Trennung-Scheidung Erste Überlegungen Erste Schritte - Stadt Elmshorn

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Trennung-Scheidung Erste Überlegungen Erste Schritte - Stadt Elmshorn
Trennung-
Scheidung
Erste Überlegungen
Erste Schritte
Ein Rechts-Leitfaden für Betroffene
in Trennungssituationen
Herausgegeben von den hauptamtlichen
Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg

Verfasserin:
Karin Damm, Rechtsanwältin und Fachanwältin
für Familienrecht (bis März 2017)
weitergeführt und aktualisiert von
RA Daniel Marquard
RAin Renate Wilke

                                                 

Stand Januar 2018
IMPRESSUM:
Herausgeberinnen: Hauptamtliche kommunale Gleichstellungsbeauftragte im Kreis Pinneberg
VerfasserInnen: Karin Damm, Fachanwältin für Familienrecht, weitergeführt und aktualisiert von
RA Daniel Marquard und RAin Renate Wilke

Stand Januar 2018
TRENNUNG & SCHEIDUNG - EIN LEITFADEN FÜR MENSCHEN IN TRENNUNGSSITUATIONEN

Die Gleichstellungsbeauftragten werden bei der Beratung häufig um Rat in schwierigen
Trennungs- und Scheidungssituationen gefragt. Sie können und dürfen in solchen Gesprächen
keine Rechtsberatung leisten, sondern müssen sich auf die Darstellung allgemeiner
rechtlicher Grundlagen und Probleme beschränken. Trotzdem haben sie bei ihrer Arbeit die
Erfahrung gewonnen, dass Ratsuchende durch Gespräche in die Lage versetzt werden, ihre
persönliche Situation besser einzuschätzen und selbstständig und selbstbewusst eigene
Rechtspositionen zu behaupten und Rechtsansprüche durchzusetzen.
Die Weitergabe dieses Leitfadens ermöglicht einen fundierten Einblick in das Rechtsgebiet
Trennung ʹ Scheidung und kann eine enorme Hilfestellung zur Klärung der eigenen Situation
sein.
Wir bedanken uns für die Kooperation mit der Kanzlei Rechtsanwälte Damm, Marquard und
Wilke.

Die Gleichstellungsbeauftragten im Kreis Pinneberg:
Deborah Azzab-Robinson, Stadt Pinneberg
Heidi Basting, Stadt Elmshorn
Dorathea Beckmann, Gemeinde Rellingen
Magdalena Drexel, Stadt Wedel
Tinka Frahm, Kreis Pinneberg
Hannah Gleisner, Stadt Quickborn
Christiane Greve, Stadt Uetersen
Celia Letzgus, Gemeinde Halstenbek
Christine Neermann, Amt Geest und Marsch Südholstein
Inga Pleines, Stadt Tornesch
Ute Stöwing, Stadt Schenefeld
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN   -3-

TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG
                   G
                                                                              Seite
       TRENNUNG RECHTLICH – BEGRIFF UND FOLGEN                                      3

       TRENNUNG PRAKTISCH – ERSTE FRAGEN                                            5
 ·     Wer zieht aus?                                                               5
 ·     Wo leben die Kinder?                                                         6
 ·     Streit um Möbel und Hausrat?                                                 7
 ·     Geht es ohne finanzielle Unterstützung?                                      7

       TRENNUNG
              G KONFLIKTREICH                                                       9
 ·     Häusliche Gewalt – die Hilfe des Gewaltschutzgesetzes                     9
 ·     Umgangsregelungen bei befürchteter Kindeswohlgefährdung                  10
 ·     Zahlungsunwillige Unterhaltsverpflichtete                                11

       TRENNUNGSFOLGEN                                                         12
 ·     Elterliches Sorgerecht                                                   12
 ·     Kindesunterhalt                                                          13
 ·     Trennungsunterhalt                                                       14

       EHESCHEIDUNG                                                            15
 ·     Zulässigkeitsvoraussetzungen                                             15
 ·     Anwalts- und Gerichtskosten                                              16

       EHESCHEIDUNGSFOLGEN                                                     17
 ·     Versorgungsausgleich                                                     17
 ·     Zugewinnausgleich                                                        18
 ·     Haushaltsgegenstände und Ehewohnung                                      20
 ·     Ehegattenunterhalt nach Scheidung                                        20

       NACH EHESCHEIDUNG                                                       23

       UNTERHALT                                                               24
 ·     Unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen                                 24
 ·     Unterhaltsbedarf und Selbstbehalt                                        25
 ·     Unterhaltsbefristung und Begrenzung                                      26

       ALTERNATIVE: MEDIATION                                                  27
       ANHANG                                                                  28
       Musterbrief Trennung                                                     28
       Musterbrief Auskunfts- und Unterhaltsforderung                           28
       Mustervereinbarung Überlassung Ehewohnung                                29
       Musterbrief an Vermieter | Übertragung Mietvertrag                       29
       Kosten- und Gebührentabellen | Scheidungskosten                          30
       Düsseldorfer Tabelle (Kindesunterhalt)                                   32
       Selbstbehalt der Unterhaltsschuldner und Bedarf volljähriger Kinder      33
       Rechenbeispiel für Ehegatten- und Kindesunterhalt                        33
       Informationsquellen für weitere Fragen                                   34
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                   -3-

TRENNUNG RECHTLICH – BEGRIFF & FOLGEN
Begriffsdefinition:
§ 1567 Abs. 1 BGB
„Die Ehegatten leben getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und
ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt.
Die häusliche Gemeinschaft besteht auch dann nicht mehr, wenn die Ehegatten innerhalb der
ehelichen Wohnung getrennt leben.“

Die Juristen legen die Regelung wie folgt aus:

           -     Vollständige Aufhebung der Gemeinsamkeiten in allen Lebensbereichen:
                 getrennte Kassen
                 getrennte Zimmer / Wohnungen
                 getrennte Haushaltsführung (Essen, Waschen, Einkaufen)
           -     Erkennbare Trennungsabsicht – d.h., dem anderen Ehegatten muss die Ableh-
                 nung der ehelichen Gemeinschaft deutlich werden. Dies ist im Falle des Bestrei-
                 tens später nachzuweisen. Wenn Sie sich also selbst trennen möchten und Streit
                 über den Trennungstermin befürchten, übermitteln Sie Ihrem Ehepartner ein
                 Schreiben und sorgen Sie für eine Zugangsbestätigung, z.B. durch Empfangs-
                 quittung, Fax-Protokoll, Einschreibbeleg. Denken Sie an eine Kopie für sich selbst!
                 (Musterbrief im Anhang Seite 28)

Rechtsfolgen:
1.   Die Trennung ist Haupt-Voraussetzung für eine spätere Ehescheidung. Nach einer Tren-
     nung von einem Jahr gilt die Ehe unwiderlegbar als zerrüttet, wenn beide Ehegatten die
     Scheidung wollen. Wenn sich einer von ihnen gegen die Scheidung wehrt, muss das Fa-
     miliengericht zu der Überzeugung gelangen, dass die Ehe gleichwohl gescheitert ist.
     Sofern sich der Ehegatte, der die Scheidung durchsetzen will, im Trennungsjahr konsequent
     an die Trennungsbedingungen gehalten hat (s.o.), wird das Gericht dem Antrag nach Ablauf
     des Trennungsjahres in aller Regel entsprechen. Im Scheidungsbeschluss des Gerichts wird
     nur eine ausführlichere Begründung für das Scheitern der Ehe nötig. Die Verzögerung der
     Scheidung nur mit einem Widerspruch gegen den Scheidungswunsch ist also nicht möglich.
     Es müssten schon Versöhnungsversuche stattgefunden haben oder äußere Anzeichen
     dafür ersichtlich sein, dass noch die Möglichkeit für ein Zurück besteht.
     Spätestens nach drei Jahren Trennung gilt die Ehe auch gegen den Willen eines Ehegatten
     als unwiderlegbar zerrüttet und wird auf Antrag geschieden.
     Eine Ehescheidung ohne Trennungsjahr ist eigentlich nur möglich, wenn in der Person des
     anderen unzumutbare Härtegründe liegen (Gewalttätigkeit / Alkoholmissbrauch oder
     ähnliches). Da das Gericht jedoch die Angaben der Eheleute zum Beginn ihres
     Trennungsjahres nicht überprüft, kommt es zuweilen auch bei nicht heftig streitenden
     Ehepaaren zu Scheidungen ohne Einhaltung des Trennungsjahres. Die gesetzlichen
     Bestimmungen erlauben dies aber nicht.

2.   Die Trennung wandelt den bis dahin vom Gesetz allgemein formulierten Anspruch auf ge-
     genseitige Unterstützung in einen konkret bezifferbaren Barzahlungsanspruch auf Unterhalt
     um. Eine gerichtliche Entscheidung über das Sorgerecht für gemeinsame Kinder wird
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       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                 -4-

     möglich. Sofern ein entsprechendes Regelungsbedürfnis besteht, können nach der
     Trennung die Nutzungsrechte an der Ehewohnung und den Haushaltsgegenständen vorläu-
     fig gerichtlich gestaltet werden.

3.   Nach neuem Scheidungsrecht (01.09.2009) kann der Trennungstermin auch für Auseinan-
     dersetzungen über den Zugewinnausgleich wichtig sein. Wenn nämlich zwischen der
     Trennung und dem Scheidungsantrag auf Seiten eines Ehegatten Vermögen verschwindet,
     ohne dass es dafür eine Rechtfertigung gibt, wird dieses Vermögen bei der Verteilung als
     noch vorhanden behandelt. Deshalb kann nach neuem Recht auch Auskunft zum Bestand
     des Vermögens am Tag der Trennung verlangt werden.

4.   Mit Beginn des nächsten Jahres ab Trennungstermin tritt in den meisten Fällen eine
     Steuerklassenänderung ein. Ehegatten und Familien mit unterschiedlichen Einkünften
     werden ja in der Regel nach den Steuerklassen 3 und 5 veranlagt, was den so genannten
     Splittingvorteil für Ehegatten realisiert. Für das auf die Trennung folgende Jahr müssen sich
     Eheleute jedoch steuerlich getrennt veranlagen lassen. Der Splittingvorteil entfällt.

     Sofern jedoch im Folgejahr der Trennung Ehegattenunterhalt gezahlt wird, kann die/der
     Unterhaltspflichtige einen Teil des Steuervorteils mit dem so genannten begrenzten
     Realsplitting retten, indem der gezahlte Unterhalt steuermindernd als Sonderausgabe
     geltend gemacht wird. Allerdings führt dies zur Versteuerung der Unterhaltszahlungen auf
     der Seite der/des Unterhaltsberechtigten, die zu erstatten wären. Insgesamt betrachtet
     ergibt sich aber in der Regel bei unterschiedlichen Einkünften noch ein Steuervorteil, der
     allerdings den Splittingvorteil während des Zusammenlebens selten erreicht (in der Steuer-
     erklärung: Anlage U).

     Im Zusammenhang mit den steuerrechtlichen Folgen der endgültigen Trennung ist noch Fol-
     gendes erwähnenswert:

     Eine Trennung im steuerrechtlichen Sinne beginnt nach einem gescheiterten Versöh-
     nungsversuch der Eheleute – selbst wenn der Versöhnungsversuch nur wenige Tage
     andauerte - nach der zweiten Trennung neu. Die Trennung gilt als unterbrochen. Die
     Trennung im familienrechtlichen Sinne (s.o.) wird jedoch selbst durch mehrmonatige
     Versöhnungsversuche nicht unterbrochen. Die Scheidung bleibt nach Ablauf des
     Trennungsjahres ab der ersten Trennung zulässig.

     Beispiel:

     ·     Trennung im April 2017
     ·     Steuerklassenänderung und getrennte Veranlagung ab 01.01.2018
     ·     Gescheiterter Versöhnungsversuch zwischen dem 10. und 15. Januar 2018
     ·     Steuerklassenänderung kann rückgängig gemacht werden und wirkt erst
           ab 01.01.2019
     ·     Scheidungsantrag im April 2018
     ·     Scheidung nach Verfahrensdauer von durchschnittlich 6 Monaten im Oktober 2018
     ·     Gleichwohl wegen des Versöhnungsversuches noch gemeinsame Veranlagung
            für 2018
     ·     Wegfall des Ehegattensplittings dann erst ab 01.01.2019
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       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                     -5-

TRENNUNG PRAKTISCH – ERSTE FRAGEN
Problem Nr. 1:   Wer zieht aus?
Ein Hinweis vorweg: Die Trennung muss nicht förmlich bei Anwältin, Anwalt oder Gericht
beantragt werden. Es genügt die praktische Durchführung. Dies ist wie folgt umzusetzen:

Ist einer von beiden Ehepartnern dazu bereit, die Wohnung zu verlassen? Überzeugt als
Argument vielleicht das Bedürfnis der gemeinsamen Kinder, mit dem anderen Elternteil in der
gewohnten Umgebung zu bleiben? Vielleicht hilft dabei eine schriftliche Vereinbarung, wonach
der Auszug zunächst nur vorläufig ist und keinen endgültigen Verzicht auf die Rechte an der
Wohnung bedeutet.

                                          Treffen Sie eine schriftliche Vereinbarung, worin der/die
   Nein               Ja                  wegziehende Ehepartner/in für die Dauer des Getrenntle-
                                          bens auf die Nutzung der Ehewohnung verzichtet. Der in
                                          der Wohnung verbleibende Ehegatte sollte solange im
                                          Innenverhältnis die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag
                                          (Mietzahlungen) im Innenverhältnis übernehmen.

                                          (Mustervereinbarung auf Seite - 29 -)

Gibt es Gründe für eine vorläufige Zuweisung der Ehewohnung an Sie (und ggf. die Kinder), weil
ein Getrenntleben unter einem Dach unzumutbar ist, z.B., weil Ihr/e Ehepartner/in gewalttätig ist
oder weil Ihre Kinder psychische Schäden durch eine permanente unmittelbare Konfrontation mit
den Trennungsschwierigkeiten erleiden?

                                          Beantragen Sie beim Familiengericht eine vorläufige
                                          Zuweisung der Wohnung für die Dauer des Getrenntlebens
    Nein              Ja                  im Wege der einstweiligen Anordnung. Eine anwaltliche
                                          Vertretung ist dafür nicht zwingend erforderlich, aber wohl
                                          sinnvoll. Bei Gewalttätigkeiten kann Ihnen auch die Polizei
                                          durch eine Wohnungswegweisung nach dem Gewalt-
                                          schutzgesetz helfen! Sie müssen aber auch dann beim
                                          Familiengericht diese Wegweisung schnell bestätigen
                                          lassen. Mehr dazu finden Sie ab Seite 9.

Ist es für Sie eine mögliche Alternative, selbst aus der Wohnung auszuziehen? Haben Sie die
Möglichkeit, eine neue Wohnung zu anzumieten?

Vielleicht ist es hilfreich, wenn Sie bei der dafür zuständigen Stelle in Ihrem Ortsamt eine
Wohnberechtigungsbescheinigung für Sozialwohnungen beantragen.

    Nein              Ja
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                                            Versuchen Sie, bei der Vermieterin/dem Vermieter Ihrer
                                            alten Wohnung eine Entlassung aus dem Mietvertrag
                                            zu erwirken oder Ihre/n Ehepartner/in zu einer
                                            schriftlichen Erklärung über die alleinige Übernahme der
    Nein              Ja                    Verpflichtungen aus dem Mietvertrag zu bewegen. Eine
                                            Verpflichtung des Vermieters dazu besteht jedoch erst ab
                                            Rechtskraft der Ehescheidung! Treffen Sie dann aber
                                            möglichst eine Vereinbarung untereinander, die Sie intern
                                            von den Zahlungspflichten befreit (Muster Seite- 29 -).
                                            Melden Sie sich um und denken Sie an die Kündigung
                                            von Telefon, Rundfunk und anderen Verträgen, soweit
                                            Sie selbst Vertragspartner/in waren.

Kommt keine dieser Möglichkeiten für Sie in Frage, müssen Sie zumindest vorläufig innerhalb der
Ehewohnung getrennt leben!

Dann teilen Sie die Zimmer der Wohnung unter sich auf. Regeln Sie die Benutzungszeiten für
Bad, Küche und Waschmaschine. Wenn Sie spätere Auseinandersetzungen über die Absprache
fürchten, versuchen Sie, alles möglichst in einer schriftlichen Trennungsvereinbarung zu fixieren.

Wenn keine gütliche Einigung zu erzielen ist, beantragen Sie die Regelung des Getrenntlebens
beim Familiengericht.

Suchen Sie sich Hobbies außerhalb der Wohnung und Kontakt zu Betroffenen in gleicher Situa-
tion, damit Ihnen nicht die „Decke auf den Kopf fällt“.

Problem Nr. 2:   Wo leben die Kinder?

Haben Sie Streit um das Sorgerecht und den Lebensmittelpunkt ihrer Kinder? Weigert sich der
andere Elternteil, an kindgerechten Lösungen mitzuwirken oder droht er damit, die Kinder gegen
Ihren Willen mitzunehmen?

                                            Schalten Sie sofort die für Sie zuständigen Sozialen
                                            Dienste/Jugendamt bei Ihrem Ortsamt ein und beantra-
                                            gen Sie beim Familiengericht die Übertragung des Sorge-
    Nein              Ja                    rechts bzw. mindestens des Aufenthaltsbestimmungs-
                                            rechts im einstweiligen Anordnungsverfahren.

                                            Eine anwaltliche Vertretung ist nicht zwingend er-
                                            forderlich.

Eine Regelung ist nicht erforderlich. Es bleibt seit Juli 1998 immer beim gemeinsamen Sor-
gerecht, wenn keine Schwierigkeiten für Kinder und Eltern damit bestehen. Wichtig ist aber, dass
Sie so schnell wie möglich klären, wie der Kontakt der Kinder zum wegziehenden Elternteil
bestehen bleiben kann. Finden Sie also – wenn es geht, gemeinsam mit ihren Kindern – eine
Umgangsregelung. Zu diesem Thema ist die kostenlose Broschüre „Eltern bleiben Eltern –
Hilfen für Kinder bei Trennung und Scheidung“ der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für
Jugend- und Eheberatung e.V. (DAJEB) sehr lesenswert! (Siehe Anhang Seite 34)
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                    -7-

Problem Nr. 3:   Streit um Möbel und Haushaltsgegenstände?

 Hat einer von beiden Ehepartnern eine neue Wohnung gefunden, so dass nun die Woh-
 nungseinrichtung aufgeteilt werden muss?

                                   Versuchen Sie, eine Einigung über die Aufteilung zu erzielen.
                                   Persönliches Eigentum (in die Ehe eingebracht oder Ersatz für
                                   solche Gegenstände) und persönliche Geschenke erhält der
                                   jeweilige Eigentümer in der Regel vorweg. Werden solche
                                   Gegenstände dringend vom anderen Ehegatten benötigt, könnten
    Nein          Ja               sie im Streitfall gegen Ausgleich (andere Gegenstände oder Geld)
                                   auch ihm zugewiesen werden. Die Sachen der Kinder verbleiben
                                   bei demjenigen, der die Kinder überwiegend betreut. Hilfreich ist
                                   meist die Anfertigung einer Liste über gemeinsame
                                   Gegenstände. Dann versuchen Sie, die auf dieser Liste
                                   aufgeführten Sachen möglichst gerecht nach dem Gesichtspunkt
                                   der Zweckmäßigkeit unter sich aufzuteilen und dies in der Liste
                                   entsprechend zu vermerken. Diese Auflistung unterzeichnen Sie
                                   beide mit dem Zusatz: „Hiermit ist unser Haushalt auseinander-
                                   gesetzt. Weitere Herausgabeansprüche erheben wir nicht“. Die
                                   Erklärung über die erfolgte Verteilung können Sie sich
                                   gegenseitig auch ohne Liste schriftlich geben.
                                   Wenn Ihnen keine gütliche Einigung gelingt, nehmen/geben Sie
                                   zunächst nur persönliche Sachen und die Haushaltsgegenstände
                                   mit, die zur Führung eines eigenen Haushalts unbedingt nötig
                                   sind. Dann beantragen Sie beim Familiengericht eine Aufteilung
                                   der Haushaltsgegenstände später zusammen mit der Ehe-
                                   scheidung.
                                   Auch während der Trennung kann das Familiengericht eine
                                   solche Regelung treffen. Diese Entscheidung würde jedoch nur
                                   das vorläufige Benutzungsrecht bestimmen und ersetzt nicht die
                                   endgültige Verteilung. Eine streitige Auseinandersetzung erhöht
                                   die Kosten.

 Dann können Sie zunächst viel Energie für die anderen Probleme sparen. Sie sollten sich
 aber trotzdem gelegentlich schon einmal mit der Frage beschäftigen, denn sie kommt
 spätestens bei der räumlichen Trennung oder der Scheidung auf Sie zu!

Problem Nr. 4:   Geht es ohne finanzielle Unterstützung?

 Gehen Sie für sich davon aus, dass Sie aufgrund eines höheren Einkommens oder als nicht
 betreuender Elternteil Unterhalt an Kindes- oder Trennungsunterhalt zu zahlen haben?

                                   Es besteht kein eiliger Handlungsbedarf. Als Zahlungspflichtige/r
                                   können Sie zunächst abwarten, welche Forderungen auf Sie zu-
  Nein           Ja                kommen.
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                      -8-

Sind Sie finanziell unabhängig und deshalb nicht auf die Zahlung von Unterhalt angewiesen?

    Nein             Ja
                                            Sie befinden sich in einer glücklichen Situation, die eine
                                            problemlose Trennung begünstigt. Wenn Sie gemein-
                                            same Kinder betreuen, denken Sie aber daran, dass der
                                            andere Elternteil trotzdem Kindesunterhalt schuldet.

 Besteht Einigkeit darüber, dass Ihr/e Ehepartner/in als Allein- oder Mehrverdienender/in
 Trennungsunterhalt und als nicht betreuender Elternteil Kindesunterhalt zu zahlen hat?
 Können Sie sich über die Höhe der Zahlungen ohne Hilfe Dritter einigen?

                                            Ihr/e Ehepartner/in sollte schriftlich diese Zahlungs-
                                            verpflichtung anerkennen. In diesem Anerkenntnis sollte
   Nein               Ja                    auch der monatliche Zahlbetrag genannt werden. So ist
                                            bei Ausbleiben der Zahlung dieser Betrag sofort
                                            gerichtlich durchsetzbar. Wenn Sie das Anerkenntnis
                                            ohne rechtliche Beratung vereinbaren, nehmen Sie als
                                            Zusatz auf: „Die Festlegung erfolgt vorläufig ohne
                                            Präjudiz und unter dem Vorbehalt der jederzeitigen Ab-
                                            änderung ohne Bindung an die Berechnungsgrundlage,
                                            weil unsere Einigung zunächst ohne rechtliche Beratung
                                            erfolgt ist.“

 Fordern Sie unverzüglich Gehaltsabrechnungen aus den vergangenen zwölf Monaten und
 den zuletzt ergangenen Steuerbescheid zwecks Berechnung der Unterhaltsbeträge an oder
 kopieren Sie diese Unterlagen, sofern vorhanden. Gleichzeitig können Sie schriftlich eine
 vorläufige Forderung aufstellen, in der Sie überschlägig den Unterhalt für sich selbst und Ihre
 Kinder auf Grundlage Ihrer Kenntnisse über die Einkünfte der/des Unterhaltspflichtigen
 berechnen. Dies muss aber nicht unbedingt sein. Der Brief muss aber einen Termin für die
 Auskunftserteilung enthalten und der Zugang muss nachweisbar sein (Einschreiben/
 Empfangsquittung). Dies gewährleistet, dass bei längeren Auseinandersetzungen der Unterhalt
 nachgezahlt wird. Anderenfalls kann Unterhalt nur für die Zukunft verlangt werden.
 (Musterbrief Seite 28)

 Für ein mögliches Gerichtsverfahren ist anwaltliche Hilfe nach neuem Recht zwingend
 erforderlich und auch für die außergerichtliche Korrespondenz dringend anzuraten. Durch die
 im vorigen Absatz beschriebene „Vorarbeit“ können Sie jedoch in vielen Fällen Ihre Kosten für
 die anwaltliche Tätigkeit reduzieren, denn damit schaffen Sie die Voraussetzung dafür, dass
 die/der Unterhaltspflichtige im Falle der Auskunftsverweigerung die Kosten trägt.

 Hinweis:
 Falls Sie oder Ihre Kinder keinen Unterhalt erhalten oder der Unterhalt für den
 Lebensunterhalt nicht ausreicht, sollten Sie sich umgehend bei Ihrem Ortsamt, dem
 Jugendamt und/oder der für ALG II zuständigen Stelle über Ansprüche auf Sozialhilfe,
 Unterhaltsvorschuss oder Arbeitslosengeld II beraten lassen. Förderungen gibt es meist nicht
 rückwirkend! Die Antragstellung ist deshalb eilbedürftig.
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                     -9-

TRENNUNG KONFLIKTREICH
1. Häusliche Gewalt und „Stalking“ – die Hilfe des GewaltSchG
Seit 2001 ist der Schutz gegen derartiges Verhalten durch das Gesetz zum zivilrechtlichen
Schutz vor Gewalttaten und Nachstellungen stark verbessert worden. Verheiratete Betroffene
hatten zwar auch vorher relativ gute Rechtsmittel zur Abwehr zur Hand. Das spezielle
Schutzgesetz wirkt aber meist schneller und effektiver und im Übrigen auch für Unverheiratete:

Kann Ihr/e Ehepartner/in Ihren Trennungswunsch nicht akzeptieren? Versucht er/sie, Sie aus der
Wohnung zu „ekeln? Werden Sie und/oder die Kinder bedroht, geschlagen oder/und eingesperrt?

                                             Bei offensichtlicher Gewalt in der häuslichen Umgebung
                                             (Schlagen, Einsperren, Bedrohungen gegen Leben und
                                             Gesundheit) kann die Polizei sofort eine vorläufige
                                             „Wohnungswegweisung“ für bis zu 20 Tagen (regional
 Nein              Ja                        unterschiedlich) bestimmen, die dann anschließend vom
                                             Gericht bestätigt werden muss. Rufen Sie also die
                                             Polizei! Die Verletzung oder Bedrohung von Körper
                                             und/oder Freiheit muss glaubhaft gemacht werden. Wenn
                                             Folgen von Gewalt und Randaliererei sichtbar sind, reicht
                                             das meist aus. Stellen Sie dann umgehend einen Antrag
                                             auf vorläufige Zuweisung der Wohnung beim Familien-
                                             gericht.

                                             Anwaltliche Hilfe ist dafür nicht zwingend notwendig aber
                                             empfehlenswert. Die Kosten dafür hat in aller Regel die
                                             „Gegenseite“ zu tragen.

Sind Sie zwar räumlich getrennt, Ihr/e Ehepartner/in oder Ex-Lebensgefährte/in verfolgt aber Sie
und/oder die Kinder permanent mit Besuchen, Anrufen, E-Mails, SMS-Nachrichten und lauert
Ihnen bei der Arbeitsstelle oder an anderen Orten auf, die Sie oft besuchen? („Stalking“)

                                             Musteranträge zum Ausfüllen (empfohlen vom
                                             Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und
                                             Jugend finden Sie unter http://www.big-
                                             koordinierung.de/schutzantrag

Stellen Sie beim Familiengericht einen Antrag auf Unterlassung der Belästigungen und auf
Einrichtung einer so genannten Bannmeile. Ein solcher Antrag lautet z.B.:

           „... beantrage ich, im Wege der einstweiligen Anordnung, der Dringlichkeit
           wegen ohne mündliche Verhandlung, wie folgt zu beschließen:

           Der/die Antragsgegner/in hat es zu unterlassen, mit dem/der Antragsteller/in
           und den gemeinsamen Kindern in irgendeiner Form Kontakt aufzunehmen,
           auch unter Verwendung von Fernkommunikationsmitteln. Dies umfasst
           insbesondere persönliche Ansprache, E-Mail, SMS, Telefon und Telefax.

           Der/die Antragsgegner/in hat es zu unterlassen, sich dem/der Antragsteller/in
           und den gemeinsamen Kindern bis auf eine Entfernung von weniger als 200
           Metern an den folgenden Orten zu nähern: (Ortsangaben, z.B. Wohnung,
           Kindergarten, Schule, ...)
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                - 10
                                                                                              0-

           Sollte es zu zufälligen Begegnungen kommen, hat der/die Antragsgegner/in
           sofort den festgelegten Abstand herzustellen und einzuhalten.

           Dem/der Antragsgegner/in wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen
           diesen Beschluss ein Ordnungsgeld bis zu € 250.000,00, ersatzweise
           Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, angedroht.“

Bei der Antragstellung ist als Mittel zur Glaubhaftmachung eine eidesstattliche Versicherung
vorzulegen. Mit Glück entscheidet das Gericht innerhalb weniger Stunden.

Ein Verstoß gegen eine Anordnung nach dem Gewaltschutzgesetz ist auch strafbar. So können
Sie in diesem Fall neben dem Antrag auf Ordnungsgeldfestsetzung auch Strafanzeige erstatten
und somit den Druck auf die Gegenseite erhöhen.

2. Umgangsregelungen bei befürchteter Kindeswohlgefährdung
Auch wenn Sie befürchten, dass Umgang mit dem anderen Elternteil Ihrem Kind nicht gut tut,
(verantwortungsloses Verhalten, Suchtprobleme, psychische Erkrankungen), kann ein völliger
Ausschluss des Umgangsrechtes nur das allerletzte Mittel sein. Lediglich bei nachgewiesenem
Kindesmissbrauch kommt ein Ausschluss ohne weitere Prüfung in Frage.

Auch wenn Sie es in Ihren Ängsten und mit Ihren eigenen schlechten Erfahrungen mit dem
anderen Elternteil vielleicht jetzt nicht nachvollziehen können, hat dies gute Gründe:

Für eine günstige Entwicklung Ihrer Kinder zum Erwachsensein ist eine Beziehung (gut oder
schlecht) zu beiden Elternteilen eine wesentliche Grundlage. Die Kinder haben eine andersartige
Beziehung zum anderen Elternteil als sie selbst. Die von Ihnen beanstandeten Verhaltensweisen
werden sich deshalb meist nicht im Kontakt mit gemeinsamen Kindern zeigen.

Mit Hilfe des Jugendamtes, Kinderpsychologen, des Familiengerichtes und anderer am
Rechtsstreit um diese Frage beteiligter Fachleute sollten sie deshalb als erste Alternative einen
Weg suchen, den Kontakt der Kinder zum anderen Elternteil zu erhalten. Wenn Ihre
Befürchtungen nicht ausgeräumt werden können, sollten zunächst mildere Mittel eingesetzt
werden, die Ihre Bedenken zerstreuen oder verringern, ohne dass die Beziehung der Kinder zum
anderen Elternteil abbricht.

Überlegen Sie deshalb bei Streit um den Umgang mit Ihren Kindern bitte zunächst, ob auch
folgende Zwischenlösungen eine Alternative darstellen könnten:

Anordnungen zum Wohlverhalten
Dem anderen Elternteil könnten bei Ausübung des Umgangsrechtes bestimmte Verhaltens-
regeln auferlegt werden, mit der Androhung, dass ein Verstoß zum Ausschluss des Um-
gangsrechtes führen kann. So kann z.B. bestimmt werden, dass in Gegenwart des Kindes nicht
negativ über den betreuenden Elternteil oder andere Verfahrensbeteiligte gesprochen werden
darf, dass bestimmte Bettruhezeiten einzuhalten sind, dass für die Einnahme von Medikamenten
zu sorgen ist, Kinder nicht auf einem Motorrad mitzunehmen und bei Autofahrten zwingend mit
Kindersitzen auszustatten sind, etc..
TRENNUNG
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                                                                                               1-

Schutzmaßnahmen bei Entführungsgefahr
Bei befürchteter Entführungsgefahr könnte der Umgang nur gegen Aushändigung der Aus-
weispapiere erfolgen. Ferner kann ein Ausreiseverbot, verbunden mit einer Grenzsperre und
einer Ausschreibung im Schengener Informationssystem (SIS), erlassen werden.

Begleiteter / beschützter Umgang
In bestimmten Fällen besteht die Möglichkeit, die Ausübung des Umgangs nur in Anwesenheit
dritter Personen zuzulassen. Dafür kommen Personen aus dem persönlichen Umfeld des Kindes
(Großeltern und andere Verwandte) oder Mitarbeiter/innen von Jugendamt oder anderer
Institutionen in Frage, die sich mit den Aufgaben des Jugendschutzes beschäftigen. Die Sozialen
Dienste bei Ihrem Ortsamt vermitteln bei Bedarf geeignete Institutionen und Begleitpersonen und
helfen bei der Umsetzung eines begleiteten Umganges.
Typische Fallkonstellationen für einen begleiteten Umgang sind:
                 ·     Umgang mit Kleinkindern;
                 ·     Starke Entfremdung und vorsichtige Anbahnung des Umgangs;
                 ·     Wenn ein Kind den Umgang ablehnt, das zu einer solchen eigenverantwortli-
                       chen Entscheidung noch nicht fähig ist;
                 ·     Verdacht auf sexuellen Missbrauch oder Entführung;
                 ·     Gefängnisaufenthalt des nicht betreuenden Elternteils.

Befristete Aussetzung des Umgangs
Als weitere Zwischenlösung kann ein Umgangsrecht zeitweilig ausgesetzt werden, um dem nicht
betreuenden Elternteil die Möglichkeit zu geben, Hinderungsgründe zu beseitigen. So wurde
beispielsweise von den Gerichten bei Drogensucht oder ansteckenden Krankheiten ein befristeter
Ausschluss des Umganges angeordnet. Auch wenn der Umgangskontakt dazu genutzt wurde
oder wird, das Kind dem betreuenden Elternteil zu entfremden, kommt eine befristete Aussetzung
des Besuchsrechts in Frage.

Wenn Ihr Kind den Kontakt zum anderen Elternteil ablehnt
Dann sollten Sie zunächst davon ausgehen, dass dies Ausdruck des Loyalitätskonfliktes ist, in
dem sich Ihr Kind nach Trennung seiner Eltern befindet. Sehr oft haben Kinder das Gefühl, sich
für einen Elternteil entscheiden zu müssen Es wäre gut, wenn Sie in einer solchen Situation
zunächst versuchen, Ihr Kind zu einer positiven Haltung gegenüber dem anderen Elternteil zu
bewegen. Je älter die Kinder sind, desto mehr Gewicht erhält jedoch ihr Recht auf
Selbstbestimmung. Ein 14jähriges Kind entscheidet faktisch selbst. Trotzdem sollte aber
überprüft werden, inwieweit die Ablehnung auf ernstzunehmenden Gründen beruht und ob die
Abneigung – im günstigsten Fall mit Ihrer Hilfe - überwunden werden kann.

3. Zahlungsunwillige Unterhaltsverpflichtete
Unterhaltspflichtige, die wegen schlecht bezahlter Arbeit lediglich Einkünfte unterhalb des
Mindestselbstbehaltes (siehe Anhang Seite - 32 -) erzielen, sind unterhaltsrechtlich unangreifbar,
sofern die wöchentliche Arbeitszeit 40 Stunden beträgt. Dasselbe gilt, wenn Arbeitslosengeld II
(Hartz IV) oder Sozialgeld bezogen wird. Allerdings genügt eine bloße Meldung als arbeitslos
nicht, um unterhaltsrechtliche Zahlungsunfähigkeit nachzuweisen. Gegenüber minderjährigen
Kindern besteht eine „gesteigerte Erwerbsobliegenheit“. Es sind umfassende eigene
Bewerbungsbemühungen durch Bewerbungsschreiben und Absagen nachzuweisen.
Wenn Einkünfte aus Schwarzarbeit erzielt werden oder ein Teil des Lohnes „unter der Hand“
ausgezahlt wird, ist dies in der Regel nicht zu beweisen. Wenn jedoch einige konkrete
Anhaltspunkte dafür bestehen, kann eine Strafanzeige wegen Unterhaltspflichtverletzung zu
einer Veränderung führen. Viele Unterhaltsschuldner/innen scheuen den/die Strafrichter/in und
zahlen dann lieber freiwillig zumindest einen Teil des Unterhaltes.
TRENNUNG
       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN                            - 12
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TRENNUNGSFOLGEN
1. Elterliches Sorgerecht
Umgangsregelungen
Wenn es zur räumlichen Trennung der Eltern kommt, sollte möglichst gemeinsam mit dem Kind
oder den Kindern umgehend abgeklärt werden, wie der Kontakt zum wegziehenden Elternteil
aufrechterhalten werden kann. Dabei helfen Ihnen auch gern die Mitarbeiter/innen des
Jugendamtes, die viel Erfahrung mit Familien in Trennungssituationen haben. Die Beratung bei
den Jugendämtern ist kostenlos. Eltern minderjähriger Kinder haben nach dem Kinder- und
Jugendhilfegesetz (KJHG) Anspruch auf kostenlose Beratung in Fragen Partnerschaft, Trennung
und Scheidung.
Erst wenn auch mit Vermittlung des Jugendamtes keine Lösung gefunden werden kann, wird das
Familiengericht auf Antrag tätig und legt eine Umgangsregelung fest, die dem Kindeswohl am
besten entspricht. Dafür werden Berichte und Empfehlungen beim Jugendamt eingeholt. Die
Ergebnisse der vorgerichtlichen Beratung dürfen aber nur mit Zustimmung beider Eltern dafür
verwendet werden.
Zu problematischen Umgangs-Situationen, die aus Sicht der betreuenden Elternteile das
Kindeswohl gefährden, siehe oben Seite 10.

Gemeinsames Sorgerecht
Die Trennung oder Ehescheidung der Eltern hat seit dem 01.07.1998 im Regelfall keine Ent-
scheidung über das Sorgerecht mehr zur Folge. Vielmehr geht das Gesetz als Normalfall davon
aus, dass Eltern auch nach Scheitern ihrer Ehe gemeinsam sorgeberechtigt bleiben. Dies war bis
zum „Kindschaftsrechtsreformgesetz“ nur bei übereinstimmenden Erklärungen der Eltern möglich
und musste durch Gerichtsbeschluss festgelegt werden.
Das Gesetz ändert aber ab Trennung die Entscheidungskompetenzen beider Eltern: Sie
müssen sich nicht mehr über alle Dinge einigen, die ihr Kind betreffen. Die Aufgabenverteilung ist
recht eindeutig: Der Elternteil, bei dem Kinder ihren Lebensmittelpunkt haben (mit Einwilligung
des anderen Elternteils oder aufgrund einer Entscheidung des Gerichts), entscheidet über die
„Angelegenheiten des täglichen Lebens“. Entscheidungen „von erheblicher Bedeutung“ für das
Kind treffen beide Eltern gemeinsam (§ 1687 BGB). Angelegenheiten des täglichen Lebens sind
solche Entscheidungen, die häufig vorkommen und keine schwer abzuändernden Auswirkungen
auf die Entwicklung des Kindes haben.

Zur Unterscheidung der beiden Bereiche:

 Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung              Angelegenheiten des täglichen Lebens
 Schule / Ausbildung                                    Schule / Ausbildung
 Wahl von Schule und Ausbildungsart,                    Entschuldigungen, Nachhilfe, Sonderveranstaltungen,
 Lehrer-Gespräche über gefährdete Versetzung,           Entscheidungen über Wahlfächer, Schulchor etc.
 Entscheidungen zur Berufsausbildung
 Gesundheit                                             Gesundheit
 Operationen (außer in Eilfällen),                      Behandlung leichter Erkrankung (z.B. Erkältung)
 med. Behandlungen mit erheblichem Risiko,              alltägliche Gesundheitsvorsorge,
 grundl. Entscheid. der Gesundheitsvorsorge             Routine-Impfungen
 Aufenthalt                                             Aufenthalt
 Grundentscheidung ü. Lebensmittelpunkt,                Aufenthalt im Einzelnen (Wohnsitz, Ferienlager,
 freiheitsentziehende Unterbringung                     Besuche bei Großeltern)
 Umgang                                                 Umgang
 Grundentscheidungen des Umgangs (ob und Di-            Einzelentscheidungen im täglichen Ablauf (Kontakte zu
 mension), z.B. mit Großeltern und Pflegeeltern         Nachbarn, Freunden und Verwandten)

(Nach D. Schwab, Elterliche Sorge bei Trennung und Scheidung, FamRZ 1998,457,469)
TRENNUNG
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Gerichtliche Sorgerechts-Entscheidungen
Wenn Eltern nach Trennung das gemeinsame Sorgerecht nicht ausüben wollen oder können,
entscheidet das Familiengericht nach folgendem Prüfungsschema (§ 1671 BGB):

 Sind beide Eltern einig darüber, wer das Sorgerecht künftig ausübt?

                                            Stellen Sie einen entsprechenden Antrag beim
   Nein               Ja                    Familiengericht und teilen Sie dabei mit, dass zwischen
                                            den Eltern Einigkeit über die beantragte Regelung
                                            besteht. Das Gericht entscheidet dann antragsgemäß.
                                            Nur wenn ein über 14-jähriges Kind nicht einverstanden
                                            ist oder eine Gefährdung des Kindeswohls vorliegt, ist mit
                                            Problemen zu rechnen.

Es ist ein ausführlich begründeter Antrag auf Übertragung des Sorgerechts erforderlich. Der
Antrag ist bereits zulässig, sobald eine Trennung vorliegt. Ein Ehescheidungsverfahren braucht
also nicht eingeleitet zu sein. Die Begründung muss darlegen, warum

           1.    eine gemeinsame Wahrnehmung des Sorgerechts nicht möglich ist und
           2.    gerade die beantragte Sorgerechtsregelung

dem Wohl des Kindes am besten entspricht. Es sind also alle drei Möglichkeiten (gemein-
sam/Mutter/Vater) gegeneinander abzuwägen. Da ein alleiniges Sorgerecht gleichzeitig für einen
Elternteil Entzug dieses Rechts bedeutet, müssen schon sehr schwerwiegende Gründe dafür
vorliegen, dass die Wahrnehmung des gemeinsamen Sorgerechtes – also die gemeinsame
Entscheidung über die Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung - nicht mehr möglich ist.

2. Kindesunterhalt
Der Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder richtet sich nach dem unterhaltsrechtlich bereinigten
Nettoeinkommen des zahlungspflichtigen Elternteils. Es muss derjenige Elternteil zahlen, der
nicht den überwiegenden Anteil an Betreuung und täglicher Versorgung erbringt. Der
Bundesgerichtshof hat dazu entschieden, dass an eine andere Aufteilung des Kindesunterhaltes
erst bei einer Betreuungs-Verteilung von annähernd 50% zu 50% möglich ist.

Der Unterhalt bemisst sich dann in der Regel nach der so genannten Düsseldorfer Tabelle, einer
von allen Amtsgerichten angewendeten Richtlinie für die Ermittlung von Kindesunterhalt.

Die Düsseldorfer Tabelle in der aktuellen Fassung mit einem Berechnungsbeispiel für den
Unterhalt finden Sie im Anhang ab Seite 33. Einzelheiten zur Einkommensermittlung und zur
Verfahrensweise bei Unterhaltsberechnungen finden Sie im Kapitel „Unterhalt“ ab Seite 24.

Der Bedarf volljähriger Kinder, die noch in Schulausbildung sind, richtet sich nach dem berei-
nigten Einkommen beider Elternteile. Bei Volljährigen sind beide Eltern anteilig nach ihren
Einkünften zur Zahlung verpflichtet. Häufig leistet hier aber ein Elternteil seinen Unterhalt durch
die Unterkunft und Verpflegung. Die Unterhaltsberechnung für Volljährige ist kompliziert. Hier
sollten Sie besser rechtlichen Rat einholen.
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       G & SCHEIDUNG – EIN LEITFADEN FÜR BETROFFENE IN TRENNUNGSSITUATIONEN            - 14
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3. Trennungsunterhalt
Sofern nach Abzug des Tabellen-Kindesunterhaltes beim zahlungspflichtigen Ehegatten noch ein
Einkommensunterschied zum Einkommen des erziehenden Elternteils besteht, ist im ersten
Jahr der Trennung in der Regel immer Trennungsunterhalt zu gewähren. Dem berechtigten
Ehegatten ist nach der herrschenden Meinung in der Rechtsprechung während der Trennung
(noch) nicht zuzumuten, eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen oder auszudehnen, um allein seinen
Lebensunterhalt zu bestreiten. Der Grund ist darin zu sehen, dass die Trennungszeit als
Übergangs- und Überlegungsphase anzusehen ist, in der noch die Möglichkeit auf Wieder-
herstellung der Lebensgemeinschaft besteht.

Für die Höhe des Trennungsunterhaltes gehen fast alle Familiengerichte davon aus, dass als
Ehegattenunterhalt eine Quote von 3/7 des nach Abzug des Kindesunterhalts nach Düsseldorfer
Tabelle verbleibenden bereinigten Nettoeinkommens zu zahlen ist. In Süddeutschland = Bezirke
OLG Bamberg, München, Nürnberg, Stuttgart, Zweibrücken) wird eine Quote von 45%
angewandt.

Erzielt der berechtigte Ehegatte bei der Trennung eigene Einkünfte, wird die Quote aus der
Differenz beider bereinigter Einkünfte gebildet.

Einzelheiten finden Sie im Kapitel „Unterhalt“ ab Seite 24. Ein Berechnungsbeispiel finden
Sie im Anhang auf Seite - 32 -.
TRENNUNG
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EHESCHEIDUNG
1. Voraussetzungen für die Einleitung des Verfahrens

Leben beide Eheleute bereits mindestens ein Jahr getrennt?

                                            Gibt es Gründe, die es für einen Ehegatten aufgrund des
                                            Verhaltens des anderen (Gewalt, Alkohol und andere
      Ja             Nein                   Süchte, Kindesmisshandlung) unzumutbar erscheinen
                                            lassen, weiter verheiratet zu sein?

                                                    Ja     Nein

                                                                              Trennungsjahr abwarten!

                                                 Ehescheidung möglich!

Wollen beide Eheleute geschieden werden?

                                            Gibt es Anhaltspunkte, die das Gericht davon
                                            überzeugen,     dass   noch   Chancen    auf   die
                                            Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft bestehen
                                            (Versöhnungsversuche, Gemeinsamkeiten)?
      Ja            Nein
                                                    Ja      Nein

                                                                              Ehescheidung möglich!

                                                Ehescheidung erst nach 3 Trennungsjahren oder
                                                vollständigem Fehlen von Gemeinsamkeiten für
                                                mindestens    ein  zusammenhängendes     Jahr
                                                möglich.

       Ehescheidung möglich!
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2. Kosten des Ehescheidungsverfahrens
Die gesamten Kosten richten sich nach den Verfahrenswerten für die Scheidung und die so
genannten Scheidungsfolgesachen. Das sind Familiensachen, die mit dem Scheidungsverfahren
zusammen geregelt werden können (Sorge- und Umgangsrecht, Versorgungsausgleich,
Unterhalt, Vermögen, Hausrat). Je geringer der Verfahrenswert = Streitwert, desto geringer die
Kosten. Der Hauptanteil der Kosten entfällt auf die Anwaltsgebühren. Die Gerichtskosten sind im
Verhältnis dazu relativ gering.

        Prüfen Sie deshalb, ob Sie Teilprobleme nicht außergerichtlich entweder
        ganz ohne anwaltliche Hilfe, mit Hilfe von Mediation oder nur mit Beratungs-
        unterstützung einer Anwältin oder eines Anwaltes bewältigen können. Für
        außergerichtliche Anwaltstätigkeit können Sie nämlich nach neuerem Ge-
        bührenrecht Zeithonorare vereinbaren, die eine hohe Kostentransparenz
        bieten und auch unter den gesetzlichen Gebühren nach dem Rechts-
        anwaltsvergütungsgesetz (RVG) liegen dürfen. Die Stundensätze der
        meisten Fachanwält/innen liegen zwischen € 150,00 und € 200,00 zzgl.
        MWSt. Dies entspricht in etwa auch den Kosten für Mediationsverfahren.

Einige Beispiele für die Errechnung von Verfahrenswerten:
- Ehescheidung:               3faches gemeinsames Nettoeinkommen, mind. € 2.000,00
- Sorge-/Umgangsrecht:        € 3.000,00
- Versorgungsausgleich:       je Vertrag 10% des Wertes der Ehescheidung, mind. € 1.000,00
- Unterhalt:                  12-facher Forderungsbetrag zzgl. geforderter Rückstand
- Vermögen:                   Wert der Forderung
- Wohnung + Haushalt:         € 2.000,00 – € 4.000,00
(Abweichungen sind - meist nach oben hin - möglich.)

Die Verfahrenswerte bilden den Ausgangspunkt für die Anwendung der Gebührentabellen (im
Anhang). Wenn mehrere Gegenstände in einem gerichtlichen Verfahren behandelt werden, sind
die Werte zusammenzurechnen. Für das Ehescheidungsverfahren fallen 2,5 (ohne Vereinbarung)
bis 3,5 (mit Vereinbarung) Rechtsanwaltsgebühren pro Rechtsanwältin/Rechtsanwalt zzgl. MWSt.
und Schreibauslagen an. Gebühren für außergerichtliche Tätigkeit werden teilweise angerechnet.
An Gerichtskosten werden in der Regel zwei Gerichtsgebühren erhoben, die im Normalfall je zur
Hälfte zu tragen sind. Beispielrechnungen finden Sie im Anhang auf Seite 30.

Beratungs- und Verfahrenskostenhilfe
Alle Kosten können bei schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen von der Staatskasse getragen
werden. In Abhängigkeit vom Einkommen kann die Hilfe als zinsloses Darlehen oder ohne
Rückzahlungsverpflichtung bewilligt werden.
Beratungshilfe erhalten Sie in Hamburg, Berlin und Bremen bei der Öffentlichen Rechtsaus-
kunfts- und Vergleichsstelle (ÖRA). In den anderen Bundesländern können Sie eine Anwältin
oder einen Anwalt Ihrer Wahl in Anspruch nehmen. Dafür erhalten Sie nach Darlegung Ihrer wirt-
schaftlichen und persönlichen Verhältnisse bei Ihrem Amtsgericht einen Berechtigungsschein.
Fragen Sie unbedingt vor der Beratung, ob ein Mandat gegen Beratungshilfeschein angenommen
wird. Die Gebühren sind viel niedriger als sonst, und nicht alle Anwältinnen und Anwälte arbeiten
zu diesen Konditionen.

Verfahrenskostenhilfe wird für Gerichtsverfahren gewährt und durch Ihre/n Rechtsanwäl-
tin/Rechtsanwalt bei Einleitung der Gerichtsverfahren direkt für Sie beantragt. Auch hier besser
erst fragen, ob das Mandat zu diesen Bedingungen angenommen wird!
TRENNUNG
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EHESCHEIDUNGSFOLGEN
Spätestens mit Einreichung des Ehescheidungsantrages sollten Sie sich darüber Gedanken
machen, ob bzw. wie Sie die so genannten Ehescheidungsfolgen vom Gericht geregelt haben
möchten. Als Ehescheidungsfolgen bezeichnet man die üblicherweise mit einer Scheidung
einhergehenden Probleme, die nicht schon mit der Trennung regelungsbedürftig werden:

                      ·     Versorgungsausgleich (Rentenausgleich)
                      ·     Ehegattenunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung
                      ·     Zugewinnausgleich (Vermögensauseinandersetzung)
                      ·     endgültige Entscheidung über Ehewohnung und
                            Haushaltsgegenstände

Alle Folgesachen, mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs, werden vom Gericht nur dann
bearbeitet, wenn einer der Eheleute einen entsprechenden Antrag stellt. Dieser Antrag ist bis
spätestens 2 Wochen vor dem Ehescheidungstermin zu stellen. In diesen Fällen ist anwaltliche
Vertretung unbedingt erforderlich. Es besteht nämlich „Anwaltszwang"!

Mit Ausnahme des Versorgungsausgleichs können Sie die Folgesachen auch noch nach der
Ehescheidung vom Gericht klären lassen. Dann werden sie isoliert vom Scheidungsverfahren
behandelt, man nennt sie deshalb „isolierte Folgesachen“.

Beachten Sie dabei aber unbedingt: Die Gerichts- und Anwaltskosten werden bei isolierter
Behandlung sehr viel höher. Deshalb kann es auch Probleme bei der Bewilligung von
Verfahrenskostenhilfe geben. Wählen Sie deshalb immer den kostengünstigeren Weg, wenn Sie
Verfahrenskostenhilfe in Anspruch nehmen!

1. Versorgungsausgleich
Beim Versorgungsausgleich handelt es sich um einen Ausgleich der von beiden Eheleuten
während der Ehe erwirtschafteten Altersversorgungen. Über diese Folgesachen wird das Gericht
bei allen Ehen ab 3 Jahren von Amts wegen tätig, sobald ein Ehescheidungsantrag vorliegt.
Wenn Eheleute den gesetzlichen Versorgungsausgleich nicht wollen oder eigene
Vereinbarungen dazu gefunden haben, muss dies dem Familiengericht vorab mitgeteilt werden.

Für beide Ehepartner wird sonst automatisch ermittelt, welche Altersversorgungen bis zur Ein-
leitung der Ehescheidung bereits entstanden sind. Dies können normale Renten bei der Renten-
versicherung Bund oder der Beamtenpensionskasse sein. Erfasst sind aber auch Betriebsrenten
und private Altersversorgungen. Die jeweiligen Versorgungsträger rechnen die auf die Ehezeit
entfallenden Renten auf Anforderung des Familiengerichts genau aus und teilen die Ergebnisse
mit.

Für den Versorgungsausgleich wichtig sind nur die während der Ehe entstandenen Altersversor-
gungen. Die für jeden Ehepartner während der Ehezeit entstandenen Werte werden hälftig
aufgeteilt, sofern der abzugebende Rentenanteil nicht eine jährlich neu festzulegende
Geringfügigkeitsgrenze unterschreitet (derzeit ca. € 30,45 Monatsrente oder ca. € 3.654,00
Kapitalwert). Dies geschieht bei gesetzlichen Renten, indem vom Rentenkonto der/des
Verpflichteten die Anzahl von Entgeltpunkten, die dem Ausgleichsbetrag der Rente entsprechen,
abgebucht und auf dem anderen Konto dazugebucht wird. Wie bei Umbuchungen auf dem
Girokonto erfolgt der Versorgungsausgleich zunächst nur auf dem Papier. Andere Versorgungen
werden aufgeteilt, indem für die Berechtigten aus dem Versorgungsausgleich eigene Anrechte
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bei den jeweiligen Versorgungsträgern oder einer eigens                       dafür 2010 eingerichteten
Versorgungsausgleichskasse begründet werden.

Die Auswirkungen zeigen sich aber erst bei Eintritt des Rentenfalls, wenn also im Alter oder bei
Erwerbsunfähigkeit auf die Versorgungen zugegriffen wird. Hier wird dann ein Ehepartner mehr
und der andere weniger Rente ausgezahlt erhalten, als dies ohne die Ehescheidung der Fall ge-
wesen wäre.

In folgenden Ausnahmefällen findet der Versorgungsausgleich nicht oder nur auf Antrag statt:

·      Die Eheleute haben notariell auf die Durchführung des Versorgungsausgleiches verzichtet
       oder verzichten unter Beteiligung von zwei Anwälten im Scheidungstermin zu Protokoll des
       Gerichts. Das Familiengericht prüft aber, ob durch diesen Verzicht ein Ehegatte evident
       benachteiligt wird. In diesem Fall kann der Verzicht nicht erfolgen.

·      Die Eheleute treffen eine Vereinbarung darüber, dass anstelle des Versorgungsausgleichs
       ein anderweitiger Ausgleich vermögensrechtlicher Natur erfolgt. Auch hierfür sind ein Notar
       oder zwei Anwälte im Scheidungstermin erforderlich.

·      Die Ehe der Betroffenen dauerte nicht mehr als 3 Jahre. Dann findet der Versorgungsaus-
       gleich nur auf Antrag eines Ehegatten statt. Anwaltliche Vertretung ist für diesen Antrag
       nicht erforderlich.

·      Der Wert des zu übertragenden Rentenanteils ist gering. Dies wird angenommen, wenn
       dieser Wert nicht mehr als einen Entgeltpunkt in der gesetzlichen Rentenversicherung
       entspricht. Derzeit (2018) entspricht dies einem Rentenbetrag von € 30,45. Bei anderen
       Versorgungen gilt dafür ein Kapitalwert von derzeit ca. € 3.654,00 als Grenze. Die exakten
       Beträge schwanken jährlich geringfügig. Fragen Sie dazu Ihre Anwältin/Ihren Anwalt oder
       Frau/Herrn Google unter den Stichworten „Versorgungsausgleich + Geringfügigkeitsgrenze“.

    Kostentipp:
    Solange nur die Ehescheidung selbst neben dem Versorgungsausgleich gerichtlich zu
    regeln ist, braucht auch nur eine Anwältin oder ein Anwalt vor Gericht aufzutreten.
    Wenn Sie also keinen Streit über die übrigen Scheidungsfolgen (mehr) haben, können
    Sie vielleicht Anwaltskosten einsparen, indem Sie sich im Scheidungsverfahren selbst
    vertreten oder sich die Kosten für die Anwältin oder den Anwalt teilen. Beachten Sie
    dabei aber: Wenn Sie selbst die Scheidung einreichen möchten, benötigen Sie hierfür
    anwaltliche Hilfe. Dann können Sie sich also nicht selbst vertreten. Für die
    Rechtsanwalts-Gebühren haften Sie allein. Wenn Ihr/e Ehepartner/in bereit ist, sich
    hieran zu beteiligen, sollten Sie sich dies kurz schriftlich bestätigen lassen.

2. Zugewinnausgleich
Mit der Zustellung des Ehescheidungsantrages endet der eheliche Güterstand der Zuge-
winngemeinschaft, sofern nicht durch Ehevertrag etwas anderes geregelt ist. Zu diesem Stichtag
entsteht ein Anspruch auf Ausgleich des Zugewinns, d.h. ein Anspruch auf Teilhabe an dem Ver-
mögenszuwachs des wirtschaftlich Stärkeren in der Ehe.

Ähnlich wie beim Versorgungsausgleich wird aufgelistet, über welche Vermögenswerte jeder
Ehegatte an diesem Stichtag verfügt.
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Zu den Vermögenswerten werden auch die Werte von Lebensversicherungen und Zahlungs-
ansprüche gegen Dritte gerechnet. Der Gesamtwert ist dann um Verbindlichkeiten zu reduzieren
und stellt das „Endvermögen“ dar.

In das Endvermögen muss zunächst alles eingestellt werden, was vorhanden ist. Es spielt
dabei keine Rolle, ob Vermögenswerte durch Erbschaft und Schenkung erworben oder
bereits mit in die Ehe gebracht wurden.

Diese zuletzt genannten Werte (Schenkungen, Erbschaften und in die Ehe gebrachte Vermö-
genswerte) stellen vielmehr zusammengerechnet das „Anfangsvermögen“ dar. Die
Formulierung ist etwas irreführend, weil dem Anfangsvermögen auch Schenkungen und Erb-
schaften nach dem Anfang der Ehe hinzugerechnet werden.

Das so ermittelte Anfangsvermögen wird dann vom Endvermögen abgezogen. Das Ergebnis die-
ser Berechnung stellt dann den auf beiden Seiten erwirtschafteten Zugewinn dar.

Sofern ein Ehepartner einen höheren Zugewinn erzielt hat, muss er dem anderen die Hälfte
dieses Mehrbetrages auszahlen.

 Achtung!
 Ein solcher Anspruch auf Zugewinnausgleich verjährt innerhalb von drei Jahren ab
 Rechtskraft der Ehescheidung!

Einfaches Beispiel für eine Berechnung des Zugewinnausgleichs:
 Ehefrau: Vermögen am Ende der Ehe                    Ehemann: Vermögen am Ende der Ehe
 Haus:                       100.000,00               Sparbuch:                      12.000,00
 Sparbuch:                    10.000,00               Lebensversicherung:             5.000,00
 Lebensversicherung:           2.000,00               Kontoüberziehung               -8.000,00
 Schulden:                   -50.000,00
 Endvermögen:                 62.000,00               Endvermögen:                    9.000,00

 Anfangsvermögen:                                  Anfangsvermögen:
 Grundstück für das Haus,                          Sparbuchguthaben bei
 kurz vor Scheidung geerbt:             -30.000,00 Eheschließung                      -5.000,00
 Sparbuch Geschenk der
 Eltern kurz vor Scheidung:             -10.000,00
 Zugewinn:                               22.000,00 Zugewinn:                          4.000,00

Zugewinnausgleich: Ehefrau hat € 18.000,00 mehr Zugewinn und muss die Hälfte, also
€ 9.000,00, als Zugewinnausgleich an den Ehemann zahlen.

Achtung!
Dies Beispiel ist vereinfacht, um das System für die Abrechnung deutlich zu machen. Alle
Anfangsvermögenswerte z.B. sind noch zu erhöhen um den Kaufkraftschwund seit Erwerb, bzw.
Eheschließung. Dafür werden die Lebenshaltungskostenindizes verwendet. Außerdem gelten bei
negativen Anfangs- und Endvermögen Besonderheiten. Ferner gelten komplizierte Regeln für
solche Fälle, in denen vor der Scheidung Manipulationen am Vermögen erfolgt sind. Schließlich
sind von der Rechtsprechung für die Bewertung von Schenkungen durch Schwiegereltern nicht
ganz übersichtliche Regeln entwickelt worden.

Wenn Sie nicht ganz sicher sind, selbst eine faire und gerechte Vermögensaufteilung
erreichen zu können, fragen Sie dazu unbedingt eine Anwältin oder einen Anwalt!
TRENNUNG
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3. Haushaltsgegenstände und Ehewohnung
Zusammen mit der Ehescheidung können Sie eine endgültige Regelung der Nutzungsverhältnis-
se an Haushaltsgegenständen und der Ehewohnung herbeiführen. Wenn es Ihnen bisher nicht
gelungen ist, eine Einigung zu erzielen, wird das Familiengericht die Eigentumsverhältnisse an
Haushaltsgegenständen klären und ggf. das Mietverhältnis neu gestalten.

 Achtung!
 Wenn Sie sich darüber einig sind, wer die ehemals gemeinsame Wohnung nach der
 Scheidung allein nutzen soll, muss dies dem Vermieter nach Ehescheidung mitgeteilt werden.
 Am besten verfassen Sie dafür ein gemeinsames Schreiben (Muster Seite - 29 -). Das
 Mietverhältnis geht dann gesetzlich auf den verbleibenden Ehegatten über. Der Vermieter
 kann sich hiergegen nicht wehren, hat allerdings ein Sonderkündigungsrecht bei wichtigem
 Grund (Zahlungsunfähigkeit, Störung des Mieterfriedens, etc.).

4. Ehegattenunterhalt ab Rechtskraft der Scheidung

Nach einer Ehescheidung besteht nur unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf
Ehegattenunterhalt, der in allen Fällen in der Höhe begrenzt und zeitlich befristet werden kann.

Hinweise zur zeitlichen Befristung und zur Begrenzung in der Höhe finden Sie im Kapitel
„Unterhalt“ ab Seite 24. Mit dem nachfolgenden Prüfungsschema können Sie zunächst
abklären, ob Sie überhaupt nach der Scheidung noch Unterhalt beanspruchen können.

Zum Unterhaltsanspruch dem Grunde nach:

Sind von Ihnen noch gemeinsame minderjährige Kinder unter 3 Jahren zu betreuen?

    Nein              Ja                Unterhalt wegen Kindererziehung =“Betreuungsunterhalt“
                                        oder „Basisunterhalt“. Eine Verpflichtung zur Erwerbstätigkeit
                                        besteht nicht.

Sind von Ihnen gemeinsame minderjährige Kinder zu betreuen, die älter als 3 Jahre sind?

    Nein             Ja
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