TÄTIGKEITS-BERICHT 2020 - Global Nature Fund
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Seite Unterm Strich / Vorwort 02 3.000 190 140 Schülerinnen und Schüler in der Stadt Sanchez nahe dem Mangroves of the Lower Yuna National Park nahmen an einem vom GNF unterstützten Bildungsprogramm über die Bedeu- tung von Mangroven als ökologischer Schatz der Dominikani- Unternehmen und Or- schen Republik teil. Haushalte profitieren 600 ganisationen, darunter im schwimmenden Dorf der GNF, forderten die Phat Sanday am kam- deutsche Bundesre- bodschanischen Tonle gierung im April 2020 Sap-See von Mülltren- in einem offenen Brief nungsbehältern und dazu auf, die Wirtschaft einer Abfuhr per Boot, in Corona-Zeiten mit die der GNF und seine einem Klima-Konjunktur- lokale Partnerorganisa- paket zu unterstützen, tion FACT eingeführt das über die Pandemie haben. hinaus ökologische Her- ausforderungen nicht Wildbienenarten gibt es in Deutschland. Mit einem aus dem Blick verliert. Leitfaden unterstützt der GNF Unternehmen der Le- bensmittelbranche dabei, Insektenschutz zum Teil ihrer Businessstrategie zu machen — denn 80 Pro- zent aller Pflanzenarten, die unsere Nahrungsgrund- lage sichern, sind auf den Besuch von bestäubenden Insekten angewiesen. 112 522 15.418 Partnerseen und Läuferinnen und Läufer -feuchtgebiete umfasst liefen beim Comrades das vom GNF koordi- Charity Lauf für den nierte Netzwerk Living Schutz bedrohter Nas- Lakes, darunter seit hörner im südafrika- Menschen hat unsere Facebook-Nachricht erreicht, 2019 die Sundarbans nischen Somkhanda mit der wir das zehnjährige Jubiläum unserer Living im Grenzgebiet von In- Schutzgebiet insgesamt Lakes-Partnerschaft mit der Fundación Montecito dien und Bangladesch, 7.717 km weit. Das ent- an der kolumbianischen Laguna de Tota feierten. den weltweit größten spricht ungefähr der Mangrovenwald. Strecke von München nach Peking. Auch Mit- arbeitende des GNF und Ehrenamtliche der Aktion „Trinkbecher für Trinkwasser“ waren dabei und spendeten ihre Teilnahmegebühr für das Projekt unseres Partners WILDTRUST.
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 03 Wie wird unsere Impressum Zukunft aussehen? Herausgeber: Global Nature Fund Fritz-Reichle-Ring 4 78315 Radolfzell T: +49 7732 9995-80 Liebe Freundin, lieber Freund des GNF, F: +49 7732 9995-88 E: info@globalnature.org kürzlich las ich in der Zeitschrift „Natur“ einen Artikel über eine Ausstellung, in www.globalnature.org der es um das fossile Zeitalter geht. Sie katapultiert uns in den schwedischen V.i.S.d.P.: Udo Gattenlöhner Alltag im Jahr 2053. Die weltweiten Treibhausgas-Emissionen haben 2050 die Netto-null-Marke Redaktion: erreicht. Gezeigt werden der „letzte Fast-Food Burger, der je serviert wurde“ Viktor Konitzer (2038) oder Vielfliegerkarten mit dem Hinweis, dass häufiges Fliegen im fossilen Katja Weickmann Zeitalter als Statussymbol galt. Zeitungsartikel über Mikroplastik als Auslöser für Texte: tödliche Stressreaktionen im Körper oder gewaltsame Zusammenstößen zwischen Udo Gattenlöhner Landwirt*innen und militanten Veganer*innen. Legosteine und Nylonstrümpfe als Thies Geertz längst ausgestorbene, auf Erdöl basierte Produkte. Marion Hammerl Wie wird unsere Zukunft aussehen? Ohne eine Biologische Vielfalt, wie wir sie Martin Haustermann heute noch kennen? Ohne fruchtbare Böden und mit nur noch einem Bruchteil an Stefan Hörmann Matthias Knüver Seen und Feuchtgebieten, die Verschmutzung und Übernutzung überlebt haben? Moritz Konz Die Optimisten unter den Umweltschützer*innen und in der Gesellschaft hof- Tobias Ludes fen darauf, dass die Corona-Krise die Wirtschaft, die Politik und die Gesellschaft Dr. Thomas Schaefer endlich zum Umdenken bewegt. Auch ich möchte gerne glauben, dass der Punkt Bettina Schmidt gekommen ist, an dem auf die Verantwortungsvollen gehört wird und sich nicht Manuela Uhde Ronja Volles die durchsetzen, die nur ihre egoistischen Ziele verfolgen zu Lasten der nachfol- Katja Weickmann genden Generationen. In unserem aktuellen Tätigkeitsbericht beschreiben wir unverdrossen, wie es Bildnachweis: nachhaltiger gehen kann: praktische Beispiele zum Schutz der Biologischen Viel- Titel: WikimediaImages/Pixabay, falt beim Anbau von Lebensmitteln, um Habitate und fruchtbare Böden zu sichern, S. 5: Detlev Seyb, S. 6: Hanna nachhaltige Aquakultur und Küstenschutz in Indien und Bangladesch, solarbetrie- Kirschnick-Schmidt, S. 7: min- ka2507/Pixabay, S. 8: Pexels/Pixa- bene Kläranlagen in Jordanien, Maßnahmen gegen Mikroplastik in unseren Seen bay, S. 9: theresaharris10/Pixabay, — ein Überblick über Projekte und Aktivitäten, die 2053 hoffentlich als Erfolgsmo- congerdesign/Pixabay, S. 18: Peter delle gefeiert werden. Wey/Fotolia, S. 19: Marcel Gnauk/ Die Politik scheint ernsthaft daran zu arbeiten, die Weichen umzustellen. Der Pixabay, S. 20: Freephotos/Pixa- EU-Green Deal, die EU-„Farm to Fork Strategy“ oder die EU-Biodiversitätsstrate- bay/OroVerde, S. 23: Hanna Witte, Jakub Kaliszewski, S. 25: Umwelt- gie 2030: Allesamt anspruchsvolle Ziele und Maßnahmen, die gezielt aufeinander dachtverband Österreich, S. 29: TUI aufbauen und gestärkt von europäischen Richtlinien und nationalen Gesetzen zur Group, S. 32 /33: Wildsight, S. 34 /35: Umsetzung gebracht werden sollen. Andrei Reinol, S. 38: frank2905215/ Wir Umweltorganisationen sind gefragt, die angekündigten politischen Wei- AdobeStock, S. 41: Martin Steffen, chenstellungen zu unterstützen, damit sich die Lobbyisten nicht wieder durchset- alle anderen: GNF-Archiv zen und alles beim Alten bleibt. Dafür bringen wir unsere Leidenschaft, Expertise Konzeption und und unsere Energie ein. Danke, dass Sie uns dabei unterstützen! Bitte bleiben Sie Gestaltung: uns gewogen. RAYNA. Agentur für Markendesign, Berlin Herzliche Grüße und passen Sie auf sich auf, www.rayna-design.com Druck: LASERLINE GmbH, Berlin Marion Hammerl Präsidentin Klimaneutral gedruckt auf 100 % Altpapier © Global Nature Fund Radolfzell, März 2021
Seite Inhaltsverzeichnis 04 14 Nachhaltige Aquakultur und Küstenschutz Themen und Projekte, in Indien und Bangladesch die uns in 2019 und 2020 beschäftigt haben: 08 Life Blue Lakes — Mikroplastik in Gewässern 24 Neues. Denken. Wagen. Der GNF und seine Projekte zur Nachhaltigkeitsbildung 16 Integrierte Gemeindeentwicklung in Südafrika und Kambodscha 18 Gemeinsam mit Unternehmen für biologische Vielfalt
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 05 26 Feuchtgebietsschutz, Nationalpark- management und Tourismus Living Lakes Naturschutz & Wasser & Lebendige Seite 06 bis 08 Landschaften Ein See ist nicht genug: GNF zeichnet Seen der Holstei- Seite 24 bis 25 nischen Schweiz aus Neues. Denken. Wagen. Der GNF und seine Projekte zur Nachhaltig- Seite 08 bis 09 keitsbildung Life Blue Lakes — Mikroplastik in Gewässern Seite 26 bis 27 Feuchtgebietsschutz, National- Seite 10 bis 11 parkmanagement und Tourismus Mitglieder des Living Lakes- Netzwerks Seite 28 bis 29 Interview mit Mike Brauner Nachhaltige Über den Entwicklung 22 GNF im Interview mit Martin Schüller Global Nature Seite 12 bis 13 Nachhaltige Entwicklung vor Fund Ort: für Mensch und Natur Seite 30 bis 35 Seite 14 bis 15 Fotostrecke: Lebensräume Nachhaltige Aquakultur und Seite 36 bis 37 Küstenschutz in Indien und Unser Team Bangladesch Seite 16 bis 17 Kooperationen Integrierte Gemeinde- entwicklung in Südafrika und Kambodscha Seite 39 Kooperationspartner 41 GNF im Interview mit Carsten Oberhagemann Unternehmen & Biodiversität Finanzen & Seite 18 bis 19 Marketing Gemeinsam mit Unternehmen für biologische Vielfalt Seite 41 Interview mit Seite 19 Carsten Oberhagemann Versteckten Kosten auf der Spur Seite 42 bis 45 Darstellung des Jahres- Seite 20 bis 21 abschlusses Hilfestellung für Unternehmen im Wald- und Klimaschutz Seite 46 bis 47 Partnerorganisationen Seite 21 in Projekten Aktiv für mehr Biodiversität im Erdbeeranbau Seite 22 bis 23 Interview mit Martin Schüller
Seite Living Lakes & Wasser 06 Seit über 20 Jahren setzen wir uns für den Schutz von Seen und Feuchtgebieten ein. Manche Pro- Bettina Schmidt ist Diplom-Biologin und arbeitet beim GNF als bleme standen schon damals auf Koordinatorin des Living Lakes-Netzwerks sowie als Projektleiterin im unserer Agenda. Andere kamen Bereich Naturschutz. im Laufe der Zeit dazu, weil wir Menschen uns mit einer nach- haltigen Lebensweise schwertun. Aber der GNF wird nicht müde, mit innovativen Lösungen auf die vielfältigen Herausforderungen im Gewässerschutz zu reagieren.
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 07 Ein See ist nicht genug: GNF zeichnet Seen der Holsteinischen Schweiz aus In den 90er Jahren galt er in Schleswig-Holstein als ausgestorben — doch seit einiger Zeit gibt der Fischotter in der Region sein Comeback. Damit steht er exemplarisch für die gute ökologische Entwicklung der Holsteinischen Schweiz. Die über 200 Gewässer der Seenplatte zwischen Kieler Förde und Lübecker Bucht bieten einer Vielzahl von Tier- und Pflanzenarten eine Heimat. In den klaren Tiefen des Suhrer Sees ist das seltene Große Nixenkraut sichtbar, die Schwentine, die mehrere der Seen durchfließt, beherbergt den Eisvogel und über allem kreist der stolze Seedadler. Mit ihrer Auszeichnung „Lebendige Seen des Jahres 2020/2021“ möchten der Global Nature Fund und das Netzwerk Lebendige Seen Deutsch- land das Engagement aller örtlichen Akteure wür- digen, die sich im Seen- und Fließgewässerschutz engagieren. Die Netzwerkpartner Wasser Otter Mensch e.V. und die Integrierte Station Holsteini- sche Schweiz tragen vor Ort dazu bei, die attraktive Seenlandschaft zu erhalten und dem Druck auf das sensible Ökosystem entgegenzuwirken, der von See des Jahres 2020 zu erklären. Der Stress, unter Kapitelbild: Besiedlung, Landwirtschaft, Freizeitnutzung und dem der See steht, ist ihm deutlich anzusehen: Über 200 kleine und große Tourismus ausgeht. Auch der unermüdliche Einsatz Sein Wasser schimmert grün. Der Grund dafür sind Seen prägen das vielseitige Landschaftsbild der Hol- zahlreicher ehrenamtlicher Naturschützer, die sich Cyanobakterien, die im übermäßig nährstoffhaltigen steinischen Seenplatte. seit rund 30 Jahren im regionalen Seen-Beobach- Seewasser gut gedeihen. Dazu kommen Belas- tungsprogramm engagieren, soll mit der Auszeich- tungen durch Agrochemikalien aus dem örtlichen Bild rechts: nung honoriert werden. Reisanbau und industrielle Abwässer. Auch der Hier tummeln sich wieder Die Wilo-Foundation unterstützt die Arbeit des Klimawandel wirkt sich negativ aus: Höhere Tempe- Otter & Co.: Die Seen der Netzwerks Lebendige Seen Deutschland langfristig. raturen und geringere Niederschläge entziehen dem Holsteinischen Schweiz Auch das Team Deutschland-Achter, mehrfacher See Wasser und beschleunigen den Sedimentati- sind „Lebendige Seen Europa- und Weltmeister sowie Olympiasieger im onsprozess, der den flachen See ohnehin bedroht. 2020/2021“. Rudersport, macht sich als Botschafter für die Um- Unsere spanische Partnerorganisation Funda- weltinitiative „Lebendige Seen Deutschland“ und ción Global Nature arbeitet gemeinsam mit interna das Engagement des GNF stark. « tionalen Living Lakes-Partnern intensiv an der Verbesserung der Situation im Naturpark Albufera. Sie fordert klare administrative Zuständigkeiten für das Gebiet, die Umstellung der Landwirtschaft im Der Albufera-See Einzugsgebiet auf nachhaltige Anbaumethoden, ist zu grün, einen verstärkten Wasserzufluss aus dem Fluss Júcar und die Ausbaggerung des Seebodens, um um gesund zu sein das Gewässer zu bewahren. « Dürre, schlechte Wasserqualität, verschmutze Zu flüsse und eine immer intensivere Landwirtschaft bedrohen den Albufera-See nahe dem spanischen Valencia und haben das Living Lakes-Netzwerk dazu veranlasst, das Gewässer zum Bedrohten
Seite Living Lakes & Wasser 08 Was ist eigentlich Mikroplastik? Als Mikroplastik bezeichnet man Kunststoffparti- kel mit einem Durchmesser von weniger als fünf Millimetern. Als Kügelchen oder in flüssiger Form werden sie — leider immer noch — manchen Kos- metik- und Reinigungsartikeln zugesetzt, um eine Peeling-Wirkung oder eine gewünschte Konsistenz zu erreichen. Daneben entsteht Mikroplastik aber auch, wenn größere Kunststoffteile durch Wind, Regen und UV-Strahlung in immer kleinere Partikel zersetzt werden. Eine Menge wird auch infolge des Abriebs von Autoreifen auf dem Asphalt frei. Zudem geben Textilien aus synthetischen Stoffen beim Tragen und Waschen winzige Fasern ab, die in den Wasserkreislauf gelangen. Das geschieht, indem einerseits Regenwasser Mikroplastik von Straßen, aber auch Kunstrasen- flächen direkt in die Umwelt spült, andererseits über häusliche Abwässer. Es gibt zwar Techniken, um die winzigen Partikel im Klärprozess aus dem Abwasser herauszufiltern, sie sind aber noch auf- wendig und nicht flächendeckend verbreitet. Ein Teil der Partikel gelangt im Klärschlamm als Dünger wieder auf landwirtschaftliche Flächen und über Nahrungsmittel letztlich in unseren Organismus. Life Blue Lakes — Mikro- plastik in Gewässern Life Blue Lakes — ein Ansatz „Plastic Planet“ lautet der Titel eines Dokumentar- auf verschiedenen Ebenen films von 2010 — Plastik ist allgegenwärtig. Ohne Kunststoff ist unser modernes Leben und Arbeiten Gemeinsam mit italienischen Living Lakes-Partner- kaum vorstellbar. Doch das leichte und kosten- organisationen und der Bodensee-Stiftung hat der günstige Material, das sich in jegliche Form bringen GNF das Projekt Life Blue Lakes gestartet, um den lässt und in allen Lebensbereichen Einzug gehalten Eintrag von Mikroplastik in unsere Gewässer zu hat, lässt zunehmend seine Schattenseiten sehen. vermindern. Gefördert wird Blue Lakes vom Life- Neben riesigen Müllteppichen, die auf den Ozeanen Programm der Europäischen Union. Die Partner dahintreiben, zeigt sich ein weiteres Problem erst setzen exemplarische Maßnahmen am Bodensee unter dem Mikroskop: das sogenannte Mikroplastik. und Chiemsee und drei weiteren Seen in Italien Je intensiver Wissenschaftler*innen danach suchen, (Garda, Trasimeno und Bracciano) um. desto mehr finden sie — überall: im Wasser, im Bo- Aktuell fehlt es noch an einheitlichen Normen den, in der Luft und sogar in unserem Essen. Der- und Testverfahren zum Thema Mikroplastik. Im zeit erforschen sie die gesundheitlichen Folgen, die Rahmen von Blue Lakes entwickeln italienische die winzigen Partikel für Mensch und Natur haben. Expert*innen deshalb Standards, die helfen sollen, Verunreinigungen von Gewässern mit Mikroplastik genau zu erfassen. Zum Einsatz kommen sie zu- nächst in den beiden Pilotregionen Trasimeno und Bracciano. Auch die Bedeutung von Kläranlagen nehmen die Partner in den Blick: Sie entwickeln ein
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 09 technisches Protokoll, das in einer Pilotanlage am Gardasee getestet wird. Es soll helfen, Mikroplastik im Verlauf des Klärprozesses effektiver aus dem Wasser herauszuhalten. Auf politischer Ebene setzt sich Blue Lakes dafür ein, rechtliche Rahmenbe- Für mündige Bild links: dingungen so zu verbessern, dass die Produktion Verbraucher*innen Der Abrieb von Reifen und der Einsatz von Mikrokunststoffen wirksam macht laut Fraunhofer In- stitut für Umwelt-, Sicher- reguliert und reduziert werden kann. Deutschland ist in Europa leider Spitzenreiter in heits- und Energietechnik Außerdem entwickeln die Projektpartner ge- Sachen Plastikmüllproduktion, Tendenz stei- den höchsten Anteil an meinsam mit den Anrainergemeinden ein Seen- gend. Ein wichtiges Vorhaben von Blue Lakes ist Mikroplastik aus. papier: eine freiwillige Selbstverpflichtung, Wege deshalb eine Informations- und Aufklärungskam- zu beschreiten, um die Mikroplastikbelastung pagne für Konsument*innen. Mit kostenlosem In- Bilder rechts: zu verringern. Ein wichtiger Baustein dieser fomaterial informiert der GNF darüber, was jede*r Nutzen Sie Ihren Einfluss Strategie ist der Kontakt zur Reifen-, Kosmetik- Einzelne tun kann, um den Verbrauch von Plastik als Verbraucher*in und fragen Sie nach Produk- und Outdoorbranche: So wollen wir nicht gegen, und Mikroplastik zu reduzieren. Dazu gehören ten ohne Kunststoffver- sondern gemeinsam mit der Industrie Alternativen einfach umzusetzende Tipps zur Plastikvermei- « packung. zum Einsatz von Kunststoffen entwickeln. Alles mit dung im Alltag. einem Ziel: Mikropartikel aus Seen und Flüssen, aber auch von unseren Tellern fernzuhalten. Fordern Sie Ihr kosten- loses Exemplar unseres Infoflyers zum Thema Mikroplastik mit Tipps zu dessen Vermeidung an.
Seite Living Lakes & Wasser 10 Mitglieder des Living Lakes- Netzwerks Nordamerika 1 Columbia River Wetlands; Kanada 5 3 2 Winnipeg See; Kanada 2 3 Athabasca River; Kanada * 1 4 Huronsee; Kanada * 4 5 Skeena River; Kanada * 6 Mono Lake; USA 6 7 Chapala See; Mexiko 8 Ignacio Allende Reservoir; Mexiko 9 Laguna de Zapotlán; Mexiko 10 Amatitlán See; Guatemala 11 Atitlán See; Guatemala 7– 9 Südamerika 11 10 12 Laguna de Fúquene; Kolumbien 13 Totasee; Kolumbien 13 12 14 Titicaca See; Peru und Bolivien 15 Pantanal Feuchtgebiet; Brasilien, Bolivien und Paraguay 16 Lagunita Komplex; Paraguay 17 Laguna de Rocha; Uruguay 18 Mar Chiquita; Argentinien 19 Río Gallegos; Argentinien 14 15 Europa 16 20 Norfolk & Suffolk Broads; Großbritannien 21 Lake District; Großbritannien 18 22 Albufera See; Spanien 17 23 Delta de Llobregat; Spanien 24 La Mancha Feuchtgebiete; Spanien 25 La Nava; Spanien 26 Salobrar de Campos; Mallorca, Spanien 19 27 Kolindsund Feuchtgebiete; Dänemark 28 Bodensee; Deutschland, Schweiz und Österreich 29 Chiemsee; Deutschland * 30 Dümmer; Deutschland * 31 Lausitzer Seenland; Deutschland * 32 Mindelsee; Deutschland * 33 Oberschwäbische Seen; Deutschland * 34 Plauer See; Deutschland * 35 Schweriner See; Deutschland * 36 Seen der Holsteinischen Schweiz; Deutschland * 52 Nestos Seen und Lagunen; Griechenland 66 Jipesee; Kenia, Tansania * 37 Stechlinsee; Deutschland * 53 Labanoras Regionalpark; Litauen 67 Kanyabolisee; Kenia * 38 Steinhuder Meer; Deutschland * 54 Peipsi See; Estland und Russland 68 Katwesee; Uganda * 39 Trasimeno See; Italien 55 Võrtsjärv See; Estland 69 Kiwusee; Demokratische Republik 40 Albaner See; Italien * Kongo (DRC), Ruanda * 41 Bolsenasee; Italien * Afrika 70 Kyogasee; Uganda * 42 Bracciano See; Italien * 56 Sonfon-See; Sierra Leone 71 Mau-Wald; Kenia * 43 Colfiorito Feuchtgebiet und Park; Italien * 57 Nokoué-See; Benin 72 Nabugabo-See; Uganda * 44 Gardasee; Italien * 58 Ossa-See; Kamerun 73 Naivashasee; Kenia * 45 Lago Maggiore; Italien * 59 Viktoriasee; Kenia, Tansania und Uganda 74 Ol Bolossat See; Kenia * 46 Nemi See; Italien * 60 Bogoriasee; Kenia * 75 Rwihindasee; Burundi * 47 Ortasee; Italien * 61 Bugesera Seenregion; Burundi * 76 Shompole Feuchtgebiet; Kenia, Tansania * 48 Piediluco See; Italien * 62 Bujagali Falls; Uganda * 77 Wamalasee; Uganda * 49 Vicosee; Italien * 63 Bunyonyi-See; Uganda * 78 Tanganjikasee; Burundi, Demokratische 50 Militscher Teiche; Polen 64 Chalasee; Kenia * Republik Kongo (DRC), Tansania, Sambia 51 Balaton (Plattensee); Ungarn 65 Ihemasee; Ruanda * 79 Malawisee; Tansania, Malawi, Mosambik
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 11 55 54 27 53 21 92 20 50 91 89 87 28 – 38 51 90 39 – 49 52 85 83 88 22– 26 86 84 98 108 94 82 96 97 93 104 105 95 106 107 100–102 99 56 57 109 58 110 59 –77 103 78 79 80 81 111 112 80 Okavango Delta; Botsuana 93 Poyang See; China 107 Pulicat See; Indien 81 St. Lucia See; Südafrika 94 Chao See; China * 108 Wular See; Indien 95 Dian See; China * 109 Bolgoda See; Sri Lanka Asien 96 Dongting See; China * 110 Maduganga See & Madampe 82 Totes Meer; Israel, Jordanien, Palästina 97 Tai See; China * See; Sri Lanka 83 Paliastomi See; Georgien 98 Biwa See; Japan 84 Eğirdir-See; Türkei 99 Tonle Sap See; Kambodscha Australien / Ozeanien 85 Sapanca See; Türkei 100 Laguna de Bay; Philippinen 111 Wilson Inlet; Australien 86 Uluabat See; Türkei 101 Sampaloc See; Philippinen 87 Tengis See; Kasachstan 102 Taal See; Philippinen Antarktika 88 Issyk-Kul See; Kirgisistan 103 Jempang See & Mahakam 112 Wostok-See; Antarktis 89 Hovsgol See; Mongolei Feuchtgebiete; Indonesien 90 Seen Ulaan, Airag, Khyargas, Angir-Nuden 104 Deh Akro Feuchtgebiete; Pakistan Mondohei; Mongolei 105 Sundarbans Feuchtgebiete und Man 91 Uvs See; Mongolei grovenwälder; Bangladesch, Indien * Mitglied eines nationalen oder 92 Baikalsee; Russland 106 Chilika See; Indien multinationalen Living Lakes-Netzwerks.
Seite Nachhaltige Entwicklung 12 „Die Pandemie macht uns auf schmerzhafte Weise klar, dass der Raubbau an der Natur zu Udo Gattenlöhner ist Agrarwissenschaftler und arbeitet seit 1999 für weit gegangen ist“, konstatiert den GNF, seit 2001 als Geschäftsführer. Er koor- diniert verschiedene Pro- Wolfgang Schäuble im Juli jekte für eine nachhaltige Entwicklung in Ländern des globalen Südens. 2020. Diese Einsicht treibt die Moritz Konz globalen Entwicklungsprojekte ist seit 2020 beim GNF und arbeitet an Lösungen für die Herausforderung des GNF seit jeher an: Natur durch nicht nachhaltige Aquakultur in den Küsten- regionen Indiens und Ban- und Umwelt schützen, Grund- gladesch. Thies Geertz bedürfnisse von Menschen beschäftigt sich als Pro jektmanager des Global Nature Fund mit dem absichern und die Resilienz Konzept integrierter Ge- meindeentwicklung in verschiedenen Ländern, stärken. Das sind unsere Eck- in denen die Folgen des Klimawandels bereits spürbar sind. pfeiler zukunftsorientierten und gerechten Handelns.
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 13 Nachhaltige Entwick lung vor Ort: für Mensch und Natur Ein Bericht von Udo Gattenlöhner Der ungebremste Klimawandel, der dramatische Verlust der biologischen Vielfalt und die zunehmen- de Zerstörung von Lebensräumen sind große globa- le Herausforderungen und führen zu existentiellen Bedrohungen, die zuallererst die ärmsten Menschen der Welt treffen. Aber letztlich betreffen uns diese Themen alle — Luftverschmutzung, Klimaverände- rungen, militärische Konflikte, Migration, Pandemien und viele andere Krisen machen nicht vor Länder- grenzen halt, wie wir gerade im Jahr 2020 erfahren mussten. Es geht bergauf In den vergangenen Jahren hat sich der Bereich Entwicklungszusammenarbeit des GNF äußerst positiv entwickelt. Neben Spender*innen und För- derern wie der EU Kommission, anderen Stiftungen und Unternehmen hat uns vor allen die zunehmen- de Unterstützung unserer Arbeit durch das Bundes- ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) auf globaler Ebene neue Umwelt- und Naturschutz sowie nachhaltige Wirt- Möglichkeiten eröffnet. Schlüsselbereiche der Pro- schaftsweisen fördern, um dauerhaft effizient und jektarbeit des GNF sind neben den ökologischen wirkungsvoll zu sein. Themen die Absicherung der Grundbedürfnisse von Kapitelbild: Menschen in Gemeinden im ländlichen Raum und Indische Fischer an der die Bildung. Weitere zentrale Ziele sind die Einhal- Unsere Prinzipien: transparent und Küste Westbengalens; tung von Menschenrechten, Verbesserung der Le- im Hintergrund Mangro- bensbedingungen und die Resilienz im Einklang mit gemeinschaftlich venwald. dem Schutz von Natur und Umwelt. Geographische Hier liegen die gesellschaftlichen und entwicklungs- Schwerpunkte unseres Projektengagements lagen Bild rechts: politischen Stärken des GNF. Durch die jahrzehnte- in Jordanien, Burundi, Tansania, Südafrika, Indien, Mit seinen Projekten zur lange Kooperation mit Partnerorganisationen in Integrierten Gemeinde- Bangladesch, Kambodscha, Kolumbien, Mexiko, vielen Ländern der Welt können wir eine erfolgreiche entwicklung trägt der Paraguay und der Dominikanischen Republik. Entwicklungszusammenarbeit in Form einer vertrau- GNF wie hier in Kambod- ensvollen Partnerschaft auf Augenhöhe sicherstellen. scha dazu bei, Menschen weltweit beim Spagat Unsere Projekte werden immer gemeinsam mit den zwischen Ökonomie und Menschen im jeweiligen Land auf partnerschaftlicher, Es geht nur global Ökologie zu unterstützen. gleichberechtigter Basis geplant und umgesetzt. Die großen Zukunftsprobleme unserer Gesellschaft Die Schlüssel zum Erfolg in der Entwicklungs- sind global: Der hohe Verbrauch fossiler Rohstoffe zusammenarbeit des GNF sind transparente Ziele, und die damit verbundenen Veränderungen des jahrelange Erfahrung, Vertrauen und gegenseitiger Klimas, die intensive Landwirtschaft und das un- Respekt. Alle Projekte des GNF werden von unseren gebremste Wirtschaftswachstum stellen unsere Mitar-beiter*innen direkt und unmittelbar koordiniert Lebensweise in Frage und bedrohen die Zukunft und begleitet. Darüber hinaus versuchen wir immer, kommender Generationen. Eine zukunftsorientierte die Wirkungen und Erfolge unserer Aktivitäten zu Entwicklungszusammenarbeit muss daher neben messen und die Effizienz unserer Projekte zu erhö- den Bedürfnissen der Menschen immer auch den hen. Das ist langfristig der Schlüssel zu nachhaltiger positiver Veränderung. «
Seite Nachhaltige Entwicklung 14 hin nach Bangladesch erstreckt. Das einzigartige Ökosystem, in dem die letzten wilden Exemplare des Bengalischen Tigers leben, wird durch intensive Garnelenzucht stark unter Druck gesetzt: Für die Aquakultur-Teiche werden große Flächen benötigt, weswegen in beträchtlichem Umfang Mangroven- wälder zerstört werden. Mangroven: effizient gegen den Klimawandel Dabei erfüllen Mangroven eine äußerst wichtige Funktion für unseren Planeten. Neben dem Binden großer Mengen an Klimagasen wie CO² halten ihre verzweigten Wurzeln, die wie Stelzen im Wasser stehen, wertvolle Sedimente zurück und dienen als Laichplatz und Kinderstube für unzählige Meeres- fische. Die Wurzelstrukturen stabilisieren so die empfindlichen Küstenzonen und schützen dadurch die Lebensgrundlagen der Menschen vor Ort — auch vor tropischen Stürmen und Tsunamis, die eine wachsende Bedrohung darstellen. Aus sozial-ökolo- gischer Perspektive ist es ein Dilemma: Die Garne- lenzucht ist aus der Region nicht mehr wegzuden- ken, da sie die Existenz vieler Kleinbäuerinnen und Nachhaltige Aquakultur Kleinbauern sichert und für Indien und Bangladesch ein wichtiges Exportgeschäft darstellt. Deswegen und Küstenschutz in hat der GNF in Kooperation mit Naturland und un- Indien und Bangladesch seren lokalen Partnern NEWS und BEDS sowie mit finanzieller Unterstützung vom Bundesministerium Ein Bericht von Moritz Konz für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Köstliche Garnelen — gegrillt, zur Pasta oder im (BMZ) sowie der Daimler AG das Projekt SAIME ins Curry bei unserem Lieblingsasiaten. Kaum ein Fein- Leben gerufen. schmecker mag sie nicht. Aber wo kommen diese Schrimps überhaupt her? Und zu welchem ökologi- schen Preis werden sie produziert? Um das herauszufinden, schauen wir ins süd- SAIME: ein Projekt, liche Asien. Hier werden weltweit die größten Men- viele Partner gen an Garnelen in künstlich angelegten Teichen gezüchtet. Insbesondere artenreiche Flussdeltas, SAIME (Sustainable Aquaculture in Mangrove Eco- oft mit ausgedehnten Mangrovenwäldern, eignen systems) ist eine sogenannte Multi-Akteurs-Partner- sich perfekt zur Aquakultur der schmackhaften schaft, die Vertreter*innen verschiedener Interessen- Krebstiere. Das gilt auch für die Sundarbans, das gruppe an einen Tisch bringt: Politik, Wissenschaft, größte zusammenhängende Mangrovengebiet der Zivilgesellschaft und Wirtschaft. Gemeinsam suchen Erde, das sich von der östlichen Küste Indiens bis die Partner nach Lösungen, von denen alle — von der Kleinbäuerin bis zum verarbeitenden Betrieb — profitieren sollen. Auch den deutschen Einzelhandel bindet SAIME mit ein, denn die Kaufentscheidungen von Verbraucher*innen in Europa beeinflussen maß-
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 15 geblich die Garnelenzucht in Asien. Im Rahmen des Wichtig ist auch, den Marktzugang der teil- Projektes haben wir bereits innovative Lösungs- nehmenden Farmer*innen zu verbessern, damit der ansätze entwickelt, zum Beispiel die nachhaltige Ansatz wirtschaftlich Erfolg hat und Verbreitung Integrierte Mangroven Aquakultur (IMA). Bei dieser findet. Deshalb suchen wir den Dialog mit dem Kulturform werden Mangrovenbäume direkt in die Lebensmitteleinzelhandel, um ökologisch verträg- Bild links: Garnelenteiche gepflanzt, um so vielfältige positive lich produzierten Garnelen den Weg in die europä- In einer Baumschule im Synergieeffekte zu nutzen. Die Bäume stabilisieren ischen Märkte zu ebnen. Je erfolgreicher wir dabei indischen Westbengalen werden Mangrovensetz- die Deiche, schützen die Teiche vor Flutereignissen sind, desto mehr zerstörte Küstenstreifen können linge vorbereitet, um und spenden Schatten. Das herabfallende Laub wieder mit Mangroven bepflanzt und so dauerhaft damit degradierte Küs- bietet den Garnelen sogar Futter. Gleichzeitig er- geschützt werden — im Einklang mit der Garnelen- « tenwälder aufzuforsten. höht sich die Biodiversität auf der Garnelenfarm. zucht. Die neu angelegten Pilotfarmen nutzen wir für das Bild rechts oben: Training und die Inspiration von Kleinbäuerinnen Frauen in den Sundar- und Kleinbauern im Umland. So wird das Wissen bans nehmen einen Fang in Augenschein. weitergegeben. Bild rechts unten: Ein Krabbenfischer in den Sundarbans.
Seite Nachhaltige Entwicklung 16 Entwicklungszusammenarbeit nach dem Prinzip Vielfalt Das ist keine leichte Aufgabe für die Menschen in einem Land im Aufbruch — und mit einer extrem ungleichen Verteilung von Arm und Reich. Deshalb ist es entscheidend, die ärmere ländliche Bevölke- rung in die Schutzmaßnahmen eng einzubinden und ihre Bedürfnisse nach wirtschaftlicher Entwicklung zu unterstützen. Genau darin besteht das Ziel der integrierten Gemeindeentwicklung, die der GNF in vielen ländlichen Gemeinden des globalen Südens umsetzt. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Gumbi-Gemein- de im südafrikanischen KwaZulu-Natal. Gemeinsam mit Wildtrust unterstützen wir die Gumbi seit vielen Jahren beim Management eines Wildtierreservats und beim Aufbau touristischer Angebote, um Ein- nahmen aus dem sanften Tourismus zu generieren. Damit die gesamte Gemeinde von dieser Entwick- lung profitiert — was letztlich dem Tierschutz im Reservat nützt — haben wir im Jahr 2019 eine Was- serversorgung für die 5.000 Bewohner*innen und ihr Vieh geschaffen. Dadurch verkürzen sich die Wege zum Wasserholen deutlich und es bleibt ge- nügend Wasser für Vieh und Wildtiere, auch in der Trockenzeit. Außerdem haben wir ein Gemeinde- Integrierte Gemeinde- zentrum errichtet, in dem die Menschen den Gemü- seanbau in Permakultur erlernen und Gemüsesetz- entwicklung in Südafrika linge erwerben können. Fast 500 Teilnehmer*innen und Kambodscha belegen den Erfolg dieser Schulungen. Diesen Ansatz wollen wir von den Gemeinden Ein Bericht von Thies Geertz auch auf die Schulen in KwaZulu-Natal übertragen „Armut ist kein Zufall. Genau wie Sklaverei und Apart- und haben auch dort Gemüsegärten angelegt. In heid ist sie von Menschen gemacht und kann durch einer weiteren Projektgemeinde unterstützen wir die Aktionen des Menschen beseitigt werden.“ Das Viehzüchter dabei, ihr Weidemanagement mithilfe sagte Nelson Mandela einmal über sein Land. Süd- eines Rotationssystems zu verbessern. Ziel ist es, afrika verfügt tatsächlich über einen unglaublichen die Überweidung von wertvollen Flächen am Rande Reichtum — etwa an Bodenschätzen, aber auch an des Maloti-Drakensberg Parks zu verringern. Gleich- Ökosystemen: von den fischreichen Gewässern bei zeitig unterstützten wir die Viehzüchter*innen dabei, Kapstadt bis zu den Ausläufern der Ostafrikanischen traditionelle Viehauktionen in ihrer Region wiederzu- Trockensavanne im Norden, die das weltweit größte beleben. Wenn die Auktionen vor Ort stattfinden und Rückzugsgebiet für Nashörner bilden. Gemeinsam nicht in der fünfzig Kilometer entfernten Kreisstadt, mit unserer Partnerorganisation Wildtrust und ge- sparen die Züchter*innen die hohen Kosten für den fördert vom Bundesministerium für wirtschaftliche Transport des Viehs. Dadurch steigen ihre Erlöse Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und der und die lokale Wertschöpfung. Drei Viehauktionen Stiftung Ursula Merz setzt sich der GNF für den Er konnten wir bereits organisieren, auf denen 129 halt dieses einzigartigen Naturerbes ein. Züchter*innen ihre Tiere zu einem fairen Preis ver- kaufen konnten. Die einkommenssteigernden Maß- nahmen schaffen Akzeptanz für die Schutzgebiete, in denen das Naturerbe Südafrikas bewahrt wird.
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 17 tungsmöglichkeit für Touristen anbieten, die sich für die Lebensweise der Khmer und die Natur im nahegelegenen Biosphärenreservat Tonle Sap inte- ressieren. Beim Ausbau der Hütten als Unterkünfte Ein schwimmender Kiosk für unterstützen wir das Dorf, indem wir gemeinsam Bild links: ein schwimmendes Dorf mit der Dorfverwaltung Regeln für umweltgerechten, Das Somkhanda-Wildtier- ethischen und nachhaltigen Tourismus entwickeln. reservat in Südafrika beherbergt die „Big Five“. Anderer Kontinent, gleiches Erfolgsprinzip: Auch im Teile der Einnahmen aus dem Tourismus werden in Der GNF unterstützt die schwimmenden Dorf Phat Sanday auf dem Tonle neue Gemeindeprojekte investiert und kommen so lokale Gumbi-Gemeinde Sap-See in Kambodscha arbeitet der GNF gemein- allen Bewohner*innen zugute. Neben dem Aufbau beim Management des sam mit seinem Partner FACT (Fisheries Action einer touristischen Infrastruktur suchen wir Lösun- Reservats und bei der Coalition Team) an einer integrierten Gemeindeent- gen für das Problem der ausufernden Verschmut- wirtschaftlichen Entwick- lung. wicklung. Mit der Unterstützung des BMZ und der zung des Sees mit Plastikmüll: Gemeinsam mit FACT Wilo-Foundation haben wir in dem Dorf einen haben wir eine Müllsortier- und Wiederverwertungs- Bild rechts: schwimmenden Trinkwasserkiosk gebaut. Dieser station aufgebaut und für zunächst 140 Haushalte Das kambodschanische versorgt rund eintausend Menschen mit sauberem Mülltrennungsbehälter und eine regelmäßige Abfuhr Dorf Phat Sanday am Tonle Wasser. Der Vorteil des Kiosks liegt darin, dass das per Boot eingeführt. Sap-See ist um eine ökolo- Wasser direkt aus dem See gepumpt und aufberei- Das effiziente Zusammenwirken der verschie- gisch sinnvolle Attraktion tet werden kann — ohne aufwendige Wasserleitun- denen Gemeindeentwicklungsmaßnahmen bietet reicher: einen Wasserkiosk. gen. Nach der Reinigung durch Ultrafiltration wird den Menschen in den schwimmenden Dörfern eine das Wasser direkt in 20-Liter-Kanister abgefüllt, bessere Wertschöpfung und ermöglicht den lang- auf die Boote der Bewohner*innen verladen und fristigen Schutz ihrer Fischbestände und der einzig- abtransportiert. artigen biologischen Vielfalt der Region. Durch Das saubere Trinkwasser nutzt nicht nur den diesen Ansatz verbinden wir Naturschutz und wirt- Bewohner*innen von Phat Sanday. Es ist auch die schaftliche Entwicklung — eine „Win-Win“-Situation Grundvoraussetzung für die Entwicklung von natur- für Mensch und Natur. « basiertem Tourismus als zweites wirtschaftliches Standbein neben der Fischerei. Bislang sind nahezu alle Menschen im Dorf ausschließlich von ihren Er- trägen aus der Fischerei abhängig. Dank der neuen Trinkwasserversorgung können mehrere Familien in Phat Sanday schwimmende Hütten als Übernach-
Seite Unternehmen & Biodiversität 18 Immer mehr Unternehmen in Deutschland und Europa machen „Grün statt Grau“ Stefan Hörmann ist Verwaltungswissen- schaftler und leitet beim zum Teil ihrer Unterneh- Global Nature Fund den Bereich Unternehmen und Biodiversität sowie unser mensstrategie. Nicht nur auf Bonner Büro. Martin Haustermann dem eigenen Grundstück, ist Ingenieur und beschäf- tigt sich mit Umweltkosten, Lebenszyklusanalysen und auch weltweit tragen sie Ver- dem nachhaltigen Anbau von Naturkautschuk. antwortung für nachhaltige Ronja Volles ist Geographin und erar- Lieferketten und biologische beitet in ihren Projekten Hilfestellungen zum Thema Wald- und Biodiversitäts- Vielfalt. Wir beim GNF ent- schutz für Unternehmen. wickeln gemeinsam mit den Tobias Ludes arbeitet als Projektmanager für den GNF und setzt sich Unternehmen Strategien, wie für eine biodiversitäts- freundliche Landwirtschaft in Europa und weltweit ein. sie dieser Verantwortung ge- Matthias Knüver recht werden können. ist Umweltmanager und engagiert sich für die natur- nahe Gestaltung von Unter- nehmensstandorten und nachhaltige Landwirtschaft.
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 19 Gemeinsam mit Unternehmen für bio- logische Vielfalt Ein Bericht von Stefan Hörmann Seit drei Jahren engagieren wir uns im Projekt LIFE Food & Biodiversity für mehr Biodiversitätsschutz in der Lebensmittelbranche. Ein erfreuliches Ergebnis: Namhafte Produzenten und Einzelhändler sowie Akteure und Verbände aus der Landwirtschaft ha- ben angekündigt, im Jahr 2021 eine Brancheninitia- tive zur Biodiversität zu starten. Dabei verständigen sie sich auf konkrete Ziele und einen Maßnahmen- plan, um Insekten zu fördern, Böden zu schützen und Gewässer zu schonen. Wichtig sind praktische Leitfäden und Instru- mente, die sich in Strategien und Abläufe der Unter- nehmen integrieren lassen. Zwei Beispiele, an denen wir maßgeblich beteiligt sind: 1. Mit dem Leitfaden für Wald- und Klimaschutz erfahren Unternehmen, wie sie zur Wiederherstel- lung von Wäldern beitragen können, die für den Kampf gegen die Globale Erwärmung wesentlich sind: angefangen bei der naturnahen Gestaltung von Firmengeländen über Baumpflanzaktionen mit Mitarbeitenden bis hin zur nachhaltigen Liefer- kettengestaltung. 2. G astronom*innen können mittels eines Umwelt- Preis, der den tatsächlichen ökologischen Gesamt- Kapitelbild: kostenrechners erfassen, welche Schäden an kosten dieses Gerichts entspricht. Natur aus dem Bilderbuch Klima, Wasser, Biodiversität und Ökosystemen Das Schlüsselwort lautet Umweltkosten: Moder- — Unternehmen profitie- ren von intakten Öko- ein Lebensmittel und seine Erzeugung verursacht. ne Modelle zu deren Bestimmung machen berechen- systemen und beeinflus- Das Gute dabei: Sie erhalten Tipps zu Zutaten bar, welchen Wert die ökologischen Ressourcen der sen sie zugleich. und Menüs, die besonders umweltfreundlich sind. Erde für uns bereithalten — und was es kostet, sie zu verbrauchen. So sorgen die Rodung von Re- Nicht nur Unternehmen, sondern auch Mitarbeiten- Verkaufspreis und Um- genwäldern zum Anbau von Futtermitteln und die weltkosten im Verhältnis de und interessierte Verbraucher*innen erhalten Aufzucht und der Transport der Tiere dafür, dass — wieviel sind wir für zahlreiche Anregungen für einen nachhaltigen Le- die Umweltkosten von Fleischgerichten deutlich den Einfluss, den wir auf bensstil. Zum Umweltkostenrechner haben wir unsere Umwelt ausüben, höher liegen als die vegetarischer oder veganer einen praktischen Verbraucherleitfaden veröffent- bereit zu zahlen? Speisen. Trotzdem zahlt der Gast im Imbiss für den licht, der wertvolle Erkenntnisse zu den wahren Kosten von Essen und Reisen beinhaltet. « vegetarischen Kebab mit Falafel aus Kichererbsen nicht unbedingt weniger als für den mit Kalbfleisch, + 2,50 € Umweltkosten obwohl die Umweltkosten für einen Falafel-Kebab bei lediglich 20 Cent liegen. 3,50 € Versteckten Kosten Diese und weitere Umweltkosten hat der GNF im Projekt „Naturkapital im Hotel- und Gastgewerbe“ Döner Kebab auf der Spur bewertet und für Unternehmen anwendbar gemacht. 6 Euro statt 3,50 — so Ein Bericht von Martin Haustermann Neben einem Leitfaden stellt der GNF Unternehmen viel muss uns ein Döner aus der Lebensmittelbranche und Gastronomie auch Kebab wert sein, wenn Ein Döner Kebab beim Imbiss um die Ecke kostet Umweltkostenrechner zur praktischen Anwendung wir für die ökologischen 3,50 €. Hätte es einen Einfluss auf unser Essver- Schäden aufkommen wol- zur Verfügung. Die Maßnahmen werden vom Bun- halten, wenn wir noch einmal 2,50 € draufschlagen len, die seine Produktion desumweltministerium und dem Umweltbundesamt müssten? Folgt man einem Berechnungsverfahren, das sich in den letzten Jahren zunehmend durch- gefördert.« verursacht. setzt, so handelt es sich dabei in etwa um den
Seite Unternehmen & Biodiversität 20 weltministerium geförderten Projektes publiziert haben, macht deutlich, dass Kompensation nur eine von vielen Maßnahmen für den Ausgleich unver- meidbarer Umweltkosten bzw. Klimagasemissionen sein sollte. Und dass es zahlreiche Möglichkeiten für unternehmerisches Waldengagement gibt, die schädliche Umwelteinflüsse vermeiden, noch bevor sie entstehen. Waldschutz in der eigenen Liefer- kette und darüber hinaus Zu Beginn sind strukturelle Veränderung im Unter- nehmen essentiell, um die eigenen Lieferketten in den Fokus zu rücken und auf mehr Transparenz und Nachhaltigkeit auszurichten. Viele Branchen sind zumindest indirekt für den Verlust von Wäldern auf der ganzen Welt verantwortlich. Deshalb lohnt es sich für Unternehmen, gezielt auf Zulieferer zu set- zen, die über eine Zertifizierung nachweisen, dass sie nicht zur globalen Entwaldung beitragen. Das schützt nicht nur den Wald, sondern stärkt auch die eigene Reputation in Bezug auf Verantwortung und Nachhaltigkeit. Unternehmen können jedoch noch mehr für den Schutz des Waldes tun: zum Beispiel auf eigenen Firmengrundstücken Baumpflanzaktionen umsetzen. Auch Geld nachhaltig zu investieren und umweltfreundliche Kredite aufzunehmen, bietet Hilfestellung für Möglichkeiten, Wald zu schützen oder aufzuforsten. Gute Wiederaufforstung benötigt konkrete Unternehmen im Wald- Kriterien und langfristige Planung. Es muss sicher- und Klimaschutz gestellt werden, dass neu gepflanzte Bäume nicht in zwanzig Jahren wieder abgeholzt werden. Das Ein Bericht von Ronja Volles können wir beispielsweise erreichen, indem wir Eine Möglichkeit, Umweltkosten auszugleichen, die Bevölkerung, die den Wald in vielfältiger Weise sind sogenannte Kompensationsprojekte. Der GNF nutzt, einbinden, weiterbilden und Menschen dabei unterstützt Unternehmen dabei, sich mittels solcher unterstützen, sich alternative Einkommensquellen Modelle erfolgreich in den Waldschutz einzubrin- zu erschließen. Neuer Wald sollte aus standortan- gen. Immer mehr Unternehmen wollen klimaneutral gepassten Baumarten in hoher Artenvielfalt gebildet werden, also unterm Strich ohne CO²-Emissionen werden, indem verschiedene heimische Arten mitei- wirtschaften. Mit der Unterstützung von Projekten, nander kombiniert werden. die häufig in Entwicklungsländern umgesetzt wer- den, lassen sich dort Klimagase einsparen oder speichern. Faszination Wald Angebote für solche Kompensationsmaßnah- men gibt es viele. Und gerade Waldprojekte sind All das lohnt sich, denn Wälder sind ganz besonde- beliebt — aber welche sind wirklich förderwürdig? re Ökosysteme und für das Überleben der Mensch- Unser neuer Leitfaden für Unternehmer*innen, den heit unerlässlich: Sie speichern immense Mengen wir gemeinsam mit OroVerde im Rahmen eines vom an CO², sind also essenziell für den Schutz unseres Bundesamt für Naturschutz und dem Bundesum- Klimas. Wälder regulieren außerdem Wasserkreis- läufe, bewahren den Boden vor Erosion und regulie- ren das Mikroklima. Sie dienen der Erholung, ver-
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 21 bessern unsere Gesundheit und schaffen nach- Erdbeerproduzent*innen im Blick zu behalten. haltige Einkommen, z.B. durch Tourismus, durch Dazu sollen Qualität und Ertrag verbessert, Entnahme und Weiterverarbeitung von Rohstoffen gleichzeitig aber negative Umweltauswirkungen wie Holz, Kautschuk oder Kakao. « reduziert werden. Dazu helfen die Projektpartner Bild links: den Farmer*innen dabei, besseren Anschluss an Wer Waldprojekte unter- Absatzmärkte für ihre Erdbeeren zu finden. stützen möchte, sollte sich gut darüber infor- Es freut uns, dass wir Madre Tierra mit un- Aktiv für mehr seren Erfahrungen im Erstellen effizienter Biodi- mieren, welche wirklich sinnvoll sind. Dabei hilft Biodiversität versitätspläne bereichern können. Im konkreten Fall des Erdbeeranbaus legen wir das Augenmerk z.B. die Checkliste mit im Erdbeeranbau ökologischen und sozialen vor allem auf den Schutz bestäubender Insekten, Kriterien in unserem neuen Ein Bericht von Tobias Ludes Leitfaden. die für die Produktion besonders wichtig sind. Die und Matthias Knüver Insekten ermöglichen den Erdbeerpflanzen erst Bild oben rechts: die Fruchtbildung. So führt der Schutz ihrer Popu- In der Region Maravatío im mexikanischen Bun- Die Früchte werden als lation letztlich sowohl zu höheren Ertragsmengen Dammkultur unter Folien- desstaat Michoacán hat der Anbau von Erdbeeren als auch zu besserer Qualität der Früchte. Die auf tunneln produziert. große Bedeutung — für viele Menschen ist er eine Empfehlung des GNF umgesetzten Maßnahmen lebenswichtige Einkommensquelle. Leider hat der umfassen unter anderem das Pflanzen heimischer Bild unten rechts: Erdbeeranbau auch negative Auswirkungen auf Hecken und Blühstreifen, um den Bestäubern Erdbeeren aus Anbau in die biologische Vielfalt vor Ort. Verunreinigungen Maravatío, Mexiko. neue Lebensräume zu bieten. Gleichzeitig redu- des Bodens durch Plastikabfälle, die bei der Pro- zieren die Erzeuger*innen auf Grundlage unseres duktion anfallen, und der Einsatz von Pflanzen- BAP in einem genau bestimmten Umfang Pflan- schutz- und Düngemitteln gefährden die biologi- zenschutz- und Düngemittel, ohne den Ertrag an sche Vielfalt. Umso wichtiger, dass zunehmend Erdbeerfrüchten zu gefährden — eine Win-win- ein Umdenken hin zu ökologisch verträglicheren landwirtschaftlichen Praktiken stattfindet. Der GNF Situation für Landwirtschaft und Umweltschutz. « unterstützt seit 2019 ein Projekt, das diese positi- ven Tendenzen fördert. Im Januar 2020 waren wir vor Ort in Maravatío, um Schulungen von Berater*innen zur Methodik der sogenannten Biodiversity Action Plans BAPs durch- zuführen. Die Methode zeigt Farmer*innen konkrete Möglichkeiten auf, ihre Landwirtschaft biodiversi- tätsverträglich auszurichten und trotzdem renta- bel zu wirtschaften. Die Schulungen sind Teil des Projekts „Madre Tierra“, an dem sich zahlreiche Unternehmen, unter anderem Danone, Altex und Walmart, beteiligen. Gemeinsam mit der Deut- schen Gesellschaft für Internationale Zusammen- arbeit (GIZ) setzen wir uns für eine regenerative Landwirtschaft im Erdbeeranbau in Mexiko ein. Die Initiative zielt darauf ab, die bestehende bio- logische Vielfalt zu schützen, bereits verlorene Arten wiederanzusiedeln und dabei die soziale und ökonomische Perspektive der mexikanischen
Seite Unternehmen & Biodiversität 22 „Mehr als die Hälfte aller Fairtrade-Produ- zentenorganisationen ven neu zu Fairtrade kommen, gibt es noch viel zu verbessern. Beispiele sind die Reduktion des Pes- tizideinsatzes in konventionellen Betrieben, verbes- sind gleichzeitig Bio- serte Bewässerungstechniken oder die Einfürung einer organisierten Abfallentsorgung. Auch die zertifiziert und auch Bedeutung des Biodiversitätsschutzes ist nicht jedem/r Produzent*in klar. Es gibt aber auch viele positive Beispiele: Mehr als die Hälfte aller Fair- viele konventionelle trade-Produzentenorganisationen sind gleichzeitig Bio-zertifiziert und auch viele konventionelle Betrie- Betriebe haben sich be haben sich bezüglich Umweltschutz über die Zeit deutlich verbessert. Hier greift der Entwick- lungsansatz von Fairtrade, also die schrittweise bezüglich Umwelt- Umsetzung von Umweltkriterien. schutz über die Zeit Der Global Nature Fund ist seit 2016 Mitglied bei Fairtrade. Welche Bedeutung hat für euch die Mit- deutlich verbessert.“ wirkung des GNF? Wir haben 36 Mitgliedsorganisationen; einige seit der Gründung 1992, viele später dazugekom- Martin Schüller im Interview mit Stefan Hörmann mene und einige neuere. Der GNF gehört zu den neueren und ist eine der aktivsten. Er hat viel dazu beigetragen, dass das Thema Umwelt im Fairtrade- System deutlich an Priorität gewonnen hat, und zwar auf nationaler wie internationaler Ebene. Martin Schüller Fairtrade wird häufig als sozialer Standard wahr- ist Agrar- und Umwelt- genommen, der für faire Löhne und Arbeitsbedin- Gemeinsam mit dem GNF engagiert ihr euch im ingenieur. Seit 2010 gungen steht. Welche Bedeutung haben Umwelt- „Initiativkreis Biodiversität in der Lebensmittel- arbeitet er bei Transfair aspekte im Fairtrade-Siegel? branche“ für den Schutz von Artenvielfalt und e.V. als Referent für Ent- wicklungspolitik sowie Fairtrade ist Teil einer globalen Bewegung für Lebensräumen — warum? für Standards & MEL mehr Handelsgerechtigkeit. Ursprünglich spielten Agrarökosysteme sind weltweit durch Klima- (Monitoring, Evaluation Umweltaspekte darin keine Rolle, aber das hat sich wandel, Wassermangel und weitere Faktoren be- and Learning) geändert. Heute sind etwa ein Drittel der Standard- droht, besonders in den ohnehin schon stärker kriterien Umweltkriterien. Zwar stellen wir nach wie betroffenen tropischen Ländern. Wenn Agraröko- vor Kleinbäuerinnen und Kleinbauern sowie Arbei- systeme kollabieren, ist die Lebensgrundlage von ter*innen aus dem globalen Süden in den Mittel- Kleinbäuerinnen und Kleinbauern zerstört. Oft ist punkt, aber deren Lebensgrundlage ist unmittelbar das die Folge von Umwelt- und Sozialdumping, also von intakten Ökosystemen abhängig. Umweltas- extrem niedrigen Erzeugerpreisen. Noch lange nicht pekte haben deshalb eine zentrale Bedeutung. alle Unternehmen der Lebensmittelbranche stellen sich ihrer menschenrechtlichen Unternehmensver- antwortung — und dazu gehört ausdrücklich auch Geht das Engagement für faire Produktionsbedin- die Umweltfrage in den Lieferketten, man spricht gungen immer Hand in Hand mit dem Einsatz für hier von „Environmental Due Diligence“. Das muss Umweltschutz und biologische Vielfalt oder gibt es sich ändern. Fälle, in denen die Aspekte einander behindern? Ich würde nicht sagen, dass es immer Hand in Hand geht. Dafür sind die Fairtrade-Produzenten- organisationen zu unterschiedlich hinsichtlich ihres Entwicklungsstandes. Vor allem, wenn Kooperati-
Tätigkeitsbericht 2020 Global Nature Fund Seite 23 Bild oben rechts: Martin Schüller, Fair- trade Deutschland / TrainsFair e. V. Bild unten rechts: In Deutschland tragen alle Fairtrade-Bananen auch ein Bio-Siegel. Zum Schluss: Wie entwickelt sich der Absatz von Fairtrade-Produkten in Deutschland und weltweit? In Deutschland entwickelt sich Fairtrade positiv, aber es gibt auch Länder mit Rückgängen — aller- dings wegen äußerer Faktoren wie dem Brexit oder COVID-19. Die Pandemie hat viele Produzent*innen stark getroffen, über Nacht wurden Aufträge stor- niert oder Lieferketten unterbrochen, zum Beispiel weil Frachtschiffe festgesetzt wurden. Es wird einige Zeit dauern, bis das überwunden sein wird. Insge- samt scheint sich das Umfeld aber in eine Richtung zu verändern, in der die Fairtrade-Themen an Be- deutung gewinnen, Stichwort Lieferkettengesetz. « für Gruppen benachteiligter Erzeuger*innen in Län- Umweltschutz und dern des Globalen Südens, etwa als Mitglied im Fairer Handel Fair Rubber Verein für den fairen Handel von Pro- dukten aus Naturlatex. Auf Projektebene ergänzt Ein Kommentar von Stefan Hörmann sich der GNF ideal mit Partnern wie Femnet und Als Umweltschutzorganisation hat der GNF das Südwind-Institut, die ihre langjährige fundierte Schubladendenken längst abgelegt. Wir wissen, Expertise in Fragen von Arbeits- und Menschen- dass soziale Verantwortung und der Schutz der « rechten mit uns teilen. Umwelt — insbesondere biologischer Vielfalt — eng miteinander verknüpft sind. Eine Erkenntnis, die unsere Arbeit prägt. Das spiegelt sich in den Projekten und Koopera- tionen des GNF wider: So sind wir seit fünf Jahren aktives Mitglied bei Fairtrade Deutschland, um ei- nen gerechten und ökologisch verantwortlichen Handel zu fördern. Außerdem engagieren wir uns
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