Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt - Die Rolle des Risikomanagements ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagements
2 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Management Summary Die Erweiterung des Kerngeschäfts um Dienstleistungen, der Verkauf über Plattformen, die operative Fähigkeit zur Zusammenarbeit im Netzwerk sowie die Verfügbarkeit und Nutzung von Daten verändern das Geschäftsmodell der Versicherer. Was bedeuten diese Entwicklungen für die Prioritäten, die Rolle und das Kompetenzprofil der zukünftigen Risikomanagementfunktion? Wir haben den Schweizer Versicherungsmarkt befragt. Nicht überraschend wird die Bedeutung von Cyber- Der Ausgleich von Risiko und Rendite steht auch sowie Datenrisiken stark zunehmen. Dazu kommen weiterhin im Zentrum der Tätigkeit. Ein weiteres Span- weitere Risiken, welche die Befragten abhängig vom nungsfeld ist ferner, Kontrolle und Sicherheit gegen- Geschäftsfeld leicht unterschiedlich beurteilen: Com- über Kosten und Effizienz abzuwägen. Relevant zu pliance-, Outsourcing-, Reputationsrisiken, exter ne sein, um Prozesse und Entscheide frühzeitig mitzuge- Risiken sowie Risiken aus Akquisitionen und Beteili- stalten, fordert von der Risikomanagementfunktion, gungen werden eher zunehmen. genug nah und involviert und doch unabhängig zu sein Die Kernthemen in der Risikomanagementfunkti- sowie schnelle und gleichzeitig fundierte Entschei- on sind, die strategischen Planungs- und Risikomana dungen zu treffen. Vor diesem Hintergrund erstaunt gement-Prozesse noch besser zu integrieren, früher in es nicht, dass Risikomanagerinnen und -manager der Veränderungsprozesse und -entscheidungen einge- Zukunft ein breites Kompetenzspektrum mitbringen bunden zu sein sowie Kontrollen vermehrt zu automa- sollten. Nebst analytischen Fähigkeiten sind es vor tisieren. Dafür muss allerdings die Datenaufbereitung allem auch die Kommunikations- und Konfliktfähig- beschleunigt werden. Eine weitere Herausforderung keit, die das Profil in Zukunft prägen. stellen für die meisten Befragten die knappen Res- Die Rolle bleibt anspruchsvoll und vielseitig, darin sourcen dar und dass viele Aufgaben bei denselben sind sich die Befragten einig. Wir schlussfolgern, dass Personen landen. Dies zwingt zu einem pragmati- auch in der Risikomanagementfunktion Innovation schen Ansatz. Auch steigende Ad-hoc-Anfragen des gefragt ist. Sei dies bei der Automatisierung von bei- Regulators führen zu Engpässen. Eine mangelnde spielsweise Kontrollen, Schnelligkeit bei der Einbin- oder abnehmende Attraktivität des Jobs sieht die dung von Kooperationspartnern, bei der Erhöhung der Mehrheit der Befragten aber nicht. Eher wird der Be- Agilität des Handelns oder der Weiterentwicklung des darf gesehen, das Mandat weiterzuentwickeln, sei es Mandats zu einem Risiko- und Chancenmanagement. in Bezug auf die Handhabung von Cyber- und Daten- risiken oder im Sinne einer Weiterentwicklung des Mandats vom Experten zum Netzwerker. Die Zusammenarbeit mit Start-ups und Insurtechs sehen Versicherer als grosse Chance. Kooperationen bergen aber auch Risiken. Insbesondere die hohe Änderungsgeschwindigkeit wird von den befragten Risikomanagerinnen und -managern als Gefahr ge- sehen, Risiken nicht (rechtzeitig) zu identifizieren. Die Einbindung in die eigenen Systeme sowie unter- schiedliche Mentalitäten verursachen hohe Komple- xität. Demgegenüber schätzen viele Reputationsrisi- ken zwar generell als steigend ein, sehen diese aber nicht als grösste Herausforderung in der Zusammen- arbeit mit Jungunternehmen. Auch das Fehlen von Risikomanagement-Expertise in neuen Geschäftsfel- dern beschäftigt im Vergleich weniger. Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 3
4 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Inhaltsverzeichnis 03 Management Summary 06 Hintergrund zur Transformation in der Versicherungsindustrie 07 Interviewpartner 08 Studiendesign Transformation des Geschäftsmodells 10 Bedeutung für Versicherer 12 Treiber der Veränderungen Auswirkung der Transformation 15 Entwicklung ausgewählter Risiken 18 Aktuelle Herausforderungen 20 Zusammenarbeit mit Jungunternehmen Entwicklung der Risikofunktion 22 Spannungsfelder 22 Aktuelle Zielsetzungen im Risikomanagement 26 Zukünftiges Kompetenzprofil 27 Fazit 28 Verweise 29 Autoren Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 5
Hintergrund zur Transformation in der Versicherungsindustrie Technologischer Wandel, die Alterung der Gesellschaft, Klimawandel sowie die Megatrends Globalisierung, Individualisierung, Mobilität, Digitalisierung und Konnektivität beschäftigen die Versicherungs industrie als Risikoträger in besonderem Mass. Die Folge ist ein tief greifender Wandel, der Veränderungen am gesamten Geschäftsmodell der Versicherer mit sich bringt, sowohl am Kundenversprechen, der Art und Weise der Wertschöpfung als auch am Ertragsmodell. Treiber der Transformation sind ändernde und neu Die verschiedenen Funktionen und Bereiche im Ver- aufkommende Risiken, Erwartungen und Anforderun- sicherungsunternehmen sind gefordert, Veränderun- gen der Kunden an die Interaktion mit Versicherern, gen voranzutreiben, zu begleiten und umzusetzen. die Verfügbarkeit von Daten und die Fähigkeit, diese Mit dieser Studie beleuchten wir dabei die Rolle und zu nutzen (vgl. EIOPA, 2017), agile Technologieunter- Funktion des Risikomanagements. Als Funktion und nehmen und Start-ups mit neuen Lösungsansätzen Bereich, der sich ganzheitlich und systematisch mit und das Entstehen von Ökosystemen (vgl. Braun & der Ausgestaltung und Organisation eines verbesser- Schreiber, 2017) sowie nicht zuletzt politische und ten Risiko-Rendite-Ausgleichs beschäftigt, kann das regulatorische Anforderungen (vgl. Cappiello, 2020). Risikomanagement zur optimalen Struktur des Trans- Im Fokus der Diskussion steht oft die digitale formationsprozesses beitragen. Denn ein Transfor- Transformation (Cappiello, 2018), welche die Ver mationsprozess erfordert ein stetiges Abwägen von sicherungsindustrie nach Ansicht vieler Experten Rendite und Sicherheit, von Agilität und Stabilität, eher verzögert erfasst hat (Eling & Lehmann, 2018). von Effizienz und Effektivität. Dabei stehen die Versicherungsunternehmen vor der Herausforderung mit teils sehr alten, über die letzten Wir wünschen Ihnen viel Spass und interessante Jahrzehnte gewachsenen Systemen und Prozessen Erkenntnisse bei der Lektüre. den Transformationsprozess zu gestalten. Während zu Beginn die administrativen Prozesse im Fokus stan- Die Autoren den, hat die Transformation längst die gesamte Wert- schöpfungskette der Versicherungsunternehmen er- fasst (vgl. Albrecher et al, 2019; EIOPA, 2017). 6 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Interviewpartner Doris Andres Chief Risk and Legal & Compliance Officer Dextra Versicherung, Zürich Marlene Arnold Mitglied der Geschäftsleitung Leitung Finanzen & Services Coop Rechtsschutz, Aarau Olivier Aubry Chief Risk Officer AXA Schweiz, Winterthur Peter Bamert Group Chief Risk Officer Helvetia, St. Gallen Dr. Christian Dahmen Chief Risk Officer New Reinsurance, Zürich Dr. Peter Giger Group Chief Risk Officer Zurich Insurance Group, Zürich Marco Häfliger Leiter Risk & Compliance Management Sympany, Basel Dr. Jan Küpfer Head Governance, Security & Compliance (Schweiz) Swiss Life, Zürich Matthias Kuss Risk Governance AXA Schweiz, Winterthur Stefan Ostermeier Leiter Controlling, Risiko- und Systemmanagement Deutsche Rück, Düsseldorf Norbert Reisinger Chief Financial Officer SWICA, Winterthur Bertrand Volken Leiter Risiko- und Qualitätsmanagement Visana Services AG, Bern Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 7
Studiendesign Die Erkenntnisse dieser Studie basieren auf persönlichen Interviews mit 12 Expertinnen und Experten und einer Online-Befragung von 31 Versicherern. Wir bedanken uns bei allen, die mit ihrer Teilnahme an der Befragung und an den Gesprächen zu dieser Studie beigetragen haben. Die Methodik der vorliegenden Studie basiert auf Die befragten Unternehmen lassen sich anhand ihrer einer Kombination aus qualitativer und quantitativer Geschäftstätigkeit in Lebens- und Sachversiche rer, Befragung (Abbildung 1). Die Autoren haben mit 12 Rückversicherer und Krankenversicherer kategorisie Vertreterinnen und Vertretern des Risikomanage- ren (Abbildung 3). Die Studienteilnehmer lassen sich ments verschiedener Versicherungsgesellschaften ein den FINMA-Aufsichtskategorien 2 bis 5 zuordnen. Die Expertengespräch geführt (vgl. Interviewpartner S. 7). Kategorie dient im Rahmen dieser Studie als Indika Aussagen aus diesen Gesprächen finden sind als Zitate tor für die Unternehmensgrösse, wobei Kategorie 2 hervorgehoben und im Text integriert. Die Aussagen grossen und Kategorie 5 kleineren Unternehmen ent- der Interviewten wurden anonymisiert und möglichst spricht. Im Rahmen dieser Studie wurden die Kate- wortgetreu aufgeführt. Die quantitative Befragung auf gorien 2 und 3 sowie die Kategorien 4 und 5 zusam- Basis eines Online-Survey fand zwischen dem 26. Au- mengefasst und gemeinsam ausgewertet. Innerhalb gust und dem 29. September 2020 statt. der Aufsichtskategorie 2 und 3 haben 18 Versicherer, Die Studie ist wie folgt organisiert (Abbildung 2). innerhalb der Aufsichtskategorie 4 und 5 13 Versiche- Das Kapitel Studiendesign gibt Aufschluss über das rer an der Befragung teilgenommen (Abbildung 3). Studiendesign und die Stichprobe. Im Kapitel Transfor- Prozentangaben beziehen sich immer auf die Gesamt- mation des Geschäftsmodells geben wir eine Übersicht zahl der Antworten, die bei der jeweiligen Frage abge- über die Bedeutung derTransformation und der zugrun- geben wurden. Abweichungen von 100 % resultieren deliegenden Treiber. Daran anschliessend beleuchtet aus Rundungsdifferenzen. das folgende Kapitel die Auswirkungen der Transfor- Des Weiteren wurden Korrelationen zwischen mation, indem die Entwicklung ausgewählter Risiken, einzelnen Antworten und zwischen Variablen ver- aktuelle Herausforderungen und die Zusammenarbeit schiedener Themenblöcke untersucht. Dazu wurde mit Jung unternehmen aufgezeigt und analysiert der Pearson-Korrelationskoeffizient verwendet, um werden. Abschliessend diskutieren wir im letzten zu analysieren, inwieweit zwischen zwei Datensätzen Kapitel die Entwicklung der Risikofunktion, indem eine lineare Abhängigkeit besteht. Spannungsfelder, aktuelle Zielsetzungen im Risiko- Darüber hinaus wurden die Ergebnisse in sogenannten management und das zukünftige Kompetenzprofil der Box-Plot Grafiken dargestellt. Ein Boxplot ist die Risikofunktion aufgezeigt werden. Ein Verzeichnis der grafische Darstellung von Lage, Konzentration und befragten Personen findet sich zu Beginn der Studie. der Variation einer oder mehrerer Datensätze. Die- Insgesamt haben 31 Versicherungsunternehmen ser eignet sich zudem sehr gut für den Vergleich von an der Online-Befragung teilgenommen, die befrag- Datensätzen und die Darstellung der Streuung inner- ten Unternehmensvertreter lassen sich überwiegend halb eines Datensatzes. Des Weiteren handelt es sich den folgenden Funktionen zuordnen: um eine Fünf-Punkte-Zusammenfassung, das heisst der Median, die zwei Quartile und die beiden Extrem • Risikomanagement / CRO (15), werte, werden ebenfalls als Punkte dargestellt. • Finanzen / Rechnungswesen / CFO (8) und Für die Box-Plot-Auswertungen wurden alle Werte • Qualitatives Risikomanagement / verwendet, ausser den Antworten zu «Weiss nicht / Interne Kontrolle (5) nicht beurteilbar». Für jede Antwort wurde der Median • Andere (3) ermittelt. Um diesen herum werden das 1. und das 3. Quantil gelegt und durch Striche verbunden mit dem Maximum und Minimum. 8 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Abbildung 1: Methodik 31 Versicherer 12 Experten-Interviews Online-Befragung, Likert-Skalen Desk Research Leitfaden Studie Deskriptive Statistik, Induktive Inhaltsanalyse Korrelationen Abbildung 2: Organisation der Studie «Transformation» «Auswirkungen» «Risikofunktion» Kapitel 1 Kapitel 2 Kapitel 4 Welche Bedeutung hat die Wie entwickeln sich Gibt es neue Risiko Transformation für das ausgewählte Risiken? Spannungsfelder? Geschäftsmodell? Rendite Relevant bleiben? Welche Massnahmen stehen auf der Welche Treiber prägen die Kapitel 3 Prioritätenliste? Veränderung aus Sicht Risikomanagement? Vor welche Herausforderungen stellen die aktuellen Entwicklungen und insbesondere die Zusammen- Welches Kompetenz- arbeit mit Jungunternehmen profil ist in Zukunft das Risikomanagement? gefragt? Abbildung 3: Betriebenes Geschäft der Umfrageteilnehmer (n=31) Krankenversicherer (n = 9) Lebens- / Sachversicherer (n = 14) Rückversicherer (n = 8) Aufsichtskategorie 2 und 3 Aufsichtskategorie 2 und 3 Aufsichtskategorie 2 und 3 Aufsichtskategorie 4 und 5 Aufsichtskategorie 4 und 5 Aufsichtskategorie 4 und 5 Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 9
Transformation des Geschäftsmodells Bedeutung für Versicherer Wollen Versicherer relevant bleiben, müssen sie ihr Geschäftsmodell anpassen, darin sind sich die Befragten einig (Abbildung 4). Im Fokus stehen dabei die Erweiterung des Kerngeschäfts um Dienstleistungen, der Verkauf über Plattformen sowie die operative Fähigkeit zur Zusammenarbeit im Netzwerk. Dazu gehört auch, in Zukunft noch viel bewusstere grösseren Versicherern eher zu. In den geführten In- «make or buy»-Entscheidungen zu treffen. terviews zeichnet sich ab, dass die Nutzung von Daten Kleinere Versicherer messen im Vergleich zu grös- für die Angebotsentwicklung eine zentrale Stellung seren Versicherern dem Vertrieb über Plattformen einnimmt. eine höhere Bedeutung zu. Bei den Rückversicherern Zustimmung zur Aussage «Digitalisierung hat Ver- finden neben diesen Themen auch die bewussteren sicherungen nicht günstiger werden lassen» haben in «make or buy»-Entscheide und operative Fähigkeiten erster Linie die Kranken- und Rückversicherer gege- zur Zusammenarbeit mit Start-ups nahezu vollständi- ben, während dies die Lebens- und Sachversicherer ge Zustimmung. Ob andere Unternehmen den «Ver- eher neutral beurteilen. kauf» übernehmen werden, darüber sind Lebens- und Die Wichtigkeit der Erweiterung des Kernangebots Sachversicherer und die Krankenversicherer derzeit um Dienstleistungen wurde korreliert mit den opera sehr geteilter Meinung, während sich dies die Rück- tiven Fähigkeiten zur Zusammenarbeit mit Start-ups, versicherer eher vorstellen können (Abbildung 5). Insurtechs und anderen Partner beantwortet. Die Fra- Der Aussage, dass Versicherer zu Datenhäusern / ge nach möglichen Formen der Zusammenarbeit war Techfirmen werden, stimmen kleinere gegen über nicht Gegenstand der Studie. Abbildung 4: Zustimmung zu Aussagen der Transformation (n=31) Versicherer müssen ihr Geschäftsmodell 3 % 56 % 41 % anpassen, wenn sie relevant bleiben wollen Die Erweiterung des Kernangebots um 3 % 3 % 3 % 68 % 23 % Dienstleistungen ist sehr wichtig Versicherer müssen zukünftig noch viel 13 % 52 % 35 % bewusstere «make or buy»- Entscheide treffen Der Verkauf über Plattformen 14 % 62 % 24 % nimmt an Bedeutung zu Die operative Fähigkeit zur Zusammenarbeit 7% 10 % 60 % 23 % mit Partnern nimmt an Bedeutung zu Versicherer befinden sich bezüglich der 13 % 23 % 48 % 16 % Nutzung von Daten in einer «Experimentierphase» Digitalisierung hat Versicherung nicht 21 % 17 % 34 % 28 % günstiger werden lassen Versicherer werden zu Zulieferern, 26 % 26 % 45 % 3% da Versicherung Teil eines Angebots wird Versicherer werden zu 3 % 19 % 35 % 42 % Datenhäusern / Techfirmen Andere Unternehmen werden den 55 % 13 % 26 % 6% «Verkauf» übernehmen 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Stimme überhaupt nicht zu Stimme eher nicht zu Weder noch Stimme eher zu Stimme vollständig zu 10 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
«Wir werden immer mehr zu Datenunternehmen.» «Wandel ist konstant. Wir müssen uns konstant neu erfinden.» Abbildung 5: Differenzierte Zustimmung zu «Andere Unternehmen werden den Verkauf übernehmen» (n=31) Stimme vollständig zu «Digitalisierung selbst ist gar nicht der stärkste Treiber. Stimme eher zu Für mich ist der stärkste Weder noch Treiber, dass wir zwölf gute Jahre hinter uns haben.» Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Krankenversicherung Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 11
Treiber der Veränderungen Nicht überraschend nennen die meisten befragten Aktionären und Analysten beeinflussen die Kranken- Risikoexpertinnen und -experten als Veränderungs- versicherer und kleine Versicherungsunternehmen treiber den Druck auf Kosten, aus Tiefzinsumfeld und der Aufsichtskategorien 4 und 5 eher nicht, während Wettbewerb sowie die steigenden aufsichtsrechtli- diese bei der Mehrheit der befragten Rückversiche- chen Anforderungen (Abbildung 6). Darüber hinaus rer eine eher starke Rolle spielen. Das Tiefzinsumfeld prägen aber vermehrt auch neue Risiken, die Verfüg- und die Anlagemöglichkeiten sind neben dem Regu- barkeit neuer Technologien, «Big Data» sowie ver- lator der stärkste Treiber für die Lebens- und Sach- änderte Kundenwünsche das Geschäftsmodell der versicherer. Dabei nimmt der Regulator bei kleineren Versicherer. Die Zusammenarbeit mit Start-ups und Unternehmen die am meisten treibende Rolle ein. Insurtechs sowie der Eintritt neuer Marktteilneh- Die aktuelle Situation um die Covid-19-Krise nimmt mer – Themen, welche im Rahmen von Innovation im Vergleich zu anderen Treibern wenig Einfluss auf das und Transformation viel Beachtung finden – spielen Geschäftsmodell, wirkt aber in Sachen Digitalisierung gemäss den Befragten eine weniger grosse Rolle als Katalysator (vgl. Bruer & Zeier Röschmann, 2020). (Abbildung 7). In den geführten Interviews wurde allerdings deutlich, Bezüglich der Treiber für die Veränderung unter- dass die Folgen in die Meinungsbildung einflossen. scheiden sich die Sichtweisen nach Geschäftsfeld Die Ansprüche an Nachhaltigkeit und das Auf- und Grösse leicht (Abbildung 8). Bei den Krankenver- kommen neuer Risiken oder Veränderung bestehen- sicherern herrscht Einigkeit über einen eher starken der Risiken wurde in Verbindung mit Jungunter- Wettbewerbsdruck während unter den Lebens- und nehmen und neuen Marktteilnehmern beantwortet. Sachversicherern Einigkeit in den Antworten zum Diese Korrelation wäre im Hinblick auf mögliche und starken Kostendruck vorherrscht. Die Ansprüche von neue Zusammenarbeiten interessant zu verfolgen. Abbildung 6: Welche Treiber verändern das Geschäftsmodell der Versicherer? MÄSSIGE VERÄNDERUNGSTREIBER STARKE BIS SEHR STARKE VERÄNDERUNGSTREIBER Kooperationen Neue Risiken Wettbewerb Kundenwünsche Neue Daten Alterung der mit Start-ups Gesellschaft GESCHÄFTSMODELL DER VERSICHERER Kundenversprechen • Absicherung finanzieller Verluste aufgrund definierter Ereignisse • Beratung und Dienstleistungen Regulatorische Wertschöpfungslogik Neue Anforderungen • Vertriebsorganisation, -partnerschaften, Technologien -plattformen • Risikobewertung und -Übernahme • Risikoausgleich im Kollektiv und über die Zeit Neue • Risiko- sowie Asset-Liability-Management Allgemeine • Vertragsadministration Marktteilnehmer Wirtschaftslage • Betreuung und Abwicklung von Schäden • Kernressourcen: Kapital, Liquidität, Infrastruktur, Experten Kosten Ertragslogik • Combined Ratio, Tiefzinsumfeld versicherungstechnischer Gewinn • Investitionsgewinne • Erträge aus Dienstleistungsgeschäft Ansprüche an Covid-19 Aktionäre, Nachhaltigkeit Analysten 12 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Abbildung 7: Links: Zusammenarbeit mit Jungunternehmen / Start-ups und InsurTechs als Treiber auf Verände rungen des Geschäftsmodells nach Kategorie (n=30). Rechts: Eintritt neuer Marktteilnehmer als Treiber auf Veränderungen des Geschäftsmodells nach Geschäftsfeld (n=30) Sehr stark Eher stark Mässig Eher nicht Überhaupt nicht Kategorie 2 und 3 Krankenversicherung Kategorie 4 und 5 Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung Abbildung 8: Veränderungstreiber nach Geschäftsfeld und Unternehmensgrösse (n=31) • Aufsichtsrechtliche Anforderungen Krankenversicherer • Verfügbarkeit neuer Technologien • Veränderung der Kundenbedürfnisse und -wünsche • Tiefzinsumfeld und Aufsichtskategorie Anlagemöglichkeiten 2 und 3 • Verfügbarkeit neuer Technologien • Kostendruck • Tiefzinsumfeld und Anlagemöglichkeiten Lebens- / • Aufkommen neuer Risiken oder Sachversicherer Veränderungen bestehender Risiken • Aufsichtsrechtliche Anforderungen • Aufsichtsrechtliche Anforderungen • Wettbewerbsdruck aus der Aufsichtskategorie Versicherungsindustrie 4 und 5 • Aufkommen neuer Risiken oder Veränderungen bestehender Risiken • Aufkommen neuer Risiken oder Veränderungen bestehender Risiken Rückversicherer • Tiefzinsumfeld und Anlagemöglichkeiten • Ansprüche von Aktionären oder Analysten Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 13
«Cyber Risiken, die machen keine Pause, die geben dann richtig Gas, die machen keine Corona-Pause.» «In einem monatlichen Rhythmus wollen wir die ganzen Risiken weiter beobachten und überwachen.» 14 Mazars/ ZHAW Mazars Studie 2020Studie Beitrag des/ 21 2020 Risikomanagements zur Geschäftsmodell-Transformation Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer im Schweizer Versicherungsmarkt Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Auswirkung der Transformation Entwicklung ausgewählter Risiken Gefragt nach der zukünftigen Entwicklung einzelner Risiken herrscht zu bestimmten Risiken Einigkeit, während andere unterschiedlich beurteilt wurden (Abbildung 9). Das Cyberrisiko wird von allen Befragten als stark-steigendes Risiko eingestuft. Zu erwähnen ist auch, dass die Corona Pandemie bei den Versicherern stellenweise zu einer Veränderung im internen Risikoreporting bestimmter Risiken geführt hat. Ebenfalls mit (stark) zunehmender Bedeutung wird das Das Reputationsrisiko ist schwerwiegender bei grossen Datenrisiko gesehen (Abbildung 10). Insbesondere die Versicherern gegenüber den kleineren Versicherern. Rückversicherer beurteilen beide Risiken als sehr stark Bei der Betrachtung des Antwortverhaltens be- zunehmend. Externe Risiken werden von den Rückver- steht wie erwartet eine Abhängigkeit zwischen Cyber- sicherern als stärker zunehmend beurteilt als von Kran- und Datenrisiken. Für diese zeigen die Ergebnisse des ken-, Lebens- und Sachversicherern. Ein ähnliches Bild Weiteren einen positiven linearen Zusammenhang zeichnet sich beim Risiko Mitarbeitersicherheit ab, wo mit der Bewertung von Compliance Risiken. die Rückversicherer eine zunehmende Bedeutung se- Bei den Rückversicherern zeigen sich Gemein- hen, während Kranken-, Lebens- und Sachversicherer samkeiten bei der Beurteilung von externen Risiken keine, bis eine leicht abnehmende Bedeutung erwar- zusammen mit Cyber- und Datenrisiken. ten. Bei Betrachtung der Einschätzungen nach Unter- Zu einer unterschiedlichen Bewertung kommen nehmensgrösse fällt auf, dass kleinere Versicherer dem die befragten Versicherer beim Reputationsrisiko (Ab- Schlüsselpersonenrisiko eine deutlichere Bedeutungs- bildung 11). Während Krankenversicherer hier kaum zunahme voraussagen, wohingegen grosse Versicherer eine Veränderung erwarten, sehen Lebens-, Sach- und eine eher abnehmende Bedeutung diagnostizieren. Rückversicherer eine zunehmende Bedeutung. Abbildung 9: Entwicklung von Risiken nach Geschäftsfeld (n=31) Sehr stark zunehmend Nach Geschäftsbereich Stark bis sehr stark zunehmend Compliance Risiko Alle Versicherer Krankenversicherer Outsourcing- / Drittparteirisiko Risiken aus Akquisitionen und Beteiligungen Reputationsrisiko Cyberrisiko Lebens- / Sachversicherer Outsourcing- / Drittparteirisiko Datenrisiko Compliance Risiko Externe Risiken Reputationsrisiko Externe Risiken Rückversicherer Mitarbeitersicherheit Outsourcing- / Drittparteirisiko Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 15
Abbildung 10: Zukünftige Bedeutung einzelner Risiken (n=31) 6% 3% 9% 35 % 48 % Cyberrisiko 6% 10 % 55 % 29 % Datenrisiko 10 % 19 % 61 % 10 % Externe Risiken 10 % 23 % 42 % 26 % Reputationsrisiko 3% 3% 26 % 52 % 16 % Compliance Risiko 13 % 26 % 35 % 26 % Outsourcing- / Drittparteirisiko 10 % 48 % 39 % 3% Betriebsunterbrechungsrisiko 3% 13 % 48 % 35 % Pricing risk 26 % 42 % 29 % 3% Schlüsselpersonenrisiko 7% 63 % 23 % 7% Risiken aus Akquisitionen und Beteiligungen 10 % 63 % 23 % 3% Projektmanagement-Risiko 3% 19 % 55 % 19 % 3% Managementrisiko 16 % 61 % 23 % Reserving risk 19 % 58 % 23 % Produktdesignrisiko 19 % 61 % 10 % 10 % Mitarbeitersicherheit 10 % 74% 13 % 3% Betrugsrisiko 20 % 70 % 10 % Misselling Risiko 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Nimmt an Bedeutung stark ab Nimmt an Bedeutung eher ab Bleibt gleich / unverändert Nimmt an Bedeutung eher zu Nimmt an Bedeutung stark zu 16 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Abbildung 11: Zukünftige Bedeutung des Reputationsrisikos nach Geschäftsfeld (n=31) Nimmt an Bedeutung stark zu Nimmt an Bedeutung eher zu Bleibt gleich / unverändert Nimmt an Bedeutung eher ab Nimmt an Bedeutung stark ab Krankenversicherung Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung Abbildung 12: Aktuelle Herausforderungen im Risikomanagement (n=31) Die Datenaufbereitung muss 6% 16 % 45 % 32 % beschleunigt werden Wir müssen aufgrund begrenzter 13 % 13 % 47 % 27 % Ressourcen häufig pragmatisch sein Viele Risikomanagement- 23 % 6% 48 % 23 % Aufgaben landen bei denselben Personen Wir benötigen zunehmend Risikomanagementverantwortliche 3 % 13 % 16 % 48 % 19 % Stellen in der ersten Linie Aufgrund der Anforderungen der Aufsichtsbehörden kommen wir nicht dazu, 3 % 13 % 16 % 52 % 16 % das Risikomanagement strategisch weiterzuentwickeln Aufgrund der zunehmenden Komplexität 3 % 19 % 10 % 55 % 13 % stossen wir in Sachen Governance an Grenzen Wir müssen Daten zukünftig automatisiert 17 % 20 % 43 % 20 % nach Vertraulichkeit klassifizieren können Es besteht ein Mangel an Spezialisten, offene 4 % 15 % 19 % 54 % 8% Stellen können nur schwer besetzt werden Der Druck auf die Kosten der Risiko- 6% 32 % 19 % 39 % 3% managementfunktion /-abteilung steigt Die Rolle unserer / unseres CRO bei der 26 % 19 % 19 % 19 % 16 % Strategieentwicklung ist zu passiv ausgelegt Die verschiedenen Sichtweisen in der Unter- 10 % 37 % 23 % 20 % 10 % nehmenssteuerung sind zu wenig integriert Unsere Mitarbeitenden werden 13 % 23 % 39% 26 % für andere Aufgaben intern abgeworben Es ist schwierig, Nachwuchs oder auch 20 % 37 % 23 % 20 % Personen aus anderen Funktionen anzuziehen 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Stimme überhaupt nicht zu Stimme eher nicht zu Weder noch Stimme eher zu Stimme vollständig zu Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 17
Aktuelle Herausforderungen Die Kernthemen in der Risikomanagementfunktion rer bringen allerdings Fragezeichen bezüglich der Job- sind eine Beschleunigung der Datenaufbereitung und attraktivität an (Abbildung 13). Der Abzug von Perso- ein pragmatischer Ansatz, der aufgrund der knappen nen aus der Risikomanagementfunktion für andere Ressourcen notwendig wird (Abbildung 12). Aufgaben ist derzeit kein Thema. Der Mangel an Spe- Diese beiden Herausforderungen betreffen Versi- zialisten in der Risikomanagementfunktion scheint cherer aller befragten Geschäftsfelder und Grössen in gegenwärtig nur ein Thema für Lebens- und Sachver- ähnlichem Mass. Die Mehrheit der befragten Unter- sicherer zu sein. Bezüglich der Integration verschie- nehmen gab weiter an, dass viele Aufgaben bei der- dener Sichtweisen in der Unter nehmenssteuerung selben Person landen, wodurch sogenannte «bottle sind es insbesondere grössere Unternehmen, welche necks» entstehen. In den persönlichen Interviews daran arbeiten wollen. Kleinere Versicherer hingegen wurde ersichtlich, dass diese Flaschenhälse durch fühlen sich diesbezüglich eher gut aufgestellt (Abbil- eine Zunahme von Anforderungen und Aufgaben ein- dung 14). Dass die Rolle des CRO zu passiv sei, ist wenn zelner Funktionen resultieren. Steigende Ad-hoc-An- überhaupt nur in der Krankenversicherung ein Thema. fragen des Regulators führen damit zu Engpässen. Nach Abschluss grösserer Projekte spüren die Rück- Eine mangelnde oder abnehmende Attraktivität versicherer, im Gegensatz zu den Krankenversiche- des Jobs sehen die befragten Kranken-, Lebens- und rern, etwas Druck auf die Kosten der Risikomanage- Sachversicherer aber nicht. Vereinzelte Rückversiche mentfunktion / -abteilung. Abbildung 13: Aktuelle Herausforderungen im Risikomanagement nach Geschäftsfeld (n=31) Stimme vollständig zu Stimme eher zu Weder noch Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Wir müssen Daten zukünftig automatisiert nach Vertraulichkeit klassifizieren können Es besteht ein Mangel an Spezialisten, offene Stellen können nur schwer besetzt werden Wir benötigen zunehmend Risikomanagement- verantwortliche Stellen in der ersten Linie Die verschiedenen Sichtweisen in der Unternehmenssteuerung sind zu wenig integriert Unsere Mitarbeitenden werden für andere Aufgaben intern abgeworben Es ist schwierig, Nachwuchs oder auch Personen aus anderen Funktionen anzuziehen Die Datenaufbereitung muss beschleunigt werden Wir müssen aufgrund begrenzter Ressourcen häufig pragmatisch sein Viele Risikomanagement-Aufgaben landen bei denselben Personen Aufgrund der Anforderungen der Aufsichtsbehörden kommen wir nicht dazu, das Risikomanagement strategisch weiterzuentwickeln Aufgrund der zunehmenden Komplexität stossen wir in Sachen Governance an Grenzen Die Rolle unserer / unseres CRO bei der Strategieentwicklung ist zu passiv ausgelegt Der Druck auf die Kosten der Risikomanagement- funktion /-abteilung steigt Krankenversicherung Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung 18 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Die Datenaufbereitung muss beschleunigt werden Wir müssen aufgrund begrenzter Ressourcen häufig pragmatisch sein Kategorie 2 und 3 Viele Risikomanagement-Aufgaben landen bei denselben Personen Wir benötigen zunehmend Risikomanagement- verantwortliche Stellen in der ersten Linie keinen Umsatz.» Kategorie 4 und 5 Aufgrund der Anforderungen der Aufsichtsbehörden kommen wir nicht dazu, das Risikomanagement strategisch weiterzuentwickeln Aufgrund der zunehmenden Komplexität stossen Geld einbringt, es spart wir in Sachen Governance an Grenzen vor, dass RM nicht sofort Geld ein, aber macht eben Wir müssen Daten zukünftig automatisiert nach «Kritisch sehe ich nach wie Druck auf die Spezialisten.» Vertraulichkeit klassifizieren können «Ich spüre einen sehr starken Es besteht ein Mangel an Spezialisten, offene Stellen können nur schwer besetzt werden Der Druck auf die Kosten der Risikomanagement- funktion /-abteilung steigt Die Rolle unserer / unseres CRO bei der Strategieentwicklung ist zu passiv ausgelegt Die verschiedenen Sichtweisen in der Unternehmenssteuerung sind zu wenig integriert Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Unsere Mitarbeitenden werden für andere Aufgaben intern abgeworben Es ist schwierig, Nachwuchs oder auch Personen aus anderen Funktionen anzuziehen Abbildung 14: Aktuelle Herausforderungen im Risikomanagement nach Aufsichtskategorie (n=31) Tagesgeschäft, weil ich «Ich komme kaum zum «Die Datenaufbereitung nicht zu Stimme nicht zu Mazars / ZHAW so viele Themen betreue.» Weder noch Stimme eher vollständig zu Stimme eher zu muss beschleunigt werden.» Stimme überhaupt 19
Zusammenarbeit mit Jungunternehmen Befragt nach den Herausforderungen bei der Zusam- Die Aussage, dass sich die bisherigen Governance- menarbeit mit Start-ups und Insurtechs zeichnen und Risikomanagement-Prozesse nicht 1:1 auf das die Antworten der befragten Unternehmen, unab- Dienstleitungsgeschäft übertragen lassen, trifft bei hängig des Geschäftsfelds oder Grösse, ein einheit- den Kranken, Lebens- und Sachversicherern eher auf liches Bild (Abbildung 15). Die Antworten lassen da- Zustimmung, während sich die Rückversicherer auch rauf schliessen, dass die Gefahr nicht wie vermutet diesbezüglich uneinig sind (Abbildung 16). Analysiert in Reputationsrisiken oder dem Fehlen von Risiko- man das Meinungsbild nach Unternehmensgrösse, management-Expertise in neuen Geschäftsfeldern so fällt auf, dass grössere Unternehmen der Existenz gesehen wird. eines «Clash of Cultures» eher zustimmen als kleine- Es fragt sich folglich jedoch, worin die Heraus- re und deshalb vermutlich agilere Versicherer (Abbil- forderung besteht? Was die befragten Experten um- dung 17). Die Art und Form der Zusammenarbeit mit treibt, ist neue Gefahren durch die hohe Änderungs- Start-ups und Insurtechs variiert zwischen den ein- geschwindigkeit nicht (rechtzeitig) zu identifizieren. zelnen Versicherern. In den persönlichen Interviews Des Weiteren finden die Aussagen zu schnellerem wurden unter anderem Partnerschaften, finanzielle Handeln und «Clash of Cultures» zum Teil hohe Zu- Beteiligungen oder gemeinsame Projekte genannt. stimmung bei den Krankenversicherern sowie leich- te Zustimmung bei Lebens- und Sachversicherern. Rückversicherer, demgegenüber, vertreten zu diesen Themen unterschiedliche Meinungen. «Die Insurtechs haben sicher einen höheren Risikoappetit als wir.» Abbildung 15: Potenzielle Herausforderungen in der Zusammenarbeit mit Start-ups und Insurtechs (n=31) Die hohe Änderungsgeschwindigkeit birgt die 3 % 58 % 39 % Gefahr, Risiken nicht zu identifizieren Es besteht ein Clash of Cultures / 4 % 7% 4% 67 % 19 % Mentalitäten, der gehandhabt werden muss Jungunternehmen sind nur solange agil, 7% 10 % 53 % 30 % bis sie in die Prozesse und Sicherheits- anforderungen eingebunden werden 3% 7% 7% 72 % 10 % Die Komplexität der Zusammenarbeit ist hoch Governance- und Risikomanagement- 13 % 10 % 57 % 20 % prozesse müssen angepasst werden Die Zusammenarbeit birgt 17 % 33 % 30 % 20 % signifikante Reputationsrisiken Es fällt uns schwer, Risiken 3 % 10% 38 % 38 % 10 % zu identifizieren und zu bewerten 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Stimme überhaupt nicht zu Stimme eher nicht zu Weder noch Stimme eher zu Stimme vollständig zu 20 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Abbildung 16 (links): Jungunternehmen sind nur solange agil, als dass sie nicht in die Prozesse und Sicherheits anforderungen (das «Korsett») des Versicherungsunternehmens eingebunden werden (müssen) (n=30) Abbildung 17 (rechts): Es besteht ein Clash of Cultures / Mentalitäten, der gehandhabt werden muss (n=26) Stimme vollständig zu Stimme eher zu Weder noch Stimme eher nicht zu Stimme überhaupt nicht zu Krankenversicherung Krankenversicherung Lebens- / Sachversicherung Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung Rückversicherung Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 21
Entwicklung der Risikofunktion Spannungsfelder Der Ausgleich von Risiko und Rendite steht, wie vermutet, auch weiterhin im Zentrum des Risikomanagements. Gefragt nach weiteren Spannungsfeldern gaben die befragten Versicherer an, dass bei der Gestaltung der Geschäftsprozesse die passende Balance zwischen Kontrolle / Sicherheit und gleichzeitig Kosten / Effizienz zu finden, die grösste Herausforderung darstellt (Abbildung 18). Dies gaben insbesondere die befragten Rückversiche- festgehalten werden, dass Rückversicherer diesen rer, im Vergleich zu deren anderen Spannungsfeldern, grundsätzlich eine höhere Bedeutung beimessen als an. Die Lebens- und Sachversicherer hingegen ord- Kranken-, Lebens- und Sachversicherer, diese aber im neten diesem Spannungsfeld nur eine mässige Be- Vergleich zu Vertreterinnen anderer Geschäftsfelder deutung zu. Über alle Spannungsfelder hinweg kann inhomogener beantwortet haben. Aktuelle Zielsetzungen im Risikomanagement Die meisten Befragten streben danach, die strategi- Sitzungen und Gremien noch mehr Gehör verschaf- schen Planungs- und Risikomanagement-Prozesse fen zu wollen, während Krankenversicherer eher noch besser zu integrieren, früher in Veränderungs- neutral bleiben und Rückversicherer eine eher zu- prozessen und -entscheidungen eingebunden zu stimmende Meinung vertreten (Abbildung 21). Die sein sowie Kontrollen vermehrt zu automatisieren Erhöhung der eigenen Fehlertoleranz, um neue Ge- (Abbildung 19). Dieses Bild zeichneten auch die be- schäftstätigkeiten und Herangehensweisen auspro- fragten Experten im Rahmen der durchgeführten bieren zu können, findet bei den Rückversicherern Expertengespräche. fast keine Zustimmung. Abhängig von Geschäftsfeld, Grösse und Maturität Vergleicht man die Antworten zu aktuellen He des Risikomanagements, stehen Versicherer jedoch rausforderungen mit den Rückmeldungen zu den vor leicht unterschiedlichen Herausforderungen. Der aktuellen Entwicklungen, so zeigen sich wichtige Bedarf nach einer Einbindung in Veränderungspro- Zusammen hänge. Die verbesserte Integration der zesse ist beispielsweise nicht bei allen Lebens- und strategischen Planung und des Risikomanagements Sachversicherern Priorität (Abbildung 20). Bei diesen wurde korreliert mit der unabhängigen Zweitmei- steht die Automatisierung von Kontrollen im einver- nung wie auch dem Vetorecht als selbstverständ- nehmlichen Fokus während im Vergleich dazu bei den lich zu etablieren, beantwortet. Dabei besteht aber Krankenversicherern das Etablieren der unabhängi- weiterhin die Herausforderung, die Balance zwischen gen Zweitmeinung oder des Vetorechts erhöhte Be- Kontrolle und Kosten und Nähe zum Geschäft und achtung findet. Bei den Rückversicherern findet die Unabhängigkeit zu finden oder zu behalten. Die Ein- Funktion zum Netzwerker weiterzuentwickeln und schätzungen bezüglich steigender Komplexität und mehr zu delegieren und zu koordinieren als selbst Grenzen der Governance stehen im Zusammenhang zu machen volle Zustimmung. Dazu passt die Aus mit den Herausforderungen durch Ad-Hoc-Anfragen, sage von Rückversicherern, dass das Mandat weiter Audits und Onsite-Visits der Aufsichtsbehörden. entwickelt werden muss. Letztere beschäftigen so stark, dass die strategische Geteilter Meinung sind Vertreter von Lebens- Weiter entwicklung der Risikomanagementfunktion und Sachversicherern bezüglich der Aussage, sich in derzeit nur bedingt möglich ist. 22 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
«Risikomanagement ist ein Spannungsbereich zwischen Compliance und Business Partner Rolle.» «Das Risikomanagement, auch wenn ich mich mit Kollegen austausche, das macht jeder anders.» Die Rolle im Transformationsprozess sehen die Be- zuheben, dass Weiterentwicklung der Funktion zum fragten eher in einer frühzeitigeren Einbindung in Netzwerker vor allem bei grösseren Unternehmen im Veränderungsprozess denn in einer aktiveren Innova- Fokus steht, kleinere Unternehmen hier jedoch kei- tionstätigkeit. Insbesondere Rückversicherer sehen nen Bedarf sehen. Abbildung 9 gibt eine Übersicht Bedarf, das Mandat auch in Richtung Chancenma- über die drei wichtigsten Herausforderungen und Ent- nagement und Netzwerker-Rolle weiterzuentwickeln. wicklungen im Risikomanagement, aufgeteilt nach In Bezug auf die Unternehmensgrösse ist hervor Geschäftsbereich. Abbildung 18: Darstellung von Balancen (n=31) Beschäftigt Mehrheit stark Passende Balance zwischen Kontrolle und Sicherheit und gleichzeitig Kosten und Effizienz finden Genug nah und involviert im Geschäft oder Projekten und doch unabhängig zu sein Schnelle und gleichzeitig fundierte Entscheidungen zu treffen Mal Aufpasser und mal Berater / Businesspartner zu sein Persönliche Beziehungen pflegen und gleichzeitig die Vorgaben einhalten Professionelle Bürokraten und gleichzeitig Entrepreneurs zu sein Beschäftigt Mehrheit mässig Bei Datenströmen und Zugriffsrechten zwischen Sicherheit und Geschäftsfreiheit abzuwägen Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 23
Abbildung 19: Aktuelle Zielsetzungen im Risikomanagement. «Wir wollen oder arbeiten daran …» (n=31) ... strategische Planungs- und Risiko- 6% 13 % 48 % 32 % managementprozesse noch besser zu integrieren ... die Automatisierung von Kontrollen 3 % 16 % 61 % 19 % voranzutreiben ... das Risikomanagement früher in 3 % 19 % 45 % 32 % Veränderungsprozesse und -entscheide einzubinden ... das Mandat des Risikomanagements 10 % 16 % 42 % 32 % vermehrt als Risiko- und Chancen- management auszugestalten ... risikorelevante Informationen von 7% 27 % 53 % 13 % datengetriebenen Prozessen zeitnaher zu erhalten 3% 19 % 16 % 45 % 18 % ... das Mandat noch klarer zu formulieren ... den betreuten und verantworteten 10 % 10 % 19 % 48 % 13 % Aufgaben- und Themenbereich zu erweitern ... die Funktion zum Netzwerker 3 % 21 % 17 % 45 % 14 % weiterzuentwickeln 3% 13 % 26 % 39 % 19 % ... mehr auf Kultur als auf Struktur zu setzen ... auch rasch Stresstests auf Hauptmetriken 23 % 20 % 40 % 17 % ergänzend durchführen zu können ... eher zu verschlanken und zu fokussieren 19 % 26 % 35 % 16 % als Zusätzliches zu schaffen ... uns in Sitzungen und Gremien 3 % 23 % 23 % 29 % 23 % noch mehr Gehör zu verschaffen ... die Rolle im Rahmen von Innovations- 23 % 27 % 40 % 10 % tätigkeiten und -projekten neu zu definieren ... die Rolle der Risikomanager mehr 26 % 26 % 35 % 13 % beratend zu gestalten ... die unabhängige Zweitmeinung oder ein 10 % 13 % 30 % 33 % 13 % Vetorecht als Selbstverständlichkeit zu etablieren 3% 39% 16 % 35 % 6% ... unsere Fehlertoleranz zu erhöhen 0% 20 % 40 % 60 % 80 % 100 % Stimme überhaupt nicht zu Stimme eher nicht zu Weder noch Stimme eher zu Stimme vollständig zu «Die Bedeutung von Governance im Zusammenhang mit dem Risikomanagement ist massiv gestiegen.» 24 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Abbildung 20: Häufigste Herausforderungen und Entwicklungen nach Geschäftsfeld (n=31) KRANKENVERSICHERER LEBENS- / SACHVERSICHERER RÜCKVERSICHERER Herausforderungen 1. Datenaufbereitung muss 1. Datenaufbereitung muss 1. Die Datenaufbereitung beschleunigt werden, um zeitnah an beschleunigt werden, um zeitnah an muss beschleunigt werden, alle Stakeholder und entsprechend alle Stakeholder und entsprechend um zeitnah an alle Stakeholder den Vorgaben berichten zu können den Vorgaben berichten zu können und entsprechend den Vorgaben berichten zu können 2. Daten zukünftig automatisiert 2. Risikomanagement-Aufgaben nach Vertraulichkeit klassifizieren landen bei denselben Personen, 2. Wir müssen Daten zukünftig können es kommt zu «personellen bottle automatisiert nach Vertraulichkeit necks / Flaschenhälsen» klassifizieren können 3. Da die Ressourcen sehr knapp sind, müssen wir häufig 3. Wir sind mit den Ad-hoc-Anfragen, 3. Da die Ressourcen sehr pragmatisch sein Audits und onsite Visits der knapp sind, müssen wir häufig Aufsichtsbehörden so beschäftigt, pragmatisch sein dass wir kaum dazu kommen, das Risikomanagement strategisch weiterzuentwickeln Aufgrund der zunehmenden Komplexität stossen wir in Sachen Governance an Grenzen Wir arbeiten daran ... 1. ... strategische Planungs- und 1. ... die Automatisierung von 1. ... strategische Planungs- und Risikomanagementprozesse Kontrollen voranzutreiben Risikomanagementprozesse noch besser zu integrieren noch besser zu integrieren 2. ... das Risikomanagement 2. ... das Risikomanagement früher in Veränderungsprozesse 2. ... das Mandat des Risiko- früher in Veränderungsprozesse und -entscheide einzubinden managements vermehrt als und -entscheide einzubinden (bspw. Produktentwicklung, Risiko- und Chancenmanagement (bspw. Produktentwicklung, Investitionen, Partnerschaften) auszugestalten Investitionen, Partnerschaften) 3. ... das Mandat des Risiko- 3. ... das Risikomanagement 3. ... die Automatisierung von managements vermehrt als früher in Veränderungsprozesse Kontrollen voranzutreiben Risiko- und Chancenmanagement und -entscheide einzubinden auszugestalten (bspw. Produktentwicklung, Investitionen, Partnerschaften) Abbildung 21: ... uns in Sitzungen und Gremien noch mehr Gehör zu verschaffen (n=31) Stimme vollständig zu ... Stimme eher zu ... Weder noch ... Stimme eher nicht zu ... Stimme überhaupt nicht zu ... Krankenversicherung Lebens- / Sachversicherung Rückversicherung Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 25
Zukünftiges Kompetenzprofil Die Risikomanagementfunktion hat sich in der Ver- wurde. Des Weiteren erachten insbesondere Lebens-, sicherungsindustrie im Zentrum des Risiko-Rendite- Sach- und Rückversicherer die Interaktions- / Kolla Ausgleichs längst etabliert. Die vorliegende Befra- borationsfähigkeiten sowie vermittelnde und netz- gung zeigt auf, dass neue Risiken, ein anhaltendes werkende Fähigkeiten als wichtig. Im Vergleich Tiefzinsumfeld, die Erweiterung des Kerngeschäfts dominieren aber weiterhin Fach- und Methodenkom- um Dienstleistungen sowie die Risiken aufgrund der petenzen das Anforderungsprofil. Nutzung von Daten und vermehrte Kooperationen Interessant ist, dass Management- und Führungs- und Schnittstellen gehandhabt werden müssen. Was fähigkeiten bei den Krankenversicherern mässig ge- bedeuten diese Entwicklungen für das Kompetenz- braucht werden, während sie bei Lebens- und Sach- profil der Risikomanagementfunktion? Die Befra- versicherern hingegen eine starke bis sehr starke gung lässt den Schluss zu, dass die Risikomanage- Rolle spielen. Die Einschätzung zu zukünftig benötigten rinnen und -manager der Zukunft ein noch breiteres Kompetenzen sind grössenunabhängig. Einzig admi- Kompetenzspektrum mitbringen sollten (Abbildung nistrativen und organisatorischen Fähigkeiten messen 22). Kleine Risikomanagement-Teams stehen vor kleinere Versicherer wie zu erwarten eine tendenziell der Herausforderung, die benötigten Kompetenzen höhere Bedeutung bei als grössere Versicherer. und Ressourcen aufzubringen, in grösseren Teams Differenziert wurde, vornehmlich bei den Rück- kommt der Netzwerker- gegenüber der Experten- versicherern, zwischen den analytischen Fähigkei- Rolle steigende Bedeutung zu. Aus den durchgeführ- ten zusammen mit Informationsmanagement und ten Interviews wurde ersichtlich, dass es zum jetzigen der Zahlenaffinität und den dazu negativ korrelierten Zeitpunkt eher schwerfällt, Stellen mit geeigneten Antworten bzgl. administrativen und organisatori- Bewerbern zu besetzen. schen Fähigkeiten. Die Vermutung liegt nahe, dass Nebst analytischen Fähigkeiten sind es vor allem administrative und organisatorische Fähigkeiten im auch die Kommunikations- und Konfliktfähigkeit, die Stellenprofil der Rückversicherer weniger Gewich- das Profil der Risikomanagementfunktion in Zukunft tung bekommen, da sie als selbstverständlich voraus- prägen. Aufschlussreich ist, dass zwischen Kommuni gesetzt oder bei grösseren Unternehmen delegiert kations- und Konfliktfähigkeit wenig unterschieden werden können. Abbildung 22: Zukünftig gefragte Kompetenzen und Fähigkeiten in der Risikofunktion (n=31) Projektmanagement Prozesskompetenz Informationsmanagement Administration und Organisation Fähigkeiten zu(r): Kommunikation Analytische Fähigkeiten Konfliktmanagement Zahlenaffinität Vermittlung und Netzwerk Quantitative Fähigkeiten Interaktion- und Kollaboration Management- / Führung Risikomanagerin Risikomanager CRO Gefragte Kompetenzen und -Fähigkeiten der zukünftigen Risikofunktion (Die Anzahl Sterne illustriert die Wichtigkeit der Kompetenzen und Fähigkeiten im Gesamtprofil) 26 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
«Die Umwelt ist komplex und das müssen wir im Team spiegeln, das ist die Herausforderung.» «Wir schaffen es nicht die Stelle zu besetzen, trotzdem, dass wir beim Pensum und den Anforderungen jongliert haben.» Fazit Die Auswertung der Gespräche und Befragung zeigt Diese Entwicklungen führen zu Engpässen, die unter deutliche Entwicklungen im Markt und der Funktion Umständen die strategische Weiterentwicklung des auf. Versicherer müssen ihr Geschäftsmodell anpas- Risikomanagements verlangsamen. Insbesondere sen, wenn sie relevant bleiben wollen. Die Risiko im Transformationsprozess wollen die Befragten frü- managementfunktion steht vor der Herausforde- her in Entscheidungsprozesse involviert sein. Kleine rung, das nötige Rahmenwerk für einen optimierten Risikomanagement-Teams stehen vor der Herausfor- Risiko-Rendite-Ausgleich sowohl im Tagesgeschäft derung, die benötigten Kompetenzen und Ressour- wie auch in der Integration von Innovationen und cen intern aufzubringen, in grösseren Teams kommt Kooperationspartnern durchzusetzen. Zu schaffen der Weiterentwicklung des Mandats vom Experten machen dabei die unterschiedlichen Veränderungs- zum Netzwerker eine steigende Bedeutung zu. Die geschwindigkeiten sowie die steigende Komplexität. Rolle bleibt anspruchsvoll und vielseitig, darin sind Es gilt neue Risiken insbesondere im Bereich Cyber, sich die Befragten einig. Wir schlussfolgern, dass auch Datenmanagement und digitaler Schnittstellen zu in der Risikomanagementfunktion Innovation gefragt handhaben während der Druck durch Kosten und Tief- ist, sei es bei der Automatisierung beispielsweise von zinsniveau hoch bleibt. Gleichzeitig müssen immer Kontrollen, bei der Geschwindigkeit, beispielsweise öfter Ad-hoc-Anfragen, unter anderem vom Regulator in Bezug zur Einbindung von Kooperationspartnern, bearbeitet werden. Viele Anfragen landen insbeson- bei der Agilität des Handelns oder der Weiterentwick- dere in kleineren Unternehmen bei denselben Spezia- lung des Mandats zu einem Risiko- und Chancen listen, teils gilt es pragmatisch zu sein. management. Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement Mazars / ZHAW 27
Verweise Albrecher, H., Bommier, A., Filipović, D., Koch-Medina, P., Loisel, S. & Schmeiser, H. (2019). Insurance: models, digi talization, and data science. European Actuarial Journal. 9, 349–360. https://doi.org/10.1007/s13385-019-00209-x Braun, A., & Schreiber, F. (2017). The Current InsurTech Land scape: Business Models and Disruptive Potential. Institut für Versicherungswirtschaft der Universität St. Gallen. https:// www.ivw.unisg.ch/~/media/internet/content/dateien/in stituteundcenters/ivw/studien/ab-insurtech_2017.pdf Bruer, M. & Zeier Röschmann, A. (2020). Wie erleben Versi cherer in der Schweiz die Corona-Krise: Ein Stimmungsbild. ZHAW School of Management and Law. https://www.zhaw. ch/storage/sml/institute-zentren/iri/upload/adhoc_stu die_covid19_zhaw_mazars_2020.pdf Cappiello, A. (2018). Technology and the insurance industry. https://doi.org/10.1007/978-3-319-74712-5 Cappiello A. (2020). The Evolving Risk Landscape: Impact on Internal Control and External Regulation. The European Insurance Industry. https://doi.org/10.1007/978-3-030- 43142-6_5 EIOPA (2017). How technology and data are reshaping the insurance landscape (EIOPA-BoS/17-165). https://register. eiopa.europa.eu/Publications/Reports/08.0_EIOPA- BoS17-165_EIOPA_InsurTech_Roundtable_summary.pdf Eling, M., Lehmann, M. (2018). The Impact of Digitalization on the Insurance Value Chain and the Insurability of Risks. The Geneva Papers on Risk and Insurance - Issues and Practice 43, 359–396. https://doi.org/10.1057/s41288-017-0073-0 28 Mazars / ZHAW Studie 2020 / 21 Geschäftsmodell-Transformation im Schweizer Versicherungsmarkt – Die Rolle des Risikomanagement
Sie können auch lesen