Trennung-Scheidung Erste Überlegungen Erste Schritte - Stadt Elmshorn
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Trennung- Scheidung Erste Überlegungen Erste Schritte Ein Rechts-Leitfaden für Betroffene in Trennungssituationen Herausgegeben von den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg Verfasserin: Karin Damm, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht (bis März 2017) weitergeführt und aktualisiert von RA Daniel Marquard RAin Renate Wilke Stand Januar 2018
IMPRESSUM: Herausgeberinnen: Hauptamtliche kommunale Gleichstellungsbeauftragte im Kreis Pinneberg VerfasserInnen: Karin Damm, Fachanwältin für Familienrecht, weitergeführt und aktualisiert von RA Daniel Marquard und RAin Renate Wilke Stand Januar 2018
TRENNUNG & SCHEIDUNG - EIN LEITFADEN FÜR MENSCHEN IN TRENNUNGSSITUATIONEN Die Gleichstellungsbeauftragten werden bei der Beratung häufig um Rat in schwierigen Trennungs- und Scheidungssituationen gefragt. Sie können und dürfen in solchen Gesprächen keine Rechtsberatung leisten, sondern müssen sich auf die Darstellung allgemeiner rechtlicher Grundlagen und Probleme beschränken. Trotzdem haben sie bei ihrer Arbeit die Erfahrung gewonnen, dass Ratsuchende durch Gespräche in die Lage versetzt werden, ihre persönliche Situation besser einzuschätzen und selbstständig und selbstbewusst eigene Rechtspositionen zu behaupten und Rechtsansprüche durchzusetzen. Die Weitergabe dieses Leitfadens ermöglicht einen fundierten Einblick in das Rechtsgebiet Trennung ʹ Scheidung und kann eine enorme Hilfestellung zur Klärung der eigenen Situation sein. Wir bedanken uns für die Kooperation mit der Kanzlei Rechtsanwälte Damm, Marquard und Wilke. Die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg: Deborah Azzab-Robinson, Stadt Pinneberg Heidi Basting, Stadt Elmshorn Dorathea Beckmann, Gemeinde Rellingen Magdalena Drexel, Stadt Wedel Tinka Frahm, Kreis Pinneberg Hannah Gleisner, Stadt Quickborn Christiane Greve, Stadt Uetersen Celia Letzgus, Gemeinde Halstenbek Christine Neermann, Amt Geest und Marsch Südholstein Inga Pleines, Stadt Tornesch Ute Stöwing, Stadt Schenefeld
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -3- TRENNUNG G & SCHEIDUNG G Seite TRENNUNG RECHTLICH – BEGRIFF UND FOLGEN 3 TRENNUNG PRAKTISCH – ERSTE FRAGEN 5 · Wer zieht aus? 5 · Wo leben die Kinder? 6 · Streit um Möbel und Hausrat? 7 · Geht es ohne finanzielle Unterstützung? 7 TRENNUNG G KONFLIKTREICH 9 · Häusliche Gewalt – die Hilfe des Gewaltschutzgesetzes 9 · Umgangsregelungen bei befürchteter Kindeswohlgefährdung 10 · Zahlungsunwillige Unterhaltsverpflichtete 11 TRENNUNGSFOLGEN 12 · Elterliches Sorgerecht 12 · Kindesunterhalt 13 · Trennungsunterhalt 14 EHESCHEIDUNG 15 · Zulässigkeitsvoraussetzungen 15 · Anwalts- und Gerichtskosten 16 EHESCHEIDUNGSFOLGEN 17 · Versorgungsausgleich 17 · Zugewinnausgleich 18 · Haushaltsgegenstände und Ehewohnung 20 · Ehegattenunterhalt nach Scheidung 20 NACH EHESCHEIDUNG 23 UNTERHALT 24 · Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen 24 · Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt 25 · Unterhaltsbefristung und Begrenzung 26 ALTERNATIVE: MEDIATION 27 ANHANG 28 Musterbrief Trennung 28 Musterbrief Auskunfts- und Unterhaltsforderung 28 Mustervereinbarung Überlassung Ehewohnung 29 Musterbrief an Vermieter | Übertragung Mietvertrag 29 Kosten- und Gebührentabellen | Scheidungskosten 30 Düsseldorfer Tabelle (Kindesunterhalt) 32 Selbstbehalt der Unterhaltsschuldner und Bedarf volljähriger Kinder 33 Rechenbeispiel für Ehegatten- und Kindesunterhalt 33 Informationsquellen für weitere Fragen 34
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -3- TRENNUNG RECHTLICH – BEGRIFF & FOLGEN Begriffsdefinition: § 1567 Abs. 1 BGB „Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der ehelichen Wohnung getrennt leben.“ Die Juristen legen die Regelung wie folgt aus: - Vollständige Aufhebung der Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen: getrennte Kassen getrennte Zimmer / Wohnungen getrennte Haushaltsführung (Essen, Waschen, Einkaufen) - Erkennbare Trennungsabsicht – d.h., dem anderen Ehegatten muss die Ableh- nung der ehelichen Gemeinschaft deutlich werden. Dies ist im Falle des Bestrei- tens später nachzuweisen. Wenn Sie sich also selbst trennen möchten und Streit über den Trennungstermin befürchten, übermitteln Sie Ihrem Ehepartner ein Schreiben und sorgen Sie für eine Zugangsbestätigung, z.B. durch Empfangs- quittung, Fax-Protokoll, Einschreibbeleg. Denken Sie an eine Kopie für sich selbst! (Musterbrief im Anhang Seite 28) Rechtsfolgen: 1. Die Trennung ist Haupt-Voraussetzung für eine spätere Ehescheidung. Nach einer Tren- nung von einem Jahr gilt die Ehe unwiderlegbar als zerrüttet, wenn beide Ehegatten die Scheidung wollen. Wenn sich einer von ihnen gegen die Scheidung wehrt, muss das Fa- miliengericht zu der Überzeugung gelangen, dass die Ehe gleichwohl gescheitert ist. Sofern sich der Ehegatte, der die Scheidung durchsetzen will, im Trennungsjahr konsequent an die Trennungsbedingungen gehalten hat (s.o.), wird das Gericht dem Antrag nach Ablauf des Trennungsjahres in aller Regel entsprechen. Im Scheidungsbeschluss des Gerichts wird nur eine ausführlichere Begründung für das Scheitern der Ehe nötig. Die Verzögerung der Scheidung nur mit einem Widerspruch gegen den Scheidungswunsch ist also nicht möglich. Es müssten schon Versöhnungsversuche stattgefunden haben oder äußere Anzeichen dafür ersichtlich sein, dass noch die Möglichkeit für ein Zurück besteht. Spätestens nach drei Jahren Trennung gilt die Ehe auch gegen den Willen eines Ehegatten als unwiderlegbar zerrüttet und wird auf Antrag geschieden. Eine Ehescheidung ohne Trennungsjahr ist eigentlich nur möglich, wenn in der Person des anderen unzumutbare Härtegründe liegen (Gewalttätigkeit / Alkoholmissbrauch oder ähnliches). Da das Gericht jedoch die Angaben der Eheleute zum Beginn ihres Trennungsjahres nicht überprüft, kommt es zuweilen auch bei nicht heftig streitenden Ehepaaren zu Scheidungen ohne Einhaltung des Trennungsjahres. Die gesetzlichen Bestimmungen erlauben dies aber nicht. 2. Die Trennung wandelt den bis dahin vom Gesetz allgemein formulierten Anspruch auf ge- genseitige Unterstützung in einen konkret bezifferbaren Barzahlungsanspruch auf Unterhalt um. Eine gerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht für gemeinsame Kinder wird
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -4- möglich. Sofern ein entsprechendes Regelungsbedürfnis besteht, können nach der Trennung die Nutzungsrechte an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen vorläu- fig gerichtlich gestaltet werden. 3. Nach neuem Scheidungsrecht (01.09.2009) kann der Trennungstermin auch für Auseinan- dersetzungen über den Zugewinnausgleich wichtig sein. Wenn nämlich zwischen der Trennung und dem Scheidungsantrag auf Seiten eines Ehegatten Vermögen verschwindet, ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gibt, wird dieses Vermögen bei der Verteilung als noch vorhanden behandelt. Deshalb kann nach neuem Recht auch Auskunft zum Bestand des Vermögens am Tag der Trennung verlangt werden. 4. Mit Beginn des nächsten Jahres ab Trennungstermin tritt in den meisten Fällen eine Steuerklassenänderung ein. Ehegatten und Familien mit unterschiedlichen Einkünften werden ja in der Regel nach den Steuerklassen 3 und 5 veranlagt, was den so genannten Splittingvorteil für Ehegatten realisiert. Für das auf die Trennung folgende Jahr müssen sich Eheleute jedoch steuerlich getrennt veranlagen lassen. Der Splittingvorteil entfällt. Sofern jedoch im Folgejahr der Trennung Ehegattenunterhalt gezahlt wird, kann die/der Unterhaltspflichtige einen Teil des Steuervorteils mit dem so genannten begrenzten Realsplitting retten, indem der gezahlte Unterhalt steuermindernd als Sonderausgabe geltend gemacht wird. Allerdings führt dies zur Versteuerung der Unterhaltszahlungen auf der Seite der/des Unterhaltsberechtigten, die zu erstatten wären. Insgesamt betrachtet ergibt sich aber in der Regel bei unterschiedlichen Einkünften noch ein Steuervorteil, der allerdings den Splittingvorteil während des Zusammenlebens selten erreicht (in der Steuer- erklärung: Anlage U). Im Zusammenhang mit den steuerrechtlichen Folgen der endgültigen Trennung ist noch Fol- gendes erwähnenswert: Eine Trennung im steuerrechtlichen Sinne beginnt nach einem gescheiterten Versöh- nungsversuch der Eheleute – selbst wenn der Versöhnungsversuch nur wenige Tage andauerte - nach der zweiten Trennung neu. Die Trennung gilt als unterbrochen. Die Trennung im familienrechtlichen Sinne (s.o.) wird jedoch selbst durch mehrmonatige Versöhnungsversuche nicht unterbrochen. Die Scheidung bleibt nach Ablauf des Trennungsjahres ab der ersten Trennung zulässig. Beispiel: · Trennung im April 2017 · Steuerklassenänderung und getrennte Veranlagung ab 01.01.2018 · Gescheiterter Versöhnungsversuch zwischen dem 10. und 15. Januar 2018 · Steuerklassenänderung kann rückgängig gemacht werden und wirkt erst ab 01.01.2019 · Scheidungsantrag im April 2018 · Scheidung nach Verfahrensdauer von durchschnittlich 6 Monaten im Oktober 2018 · Gleichwohl wegen des Versöhnungsversuches noch gemeinsame Veranlagung für 2018 · Wegfall des Ehegattensplittings dann erst ab 01.01.2019
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -5- TRENNUNG PRAKTISCH – ERSTE FRAGEN Problem Nr. 1: Wer zieht aus? Ein Hinweis vorweg: Die Trennung muss nicht förmlich bei Anwältin, Anwalt oder Gericht beantragt werden. Es genügt die praktische Durchführung. Dies ist wie folgt umzusetzen: Ist einer von beiden Ehepartnern dazu bereit, die Wohnung zu verlassen? Überzeugt als Argument vielleicht das Bedürfnis der gemeinsamen Kinder, mit dem anderen Elternteil in der gewohnten Umgebung zu bleiben? Vielleicht hilft dabei eine schriftliche Vereinbarung, wonach der Auszug zunächst nur vorläufig ist und keinen endgültigen Verzicht auf die Rechte an der Wohnung bedeutet. Treffen Sie eine schriftliche Vereinbarung, worin der/die Nein Ja wegziehende Ehepartner/in für die Dauer des Getrenntle- bens auf die Nutzung der Ehewohnung verzichtet. Der in der Wohnung verbleibende Ehegatte sollte solange im Innenverhältnis die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag (Mietzahlungen) im Innenverhältnis übernehmen. (Mustervereinbarung auf Seite - 29 -) Gibt es Gründe für eine vorläufige Zuweisung der Ehewohnung an Sie (und ggf. die Kinder), weil ein Getrenntleben unter einem Dach unzumutbar ist, z.B., weil Ihr/e Ehepartner/in gewalttätig ist oder weil Ihre Kinder psychische Schäden durch eine permanente unmittelbare Konfrontation mit den Trennungsschwierigkeiten erleiden? Beantragen Sie beim Familiengericht eine vorläufige Zuweisung der Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens Nein Ja im Wege der einstweiligen Anordnung. Eine anwaltliche Vertretung ist dafür nicht zwingend erforderlich, aber wohl sinnvoll. Bei Gewalttätigkeiten kann Ihnen auch die Polizei durch eine Wohnungswegweisung nach dem Gewalt- schutzgesetz helfen! Sie müssen aber auch dann beim Familiengericht diese Wegweisung schnell bestätigen lassen. Mehr dazu finden Sie ab Seite 9. Ist es für Sie eine mögliche Alternative, selbst aus der Wohnung auszuziehen? Haben Sie die Möglichkeit, eine neue Wohnung zu anzumieten? Vielleicht ist es hilfreich, wenn Sie bei der dafür zuständigen Stelle in Ihrem Ortsamt eine Wohnberechtigungsbescheinigung für Sozialwohnungen beantragen. Nein Ja
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -6- Versuchen Sie, bei der Vermieterin/dem Vermieter Ihrer alten Wohnung eine Entlassung aus dem Mietvertrag zu erwirken oder Ihre/n Ehepartner/in zu einer schriftlichen Erklärung über die alleinige Übernahme der Nein Ja Verpflichtungen aus dem Mietvertrag zu bewegen. Eine Verpflichtung des Vermieters dazu besteht jedoch erst ab Rechtskraft der Ehescheidung! Treffen Sie dann aber möglichst eine Vereinbarung untereinander, die Sie intern von den Zahlungspflichten befreit (Muster Seite- 29 -). Melden Sie sich um und denken Sie an die Kündigung von Telefon, Rundfunk und anderen Verträgen, soweit Sie selbst Vertragspartner/in waren. Kommt keine dieser Möglichkeiten für Sie in Frage, müssen Sie zumindest vorläufig innerhalb der Ehewohnung getrennt leben! Dann teilen Sie die Zimmer der Wohnung unter sich auf. Regeln Sie die Benutzungszeiten für Bad, Küche und Waschmaschine. Wenn Sie spätere Auseinandersetzungen über die Absprache fürchten, versuchen Sie, alles möglichst in einer schriftlichen Trennungsvereinbarung zu fixieren. Wenn keine gütliche Einigung zu erzielen ist, beantragen Sie die Regelung des Getrenntlebens beim Familiengericht. Suchen Sie sich Hobbies außerhalb der Wohnung und Kontakt zu Betroffenen in gleicher Situa- tion, damit Ihnen nicht die „Decke auf den Kopf fällt“. Problem Nr. 2: Wo leben die Kinder? Haben Sie Streit um das Sorgerecht und den Lebensmittelpunkt ihrer Kinder? Weigert sich der andere Elternteil, an kindgerechten Lösungen mitzuwirken oder droht er damit, die Kinder gegen Ihren Willen mitzunehmen? Schalten Sie sofort die für Sie zuständigen Sozialen Dienste/Jugendamt bei Ihrem Ortsamt ein und beantra- gen Sie beim Familiengericht die Übertragung des Sorge- Nein Ja rechts bzw. mindestens des Aufenthaltsbestimmungs- rechts im einstweiligen Anordnungsverfahren. Eine anwaltliche Vertretung ist nicht zwingend er- forderlich. Eine Regelung ist nicht erforderlich. Es bleibt seit Juli 1998 immer beim gemeinsamen Sor- gerecht, wenn keine Schwierigkeiten für Kinder und Eltern damit bestehen. Wichtig ist aber, dass Sie so schnell wie möglich klären, wie der Kontakt der Kinder zum wegziehenden Elternteil bestehen bleiben kann. Finden Sie also – wenn es geht, gemeinsam mit ihren Kindern – eine Umgangsregelung. Zu diesem Thema ist die kostenlose Broschüre „Eltern bleiben Eltern – Hilfen für Kinder bei Trennung und Scheidung“ der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB) sehr lesenswert! (Siehe Anhang Seite 34)
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -7- Problem Nr. 3: Streit um Möbel und Haushaltsgegenstände? Hat einer von beiden Ehepartnern eine neue Wohnung gefunden, so dass nun die Woh- nungseinrichtung aufgeteilt werden muss? Versuchen Sie, eine Einigung über die Aufteilung zu erzielen. Persönliches Eigentum (in die Ehe eingebracht oder Ersatz für solche Gegenstände) und persönliche Geschenke erhält der jeweilige Eigentümer in der Regel vorweg. Werden solche Gegenstände dringend vom anderen Ehegatten benötigt, könnten Nein Ja sie im Streitfall gegen Ausgleich (andere Gegenstände oder Geld) auch ihm zugewiesen werden. Die Sachen der Kinder verbleiben bei demjenigen, der die Kinder überwiegend betreut. Hilfreich ist meist die Anfertigung einer Liste über gemeinsame Gegenstände. Dann versuchen Sie, die auf dieser Liste aufgeführten Sachen möglichst gerecht nach dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit unter sich aufzuteilen und dies in der Liste entsprechend zu vermerken. Diese Auflistung unterzeichnen Sie beide mit dem Zusatz: „Hiermit ist unser Haushalt auseinander- gesetzt. Weitere Herausgabeansprüche erheben wir nicht“. Die Erklärung über die erfolgte Verteilung können Sie sich gegenseitig auch ohne Liste schriftlich geben. Wenn Ihnen keine gütliche Einigung gelingt, nehmen/geben Sie zunächst nur persönliche Sachen und die Haushaltsgegenstände mit, die zur Führung eines eigenen Haushalts unbedingt nötig sind. Dann beantragen Sie beim Familiengericht eine Aufteilung der Haushaltsgegenstände später zusammen mit der Ehe- scheidung. Auch während der Trennung kann das Familiengericht eine solche Regelung treffen. Diese Entscheidung würde jedoch nur das vorläufige Benutzungsrecht bestimmen und ersetzt nicht die endgültige Verteilung. Eine streitige Auseinandersetzung erhöht die Kosten. Dann können Sie zunächst viel Energie für die anderen Probleme sparen. Sie sollten sich aber trotzdem gelegentlich schon einmal mit der Frage beschäftigen, denn sie kommt spätestens bei der räumlichen Trennung oder der Scheidung auf Sie zu! Problem Nr. 4: Geht es ohne finanzielle Unterstützung? Gehen Sie für sich davon aus, dass Sie aufgrund eines höheren Einkommens oder als nicht betreuender Elternteil Unterhalt an Kindes- oder Trennungsunterhalt zu zahlen haben? Es besteht kein eiliger Handlungsbedarf. Als Zahlungspflichtige/r können Sie zunächst abwarten, welche Forderungen auf Sie zu- Nein Ja kommen.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -8- Sind Sie finanziell unabhängig und deshalb nicht auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen? Nein Ja Sie befinden sich in einer glücklichen Situation, die eine problemlose Trennung begünstigt. Wenn Sie gemein- same Kinder betreuen, denken Sie aber daran, dass der andere Elternteil trotzdem Kindesunterhalt schuldet. Besteht Einigkeit darüber, dass Ihr/e Ehepartner/in als Allein- oder Mehrverdienender/in Trennungsunterhalt und als nicht betreuender Elternteil Kindesunterhalt zu zahlen hat? Können Sie sich über die Höhe der Zahlungen ohne Hilfe Dritter einigen? Ihr/e Ehepartner/in sollte schriftlich diese Zahlungs- verpflichtung anerkennen. In diesem Anerkenntnis sollte Nein Ja auch der monatliche Zahlbetrag genannt werden. So ist bei Ausbleiben der Zahlung dieser Betrag sofort gerichtlich durchsetzbar. Wenn Sie das Anerkenntnis ohne rechtliche Beratung vereinbaren, nehmen Sie als Zusatz auf: „Die Festlegung erfolgt vorläufig ohne Präjudiz und unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Ab- änderung ohne Bindung an die Berechnungsgrundlage, weil unsere Einigung zunächst ohne rechtliche Beratung erfolgt ist.“ Fordern Sie unverzüglich Gehaltsabrechnungen aus den vergangenen zwölf Monaten und den zuletzt ergangenen Steuerbescheid zwecks Berechnung der Unterhaltsbeträge an oder kopieren Sie diese Unterlagen, sofern vorhanden. Gleichzeitig können Sie schriftlich eine vorläufige Forderung aufstellen, in der Sie überschlägig den Unterhalt für sich selbst und Ihre Kinder auf Grundlage Ihrer Kenntnisse über die Einkünfte der/des Unterhaltspflichtigen berechnen. Dies muss aber nicht unbedingt sein. Der Brief muss aber einen Termin für die Auskunftserteilung enthalten und der Zugang muss nachweisbar sein (Einschreiben/ Empfangsquittung). Dies gewährleistet, dass bei längeren Auseinandersetzungen der Unterhalt nachgezahlt wird. Anderenfalls kann Unterhalt nur für die Zukunft verlangt werden. (Musterbrief Seite 28) Für ein mögliches Gerichtsverfahren ist anwaltliche Hilfe nach neuem Recht zwingend erforderlich und auch für die außergerichtliche Korrespondenz dringend anzuraten. Durch die im vorigen Absatz beschriebene „Vorarbeit“ können Sie jedoch in vielen Fällen Ihre Kosten für die anwaltliche Tätigkeit reduzieren, denn damit schaffen Sie die Voraussetzung dafür, dass die/der Unterhaltspflichtige im Falle der Auskunftsverweigerung die Kosten trägt. Hinweis: Falls Sie oder Ihre Kinder keinen Unterhalt erhalten oder der Unterhalt für den Lebensunterhalt nicht ausreicht, sollten Sie sich umgehend bei Ihrem Ortsamt, dem Jugendamt und/oder der für ALG II zuständigen Stelle über Ansprüche auf Sozialhilfe, Unterhaltsvorschuss oder Arbeitslosengeld II beraten lassen. Förderungen gibt es meist nicht rückwirkend! Die Antragstellung ist deshalb eilbedürftig.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN -9- TRENNUNG KONFLIKTREICH 1. Häusliche Gewalt und „Stalking“ – die Hilfe des GewaltSchG Seit 2001 ist der Schutz gegen derartiges Verhalten durch das Gesetz zum zivilrechtlichen Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen stark verbessert worden. Verheiratete Betroffene hatten zwar auch vorher relativ gute Rechtsmittel zur Abwehr zur Hand. Das spezielle Schutzgesetz wirkt aber meist schneller und effektiver und im Übrigen auch für Unverheiratete: Kann Ihr/e Ehepartner/in Ihren Trennungswunsch nicht akzeptieren? Versucht er/sie, Sie aus der Wohnung zu „ekeln? Werden Sie und/oder die Kinder bedroht, geschlagen oder/und eingesperrt? Bei offensichtlicher Gewalt in der häuslichen Umgebung (Schlagen, Einsperren, Bedrohungen gegen Leben und Gesundheit) kann die Polizei sofort eine vorläufige „Wohnungswegweisung“ für bis zu 20 Tagen (regional Nein Ja unterschiedlich) bestimmen, die dann anschließend vom Gericht bestätigt werden muss. Rufen Sie also die Polizei! Die Verletzung oder Bedrohung von Körper und/oder Freiheit muss glaubhaft gemacht werden. Wenn Folgen von Gewalt und Randaliererei sichtbar sind, reicht das meist aus. Stellen Sie dann umgehend einen Antrag auf vorläufige Zuweisung der Wohnung beim Familien- gericht. Anwaltliche Hilfe ist dafür nicht zwingend notwendig aber empfehlenswert. Die Kosten dafür hat in aller Regel die „Gegenseite“ zu tragen. Sind Sie zwar räumlich getrennt, Ihr/e Ehepartner/in oder Ex-Lebensgefährte/in verfolgt aber Sie und/oder die Kinder permanent mit Besuchen, Anrufen, E-Mails, SMS-Nachrichten und lauert Ihnen bei der Arbeitsstelle oder an anderen Orten auf, die Sie oft besuchen? („Stalking“) Musteranträge zum Ausfüllen (empfohlen vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend finden Sie unter http://www.big- koordinierung.de/schutzantrag Stellen Sie beim Familiengericht einen Antrag auf Unterlassung der Belästigungen und auf Einrichtung einer so genannten Bannmeile. Ein solcher Antrag lautet z.B.: „... beantrage ich, im Wege der einstweiligen Anordnung, der Dringlichkeit wegen ohne mündliche Verhandlung, wie folgt zu beschließen: Der/die Antragsgegner/in hat es zu unterlassen, mit dem/der Antragsteller/in und den gemeinsamen Kindern in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen, auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Dies umfasst insbesondere persönliche Ansprache, E-Mail, SMS, Telefon und Telefax. Der/die Antragsgegner/in hat es zu unterlassen, sich dem/der Antragsteller/in und den gemeinsamen Kindern bis auf eine Entfernung von weniger als 200 Metern an den folgenden Orten zu nähern: (Ortsangaben, z.B. Wohnung, Kindergarten, Schule, ...)
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 10 0- Sollte es zu zufälligen Begegnungen kommen, hat der/die Antragsgegner/in sofort den festgelegten Abstand herzustellen und einzuhalten. Dem/der Antragsgegner/in wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen diesen Beschluss ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.“ Bei der Antragstellung ist als Mittel zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung vorzulegen. Mit Glück entscheidet das Gericht innerhalb weniger Stunden. Ein Verstoß gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ist auch strafbar. So können Sie in diesem Fall neben dem Antrag auf Ordnungsgeldfestsetzung auch Strafanzeige erstatten und somit den Druck auf die Gegenseite erhöhen. 2. Umgangsregelungen bei befürchteter Kindeswohlgefährdung Auch wenn Sie befürchten, dass Umgang mit dem anderen Elternteil Ihrem Kind nicht gut tut, (verantwortungsloses Verhalten, Suchtprobleme, psychische Erkrankungen), kann ein völliger Ausschluss des Umgangsrechtes nur das allerletzte Mittel sein. Lediglich bei nachgewiesenem Kindesmissbrauch kommt ein Ausschluss ohne weitere Prüfung in Frage. Auch wenn Sie es in Ihren Ängsten und mit Ihren eigenen schlechten Erfahrungen mit dem anderen Elternteil vielleicht jetzt nicht nachvollziehen können, hat dies gute Gründe: Für eine günstige Entwicklung Ihrer Kinder zum Erwachsensein ist eine Beziehung (gut oder schlecht) zu beiden Elternteilen eine wesentliche Grundlage. Die Kinder haben eine andersartige Beziehung zum anderen Elternteil als sie selbst. Die von Ihnen beanstandeten Verhaltensweisen werden sich deshalb meist nicht im Kontakt mit gemeinsamen Kindern zeigen. Mit Hilfe des Jugendamtes, Kinderpsychologen, des Familiengerichtes und anderer am Rechtsstreit um diese Frage beteiligter Fachleute sollten sie deshalb als erste Alternative einen Weg suchen, den Kontakt der Kinder zum anderen Elternteil zu erhalten. Wenn Ihre Befürchtungen nicht ausgeräumt werden können, sollten zunächst mildere Mittel eingesetzt werden, die Ihre Bedenken zerstreuen oder verringern, ohne dass die Beziehung der Kinder zum anderen Elternteil abbricht. Überlegen Sie deshalb bei Streit um den Umgang mit Ihren Kindern bitte zunächst, ob auch folgende Zwischenlösungen eine Alternative darstellen könnten: Anordnungen zum Wohlverhalten Dem anderen Elternteil könnten bei Ausübung des Umgangsrechtes bestimmte Verhaltens- regeln auferlegt werden, mit der Androhung, dass ein Verstoß zum Ausschluss des Um- gangsrechtes führen kann. So kann z.B. bestimmt werden, dass in Gegenwart des Kindes nicht negativ über den betreuenden Elternteil oder andere Verfahrensbeteiligte gesprochen werden darf, dass bestimmte Bettruhezeiten einzuhalten sind, dass für die Einnahme von Medikamenten zu sorgen ist, Kinder nicht auf einem Motorrad mitzunehmen und bei Autofahrten zwingend mit Kindersitzen auszustatten sind, etc..
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 11 1- Schutzmaßnahmen bei Entführungsgefahr Bei befürchteter Entführungsgefahr könnte der Umgang nur gegen Aushändigung der Aus- weispapiere erfolgen. Ferner kann ein Ausreiseverbot, verbunden mit einer Grenzsperre und einer Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS), erlassen werden. Begleiteter / beschützter Umgang In bestimmten Fällen besteht die Möglichkeit, die Ausübung des Umgangs nur in Anwesenheit dritter Personen zuzulassen. Dafür kommen Personen aus dem persönlichen Umfeld des Kindes (Großeltern und andere Verwandte) oder Mitarbeiter/innen von Jugendamt oder anderer Institutionen in Frage, die sich mit den Aufgaben des Jugendschutzes beschäftigen. Die Sozialen Dienste bei Ihrem Ortsamt vermitteln bei Bedarf geeignete Institutionen und Begleitpersonen und helfen bei der Umsetzung eines begleiteten Umganges. Typische Fallkonstellationen für einen begleiteten Umgang sind: · Umgang mit Kleinkindern; · Starke Entfremdung und vorsichtige Anbahnung des Umgangs; · Wenn ein Kind den Umgang ablehnt, das zu einer solchen eigenverantwortli- chen Entscheidung noch nicht fähig ist; · Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder Entführung; · Gefängnisaufenthalt des nicht betreuenden Elternteils. Befristete Aussetzung des Umgangs Als weitere Zwischenlösung kann ein Umgangsrecht zeitweilig ausgesetzt werden, um dem nicht betreuenden Elternteil die Möglichkeit zu geben, Hinderungsgründe zu beseitigen. So wurde beispielsweise von den Gerichten bei Drogensucht oder ansteckenden Krankheiten ein befristeter Ausschluss des Umganges angeordnet. Auch wenn der Umgangskontakt dazu genutzt wurde oder wird, das Kind dem betreuenden Elternteil zu entfremden, kommt eine befristete Aussetzung des Besuchsrechts in Frage. Wenn Ihr Kind den Kontakt zum anderen Elternteil ablehnt Dann sollten Sie zunächst davon ausgehen, dass dies Ausdruck des Loyalitätskonfliktes ist, in dem sich Ihr Kind nach Trennung seiner Eltern befindet. Sehr oft haben Kinder das Gefühl, sich für einen Elternteil entscheiden zu müssen Es wäre gut, wenn Sie in einer solchen Situation zunächst versuchen, Ihr Kind zu einer positiven Haltung gegenüber dem anderen Elternteil zu bewegen. Je älter die Kinder sind, desto mehr Gewicht erhält jedoch ihr Recht auf Selbstbestimmung. Ein 14jähriges Kind entscheidet faktisch selbst. Trotzdem sollte aber überprüft werden, inwieweit die Ablehnung auf ernstzunehmenden Gründen beruht und ob die Abneigung – im günstigsten Fall mit Ihrer Hilfe - überwunden werden kann. 3. Zahlungsunwillige Unterhaltsverpflichtete Unterhaltspflichtige, die wegen schlecht bezahlter Arbeit lediglich Einkünfte unterhalb des Mindestselbstbehaltes (siehe Anhang Seite - 32 -) erzielen, sind unterhaltsrechtlich unangreifbar, sofern die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden beträgt. Dasselbe gilt, wenn Arbeitslosengeld II (Hartz IV) oder Sozialgeld bezogen wird. Allerdings genügt eine bloße Meldung als arbeitslos nicht, um unterhaltsrechtliche Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. Gegenüber minderjährigen Kindern besteht eine „gesteigerte Erwerbsobliegenheit“. Es sind umfassende eigene Bewerbungsbemühungen durch Bewerbungsschreiben und Absagen nachzuweisen. Wenn Einkünfte aus Schwarzarbeit erzielt werden oder ein Teil des Lohnes „unter der Hand“ ausgezahlt wird, ist dies in der Regel nicht zu beweisen. Wenn jedoch einige konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, kann eine Strafanzeige wegen Unterhaltspflichtverletzung zu einer Veränderung führen. Viele Unterhaltsschuldner/innen scheuen den/die Strafrichter/in und zahlen dann lieber freiwillig zumindest einen Teil des Unterhaltes.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 12 2- TRENNUNGSFOLGEN 1. Elterliches Sorgerecht Umgangsregelungen Wenn es zur räumlichen Trennung der Eltern kommt, sollte möglichst gemeinsam mit dem Kind oder den Kindern umgehend abgeklärt werden, wie der Kontakt zum wegziehenden Elternteil aufrechterhalten werden kann. Dabei helfen Ihnen auch gern die Mitarbeiter/innen des Jugendamtes, die viel Erfahrung mit Familien in Trennungssituationen haben. Die Beratung bei den Jugendämtern ist kostenlos. Eltern minderjähriger Kinder haben nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) Anspruch auf kostenlose Beratung in Fragen Partnerschaft, Trennung und Scheidung. Erst wenn auch mit Vermittlung des Jugendamtes keine Lösung gefunden werden kann, wird das Familiengericht auf Antrag tätig und legt eine Umgangsregelung fest, die dem Kindeswohl am besten entspricht. Dafür werden Berichte und Empfehlungen beim Jugendamt eingeholt. Die Ergebnisse der vorgerichtlichen Beratung dürfen aber nur mit Zustimmung beider Eltern dafür verwendet werden. Zu problematischen Umgangs-Situationen, die aus Sicht der betreuenden Elternteile das Kindeswohl gefährden, siehe oben Seite 10. Gemeinsames Sorgerecht Die Trennung oder Ehescheidung der Eltern hat seit dem 01.07.1998 im Regelfall keine Ent- scheidung über das Sorgerecht mehr zur Folge. Vielmehr geht das Gesetz als Normalfall davon aus, dass Eltern auch nach Scheitern ihrer Ehe gemeinsam sorgeberechtigt bleiben. Dies war bis zum „Kindschaftsrechtsreformgesetz“ nur bei übereinstimmenden Erklärungen der Eltern möglich und musste durch Gerichtsbeschluss festgelegt werden. Das Gesetz ändert aber ab Trennung die Entscheidungskompetenzen beider Eltern: Sie müssen sich nicht mehr über alle Dinge einigen, die ihr Kind betreffen. Die Aufgabenverteilung ist recht eindeutig: Der Elternteil, bei dem Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben (mit Einwilligung des anderen Elternteils oder aufgrund einer Entscheidung des Gerichts), entscheidet über die „Angelegenheiten des täglichen Lebens“. Entscheidungen „von erheblicher Bedeutung“ für das Kind treffen beide Eltern gemeinsam (§ 1687 BGB). Angelegenheiten des täglichen Lebens sind solche Entscheidungen, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen auf die Entwicklung des Kindes haben. Zur Unterscheidung der beiden Bereiche: Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung Angelegenheiten des täglichen Lebens Schule / Ausbildung Schule / Ausbildung Wahl von Schule und Ausbildungsart, Entschuldigungen, Nachhilfe, Sonderveranstaltungen, Lehrer-Gespräche über gefährdete Versetzung, Entscheidungen über Wahlfächer, Schulchor etc. Entscheidungen zur Berufsausbildung Gesundheit Gesundheit Operationen (außer in Eilfällen), Behandlung leichter Erkrankung (z.B. Erkältung) med. Behandlungen mit erheblichem Risiko, alltägliche Gesundheitsvorsorge, grundl. Entscheid. der Gesundheitsvorsorge Routine-Impfungen Aufenthalt Aufenthalt Grundentscheidung ü. Lebensmittelpunkt, Aufenthalt im Einzelnen (Wohnsitz, Ferienlager, freiheitsentziehende Unterbringung Besuche bei Großeltern) Umgang Umgang Grundentscheidungen des Umgangs (ob und Di- Einzelentscheidungen im täglichen Ablauf (Kontakte zu mension), z.B. mit Großeltern und Pflegeeltern Nachbarn, Freunden und Verwandten) (Nach D. Schwab, Elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, FamRZ 1998,457,469)
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 13 3- Gerichtliche Sorgerechts-Entscheidungen Wenn Eltern nach Trennung das gemeinsame Sorgerecht nicht ausüben wollen oder können, entscheidet das Familiengericht nach folgendem Prüfungsschema (§ 1671 BGB): Sind beide Eltern einig darüber, wer das Sorgerecht künftig ausübt? Stellen Sie einen entsprechenden Antrag beim Nein Ja Familiengericht und teilen Sie dabei mit, dass zwischen den Eltern Einigkeit über die beantragte Regelung besteht. Das Gericht entscheidet dann antragsgemäß. Nur wenn ein über 14-jähriges Kind nicht einverstanden ist oder eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, ist mit Problemen zu rechnen. Es ist ein ausführlich begründeter Antrag auf Übertragung des Sorgerechts erforderlich. Der Antrag ist bereits zulässig, sobald eine Trennung vorliegt. Ein Ehescheidungsverfahren braucht also nicht eingeleitet zu sein. Die Begründung muss darlegen, warum 1. eine gemeinsame Wahrnehmung des Sorgerechts nicht möglich ist und 2. gerade die beantragte Sorgerechtsregelung dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Es sind also alle drei Möglichkeiten (gemein- sam/Mutter/Vater) gegeneinander abzuwägen. Da ein alleiniges Sorgerecht gleichzeitig für einen Elternteil Entzug dieses Rechts bedeutet, müssen schon sehr schwerwiegende Gründe dafür vorliegen, dass die Wahrnehmung des gemeinsamen Sorgerechtes – also die gemeinsame Entscheidung über die Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung - nicht mehr möglich ist. 2. Kindesunterhalt Der Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder richtet sich nach dem unterhaltsrechtlich bereinigten Nettoeinkommen des zahlungspflichtigen Elternteils. Es muss derjenige Elternteil zahlen, der nicht den überwiegenden Anteil an Betreuung und täglicher Versorgung erbringt. Der Bundesgerichtshof hat dazu entschieden, dass an eine andere Aufteilung des Kindesunterhaltes erst bei einer Betreuungs-Verteilung von annähernd 50% zu 50% möglich ist. Der Unterhalt bemisst sich dann in der Regel nach der so genannten Düsseldorfer Tabelle, einer von allen Amtsgerichten angewendeten Richtlinie für die Ermittlung von Kindesunterhalt. Die Düsseldorfer Tabelle in der aktuellen Fassung mit einem Berechnungsbeispiel für den Unterhalt finden Sie im Anhang ab Seite 33. Einzelheiten zur Einkommensermittlung und zur Verfahrensweise bei Unterhaltsberechnungen finden Sie im Kapitel „Unterhalt“ ab Seite 24. Der Bedarf volljähriger Kinder, die noch in Schulausbildung sind, richtet sich nach dem berei- nigten Einkommen beider Elternteile. Bei Volljährigen sind beide Eltern anteilig nach ihren Einkünften zur Zahlung verpflichtet. Häufig leistet hier aber ein Elternteil seinen Unterhalt durch die Unterkunft und Verpflegung. Die Unterhaltsberechnung für Volljährige ist kompliziert. Hier sollten Sie besser rechtlichen Rat einholen.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 14 4- 3. Trennungsunterhalt Sofern nach Abzug des Tabellen-Kindesunterhaltes beim zahlungspflichtigen Ehegatten noch ein Einkommensunterschied zum Einkommen des erziehenden Elternteils besteht, ist im ersten Jahr der Trennung in der Regel immer Trennungsunterhalt zu gewähren. Dem berechtigten Ehegatten ist nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung während der Trennung (noch) nicht zuzumuten, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszudehnen, um allein seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Grund ist darin zu sehen, dass die Trennungszeit als Übergangs- und Überlegungsphase anzusehen ist, in der noch die Möglichkeit auf Wieder- herstellung der Lebensgemeinschaft besteht. Für die Höhe des Trennungsunterhaltes gehen fast alle Familiengerichte davon aus, dass als Ehegattenunterhalt eine Quote von 3/7 des nach Abzug des Kindesunterhalts nach Düsseldorfer Tabelle verbleibenden bereinigten Nettoeinkommens zu zahlen ist. In Süddeutschland = Bezirke OLG Bamberg, München, Nürnberg, Stuttgart, Zweibrücken) wird eine Quote von 45% angewandt. Erzielt der berechtigte Ehegatte bei der Trennung eigene Einkünfte, wird die Quote aus der Differenz beider bereinigter Einkünfte gebildet. Einzelheiten finden Sie im Kapitel „Unterhalt“ ab Seite 24. Ein Berechnungsbeispiel finden Sie im Anhang auf Seite - 32 -.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 15 5- EHESCHEIDUNG 1. Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens Leben beide Eheleute bereits mindestens ein Jahr getrennt? Gibt es Gründe, die es für einen Ehegatten aufgrund des Verhaltens des anderen (Gewalt, Alkohol und andere Ja Nein Süchte, Kindesmisshandlung) unzumutbar erscheinen lassen, weiter verheiratet zu sein? Ja Nein Trennungsjahr abwarten! Ehescheidung möglich! Wollen beide Eheleute geschieden werden? Gibt es Anhaltspunkte, die das Gericht davon überzeugen, dass noch Chancen auf die Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft bestehen (Versöhnungsversuche, Gemeinsamkeiten)? Ja Nein Ja Nein Ehescheidung möglich! Ehescheidung erst nach 3 Trennungsjahren oder vollständigem Fehlen von Gemeinsamkeiten für mindestens ein zusammenhängendes Jahr möglich. Ehescheidung möglich!
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 16 6- 2. Kosten des Ehescheidungsverfahrens Die gesamten Kosten richten sich nach den Verfahrenswerten für die Scheidung und die so genannten Scheidungsfolgesachen. Das sind Familiensachen, die mit dem Scheidungsverfahren zusammen geregelt werden können (Sorge- und Umgangsrecht, Versorgungsausgleich, Unterhalt, Vermögen, Hausrat). Je geringer der Verfahrenswert = Streitwert, desto geringer die Kosten. Der Hauptanteil der Kosten entfällt auf die Anwaltsgebühren. Die Gerichtskosten sind im Verhältnis dazu relativ gering. Prüfen Sie deshalb, ob Sie Teilprobleme nicht außergerichtlich entweder ganz ohne anwaltliche Hilfe, mit Hilfe von Mediation oder nur mit Beratungs- unterstützung einer Anwältin oder eines Anwaltes bewältigen können. Für außergerichtliche Anwaltstätigkeit können Sie nämlich nach neuerem Ge- bührenrecht Zeithonorare vereinbaren, die eine hohe Kostentransparenz bieten und auch unter den gesetzlichen Gebühren nach dem Rechts- anwaltsvergütungsgesetz (RVG) liegen dürfen. Die Stundensätze der meisten Fachanwält/innen liegen zwischen € 150,00 und € 200,00 zzgl. MWSt. Dies entspricht in etwa auch den Kosten für Mediationsverfahren. Einige Beispiele für die Errechnung von Verfahrenswerten: - Ehescheidung: 3faches gemeinsames Nettoeinkommen, mind. € 2.000,00 - Sorge-/Umgangsrecht: € 3.000,00 - Versorgungsausgleich: je Vertrag 10% des Wertes der Ehescheidung, mind. € 1.000,00 - Unterhalt: 12-facher Forderungsbetrag zzgl. geforderter Rückstand - Vermögen: Wert der Forderung - Wohnung + Haushalt: € 2.000,00 – € 4.000,00 (Abweichungen sind - meist nach oben hin - möglich.) Die Verfahrenswerte bilden den Ausgangspunkt für die Anwendung der Gebührentabellen (im Anhang). Wenn mehrere Gegenstände in einem gerichtlichen Verfahren behandelt werden, sind die Werte zusammenzurechnen. Für das Ehescheidungsverfahren fallen 2,5 (ohne Vereinbarung) bis 3,5 (mit Vereinbarung) Rechtsanwaltsgebühren pro Rechtsanwältin/Rechtsanwalt zzgl. MWSt. und Schreibauslagen an. Gebühren für außergerichtliche Tätigkeit werden teilweise angerechnet. An Gerichtskosten werden in der Regel zwei Gerichtsgebühren erhoben, die im Normalfall je zur Hälfte zu tragen sind. Beispielrechnungen finden Sie im Anhang auf Seite 30. Beratungs- und Verfahrenskostenhilfe Alle Kosten können bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen von der Staatskasse getragen werden. In Abhängigkeit vom Einkommen kann die Hilfe als zinsloses Darlehen oder ohne Rückzahlungsverpflichtung bewilligt werden. Beratungshilfe erhalten Sie in Hamburg, Berlin und Bremen bei der Öffentlichen Rechtsaus- kunfts- und Vergleichsstelle (ÖRA). In den anderen Bundesländern können Sie eine Anwältin oder einen Anwalt Ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Dafür erhalten Sie nach Darlegung Ihrer wirt- schaftlichen und persönlichen Verhältnisse bei Ihrem Amtsgericht einen Berechtigungsschein. Fragen Sie unbedingt vor der Beratung, ob ein Mandat gegen Beratungshilfeschein angenommen wird. Die Gebühren sind viel niedriger als sonst, und nicht alle Anwältinnen und Anwälte arbeiten zu diesen Konditionen. Verfahrenskostenhilfe wird für Gerichtsverfahren gewährt und durch Ihre/n Rechtsanwäl- tin/Rechtsanwalt bei Einleitung der Gerichtsverfahren direkt für Sie beantragt. Auch hier besser erst fragen, ob das Mandat zu diesen Bedingungen angenommen wird!
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 17 7- EHESCHEIDUNGSFOLGEN Spätestens mit Einreichung des Ehescheidungsantrages sollten Sie sich darüber Gedanken machen, ob bzw. wie Sie die so genannten Ehescheidungsfolgen vom Gericht geregelt haben möchten. Als Ehescheidungsfolgen bezeichnet man die üblicherweise mit einer Scheidung einhergehenden Probleme, die nicht schon mit der Trennung regelungsbedürftig werden: · Versorgungsausgleich (Rentenausgleich) · Ehegattenunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung · Zugewinnausgleich (Vermögensauseinandersetzung) · endgültige Entscheidung über Ehewohnung und Haushaltsgegenstände Alle Folgesachen, mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs, werden vom Gericht nur dann bearbeitet, wenn einer der Eheleute einen entsprechenden Antrag stellt. Dieser Antrag ist bis spätestens 2 Wochen vor dem Ehescheidungstermin zu stellen. In diesen Fällen ist anwaltliche Vertretung unbedingt erforderlich. Es besteht nämlich „Anwaltszwang"! Mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs können Sie die Folgesachen auch noch nach der Ehescheidung vom Gericht klären lassen. Dann werden sie isoliert vom Scheidungsverfahren behandelt, man nennt sie deshalb „isolierte Folgesachen“. Beachten Sie dabei aber unbedingt: Die Gerichts- und Anwaltskosten werden bei isolierter Behandlung sehr viel höher. Deshalb kann es auch Probleme bei der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe geben. Wählen Sie deshalb immer den kostengünstigeren Weg, wenn Sie Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen! 1. Versorgungsausgleich Beim Versorgungsausgleich handelt es sich um einen Ausgleich der von beiden Eheleuten während der Ehe erwirtschafteten Altersversorgungen. Über diese Folgesachen wird das Gericht bei allen Ehen ab 3 Jahren von Amts wegen tätig, sobald ein Ehescheidungsantrag vorliegt. Wenn Eheleute den gesetzlichen Versorgungsausgleich nicht wollen oder eigene Vereinbarungen dazu gefunden haben, muss dies dem Familiengericht vorab mitgeteilt werden. Für beide Ehepartner wird sonst automatisch ermittelt, welche Altersversorgungen bis zur Ein- leitung der Ehescheidung bereits entstanden sind. Dies können normale Renten bei der Renten- versicherung Bund oder der Beamtenpensionskasse sein. Erfasst sind aber auch Betriebsrenten und private Altersversorgungen. Die jeweiligen Versorgungsträger rechnen die auf die Ehezeit entfallenden Renten auf Anforderung des Familiengerichts genau aus und teilen die Ergebnisse mit. Für den Versorgungsausgleich wichtig sind nur die während der Ehe entstandenen Altersversor- gungen. Die für jeden Ehepartner während der Ehezeit entstandenen Werte werden hälftig aufgeteilt, sofern der abzugebende Rentenanteil nicht eine jährlich neu festzulegende Geringfügigkeitsgrenze unterschreitet (derzeit ca. € 30,45 Monatsrente oder ca. € 3.654,00 Kapitalwert). Dies geschieht bei gesetzlichen Renten, indem vom Rentenkonto der/des Verpflichteten die Anzahl von Entgeltpunkten, die dem Ausgleichsbetrag der Rente entsprechen, abgebucht und auf dem anderen Konto dazugebucht wird. Wie bei Umbuchungen auf dem Girokonto erfolgt der Versorgungsausgleich zunächst nur auf dem Papier. Andere Versorgungen werden aufgeteilt, indem für die Berechtigten aus dem Versorgungsausgleich eigene Anrechte
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 18 8- bei den jeweiligen Versorgungsträgern oder einer eigens dafür 2010 eingerichteten Versorgungsausgleichskasse begründet werden. Die Auswirkungen zeigen sich aber erst bei Eintritt des Rentenfalls, wenn also im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit auf die Versorgungen zugegriffen wird. Hier wird dann ein Ehepartner mehr und der andere weniger Rente ausgezahlt erhalten, als dies ohne die Ehescheidung der Fall ge- wesen wäre. In folgenden Ausnahmefällen findet der Versorgungsausgleich nicht oder nur auf Antrag statt: · Die Eheleute haben notariell auf die Durchführung des Versorgungsausgleiches verzichtet oder verzichten unter Beteiligung von zwei Anwälten im Scheidungstermin zu Protokoll des Gerichts. Das Familiengericht prüft aber, ob durch diesen Verzicht ein Ehegatte evident benachteiligt wird. In diesem Fall kann der Verzicht nicht erfolgen. · Die Eheleute treffen eine Vereinbarung darüber, dass anstelle des Versorgungsausgleichs ein anderweitiger Ausgleich vermögensrechtlicher Natur erfolgt. Auch hierfür sind ein Notar oder zwei Anwälte im Scheidungstermin erforderlich. · Die Ehe der Betroffenen dauerte nicht mehr als 3 Jahre. Dann findet der Versorgungsaus- gleich nur auf Antrag eines Ehegatten statt. Anwaltliche Vertretung ist für diesen Antrag nicht erforderlich. · Der Wert des zu übertragenden Rentenanteils ist gering. Dies wird angenommen, wenn dieser Wert nicht mehr als einen Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung entspricht. Derzeit (2018) entspricht dies einem Rentenbetrag von € 30,45. Bei anderen Versorgungen gilt dafür ein Kapitalwert von derzeit ca. € 3.654,00 als Grenze. Die exakten Beträge schwanken jährlich geringfügig. Fragen Sie dazu Ihre Anwältin/Ihren Anwalt oder Frau/Herrn Google unter den Stichworten „Versorgungsausgleich + Geringfügigkeitsgrenze“. Kostentipp: Solange nur die Ehescheidung selbst neben dem Versorgungsausgleich gerichtlich zu regeln ist, braucht auch nur eine Anwältin oder ein Anwalt vor Gericht aufzutreten. Wenn Sie also keinen Streit über die übrigen Scheidungsfolgen (mehr) haben, können Sie vielleicht Anwaltskosten einsparen, indem Sie sich im Scheidungsverfahren selbst vertreten oder sich die Kosten für die Anwältin oder den Anwalt teilen. Beachten Sie dabei aber: Wenn Sie selbst die Scheidung einreichen möchten, benötigen Sie hierfür anwaltliche Hilfe. Dann können Sie sich also nicht selbst vertreten. Für die Rechtsanwalts-Gebühren haften Sie allein. Wenn Ihr/e Ehepartner/in bereit ist, sich hieran zu beteiligen, sollten Sie sich dies kurz schriftlich bestätigen lassen. 2. Zugewinnausgleich Mit der Zustellung des Ehescheidungsantrages endet der eheliche Güterstand der Zuge- winngemeinschaft, sofern nicht durch Ehevertrag etwas anderes geregelt ist. Zu diesem Stichtag entsteht ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns, d.h. ein Anspruch auf Teilhabe an dem Ver- mögenszuwachs des wirtschaftlich Stärkeren in der Ehe. Ähnlich wie beim Versorgungsausgleich wird aufgelistet, über welche Vermögenswerte jeder Ehegatte an diesem Stichtag verfügt.
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 19 9- Zu den Vermögenswerten werden auch die Werte von Lebensversicherungen und Zahlungs- ansprüche gegen Dritte gerechnet. Der Gesamtwert ist dann um Verbindlichkeiten zu reduzieren und stellt das „Endvermögen“ dar. In das Endvermögen muss zunächst alles eingestellt werden, was vorhanden ist. Es spielt dabei keine Rolle, ob Vermögenswerte durch Erbschaft und Schenkung erworben oder bereits mit in die Ehe gebracht wurden. Diese zuletzt genannten Werte (Schenkungen, Erbschaften und in die Ehe gebrachte Vermö- genswerte) stellen vielmehr zusammengerechnet das „Anfangsvermögen“ dar. Die Formulierung ist etwas irreführend, weil dem Anfangsvermögen auch Schenkungen und Erb- schaften nach dem Anfang der Ehe hinzugerechnet werden. Das so ermittelte Anfangsvermögen wird dann vom Endvermögen abgezogen. Das Ergebnis die- ser Berechnung stellt dann den auf beiden Seiten erwirtschafteten Zugewinn dar. Sofern ein Ehepartner einen höheren Zugewinn erzielt hat, muss er dem anderen die Hälfte dieses Mehrbetrages auszahlen. Achtung! Ein solcher Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt innerhalb von drei Jahren ab Rechtskraft der Ehescheidung! Einfaches Beispiel für eine Berechnung des Zugewinnausgleichs: Ehefrau: Vermögen am Ende der Ehe Ehemann: Vermögen am Ende der Ehe Haus: 100.000,00 Sparbuch: 12.000,00 Sparbuch: 10.000,00 Lebensversicherung: 5.000,00 Lebensversicherung: 2.000,00 Kontoüberziehung -8.000,00 Schulden: -50.000,00 Endvermögen: 62.000,00 Endvermögen: 9.000,00 Anfangsvermögen: Anfangsvermögen: Grundstück für das Haus, Sparbuchguthaben bei kurz vor Scheidung geerbt: -30.000,00 Eheschließung -5.000,00 Sparbuch Geschenk der Eltern kurz vor Scheidung: -10.000,00 Zugewinn: 22.000,00 Zugewinn: 4.000,00 Zugewinnausgleich: Ehefrau hat € 18.000,00 mehr Zugewinn und muss die Hälfte, also € 9.000,00, als Zugewinnausgleich an den Ehemann zahlen. Achtung! Dies Beispiel ist vereinfacht, um das System für die Abrechnung deutlich zu machen. Alle Anfangsvermögenswerte z.B. sind noch zu erhöhen um den Kaufkraftschwund seit Erwerb, bzw. Eheschließung. Dafür werden die Lebenshaltungskostenindizes verwendet. Außerdem gelten bei negativen Anfangs- und Endvermögen Besonderheiten. Ferner gelten komplizierte Regeln für solche Fälle, in denen vor der Scheidung Manipulationen am Vermögen erfolgt sind. Schließlich sind von der Rechtsprechung für die Bewertung von Schenkungen durch Schwiegereltern nicht ganz übersichtliche Regeln entwickelt worden. Wenn Sie nicht ganz sicher sind, selbst eine faire und gerechte Vermögensaufteilung erreichen zu können, fragen Sie dazu unbedingt eine Anwältin oder einen Anwalt!
TRENNUNG G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN - 20 0- 3. Haushaltsgegenstände und Ehewohnung Zusammen mit der Ehescheidung können Sie eine endgültige Regelung der Nutzungsverhältnis- se an Haushaltsgegenständen und der Ehewohnung herbeiführen. Wenn es Ihnen bisher nicht gelungen ist, eine Einigung zu erzielen, wird das Familiengericht die Eigentumsverhältnisse an Haushaltsgegenständen klären und ggf. das Mietverhältnis neu gestalten. Achtung! Wenn Sie sich darüber einig sind, wer die ehemals gemeinsame Wohnung nach der Scheidung allein nutzen soll, muss dies dem Vermieter nach Ehescheidung mitgeteilt werden. Am besten verfassen Sie dafür ein gemeinsames Schreiben (Muster Seite - 29 -). Das Mietverhältnis geht dann gesetzlich auf den verbleibenden Ehegatten über. Der Vermieter kann sich hiergegen nicht wehren, hat allerdings ein Sonderkündigungsrecht bei wichtigem Grund (Zahlungsunfähigkeit, Störung des Mieterfriedens, etc.). 4. Ehegattenunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung Nach einer Ehescheidung besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf Ehegattenunterhalt, der in allen Fällen in der Höhe begrenzt und zeitlich befristet werden kann. Hinweise zur zeitlichen Befristung und zur Begrenzung in der Höhe finden Sie im Kapitel „Unterhalt“ ab Seite 24. Mit dem nachfolgenden Prüfungsschema können Sie zunächst abklären, ob Sie überhaupt nach der Scheidung noch Unterhalt beanspruchen können. Zum Unterhaltsanspruch dem Grunde nach: Sind von Ihnen noch gemeinsame minderjährige Kinder unter 3 Jahren zu betreuen? Nein Ja Unterhalt wegen Kindererziehung =“Betreuungsunterhalt“ oder „Basisunterhalt“. Eine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit besteht nicht. Sind von Ihnen gemeinsame minderjährige Kinder zu betreuen, die älter als 3 Jahre sind? Nein Ja
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