Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls - GRS

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Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls - GRS
Tschernobyl
    Fact Sheet

1 Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls
Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls - GRS
1       Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls

Beim Kernkraftwerk Tschernobyl handelt es sich um einen grafitmoderierten Siedewasser-
Druckröhrenreaktor vom Typ RBMK („Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalnyi“). Dieser Reaktortyp
wurde in der ehemaligen Sowjetunion entwickelt und dort an den Standorten Leningrad, Kursk,
Smolensk, Ignalina und Tschernobyl errichtet und betrieben. Die Anlagen in Ignalina (Litauen) und
Tschernobyl (Ukraine) sind inzwischen nicht mehr in Betrieb und befinden sich in Stilllegung. In
Russland sind noch 11 Blöcke an drei Standorten am Netz.

                                                    Der Reaktorkern mit einer Gesamthöhe von 7 m
                                                    und einem Durchmesser von 11,8 m besteht aus
                                                    etwa 2500 Grafitsäulen, zusammengesetzt aus
                                                    Blöcken unterschiedlicher Länge. In Vertikalen
                                                    Bohrungen in den Grafitsäulen sind die über 1600
                                                    Druckrohre, die Rohre für Regel- und
                                                    Schutzsysteme sowie die Kerninstrumentierung
                                                    untergebracht. Der Reaktorkern ist umgeben von
                                                    einem zylinderförmigen Metallgehäuse, welches
                                                    zusammen mit der oberen und unteren
                                                    Kernplatte den Reaktorbehälter bildet.
Abb.: Blick in den Reaktorsaal eines RBMK -
                                               Bei der Katastrophe von Tschernobyl handelte es
Quelle: http://www.vokrugsveta.ru/vs/article/114/
                                               sich um einen Reaktorunfall, der durch die
besonderen reaktorphysikalischen und sicherheitstechnischen Eigenschaften des RBMK und durch
gravierende menschliche Fehlhandlungen bedingt war. Die Fehlhandlungen sowie nicht beseitigten
Auslegungsmängel basierten im Wesentlichen auf unzureichender Sicherheitskultur.

Die Katastrophe im Block 4 des Kernkraftwerks Tschernobyl am 26. April 1986 ereignete sich, als die
Anlage für eine Revision abgefahren werden sollte. Während des Abfahrvorganges war vorgesehen,
einen bis dahin nicht durchgeführten Versuch nachzuholen, um bestimmte Sicherheitseigenschaften
für das Not- und Nachkühlsystem nachzuweisen. Der Versuch wurde – fälschlich – als rein
konventioneller Versuch im Bereich der Elektrotechnik ohne Rückwirkung auf den nuklearen Teil
angesehen.

Während der Versuchsdurchführung kam es am 26. April 1986 um 1:23 Uhr auf Grund
unvorhergesehener unzulässiger Anlagenzustände zu einem Leistungsanstieg, der durch die Regelung
nicht mehr kompensiert werden konnte. Die eingeleitete Handabschaltung führte durch die
konstruktiven Besonderheiten der RBMK-Steuerstäbe zu einer weiteren extremen
Leistungssteigerung. Dies führte zu einem extrem schnellen Anstieg der Energiefreisetzung in den
Brennelementen. Durch diese extrem schnelle Energiefreisetzung wurde der Reaktorkern vollständig
zerstört. Die im Brennstoff freigesetzte extreme Energie sorgte dafür, dass das umgebende
Kühlmittel sofort verdampfte. Der so entstandene plötzliche extreme Druckanstieg im Reaktorkern
führte zur Explosion des Reaktorbehälters. Die Reaktorleistung erreichte dabei mehr als den
100fachen Nominalwert. Der Zerstörung des Reaktorkerns folgten Grafitbrände. Es verbrannten 250
t Grafit. Durch die Explosion wurde die Reaktorhalle vollständig zerstört und es erfolgte eine massive
Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umwelt. Die massive Freisetzung dauerte 10 Tage. In der

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Literatur wird die unmittelbare Explosion teilweise unterschiedlich diskutiert, einschließlich der
Möglichkeit eines nuklearen Verlaufs. Die Mehrheit geht weiterhin von dargestellten Ablauf aus.

Abb.: Der zerstörte Block 4 (links) und Block 3 (rechts) des Kernkraftwerks Tschernobyl, Quelle: ChNPP

Durch den Brand wurde radioaktives Material in sehr hohe Luftschichten getragen. Die Ausbreitung
der kontaminierten Luftmassen wurde durch die vorherrschende Wetterlage (Luftströmungen)
bestimmt, die sich aus der großräumigen Luftdruckverteilung, den Windverhältnissen und den
Niederschlägen ergaben. Während der ersten Freisetzungsphase gelangten die radioaktiven Stoffe
durch den heißen Luftstrom des Grafitbrandes bis in eine Höhe von 1.200 m und wurden nordwärts
transportiert. In den weiteren Freisetzungsphasen nach der Löschung des Brandes hatten die
ausströmenden Gase eine niedrigere Temperatur, sodass der Auftrieb bis in Höhen von 200 bis 400
m erfolgte. Die Größe der aufgetretenen Kontamination resultiert aus der Intensität der Regenfälle
(Auswaschen der Radioaktivität aus der Luft), sodass es lokal zu unterschiedlichen Kontaminationen
kam.

Von Mai bis November 1986 wurde zur Isolierung des zerstörten Reaktors eine Stahl-/Beton-
Konstruktion, der heute bekannte Sarkophag errichtet. Wegen der extrem hohen Strahlung am
zerstörten Reaktor konnten bei den Bauarbeiten nicht alle Teile miteinander verschweißt oder
verschraubt werden. Sie wurden zum Teil nur aufeinander gesetzt. Der immer noch existierende
Sarkophag war als Provisorium für eine begrenzte Standzeit von 20 bis 30 Jahren konzipiert.

Die Hauptursachen des Unfalls waren: gravierende Mängel der reaktorphysikalischen Auslegung und
der Auslegung der Abschalteinrichtungen; ein politisches und organisatorisches System, welches
nicht in der Lage war, diese Mängel abzustellen, obwohl sie lange vor dem Unfall bekannt waren; ein
sicherheitstechnisch unzureichend durchdachtes und geprüftes Versuchsprogramm sowie eine
Betriebsführung und Bedienungseinrichtungen, die das Personal bei der Wahrnehmung seiner
Verantwortung für die Sicherheit überforderten. Nach dem Unfall wurden bei den noch in Betrieb
befindlichen RBMK viele sicherheitstechnische Verbesserungen und Nachrüstungen durchgeführt,
damit sich ein vergleichbarer Unfall nicht wiederholen kann.

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Tschernobyl
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2 Welches Leid hat das Unglück für die
    Menschen gebracht (und bringt es
    heute noch)?
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2      Welches Leid hat das Unglück für die Menschen gebracht (und bringt es
       heute noch)?

Beim Tschernobyl-Unfall wurden große Mengen an Radioaktivität (Radionuklide: insbesondere
Cäsium, Iod, Strontium und Plutonium) in die Umwelt freigesetzt. Diese führten zu
Strahlenbelastungen von Menschen außer- und
innerhalb      des     Körpers.     Für      einzelne
Bevölkerungsgruppen sieht die Strahlenexposition
verschieden aus (siehe Tabelle rechts). Zum
Vergleich: die jährliche durchschnittliche natürliche
Strahlendosis in Deutschland beträgt 2 bis 3 mSv.

Zur unmittelbaren Bekämpfung des Brandes und
Abdeckung des offenen Reaktorkerns von Block 4
wurden das Betriebspersonal des Reaktors,
Feuerwehrleute sowie Armeeangehörige eingesetzt.
Dieser Personenkreis erhielt zum Teil sehr hohe
Strahlendosen. Etwa 300 Personen wurden in
Krankenhäuser gebracht, 134 Personen zeigten
Symptome einer akuten Strahlenkrankheit mit
Schwäche, Erbrechen und Schwindel sowie
Hautverbrennungen. Trotz intensiver medizinischer
Bemühungen, zum Teil mit Knochenmarktransplan-
tationen in Spezialkliniken in Moskau und Kiew mit Hilfe amerikanischer Ärzte, starben 28 Personen
an der Strahlenkrankheit und den erlittenen Brandverletzungen innerhalb der ersten vier Monate
nach dem Unfall. Bis 1998 sind weitere 19 Überlebende aufgrund der erhaltenen Dosen verstorben.
Die IAEO geht von insgesamt 56 Toten aus, den vorab genannten 47 Katastrophenhelfern und
weiteren neun an Schilddrüsenkrebs verstorbenen Kindern aus dem Umfeld des Reaktors.

An den späteren Aufräumungsarbeiten beteiligten sich 200.000 bis 600.000 Liquidatoren. Die
erhaltene Dosis, die teilweise nur mit einem Messgerät je Arbeitsgruppe ermittelt wurde und starke
Unsicherheiten aufweist, lag maximal zwischen 100 und 500 mSv im Jahr; ein großer Teil dieser
Personengruppe erhielt eine viel niedrigere Dosis.

Neben den oben genannten akuten gesundheitlichen Strahlenschäden ist zusätzlich auf Grund der
Exposition durch radioaktive Stoffe das Risiko an Krebs zu erkranken für die Bevölkerung
insbesondere in der Umgebung von Tschernobyl und die evakuierten Gebiete erhöht. Zur Zahl der
durch den Tschernobyl-Unfall zu erwartenden zusätzlichen Todesfälle infolge von Krebserkrankungen
gibt es sehr unterschiedliche Angaben. So wurde z.B. im Jahr 2005 durch eine internationale
Expertengruppe die Zahl der Toten insgesamt auf ungefähr 4.000 geschätzt. Andere Abschätzungen
sprechen von bis zu 100.000 Toten.

1986 entschied eine medizinische Kommission über die Kriterien für die Evakuierungsmaßnahmen in
der heutigen 30-km-Zone. In den ersten Wochen der Evakuierung ging es primär darum, die
Einwohner und insbesondere Kinder und Schwangere, die in der unmittelbaren Umgebung des

          Stand: April 2018                                                                     1
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Kernkraftwerks lebten, vor der ionisierenden Strahlung (landläufig auch als radioaktive Strahlung
bezeichnet) zu schützen. Als Entscheidungskriterium für eine Evakuierung wurde in Tschernobyl die
gemessene Ortsdosisleistung herangezogen. Gebiete, in denen für Personen der Bevölkerung eine
zusätzliche Strahlendosis von über 5 mSv/a zu erwarten war, sollten zuerst evakuiert werden. Von
der ersten kurzfristigen Evakuierung am 27. April waren etwa 116.000 Personen betroffen. Am 2. und
3. Mai 1986 folgte dann eine zweite Evakuierungsphase aus der 10-km-Zone um den Unglücksreaktor
von rund 10.000 Personen. Ab 4. und 5. Mai 1986 wurde auch die 30-km-Zone um den Reaktor
evakuiert. Insgesamt wurden nach einem UN-Bericht beinahe 400.000 Menschen (150.000 in
Weißrussland, 150.000 in der Ukraine und 75.000 in der Russischen Föderation) zwangsweise oder
aus eigenem Antrieb umgesiedelt.

Die evakuierten Personen waren schätzungsweise einer durchschnittlichen Dosis von etwa 20 mSv
ausgesetzt. Für Bewohner der strikten Kontrollzonen (270.000 Personen) liegt die durchschnittliche
Dosis bei 50 mSv. Zwei Drittel der Menschen in weiteren kontaminierten Gebieten (6.400.000
Personen) empfingen eine Jahresdosis von weniger als 1 mSv, beim restlichen Drittel lag die Dosis
zwischen 1 und 10 mSv.

Für die Bevölkerungen in Nordeuropa betrug die berechnete Lebenszeitfolgedosis ca. 1 mSv und für
Westeuropa ca. 0,15 mSv. Auf Grund der in Deutschland festgestellten Strahlenbelastungen durch
den Tschernobyl-Unfall schließt das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) akute Strahlenschäden für
Personen in Deutschland aus (Zur Erinnerung: die jährliche durchschnittliche natürliche Strahlen-
exposition in Deutschland beträgt 2 bis 3 mSv. Die durchschnittliche Dosis aus Tschernobyl beträgt ca.
0,011 mSv (Wert aus dem Jahr 2014)).

Insgesamt gibt es in den Ländern Russland, Weißrussland und Ukraine ca. 7 Mio. anerkannte
„Tschernobyl-Betroffene“, davon in der Ukraine ca. 3 Mio. Menschen. „Tschernobyl-Betroffene“ sind
Personen, die durch den Reaktorunfall einen gesundheitlichen oder finanziellen Nachteil erlitten
haben. Sie werden je nach Schwere des Nachteils in 4 Kategorien eingeteilt.

Das BfS berichtet darüber, dass die vielen wissenschaftlichen Untersuchungen zu den Spätfolgen
nicht immer klar zeigen, ob und in welchem Umfang sich strahlenbedingte gesundheitliche Schäden
auf den Tschernobyl-Unfall zurückführen lassen. Lediglich bei Schilddrüsenkrebserkrankungen sowie
bei höher belasteten Liquidatoren gibt es diese Korrelation. Anerkannt als andere (nicht strahlenin-
duzierte) Folgen des Unfalls sind bei der betroffenen Bevölkerung aber vermehrte Stresssymptome,
Depressionen, allgemeine Angstzustände sowie nicht erklärbare Krankheitssymptome.

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Tschernobyl
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3 Welche Auswirkungen hatte es auf die
    Umwelt (und hat es heute noch) – auch
    in DEU?
Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls - GRS
3      Welche Auswirkungen hatte es auf die Umwelt (und hat es heute
       noch) – auch in DEU?

Die Explosion des Reaktorkerns in Tschernobyl führte dazu, dass auch Kernbrennstoffe wie
Plutonium-239 (Pu-239) und Radionuklide wie Strontium-90 (Sr-90) aus dem Reaktor in die
Umgebung der Anlage geschleudert wurden. Der anschließende mehrtägige Brand des Grafits mit
Temperaturen von weit über 2000 Grad Celsius transportierte die leichter flüchtigen Radionuklide
wie Iod und Cäsium in große Höhen der Atmosphäre, von wo sie sich mit Höhenwinden über große
Gebiete bis nach Mitteleuropa ausbreiteten.

                                                                               Abb.: Hauptausbrei-
                                                                               tungsrichtung vom
                                                                               27.4 bis 1.5. 1986
                                                                               sowie vom
                                                                               2.5 bis 10.5.1986
                                                                               Quelle: GRS

                                                                               Die bis zum 6. Mai
                                                                               1986 freigesetzte
                                                                               Menge der radioak-
                                                                               tiven Stoffe – ohne
                                                                               Berücksichtigung
                                                                               der meist kurzlebi-
                                                                               gen Edelgase und
                                                                               des Tritiums – wur-
                                                                               de 1986 mit
1,8x1018 Bq abgeschätzt, bei einer Unsicherheit von ± 50 %.

Von den 190 t bestrahlten Kernbrennstoffs, der sich zur Zeit der Explosion im Block 4 des
Kernkraftwerks Tschernobyl befand, befinden sich noch etwa 96 % innerhalb des Sarkophags. Etwa
0,5 bis 1 % sind am Standort bis ca. 500 m Entfernung vom Sarkophag überwiegend als fein
dispergierte Teilchen, aber auch als Trümmerstücke des Reaktorkerns, verstreut. Ein weiterer Anteil
von etwa 1,5 % befindet sich in Form von fein verteilten Teilchen in einem Gebiet mit einem Umkreis
von 80 km, der größte Teil davon jedoch in der 30 km Sperrzone um das Kraftwerk. Der restliche Teil
von etwa 1,5 % wurde in Form von fein verteilten Teilchen durch atmosphärische Ausbreitung z.T.
über weite Entfernungen fortgetragen.

Außerhalb der Sperrzone in Tschernobyl werden Gebiete in Russland, Weißrussland und der Ukraine
mit einem hohen Cäsium-137 (Cs-137) Aktivitätsniveau der obersten Bodenschicht (≥ 37 kBq/m2) als
kontaminiert definiert und unterliegen daraufhin der sogenannten radiologischen Kontrolle. Das
betrifft nach offiziellen Angaben in Weißrussland eine Fläche von etwa 46.500 km2, in Russland von
57.000 km2 und in der Ukraine von 41.800 km2 (einschließlich Sperrzone).
Die Nuklidzusammensetzung in den radioaktiven Wolken änderte sich mit der Entfernung zum
Reaktor.

          Version: April 2018                                                                        1
Ursachen und Ablauf des Reaktorunfalls - GRS
In unmittelbarer Nähe wurden die weniger flüchtigen Elemente, wie Strontium (z. B. Sr-90) oder
Plutonium (z. B. Pu-239), abgelagert.

Abb.: Kontamination durch Sr-90 (links) bzw. Pu-239 und 240 in der
      unmittelbaren Umgebung von Tschernobyl – Quelle: GRS

Vor allem Cäsium- und Iod-Isotope wurden dagegen über weite Strecken transportiert.

Abb. Cäsium-137 Kontaminationen in Ukraine, Weißrussland und Russland nach dem Reaktorunfall von Tschernobyl
     sowie von Fukushima Daiichi (gleicher Maßstab) Quelle: TEPCO

Aus radioökologischer Sicht stellt der im Süd-Osten des Standortes gelegene Kühlteich ein
bedeutendes Objekt dar. Mit einer Länge von 11,4 km, einer Breite von 2 km und einer
durchschnittlichen Tiefe von 6 bis 20 m besitzt er eine Wasserkapazität von ca. 149 Mio. m3. Durch
den Unfall wurde er stark kontaminiert. Radioaktive Teilchen und „Hot Particles“ wurden durch die
radioaktive Wolke in den Kühlteich eingebracht. Hinzu kommen ca. 5.000 m3 stark kontaminierten
Wassers, das in den Kühlteich gepumpt wurde. Messungen zeigen, dass die Kontamination

            Version: April 2018                                                                                2
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heutzutage hauptsächlich aus Cäsium-137 und Strontium-90 besteht, wobei über 90% im Sediment
gebunden sind. Aus dem Kühlteich fließen jährlich größere Mengen (zwischen 3,6 und 14 GBq)
Strontium-90 in den Fluss Pripyat.

Für die Auswirkungen von Strahlung auf Flora und Fauna sind die äußere Bestrahlung und die
Aufnahme von Radionukliden in den Organismus sowie die sehr unterschiedlich ausgeprägte
Strahlenempfindlichkeit der Organismen bestimmend.

In der Nähe des Kraftwerks wurden in einem angrenzenden Waldstück große Mengen radioaktiver
Partikel abgelagert. Dieser Wald wurde massiv geschädigt. Vor allem die Kiefern in der näheren
Umgebung des Unfallortes starben in den Wochen und Monaten nach dem Unfall völlig ab
(sogenannter "Roter Wald"). Für diesen Bereich wurden die höchsten Energiedosen (> 10 Gray)
abgeschätzt. Im weiteren Bereich, in dem die Energiedosen etwas niedriger (3 - 10 Gray) lagen, gab
es deutlich erkennbare Schäden an den Kiefern. Andere Baumarten, wie Espen, Birken und Eichen in
der Nachbarschaft der geschädigten Kiefern, zeigten keine oder nur geringe Symptome. Viele der
geschädigten Kiefern gingen in den folgenden Jahren ein. Krautige Pflanzen hingegen zeigten kaum
sichtbare Schäden.

In Bezug auf den Transfer vom Boden in die Pflanze sind in der Sperrzone die Nuklide Cs-137, Sr-90
und Pu-239 zu betrachten, wobei letzteres nur eine sehr geringe Transferrate aufweist. Für die
Kontamination von Waldprodukten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen außerhalb der Sperrzone
ist hingegen nur noch das langlebige Cs-137 von Bedeutung.

Durch unterschiedliche Maßnahmen bei der Agrarbewirtschaftung wie die Anwendung von
Düngemitteln, Kartierung der Kontamination und Leitlinien für die Weidehaltung des Viehs,
Herstellung von Silofutter aus Mais anstelle von Heu, Umstellung der Verarbeitung von Milch usw.
konnte die Kontamination der erzeugten Lebensmittel um einen Faktor von 2 bis 50 reduziert
werden. In 2006 war die Kontamination von Nahrungsmitteln auf einen Wert gesunken, bei dem die
durchschnittliche Individualdosis 1 mSv pro Jahr im Verzehrsfall nicht mehr überschritten wird. Die
Menge der landwirtschaftlichen Produkte, die die von der Ukraine, Russland und Belarus
festgelegten Grenzwerte für den Handel überschreiten, ist äußerst gering, so dass 30 Jahre nach dem
Unfall Nahrungsmittel wieder ohne große Einschränkungen produziert werden konnten.

                                Abb.: In Maronenröhrlingen werden noch mehr als 1.000 Bq Cs-137 pro kg gemessen
                                Quelle: BfS

                                Die Kontamination von Wildfleisch ist, ähnlich wie bei wild
                                wachsenden Pilzen, im Vergleich zu landwirtschaftlichen Produkten
                                immer noch deutlich erhöht. Für die Kontamination von
                                Waldprodukten und landwirtschaftlichen Erzeugnissen ist heute in
                                Mitteleuropa nur noch das langlebige Cs-137 von Bedeutung. In höher
                                kontaminierten Gebieten Süddeutschlands wurden in Semmelstop-
                                pelpilzen, Pfifferlingen und Steinpilzen noch erhöhte Mengen Cs-137
                                gefunden (Werte aus dem Jahr 2013).

                          Im Rahmen des bundesweiten Routinemessprogramms zur
Überwachung der Umweltradioaktivität (IMIS) wurden im Fleisch von Hirschen maximal 74 Bq/kg, in
Rehen 430 Bq/kg gemessen (Werte aus 2012). Die höchsten Cs-137-Aktivitäten wurden bei

          Version: April 2018                                                                                3
Schwarzwild gemessen (ca. 9.800 Bq/kg im Muskelfleisch von Wildschweinen). Der Spitzenwert
betrug etwa 65.000 Bq/kg und wurde 1998 im Bayerischen Wald festgestellt.

Im Vergleich: EU-weit gilt für alle Lebensmittel ein Höchstwert von 600 Bq/kg. Liegt die Aktivität über
diesem Wert, ist eine Vermarktung nicht zulässig.

Die Ukraine und auch Weißrussland haben die 30 km Sperrzone von Tschernobyl in ihrer Ausdehnung
bis heute nicht verändert. Es gab und gibt zwar immer wieder diesbezügliche Diskussionen und
Vorschläge, praktisch gibt es aber keine gemeinsam tragbare Strategie oder Roadmap. Lediglich
einzelnen älteren Leuten hat man zwischenzeitlich aus humanitären Gründen gestattet, in die Zone
zurückzukehren und dort zu verbleiben. Andererseits gibt es ausgewählte Vorschläge und
Einzelfallentscheidungen zur wirtschaftlichen Nutzung in der Zone. Gedanken zur Errichtung eines
Naturschutzgebietes sind ebenso zu vernehmen.

          Version: April 2018                                                                        4
Tschernobyl
    Fact Sheet

4 Welche Sanierungsarbeiten fanden und
    finden am Unglücksort statt?
4      Welche Sanierungsarbeiten fanden und finden am Unglücksort statt?

 Sofortmaßnahmen, Dekontamination, Errichtung von Lagern für radioaktive Abfälle

 Die benachbarten drei Blöcke des KKW Tschernobyl, die sich zum Zeitpunkt des Unfalls in Betrieb
 befanden, wurden innerhalb von 24 Stunden abgeschaltet. Die endgültige Außerbetriebnahme
 erfolgte jedoch erst Jahre später (Block 1: 1996, Block 2: 1993 und Block 3: im Dezember 2000).
 Aktuell wird die Stilllegung der Blöcke organisiert oder vorbereitet.

 Weitere Sofortmaßnahmen erfolgten zur Eindämmung der Folgen des Unfalls. Dazu zählte das
 Löschen von Bränden, insbesondere auf dem Dach des Maschinenhausdaches, da von hier die Gefahr
 einer Weiterverbreitung des Brandes in Richtung der benachbarten Blöcke 1-3 ausging. Zur
 Verringerung der Freisetzung von radioaktiven Stoffen und zur Abdeckung des vollständig zerstörten
 Reaktorschachts wurden im Ketteneinsatz von über 30 Militärhubschraubern Materialien in das
 Reaktorgebäude geworfen, um den Grafitbrand zu löschen. Zu diesen Materialien gehörten etwa 40 t
 Borkarbid, um eine erneute Kettenreaktion zu verhindern, 800 t Dolomit zur Verringerung der
 Wärmeentwicklung und zum Ersticken des Grafitbrandes, 2.400 t Blei zur Verringerung der
 Wärmeentwicklung und zur Abschirmung der Gamma-Strahlung sowie 1.800 t Sand und Lehm als
 Filtermaterial für die freigesetzten radioaktiven Stoffe. Unterhalb der Reaktorgrube wurde eine
 Stickstoffkühlsystem installiert, wodurch sich die Temperatur und die Freisetzungen weiter
 verringerten. Als zusätzliche Sicherungsmaßnahme wurde unterhalb des Reaktorfundaments ein
 Wärmetauscher in einer horizontalen Betonplatte installiert. Die gesamte Masse an im Block 4 nach
 dem Unfall verbliebenem bestrahltem Kernbrennstoff aus der Kernladung, die ursprünglich aus 1.659
 Brennelementen mit insgesamt 190 t Brennstoff bestand, wurde auf etwa 96 %, d.h. mehr als 180 t
 abgeschätzt.

 Die Umgebung des zerstörten Blocks 4 einschließlich der angrenzenden Gebäudestrukturen wurde
 von z.T. hochaktiven herausgeworfenen Anlagenteilen und Materialien gesäubert. Der Boden um den
 Block 4 wurde ca. 5-10 cm abgetragen und gelagert. Danach wurden Betonplatten verlegt bzw. es
 erfolgte eine Aufschüttung mit sauberem Material welches mit filmbildendem Material abgedeckt
 wurde.

 Es wurden drei Oberflächenendlager für die radioaktiven Abfälle des Störfalls errichtet. Das dritte zu
 den beiden oben erwähnten ist das auch heute noch in Betrieb befindliche Endlager „Buryakowka“.
                                                       Die drei Standorte wurden für die Lagerung von
                                                       „höher“ aktivem Abfall ausgelegt, im Gegensatz
                                                       zu den nur als “temporäre” Lagereinrichtungen
                                                       bezeichneten anderen Lagern für radioaktive
                                                       Abfälle aus der Störfallbeseitigung in der
                                                       gesamten 30km Zone. Zusammen mit den im
                                                       Block 4 verbliebenen kernbrennstoffhaltigen
                                                       Materialien      sind     die       in      den
                                                       Oberflächenendlagern     gelagerten     Abfälle
                                                       entsprechend ihrer Kategorisierung nach
                                                      internationalen Standards perspektivisch in
Abb.: Endlager - Quelle: Ref No. Q3143-A2, Greenpeace
International                                         einem entsprechenden geologischen Endlager

           Version: April 2018                                                                      1
sicher zu verwahren. Allerdings wurde zur Entsorgung dieser Abfälle noch keine endgültige
Entscheidung getroffen.

Sarkophag

Um das stark beschädigte Gebäude von Block 4 zu sichern und von der Umwelt zu isolieren und
damit den Weiterbetrieb der anderen Reaktorblöcke zu ermöglichen, wurde der „Sarkophag“
(Stahl/Beton-Konstruktion) um den zerstörten Block 4 errichtet, die am 30. November 1986, nach
knapp 6 Monaten Bauzeit, fertig gestellt wurde. Ein ursprünglicher Entwurf sah eine Verfüllung mit
Beton vor, wie auf der Abbildung zu sehen.

                                                                Die Hauptkonstruktionsteile des
                                                                Sarkophags sind:
                                                                (A) Rohrkonstruktion;
                                                                (B) Südliche Paneele;
                                                                (C) Südliche “Hockey-Sticks”
                                                                (D) B1/B2 Träger;
                                                                (E) Der Mammont-Träger
                                                                (F) Oktopus Träger.
                                                                Abb.: Hauptkonstruktionsteile des Sarkophags
                                                                Quelle: www-pub.iaea.org/mtcd/
                                                                publications/pdf/pub1239_web.pdf

Aufgrund der besonderen Situation
erfolgte die Projektierung in kürzester
Zeit und konnte sich nicht auf genaue
Kenntnisse der Situation vor Ort
abstützen. Teile der neu errichteten
Konstruktion     stützen    sich    auf
Trümmern des zerstörten Blockes ab
und mussten zum großen Teil
fernbedient montiert werden, sodass
sie nicht immer präzise in den
vorgesehenen Positionen abgesetzt
wurden.     Auch     konnten     einige
wesentliche Bauteile nicht verschraubt Abb.: Der Sarkophag (Im Hintergrund Blöcke 3-1)
                                           Quelle: www.chaes.ho.ua/avaria/posledstvia/chernobil_shelter.jpg

                                                  oder verschweißt, sondern nur aufgesetzt werden.
                                                  Die Konstruktion des Sarkophags besteht aus
                                                  monolithischen Stahlbetonwänden von bis zu einigen
                                                  Metern Dicke und einer Höhe von bis zu 60 m.
                                                  Zwischen den Blöcken 3 und 4 wurde eine
                                                  Trennwand errichtet. Auf der nördlichen Seite wurde
                                                  eine Kaskadenschutzwand aus Beton errichtet, in die

                                                       Abb.: Bestandteile des Sarkophags - Quelle: GRS
           Version: April 2018                                                                                 2
auch radioaktive Trümmer eingeschlossen wurden.

Der Sarkophag wurde als Sofortmaßnahme für eine begrenzte Standzeit von 20 bis 30 Jahren
konzipiert. Der Sarkophag ist nicht als ein isolierendes Bauwerk zu verstehen. Die Konstruktion
schließt den zerstörten Block lüftungstechnisch nicht dicht ab. Auch ist das Innere nicht vollständig
von Einflüssen von außen, wie z.B. durch Niederschläge, geschützt.

Shelter Implementation Plan (SIP)

Kernpunkte eines mit internationaler Unterstützung entwickelten Maßnahmenplans, der als „Shelter
Implementation Plan“ (SIP) bezeichnet wurde sind u.a. die Stabilisierung des Sarkophags und die
Errichtung eines neuen Einschlussbauwerks, des „New Safe Confinement“ (Neuer Sicherer Einschluss
- NSC). Der SIP umfasst 22 Aufgaben, die 5 wesentlichen Aufgaben zugeordnet wurden. Ziel des SIP
ist es, die Ukraine bei der Schaffung eines "umwelttechnisch sicheren Einschlusses" für den 1986
verunfallten Block 4 des KKW Tschernobyl zu unterstützen. Der Betrieb des NSC, der Rückbau des
alten Sarkophags und die Beseitigung der darin enthaltenen radioaktiven Abfälle sind dagegen nicht
Bestandteil des SIP.

Stabilisierung

Um die bereits unmittelbar nach der Errichtung des Sarkophags offensichtlichen strukturellen
Mängel teilweise zu beseitigen, wurden bis 2008 die wichtigsten Stabilisierungsmaßnahmen
durchgeführt. Eine dieser Maßnahmen war die Stabilisierung der westlichen Auflage der Träger
B1/B2 und eine Lastreduzierung der Dachkonstruktion auf der Westwand. Als eine der letzten
                                                    Maßnahmen erfolgte die Reparatur der
                                                    Dachkonstruktion des Sarkophags. Die
                                                    ukrainische     atomrechtliche  Behörde
                                                    erlaubte       eine Betriebsdauer des
                                                    Stabilisierten Sarkophags von 15 Jahren.
                                                    Danach sind die nicht durchgeführten
                                                    Stabilisierungsmaßnahmen nachzuholen,
                                                    oder es muss eine Demontage der
                                                    einsturzgefährdeten Teile erfolgen. Wie
                                                    wichtig die Überwachung des Sarkophags
                                                    selber auch weiterhin ist, zeigt der
                                                    teilweise Einsturz des Maschinenhaus-
Abb.: Stabilisierter Sarkophag - Quelle: ChNPP      dachs im Februar 2013.

New Safe Confinement (NSC)

Das „New Safe Confinement“ (NSC) stellt ein Schlüsselelement des SIP mit einer Lebensdauer von
100 Jahren dar. Das bogenförmige NSC mit zwei senkrechten Wandteilen an der Ost- und Westseite
ist ca. 260 m breit, insgesamt ca. 165 m lang und ca. 110 m hoch. Es besteht aus einer doppel-
wandigen Konstruktion, die nach Innen und Außen abgedichtet wird. Die jeweils äußeren Lagen be-
stehen aus Edelstahlblech. Die Montage des NSC erfolgte auf einer speziell dazu eingerichteten
Montageplattform vor der Südwand des Sarkophags. Dadurch konnten die Anforderungen an den
Strahlenschutz und die Zugangsregelungen vereinfacht werden.

          Version: April 2018                                                                      3
Abb.: Das NSC in der Montageposition am 10. Dezember 2015 (Blick in Richtung Westen)
   Quelle: http://chnpp.gov.ua

Zur weiteren Reduzierung der Dosis des Montagepersonals wurde zwischen Sarkophag und Mon-
tageplattform eine Abschirmwand errichtet.

Abb.: Der Sarkophag mit Abschirmwand und dem Technologiegebäude des NSC im Vordergrund links
am 21. Januar 2016 - Quelle: http://chnpp.gov.ua

           Version: April 2018                                                                 4
Abb.: NSC nach der Verschiebung und Positionierung über dem Block 4 – Blick aus östlicher Richtung - Quelle ChNPP

Das NSC umschließt auf der Ost- und Westseite die bestehenden Baustrukturen des Sarkophags bzw.
der Grenzstruktur zwischen den Reaktorblöcken 3 und 4. Diese Baustrukturen bilden den äußeren
Abschluss.
Das NSC ermöglicht den Einschluss des zerstörten Blocks. Es soll die Bedingungen für Demontage und
Bergung radioaktiver Materialien bis zu einem ökologisch sicheren Zustand schaffen. Eine
Lüftungsanlage soll die Luftfeuchtigkeit im Zwischenraum der Konstruktion unter Kontrolle halten,
sowie eine Druckstaffelung von außen nach innen erzeugen, damit keine Radioaktivität entweicht.
Das installierte Hauptkransystem mit 96 m Spannweite, welches im Inneren der Bogenkonstruktion
angebracht ist, soll u.a. die Demontage von instabilen Teilen des Sarkophags und einen späteren
Abbau des zerstörten Reaktorblocks ermöglichen. Im November 2016 wurde die bogenförmige
Konstruktion des NSC erfolgreich über den zerstörten Block 4 geschoben und positioniert. Die
restlichen Arbeiten zur Fertigstellung des NSC (z.B. Abdichtungsarbeiten, Montage des
Lüftungssystems, Durchführung der notwendigen Abnahmen und Tests usw. sollen in Jahr 2018
abgeschlossen werden.

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Tschernobyl
    Fact Sheet

5 Wie ist der Stand der internationalen
    Finanzierung (Chernobyl Shelter Fund
    und Nuclear Safety Account)?
5       Wie ist der Stand der internationalen Finanzierung (Chernobyl
        Shelter Fund und Nuclear Safety Account)?
Im Jahr 1997 haben die G7 Staaten und die Europäische Union der Ukraine Unterstützung für die
Überführung des KKW Tschernobyl (Block 4) in einen ökologisch sicheren Zustand zugesagt. Die
Unterstützungszusage wurde seit dem mehrfach durch die G7 erneuert. Die Geberstaaten haben mit
der Projektabwicklung die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBWE) beauftragt.
Wichtige Projekte sind die neue Schutzhülle von Block 4 (NSC) sowie das Brennelement Zwischen-
lager ISF-2. Beide Projekte nähern sich der lange erwarteten Fertigstellung Ende 2018 bzw. in 2019.

Die internationale Finanzierung der Tschernobyl-Projekte stützt sich im Wesentlichen auf die beiden
durch die EBWE verwalteten Fonds, den Chernobyl Shelter Fond (CSF) und den Nuclear Safety
Account (NSA). Der CSF finanziert Maßnahmen mit Blick auf den havarierten Block 4. Aus diesem
Fonds wird der neue sichere Einschluss (New Safe Confinement (NSC)) finanziert. Der NSA finanziert
Entsorgungseinrichtungen; hierzu zählt das Projekt zur Zwischenlagerung abgebrannter
Brennelemente aus dem KKW Tschernobyl, die Intermediate Storage Facility ISF-2. Beide Projekte
werden überwiegend durch die G7 sowie die EU finanziert.
                                                                         2010 wurde eine Kosten-
                                                                         schätzung vorgelegt, die
                                                                         die Kosten zur Fertigstel-
                                                                         lung des NSC und weiterer
                                                                         SIP-Projekte           auf
                                                                         1,5 Mrd. EUR bezifferte.
                                                                         Mit der Geberkonferenz
                                                                         von 2011 in Kiew gelang
                                                                         es die Finanzierungslücke
                                                                         zu schließen. Zur gleichen
                                                                         Zeit konnte ein Defizit
                                                                         beim NSA zur Finanzierung
                                                                         des Brennelemente Zwi-
                                                                         schenlagers ausgeglichen
                                                                         werden. Hierzu benötigte
Abb.1: Blick auf das NSC über dem Sarkophag aus westlicher Richtung im Sommer
2017 - Quelle: ChNPP
man weitere 140 Mio. EUR.

Bis zum Stichtag 31. Oktober 2014 hatte sich nach       Chernobyl Shelter Fund (CSF)          Zusagen für
                                                        Gesamt                             gesamten CSF (ca.)
einer endlich belastbaren Kostenschätzung eine
                                                        Gelder der G7/EU-KOM                 1,3 Mrd. EUR
erneute Finanzierungslücke von 615 Mio. EUR auf-
                                                        Beiträge anderer Geberstaaten        0,41 Mrd. EUR
getan. Der Gesamtfinanzierungsbedarf für das
NSC und übrige SIP-Projekte stieg damit auf ca.         Zinsgewinne des Fonds                0,11 Mrd. EUR

2,15 Mrd. EUR, Kosten in Folge von Zeitverzö-           CSF-Gesamtsummen                     1,82 Mrd. EUR

gerungen allerdings nicht inbegriffen.                  + Projektgebundene Zuschüsse
                                                                                             0,5 Mrd. EUR
                                                        der EBWE (nicht CSF Bestandteil)
Im Rahmen der Geberkonferenz vom
                                            Tabelle 1: Gesamtzusagen für den CSF Stand 31.Okt. 2017
29.04.2015 in London konnte unter deutscher
G7-Präsidentschaft die Weiterführung des Projekts gesichert und diese Finanzierungslücke

           Version: April 2018                                                                                  1
geschlossen werden. Die Gesamtzusagen für den CSF beliefen sich im Oktober 2017 auf 1,82 Mrd. €.
Hinzu kommen 0,5 Mrd. € projektgebundene Zuschüsse der EBWE.

Beim NSA bestand Ende 2014 noch eine Finanzierungslücke von ca. 105 Mio. EUR, die erst anlässlich
                                           der Geberversammlung vom 08. Dezember 2017
Nuclear Safety Account(NSA)  Zusagen für
Gesamt                      gesamten NSA   geschlossen werden konnte.

Gelder der G7/EU-KOM                   329,6 Mio. EUR        Die Gesamtzusagen für den NSA beliefen sich im
Beiträge anderer Geberstaaten          73,3 Mio. EUR         Dezember 2017 auf 494 Mio. € (davon entfallen etwa
Rückzahlung AREVA                       45 Mio. EUR          2/3 auf Ukraine-Projekte). Hinzu kommen 177 Mio. €
Zinsgewinne des Fonds                  46,4 Mio. EUR                                                projektgebundene
                                         494,3 Mio.                                                Zuschüsse     der
NSA-Gesamtsumme                                               Tabelle 2: Gesamtzusagen für den NSA
                                            EUR                                                    EBWE.
+ Projektgebundene Zuschüsse
                                       177 Mio. EUR
der EBWE (nicht NSA Bestandteil)

Anmerkung: Der gesamte NSA beinhaltet über UKR hinaus Projekte in BUL, LIT und RUS; EBWE nimmt jedoch keine deutliche Trennung vor.
Die Ausgaben für Projekte der UKR nehmen ca. 2/3 des Projektvolumens ein.

Anteil Deutschlands an CSF und NSA

Deutschland war von Anbeginn maßgeblich am Zustandekommen der beiden Fonds CSF und NSA
beteiligt. Der G7-Gipfel vom
Juli 1994 in Neapel brachte
den entscheidenden Durch-
bruch. Der Ukraine wurde ein
Aktionsplan zur Unter-
stützung der Stilllegung des
gesamten KKW Tschernobyl
angeboten. Mit dem „Memo-
randum of Understanding on

the Closure of the Chernobyl   Abb.2 und 3: „Kalter“ Test der Belademaschine für doppelwandige Behälter mit
                               abgebrannten Brennelementen zur Einlagerung im Trockenlager ISF-2 im Januar
Nuclear Power Plant“ (MoU)     2018 Quelle: ChNPP
vereinbarten die G7
zusammen mit EU-KOM und der Ukraine am 20. Dezember 1995 die Unterstützung der Ukraine im
Gegenzug zur Schließung des KKW Tschernobyl bis zum Jahr 2000.
                                                                    Größter finanzieller Geber beim CSF und NSA ist
          CSF und NSA                DEU Anteil aus Zusagen
                                                                    die Europäische Union, gefolgt von den USA.
 Fondsbeiträge DEU aus                  ca. 158 Mio. EUR
 Haushalt BMU                         (davon ca. 123 Mio. €
                                                                    Dahinter kommt Deutschland als drittgrößter
  im Rahmen der G7                        für Ukraine)              Geber, gefolgt von Frankreich. Diese Rangfolge
 Finanzanteil DEU aus Zusagen                                       ergibt sich in Summe der direkten Beiträge
                                        ca. 99,6 Mio. EUR
 der EU-KOM
 Shareholderanteil DEU aus                                          sowie aus den indirekten Anteilen durch
 Zinsgewinnen+ Zuschüssen                ca. 82 Mio. EUR            Beiträge zum EU-Haushalt und Anteilen an der
 EBWE
                                                                    EBWE.
 Gesamtbeteiligung DEU                 ca. 339,6 Mio. EUR

             Version: April 2018                                                                                                 2
Tabelle 3: Überblick über direkte und mittelbare Beteiligung Deutschlands an CSF und NSA

Anmerkung: Der gesamte NSA beinhaltet über UKR hinaus Projekte in BUL, LIT und RUS; EBWE nimmt jedoch keine deutliche Trennung vor.
Die Ausgaben für Projekte der UKR nehmen ca. 2/3 des Projektvolumens ein.

Zusammen mit seinen G7-Partnern und im Einvernehmen mit den übrigen Anteilseignern der EBWE
trug Deutschland erheblich dazu bei, das Gelingen der Tschernobyl-Projekte finanziell abzusichern.

Die EBWE beziffert die Kosten für das ISF-2 weiterhin mit ca. 380 Mio. EUR. Schwierigkeiten bereitet
vor allem die Unsicherheit des Wechselkurses für noch ausstehende Ausgaben. Diese basieren auf
zumeist in USD abgeschlossenen Verträgen, die seinerzeit mit ca. 1,41 USD gegen 1 EUR kalkuliert
wurden. Die EBWE geht in ihrer Schätzung von einem zusätzlichen Finanzbedarf von rd. 105 Mio. EUR
aus. Dieses Finanzierungsdefizit wurde im Rahmen einer Geberkonferenz im Dezember 2017 in
London geschlossen. Deshalb hat sich auch Deutschland im Rahmen der G7 bereit erklärt, noch in
2018 anteilig rd. 2,9 Mio. EUR zum NSA Fonds beizusteuern.

Der deutsche Beitrag aus dem Tschernobyl-Titel für den CSF und NSA (Ukraine-Teil) wird mit
derAuszahlung der Rate in 2018 einen direkt geleisteten Umfang von ca. 123,15 Mio. € erreichen.

             Version: April 2018                                                                                                 3
Tschernobyl
    Fact Sheet

6 Wann sollen welche Arbeiten
    abgeschlossen sein und wie ist die
    Perspektive an dem Standort (inkl. 30
    km Zone)
6    Wann sollen welche Arbeiten abgeschlossen sein und wie ist die Perspektive
     an dem Standort (inkl. 30 km Zone)
Unfallreaktor, Sarkophag, Shelter (SIP/NSC)
Die ursprünglich geplanten Termine zum Zeitpunkt der Entwicklung des SIP haben sich um mehr als
10 Jahre verschoben. Mittlerweile sind aber alle Arbeiten in Gang gekommen und verlaufen nach
dem zwischenzeitlich angepassten Plan. Die nachstehende Tabelle gibt eine zeitliche Perspektive.

Etappe    Meilensteine                                                               Zeitraum

          Reduzierung der Auswirkungen des Unfalls:
          Errichtung des Sarkophags                                                26. April 1986
0         Mit ca. 7 Monaten Bauzeit war die Errichtung des Sarkophags unter              bis
          schwierigsten Bedingungen sowie massivem Zeitdruck eine                  30. November
          organisatorische,   wenn   auch     nicht    technisch   perfekte             1986
          Meisterleistung.
          Meilenstein 1: SIP: Stabilisierung
          Die Folge war eine wesentlich geringere Standzeit als man unter
          normalen Bedingungen hätte technisch erreichen können. Daher
1                                                                                   2004 - 2008
          mussten vor dem geplanten Bau des NSC eine Reihe von Standzeit
          verbessernden Stabilisierungsmaßnahmen getroffen werden. Auch
          die bestmögliche provisorische Abdichtung (nicht zu 100 % machbar)
          des Dachs war dringend erforderlich.
          Meilenstein 2: SIP: Bau des Neuen Sicheren Einschlusses
          Die Hauptmaßnahme des zweiten Projektabschnitts des SIP, die Er-
          richtung des NSC begann mit der Vorbereitung der Errichtungszone
          im Sommer 2010. Seit Mai 2015 standen die zusammengekoppelten
          Hälften der ca. 30.000 t schweren Stahlkonstruktion in Warteposi-
          tion. Inneneinrichtung samt Rohrleitungen, Überwachungssystemen            2010 bis
2         und dem Hauptkransystem wurden inzwischen montiert. Bevor Ende
                                                                                    2018/2019
          November 2016 das „Schieben“ über den Sarkophag erfolgte, konn-
          ten rechtzeitig die „End Walls“ und zugehörige Versorgungsgebäude
          errichtet werden. Herausforderungen gab es bei den weiteren Arbei-
          ten, insbesondere bei der Befestigung der Membrane zur Abdichtung
          des Belüftungsringraums, bei der Installation des Lüftungssystems
          und der Elektrik, sowie bei der umfangreichen Abnahme und
          Prüfaktivitäten. Die Fertigstellung soll jetzt bis Ende 2018 erfolgen.
          Meilenstein 3: SIP: Abbau der instabilen Teile des Sarkophags
          Zur Fertigstellung des NSC gehört ebenfalls als ein Hauptziel der
          Abbau der instabilen Teile des Sarkophags. Diese Arbeiten werden als     Frühestens ab
3
          Grundvoraussetzung für die Gewährleistung der zugesicherten               Mitte 2018
          Eigenschaft einer Standzeit von 100 Jahren betrachtet. Weniger
          kritische Vorarbeiten wie das Abtragen des Metalldachs des
          Maschinenhauses konnten jedoch begonnen werden.
          Meilenstein 4:
4         Bergung der kernbrennstoffhaltigen Materialien, Endlagerung und            bis 2117
          Rückbau des Sarkophags.

         Version: April 2018                                                                        1
Entsorgung bestrahlter Brennelemente
Eine wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit der Stilllegung und dem Rückbau des KKW Tschernobyl
ist die Entsorgung der aus dem Betrieb angefallenen bestrahlten Brennelemente (BE), die sich derzeit
nahezu vollständig im Nasslager „Interim Spent Fuel Storage Facility“ (ISF-1) am Standort befinden.

Die Planung sieht eine trockene Zwischenlagerung der Brennelemente in Lagerbehältern in der Nähe
des KKW Tschernobyl für einen Zeitraum von bis zu 100 Jahren vor. Bis zur Inbetriebnahme des im
Wesentlichen durch die G7 finanzierten und noch fertigzustellenden neuen Langzeit-Zwischenlagers
(Interim Storage Facility - ISF-2) wird das am Standort bereits bestehende Nasslager ISF-1 für
bestrahlte Brennelemente als Interimslager genutzt.

          Anlage,
Kürzel                          Zweckbestimmung
          Bemerkung

                                Das ISF-1 wurde zwischen 1983 und 1986 als eigenständiges Nasslager
              Aktuelle          für bestrahlte RBMK-Brennelemente aus den Reaktoren des KKW
              Situation         Tschernobyl errichtet und im September 1986 in Betrieb genommen.
                                Geplante Betriebszeit waren 30 Jahre. Mittlerweile wurde die
           Interim Spent        Betriebserlaubnis unter Auflage regelmäßiger Sicherheitsüberprüfungen
 ISF-1
            Fuel Storage        bis 2026 verlängert.
           Facility (ISF-1)     Insgesamt 5 Lagerbecken mit einer Gesamtkapazität von rd. 22.000 BE-
                                Lagerpositionen stehen zur Verfügung. Aktuell werden ca. 23.000
                                Lagerpositionen benötigt, was auch die Nutzung der Reservekapazitäten
                                erforderlich macht.
                                Das neue Langzeit-Zwischenlager, die „Intermediate Storage Facility“
                                (ISF-2) soll das bisherige Nasslager ISF-1 so bald wie möglich ersetzen.
 ISF-2    Ziel
                                Rd. 22.000 Brennelemente müssen von dort umgeladen werden.
                                Geplante Betriebszeit 100 Jahre.

          Bild:
          Probebeladung
          mit einem DWSC
          Lagerbehälter
 ISF-2
          im Dezember
          2017
          Quelle: ChNPP

                                Herausforderungen bei der Auslegung bzw. Funktionstüchtigkeit von
                                Komponenten der Innenausstattung und –ausrüstung verzögern die Fer-
                                tigstellung des Prozessgebäudes nun bis voraussichtlich Ende 2018. Der
 ISF-2    Zeitplan
                                Umladeprozess der Brennelemente von ISF-1 in ISF-2 wird sich nach
                                späterer Inbetriebnahme der Anlage insgesamt über mehr als 7 Jahre
                                hinziehen.

          Version: April 2018                                                                         2
Entsorgung radioaktiver Abfälle im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen 1986
Nach dem Unfall am 26. April 1986 blieb sehr wenig Zeit, um ein sorgfältiges Entsorgungskonzept
auszuarbeiten und entsprechend ausgelegte Anlagen zur Zwischen- und Endlagerung zu errichten. Im
Rahmen von Sofortmaßnahmen zur Eindämmung der Unfallfolgen musste vor allem der nähere
Bereich um den zerstörten Block 4 so schnell wie möglich dekontaminiert werden. Hierzu schaffte
man außer temporären Lagern drei Oberflächenendlager mit ausreichenden Kapazitäten.

 Name         Anlage / Bemerkung                     Zweckbestimmung / Fotos / Beschreibungen

              Buryakowka
              Auch noch im Zu-
              sammenhang mit
              der Errichtung des
              NSC geborgene ra-
              dioaktive Abfälle aus
Burya-        der Unfallzeit, sowie
kowka         Abfälle aus den Re-
              paraturarbeiten
              nach Teileinsturz des       Abb.: Teil des Lagers Buryakowka mit 2 Parzellen in Vorbereitung
              Maschinenhaus-              Quelle: ChNPP
              dachs von Block 4           Das Lager besteht aus 30 Parzellen mit einer Kapazität von je ca.
              wurden hier einge-          15.000 – 23.000 m3, die mit einer Versiegelung gegenüber dem
              lagert.                     Grundwasser versehen sind. Hier werden Abfälle mit einer
                                          Dosisleistung von bis zu 10 mSv/h gelagert.
                                          Z.T. hochaktive ausgeworfene Anlagenteile und Materialien aus
                                          Block 4 und Umgebung wurden im Rahmen der Sofortmaßnah-
Podles-
                                          men in das Lager „Podlesnyi“ transportiert.
nyi                  Podlesnyi
                                          Bei einer Kapazität von 50.000 m3 für 8 Module wurden bis En-
                                          de 1989 2 Module teilweise gefüllt. Gelagert wurden 12.000 m3
                                          radioaktive Abfälle mit einer Dosisleistung bis zu 0,5 – 2,5 Sv/h.
                                          Der Boden um Block 4 wurde in einer Schicht von ca. 5-10 cm
Kom-
                   Kompleksnyi            abgetragen und in Containern in das Lager „Kompleksnyi“ der 3.
pleksnyi
                                          Ausbaustufe des KKW Tschernobyl verbracht.

                                          Außer den genannten drei Anlagen wurden innerhalb der 30-km
Sponta-                                   Sperrzone ca. 800 Flächen zu Lagerstätten für die spontane und
ne und                                    temporäre Lagerung von radioaktiven Abfällen deklariert. Hier-
tempo-                                    zu gehören auch etliche komplette ehemalige Ortschaften wie z.
räre                                      B. Chistogalovka, die evakuiert wurden und seither für unbe-
              Abb.: Arbeiten in Chisto-
Lagerung      galovska - Quelle: ChNPP
                                          wohnbar erklärt sind. Zur Überwachung des Grundwassers wur-
                                          den im Sperrgebiet 235 Beobachtungsbrunnen gebohrt.

Künftige Veränderungen in Struktur und Nutzung der 30-km Zone
Die Reduzierung der 30-km Sperrzone um Tschernobyl in ihrer Gesamtheit und eine mögliche
Nutzungsänderung waren bereits mehrfach Thema bei der ukrainischen Regierung. Präsident
Poroshenko hatte das Ministerkabinett mit dem Erlass "On the Measures related to the 30th
Anniversary of the Chernobyl Disaster” vom 14.12.2015 angewiesen, die Grenzen der 30-km Zone
unter dem Gesichtspunkt der Einrichtung eines Biosphären-Reservats neu zu bewerten und dabei
• die von radioaktiver Kontamination des Tschernobyl Desasters betroffenen Gebiete auszuweisen,

           Version: April 2018                                                                               3
• eine sorgfältige Bestandsaufnahme des Gebiets vorzunehmen und
• das Land katastermäßig zu vermessen und für Eigentumsrechte zu registrieren.

Die Regierung bereitete Vorschläge zur Selbstfinanzierung der Exclusion Zone vor. Zu diesem Zweck
werden Möglichkeiten der Einbindung der Zone in den allgemeinen Wirtschaftskreislauf gesucht.

Konkrete Formen hat inzwischen das von den USA unterstützte Projekt des zentralen Lagers für
abgebrannte Brennelemente (Central Spent Fuel Storage Facility, CSFSF) angenommen. Mit
Ausnahme von Saporishshja sollen dort die Brennelemente der ukrainischen WWER-Anlagen (Typen
1000 und 440) Riwne, Südukraine und Chmelnyzky gelagert werden. Die geplante Kapazität umfasst
insgesamt mehr als 16.500 Brennelemente (2/3 davon aus WWER-1000 Blöcken) über vier Stufen.
Der erste Abschnitt für 3.600 Brennelemente soll noch 2018 genehmigt werden. Auch verglaste
hochradioaktive Abfälle aus russischem Rücklauf sollen dort eingelagert werden. Die Kosten sollen
sich durch den Verzicht auf die Lagerung des ukrainischen Kernbrennstoffs in Russland innerhalb
weniger Jahre amortisieren.

                                                                       Auch zur Nutzung regene-
                                                                       rativer Energie gibt es
                                                                       konkrete Projekte sowie
                                                                       weitere Ausbaupläne für
                                                                       die Sperrzone. Hierzu ge-
                                                                       hört die Inbetriebnahme
                                                                       eines Photovoltaik-Kom-
                                                                       plexes mit einer Leistung
                                                                       von 1 MW direkt neben
                                                                       dem KKW Tschernobyl.
                                                                       Erbaut wurde die Anlage
                                                                       mit Hilfe des Konsortiums
                                                                       Rodina und der deut-
Foto: Solar Chernobyl                                                  schen Enerparc AG.

Das ukrainische Umweltministerium plant darüber hinaus erweiterte Kapazitäten in der Sperrzone
mit Anlagen von bis zu insgesamt 1 GW. Für ein weiteres Projekt mit ca. 100 MW liegen der
Verwaltung der Tschernobyl-Sperrzone bereits zahlreiche Bewerbungen vor. In der Ausschreibung
wurden geeignete Parzellen zur Vermietung über 49 Jahre angeboten.

            Version: April 2018                                                                4
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