Tagungsbericht Waldschutz-Tagung 2019 - DORA 4RI

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Tagungsbericht Waldschutz-Tagung 2019 - DORA 4RI
Eidg. Forschungsanstalt WSL
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                                                    Istituto federale di ricerca WSL
                                                    Swiss Federal Research Institute WSL

Waldschutz-Tagung 2019

Tagungsbericht
Autor / Berichterstatter:

Lukas Denzler, Dipl. Forst-Ing. ETH / Freier Journalist
www.lukasdenzler.ch

Herausgeber:

Valentin Queloz, Leiter Waldschutz Schweiz
Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL

Urs Kamm, Leiter Arbeitsgruppe Waldschutz der Konferenz der
Kantonsoberförster
Abteilung Wald, Amt für Landschaft und Natur des Kantons Zürich

Informationen aus der Arbeitsgruppe Waldschutz und aus dem Bundesamt für
Umwelt BAFU auf Seite 10

Zürich / Birmensdorf, November 2019
Tagungsbericht Waldschutz-Tagung 2019 - DORA 4RI
Die Waldschutztagung 2019 der Arbeitsgruppe Waldschutz der Konferenz der
Kantonsoberförster (KOK) fand am 18. und 19. Juni 2019 an der
Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL
statt. Die aussergewöhnliche Trockenheit im Sommer 2018 bildete den
Schwerpunkt der Tagung. Deren Auswirkungen auf Wald und Bäume werden
im Folgejahr nun immer stärker sichtbar. In einigen Regionen wie etwa der
Ajoie oder der Region Basel sterben Bäume flächig ab. Zu reden gab
insbesondere die Frage, wie sich Trockenheitsschäden in Zukunft besser
erfassen lassen. Die Exkursion im Kanton Zürich führte an drei Standorte, wo
mit der Buche, der Weisstanne und einer speziellen Provenienz der Fichte
jeweils eine Baumart im Vordergrund stand.

Manchmal zieht ein eingeschleppter und plötzlich aufgetauchter Schadorganismus die
Aufmerksamkeit auf sich und bildet den Schwerpunkt der jährlich stattfindenden Wald-
schutztagung. Mit dem sehr trockenen Sommer 2018 war das Thema für die Tagung 2019 jedoch
gesetzt. Der Zeitpunkt der Tagung Mitte Juni war ideal. Denn die Waldfachleute erwarteten mit
Spannung, wie die Bäume im Frühling 2019 austreiben würden – insbesondere diejenigen, die
aufgrund der Trockenheit bereits im Spätsommer 2018 Symptome wie etwa einen verfrühten
Blattfall zeigten.

Andreas Rigling, der Leiter der Forschungseinheit Walddynamik und Direktionsmitglied an der
Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft WSL, und Valentin
Queloz, der Leiter von Waldschutz Schweiz an der WSL, begrüssten die Teilnehmenden in
Birmensdorf. Rigling stellte zuerst den neuen Leiter der Forschungseinheit Waldgesundheit und
biotische Interaktionen vor. Eckehard Brockerhoff nahm seine Tätigkeit an der WSL im Juni
2019 auf. Der Entomologe und Spezialist für invasive Arten engagiert sich auch im Rahmen der
International Union of Forest Research Organisations (IUFRO). Die Bildung der neuen
Forschungseinheit ist ein Zeichen dafür, dass die Verantwortlichen der WSL den Themenbereich
Waldschutz stärken wollen.

Fehlendes Erfahrungswissen im Umgang mit extremer Trockenheit

In seinem Einführungsreferat bot Andreas Rigling einen Überblick über die Trockenheit im
Schweizer Wald. Sehr trockene Jahre gab es auch schon früher, beispielsweise 1921, 1943, 1947
und die nachfolgenden Jahre. In den letzten Jahren zeigt sich nun aber eine Zunahme der
extremen Ereignisse. 2003 galt noch als Ausreisser. 2018 war bezüglich der Niederschläge im
Sommerhalbjahr (April bis September) nun noch etwas trockener. Gemäss den neuesten
Klimaszenarien könnten extreme Jahre künftig häufiger auftreten.

Auffallend im Jahr 2018 waren insbesondere die frühe Blattverfärbung oder der Blattfall bereits
im Sommer bei den Buchen. Aber auch Hagebuchen und Ahorne waren betroffen. Die Eichen
schienen der Dürre besser standzuhalten. Wie sich nun aber im Folgejahr zeigt, haben auch sie
einige Schwierigkeiten. Die Weisstannen, die bisher als relativ trockenheitstolerant galten, fallen
verbreitetet durch ihre dürren Kronen auf. Geschwächt sind sie anfällig für einen Befall durch
Borkenkäfer. Bei der Fichte bietet die Kombination von Sturmschäden und Trockenheit ideale
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Bedingungen für den Buchdrucker. Seit 2005 hat der Fichtenanteil im Mittelland um mehr als 30
Prozent abgenommen. Die WSL hat im Wallis zahlreiche Projekte zur Trockenheit durchgeführt,
unter anderem zum Absterben der Föhren. 2018 beobachtete man nun zum ersten Mal junge
Föhren, die vertrocknet waren.

Anhand von Satellitendaten probieren Wissenschaftler der WSL, räumliche Muster der
Trockenheit zu erfassen. Besonders ausgeprägt sind die Schäden an Waldrändern und auf
Kuppenlagen. Es zeigt sich eine deutliche Übereinstimmung mit dem Niederschlagsdefizit, doch
auch die Bodenverhältnisse spielen eine Rolle. Wieso aber einzelne Bäume betroffen sind, andere
in unmittelbarer Nähe hingegen nicht, bleibt eine offene Frage.

Im Rahmen ihrer Trockenheitsinitiative (www.wsl.ch > Über die WSL > Programme und
Initiativen) geht die WSL verschiedenen Fragen nach (ein Projekt wurde an der Exkursion
vorgestellt, vgl. Seite 9). Die WSL will den Sommer 2018, der bezüglich Trockenheit einen
neuen Massstab gesetzt hat, nutzen, um neue Erkenntnisse zu gewinnen. Für Andreas Rigling ist
unter anderem das Paradigma der robusten Buchenwälder ins Wanken geraten. Die Trockenheit
führte in Teilen der Schweiz (und auch Europas) zu einem Baumsterben. Doch es fehlt an
Erfahrung und Wissen, wie damit umzugehen ist.

Eine erste Diskussion im Plenum drehte sich um die Trockenheitsreaktionen der einzelnen
Baumarten. Auch wurde darauf hingewiesen, dass nicht nur das Niederschlagsdefizit wichtig sei,
sondern auch die hohen Temperaturen sowie die starke Sonneneinstrahlung infolge geringer
Bewölkung. Der Weisstanne dürfte zudem auch die trockene Luft zu schaffen machen, was sich
in einem ausgeprägten Wasserdampfdruckdefizit äussert.

Überblick über die aktuelle Situation im Waldschutz

In einem eigenen Block informieren die Mitarbeitenden von Waldschutz Schweiz jeweils über
die aktuelle Situation bei den Baumarten und deren Schadorganismen. Den Anfang machte Beat
Forster mit einem Überblick zu den Forstinsekten. Die aktuellen Zahlen zum Buchdrucker sind
bereits im Februar 2019 veröffentlicht worden (Waldschutz aktuell 1/2019). Der Befall
verdoppelte sich gegenüber dem Vorjahr, liegt aber noch deutlich unter dem Spitzenjahr 2003.
Die höchsten Anteile der Zwangsnutzungen in Bezug zum Fichtenvorrat wiesen die Kantone
Aargau mit mehr als 2 Prozent und die Kantone Zürich und Thurgau mit bis zu 2 Prozent auf.

Beim Lärchenwickler war 2018 eine Massenvermehrung zu beobachten. Gut sichtbar war das
Phänomen in der Region Visp, aber auch im Engadin. Von den warmen Temperaturen
profitierten auch der Eichen- und Pinienprozessionsspinner sowie der Dunkle Goldafter.
Problematisch ist dabei weniger der Frass an Blättern und Nadeln, sondern die Brennhaare der
Raupen. Beim Pinienprozessionsspinner wurde im Kanton Waadt eine Arealausweitung um
einige Kilometer Richtung Norden festgestellt. Laut Forster dürfte sich die Kolonisierung
Richtung Neuenburger- und Bielersee fortsetzen. Ausschlaggebend dafür sind aber primär die
warmen Wintertemperaturen. In Naturbeständen von einheimischen Buchsbäumen ist 2018 am
Jurasüdfuss im Kanton Solothurn Kahlfrass durch den Buchsbaumzünsler beobachtet worden.

Bei der Edelkastaniengallwespe ist es in der Südschweiz – trotz vorhandenem Gegenspieler – im
Frühling 2019 zu einer leichten Zunahme der Gallwespenpopulation gekommen. Mit Ausnahme
an südexponierten Hängen verursachte diese aber keine wesentlichen Schäden an den Trieben in
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den Baumkronen. Eine Zunahme der Populationen der Kastaniengallwespe ist offenbar auch in
der Lombardei und im Piemont festgestellt worden. Die Ursache dafür ist unklar. An
südexponierten Hängen wurden immer wieder grössere Schäden festgestellt. Es wird vermutet,
dass auf Grund der dort herrschenden mikroklimatischen Verhältnisse im Winter die
Entwicklungszyklen der Gallwespe (phänologieabhängig) und ihres Gegenspielers
(temperaturabhängig) nicht gut übereinstimmen.

Beat Forster äusserte sich auch zu den trockenheitsbedingten Schäden an Fichten, Weisstannen
und Föhren. Vor allem im Raum Walensee habe er Fichten gesehen, die «auf dem Stock»
vertrocknet seien. Meistens sei aber der Buchdrucker mitbeteiligt. Anders die Situation bei der
Weisstanne. Diese werde meistens erst nach einer Schwächung durch Borkenkäfer attackiert.
Drei Borkenkäferarten würden die Weisstannen befallen: Der Krummzähnige
Weisstannenborkenkäfer (Pityokteines curvidens), der Mittlere Tannenborkenkäfer (Pityokteines
voronzovi) und Pityokteines spinidens, eine Art, die keinen deutschen Namen hat. Die Situation
präsentiere sich regional und sogar lokal sehr unterschiedlich (auf der Exkursion war ein Standort
der Weisstanne gewidmet, vgl. Seite 9). Erfahrungsgemäss würde sich bei der Weisstanne die
Situation schneller normalisieren als bei der Fichte. Auch Föhren seien von Käferbefall betroffen.
Nach Einschätzung von Forster etwa in gleichem Ausmass wie 2003, vermehrt jedoch auch in
den Ebenen.

Doris Hölling berichtete über den Asiatischen Laubholzbockkäfer ALB (Anoplophora
glabripennis). Bis auf Berikon AG seien von den vier Freiland-Fällen inzwischen drei getilgt,
was als Erfolg zu werten ist. Der Citrusbockkäfer CLB (Anoplophora chinensis) bedroht wie der
ALB ein breites Baumartenspektrum. Nachdem in der Schweiz 2006 ein Käfer und eine Larve
bei Gartenbauarbeiten gefunden worden waren (der Fall ist abgeschlossen), tauchte der CLB
2014 im Kanton Thurgau erneut auf. Seither sind keine weiteren Funde gemeldet worden.

Valentin Queloz präsentierte die neuesten Erkenntnisse zum Eschentriebsterben. Die Zwangs-
nutzungen von Eschenholz gingen 2018 leicht zurück. Relativ hohe Nutzungen vermeldeten die
Kantone Bern und St. Gallen. Das Klima der letzten vier Sommer war nicht besonders günstig für
die Entwicklung von Hymenoscyphus fraxineus, dem Verursacher des Eschentriebsterbens. 2018
dürfte der Pilz kaum fruktifiziert haben, weshalb es vermutlich zu wenig Neuinfektionen
gekommen ist. Von den aus den Kantonen als gesund gemeldeten Eschenvorkommen ist im
Sommer 2018 ein grosser Teil von der Firma ECOENG aufgesucht worden, um
Untersuchungsmaterial zu sammeln. Derzeit läuft an der WSL ein Experiment zur Resistenz der
Esche gegenüber dem Pilz, der die Krankheit verursacht und zum Eschenprachtkäfer, der die
Esche ebenfalls befällt und in den nächsten Dekaden wahrscheinlich auch die Schweiz erreichen
wird. Der Versuch ist den Teilnehmenden an der Tagung auch präsentiert worden (vgl. Seite 7).

Weiter berichtete Queloz über Pilze, die an absterbenden Götterbäumen isoliert wurden und über
einen rätselhaften Pilz an Hagebuchen (Anthostoma decipiens). Dieser ist anhand seiner roten
Sporenmassen (wachsige Kugeln) gut identifizierbar. Erstmal nachgewiesen wurde der Pilz 2017
in Genf. 2018/19 trat er nun auch in Delémont und Basel auf. Wahrscheinlich ist er einheimisch,
tritt nun aber infolge Trockenstress stärker in Erscheinung. Die befallenen Bäume werden
vermutlich absterben.

In Zusammenhang mit der Trockenheit sind zahlreiche Symptome aufgetreten. Schleimfluss an
Laubhölzern war häufig zu beobachten. Bei einigen Buchen trat ein rätselhaftes Phänomen auf.
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Das Schadbild ist charakterisiert durch schwarze Flecken im Holz, die sich durch den ganzen
Stamm ziehen. Es scheint, dass Luft in den Stamm eingetreten ist. Pathogene konnten bisher
keine nachgewiesen werden. Im Aargau waren in einem Bestand ziemlich viele Buchen davon
betroffen.

«Ausserplanmässige» Umfrage zu den Auswirkungen der Trockenheit

Die Kantonsoberförsterkonferenz (KOK) beauftragte Waldschutz Schweiz, bei den Wald-
schutzbeauftragten in den Kantonen eine Umfrage über die Auswirkungen der Trockenheit 2018
durchzuführen. Dabei ergab sich jedoch ein Problem: Wie lassen sich trockenheitsbedingte
Schäden zuverlässig von anderen Ursachen trennen? Sinnvollerweise wurde der Austrieb der
Bäume im Frühling 2019 abgewartet. Doch in höheren Lagen hat beispielsweise die Buche
relativ spät ausgetrieben. Dann gab es einen Spätfrost, der seine Spuren hinterliess. Den
verschickten Fragebogen füllten nicht alle Kantone aus. Dafür dürften verschiedene Gründe
verantwortlich gewesen sein, etwa die Komplexität des Phänomens, die prekäre Datenlage sowie
die Konzipierung des Fragebogens. Jedenfalls liess der Rücklauf keine aussagekräftige
Auswertung zu.

Um ein Beispiel zu geben, wie es ausschauen kann, präsentierte Valentin Queloz Aufnahmen von
einem Flug über die Wälder der Ajoie im Kanton Jura (vgl. Abbildung 1). Die eindrücklichen
Luftbilder von Anfang Juni zeigen, dass in einigen Gebieten 30 bis 80 Prozent der Buchen
abgestorben sind. Auch dürre Weisstannen sind anhand ihrer rotbraunen Kronen gut zu erkennen.
Die Ajoie dürfte eine der am stärksten von der Trockenheit betroffenen Regionen der Schweiz
sein. Ein anderes oft genanntes Beispiel ist der Hardwald bei Basel.

Abbildung 1 Folgen der Trockenheit 2018: Absterbende Buchen und Weisstannen in der
Nähe von Porrentruy (JU).          Foto: Valentin Queloz, WSL

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Doch wie präsentiert sich die Situation auf den übrigen Waldflächen? Die bestehenden nationalen
oder interkantonalen Waldmonitoringprogramme vermögen kein repräsentatives Bild vom
Ausmass der Trockenheitsschäden zu geben. Sie sind auch nicht dafür konzipiert worden. Somit
stellt sich die Frage, wie sich der Forstdienst nach Trockenheitsperioden oder anderen extremen
Ereignissen künftig rascher einen Überblick über den Zustand von Wald und Bäumen
verschaffen kann. Ein Ansatz besteht darin, die Erhebungen dazu in die jährlich im Herbst
stattfindende Waldschutzumfrage bei den Kantonen zu integrieren.

Blick auf die Alpensüdseite

Für die Nordschweiz sind die auf der Alpensüdseite gemachten Erfahrungen mit Trockenheit von
besonderem Interesse. 2018 war in der Südschweiz bezüglich Dürre nicht so extrem wie in Teilen
auf der Alpennordseite. Der Sommer 2003 war hingegen auf der Alpensüdseite sehr trocken und
heiss. Wie Marco Conedera von der WSL berichtete, zeigten damals zahlreiche Kastanienbäume
Welkesymptome. Dies äusserte sich in einer Braunfärbung der Blätter bereits im Juli. Eine noch
im selben Jahr erfolgte Analyse der Bestände im Kastaniengürtel ergab, dass Bestände an
Waldrändern und auf flachgründigen Standorten am stärksten betroffen waren. Die Kastanie gilt
eigentlich als eher trockenheitstolerant. Im Sommer 2003 zeigte sich auf der Alpensüdseite
jedoch, dass die Baumart bei extrem heissem und trockenem Wetter die Evapotranspiration nicht
so gut regulieren kann. Hinzu kommen die zahlreichen sekundären Schädlinge wie etwa der
Kastanienrindenkrebs. Neu machen den Kastanien auch die Tintenkrankheit sowie die
Kastaniengallwespe zu schaffen. Letztere wurde 2009 im Tessin zum ersten Mal nachgewiesen.

Laut Conedera sind Trockenjahre und Hitzewellen Schlüsseljahre. Der Einfluss einer extremen
Sommerdürre erstrecke sich über Jahre bis Jahrzehnte. Von solchen Ereignissen gelte es zu
lernen. Dort wo Trockenheitsschäden erkennbar seien, lohne es sich, genauer hinschauen und die
mittelfristige Entwicklung zu beobachten, ist er überzeugt.

Waldbrandprävention in der Zentralschweiz

Den letzten Vortrag hielt Urs Felder von der Dienststelle für Landwirtschaft und Wald des
Kantons Luzern zum Thema Waldbrandprävention in der Zentralschweiz. 2015 musste man sich
mit der Waldbrandgefahr erstmals wirklich auseinandersetzen. 2018 fiel auch noch der 1. August
in die heikle Periode. Die Zentralschweizer Kantone Luzern, Schwyz, Zug, Nid- und Obwalden
haben ihre Zusammenarbeit beim Umgang mit der Waldbrandgefahr verstärkt mit dem Ziel,
möglichst kohärent aufzutreten. Der Grund dafür liegt nicht zuletzt darin, dass die Zentralschweiz
auch einen Medienraum bildet.

Der Kanton Luzern hat bei dieser Zusammenarbeit die Koordination übernommen. Angestrebt
wurde beispielsweise eine fixe Koppelung der Massnahmen an die Gefahrenstufen. Beim
Feuerverbot im Wald und Waldesnähe einigte man sich auf eine Distanz von 50 Metern zum
Wald, die beim Begriff der Waldesnähe zur Anwendung kommt. Das Zentralschweizer Modell
könnte man als «gemeinsam und einheitlich, aber doch autonom» bezeichnen und ist – auch
wenn noch nicht alles geklärt ist – erfolgreich gestartet.

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Präsentation von zwei Projekten an der WSL

An der Tagung sind den Teilnehmenden zwei auf mehrere Jahre angelegte Versuche der WSL
präsentiert worden. Die Modellökosystem-Anlage (vgl. Abbildung 2) simuliert in 16 Lysimetern
vier verschiedene Klimaszenarien: Eine 5 Grad wärmere Welt; 75 Prozent weniger Niederschlag;
die Kombination von beidem (warmer droughts = wärmere Trockenheiten) sowie eine Kontrolle
mit keinen Manipulationen. Bei den Baumarten entschied sich das Forscherteam für Buchen und
Flaumeichen. Zum einen in Monokultur gepflanzt, zum anderen aber auch in Mischung, weil
infolge der unterschiedlichen Wurzelwerke das vorhandene Wasser möglicherweise besser
genutzt wird. Der Versuch sei auf vier Jahre angelegt, sagte Arthur Gessler von der WSL.
Ergänzt würde der Versuch mit Gradientenstudien auf richtigen Waldstandorten. Die
Kombination und der Vergleich mit natürlichen Standorten mit älteren Bäumen sei dabei zentral.

Abbildung 2 Modellökosystem-Anlage an der WSL.
Foto: Valentin Queloz, WSL

Valentin Queloz stellte den 2018 gestarteten Versuch zum Eschentriebsterben vor. Von den aus
der Schweiz gemeldeten angeblich gegenüber dem Pilz resistenten Vorkommen sind zehn
Standorte ausgewählt worden. Von je einem «resistenten» und «geschädigten» Baum sind 50
Triebe abgeschnitten und gepfropft worden. Die 1000 Eschen wachsen nun in einem
Gewächshaus der WSL (vgl. Abbildung 3, Seite 8). Hinzu kommen 200 Eschen aus Asien
(Fraxinus mandshurica), die nicht nur gegenüber Pilzbefall resistent sind, sondern auch durch
den Eschenprachtkäfer nicht befallen werden. Dieser ebenfalls aus Asien stammende Käfer ist
über Moskau bereits bis in die Ukraine und Weissrussland gelangt. Eingeschleppt in Nord-
amerika, richtet er dort grosse Schäden an den amerikanischen Eschen an.
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In einem ersten Schritt werden nun die Genotypen der Eschen mit speziellen Markern
beschrieben. Danach erfolgen gezielte Pilzinfektionen sowie ein Befall mit Eschenprachtkäfern
im S3 Pflanzenschutzlabor der WSL. Laut Queloz sind die Versuche mit asiatischen Pilzstämmen
von besonderem Interesse. Als der Erreger des Eschentriebsterbens in den 1990er-Jahren
wahrscheinlich über Polen nach Europa eingeschleppt wurde, blieb das wahrscheinlich eine
einmalige Angelegenheit. Aus diesem Grund weist der Erreger, der sich inzwischen in Europa
ausgebreitet hat, keine grosse genetische Vielfalt auf. Möglicherweise sind die nun identifizierten
Eschen nur gegenüber diesen wenigen, ursprünglich eingeschleppten Pilzstämmen resistent, nicht
aber gegenüber weiteren Einschleppungen aus Asien.

Abbildung 3 Projekt zum Eschentriebsterben: gepfropfte Eschen im Gewächshaus.
Foto: Valentin Queloz, WSL

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Exkursion im Kanton Zürich

Die Exkursion am zweiten Tag beinhaltete den Besuch von drei Beständen, bei denen jeweils
eine Baumart im Zentrum stand: Zuerst die Buche, dann die Weisstanne und zum Abschluss eine
spezielle Provenienz der Fichte, die trockene Bedingungen erstaunlich gut erträgt.

Am ersten Standort in der Nähe von Birmensdorf informierte Thomas Wohlgemuth von der WSL
über das Projekt mit 1000 markierten Buchen in den drei Regionen Basel (unter anderem im
Hardwald), Schaffhausen und ein Gebiet im Knonauer Amt (Zürich/Aargau). An allen Standorten
sind Bäume, die ihr Laub im Sommer 2018 frühzeitig verloren haben, aufgenommen worden. In
den Regionen Zürich/Aargau und Basel zudem Kontrollbäume, die ihr Laub behielten. Die
markierten Bäume sind im Mai 2019 und im Juli 2019 wieder aufgesucht worden. Eine weitere
Aufnahme ist 2020 vorgesehen.

Wohlgemuth präsentierte nur Ergebnisse von der ersten Aufnahme. Bei 51 Prozent der Buchen
mit frühem Laubfall waren mindestens 10 Prozent der Äste in der Krone dürr. Zehn Bäume
waren bereits abgestorben. Bei den Kontrollbäumen betrug der Anteil der Bäume
mit Kronenverlichtung hingegen lediglich 22 Prozent. Bei rund einem Sechstel der Bäume ist
Schleimfluss an der Rinde festgestellt worden. Für die zweite Aufnahme erwartet Wohlgemuth
eine Zunahme der geschädigten Bäume. Ein verfrühter Laubfall zeigt laut den ersten
Erkenntnissen eine Schwächung der Buchen an.

Interessant waren die Ausführungen über ein weiteres Projekt an der WSL, das sich der
historischen Einordnung von Baumschäden durch Trockenheit widmet. Laut Wohlgemuth
ergaben die Recherchen, dass das Jahr 2018 vermutlich am ehesten mit 1947 vergleichbar ist.
Eine Quantifizierung der Trockenheitsschäden erweist sich jedoch als schwierig. In Deutschland
war um 1950 von einem Buchensterben die Rede. Der Berner Historiker Christian Pfister kam
zum Schluss, dass die Jahre von 1945 bis 1953 die trockenste Phase seit 1500 gewesen sein
dürfte.

Am zweiten Standort in Feuerthalen ZH stand die Weisstanne im Zentrum. Revierförster
Matthias Bürgin präsentierte den Teilnehmenden Weisstannen im besten Alter, deren Krone dürr
geworden war. In den letzten Jahren sei betont worden, die Weisstanne sei eine Option.
Angesichts der aktuellen Probleme hege er nun aber doch einige Zweifel.

Beat Forster sagte, es handle sich hier um einen Bestand, wo man das Absterben von Weiss-
tannen tatsächlich nicht erwartet hätte. Die Bäume vertrockneten «auf dem Stock» ohne
eindeutigen Käferbefall. Die Sekundärschädlinge finde man vor allem in den Ästen. Gemäss
seiner Beobachtung ist der Mittlere Tannenborkenkäfer häufiger geworden. Lässt sich etwas
dagegen tun? Ein Patentrezept gebe es nicht, sagte Forster. Mit der nächsten Käfergeneration im
August entstehe schon ein gewisser Populationsdruck. Doch wenn etwas dagegen getan werden
soll, so müssten auch die Äste in ein Bekämpfungskonzept mit einbezogen werden. Im
Unterschied zu den Fichten, wo ein Buchdruckerbefall oft zu Käfernesten führe, kämen
Weisstannen oft etwas verstreut im Bestand vor. Zu beachten sei zudem, dass die Tannen-
borkenkäfer stärker nach Trockenheit in Aktion treten, jedoch weniger nach Sturmereignissen.
Die Diskussion ergab, dass in diesem Bestand vermutlich nicht alle Weisstannen ausfallen
werden. Eine hastige Reaktion ist nicht angezeigt. Denkbar ist, dass die Bäume künftig nicht

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mehr so hoch werden. Die augenfällige Zunahme von absterbenden Weisstannen gibt aber auf
jeden Fall Anlass zur Sorge.

Am letzten Standort in den Thurauen bei Flaach ZH ging es um ein spezielles Vorkommen der
Fichte (vgl. Abbildung 4). Für Förster Beat Gisler handelt es sich dabei eher um einen Typ, wie
er im Gebirge vorkommt. Es seien kaum Abgänge durch Borkenkäferbefall zu verzeichnen. Die
Thurauen waren einst Niederwälder. Föhren hat man gesät, während es Fichten womöglich
immer schon gab. Und sie werden auch weiterhin Platz haben, auch
wenn Naturschützer sie auch schon reflexartig entfernt haben wollten.

Abbildung 4 ,Trockenfichten‘ in den Thurauen.              Foto: Valentin Queloz, WSL

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Informationen aus der Arbeitsgruppe Waldschutz
und aus dem Bundesamt für Umwelt BAFU
Als Nachfolger von Silvio Covi hat Urs Kamm (Abteilung Wald des Amtes für Landschaft und
Natur des Kantons Zürich) die Leitung der Arbeitsgruppe Waldschutz übernommen.
Die AG Waldschutz ist eine Arbeitsgruppe der Konferenz der Kantonsoberförster (KOK). Laut
Kamm ändert sich bei der AG Waldschutz mit der Neuorganisation der Konferenz für Wald,
Wildtiere und Landschaft (KWL), der die Direktorinnen und Direktoren der Kantone sowie dem
Fürstentum Liechtenstein angehören, sowie ihren beiden Gremien, der KOK und der Jagd- und
Fischereiverwalter-Konferenz (JFK), eigentlich nichts. Weitere Mitglieder der Arbeitsgruppe als
Vertreter der Kantone sind Giorgio Moretti (TI), Thomas Zumbrunnen (VD), Martin Ziegler
(ZG) und Marco Vanoni (GR). Ständige Gäste sind Therese Plüss (BAFU) und Valentin Queloz
(WSL).

Die Arbeitsschwerpunkte der AG Waldschutz sind: Stellungnahmen zu Verordnungen; der
Bericht Artenpriorisierung waldrelevante Schadorganismen; die Verordnung des BAFU über
phytosanitäre Massnahmen für den Wald (VpM-BFAU); Mitorganisation der Jahrestagung. Ein
weiteres Zukunftsthema ist laut Kamm der Waldschutz ausserhalb des Waldes, denn neue
Schädlinge träten oft zuerst im Siedlungsraum auf.

Rolf Manser, seit 2018 Kantonsförster von Solothurn, ist bei der KOK neu für die AG
Waldschutz zuständig. Er sagte an der Waldschutz-Tagung, die KOK messe dieser als einer der
drei Arbeitsgruppen der KOK einen hohen Stellenwert bei. Im Hinblick auf die Zukunft sagte er,
es würden intensive und „interessante“ Jahre auf uns zukommen.

Therese Plüss informierte über aktuelle Themen aus der Bundesverwaltung. Für das Thema
Waldbrand ist neu Stefan Beyeler zuständig; das Team der Waldbrandwarnungen besteht
zusätzlich aus Roberto Bolgé und Andrea De Boni (alle sind jeweils erreichbar unter
flamma@bafu.admin.ch). Das Warninstrument Flamma 1.0 ist veraltet und wird erneuert. Dessen
Start ist für 2021 vorgesehen. Bereits ab Herbst 2019 werden Waldbrandwarnungen ins
Naturgefahrenportal des Bundes integriert.
Weitere personelle Änderungen: Joanna Meyer (Phytopathogene und Neophyten); Aline
Knoblauch (Insekten und Nematoden); Andrea De Boni (Vollzug ISPM 15).

Ein aktuell heiss gehandeltes Thema sind Pflanzenschutzmittel im Wald, insbesondere zur
Behandlung von gelagertem Rundholz. Die Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz haben das
Thema im Frühling 2019 aufgegriffen. Zwei Interpellationen im Parlament fordern ein
Totalverbot der Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Wald (Interpellation Hadorn 19.3468,
Interpellation Graf 19.3517).
Bei der praktischen Anwendung von Pflanzenschutzmitteln im Wald stehen einige Änderungen
an. Wie Anke Schütze von der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften
(HAFL) ausführte, ist künftig für Fachbewilligungsinhaber alle fünf Jahre eine
Weiterbildungspflicht von einem halben Tag vorgesehen. Die Weiterbildungskurse sollen an den
Bildungszentren für Wald in Maienfeld und Lyss stattfinden. Zudem ist vorgesehen,
Pflanzenschutzmittel nur noch an Fachbewilligungsinhaber abzugeben. Eine Vernehmlassung
sowie Ämterkonsultation ist 2020 vorgesehen. Anschliessend erfolgt die Umsetzung.

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