was sud-
        denly chased and attacked. Then he learned I could not remember.

        So one year later, as predicted, a new dialogue emerged. Brock had a strange
        new story, almost sounded like a poorly written young adult novel with kissing
        and dancing and hand holding and lovingly tumbling onto the ground, and most
        importantly in this new story, there was suddenly consent. One year after the
        incident, he remembered, oh yeah, by the way she actually said yes, to every-
        thing, so.“ 28

Sie beendet ihren Brief mit den folgenden Worten:

        „And finally, to girls everywhere, I am with you. On nights when you feel alo-
        ne, I am with you. When people doubt you or dismiss you, I am with you. I
        fought everyday for you. So never stop fighting, I believe you. As the author
        Anne Lamott once wrote, "Lighthouses don’t go running all over an island loo-
        king for boats to save; they just stand there shining." Although I can’t save
        every boat, I hope that by speaking today, you absorbed a small amount of light,
        a small knowing that you can’t be silenced, a small satisfaction that justice was
        served, a small assurance that we are getting somewhere, and a big, big kno-
        wing that you are important, unquestionably, you are untouchable, you are be-
        autiful, you are to be valued, respected, undeniably, every minute of every day,
        you are powerful and nobody can take that away from you. To girls everywhere,
        I am with you. Thank you.“29

28 Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her Attaker,
in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-stanford-
victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
29 Baker, Katie J.M.. 2016. Here Is The Powerful Letter The Stanford Victim Read Aloud To Her Attaker,
in: BuzzFeed. Online: https://www.buzzfeed.com/katiejmbaker/heres-the-powerful-letter-the-stanford-
victim-read-to-her-ra?utm_term=.phGVjVG8n#.tcv0G0a6Q. 06.01.2018.
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3.2.2 Emily Powell
„I’m a survivor and it tooks far too long for me to feel supported“30

Emily Powell hat ihren Vergewaltiger im ersten Semester auf einer Verbindungsparty
getroffen. Auf dieser kam es zu der Vergewaltigung. Sie erinnert sich daran „Nein“ ge-
sagt und geweint zu haben. Sie verband das, was passiert war, nicht mit einer Vergewal-
tigung. Für sie waren Vergewaltiger Fremde, die aus Büschen springen. Ein klassischer
Mythos. Doch sie wusste, dass das, was passiert war, falsch gewesen war. Als sie im
zweiten Semester ein Video sah, indem ein Mädchen ihre Vergewaltigung beschrieb,
realisierte sie, dass das sie sein könnte. Trotzdem meldete Emily Powell die Vergewalti-
gung nicht.
Warum melden Überlebende ihre Vergewaltigung nicht?
Zum einen haben sie vielleicht negative Sachen über den Sexualverhaltensauschuss ge-
hört, haben Angst vor der Vergeltung des Täters, glauben, dass das Justizsystem eine zu
raue Umgebung für Überlebende sei oder, dass das Melden und Anzeigen nur noch
mehr mentalen und emotionalen Schaden anrichten würde. Viele realisieren, genauso
wie Emily Powell, nicht, dass sie vergewaltigt wurden. Das Land macht ihrer Meinung
nach einen schlechten Job bei der Aufklärung.

        „But there is another reason why so many, including myself, choose not to re-
        port. - Because of you. Maybe not you reading this (although there are some
        individuals I can think of who made me not want to report), but you as a collec-
        tive group, you as a society, you as my peers.“31

Die Überlebenden erhalten keine Unterstützung von der Gesellschaft. Auch die Freunde
von Emily Powell unterstützten sie nicht. Sie hielten ihr Denken, es sei eine Vergewalti-
gung für melodramatisch. Es handele sich nur um ein Missverständnis oder bedauerns-
werten Sex. Sie reagierten mit Fragen, die dem Opfer die Schuld geben:

        „‘Well, had you been drinking?' 'Are you sure you said no?’ ’He probably didn’t
        understand. Just let it go.’ ’Are you really considering ruining someone’s life
        over this? Stop being overdramatic, stop playing the victim, and get over it.’“ 32

30Powell, Emily. 2014. POWELL: A survivor’s call to action, in: The Cavalier Daily. Online: http://www.-
cavalierdaily.com/article/2014/12/powell-a-survivors-call-to-action. 06.01.2018.
31Powell, Emily. 2014. POWELL: A survivor’s call to action, in: The Cavalier Daily. Online: http://www.-
cavalierdaily.com/article/2014/12/powell-a-survivors-call-to-action. 06.01.2018.
32Powell, Emily. 2014. POWELL: A survivor’s call to action, in: The Cavalier Daily. Online: http://www.-
cavalierdaily.com/article/2014/12/powell-a-survivors-call-to-action. 06.01.2018.
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Solche Fragen bringen die Überlebenden dazu, an sich selbst und ihren Geschichten zu
zweifeln. Die Verantwortung für die Vergewaltigung trägt nun das Opfer, und nicht
mehr der Täter. Unsere Kultur hält mit so einem Verhalten Vergewaltigung aufrecht. Sie
unterstützt den Täter anstatt der Überlebenden. Emily Powell fordert uns deswegen auf,
diese Kultur zu verändern und etwas zu unternehmen, auf der Seite der Überlebenden
zu stehen.

3.2.3 Emily Renda

Bei Emily Renda handelt es sich um einen sexuellen Übergriff nach Alkoholkonsum. In
ihrer sechsten Woche auf der Universität von Virginia besuchte sie eine Party, gegeben
von einer Studentenverbindung. Der Täter hatte sie von dort aus mit nach Hause ge-
nommen. Sie folgte ihm auf sein Zimmer, da es ihr schlecht ging. Daraufhin wurde er
gewalttätig und vergewaltigte sie, als sie gehen wollte. Es handelte sich hierbei um ihre
erste Erfahrung mit Alkohol und Sex.
Sie sagt selbst, Gewaltanwendung sei nicht typisch bei College Vergewaltigungen, meist
bedürfe es nur Nötigung und Alkoholeinfluss, da das Opfer dadurch die Kontrolle ver-
liere.33 Emily Renda schuf durch Zahlen und Daten Distanz zu ihrer Geschichte, um
sich nicht von den Emotionen überrollen zu lassen. Sie gründete eine Hilfsgruppe für
Überlebende. Nach dem Abschluss trat sie dann der Uni-Verwaltung bei und half bei der
Entwicklung von Präventionsprogrammen.
Die Universität von Virginia gehört zu den 88 Universitäten, die von der Bundesbehör-
de überprüft werden, weil sie kein angemessenes Verhalten im Umgang mit Fällen von
sexueller Gewalt zeigen. Als dies bekannt wurde, begannen die Studenten zu demons-
trieren. Es kam zu einer Untersagung der Aktivitäten von studentischen Verbindungen,
um diese zu beenden. Doch die Studenten machten weiter. Auf Post-its berichten sie von
ihren Vergewaltigungen.
Sie bauten ein Monument auf, bei welchem jeder Stein für eine Überlebende sexueller
Gewalt stand. Ein Schritt hin zu einer Gesellschaft, die Überlebende schützt und unter-
stützt.

33Wergin, Clemens. 2014. Vergewaltigung als Kollateralschaden der Party-Kultur, in: WeltN24. Online:
https://www.welt.de/politik/ausland/article135241172/Vergewaltigung-als-Kollateralschaden-der-Party-
Kultur.html. 06.01.2018.
!15

           Abbildung 5: Studentinnen berichten über ihre Vergewaltigungen

3.2.4 Andrea Pino und Annie Clark

Andrea Pino und Annie Clark waren beide Studentinnen an der University of North Ca-
rolina (UNC) - Chapel Hill. Annie Clark wurde vor dem Studienbeginn auf einer Party
vergewaltigt. Sie hat sich gewehrt, jedoch konnte sie nichts ausrichten. Danach ist sie
weggerannt. Anfänglich schwieg sie über ihre Vergewaltigung. Erst als sie von einer
Freundin hörte, dass sie auch vergewaltigt wurde, erstattete sie Anzeige bei der UNC.
Die Universität reagierte mit Fragen, die ihr als Überlebende die Schuld gaben. Sie er-
hielt keine Unterstützung.
Andrea Pino besuchte in ihrem zweiten Studienjahr eine Party, dort wurde sie auf der
Toilette vergewaltigt. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch Jungfrau; sie hat nicht ge-
schrien, einfach nur gehofft, nicht zu sterben. Auch später schwieg sie, probierte ihre
Vergewaltigung zu leugnen. Doch dies gelang ihr nicht, sie litt unter Alpträumen. Dar-
aufhin erzählte sie es zum ersten Mal jemandem - Annie Clark. Als sie Anzeige bei der
Universität erstattete, wurde sie von der UNC ignoriert. Sie ließ sich trotzdem nicht un-
terkriegen und machte bei einem Fotoprojekt für Überlebenden mit, damit öffnete sie
eine Tor für andere.
Aus Verzweiflung über die Untätigkeit der University of North Carolina suchten Andrea
Pino und Annie Clark Anfang 2013 gemeinsam nach juristischen Regelungen zum
Schutz vor sexuellen Übergriffen. Dadurch kamen sie dazu eine Titel IX-Beschwerde
einzureichen. Ihr Fall wurde angenommen. Die Universität leugnete weiterhin alles und
!16

sagte, die Behauptungen der beiden Studentinnen seien unwahr und falsch. Es kam zu
Drohungen gegenüber den Studentinnen. Trotzdem gaben sie nicht auf und haben weiter
gekämpft. Weitere Überlebende meldeten sich bei ihnen. Sie erstellten eine Karte mit
allen Meldungen und mussten feststellen, dass die Vergewaltigungen an Hochschulen
einer Epidemie glichen. Sie richteten ein Titel IX-Beschwerde-Netzwerk ein, ein Wen-
depunkt in der Geschichte von sexuellen Übergriffen. Andrea Pino und Annie Clark be-
gannen durch die USA zu reisen und an die Öffentlichkeit zu gehen, indem sie zum Bei-
spiel Pressekonferenzen gaben. Sie hörten sich die Geschichten anderer Überlebender
an, und erlebten ihr Trauma mit. Sie gaben ihnen Hilfe und Unterstützung; Dinge, die
ihnen die Universitäten verwehrten. Sie beschlossen mit Senatoren und der Regierung
unter Obama zu reden. Diese leiteten daraufhin Ermittlungen gegen die Hochschulen
ein.
Die Geschichte von diesen beiden Überlebenden zeigt uns, dass wir etwas verändern
können, wenn wir nur dafür kämpfen.

3.2.5 Lostutter

Im August 2012 missbrauchten zwei Football-Spieler ein 16-jähriges Mädchen mehr-
fach. Sie waren zu dem Zeitpunkt auf der Highschool in Straubenville im Bundesstaat
Ohio. Sie fotografierten ihr Opfer und filmten die Tat. Danach teilten sie das Video auf
Twitter und Facebook. Innerhalb des Teams gab es eine sogenannte „Rape gang“.
Die Überlebende wachte nackt und ohne Erinnerungen in einem fremden Haus auf. Die
Schule und die Stadt beschlossen, die Täter und Football-Spieler zu schützen.
Der Hacker Deric Lostutter von der Aktivistengruppe Anonymous machte die Tat der
zwei Jugendlichen öffentlich und half so den Behörden. Ihm drohen jetzt 16 Jahre Haft
für vier Straftaten, die im Zusammenhang mit der Aufdeckung der Vergewaltigung ste-
hen. Unteranderem wurde er dafür angeklagt, sich illegal Zugang zu der Facebook-Seite
des Football-Teams besorgt zu haben. Daraufhin hat er private Inhalte öffentlich ge-
macht, auch ein Video, indem die Täter mit der Vergewaltigung prahlen. Außerdem
stand er schon 2013 im Visier des FBIs wegen Ermittlungen gegen Anonymous.
Der Täter Malik R. (16) wurde dagegen nach zehn Monaten in der Jugendhaftanstalt
entlassen und ist nun wieder Mitglied des Football-Teams. Trent M. (17) war zwei Jahre
im Jugendhaft und konnte seine Football-Karriere an einem anderen College fortsetzen.
!17

Lostutter äußert sich in dem Zusammenhang wie folgt:

        „Wir leben in einer Welt, in der Vergewaltiger […] einen Tag ins Gefängnis
        müssen. Das Leben von Aktivisten und Whistleblowern hingegen wird völlig
        auf den Kopf gestellt.“ 34

Er bezieht sich dabei auf John Enochs, der nur einen Tag wegen Körperverletzung ins
Gefängnis musste und zu 12 Monaten Bewährung verurteilt wurde, obwohl er wegen
zwei Vergewaltigungen an der Indiana University im Jahr 2013 und 2015 angezeigt
wurde und 16 Jahre Haft möglich gewesen wären.

3.2.6 Vanderbilt

An der Vanderbilt University in Tennessee wurde 2013 eine Studentin von vier Foot-
ball-Spielern mehrfach vergewaltigt. Einer von ihnen hatte vorher eine Beziehung mit
der Überlebenden gehabt. Cory Batey, einer der Vergewaltiger, penetrierte das Opfer mit
den Fingern und urinierte auf sie. Ein anderer schob ihr den Hals einer Wasserflasche in
den Anus. Brandon Vandenburg probierte die Studentin zu vergewaltigen, scheiterte
aber aufgrund von Erektionsstörungen. Er verteilte daraufhin Kondome und filmte die
Vergewaltigung. Dieses Video schickte er dann an Freunde in Kalifornien. Nach der
Vergewaltigung legten die Täter die bewusstlose Studentin in einer Halle der Universität
ab. Einige Studenten beobachteten dies. Doch sie griffen weder ein, noch meldeten sie
das Verbrechen. Die Universität selbst tat dies letztendlich aufgrund von Kameraauf-
zeichnungen. Nachdem die Polizei das Video der Vergewaltigung auf der Festplatte des
Vergewaltigers fand, war die Beweislage eindeutig und die Jury brauchte nur drei Stun-
den für das Urteil im Januar 2015. Zwei der Täter (Brandon Vandenburg und Cory Ba-
tey) wurden wegen mehrfacher schwerer Vergewaltigung verurteilt. Bei den anderen
zwei Vergewaltigern steht das Urteil noch aus.
Im Gegenzug beantragte die Verteidigung, dass das Urteil für ungültig erklärt werde, da
Jury-Sprecher Todd Easter befangen sei. Er war selbst ein Opfer sexueller Übergriffe als
Jugendlicher. Somit kam es vorerst zu keiner Verurteilung, doch wird die Publicity des

34Anonymous. 2016. Hacker droht höhere Strafe als Sextätern, in: WeltN24. Online: https://www.welt. -
de/vermischtes/article156958372/Hacker-droht-hoehere-Strafe-als-Sextaetern.html. 06.01.2018.
!18

Prozesses zu der Debatte, wie wir sexueller Gewalt an amerikanischen Universitäten
beenden können, beitragen.35

3.2.7 Baylor Bears

Eine ehemalige Studentin an der Baylor University reichte Klage ein, in der sie dem
Football-Team (Baylor Bears) Fehlverhalten vorwirft. Zwischen 2011 und 2014 soll es
zu 52 Vergewaltigungen, inklusive fünf Gruppenvergewaltigungen, durch 31 Football-
Spieler gekommen sein. Dies soll von den Coaches und Verantwortlichen einkalkuliert
und geduldet worden sein. Bei der Anwerbung minderjähriger Football-Talente hätten
sie diese mit Alkohol, Drogen und Frauen versorgt, und es soll Partys in Strip-Clubs
gegeben haben. Außerdem sollen die Coaches die weiblichen Mitglieder des Uni-Emp-
fangsklubs Baylor Bruins zu Sex mit dem Football-Spieler animiert haben.36
Des Sohn des schon 2016 gefeuerten Cheftrainers Art Briles habe einen Football- Spie-
ler aus Dallas gefragt, „ob er weiße Frauen möge, denn man habe viele davon an der
Baylor, die Footballspieler mögen.“37 Beide bestreiten die Vorwürfe. Trotzdem ist auch
der Präsident der Universität Kenneth Star zurückgetreten.
Die Universität hat aktuell 17 Fälle zugegeben und bei drei Fällen konnte eine außerge-
richtliche Einigung erzielt werden.

An dieser Stelle würde ich Sie bitten, zuerst in den Anhang zu blättern und die Ge-
schichten weiterer Überlebender zu lesen, bevor sie zu den Reaktionen der Gesellschaft
kommen. Im Anhang finden Sie auch Gesetze und Organisationen, die sich gegen sexu-
elle Gewalt aussprechen.

35 vgl. Heil, Christiane. 2015. Die Vergewaltiger spazieren aus der Haft, in: Frankfurter Allgemeine. Online:
http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/nach-vergewaltigung-an-einer-studentin-sind-tae-
ter-wieder-frei-13670074.html. 06.01.2018.
36vgl. Böhm, Eric. 2017. College Football: Sexskandal der Baylor Bears weitet sich aus - Vergewaltigun-
gen an Football-Uni, in: sport1. Online: http://www.sport1.de/us-sport/college-football/2017/01/college-
football-sexskandal-der-baylor-bears-weitet-sich-aus. 06.01.2018.
37Böhm, Eric. 2017. College Football: Sexskandal der Baylor Bears weitet sich aus - Vergewaltigungen an
Football-Uni, in: sport1. Online: http://www.sport1.de/us-sport/college-football/2017/01/college-foot-
ball-sexskandal-der-baylor-bears-weitet-sich-aus. 06.01.2018.
!19

3.3 Reaktionen der Gesellschaft

           „(…) often rape is still not yet viewed as the responsibility of the rapist and of
           the society that tolerates it. Victim-survivors are still blamed and they still bla-
           me themselves.“38

Die Gesellschaft reagiert meist ablehnend und ungläubig auf die Geschichten von Über-
lebenden. Unterstützung ist selten. Oft wird den Überlebenden nicht einmal Glauben
geschenkt. Durch Fragen nach der Kleidung oder dem Alkoholkonsum wird den Über-
lebenden die Schuld und Verantwortung zu geschoben. Der Täter wird in Schutz ge-
nommen, während die Überlebenden beginnen an sich und ihren Erlebnissen zu zwei-
feln. Folglich schweigen viele Überlebende. Doch genau zu so einem Verhalten sollte es
nicht kommen. Wir, als eine Gesellschaft, sollten Überlebende unterstützen und probie-
ren ihnen zu helfen, wo wir können, damit am Ende die Täter bestraft werden und nicht
die Opfer.

3.3.1 Reaktionen der amerikanischen Hochschulen
Die meisten amerikanischen Hochschulen unternehmen wenig bis gar nichts um Über-
lebende zu unterstützen. Eine Haltung, die den Überlebenden die Schuld gibt, zeigt sich
schon in den Politiken der Universitäten. Meist wird die Frau (Opfer) als passiv be-
schrieben. Sie ist auf die Hilfe und den Schutz von maskulinen Organisationen ange-
wiesen ist. Das Opfer oder Kläger wir als Individuum dargestellt, welches behauptet
oder glaubt, dass sexueller Missbrauch stattgefunden hat, selten als Überlebende. 39
Die Bucknell University und das College of St. Scholastica gehören zu den Universitä-
ten, die die Opfer als Überlebende bezeichnen. Das College of St. Scholastica spricht
die Überlebenden zudem direkt an:
„If you are raped or assaulted, YOU ARE NOT TO BLAME!“40

38   Scholz, Susanne. 2010. Sacred Witness - Rape in the Hebrew Bible. Minneapolis: Fortress Press, 210.
39vgl. Iverson, Susan V.. 2016. A Policy Discourse Analysis of Sexual Assault Policies in Higher Educati-
on, in: Carrigan Wooten, Sara; Mitchell, Roland W.. The Crisis of Campus Sexual Violence - Critical Perspectives
on Prevention and Response. New York und London: Routledge, 27.
40Iverson, Susan V.. 2016. A Policy Discourse Analysis of Sexual Assault Policies in Higher Education, in:
Carrigan Wooten, Sara; Mitchell, Roland W.. The Crisis of Campus Sexual Violence - Critical Perspectives on
Prevention and Response. New York und London: Routledge, 28.
!20

Der Student, der die Vorschriften verletzt hat, wird als der Angeklagte (UNC-Chapel
Hill), der angebliche Täter (Bucknell University), der Befragte und selten als der An-
greifer (University of Mississippi) beschrieben. 41
Das Opfer hat Subjektivität: „eine andere Person“ und „diese Person“. Der Täter bleibt
meistens unsichtbar und abwesend.42 Der Fokus liegt also auf dem Opfer, dem Objekt,
dessen Verhalten bewertet wird:
„Did s/he consent or not? Did s/he resist or not? Was s/he incapacitated? Was the se-
xual contact ‘unwelcome‘ or was ’pressure’ for sex ’unreasonable'?“43
Die Last der Verantwortung trägt das Opfer und der Täter wird aus seiner Verantwor-
tung für die eigenen Taten entlassen.
Trotz allem sind aber auch Strafen für Sexualstraftäter angesetzt. Yale ahndet sexuellen
Missbrauch mit einer Suspendierung für einen Tag, die Columbia University mit einer
Suspendierung für ein Semester. An der University of Toledo droht Vergewaltigern eine
25-Dollar-Geldstrafe; an der Brandeis University eine Verwarnung und an dem Occi-
dental College muss man eine Posterwand gestalten mit 10 Wegen, wie man ein Mäd-
chen anspricht. 44
Meist werden aber selbst die geringen Strafen nicht umgesetzt. So gab es an der Har-
vard University zwischen 2009 und 2013 135 gemeldete sexuelle Übergriffe, aber nur
10 gemeldete Suspensionen. An der University of California Berkeley waren es zwi-
schen 2008 und 2013 78 gemeldete sexuelle Übergriffe und nur drei Rauswürfe; am
Dartmouth College (2002-2013) 155 sexuelle Übergriffe und drei Suspensionen; an der
Standford University (1996 -2013) 259 gemeldete sexuelle Übergriffe und nur ein
Rauswurf. An der University of Virginia waren es zwischen 1998 und 2013 205 gemel-
dete sexuelle Übergriffe und keine einzige Suspension. Im Gegenzug aber 183 Raus-
würfe wegen Betrugs und anderen Verletzungen des Ehrenkodexes.45

41vgl. Iverson, Susan V.. 2016. A Policy Discourse Analysis of Sexual Assault Policies in Higher Educati-
on, in: Carrigan Wooten, Sara; Mitchell, Roland W.. The Crisis of Campus Sexual Violence - Critical Perspectives
on Prevention and Response. New York&London: Routledge, 28.
42vgl. Iverson, Susan V.. 2016. A Policy Discourse Analysis of Sexual Assault Policies in Higher Educati-
on, in: Carrigan Wooten, Sara; Mitchell, Roland W.. The Crisis of Campus Sexual Violence - Critical Perspectives
on Prevention and Response. New York und London: Routledge, 27.
43   A.a.O.
44   vgl. Dick, Kirby; Ziering, Amy. 2015. The Hunting Ground, 34:50-35:25.
45   vgl. Dick, Kirby; Ziering, Amy. 2015. The Hunting Ground, 20:30-21:20.
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