TARIFINFO 2020 Tarifrunde 2020: Auftakt ohne Ergebnis - Kavsh
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16. September
TARIFINFO 2020
Tarifrunde 2020: Auftakt ohne Ergebnis
Am 1. September 2020 haben die Tarif- Führungsspitze, die von Dr. Wolfgang Spree ergänzt
verhandlungen für die Beschäftigten im öffentlichen wird, neu gewählt.
Dienst von Kommunen und Bund begonnen. Die
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände Für die VKA führt die Mitgliederversammlung,
(VKA) verhandelt für etwa 2,3 Millionen Beschäftigte unterstützt durch das Präsidium und die
bei rund 10.000 kommunalen Arbeitgebern. Wie in Geschäftsführerkonferenz, die Tarifverhandlungen
den vergangenen Jahren besteht eine Ver- mit den Gewerkschaften. Das Präsidium der VKA
handlungsgemeinschaft mit dem Bund. hat die Rolle der Verhandlungskommission inne.
Welche Tarifverträge sind betroffen?
Die Tarifverhandlungen beziehen sich insbesondere
auf den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst
(TVöD), Tarifvertrag Versorgungsbetriebe (TV-V),
Tarifvertrag für Auszubildende des öffentlichen
Dienstes (Besonderer Teil BBiG und Besonderer Teil
Pflege) (TVAöD), Tarifvertrag für Praktikant-
innen/Praktikanten des öffentlichen Dienstes
(TVPöD) und Tarifvertrag für Studierende in
ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen im
öffentlichen Dienst (TVSöD).
Am Ende der Auftaktrunde sprachen die vier Verhandlungsführer
zur Presse (v.l.n.r.: Ulrich Mädge, VKA, Horst Seehofer, Bund,
Frank Werneke, ver.di, und Ulrich Silberbach, dbb). Welches Ergebnis wurde erzielt?
Sowohl für VKA-Präsident Ulrich Mädge, Ober- Eine Einigung wurde in dem rund zweistündigen
bürgermeister der Hansestadt Lüneburg, als auch Auftakt mit den Gewerkschaften ver.di und dbb
VKA-Hauptgeschäftsführer Niklas Benrath ist es die beamtenbund und tarifunion nicht erzielt. Im
erste Tarifrunde in dieser Funktion. „kleinen Kreis“ erörterten die acht Vertreter – jeweils
zwei der VKA und des Bundes, sowie die Spitzen der
Die Mitgliederversammlung der VKA hatte 2019 beiden Gewerkschaften – zuvor die Forderungen der
sowohl den Präsidenten als auch die hauptamtliche Gewerkschafts- wie auch der Arbeitgeberseite.
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VKA Tarifinfo – 16. September 2020
Forderungen der Gewerkschaften:
Entgelt Bewertung durch die VKA:
Erhöhung um 4,8 %, mind. um 150 € Die VKA weist die völlig überzogenen Forderungen
monatlich, der Gewerkschaften zurück.
Erhöhung für Auszubildende, Studierende,
Praktikant*innen um 100 € monatlich, Allein die Entgeltforderungen für die Beschäftigten
Laufzeit der Regelungen jeweils 12 Monate. und Auszubildenden, Praktikanten und Studierenden
und die Angleichung der Arbeitszeit auf 39 Stunden/
Auszubildende / Studierende / Praktikanten Woche würden jährlich rund 5,7 Mrd. € mehr kosten.
Tarifierung der Ausbildungsbedingungen der Der Mindestbetrag würde in den unteren Entgelt-
Studierenden in den bislang nicht tariflich gruppen mit Steigerungen bis zu 7,8 % überpro-
geregelten praxisintegrierten dualen portional zu Buche schlagen. Die Angleichung der
Studiengängen, Arbeitszeit hätte für die kommunalen Arbeitgeber im
Verlängerung der Vorschrift zur Übernahme Tarifbereich Ost ein Volumen von 2,6 Prozent und
der Auszubildenden nach erfolgreich würde diese mit rund 330 Millionen Euro belasten.
abgeschlossener Ausbildung,
Übernahme der Fahrtkosten in Höhe des Die Forderungen bleiben in weiten Teilen vage. Völlig
monatlichen ÖPNV-Tickets für Auszubildende offen ist, was sich nach den Vorstellungen der
mit der höchsten Reichweite im Gewerkschaften hinter der geforderten „Entlastung“
Verkehrsverbund. verbergen soll: Allein ein zusätzlicher freier Tag
kostet über 500 Millionen Euro. In einer Zeit, in der in
weitere Forderungen, u.a. vielen Teilen der Wirtschaft Insolvenzen und der
Angleichung der wöchentlichen Arbeitszeit im Verlust von Arbeitsplätzen drohen, ist das Forder-
Tarifgebiet Ost der VKA an die wöchentliche ungspaket unangemessen und kann in der
Arbeitszeit für das Tarifgebiet West, öffentlichen Wahrnehmung nicht verfangen. Die
Entlastung der Beschäftigten insbesondere kommunalen Arbeitgeber bieten einen sicheren
durch zusätzliche freie Tage, Arbeitsplatz mit einer fairen Bezahlung. Was
Verbesserung und Verlängerung der vergessen wird: Viele Beschäftigte haben in den
Regelungen zur Altersteilzeitarbeit, letzten Wochen sehr viel geleistet. Es gab aber auch
Einrichtung eines Verhandlungstisches für Branchen, in denen die kommunalen Beschäftigten
das Gesundheitswesen, insb. Pflege, um den – z.B. zur Kinderbetreuung – von ihren Arbeitgebern
besonderen und spezifischen Bedingungen bezahlt freigestellt wurden. Teilweise war die
gerecht zu werden: Erbringung der Arbeitsleistung nicht möglich.
Einrechnung der gesetzlich
vorgeschriebenen Pausen in die Arbeitszeit Bei den Sparten der VKA ist ebenfalls keine
bei Wechselschichtarbeit in den Besonderen Differenzierung erkennbar: Die Flughäfen befinden
Teilen Krankenhäuser sowie Pflege- und sich in einer existentiellen Krise, hier geht es um
Betreuungseinrichtungen, Sanierung, nicht um ein „mehr, mehr, mehr“. Auch
Anhebung des Zuschlags für die Sparkassen benötigen wegen der lang an-
Samstagsarbeit im Besonderen Teil haltenden Minuszinsphase und des gestiegenen
Krankenhäuser auf 20 Prozent. Kreditausfallrisikos ein besonderes Augenmerk.
Konkretisiert wurden jedoch die zum großen Teil zurückgewiesen. Die Kommunen und kommunalen
unklar formulierten Forderungen der Gewerk- Unternehmen haben wegen der Corona-Krise einen
schaften, die diese erst eine Woche vor dramatischen Einbruch ihrer Finanzen zu verkraften.
Verhandlungsauftakt, am 25. August 2020, be- Schon allein deshalb passen die Entgeltforderungen
schlossen haben. nicht in die Zeit, die die schlimmste Rezession seit
Gründung der Bundesrepublik bedeutet. Auch hat
Die VKA hat die Gewerkschaftsforderungen (siehe die VKA den Vorwurf der Gewerkschaften entkräftet,
Kasten oben) entschieden als überzogen dass noch immer Nachholbedarf des öffentlichen
Dienstes im Vergleich zur Privatwirtschaft
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VKA Tarifinfo – 16. September 2020
bestünde. Die Tarifsteigerungen im öffentlichen Verhandlungstische für die Bereiche „Gesundheit“
Dienst sind seit 2009 höher als in der (Pflege) und „Sparkassen“ eingerichtet. Den
Gesamtwirtschaft und liegen auch deutlich über der sogenannten Gesundheitstisch hatten die
Entwicklung der Verbraucherpreise. Die Gewerkschaften gefordert, während die VKA
Beschäftigten der Kommunen konnten mithin ihrerseits auf der Etablierung eines Sparkassen-
erhebliche Reallohnzuwächse verzeichnen. tisches bestanden hat.
Wettbewerbsfeindlich ist zudem der von den
Gewerkschaften geforderte Mindestbetrag von
150 Euro, weil in den Tarifverträgen des Beide Tische werden nunmehr am 18. September,
kommunalen öffentlichen Dienstes die unteren also noch vor der zweiten Verhandlungsrunde,
Entgeltgruppen die Bereiche sind, in denen die tagen. Die Ergebnisse fließen anschließend in die
Entgelte im Vergleich zur Privatwirtschaft bereits zweite Tarifverhandlungsrunde am 19. und 20.
heute deutlich höher sind. Durch einen September 2020 ein.
Forderungen der VKA:
Situation der Flughäfen Steigerung der Arbeitgeberattraktivität
Corona-bedingt ist der Luftverkehr fast Die VKA will die Tarifverträge für den
komplett eingebrochen und erholt sich nur öffentlichen Dienst moderner und
sehr langsam. Frühestens in 2023 ist wieder attraktiver für Beschäftigte und Arbeitgeber
mit einem Verkehrsaufkommen wie in 2019 gestalten. Daher fordern wir tarifliche
zu rechnen. Existentielle Einnahmeverluste Regelungen für das E-Bike- und Fahrrad-
und Kurzarbeit sind die Folgen. Die Leasing. Zudem soll das Volumen für die
Flughäfen können keine Entgelterhöhungen leistungsorientierte Bezahlung für andere
verkraften. Zudem werden Verhandlungen Incentives geöffnet werden (z.B. Kita-,
zu einem Notlagentarifvertrag geführt, um Fahrtkostenzuschüsse für ÖPNV, Maß-
Arbeitsplätze zu sichern und so einen nahmen zur Gesundheitsförderung).
Beitrag zur Stabilisierung der Flughäfen zu
leisten. Anpassung der Grundsätze zum
Eingruppierungsrecht der Tarifverträge im
Situation der Sparkassen öffentlichen Dienst (Arbeitsvorgang)
Die Betriebsergebnisse der Sparkassen Um einer Entwertung bestimmter
waren in den letzten 10 Jahren rückläufig. Entgeltgruppen durch die Rechtsprechung
Die langanhaltende Niedrig-/Minus- des Bundesarbeitsgerichts vorzubeugen,
zinsphase stellt die Sparkassen vor große ist ein gemeinsames Verständnis des
Herausforderungen und wirtschaftliche „Arbeitsvorgangs“ und der bestehenden
Probleme. Innerhalb von 11 Jahren haben Regelungen des § 12 TVöD erforderlich.
sie ihren Personalbestand um rund 17 % Tätigkeiten sind häufig kleinteilig und dies
reduziert. Es ist daher erforderlich, die muss zu einer anteilsmäßigen Bewertung
Wettbewerbsfähigkeit der Sparkassen und zu einer differenzierten Eingruppierung
mittels eines wirtschaftlich verkraftbaren führen. Nur so wird die Flexibilität,
Tarifabschlusses weiterhin zu gewähr- Variabilität und Rechtssicherheit der
leisten. Eingruppierung gewährleistet.
Mindestbetrag steigt der Abstand der Entgelte zur
Privatwirtschaft und damit der Druck zur Bewertung des Verhandlungsauftakts:
Ausgründung und Privatisierung kommunaler
Dienstleistungen weiter. Für die VKA war es wichtig, in dem ersten Gespräch
klare Aussagen zu einzelnen Gewerkschafts-
Um den Besonderheiten einzelner Sparten gerecht forderungen zu erhalten. „Nur so wissen wir,
zu werden, wurden zwei neue gesonderte worüber wir überhaupt verhandeln“, so Ulrich
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VKA Tarifinfo – 16. September 2020
Mädge. Die kommunalen Arbeitgeber haben darüber Wie geht es weiter?
hinaus mit Nachdruck auf ihre Forderungen
verwiesen. Im Mittelpunkt steht die differenzierte Bereits am 19. und 20. September 2020 treffen sich
Betrachtung einiger aufgrund der Corona-Krise die Tarifvertragsparteien wieder im Kongresshotel
besonders belasteter Sparten bei der VKA (siehe Potsdam. Die dritte Verhandlungsrunde ist auf den
Kasten). Auch braucht es eine Modernisierung des 22. und 23. Oktober 2020 terminiert.
aktuellen Tarifrechts, um den öffentlichen Dienst
weiterhin attraktiv zu halten. Niklas Benrath betont:
Was geschah noch?
„Wir brauchen am Ende ein Ergebnis, das für alle
wirtschaftlich verkraftbar ist. Das ist durch die
Der Tarifrunde voraus ging eine Sitzung des VKA-
Corona-Krise nicht einfacher geworden.“
Präsidiums, woran in beratender Funktion die
Geschäftsführerkonferenz der VKA teilgenommen
hat. In dem Gremium wurde neben der
Forderungsbewertung – sowohl dieser der
Gewerkschaften als auch der der kommunalen
Arbeitgeber – explizit die Situation der Flughäfen
diskutiert. Für diesen Bereich hatte sich die
Mitgliederversammlung zuvor für Verhandlungen
eines Sanierungs-/Notlagentarifvertrags ausge-
sprochen. Die Verhandlungen hierzu haben bereits
am 3. September begonnen.
Ulrich Mädge (3.v.l.) hat gemeinsam mit der Führungsspitze der
VKA um Niklas Benrath (3.v.r.) und Dr. Wolfgang Spree (2.v.r.)
die Gremiensitzung geleitet (weiterhin zu sehen: Dr. Georg
Struch (l.), VKA, Michael Harig (2.v.l.), zweiter Stellvertreter des
Präsidenten der VKA (KAV Sachsen), und Sebastian Günther (r.),
VKA).
Gegensätzliche Positionen gab es jedoch weiterhin
bei der Bewertung der Finanzlage der Kommunen
und kommunalen Arbeitgeber. Die Gewerkschaften
gingen davon aus, dass die Wirtschaftskraft von
2019 bereits im kommenden Jahr wieder erreicht
sein werde; dies wurde von der VKA als Vor dem Verhandlungsauftakt trafen sich die Mitglieder des
Präsidiums und der Geschäftsführerkonferenz im Kongresshotel
unrealistisch zurückgewiesen. Hier bleibt nun die Potsdam.
Steuerschätzung des Bundes abzuwarten, die zur
nächsten Verhandlungsrunde vorliegen wird. Thematisiert wurde darüber hinaus auch, wie mit
der Verhandlungsaufforderung von ver.di und dbb
Die VKA hat zudem in der Runde klargestellt, dass hinsichtlich eines bundesweit einheitlichen
die finanziellen Rahmenbedingungen nicht einfach Rahmentarifvertrages im Nahverkehrsbereich
ausgeblendet werden können. Schon vorab betonte umzugehen sei. Derzeit ist die VKA nicht zur
Mädge: „Wir können nur verteilen, was wir haben – Aufnahme entsprechender Tarifverhandlungen für
und das ist aufgrund des enormen Gewerbe- den Nahverkehrsbereich ermächtigt. Die
steuereinbruchs bei den Kommunen und Tarifverhandlungen im Nahverkehrsbereich werden
wochenlanger Schließungen einzelner kommunaler von den jeweiligen kommunalen Arbeit-
Einrichtungen und Betriebe nicht viel.“ Hier gilt es geberverbänden auf der landesbezirklichen Ebene
nun, eine Einigung zu erzielen, die die gesamte geführt.
kommunale Familie im Blick behält.
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VKA Tarifinfo – 16. September 2020
Impressum
Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA)
Leipziger Straße 51
10117 Berlin
Telefon: 030 - 209 699 4 50
Fax: 030 - 209 699 4 99
E-Mail: info@vka.de
Hauptgeschäftsführer:
Niklas Benrath
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit/Redaktion:
Ulrike Heine
Fotos:
VKA/Ulrike Heine
www.vka.de.
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