"The Greening of America" - Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama - DIW ...
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„The Greening of America“ – Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama Christian von Hirschhausen Bisher haben die USA im internationalen Klima Der neue US-Präsident Barack Obama stellt die chirschhausen@diw.de schutzprozess eher eine Bremserrolle gespielt. Der Weichen für eine Energiewende in den USA. Dies Franziska Holz künftige US-Präsident Barack Obama hat nun gilt sowohl für die Personalpolitik als auch für fholz@diw.de aber einen Umschwung in der Klima- und Ener strategische Neuausrichtungen. Obama benannte Claudia Kemfert ckemfert@diw.de giepolitik angekündigt. Er hat bereits den promi einen Mann als künftigen Energieminister, der nenten Physik-Nobelpreisträger Steven Chu als als Vorkämpfer für die stärkere Nutzung erneuer- Energieminister benannt sowie ein umfangreiches barer Energien und für den Klimaschutz gilt, den Investitions- und Forschungsprogramm für erneu Physiknobelpreisträger von 1997, Steven Chu. erbare Energien und Klimaschutz entworfen. Bis Dieser leitet seit 2004 das Lawrence-Berkeley- 2020 soll der CO2 -Ausstoß auf das Niveau von Forschungsinstitut des Energieministeriums. 1990 zurückgeführt werden. Das langfristige Ziel Obama schaffte zudem eine neue Position für der neuen Regierung besteht in der Reduktion der die Koordinierung der Energie-, Klima- und Um- Treibhausgasemissionen um 80 Prozent bis 2050. weltpolitik im Präsidialamt. Dafür berief er die Die meisten Bundesstaaten, vor allem Kalifornien frühere Leiterin der US-Umweltschutzbehörde und der Nordosten, unterstützen die Pläne und EPA, Carol Browner. Damit unterstrich der neue gehen mit gutem Beispiel voran. Es ist zu begrü US-Präsident, dass er Nachhaltigkeits- und Klima- ßen, dass Europa damit einen Verbündeten in den politik weit oben auf seiner Agenda ansiedelt und internationalen Bemühungen um den Klimaschutz sie als „Chefsache“ betrachtet. gewinnt. Die USA könnten Europa bei der Verfol gung von Klimazielen und bei Innovationen für ein Der Umschwung auf neue Energien und hin nachhaltiges Energiesystem künftig sogar über zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem wer- holen. Europa sollte daher seine eigenen Anstren de „nicht über Nacht“ geschehen, sagte Obama gungen verstärken, um in der Klima- und Innova am 18. November in einer der ersten Reden nach tionspolitik nicht ins Hintertreffen zu geraten. seiner Wahl.1 Das Programm des neuen Präsiden- ten sieht ehrgeizige Ziele und Maßnahmen im Bereich erneuerbarer Energien und anderer kli- mafreundlicher Technologien vor.2 So sollen über einen Zeitraum von zehn Jahren die Forschung und Entwicklung sowie die Markteinführung und Verbreitung von „sauberen“ Energietechniken mit jährlich 15 Milliarden US-Dollar gefördert werden. Zusätzlich sind die Unterstützung von kleinen und mittelständischen Unternehmen im „Green-Tech“-Bereich (mit einer Milliarde US- Dollar pro Jahr) und Ausbildungs- und Umschu- lungsprogramme in diesem Wirtschaftszweig ge- plant. Unter anderem soll das kurzfristige Ziel erreicht werden, den Anteil erneuerbarer Ener- 1 Video-Grußbotschaft beim Internationalen Climate Change Summit, Los Angeles, Kalifornien, 18.11.2008. 2 Barack Obama und Joe Biden: New Energy for America. www. barackobama.com/pdf/factsheet_energy_speech_080308.pdf. 46 Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 3/2009
„The Greening of America“ – Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama Tabelle Regionale CO2-Handelsinitiativen Region Ziele Maßnahmen und Instrumente Regional Greenhouse Gas Initiative (RGGI): CO2-Emissionsobergrenze 2014: 188 Mio.Tonnen (ca. CO2-Handel seit 1.1.2009, Nordosten der USA Niveau 2008), betrifft Stromerzeuger mit mindestens 25 MW Kapazität (Connecticut, Delaware, Maine, Maryland, bis 2018 Senkung um 2,5 % pro Jahr, auf 10% weni- Aufsparen der Emissionszertifikate möglich, Massachussetts, New Hampshire, New Jersey, ger im Jahr 2019, Versteigerung oder (kostenlose) Zuteilung wird von jedem Bundesstaat New York, Rhode Island, Vermont) individuelle Obergrenzen für jeden Bundesstaat entschieden, Mindestens 25% der Versteigerungserlöse für energiepolitische Maß- nahmen, Kompensationsmöglichkeiten für einen Teil der Emissionen (z.B. durch Wiederaufforstung, landwirtschaftliche Maßnahmen) Kalifornien Senkung der CO2-Emissionen bis 2010 auf das Niveau CO2-Handel ab 2012, von 2000, Verkehrssektor: strenge Standards für CO2-Emissionen, bis 2020 auf das Niveau von 1990, verstärkte Forschungsanstrengungen für erneuerbare Energien (insbes. bis 2050 auf 80% weniger als 1990, Solarenergie), Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr um 10% und Emissionsstandard für fossile Brennstoffe von 1,1t CO2/MWh, des Benzinverbrauchs um 20%, weitere Maßnahmen werden derzeit von der kalifornischen Umweltbe- Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung hörde (State Air Resource Board) entwickelt, von 20% bis 2010 Verbindung von kalifornischem CO2-Handel mit europäischem ETS im Gespräch Western Regional Climate Action Initiative Senkung der gesamten Treibhausgasemissionen bis Ausgestaltung derzeit im Gespräch, (WCI) 2020 um 15% gegenüber 2005 soll u.a. enthalten: CO2-Handel, (Washington, Oregon, Arizona, New Mexico, individuelle Obergrenzen für jeden Bundesstaat bzw. Förderung von Innovationen, Kalifornien, Utah, British Columbia (Kanada), Provinz Verknüpfung mit anderen regionalen und internationalen CO2-Han- Alberta (Kanada)) delssystemen Midwestern Greenhouse Gas Accord Verringerung der Treibhausgasemissionen, Ausgestaltung derzeit im Gespräch, (Illinois, Indiana, Iowa, Kansas, Michigan, Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung folgende Maßnahmen sollen enthalten sein: Minnesota, Ohio, South Dakota, Wisconsin) auf 30% im Jahr 2030, CO2-Handel, Anteil von Biokraftstoffen von 50% im Jahr 2025 Treibstoffeffizienzstandards, CCS (Carbon Capture and Storage)-Standards Quellen: Deutsche Bank Research, Aktuelle Themen 424; Zusammenstellung des DIW Berlin. DIW Berlin 2009 gien an der Stromerzeugung bis 2012 um einen gewinnt damit einen wichtigen Verbündeten im Prozentpunkt auf zehn Prozent zu erhöhen. Bis Klimaschutz, muss aber auch seine eigenen An- 2025 soll dieser Anteil auf 25 Prozent steigen.3 strengungen verstärken. Insgesamt soll die Rolle des Bundes im Bereich Klima und Energie gestärkt werden, während sich im vergangenen Jahrzehnt eher die einzelnen Auf dem Weg zu einem landesweiten Bundesstaaten engagiert haben (Kasten 1). CO2-Handel Obama hat anlässlich der Klimaverhandlungen Ein Beispiel für die Dynamik, die mit der neuen in Polen im Dezember 2008 deutlich gemacht, Regierung in Gang kommen wird, ist die Heran- die „Weltführerschaft“ im Klimaschutz überneh- gehensweise an den CO2-Handel. Zwar laufen men zu wollen. Dies ist ein wichtiges Signal für seit einigen Jahren im Kongress Anhörungen die weiteren weltweiten Klimaschutzverhandlun- zu verschiedenen, teilweise sehr weitgehenden gen. Das Jahr 2009 ist bedeutsam, da auf der Vorschlägen (zum Beispiel Lieberman-Warner- kommenden Klimakonferenz in Kopenhagen Entwurf eines Climate Security Act vom Okto- zum Ende des Jahres ein Folgeabkommen des ber 2007). Doch erst mit der neuen Regierung Kyoto-Protokolls verabschiedet werden soll. Wenn ergibt sich eine realistische Chance, dass es zu die neue US-Regierung ihre Ziele erreichen und einem Kompromiss zwischen Weißem Haus, ernsthaft die weltweite Vorreiterrolle im Klima- Senat und Repräsentantenhaus kommt, der die schutz übernehmen will, muss sie sehr schnell in regionalen Programme auf Bundesebene erwei- den USA die entsprechenden Gesetze umsetzen tert. Derzeit stehen Initiativen zum Handel mit und verbindliche internationale Verpflichtungen CO2-Emissionsrechten im Vordergrund, wobei anbieten. Ob die dafür notwendigen politischen die Idee einer „einfachen“ CO2-Steuer nicht voll- Voraussetzungen in den USA tatsächlich in dem kommen auszuschließen, derzeit jedoch wohl kurzen Zeitrahmen bis Ende 2009 geschaffen eher unwahrscheinlich ist.4 werden können, bleibt fraglich. Dennoch: Kli- maschutz wird in den kommenden Jahren eine 4 Die Diskussion „CO2 -Steuer versus CO2 -Handel“ wird in den USA bedeutsame Rolle in den USA spielen. Europa schon sehr lange geführt. Vgl. Weitzman, M.: Optimal Rewards for Economic Regulation. American Economic Review, Vol. 68(4), 1978, 683–691; und Nordhaus, W. D.: To Tax or Not to Tax: Alternative 3 Deutschland will diesen Anteil bis 2020 sogar auf 30 Prozent Approaches to Slowing Global Warming. Review of Environmental erhöhen. Economics and Policy, Vol. 1(1), 2007, 26–44. Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 3/2009 47
„The Greening of America“ – Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama Kasten 1 Trans-Atlantic Infraday 2009 „Sustainability Infrastructure: Modeling and Policy Issues in a Low-Carbon World“ Das DIW Berlin hat am 14. November 2008, direkt Future“ (RFF) statt; weitere Ausrichter waren die Univer- nach der Wahl Obamas, in Washington D.C. eine inter- sity of Maryland, der Lehrstuhl für Energiewirtschaft der nationale Konferenz zu Nachhaltigkeit und Klimaschutz TU Dresden sowie das DIW DC. Im Mittelpunkt standen durchgeführt. Die Konferenz fand in Kooperation mit dabei die strategische Ausrichtung sowie die Perspekti- dem US-amerikanischen Think Tank „Resources for the ven der Umsetzung eines „New Green Deal“. Keynote Speech Matthias Ruth (School of Public Policy, University of Maryland) Adaptive and Anticipatory Infrastructure Management: Lessons from Climate Impact Research Modeling Transmission Alternative Energy & Efficiency Paul (Resources for the Future) Fisher (John Hopkins University), Hedman, Sweeney, Vaijhala, Paul, Palmer The RFF Haiku Electricity Market Model Oren (Univ. of California Berkeley), O’Neill (Resources for the Future) (FERC), Ferris (University of Wisconsin) Green Corridors: Linking Interregional Shanbhag, Kannan, Kim (University Optimal Transmission Switching in Transmission Expansion and Renewable of Illinois) Electric Networks for Improved Economic Energy Policies Bidding with Uncertain Resources in Operations Two-settlement Markets Brennan (University of Maryland, Forbes, St. Cyr (Catholic University of Resources for the Future) Argenton (Tilburg University), America Washington) Optimal Energy Efficiency Policies and Willems (Tilburg Univ., K.U. Leuven), “Gaming” by Power Producers, Solar Storms, Utility Demand-Side Management Tests: Exclusivity as (in)efficient insurance and “Loop” Electricity Flows: The Case of How Well Do They Match? Eckhause, Gabriel (Univ. of Maryland) the PJM Power Grid Rooke (University of Maryland) Evaluating Real Options for Low André, Erbs (GDF Suez), Holz (DIW Berlin), The Benefits and realities of Wind Power Carbon Technologies in Multi-Stage Egging, Gabriel (University of Maryland) as an Energy Displacement for Natural Competitions under Budget Uncertainty Comparison of Strategic Energy Models on Gas; an Analysis of the “Pickens Plan” Gabriel (Univ. of Maryland), a Case Study Tomasgard, Myklebust, Bus-Holth, Saue Leuthold (TU Dresden) Egging, Gabriel (Univ. of Maryland), (NTNU Trondheim) Modeling Strategic Behavior in Holz, Huppmann (DIW Berlin), Investing in Infrastructure for Hydrogen Electricity Markets Using Linearization von Hirschhausen (DIW Berlin, TU in the Transportation Sector and Disjunctive Constraints Dresden), Rüster (TU Dresden) Strahs (U.S. Department of Energy) Clean or Dirty Natural Gas? – Natural Solar for the Homeowner Gas Demand Scenarios and Infrastructure Investments up to 2030 Keynote Speech Knut Einar Rosendahl (Senior Research Fellow Statistics Norway, and Visiting Fellow, RFF) Modeling of Climate Policies: Technologies and Policy Impacts Carbon Electricity Transportation Chen (Univ. of California Merced), Liu, Fuller (University of Waterloo) Cui (University of Maryland), Chen Hobbs (John Hopkins Univ.) Nondiscriminatory Capacity Pricing for an (University of Louisville) Economic and Emission Implications Electricity Market Optimizing Pavement Maintenance of Load-based, Source-based and First- Palmer, Paul, Myers (Resources for the Strategy under Long Term Performance seller Emission Trading Programs under Future) Guarantee California AB32 Energy Efficiency from the Top Down Safirova (Resources for the Future), Bozicnik (University of Maribor) Herrmann (Flensburg University, MVV Harrington, Houde Tradable Permits Versus Taxes for Sus Energie AG), Schwaegerl, Tao (Siemens Marginal Social Cost Pricing on a tainable Carbon Emissions regulation of AG) Transportation Network Road Transport Impacts of Distributed Generation on Kroca (JERID) Holz, Haftendorn (DIW Berlin) Network Reliability: Analysis of a Low European Railway Infrastructure: COALMOD - A Model of the Internatio Voltage Grid in Germany Practical Experience in Rail Freight nal Coal Market Weigt, Abrell, Kunz (TU Dresden) Transport in Europe from the Users‘ Point Abrell, Weigt (TU Dresden) Start me Up: Modeling of Power Plant Start- of View Green Emission Allowances? Up Conditions and their Impact on Prices Mendoza, Rickman (Univ. of Surrey), How Much to Pay for a Renewable Murphy (Temple University), Mudrageda, Trillas (Univ. Autonoma of Barcelona) Premium on Top of the ETS Soyster (National Science Foundation), Regulation by Duopoly under Political Elmer (TU Berlin) Sarič (Čačak College of Engineering), Constraints The (In-)Efficiency of Weight-Based Stankovič (Northeastern University) Vehicle Emission Standards The Effect Of Contingency Analysis On The Nodal Prices In The Day-Ahead Market Keynote Speech Dallas Burtraw (Resources for the Future) Allocation of CO2 Emission Allowances to Achieve Compensation Goals 48 Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 3/2009
„The Greening of America“ – Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama Kasten 2 Rasches Aufholen der USA beim Emissionshandel Ein Hauptredner bei der Washingtoner Konferenz, Dallas Emissionshandelssystem (ETS) noch als Vorbild für die Burtraw von RFF, schilderte die Perspektiven des CO2-Han- USA gesehen wird. Jedoch seien die oben genannten dels in den Vereinigten Staaten und im internationalen US-Regionen auf einem guten und vor allem raschen Kontext. Er wies auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede Weg des Aufholens. Anhand des von RFF entwickelten zwischen der Einführung des Handels mit Schwefeldi- Energie- und Umweltsimulationsmodells HAIKU wurde oxid-(SO2) Emissionsrechten und dem CO2-Handel hin. gezeigt, dass es nicht nur um erhebliche Wohlfahrts- son- Insgesamt hat sich das SO2-Programm trotz anfänglicher dern auch um Verteilungseffekte geht. Dennoch zeigte Opposition zu einem Modell effizienten Emissionshandels sich Burtraw überzeugt davon, dass die USA vor einer entwickelt. Burtraw erklärte, dass derzeit das europäische raschen Umsetzung des CO2-Handels stehen. Kasten 3 Umfassender Politikansatz erforderlich Welche Instrumente zur Förderung von erneuerbaren auch direkt (zum Beispiel Investitionssubventionen) Energien am besten geeignet sind, ist derzeit noch wirken. Ihre jeweilige Effektivität hängt sowohl vom in der Diskussion. In einem zweiten Hauptvortrag Stand der Technologieentwicklung als auch von der argumentierte Knut Einar Rosendahl (RFF, und Sta- Wettbewerbssituation ab. So läuft eine Innovations- tistisches Amt Norwegen), dass eine Verbindung von politik ins Leere, wenn nur ein Anbieter auf dem Markt „Market-Pull“- und „Technology-Push“-Instrumenten aktiv ist. Daher sollte eine outputorientierte Innova- sinnvoll sei. Die unterschiedlichen Instrumente kön- tionspolitik mit einer effektiven Wettbewerbspolitik nen sowohl indirekt (zum Beispiel CO2-Steuer) als kombiniert werden. Die Tabelle zeigt die Ziele und Instrumente von Ausbau der Infrastruktur erforderlich regionalen CO2-Handelsinitiativen.5 Am weites- ten fortgeschritten ist die sogenannte Regionale Wichtig für die Umsetzung des Programms von Treibhausgasinitiative (RGGI), die zum 1. Januar Präsident Obama wäre die Verbesserung der 2009 ihren Betrieb aufnahm. Ihr gehören zehn Energieinfrastruktur. Dazu gehört der landeswei- Bundesstaaten im Nordosten der USA an, welche te Ausbau des Netzes von Hochspannungsleitun- sich auf feste Obergrenzen für CO2-Emissionen gen, um die großflächige Nutzung erneuerbarer geeinigt haben. Als fortschrittlich ist insbesondere Energien zu gewährleisten (zum Beispiel Sonne der hohe Grad der Auktionierung der Emissions- und Wind). Darüber hinaus wird von dem Pro- rechte zu bewerten. Außerdem sieht das System gramm ein erheblicher Innovationsschub auch verschiedene Kompensationsmöglichkeiten vor, im Bereich der so genannten „intelligenten Ver- die den Teilnehmern eine größere Flexibilität er- teilernetze“ („Smart Grids“) erwartet, wodurch lauben (Kasten 2). die Einspeisung lokal verfügbarer erneuerbarer Energien sowie die Anpassung der Nachfrage In einem regional beschränkten CO2-Emissions- an Angebotsänderungen („Smart Metering“) er- handelssystem können Wettbewerbsverzerrungen möglicht wird. zwischen Unternehmen innerhalb und außerhalb der Region entstehen. Dies gilt insbesondere, Der Ausbau der Hochspannungsleitungen zwi- wenn – wie in den USA – ein überregionaler schen den drei amerikanischen Netzgebieten Strommarkt besteht. Daher wird teilweise auch (Western Interconnection, Eastern Interconnec- die Einführung von Emissionsrechten auch für tion und Texas) wird derzeit durch das Fehlen importierten Strom vorgeschlagen.6 Mittelfristig eines föderalen Regulierungsrahmens erschwert. wird ein bundesweites Emissionshandelssystem Das unter dem Schlagwort „Greening the Grid“ die effizienteste Lösung sein. („Das Netz grün machen“) bekannt geworde- ne Programm beinhaltet nicht nur finanzielle Anreize zum Ausbau des bestehenden Netzes. 5 Vgl. Deutsche Bank Research: Emissionshandel in Amerika. 2008. Vielmehr bestehen auch Pläne zur Ergänzung 6 Chen, Y., Liu, A., Hobbs, W.: Economic and Emission Implications of Load-based, Source-based and First-seller Emission Trading Programs des derzeitigen Wechselstromnetzes durch ein under California AB32. Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungssys- Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 3/2009 49
„The Greening of America“ – Neue Dynamik zum Amtsantritt von Präsident Obama tem. So zeigt der Plan des National Renewable die Unterstützung der Grundlagenforschung in Energy Laboratory (NREL), dass der massive der Technologieentwicklung (Kasten 3). Ausbau von Hochspannungsleitungen zwischen Nevada und dem Mittleren Westen den Anteil der Sonnenergie an der Stromerzeugung verviel- Fazit fachen könnte.7 Die USA stehen mit dem Amtsantritt von Präsi- dent Obama vor einer neuen Ära der Innovations- Kontinuität in der Innovations- und Klimaschutzpolitik. Erste personelle und in- und Technologiepolitik haltliche Ankündigungen und Entscheidungen lassen keinen Zweifel an der Ernsthaftigkeit der Die neue US-Administration hat klar herausge- Absichten der neuen Regierung. Der neue US- stellt, dass sie wichtige Elemente der forschungs- Präsident hat angekündigt, Europa die Rolle des orientierten Klima- und Energiepolitik der Vor- weltweiten Vorreiters im Bereich Klimaschutz gängerregierung nicht nur fortführen, sondern und nachhaltiger Energieversorgung streitig noch vertiefen möchte. Dafür sprechen neben machen zu wollen. Die EU hat im Dezember den genannten personellen Entscheidungen auch ihr Energie- und Klimaschutzpaket – wenn auch die Aussagen im Regierungsprogramm: In den mit Abstrichen bei den Regeln der Versteigerung nächsten zehn Jahren sollen mehr als 150 Mil- der Emissionszertifikate – auf den Weg bringen liarden US-Dollar zur Förderung von Forschung können. Es bleibt zu hoffen, dass die Vereinigten und Technologie ausgegeben werden.8 Auch in Staaten nicht die gleichen Fehler wie Europa wie- der traditionellen Stromerzeugung sind mit dem derholen. Die Emissionsrechte sollten versteigert Vorhaben, fünf Kohlekraftwerke mit Kohlenstoff- werden und die Ausnahmen möglichst gering abtrennung und –speicherung (Carbon Capture gehalten werden. and Storage, CCS) zu fördern, die Zeichen ge- setzt. Deutschland verfolgt seit einigen Jahren eine auf Nachhaltigkeit gerichtete Energie- und Klima- Insofern ist damit zu rechnen, dass das US-Klima- schutzpolitik. Mit der gezielten Förderung erneu- wandel-Technologie-Programm (Climate Change erbarer Energien und den kürzlich beschlossenen Technology Program, CCTP), das noch unter der weiteren Klimaschutzmaßnahmen ist Deutsch- alten Regierung entwickelt wurde, einen erheb- land auf einem guten Weg. Die USA könnten lichen Aufschwung nimmt.9 Das CCTP ist im dennoch Europa und Deutschland rasch über- Jahr 2006 verabschiedet worden und beinhaltet holen, wenn die gewünschten Ziele dort wirklich eine Vision für die Klimapolitik der nächsten konsequent verfolgt werden. Deutschland sollte Jahrzehnte. Die strategischen Ziele des CCTP auf jeden Fall in Europa weiterhin eine führen- sind die Verringerung der Treibhausgasemissio- de Rolle in der Energie- und Klimaschutzpolitik nen aus Energie- und Infrastrukturnutzung, die spielen. Durch die Wende in der US-amerikani- Entwicklung von Kohlenstoffabscheidung und schen Energie- und Klimaschutzpolitik dürfte die -speicherung, die Verbesserung der Messung und europäische Position in den anstehenden inter- JEL Classification: Überwachung von Treibhausgasemissionen und nationalen Verhandlungen eher gestärkt werden. Q48, Q55, H54 Damit nehmen auch die Chancen zu, dass sich 7 Vgl. Zweibel, K.: The Tera-Watt Challenge. NREL Technical Report die EU auf eine Verminderung der Treibhausgas- Keywords: Energy policy, TP-520-3850, 2005. emissionen von 1990 bis 2020 um 30 Prozent 8 Barack Obama und Joe Biden, a.a.O. Climate change, 9 Vgl. Department of Energy: U.S. Climate Change Technology – anstatt wie bisher nur um 20 Prozent – ver- Innovation policy Program – Strategic Plan. DOE/PI-0005, 2006. pflichtet. 50 Wochenbericht des DIW Berlin Nr. 3/2009
Wochenbericht Nr. 3/2009 vom 14. Januar 2009 Impressum DIW Berlin Mohrenstraße 58 10117 Berlin Tel. +49-30-897 89-0 Fax +49-30-897 89-200 Herausgeber Prof. Dr. Klaus F. Zimmermann (Präsident) Prof. Dr. Tilman Brück Dr. habil. Christian Dreger Prof. Dr. Claudia Kemfert Prof. Dr. Alexander Kritikos Prof. Dr. Viktor Steiner Prof. Dr. Gert G. Wagner Prof. Dr. Christian Wey Chefredation Kurt Geppert Carel Mohn Redaktion PD Dr. Elke Holst Susanne Marcus Dr. Vanessa von Schlippenbach Manfred Schmidt Pressestelle Renate Bogdanovic Tel. +49 – 30 – 89789–249 presse@diw.de Vertrieb DIW Berlin Leserservice Postfach 7477649 Offenburg leserservice@diw.de Tel. 01805 –19 88 88, 14 Cent/min. Reklamationen können nur innerhalb von vier Wochen nach Erscheinen des Wochenberichts angenommen werden; danach wird der Heftpreis berechnet. Bezugspreis Jahrgang Euro 180,– Einzelheft Euro 7,– (jeweils inkl. Mehrwertsteuer und Versandkosten) Abbestellungen vonAbonnements spätestens 6 Wochen vor Jahresende ISSN 0012-1304 Bestellung unter leserservice@diw.de Satz eScriptum GmbH & Co KG, Berlin Druck USE gGmbH, Berlin Nachdruck und sonstige Verbreitung – auch auszugsweise – nur mit Quellenangabe und unter Zusendung eines Belegexemplars an die Stabs abteilung Kommunikation des DIW Berlin (Kundenservice@diw.de) zulässig. Gedruckt auf 100 Prozent Recyclingpapier. 479
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