TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM

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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
TAPE
TEN
ENSEMBLE

WECH
           NATIONALTHEATER MANNHEIM

SEL
     2022
TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
Tapetenwechsel

Die Generalsanierung des Spielhauses am Goethe-
platz steht vor der Tür. Für Ensemble, Technik, Maske, Kostüm
und viele weitere Mitarbeiter*innen heißt das: Tapeten-
wechsel. Ihr Alltag findet demnächst an neuen, unbekann-
ten sowie bekannten Orten statt. Was heißt das eigentlich
für unsere Künstler*innen?

In diesem Buch kommen sie selbst zu Wort. In persönlichen
Statements setzen sie sich mit dem titelgebenden
Tapetenwechsel auseinander. Sie schildern ihr schönstes
                                                                ENSEMBLE
Bühnenerlebnis im Spielhaus am Goetheplatz, erzählen,
was sie während der Generalsanierung vermissen werden
und auf welche Facetten der Interimszeit sie sich
besonders freuen.

Wer die Zitate geschrieben hat, sehen Sie im zweiten
Teil: Dort folgt eine aufwändig produzierte Bildstrecke der
Solist*innen des Nationaltheaters. 78 ausdrucksstarke,
farbenfrohe Portraits spiegeln die persönlichen Statements
der Künstler*innen wider. Tapeten, Posen und Outfits                       NATIONALTHEATER MANNHEIM
sind dabei selbst gewählt.

Produziert wurden die »Tapetenfotos« von den NTM-Haus-
fotografen Hans Jörg Michel, Christian Kleiner und
Maximilian Borchardt. Das Projekt begann bereits 2020,
als Hans Jörg Michel seinen lang gehegten Wunsch
in die Tat umsetzte, mit verschiedenen Hintergrundmate-
rialien für eine Bildstrecke des Ensembles zu experimen-
tieren. Tapeten stellten sich dabei als ideal heraus. Um das
Projekt möglichst abwechslungsreich umzusetzen, ohne                2022
jeweils eine Wand tapezieren zu müssen, konzipierte und
baute Thomas Busse, Leiter des Ausstattungsateliers
am NTM, mit seinem Team und den Fotografen dafür eigens
eine Holzwand mit Ansaugvorrichtung.

Entstanden ist ein farbenfrohes, charakterstarkes, humor-
volles und spannendes Buch, in dem Sie unserem Ensemble
sehr nah kommen können. Blättern Sie durch, schauen
Sie den Künstler*innen in die Augen und erfahren Sie, was
die kommende Zeit für sie bedeutet!
TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
ENSEMBLE

           NATIONALTHEATER MANNHEIM

    2022
TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
DIE SPIELSTÄTTEN
DES NATIONALTHEATERS
MANNHEIM
2022                                                                SCHAUSPIEL / TANZ
                                                                      Altes Kino Franklin
           Spielhaus am Goetheplatz
                                                                         Neu ab Ende 2022
                   Bis 30. Juli 2022
               Generalsanierung ab August 2022
                                                      OPER / TANZ
                                                 Pfalzbau Ludwigshafen
                                                          Ab Ende 2022
                              WIR ZIEHEN UM!

        TANZ
 NTM Tanzhaus                                       WIR BLEIBEN!
                                                                           JUNGES NTM
      Ab Oktober 2022
                                OPER / TANZ                          Alte Feuerwache
                                   OPAL                    Weiter ab September 2022
                          Neu ab Ende 2022

                   OPER                                   SCHAUSPIEL /OPER /JUNGES NTM
     Schlosstheater Schwetzingen                        Studio Werkhaus
                    Ab Ende 2022                            Weiter ab September 2022

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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
DAS ENSEMBLE           ⬐⬐⬐             OPER
DES NATIONALTHEATERS
MANNHEIM
2022                   EVEZ ABDULLA                 ⇉ S. 76
                       Geburtsort: Baku, Aserbaidschan
                       Stimmfach: Bariton

                                    Meine Kolleg*innen treffe ich am liebsten hinter der Bühne.
                                    Dies ist für mich ein besonderer Ort. Wir reden dort mit­
                                    einander, machen Späße und sind noch immer wir selbst.
                                    Aber ein Schritt vorwärts auf die Bühne, und man ist schon
                                    eine ganz andere Person. Man spielt seine Rolle, man
                                    hat bereits eine andere Energie, einen anderen Charakter.
                                    Für mich ist das ein so interessanter Moment – der Moment
                                    der Verwandlung.
                                    Natürlich hoffe ich, dass diese Sanierung nicht so lange
                                    dauern wird. Diese Kunst – eine der komplexesten Künste
                                    überhaupt – ist für die Öffentlichkeit, für junge und alte
                                    Generationen notwendig. Ja, wir brauchen sie auch als Künst­
                                    ler*innen, aber für uns ist es wie ein Dienen für die Kunst. Es
                                    ist nicht wie ein Job, absolut nicht. Wir widmen uns der
                                    Musik, der Kunst, wir arbeiten mit den Seelen des Publikums.

                       THOMAS BERAU                   ⇉ S. 112
                       Geburtsort: Ingolstadt, Deutschland
                       Stimmfach: Bariton

                                    Als »Durchtreten« wird der Moment beschrieben, in dem
                                    nach dem Tuttiapplaus der geschlossene, rote Vorhang
                                    ein Stück weit aufgehalten wird – dann treten die Darstellen­
                                    den zum Einzelapplaus hindurch. Nach einer großen Partie
                                    ist das für mich der schönste Moment des Abends. Wenn ich
                                    mit meinen Möglichkeiten mein Rollenporträt beendet habe,
                                    bleibt auch am Ende des Abends immer noch hohe Spannung
                                    – konnte das Publikum mitgehen, meine Gefühle teilen?
                                    Hohes Glück ist es, dann eine Form von Einvernehmen zu
                                    spüren. Wie schön, dass »unser« Vorhang vom Goetheplatz
                                    mit in die Oper am Luisenpark zieht. Ich freue mich, hin­
                                    durchtretend, auf unser gemeinsames Einverständnis!

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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
REBECCA BLANZ                  ⇉ S. 55                                       NIKOLA DISKIĆ
Geburtsort: Bergisch Gladbach, Deutschland                                   Geburtsort: Belgrad, Serbien
Stimmfach: Sopran                                                            Stimmfach: Bariton

             Das NTM steht für mich für einen wirklich starken und tollen                 Die schönsten Bühnenmomente sind die Festlichen Opern­
             Zusammenhalt im Ensemble. Ich liebe es, meine Kolleg*in­nen                  abende. Diese sind immer etwas Besonderes für mich ge-
             auf der Seitenbühne zu treffen – egal, ob ich selbst spiele                  wesen und ich genieße ihre Atmosphäre sehr. So ist auch
             oder nicht. Vor allem, wenn es Gummibärchen gibt – das                       eigentlich die Bühne selbst mein Lieblingsort im Spielhaus.
             kann ich nicht leugnen. Ich wünsche mir und uns, dass dieser                 Das ist der Ort, wo die Magie entsteht. Auf dem Weg zur
             Zusammenhalt trotz der verschiedenen Spielstätten erhalten                   Bühne – auf dem Flur – treffe ich am liebsten auf meine
             bleibt oder sogar stärker wird!                                              Kolleg*innen. Wir laufen alle meistens in die­selbe Richtung
                                                                                          – nämlich, dorthin, wo der Zauber entsteht. Für die nächste
                                                                                          Zeit wünsche ich dem NTM eine erfol­greiche Sanierung
MARCEL BRUNNER                      ⇉ S. 108                                              und eine baldige Rückkehr nach Hause …
Geburtsort: Bad Mergentheim, Deutschland
Stimmfach: Bassbariton
                                                                             UWE EIKÖTTER                   ⇉ S. 102
             Mein persönlich schönster Bühnenmoment am NTM war die           Geburtsort: Kirchlengern, Deutschland
             Festwiese am Ende des dritten Akts der »Meistersinger«.         Stimmfach: Tenor
             Diese Neuproduktion in der Spielzeit 2018/19 war meine erste
             als Ensemblemitglied am NTM. Als alle Soli, das Orchester,                   An dem Theaterfest zum Spielzeitbeginn trifft sich Jung und
             der Haus- und Extrachor am Ende einer langen Aufführung                      Alt im Herzen der Stadt. Die Verbundenheit zwischen Bühne
             gemeinsam den »Wach auf«-Chor angestimmt haben,                              und Publikum pulsiert dann besonders – in ge­meinsamer
             war das ein wirklich erhebendes Gefühl.                                      Neugierde für einander in einer realen Begegnung. Ich
                                                                                          wünsche mir, dass dieses Band erhalten bleibt und wir es
                                                                                          schaffen, weiter durch respektvollem Umgang mit der Kunst
CHRISTOPHER DIFFEY                    ⇉ S. 43                                             unser Publikum aller Altersgruppen ins Theater zu locken.

Geburtsort: Melbourne, Australien
Stimmfach: Tenor
                                                                             JULIA FAYLENBOGEN                       ⇉ S. 50
             Mein schönster Bühnenmoment am NTM war, den Prinzen             Geburtsort: Krywyj Rih, Ukraine
             Ramiro in »La Cenerentola« (2018) zu spielen. So­wohl meine     Stimmfach: Mezzosopran
             Mutter und mein Stiefvater als auch mein Vater und meine
             Stiefmutter waren aus Australien zu Besuch und konnten nach                  Mein Zimmer in der Damengarderobe im Spielhaus hat
             der Show auf die Bühne kommen. Im »Cenerentola«-Schloss                      schon vieles erlebt. Das ist für mich ein Platz, an dem man
             konnten sie sich selbst wie Prinzen und Prinzessinnen fühlen!                sehr ehrlich und sehr oft gnadenlos mit sich selbst ist. Es ist
                                                                                          aber auch ein Ort, an dem man immer wieder Mut und
                                                                                          Motivation findet, gleich nach dem heiligsten Ort im Haus
                                                                                          – »Frau Faylenbogen, bitte zur Bühne!«

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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
FRÉDÉRIQUE FRIESS ⇉ S. 109                                                              Reaktion zu erleben ist. Daher wird meine Leidenschaft,
                                                                                        besser zu werden, nie langweilig.
Geburtsort: Straßburg, Frankreich
                                                                                        Der Ort, an dem ich sehr nachdenklich werde, ist wahrschein­
Stimmfach: Sopran
                                                                                        lich hinter den Kulissen. Die Bühne verändert sich ständig und
           Einer meiner schönsten Bühnenmomente am NTM war mein                         wird immer wieder neu gebaut. Aber hinter der Bühne bleibt
           Debüt als Sophie 2003 im »Rosenkavalier« von Richard Strauss                 es immer unverändert. An diesem Ort verstecken sich viele
           mit Adam Fischer am Pult, der die Oper auswendig dirigierte                  Werke der Vergangenheit und Erinnerungen an Kolleg*innen.
           und einen durch die Musik trug wie kaum ein anderer Dirigent.
           Ein sehr schöner Moment war selbstverständlich auch meine
           Rückkehr ans NTM nach 17 Jahren Abwesenheit im November         JURAJ HOLLÝ                  ⇉ S. 105
           2021 als Mutter in »Hänsel und Gretel«. Ich bin sehr dankbar    Geburtsort: Šaľa, Slowakei
           für dieses Engagement nach zwei schwierigen Pandemie-           Stimmfach: Tenor
           Jahren und habe mich gefreut, alte Gesichter wiederzusehen
           und neue Kolleg*innen kennenzu­lernen.                                       Ein spezieller Moment mit dem NTM wird mir immer in Erinne­
           Für die Sanierungszeit wünsche ich dem NTM, dass sein Publi­                 rung bleiben – als die Pandemie ausbrach und ich die Mög­
           kum ihm treu bleibt, trotz anderer Spielstätten!                             lichkeit hatte, auf der Probebühne in Neckarau frühmorgens zu
                                                                                        üben. Plötzlich gab es kein Theatertreiben mehr im Haus und
                                                                                        mir stand der große Raum mit all den alten Kulissen und
JOACHIM GOLTZ                   ⇉ S. 48                                                 Requisiten in dieser ungewöhnlichen aber angenehmen Stille
                                                                                        zur Verfügung. Das Bühnenlicht war weg. Es schien nur die
Geburtsort: Mannheim, Deutschland
Stimmfach: Bariton                                                                      Morgensonne durch die vielen Fenster. Es war, als wäre das
                                                                                        ganze Gebäude lebendig – Teil des Theaters selbst. Wie ein
           Meine zweite Sanierung am NTM. Damals war ich Statist und                    Fahrzeug, das zum Stillstand gekommen war und sich eine
           fand es aufregend, für z. B. »La Gioconda« nach Luwigshafen                  große Atempause genommen hatte für die nächste Etappe
           oder für »Die Zauberflöte« nach Schwetzingen zu fahren.                      seines Tuns und Wirkens.
           Und jetzt als Sänger freue ich mich auch sehr auf die anste­
           henden Herausforderungen und das neue Gebäude am Luisen­
           park, und am allermeisten auf das NTM nach der Sanierung …      KS THOMAS JESATKO                   ⇉ S. 113
           keine abgerissenen Duschköpfe mehr, möglicherweise sogar
                                                                           Geburtsort: Nürnberg, Deutschland
           warmes Wasser … es wird so schön werden – für uns und           Stimmfach: Bassbariton
           für unser Publikum.
                                                                                        Mein schönster Bühnenmoment: Jeder Moment, in dem ich
                                                                                        Wagner singen darf. Allen voran die Auftritte Wotans.
SUNG HA             ⇉ S. 98                                                             Lieblingsort: Die Bühne natürlich, und besonders der Hügel
                                                                                        im 2. Akt von »Parsifal«. Auf dem habe ich im Mai 1997 vorge­
Geburtsort: Busan, Korea
Stimmfach: Bass                                                                         sungen. Wegen meines Klingsors wurde man in Bayreuth auf
                                                                                        mich aufmerksam und jeder »Parsifal« hier ist ein besonderes
             Der schönste Moment auf der Bühne ist für mich die gelun­                  Fest. Ich wünsche uns allen wunderbare Vorstellungen und
             gene Kommunikation mit dem Publikum. Es ist der Moment,                    interessante Erfahrungen an den neuen Orten, dass uns das
             in dem musikalische Mängel durch Übung behoben werden                      Publikum treu bleibt! Es kann doch sehr erhellend sein, alles
             können und die Antwort des Publikums mit lebendiger                        aus einer neuen Perspektive betrachten zu können.
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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
IRAKLI KAKHIDZE                ⇉ S. 111                                           ASTRID KESSLER ⇉ S. 80
Geburtsort: Batumi, Georgien                                                      Geburtsort: Nürnberg, Deutschland
Stimmfach: Tenor                                                                  Stimmfach: Sopran

              Ich arbeite seit fünf Jahren am Nationaltheater Mannheim                        Mein persönlicher schönster Bühnenmoment am NTM
              und kann jetzt schon sagen, dass dieses Theater für mich                        war bei »La Juive«, in der Inszenierung von Peter Konwitschny:
              meine Familie geworden ist.                                                     Während der Arie und des Duetts im 2. Akt war ich mitten
              Es ist schwer, eine der Rollen herauszuheben, aber wahr­                        im Publikum. Der Streit zwischen den Liebenden Rachel
              scheinlich ist es der Manrico im »Troubadour«, was für Tenöre                   und Leopold wurde über die Köpfe der Zuschauer und den
              eine große Herausforderung darstellt.                                           Graben hinweg ausgetragen. Es war ein sehr intensiver,
              Mein Lieblingsplatz im Theater ist definitiv die Bühne, weil                    intimer The­atermoment zwischen Darstellenden und Publikum.
              ich dort am glücklichsten und freisten bin!                                     Die Bühne ist natürlich mein Lieblingsort im Spielhaus! Sie
              Während der Umbauzeit werde ich diese wohl am                                   ist wie mein zweites Wohnzimmer. Ich liebe die Akustik
              meis­ten vermissen. Ich wünsche mir, dass mein Theater bald                     und das breite Portal. Man kann das gesamte Auditorium
              wie gewohnt weiterarbeiten kann, und ich wünsche mir,                           sehen und fühlt sich verbunden mit dem Publikum.
              bald wieder auf meine Lieblingsbühne zurückzukehren.                            Ich wünsche mir, dass das Publikum auch während der
                                                                                              Sanierung große Oper und herausragende Theatermomente
                                                                                              in vielen verschiedenen Produktionen erleben können wird.
VIKTORIJA KAMINSKAITE                     ⇉ S. 84
Geburtsort: Vilnius, Litauen
Stimmfach: Sopran                                                                 SEUNGHEE KHO ⇉ S. 59
              Jeder Bühnenmoment im Nationaltheater ist einmalig, denn            Geburtsort: Cheonan, Südkorea
                                                                                  Stimmfach: Sopran
              jede Vorstellung hat ein besonderes Publikum, das sehr
              sensibel und großzügig ist.                                                     Mein Debüt am NTM war die Produktion »Ombra e Luce.
              Das Spielhaus ist für mich persönlich ein großartiges Gebäu­                    Gesänge von Liebe und Finsternis« von Claudio Monteverdi.
              de. Ich mag alles dort und finde es zeitlos. Jedes Detail ist gut               Unsere Arbeit war geprägt von Distanz durch COVID-19,
              durchdacht, die Transparenz der riesigen Fenster machen                         dennoch war es eine sehr wertvolle und bedeutende Zeit für
              das Haus lichtdurchflutet, die Platanen verlei­hen einen Hauch                  mich. Trotz der schwierigen Situation konnten wir auf der
              des Bauhaus-Stils, als würde man sich in einem Park befinden.                   Bühne Momente von Gemeinschaft erleben.
              Die Lounge-Möbel geben einen luxuriösen Eindruck und                            Ich werde die Opernhausbühne unseres NTM am Goethe-
              die grüne Farbe der kleinen Garderobenschränke verleihen                        platz sehr vermissen. Aber es ist auch aufregend und in-
              eine sehr individuelle Note.                                                    spirierend, dass unsere Bühne ab der nächsten Saison an
              Den Kolleg*innen begegnet man gerne in den Garderoben                           verschiedenen Orten sein wird. Ich gehe mit großer Energie
              und auf der Bühne. Beide Orte sind sehr vertraut und geben                      darauf zu und hoffe, dass es eine gute Saison für alle wird.
              mir das Gefühl, zu Hause zu sein.

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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
HAESU KIM               ⇉ S. 96                                                           Einen Moment, den ich nie vergessen werde, war der Abend,
                                                                                          an dem ich als Norma in der Wiederaufnahme von Bellinis
Geburtsort: Gwangju, Südkorea
                                                                                          »Norma« debütierte. Der Applaus danach war überwältigend,
Stimmfach: Tenor
                                                                                          was mir das Gefühl gab, etwas Besonderes zu sein. An diesem
             Mein Lieblingsort im Spielhaus ist die Hauptbühne. Es gibt                   Abend war ich besonders stolz, Teil des Nationaltheaters
             Dinge, die man nur dort fühlen kann. Spannung, Atmos­-                       Mannheim zu sein – dem Theater, das ich meine Familie
             phäre, den Geruch von Staub und den Zuschauerraum, den                       nennen darf.
             man nur von der Bühne aus sehen kann. Diese Eindrücke
             ziehen mich immer zur Bühne.
                                                                             ILYA LAPICH              ⇉ S. 52
                                                                             Geburtsort: Rostow am Don, Russland
JELENA KORDIĆ                     ⇉ S. 65                                    Stimmfach: Bariton

Geburtsort: Zagreb, Kroatien
                                                                                          Am Abend des 25. Dezembers 2018 – ungefähr um 20.20 Uhr,
Stimmfach: Mezzosopran
                                                                                          ist mein erster Sohn Piotr geboren. Es war genau in der Pau­se
             Mein Lieblingsmoment auf der Bühne des NTM war der Beginn                    einer »La Bohème«-Vorstellung, in welcher ich den Schaunard
             des zweiten Aktes von R. Strauss’ »Der Rosenkavalier«, als                   verkörpert habe. Beim Schlussapplaus direkt auf der Bühne
             ich mit meiner silbernen Rose die Bühne be­trat und das                      wurde mir von Herrn Wendt vor vollem Haus zur Geburt
             Orchester die schönste und herrlichste Musik spielte. Mein                   meines Sohnes gratuliert. Meine damaligen Emotionen sind
             einziger Gedanke war: Ist das alles für mich? Das war mein                   schwer zu beschreiben, aber leicht zu ver­stehen. Das war
             Debüt als Octavian und dieser Abend wird für immer in                        auf jeden Fall mein schönster Moment auf der Bühne. Für die
             meinem Herzen bleiben.                                                       Zeit der Sanierung wünsche ich mir erstens: eine er­folgreiche
             Ich werde unsere große Bühne definitiv vermissen. Es ist eine                und planmäßige Sanierung für das Theater. Und zweitens:
             der größten Bühnen in Deutschland und ich habe dort so                       viel Geduld für unser Publikum und die Mitarbeiter*innen, die
             viel über die Kunst des Singens gelernt. Allein der Gedanke,                 das Haus sicherlich sehr vermissen werden und unglaublich
             dass so viele unglaubliche Sänger*innen vor mir dort standen,                viel Spaß in all den spannenden Jahren hatten.
             macht mich dankbar für jeden Moment, den ich auf der
             Bühne verbracht habe.
                                                                             SHACHAR LAVI                  ⇉ S. 56
                                                                             Geburtsort: Petach Tikwa, Israel
ESTELLE KRUGER                    ⇉ S. 110                                   Stimmfach: Mezzosopran

Geburtsort: Pretoria, Südafrika
                                                                                          Mein Lieblingsplatz im Theater ist die linke Seite der Bühne
Stimmfach: Sopran
                                                                                          – beim Inspizienten-Pult. Dies ist der Ort, an dem sich
             Wenn man das Glück hat, Teil des Ensembles des National­                     alle treffen, bevor sie auf die Bühne gehen und direkt nach
             theaters Mannheim zu sein, erlebt man täglich vor und hinter                 dem Ende der Show. Dort hat man die Möglichkeit, die
             der Bühne viele unvergessliche Momente! Für mich ist das                     Kolleg*innen und die Mitglieder der Leitung zu begrüßen
             eine Welt, in der ich mich verlieren und meine Emotionen                     und allen zu einer wunderbaren Show zu gratulieren – auch,
             ausleben kann. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Die Bühne                  um eine Süßigkeit vom Inspizienten Phillip Valentin zu
             wurde zu meinem Zuhause und alle Mitarbeiter*innen der                       bekommen. Ich hoffe, dass wir, obwohl wir an ver-
             verschiedensten Bereiche sind zu meiner Familie geworden!                    schiedenen Orten verstreut sein werden, immer noch
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TAPE TEN WECH ENSEMBLE - NATIONALTHEATER MANNHEIM
Zeit und Orte finden, uns zu treffen, eine gute Zeit miteinan­                 dass die nächste Saison uns allen eine tolle Spielzeit 2022/23
             der zu verbringen und vereint und stark zu bleiben.                            beschert.

SERHII MOSKALCHUK                   ⇉ S. 70                                    MARIE-BELLE SANDIS                     ⇉ S. 73
Geburtsort: Kyjiw, Ukraine                                                     Geburtsort: Marseille, Frankreich
Stimmfach: Bass                                                                Stimmfach: Mezzosopran

             Ich denke, dass es ein großes Plus für unser Theater ist, dass                 Neunzehn glückliche und bereichernde Jahre im
             junge Sänger*innen die Mög­lichkeit haben, auf                                 Opern­­ensemble am NTM: Zahlreiche tolle Erlebnisse mit
             der Bühne zu singen. Nicht viele Opern­studios können sich                     talen­­tierten Kollegen und Kolleginnen! »Alessandro
             eines so reichen, kreativen Lebens rühmen.                                     nell’Indie« (2008), »Il ritorno d’Ulisse in patria« (2017),
             Ich bin sehr froh, dass meine Kolleg*innen nicht nur her­vor­                  »L’incoronazione di Poppea« (2018) sind für mich
             ragende Musiker*innen, sondern auch wun­derbare Menschen                       unvergessliche Erlebnisse, sowie die Auftritte an der
             sind. Zurzeit herrscht in meinem Land Krieg, und ehrlich                       Seite von Edita Gruberová in »Norma« (2010) und Jonas
             ge­sagt, hatte ich in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn                      Kaufmann in »Werther« (2013).
             überhaupt keine Lust zu singen. In diesem schrecklichen
             Moment in meinem Leben kamen viele meiner Kolleg*innen
             mit unterstützenden Worten auf mich zu, fragten, wie sie          AMELIA SCICOLONE                      ⇉ S. 69
             helfen könnten, schickten humanitäre Hilfe in mein Land,
                                                                               Geburtsort: Grenchen, Schweiz
             organisierten Konzerte und sammelten Spenden. Es ist ein          Stimmfach: Sopran
             großes Glück, in einem Team zu arbeiten, in dem es so viele
             wunderbare Menschen gibt.                                                      Mein Lieblingsort im Spielhaus ist die Bühnenmitte bei vollem
                                                                                            Saal! Was zuerst vielleicht wie eine egozentrische Antwort
                                                                                            wirken mag, würde ich eher mit einem Gefühl der Dankbarkeit
MARIA POLANSKA                 ⇉ S. 74                                                      und der Hingabe assoziieren. Kaum gibt es ein schöneres
                                                                                            Gefühl als die Beziehung zwischen Publikum und Darsteller*in.
Geburtsort: Tarnów, Polen
Stimmfach: Mezzosopran                                                                      Energiegeladen und immer von Neuem inspirierend.

             Meine ersten Schritte im Beruf (als Mitglied des Opern-
             studios) machte ich auf der NTM-Bühne. Ich werde meinen           JONATHAN STOUGHTON                           ⇉ S. 92
             ersten Auftritt nie vergessen (es war die 3. Dame in der
                                                                               Geburtsort: London, Vereinigtes Königreich
             »Zauberflöte«). Ich stand hinter der Bühne und hörte schon        Stimmfach: Tenor
             die Ouvertüre. Mein Auftritt nahte, mein Herz schlug wie
             verrückt und in meinem Kopf dachte ich, ich bin so glücklich,                  Als ich dem Ensemble beigetreten bin, hatte die ­Pan­de­mie
             dass ich mich nach so vielen Jahren musika­lischer Ausbildung                  unsere gesamte Branche fest in der Hand. Trotz­­dem habe ich
             endlich auf der Bühne verwirklichen kann. Ich bin froh, dass                   bei Proben und Vorstellungen Zeit im Theater verbringen
             ich in dieser Spielzeit 2021/22 die Gelegenheit habe, auf einer                können und großartige Momente mit Kol­leg*innen auf und
             so großen Bühne aufzutreten und tolle Erfahrungen zu                           hinter der Bühne erlebt. Zwei Ereignis­se stechen heraus:
             machen. Das werde ich vermissen. Ich wünsche dem NTM,                          mein NTM-Debüt als Kaiser in »Die Frau ohne Schatten« (2019)
             dass der Umbau so kurz wie möglich andauern wird und
14                                                                                                                                                        15
und die Premiere von »Simplicius Simplicissimus« (2021),       PATRICK ZIELKE              ⇉ S. 72
             bei der wir nach monatelanger Schließung des Theaters
                                                                            Geburtsort: Überlingen am Bodensee, Deutschland
             wieder vor Pu­bli­kum auftreten konnten. Das NTM hat groß­
                                                                            Stimmfach: Bass
             artige Ver­a­n­staltungsorte für die Renovierungsphase ge­
             funden. Ich freue mich sehr darauf, in ihnen auftreten zu                  Mir fallen zwei großartige Momente am NTM ein: Zum einen
             können und sie mit unserem Publikum zu teilen.                             der nach meinem allerersten Ochs, als ich völlig er­schöpft und
                                                                                        glücklich auf der Seitenbühne dem wunderschönen Terzett
                                                                                        und Duett des Rosenkavalier-Schlusses lauschen durfte. Genau
BARTOSZ URBANOWICZ                        ⇉ S. 62                                       so hatte ich mir das für diesen be­sonderen Feierabend ge-
Geburtsort: Rzeszów, Polen                                                              wünscht! Und zum ander­en, als ich das erste Mal als
Stimmfach: Bassbariton                                                                  Gur­nemanz beim Mannheimer »Parsifal« zum Schluss­applaus
                                                                                        rausgehen durfte – das Publikum hat mich völlig umgehauen!
                                                                                        Gänsehaut und pures Glück!
JOSHUA WHITENER                       ⇉ S. 81
Geburtsort: Columbia, Missouri, USA
Stimmfach: Tenor

             Mein Lieblingsmoment war die Wiederaufnahme von »Così
             fan tutte« in der Spielzeit 2017/18. Während ich damals fest
             am Theater Dortmund war, war bereits geplant, dass ich in
             der folgenden Spielzeit zum Ensemble nach Mannheim
             stoßen würde. Dieses Stück war eine wunderbare Einführung
             in die Arbeitsweise des Mannheimer Theaters. Wir hatten
             im Grunde anderthalb Wochen Zeit, um dieses massive Werk
             zu erarbeiten, und ich glaube, dass ich einer der wenigen
             war, die ein Rollendebüt gaben. Mit so erfahrenen Sänger*in­
             nen und so einem Regieteam singen zu dürfen, war eine
             wunderbare Erfahrung. Ich wusste, dass dies ein Haus war, in
             dem ich als Sänger wirklich wachsen konnte.

RAPHAEL WITTMER                       ⇉ S. 91
Geburtsort: Scherzingen am Bodensee, Schweiz
Stimmfach: Tenor

             Für die Zeit der Sanierung wünsche ich mir weiterhin ein
             lebendiges Ensembletheater mit breitem Repertoire, damit
             wir für unser Publikum das kulturelle Angebot halten
             können, wenn es schon auf unser Haus am Goetheplatz
             verzichten muss.
16                                                                                                                                                 17
⬐⬐⬐             SCHAUSPIEL                                                                  Mischung aus Understatementglas und Ziegelsteinbeton
                                                                                            auf dem Platz herum.
                                                                                            Und jetzt soll man laut ZU ENDE husten? In dir durfte ich
TALA AL-DEEN               ⇉ S. 41                                                          Berge besteigen, Ritter sein, mich im Telefonkabel verhed­
                                                                                            dern, angeln, Torte zermatschen, im Wasser planschen,
Geburtsort: Heidelberg, Deutschland
                                                                                            Glas zerhauen, herumgiften und -lungern und Schiffbruch
                                                                                            erleiden. Vorhang auf, Vorhang zu, Schluss. Lass dir gerne
             Die Werkstatt der Schuhmacherinnen ist einer der schönsten
                                                                                            eine Drehbühne wachsen, ansonsten bleib bitte möglichst
             Orte am NTM. Beim ersten Mal bin ich einfach vorbeigelaufen
                                                                                            wie du bist! Ich liebe Kino, gut, dass wir dort weiterspielen.
             an der kleinen, versteckten Tür. Ich komme angehetzt und
                                                                                            Wir sehen uns dann!
             die beiden Frauen sind wie in ihrer eigenen Zeitzone. Ich
             stehe auf einem Papierbogen, der Bleistift kitzelt, während er
             meine Füße umfährt, wir plaudern, und am liebsten würde
             ich einfach bleiben und die beiden ausfragen, wie die Geräte
                                                                               LÁSZLÓ BRANKO BREIDING                         ⇉ S. 85
             und Werkzeuge funktionieren, die gut sortiert den kleinen         Geburtsort: Karlsruhe, Deutschland
             Raum bevölkern. Aber ich muss los, die Probe hat sicher
             schon angefangen …                                                             Die Premiere von »Herkunft« nach dem Roman von Saša
                                                                                            Stanišić war für mich ganz besonders! Bei der Premieren-
                                                                                            f­eier nach der Vorstellung kamen wir Schauspieler mit
SOPHIE ARBEITER                 ⇉ S. 68                                                     dem Team und allen Beteiligten unter freiem, sommer­lichem
                                                                                            Himmel mit dem Publikum über diese tolle Inszenierung
Geburtsort: Köln, Deutschland
                                                                                            ins Gespräch. Das war durch die Pandemie vorher lange nicht
                                                                                            mehr möglich gewesen und deshalb eine schöne Atmos­
             Ich liebe den Weg zu den Garderoben. Das beginnt mit dem
                                                                                            phäre. Während der Sanierung wird jetzt der Vorplatz auf
             Rausgehen aus meiner Wohnung, dem Weg zum Theater, dann
                                                                                            Franklin unser neuer Goetheplatz, und ich wünsche mir, dass
             durch das Drehkreuz an der Pforte, die Treppenstufen hoch,
                                                                                            wir dort viele weitere solcher Begegnungen mit unserem
             den Gang entlang, dort kommen mir seltsame und manchmal
                                                                                            Publikum haben werden!
             wirklich widerliche Gerüche entgegen. All das gehört dazu.
             Dann ein »Hallo« in die Räume rufen, das schallt dann von
             allen Seiten von den Kolleg*innen zurück … Alles in der Garde­
             robe ist so vertraut, Schränke, Pritsche, Spiegel, Lichter. Ich
                                                                               MATTHIAS BREITENBACH                         ⇉ S. 101
             kann durchatmen und mich aufwärmen, ankommen und die              Geburtsort: Frankfurt am Main, Deutschland
             immer gleiche und doch andere Routine vor meinen Auftritten
             durchgehen. Ein großes »Alltagsglück« für mich, das ich                        Ich wohne gern. Am Theater. Am liebsten im Theater. In­
             vermissen werde.                                                               zwischen wohne ich in meiner zweiten Wohnung, seit ich vor
                                                                                            dreieinhalb Jahren nach Mannheim und ans Mann­heimer
                                                                                            Nationaltheater gekommen bin. Die erste Wohnung lag direkt
CHRISTOPH BORNMÜLLER                      ⇉ S. 78                                           zwischen dem Spielhaus und dem Werkhaus. Meine jetzige
                                                                                            liegt nur ca. 200 Meter weiter. Kurze Wege ins Theater sind
Geburtsort: Würzburg, Deutschland
                                                                                            für mich essenziell. Nicht­um Zeit zu ­sparen, nicht weil ich
                                                                                            nichts sehen will, nicht weil ich bewe­gungslos bin, nicht weil
             Applaus, Applaus, altes Haus. Ich hebe meine Tasse und
                                                                                            ich besinnungslos bin. Ich will einfach keine Ablenkung,
             proste dir zu: Auf dich! Ich werde dich vermissen, du feines
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             Bollwerk gegen die Wirklichkeit! Stehst so schön mit deiner
Sommer der Umzug des gesamten Schauspiels nach Franklin?         LEONHARD BURKHARDT                       ⇉ S. 82
            Laaaaaange Wege für mich. Ich werde einfach meinen
                                                                             Geburtsort: Berlin, Deutschland
            alten Camper hinters Theater (was mal ein Kino war) stellen
            und dort übernachten. Zumindest im Sommer.
                                                                                          Ich bin sehr gespannt, zu so einer bewegten Zeit ans NTM
                                                                                          zu kommen. Die Theaterlandschaft verändert sich stetig und
                                                                                          ich glaube, dass ein Ortswechsel helfen kann, alte Ansätze
ROCCO BRÜCK                  ⇉ S. 46                                                      neu zu denken und die eigenen Positionen zu hinterfragen –
Geburtsort: Erbach im Odenwald, Deutschland                                               mir und dem Theater. Ich wünsche uns allen, dass wir
                                                                                          diesen Umzug als eine Chance und Herausfor­derung wahr­
            Aus Theater wird Sanierungsfall, aus sanierungsbedürftigem                    nehmen können; mich freut es auf jeden Fall, quasi »von
            Kasernengelände neuer Stadtteil und dort wird aus Kino                        Anfang an« dabei zu sein und mitzumischen.
            Theater, bis aus dem Sanierungsfall wieder ein Theater ge­                    Von der Zeit der Sanierung erhoffe ich mir neue Anfor­
            worden ist. Klingt nach großer Kunst, da spiele ich gerne mit,                derungen, die mich aus meiner Komfortzone treiben und
            auch wenn ich das Spielhaus am Goetheplatz, ich nenne es –                    in denen ich lernen und mich ausprobieren kann.
            liebevoll! – Klotz, vermissen werde: riesige Bühne, Unter­
            bühne, Podesterie, Bühnenturm mit Dach­fenster. Das Kino auf
            Franklin (Klötzchen?) liegt zentral im neuen Stadtteil, und      ALMUT HENKEL                  ⇉ S. 100
            einen Espresso trinken und allen Kolleg*innen einmal in die
                                                                             Geburtsort: Bottrop, Deutschland
            Augen gucken bevor die Vorstellung beginnt, wird auch
            hier möglich sein.
                                                                                          Mein schönster Moment am NTM war, als ich einen riesi­gen
                                                                                          Strauß roter Rosen zu meinem 30-jährigen Bühnenjubiläum
                                                                                          bei der Premiere von »Mutter Courage« überreicht bekam.
ANNEMARIE BRÜNTJEN                      ⇉ S. 38                                           Das Publikum hat herzlich geklatscht und sich mit mir ge­
Geburtsort: Oldenburg, Deutschland                                                        freut. Mein Lieblingsort am NTM ist natürlich die Bühne! Diese
                                                                                          unglaubliche Breite, Weite und Tiefe! Es ist ein riesiges
            Tapetenwechsel. Bedeutung: Veränderung. Neuorgani­sation.                     Geschenk, hier spielen zu dürfen!
            Szenenwechsel. Umweltgestaltung. Turnaround.
            Das klingt doch schon einmal vielversprechend. Ich freue
            mich sehr auf die neue Spielstätte und darauf, diesen            JESSICA HIGGINS                    ⇉ S. 95
            neuen Spielort mit unbändiger Freude, Neugierde und Aben­
                                                                             Geburtsort: Lüneburg, Deutschland
            teuerlust zu erobern. Aber am meisten werde ich wohl
            dich vermissen, du riesige elendig breite Bühne.
                                                                                          Ich liege auf der Hinterbühne und gucke hoch in den
            Mein liebster Ort. Der Ort der Verwandlung, der Konzen­
                                                                                          Schnürboden, entlang der Seile, die sich irgendwann in der
            tration, der Magie, du riesige Zauberkiste, du Ort der
                                                                                          Dunkelheit verlieren, erinnere mich an die ersten Bühnen-
            Begegnung, des Austausches, der Freude, Energie, Stille,
                                                                                          proben, den Blick in den leeren Zuschauerraum, im Wissen,
            Ort des Sein(s) oder nicht Sein(s)? Andere Bretter
                                                                                          dass der bald voll sein wird.
            warten schon auf uns.
                                                                                          Ich liebe den Moment, wenn das Licht im Saal dunkel wird,
                                                                                          die Türen zugehen, die Spielenden gemeinsam mit dem
                                                                                          Publikum in einen Kosmos treten, in dem es nur das Spiel
                                                                                          gibt, die Körper, den Moment.
20                                                                                                                                                  21
Franklin ist ein Ort mit einer Geschichte. Gleich­zeitig ent-    BORIS KONEZCNY                      ⇉ S. 66
            steht was Neues. Es ist toll, einen solchen Ort mitzuerleben,
                                                                             Geburtsort: Frankfurt am Main, Deutschland
            mitzugestalten, ihn und sich selbst neu zu erfinden.
                                                                                          Vor der Premiere im kleinen Haus lag ich rücklings auf
                                                                                          dem Hotelbett im Mack. Meine Füße schwitzten. Dann starb
EDDIE IRLE           ⇉ S. 54                                                              ich. Am Theater interessiert mich im Grunde nur ein Raum,
Geburtsort: Herdecke, Deutschland                                                         und das ist nicht das Foyer. Ratet! Die Damengarderobe?
                                                                                          Oder der Lastenaufzug? Vor der Vorstellung muss ich immer
            Die Euphorie des Mannheimer Publikums beim ersten Mal, die                    einmal sterben, damit ich dann beim Spielen von tausend
            große Bühne, das Glasfoyer, die Maske, der ausverkaufte                       Flammen abgeschleckt werde wie im Fegefeuer. Das ist das
            Zuschauerraum, in den Gängen unter den Bühnen, der Platz                      notwendige Ritual gegen Lampenfieber: Einfach einmal
            vor dem Alten Kino auf Franklin, das Durchsprechen der                        sterben. Man gewöhnt sich daran. Ich tue es immer und
            Stücke, die Toiletten, mit dem Auto zum Alten Kino, darauf bin                überall, wo ich spiele. Es ist wie beim »Fahrenden Volk«: Wir
            ich gespannt, bewegende Theaterabende und rauschende                          sind nur vorübergehend hier.
            Feste … Ich freue mich schon.

                                                                             ROBIN KRAKOWSKI                      ⇉ S. 47
SAMUEL KOCH                 ⇉ S. 114
                                                                             Geburtsort: Tübingen, Deutschland
Geburtsort: Neuwied, Deutschland
                                                                                          Die schönsten Momente am NTM waren die, in denen
            Neben meinen im Spiel versunkenen Freiheitsmomenten,                          ich gemerkt habe, dass auf der Bühne etwas Unvorherge­
            selbst auf der Bühne rumkurvend, bleiben meine NTM-High­                      sehenes passiert. Ausstiege aus der Rolle, Texthänger, Proble­
            lights die Vorstellungen, in denen ich von Kolleg*innen                       me mit dem Bühnenbild oder der Requisite! Meistens wird
            als Zuschauer von den Socken gehauen wurde. Die Sehn­                         das locker überspielt, aber genau diese Momente zeichnen
            sucht, auch mit bisher nicht auf der Bühne zusammengekom­                     ein Theatererlebnis aus! Denn dann merken wir, wie einzig­
            menen Kolleg*innen spielen zu dürfen, treibt mich auch                        artig das Dargebotene auf der Bühne ist. Kein perfektes Werk,
            während der Sanierung weiter an. Sanierung kommt aus dem                      sondern jeden Abend neu erleben! Ich wünsche mir für die
            Lateinischen, sanare: heilen, wieder­herstellen. Ein gesunder                 neue Spielstätte Imperfektion! Aber am wichtigsten:
            Geist wohnt in einem gesunden Körper – und umgekehrt.                         nackte Schauspieler!
            Also nicht nur den Theater­bau sanieren, auch unseren Geist                   Euer Robin
            gesund halten – und dazu muss ich auf die Bühne und
            in den Zuschauerraum.
                                                                             JACQUES MALAN                     ⇉ S. 86
                                                                             Geburtsort: Kapstadt, Südafrika

                                                                                          Juli 2022 – eine zufällige Koinzidenz: Der alte Schauspieler
                                                                                          und das alte Theaterhaus werden simultan in Rente
                                                                                          geschickt. Viele gemeinsame Jahre. Ein gemeinsamer Ab­
                                                                                          schied. Oder? Das alte Theater erhält eine Frischzellenkur und
                                                                                          darf – runderneuert – weitermachen. Na toll!
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MARIA MUNKERT                    ⇉ S. 42                                      RAGNA PITOLL                ⇉ S. 49
Geburtsort: Filderstadt, Deutschland                                          Geburtsort: Potsdam, Deutschland

              Ganz nach dem Motto »Jedem Anfang wohnt ein Zauber                           Mein Lieblingsplatz im Spielhaus? Die Hinterbühne, die
              inne« freue ich mich auf den Umzug des Schauspiels ins Alte                  »Kathedrale«! Wenn Sie sehr leise sind, können Sie sie hören,
              Kino auf Franklin. Letzten Sommer hatten wir die Möglichkeit,                die Geister, die sich seit Jahrhunderten zwischen Schnür­
              dort schon auf dem Theatertruck ein paar Vorstellungen zu                    boden und Scheinwerfern tummeln. Welche Geister werden
              spielen, und ich war sehr angetan von der Atmosphäre dort.                   uns heimlich folgen, welche werden unserer harren und uns
              Alles im Umbruch und neu entstehend, und doch gibt es                        freudig empfangen, und welche guten Geis­ter werden uns
              durch die Sports Arena schon eine kleine bestehende Struk­                   verlassen, um Platz zu machen für Neues? Später spricht man
              tur. Ich glaube, der Ort kann einen Zauber entfalten, den                    selten von Reisen, bei denen alles nach Plan lief. Man erzählt
              das große Schiff des Schauspielhauses nie haben wird. Ein                    von denen, die heraus­fordernd waren und deshalb alle Be­
              lebendiger, improvisierter Zwischenraum, in dem Träume                       teiligten noch etwas näher zusammengebracht haben. Auf
              verwirklicht werden und Menschen sich begegnen können.                       geht’s! Umwege erhöhen die Ortskenntnis, und wie es
                                                                                           in einer unserer Vorstellungen heißt: »alles ist gleichzeitig
                                                                                           schrecklich und schön!«
ARASH NAYEBBANDI                       ⇉ S. 88
Geburtsort: Shiraz, Iran
                                                                              VASSILISSA REZNIKOFF                  ⇉ S. 77
              Am meisten wird mir die zentrale Lage des Schauspiel­hauses     Geburtsort: Cachan, Frankreich
              fehlen. Es war toll, nach Vorstellungen in wenigen Minuten in
              der Stadt zu sein, um mit Kolleg*innen und ­Bekannten etwas                  Der Weg von meiner Wohnung zum Spielhaus, den ich, je
              zu trinken oder zu tanzen. In wunderbarer Erinnerung sind                    nach Stück, ein wenig anders gehe. Die Maske, die mich
              mir auch noch die Schillertage 2019, mit dem wunderschönen                   da abholt, wo ich gerade innerlich spazieren gehe, und mich
              und mit Menschen gefüllten Festivalgelände, auf dem man                      mit ihren vielen Spuren von Vergangenem beruhigt. Und
              sich mit Kolleg*innen und Besucher*innen bei einem Wein                      mich erinnert: Auch ich bin hier nur ein vorüber­ge­hender
              über die gesehenen Stücke austauschen konnte, um im An­-                     Gast. Der kurze Weg zur Bühne, erst die Eisentür­, dann die
              schluss im Bunker zu feiern. Ich hoffe sehr, dass es uns                     Kulissen. Der Boden ist hier schon der gleiche, wie Momente
              gelingt, auf Franklin einen Ort zu erschaffen, an dem man                    später auf der Bühne, und doch ist der Schritt raus einer
              über die Vorstellungen hinaus noch Zeit verbringen und                       in eine Welt mit völlig neuen Spielregeln. Der Durchruf »Frau
              Beisammensein kann. Die Zeit vor und nach der Vorstellung                    Reznikoff zur Bühne, bitte«, der aus der alten Sprechanlage
              gehört für mich definitiv zum Theatererlebnis dazu!                          kommt und bei dem ich jedes Mal erstaunt bin, dass damit
                                                                                           wohl wirklich ich gemeint bin. Und auch ein Verab­schie­
                                                                                           dungs­versuch von den Figuren, die nicht mit umziehen, die
                                                                                           ich weiterziehen lassen muss. Und ein Vorfreudeversuch
                                                                                           auf das Neue, Unbekannte und die Veränderungen, nach
                                                                                           denen ich eigentlich immer suche.

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PATRICK SCHNICKE                   ⇉ S. 93                                               freue mich darauf, sowohl den Neuanfang mit dem ganzen
                                                                                         Team in der Interimsspielstätte als auch das Haus nach
Geburtsort: Bonn, Deutschland
                                                                                         der Sanierung frisch und spontan zu erleben. Wie ein Baby,
                                                                                         das gerade die Welt erkundet.
            wenn ich ans theater denke …
            spielhaus. hinterbühne. inspizienzseite. 19 uhr 26.
            schummerlicht. einlass läuft.
            mi-mü-mi-mü-mi-mü.
                                                                            MALAYA TAKEDA                   ⇉ S. 106
            einen wunderschönen! wie viele zuschauer*innen sind drin?       Geburtsort: Tokio, Japan
            412.
            wolle-wulle-walle-welle-wille.                                               Als ich meine Kolleg*innen fragte, wo man hier denn so
            warte ich geh noch ganz kurz aufs.                                           zusammenkommt, meinten sie, »im Casino!«. Das klang
            schüler? eine klasse.                                                        natürlich etwas eigen, ich stellte mir Theater­schaffende nach
            ja. hier: das parfum ist staub, schweiß, schminke, flirren.                  einer Vorstellung an Spielautomaten mit Cash und Martinis
            der-plappernde-kaplan-klebt-pappplakate.                                     vor. Und das gab´’s bestimmt auch mal am NTM, aber das
            pscht. leise.                                                                Casino ist wohl einfach eine süße kleine Bar, in der vor der
            drittes zeichen. für den beginn der vorstellung bitte                        Pandemie wohl auch Musikabende oder Lesungen statt­
            die herren …                                                                 fanden. Ich bin leider in der Pandemie nach Mannheim ge­-
            kannst du mir da kurz in die nackenmuskeln?                                  zogen und habe das Casino in seiner vollen Blüte bisher nicht
            lass zusammen kommen.                                                        erleben dürfen. Die Kolleg*innen haben von den Casino-
            alla.                                                                        Abenden nach der Probe oder Premiere immer sehr ge­
            später noch ein getränk?                                                     schwärmt. Für mich gehört das einfach zu einem Theater:
            einlass ist durch.                                                           ein Ort, an dem man sich streitet, verträgt, verliebt und
            ansage ab.                                                                   aus­einandergeht. Ich hoffe, dass es in der neuen Spielstätte
            dunkel.                                                                      auch so einen Ort geben wird, oder, dass das Casino
            geht los? ja.                                                                wieder aufmacht.
            genau! dieser moment.
            viel spaß, leute.
            licht.                                                          NICOLAS FETHI TÜRKSEVER                         ⇉ S. 75
                                                                            Geburtsort: Freiburg im Breisgau, Deutschland

OMAR SHAKER                    ⇉ S. 97                                                   Liebes Tagebuch:
                                                                                         Ich betrete das Haus und komme an der »fetten Dame«
Geburtsort: Damaskus, Syrien
                                                                                         vorbei, das Passwort ist heute: »NV-Bühne«. Im Ge­mein­
            Ich hatte eigentlich ein bisschen Angst davor, neu an einem                  schaftsraum knistert ein Feuer. Arash und Tala sitzen
            Ort und in einer Gruppe zu sein, in der alle schon diesen                    auf den scharlachroten Sesseln und lernen für Vertei­digung
            Ort und seine Voraussetzungen, Systeme und »Umrisse« sehr                    gegen die dunklen Künste. Und obwohl ich weiß, dass
            gut kennen. Aber wegen der Sanierung sind die Umstände                       Er-dessen-Name-nicht-genannt-werden-darf bald unter­
            für alle neu und wir bauen gemeinsam Etwas auf. Keine*r                      tauchen wird, blicke ich dem Neuanfang mit viel Respekt
            kennt die Interimsspielstätte mehr als die oder der andere,                  entgegen. Während ich die letzten Münzen in meiner
            für alle wird es eine neue Erfahrung und Herausforderung. Ich                Tasche zusammensuche, fängt plötzlich meine Narbe an
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Holtzhauer zu mir sagte: »Worte sind die unerschöpflichste          ⬐⬐⬐               TANZ
             Quelle der Magie, sie können sowohl Schmerzen zu­fügen als
             auch lindern.« Ich denke daran, wie ich Robin Diggory bei
             den Trimagischen Schillertagen in den Armen hielt, kurz bevor       SAORI ANDO                    ⇉ S. 89
             er diese Welt für eine bessere verließ.
                                                                                 Geburtsort: Osaka, Japan
             In diesem Moment schwebt der fast kopflose Eddie vorbei,
             er trägt keine Hose, aber seine Worte des Grußes ne­hmen mir
                                                                                               Constant dropping wears away the stone.
             wirklich die Angst. Erst wenn die letzten Horkruxe abge­spielt
                                                                                               Steter Tropfen höhlt den Stein.
             sein werden, erlischt das Feuer des Phönix. Patrick Griffin­dor
             wäre stolz auf uns.
                                                                                 LORENZO ANGELINI                       ⇉ S. 107
SARAH ZASTRAU                     ⇉ S. 64                                        Geburtsort: Cesena, Italien

Geburtsort: Witten, Deutschland                                                                Dance is healing.
                                                                                               Tanzen heilt.
             Mein Lieblingsort: Die Maske. Begegnung, Vielfalt, Ort des
             guten Schnacks und der Anekdoten, Raum für Krisenbe­
             wältigungsstrategien. »Mist, heut noch nix gegessen.« »Ich          JORIS BERGMANS                       ⇉ S. 51
             hab noch Gummibärchen«, »Nimm dir 'n Traubenzucker.«
                                                                                 Geburtsort: Eindhoven, Niederlande
             »Sag mal, wollen wir nächste Woche Karaoke singen gehen?«
             »Da hab ich Vorstellung.« »Und ich hab Doppeldienst und
                                                                                               »Würden Sie mir bitte sagen, welchen Weg ich von hier aus
             danach meinen Lindy-Hop-Kurs.« »Soll ich die Frisur eigent­
                                                                                               gehen soll?« »Das hängt stark davon ab, wohin du willst,«
             lich so lassen?« »Frau Zastrau, bitte zum Soundcheck, Frau
                                                                                               sagte die Katze. »Es ist mir ziemlich egal, wohin — « sagte
             Zastrau bitte.« Es ruft einer: »Der Decker fährt.« … Warte, jetzt
                                                                                               Alice. »Dann ist es egal, welchen Weg du gehst,« sagte die
             bin ich doch schon auf der Bühne. Spätestens am Ende der
                                                                                               Katze. »— — Solange ich irgendwo hinkomme,« fügte Alice als
             Vorstellung »Hey Danke, schönen Abend euch! Sehen wir uns
                                                                                               Erklärung hinzu. »Oh, das schaffst du bestimmt«, sagte die
             morgen?« »Klar!«
                                                                                               Katze, »wenn du nur lange genug gehst.«
                                                                                               (aus: Lewis Carroll ›Alice im Wunderland‹)

                                                                                 JOSEPH CALDO                        ⇉ S. 99
                                                                                 Geburtsort: Portoferraio, Italien

                                                                                               Im Theater erreichen und berühren wir die Vergangenheit
                                                                                               durch Literatur, Geschichte und Erinnerung, damit wir bedeu­
                                                                                               tende und relevante menschliche Qualitäten in der Gegen­
                                                                                               wart erhalten und wiedererleben und sie dann an zukünftige
                                                                                               Generationen weitergeben können.«
                                                                                               (Anne Bogart)

28                                                                                                                                                     29
SILVIA CASSATA                 ⇉ S. 63                                                     Ich mag die unterschiedlichen Farben der Sitze im Schauspiel­
                                                                                           haus: Sie erinnern mich an die unterschiedlichen Hintergrün­
Geburtsort: Palermo, Italien
                                                                                           de, Leben und Kulturen, die die Menschen ins Theater bringen.
                                                                                           Auf der Bühne und im Publikum. Ich bin dankbar, dass das
             Seit meiner Kindheit prägt mich die Inschrift auf dem Theater
                                                                                           Theater diesen Raum bietet, in dem Menschen zusammenkom­
             meiner Heimatstadt Palermo:
                                                                                           men können, um sich an Kunstwerken zu er­freu­en und ver­
             «L’arte rinnova i popoli e ne rivela la vita. Vano delle scene
                                                                                           schiedene Eindrücke in ihren Alltag mitnehmen zu können.
             il diletto ove non miri a preparar l’avvenire»
             »Kunst erneuert Menschen und deckt ihr Leben auf. Es gibt
             keine Freude an Szenen, in denen man nicht darauf abzielt,
             die Zukunft vorzubereiten.«
                                                                              ALBERT GALINDO                     ⇉ S. 58
                                                                              Geburtsort: Barcelona, Spanien

LEONARDO CHENG                        ⇉ S. 40                                              Es ist eine sehr intime Erfahrung, mit einem Live-Publikum
                                                                                           in einem Raum, einer Black Box zu sein. Es ist berauschend,
Geburtsort: Panama City, Panama
                                                                                           weckt alle Sinne und gibt das Gefühl, lebendig und im Mo­
                                                                                           ment zu sein. Es gibt kein Vortäuschen, es gibt nur Sein. Es
             Ich hoffe, auch in den neuen Spielstätten gibt es leichten
                                                                                           kann sehr animalisch sein. Das Theater ist ein Spiel­platz, auf
             Zugang zu leckerem Kaffee – damit ich auf der Bühne wach
                                                                                           den sich die Menschen begeben, um sich lebendig zu fühlen.
             und fit sein kann.

ZOULFIA CHONIIAZOWA                        ⇉ S. 45                            JULIA HEADLEY                ⇉ S. 87
                                                                              Geburtsort: Bridgetown, Barbados
Geburtsort: Kuljab, Tadschikistan

                                                                                           Whatever may come your way, take it and make it worth­­-
             Das Theater ist ein magischer Ort, wir gehen dorthin, um
                                                                                           while. And if it feels like there’s nothing there, take a moment
             uns zu verlieren und dem Alltag zu entfliehen. An diesem Ort
                                                                                           and look again. There is always something there; waiting
             zu arbeiten, ist ein großes Privileg. Das Theater ist wie ein
                                                                                           patiently to be discovered.
             Zuhause für mich. Ich hoffe, das Publikum wird uns an all den
                                                                                           Was auch immer dir in den Weg kommt, nimm es und mache
             neuen Orten unterstützen, und ich freue mich schon jetzt
                                                                                           es lohnenswert. Und wenn es sich anfühlt, als wäre nichts
             auf die Heimkehr ins NTM. Das Ende ist nur der Anfang!
                                                                                           da, nimm dir einen Moment Zeit und schaue noch einmal hin.
                                                                                           Es ist immer etwas da; geduldig darauf wartend, entdeckt zu
                                                                                           werden.
MAHOMI ENDOH                        ⇉ S. 103
Geburtsort: Kanagawa, Japan
                                                                              VĚRA KVARČÁKOVÁ                      ⇉ S. 104
             NTMのシアターで私は好きな所は
             小劇場の色とりどりの客席の椅子。                                                 Geburtsort: Ostrava, Tschechien
             舞台の上のわたしたち同様にお客さん1人1人が、別々の場所から、
                                                                                           As our old theater is gone, as our body is not the same as
             それぞれの人生の中の数時間をこのシアターで過し、それぞれいろ
                                                                                           yesterday … the art of life is a constant readjustment to our
             いろな観点から同じ空間、同じ舞台を共有していることを思い出さ
                                                                                           surroundings.
             せ、その恵まれた環境をありがたく思います。
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Da unser altes Theater weg ist, da unser Körper nicht mehr                     – die längste Zeit, die ich je an einem Theater verbracht
             derselbe ist wie gestern … Die Kunst des Lebens ist eine                       habe. Es ist zu einem zweiten Zuhause geworden mit Kol­
             ständige Neuanpassung an unsere Umgebung.                                      leg*innen, Freund*innen und Nachbar*innen, die mich wieder­
                                                                                            erkennen. Jetzt begeben wir uns alle in eine neue Verände­
                                                                                            rung, mit den Worten von Alan Watts: »Der einzige Weg, aus
JESSICA LIU              ⇉ S. 53                                                            Veränderungen einen Sinn zu machen, besteht darin, sich
                                                                                            hinein­zustürzen, sich mit ihnen zu be­wegen und sich dem
Geburtsort: Salt Lake City, Utah, USA
                                                                                            Tanz anzu­schließen.« Zum Glück ist es genau das, was ich mache.
             While our surroundings may look a bit different, the stage will
             still be a place for us to share our passion and creativity. No
             matter where we perform, each opportunity to express our-         PASCAL MICHAEL SCHUT                         ⇉ S. 71
             selves through movement is a moment to celebrate                  Geburtsort: Sittard, Niederlande
             and enjoy!
             Auch wenn unsere Umgebung etwas anders aussehen                                Ich bin so dankbar, hier zu sein, ein Teil des Tanz-­Ensembles.
             mag, wird die Bühne immer noch ein Ort sein, an dem wir                        Eine Gruppe – ein Team von so leiden­schaft­lichen, motivier­
             unsere Leidenschaft und Kreativität teilen können. Egal                        ten, ehrgeizigen, kreativen und entschlossenen Künstler*in­
             wo wir auftreten, jede Gelegenheit, uns durch Bewegung                         nen. Es ist unglaublich, in einer Umgebung zu sein, die so
             auszudrücken, ist ein Moment zum Feiern und Genießen!                          inspirierend, warm, einladend und unterstützend ist. Mitge­
                                                                                            fühl, Verständnis und Füh­rung zu spüren, sich gegenseitig zu
                                                                                            helfen, sich zu verwan­deln und gemeinsam zu wachsen.
PALOMA GALIANA MOSCARDÓ                           ⇉ S. 90                                   Einheit und Einzigartigkeit werden darin spürbar, und etwas
                                                                                            ganz Besonderes lässt sich umarmen – Erfahrung.
Geburtsort: Ontinyent, Valencia, Spanien

             Als Künstlerin werde ich das NTM, seine beiden großen Büh­
             nen und das Gefühl, ›zu Hause‹ aufzutreten, sicher ver­missen.    DORA STEPUŠIN                      ⇉ S. 61
             Als Person werde ich immer dankbar sein für die Freude,           Geburtsort: Zagreb, Kroatien
             die Herausforderungen und Möglichkeiten, die ich an diesem
             Theater hatte, und für die Treue des Publikums. Gleichzeitig                   Als Tänzerin liebe ich die Chemie, die zwischen Bühne
             freue ich mich darauf, die neuen Spielstätten mit Kreativität,                 und Publikum entstehen kann; das Teilen eines bestimmten
             Leidenschaft und harter Arbeit zu erfüllen.                                    Moments, den Austausch von Energie und wie wir uns
                                                                                            ge­genseitig stimulieren. Zu wissen, dass der Wechsel zwi­
                                                                                            schen verschiedenen Aufführungsorten in der nächsten
ALEXANDRA CHLOE SAMION                        ⇉ S. 60                                       Spielzeit neues Publikum bringen kann, ist für mich sehr
                                                                                            auf­regend. Am Ende wird dem Publikum – unabhängig
Geburtsort: Toronto, Kanada
                                                                                            vom Ort – die Rolle gegeben, Theater zu schaffen und zu
             Bevor ich ans NTM kam, hatte mich meine Karriere an mehrere                    erleben, genauso wie uns als Darsteller*innen.
             Theater geführt. Jedes bedeutete einen neuen Ort, neue
             Freunde und am Ende der Saison erneut einen Umzug in eine
             neue Stadt. Es war ein ständiger Wechsel. Im September
             beginne ich meine siebte Spielzeit am NTM und in Mannheim
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EMMA KATE TILSON                      ⇉ S. 57                                   ⬐⬐⬐             JNTM
Geburtsort: Old Fort, North Carolina, USA

             Change, or renovation, is always a good thing, no matter how       KATHARINA BREIER                       ⇉ S. 67
             you judge the outcome; for it brings new experiences and           Geburtsort: Sindelfingen, Deutschland
             different perspectives from which you can see your
             life and yourself. Here’s to a new beginning and time of                        Ein Lieblingsort am Theater ist für mich die Tür der Damen­
             transformation for the Nationaltheater Mannheim. We’ll be                       toilette hinter der Bühne in der Alten Feuerwache. Dort steht
             back soon!                                                                      in großen, fetten Buchstaben JETZT. Schwarz auf gelbem
             Veränderung oder Erneuerung sind immer eine gute Sache,                         Grund, wie ein Warnhinweis. Ich muss regelmäßig schmun­
             egal wie man das Ergebnis beurteilt; denn sie bringen neue                      zeln, wie er mich ertappt, während ich auf dem Klo sitze. Und
             Erfahrungen und andere Perspektiven, aus denen man das                          fühle mich dann verbunden mit all den Künstler*innen und
             eigene Leben und sich selbst sehen kann. Auf einen Neuan­                       Mitarbeiter*innen, die inmitten ihrer Arbeitszeit oder kurz vor
             fang und eine Zeit des Wandels für das Nationaltheater                          dem Auftritt dort saßen und ebenso wie ich dachten: ja,
             Mannheim. Wir werden bald zurück sein!                                          genau. Fokus auf die Gegenwart.
                                                                                             Müsste das JNTM auch in eine Interimsspielstätte umziehen,
                                                                                             würde ich die Klotür dort ebenso schmücken.
LUIS TENA TORRES                   ⇉ S. 44
Geburtsort: Beniarbeig, Valencia, Spanien
                                                                                REBECCA MAUCH                     ⇉ S. 37
             The exciting part about transformation is letting the change       Geburtsort: Mannheim, Deutschland
             make us a new, stronger and more beautiful version of ourselves.
                                                                                             Ich fange zwar neu am Jungen NTM an, verbinde aber schon
             Der aufregende Teil einer Verwandlung besteht darin,                            einige schöne Erinnerungen mit dem großen Haus, ange­
             uns durch die Veränderung zu einer neuen, stärkeren und                         fangen mit Bassunterricht in Teenagerzeiten bei Johannes
             schöneren Version von uns selbst werden zu lassen.                              Döllger im großen Probensaal. (liebe Grüße!) Letztes Jahr trat
                                                                                             ich mit meiner Band Mayuko bei den Schiller­tagen auf, ein
                                                                                             kleiner Lichtblick nach einer langen Corona-Durststrecke. Die
LORENZO TERZO                    ⇉ S. 39                                                     Aufzeichnung von David Kirchners IG Pop auf der großen
                                                                                             Bühne letzten Winter bleibt auch unvergessen – regelmäßig
Geburtsort: Genua, Italien
                                                                                             finde ich noch Kunstschnee-Flöckchen des großen Finales
             Am Ende ist es egal, wo wir auftreten, es zählt, wie oft. Mit                   in den entlegensten Ritzen meines Kontrabasses.
             unserem Tanz, mit Emotionen, die durch unsere Bewegung
             ausgedrückt werden, berühren wir das Publikum, das kommt,
             um uns zuzusehen.                                                  SEBASTIAN REICH                   ⇉ S. 79
                                                                                Geburtsort: Filderstadt, Deutschland

                                                                                             Es gibt da eine kleine Tür am Nationaltheater. Direkt
                                                                                             am Friedrichsring. Da stand jetzt immer ein Testzentrum.
                                                                                             Am NTM-Theaterfest findet dort immer der Kostüm-
34                                                                                                                                                      35
verkauf statt. Diese kleine Türe jedenfalls führt zu einem
             engen Treppenhaus, am Ballettsaal vorbei, rauf ins Schauspiel­
             haus. Dort wurde ein Monolog aus dem großartigen Stück
             »body*« vom Stadtensemble gespielt. Der Text hat so wun­
             derbar auf die Architektur Bezug genommen und gemeinsam
             stiegen wir durch die Eingeweide des Theaters. Definitiv
             ein guter Ort, auch wenn dieser wie so viele andere Orte des
             NTM, noch nicht barrierefrei ist.
             Aber das wird sich mit der Sanierung hoffentlich ändern …

UWE TOPMANN                   ⇉ S. 94
Geburtsort: Gütersloh, Deutschland

             Mich faszinieren Dinge, die ineinandergreifen, und die Mo­
             men­te, in denen sich genau das zeigt. Ein Theater hat tau­­
             sende solcher Momente, ganz Kleine, fast unsicht­bare, bis zu
             ganz Großen, über die konkrete Arbeitsstätte hinauswirkende.
             Die unspektakulären Momente sind dabei ebenso bedeu­
             tungsvoll wie die spektakulären. Als Teil der Sparte JNTM,
             deren Spielstätte auch während des Umbaus weiterhin die
             Alte Feuerwache bleibt, freue ich mich insofern auf einige
             »Berührungs-Momente« in den Interimsspielstätten. Meinen
             Lieblingsort, den Theatereingang, finde ich dort sicher auch.

CARMEN YASEMIN ZEHENTMEIER                         ⇉ S. 83
Geburtsort: München, Deutschland

             Ein Glück, können wir vom Jungen NTM in unserer hübschen
             Alten Feuerwache bleiben. Ich werde das Schauspielhaus
             dennoch vermissen, weil ich dort gerne den Kolleg*innen
             beim Spielen oder Tanzen zuschaue. Letztens habe ich zum
             ersten Mal selbst im Studio Werkhaus gespielt, das war total
             spontan, super queer und mega witzig. Ich hab mich aller­
             dings vor der Vorstellung etwas verlaufen, weil für mich unten
             beim Casino alles gleich aussieht. Als ich von der Toilette
             rauskam, habe ich mich fast zu Tode erschreckt vor der Zeich­
             nung des Mannes im Frack – ich dachte, da steht wer! Ich bin
             gespannt, wo ich mich nach der Sanierung hin verlaufe, und
36           was mich dann in den Tiefen des Theaters erschrecken wird!       REBECCA MAUCH   37
38   ANNEMARIE BRÜNTJEN   LORENZO TERZO   39
40   LEONARDO CHENG   TALA AL-DEEN   41
42   MARIA MUNKERT   CHRISTOPHER DIFFEY   43
44   LUIS TENA TORRES   ZOULFIA CHONIIAZOWA   45
46   ROCCO BRÜCK   ROBIN KRAKOWSKI   47
48   JOACHIM GOLTZ   RAGNA PITOLL   49
50   JULIA FAYLENBOGEN   JORIS BERGMANS   51
52   ILYA LAPICH   JESSICA LIU   53
54   EDDIE IRLE   REBECCA BLANZ   55
56   SHACHAR LAVI   EMMA KATE TILSON   57
58   ALBERT GALINDO   SEUNGHEE KHO   59
60   ALEXANDRA CHLOE SAMION   DORA STEPUŠIN   61
62   BARTOSZ URBANOWICZ   SILVIA CASSATA   63
64   SARAH ZASTRAU   JELENA KORDIĆ   65
66   BORIS KONEZCNY   KATHARINA BREIER   67
68   SOPHIE ARBEITER   AMELIA SCICOLONE   69
70   SERHII MOSKALCHUK   PASCAL MICHAEL SCHUT   71
72   PATRICK ZIELKE   MARIE-BELLE SANDIS   73
74   MARIA POLANSKA   NICOLAS FETHI TÜRKSEVER   75
76   EVEZ ABDULLA   VASSILISSA REZNIKOFF   77
78   CHRISTOPH BORNMÜLLER   SEBASTIAN REICH   79
80   ASTRID KESSLER   JOSHUA WHITENER   81
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