Blätter aus dem Thurgauer Wald
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Bl ä t t e r a u s d e m T h u r g a u e r Wa l d Informationen für Waldeigentümer und Forstreviere 28. Jahrgang, Nr. 3, August 2021
Edit or i a l
Geschätzte Leserinnen und Leser
Nasses, eher kühles Wetter – für die Landwirt- Sei es in Form einer Altholzinsel (die in die-
schaft und auch den Tourismus nicht wirklich sem Heft beschriebene Schrandle als Bei-
erfreulich. Im Wald zeigt dieses Wetter aber spiel) oder in Form einer traditionellen Wald-
seine positiven Seiten: Borkenkäfer reagieren korporation, die sich den Herausforderungen
auf das herrschende Wetter mit einer Verzö- der Zukunft stellen muss. So wird die Wald-
gerung in ihrer Entwicklung. So treten im Ver- korporation Güttingen, welche dieses Jahr ihr
gleich zum letzten Jahr in Thurgauer Wäldern 250-Jahr-Jubiläum feiert, in mehreren Aus
bis jetzt geringere Schäden auf und weniger gaben der «Blätter» von verschiedenen Sei-
Schadholz fällt an. Es ist zu hoffen, dass die- ten her beleuchtet.
ser positive Effekt anhält. Mit Daniela Straub und Walter Ackermann
Trotz des Wetters, welches es einem schwer werden in dieser Ausgabe zwei langjährige
macht, an eine Klimaerwärmung zu glauben, Mitarbeitende in ihre wohlverdiente Pension
machen sich Förster und Wissenschaft fit für verabschiedet. Pensionierungen haben immer
den Wald der Zukunft. In einer Weiterbil- zwei Seiten. So bringen neue Angestellte fri-
dungsveranstaltung für die Thurgauer Förster sche Ideen mit. Andererseits geht, gerade
diesen Juni in Homburg wurde die praktische wenn ein langjähriger Revierförster pensio-
Anwendung der Tree-App, die den Förster bei niert wird, viel Fachwissen verloren. So wurde
der zukünftigen Baumartenwahl auf der Flä- der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen
che unterstützen soll, geübt und Vor- und auch dank des Wissens und langjährigen En-
Nachteile der App wurden erläutert. Auf drei gagements von Walter Ackermann 2016 der
Testflächen konnte die App durch die Förster Binding Waldpreis, der damals bestdotierte
unter fachkundiger Begleitung ausprobiert Umweltpreis, verliehen. Lesen Sie in diesem
werden und Vorschläge für Baumarten, wel- Heft, was die Bürgergemeinde Basadingen-
che in der Zukunft auf unseren Standorten Schlattingen mit dem Preisgeld alles erreicht
mit geänderten Standortbedingungen gedei- hat.
hen können, wurden diskutiert.
Woher kommt aber geeignetes Saatgut, Schliesslich wünsche ich Ihnen – geschätzte
falls die vorhandene Verjüngung nicht aus- Leserinnen und Leser – eine abwechslungsrei-
reicht oder man die Baumartenvielfalt am che Lektüre mit den BTW und einen hoffent-
Standort erhöhen möchte? Europaweit gibt es lich etwas trockeneren, schönen Spätsommer.
Projekte zur Erhaltung der genetischen Vielfalt
der einheimischen Baumarten. Schweizweit
werden für die in den jeweiligen Kantonen
wichtigen Baumarten Generhaltungsgebiete
ausgeschieden. Durch eine Sicherung der ge-
netischen Vielfalt bei Bäumen möchte man so
für zukünftige klimatische Veränderungen ge-
rüstet sein. Lesen Sie hierzu den Artikel in
diesem Heft ab S. 5.
Die Ausrichtung auf zukünftige Wälder ist
ein wichtiges Thema, genauso wertvoll sind Sandra Horat
aber Aspekte der Erhaltung und Bewahrung. Redaktorin BTW
BTW 3/2021 3Inha lt Forstamt und Forstdienst Generhaltungsgebiete im Thurgauer Wald 5 Tree-App – Baumartenempfehlung im Klimawandel 8 Die Schrandle – Der Zauberwald der Bürgergemeinde Kreuzlingen 10 Der neue Waldentwicklungsplan Thurgau ist in Kraft 12 Bienenbehausungen am Waldrand und im Wald 14 Revierbesuche von Carmen Haag 16 Zur Pensionierung von Daniela Straub 18 Zur Pensionierung von Walter Ackermann 19 Aus Verbänden und Branchen Gefragter und erfolgreicher Forstnachwuchs 20 Geschäftsführer Lignum Ost: Eine interessante Tätigkeit? 21 Diverses Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen, Nachschau Binding Waldpreis 2016 23 250 Jahre Waldkorporation Güttingen – Die Eiche im Güttinger Wald 24 Der Güttinger Eichenweg ist einen Ausflug wert 27 4 BTW 3/2021
Forstamt und Forstdienst
G enerh a l t u n g s g eb i ete i m Thu rg au e r Wal d
Generhaltungsgebiete dienen der langfristi- mischen Generhaltung erfüllen. Bedeutende
gen Erhaltung der genetischen Vielfalt von Generhaltungsleistungen können dadurch ak-
Baumarten. Um eine optimale Dokumentation tiviert werden. Mittel- bis längerfristig findet
der Baumarten zu gewährleisten, werden die eine koordinierte Sicherung jeder Art über ihr
Baumarten sowohl im nationalen Generhal- ganzes Verbreitungsgebiet statt und ein sys-
tungsgebiete-Kataster als auch in der euro- tematisches Monitoring demografischer und
päischen Generhaltungsgebiete-Datenbank genetischer Veränderungen ist gewährleistet.
EUFGIS verzeichnet.
Genetische Vielfalt erhalten
Das Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz Mit der Naturverjüngung bleiben in der Regel
nutzt Synergien mit bestehenden Schutzge- heimische, an den Standort angepasste und
bieten, insbesondere Waldreservaten, welche genetisch vielfältige Baumpopulationen er-
bereits teilweise Aufgaben im Sinne der dyna- halten. Wo die natürliche Verjüngung von
Das Vorgehen zur Festlegung und Ausscheidung von Generhaltungsgebieten wurde für die Schweiz in einem
Projekt festgelegt. Auszug aus dem Factsheet 1, Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz, GCU_FS1_d/07.11.2019
BTW 3/2021 5Forstamt und Forstdienst
die genetische Vielfalt und Anpassungsfähig-
keit der Baumarten von zunehmender Bedeu-
tung.
Da die Verbreitungsgebiete der Arten über
die Landesgrenzen hinausgehen, stützt sich
die Erhaltung forstlicher Genressourcen auf
eine paneuropäisch koordinierte Strategie ab.
Die Schweiz ist Mitglied des Programmes und
wirkt in den EUFORGEN-Arbeitsgruppen mit
(ETHZ/BAFU). Die Ausscheidung von Waldreser-
vaten, die als Generhaltungsgebiete dienen,
wird als eine wichtige Massnahme zur Siche-
rung und Beobachtung ausgewählter Populati-
onen der Baumarten vorgesehen. Die Aus-
scheidung von Generhaltungsgebieten erfolgt
in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen.
Autochthone Schwarzpappel im Schäffäuli, Neunforn.
Foto: Ruedi Lengweiler Welche Baumarten sind betroffen?
Zielbaumarten sind primär wichtige Haupt-
Waldbäumen und -sträuchern, die genetische baumarten der Schweiz, aber auch einige be-
Nachhaltigkeit oder die angestrebte geneti- deutende, ausgewählte Nebenbaumarten. Sie
sche Vielfalt nicht genügt, kann es aber sinn- entsprechen den europaweit priorisierten
voll sein, gezielte und ergänzende Pflanzun- Arten (EUFORGEN-Modellarten). Die Ausschei-
gen durchzuführen. Angesichts der erwarteten dung der Baumarten wurde in drei Stufen
Umweltveränderungen wie Klimawandel sind vorgenommen:
Acht Generhaltungsgebiete der 1. Baumartenserie im Kanton Thurgau (Stand 15.06.2020).
Karte: Generhaltungsgebiete Schweiz, Generhaltungsgebiete TG
6 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
Eibenbestand im Waldreservat Wellenberg, Hüttlingen. Foto: Ruedi Lengweiler
–– Serie 1 (2013 ff ): Tanne, Buche, Fichte, Das Ausscheiden von Generhaltungsgebieten
Arve, Schwarzpappel, Elsbeere, Eibe. für weitere Baumarten durch die Kantone ist
–– Serie 2 (2016 ff ): Waldföhre, Lärche, möglich und wird durch das Projekt beratend
Bergahorn, Esche, Traubeneiche, Stiel unterstützt.
eiche, Flaumeiche. Ruedi Lengweiler
–– Serie 3 (2020 ff ): in Diskussion Abteilung Planung und Beiträge
Zielbaumart Lokalname Teilflächen Schutzgebietstyp Fläche (ha)
Tanne –
Fichte Basadinger Wald Samenerntebestand 155,0
Buche Seerücken Dietenhuserhau NWR 130,0
Althau NWR
Hinterholz SWR
Speckbachtobel SWR
Schwarzpappel Thurauen Schäffäuli NWR / SWR 48,3
Schwarzmeerli
Wuer
Hau-Äuli
Wyden
Underwyde / Chuesteli
Elsbeere Mammernwald NWR / SWR 273,1
Wellenberg 223,0
Eibe Mammernwald NWR / SWR 273,1
Wellenberg 223,0
Höllwald 66,2
Hörnli ZH
Gesicherte Generhaltungsgebiete im Thurgau der 1. Serie in Samenerntebeständen, Naturwaldreservaten (NWR)
und Sonderwaldreservaten (SWR). Tabelle: Generhaltungsgebiete Schweiz, Generhaltungsgebiete TG
BTW 3/2021 7Forstamt und Forstdienst
Weiterbildung für das Thurgauer Forstpersonal:
Tree-App – Baumartenempfehlung im Klimawandel
Ursprünglich geplant für Frühjahr 2020, coro-
nabedingt aber verschoben, fand am 4. Juni
2021 für die Thurgauer Förster ein Kurs zur
praktischen Anwendung der Tree-App, eines
Hilfsmittels, um den Wald klimafit zu machen,
statt.
Ein erster Kurs zu diesem Thema im Herbst
2019 vermittelte den Förstern die theoreti-
schen Grundlagen (vgl. BTW 3/2019). Da seit
dem ersten Kurs eineinhalb Jahre vergangen
sind, wurden die damals vermittelten Inhalte
in der Heubode-Schüür bei Homburg durch Als Kursverantwortlicher führte Roman Schnyder
Monika Frehner, die bei der Entwicklung die- durch die Veranstaltung.
ses Tools beteiligt war, nochmals kurz erläu-
tert und Weiterentwicklungen der Grundlagen den, schlägt die App eine Palette von Baum
und Modelle der zur Übung vorgesehenen arten vor, die auf diesem Standort mit den
Tree-App vorgestellt. Der Kanton Thurgau ist sich ändernden Klimabedingungen zurecht-
nach dem Kanton Luzern der zweite Kanton, kommen. Mittels Standortsansprache sieht
in dem diese Web-Anwendung praktisch aus- der Förster, welche Baumarten im Jungwuchs
probiert werden kann. bereits heute vorhanden sind. Nun unter-
stützt ihn die App bei der Wahl, welche der
Praktische Übungen an drei Waldstandorten vorhandenen Baumarten förderungswürdig
Die rund 30 Teilnehmenden wurden in Grup- sind und welche auf diesem Standort eher
pen aufgeteilt und durften einen Parcours mit keine Zukunft haben. Durch die Wahl mehre-
drei Standorten im Gebiet Grooswald bei rer Baumarten kann das Risiko eines Total-
Homburg absolvieren. Das Ziel der Übungen ausfalles für die Zukunft verkleinert werden.
war, erste praktische Erfahrungen mit der App Förster oder Försterinnen können so das na-
zu machen. Ist der korrekte Standort gefun- türlich vorhandene Baumartenpotenzial opti-
Waldstandort: Typischer Waldhirsen-Buchenwald. Die Teilnehmenden mussten mithilfe der App
beurteilen, welche Baumarten der natürlichen Verjüngung sie als zukunftsfähig ansehen und welche nicht.
Alle Fotos: Sandra Horat
8 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
mal nutzen und allenfalls weitere Baumarten
zur Ergänzung vorschlagen.
Tücken der Technik
Für die Übung wurde eine eigens dafür er-
stellte Testversion, der die Waldstandortkar-
tierung des Thurgaus hinterlegt ist, zur Ver
fügung gestellt. Da die App auf die ganze
Schweiz ausgelegt ist, erschienen bei den
Baumartenempfehlungen Baumarten, die z.B.
im Tessin eine Option sind, nicht aber im Mit-
telland. Auch greift die Tree-App zurzeit auf Monika Frehner bei der Betreuung eines Übungs
die von Fachleuten seinerzeit im Feld kartierte standortes.
Standortkarte und die automatisch berechne-
ten Vegetationshöhenstufenkarten zur Herlei- –– Die App ist für die ganze Schweiz gemacht,
tung der Baumartenempfehlung zu, was im was dazu führt, dass die Besonderheiten
Übergangsbereich von einer zur nächsten Ve- einzelner Regionen nicht abgedeckt sind.
getationshöhenstufe dazu führen kann, dass –– Wünschenswert wäre, dass dem Förster
der kartierte Waldstandort innerhalb der be- alle forstlich relevanten Daten in einer An-
rechneten Vegetationshöhenstufe nicht vor- wendung wie ThurGIS zur Verfügung stehen
kommt. Im Moment ist hier keine Empfehlung würden.
möglich. Die gesammelten Verbesserungsvor-
schläge aus der Weiterbildung werden an die Damit eine bessere Einschätzung der jeweils
Entwickler gemeldet. Zusätzlich besteht die vorgeschlagenen Baumartenpalette gemacht
Möglichkeit, auf kantonaler Ebene Anpassun- werden kann, ist geplant, dass das Bundes-
gen vorzunehmen. amt für Umwelt für die einzelnen Baumarten
Baumartenporträts zur Verfügung stellt.
Fazit und Ausblick Für die Thurgauer Forstwarte wurde ein
–– Ein erstes Üben mit der App war möglich ähnlicher Kurs angeboten, bei dem das Ge-
und ein Einordnen der Möglichkeiten der wicht stärker auf die standörtlichen Grundla-
App konnte stattfinden. gen gelegt wurde. Die Tücke bei der Tree-App
–– Die App ist als Hilfsmittel für den Förster ist nämlich die Einfachheit ihrer Anwendung,
zur Standortbestimmung und Wahl zukünf- die in zwei Minuten erklärt ist. Dies lässt ver-
tiger Baumarten gedacht. muten, dass wohl nicht allzu viel hinter der
Baumartenempfehlung steckt. Dabei basiert
die Baumartenempfehlung auf Klimamodel-
len, auf der modellierten Ausbreitung einzel-
ner Baumarten unter Berücksichtigung des
Klimawandels und Experteneinschätzungen
zu einzelnen Baumarten. Und selbst mit so
viel geballtem Waldbauwissen auf dem Smart-
phone ist weiterhin eine fachliche Einschät-
zung der Baumartenempfehlung unter Einbe-
zug der Lokalkenntnisse unabdingbar.
Sandra Horat
Die Teilnehmenden bei der Anwendung der Tree-App. Forstamt
BTW 3/2021 9Forstamt und Forstdienst
Die S c h r a n d l e – D er Zau b erwald d er Bürge rge me in de
K r eu z l i n g e n
Auf der leichten Anhöhe zwischen Bätershau- Forstamt und der Waldeigentümerin, der Bür-
sen und den Bommer Weihern steht sie, die gergemeinde Kreuzlingen, auf mindestens
Schrandle – eine Insel grosser, alter Bäume 25 Jahre hinaus als Altholzinsel von Holznut-
mitten in jüngeren, intensiv gepflegten Wald- zungen verschont. Dass dieser Wald seinen
beständen. So ganz anders sieht es hier aus urigen Charakter aber bis heute erhalten hat,
als sonst bei uns im Wald. Grüne Gräser be- ist einer Serie von gleich vier Glücksfällen zu
decken den Waldboden, darunter knacken verdanken.
Äste geheimnisvoll. Zwischen dem Grün liegt
und steht viel Totholz herum. Urtümliche Glücksfall 1: Zu abgelegen für die Holz
Baumriesen fallen auf, dazu auch teilweise nutzung
schiefe oder mehrstämmige Bäume. Im Som- Bis 1935 waren die Wälder im Gebiet jahrhun-
mer brummen Insekten, man trifft auf Frö- dertelang als Mittelwald bewirtschaftet wor-
sche, findet Schwarzspechthöhlen, hört beim den. Die Hauschicht wurde dabei alle 25 Jahre
Eindunkeln vielleicht einen Waldkauz oder grossflächig geschlagen, um Brennholz zu
erhascht das Flattern einer Fledermaus – ein nutzen. Auf der Fläche blieben in grösseren
richtiger Zauberwald! Abständen einzelne wertvolle Kernwüchse
stehen. Ein Luftbild aus jener Zeit zeigt noch
Sucht man diese Oase der Stille auf, ist ihr deutlich diese zweischichtige Waldstruktur.
wohltuender Charme sofort spürbar. So ge- Eine besondere Erschliessung war nicht nötig.
heimnisvoll wie der Bestand selbst ist auch Zum Abtransport der dünnen Brennholzprügel
sein Name. «Schrandle» bezeichnet einen genügten einfache Mittel.
länglichen, klaffenden Riss im Gelände und Nach Aufgabe des Mittelwaldbetriebs liess
könnte auf eine Gletscherabschürfung hinwei- man die Hauschicht ohne weitere Eingriffe
sen. Zu sehen ist aber nichts dergleichen. Vier auswachsen. Später wurden diese qualitativ
Meter Grundmoräne liegen über oberer Süss- meist nicht sehr wertvollen Bestände flächig
wassermolasse im ebenen Gelände. geschlagen und durch Pflanzung als Hoch-
Vor über 80 Jahren haben hier Waldarbeiter wald neu begründet. So heisst es im Wirt-
mit ihren Sägen letztmals gewirkt. Seit 2015 schaftsplan von 1951 zur Schrandle: «Zur
bleibt dieser 1,49 ha grosse Bestand durch direkten Umwandlung 2. Dringlichkeit. Diese
eine Vereinbarung zwischen dem kantonalen Bestände sind nicht mehr zu durchforsten.»
Vom Sturm geworfene Bäume bleiben in der Altholzinsel Schrandle liegen, um sie Insekten, Pilzen und anderen
Lebewesen zu überlassen, die für ihr Überleben auf Totholz angewiesen sind. Foto: Erich Tiefenbacher
10 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
oberfläche. Um die heutige Altholzinsel wäre
es geschehen gewesen, hätten sich die Erdöl-
träume erfüllt. Für die zugehörigen Infrastruk-
turanlagen wären zweifellos weitere Rodun-
gen nötig geworden. Statt auf Erdöl stiess
man aber nur auf Salzwasser.
Der Ausschnitt aus der Landeskarte von 1957 zeigt, Glücksfall 3: Verfehlte Autobahnplanung
wie die Schrandle damals noch abseits von Schon kurz darauf zeichnete sich die nächste
Waldstrassen lag, die zur Holzabfuhr taugten.
Bedrohung ab: der Nationalstrassenbau. Das
Trassee der in den 1960er-Jahren vorgesehe-
Noch fehlten Waldstrassen zur Abfuhr des nen Autobahn T13 Richtung Romanshorn hat-
schwerer gewordenen Holzes. ten die Planer genau durch die heutige Altholz
insel hindurch gelegt. Zunächst allerdings war
Glücksfall 2: Geplatzte Erdölträume im Rahmen der Güterzusammenlegung Alters-
Die Erschliessung kam dann 1962, aber nicht wilen das nötige Land für die Nationalstrasse
um Holz zu ernten, sondern um nach Erdöl (!) auszuscheiden. Zum erneuten Glück für die
zu bohren. Ermutigt durch Funde im nahen Schrandle zog sich dieses Verfahren von 1967
Süddeutschland, hatte die Schweizerische an fast 20 Jahre lang dahin – und kurz vor
Erdöl AG unmittelbar westlich der heutigen Abschluss strich das Bundesparlament die
Altholzinsel eine Konzession für die erste Erd- umstrittene T13 aufgrund des unterdessen
öltiefbohrung im Thurgau erhalten. Für den eingetretenen Politikwandels 1986 gar wieder
45 m hohen Bohrturm und die Schlammgrube ganz aus dem Netz. Die Schrandle blieb so
musste eine halbe Hektare Wald vorüberge- vorerst weiterhin «Niemandsland». Erst mit
hend gerodet werden. Auch hier ist auf einem der Landumlegung Tägerwilen ging das Ei-
Luftbild von 1966 die damals wieder frisch be- gentum 1998 unversehrt als Wald zurück an
stockte Kahlfläche noch deutlich erkennbar. die Bürgergemeinde Kreuzlingen.
Abgeteuft wurde die Bohrung während gut
drei Monaten bis auf 2560 m unter die Erd- Glücksfall 4: Ein verständnisvoller Revier-
förster
Inzwischen hatte der unterdessen leider ver-
storbene Daniel Geiger als junger Förster mit
klaren waldbaulichen Vorstellungen das Re-
vier übernommen. Er besass aber auch den
Blick dafür, wo nach den unterdessen gewan-
delten Wertvorstellungen anderen Waldfunkti-
onen, wie hier eben der Biodiversität und
Waldästhetik, Priorität vor reiner Wirtschaft-
lichkeit beizumessen war. In seinen Jahrespla-
nungen «übersah» er darum dieses Waldstück
jeweils ganz bewusst. Zum Gedenken an ihn
hat die Bürgergemeinde nach seinem Tod den
Weiterbestand der Schrandle als Altholzinsel
Grosser Bildbericht im «Thurgauer Volksfreund» vom auch formell gesichert.
28. Juli 1962 über die Bohrarbeiten im Wald westlich Erich Tiefenbacher
der Schrandle.
Kreisforstingenieur Forstkreis 2
BTW 3/2021 11Forstamt und Forstdienst
Der n e u e Wa l d e ntw i cklu ng s plan Th urgau ist in Kraft
Der Regierungsrat hat den neuen Waldent- werden die Leistungen und Aufgaben des Wal-
wicklungsplan Thurgau auf den 1. Juli 2021 in des sowie die oft gegensätzlichen Ansprüche
Kraft gesetzt. Dieser löst die neun Regionalen der Gesellschaft an den Wald analysiert und
Waldpläne Oberthurgau, Weinfelden, Dies abgewogen. Ziel ist, langfristig ein Gleichge-
senhofen, Frauenfeld-Süd, Tannzapfenland, wicht zwischen all den verschiedenen Interes-
Region Kreuzlingen, Seerücken West, Münch sen zu gewährleisten. Dazu wurden zu über
wilen-Ost und Bischofszell ab. zwanzig für den Wald relevanten Themen be-
hördenverbindliche Grundsätze und Ziele defi-
Ein Waldentwicklungsplan ist ein forstliches Pla- niert, Entwicklungen und Konflikte aufgezeigt,
nungsinstrument auf überbetrieblicher Ebene der Handlungsbedarf eruiert und Massnahmen
und dient der Sicherstellung der öffentlichen vorgeschlagen. Insbesondere die Themen Er-
Interessen am Wald. Er besteht aus einem Be- holung, Biodiversität und Klimawandel sind
richt und der Karte der Waldfunktionen und ist gemäss ihrer zunehmenden Bedeutung im
für die Behörden von Kanton und Gemeinden neuen Waldentwicklungsplan stärker gewich-
verbindlich, aber nicht eigentümerverbindlich. tet als noch in den Regionalen Waldplänen.
Regionale Waldpläne dienten als Grundlage Mitwirkung durch Bekanntmachung
Zwischen 1997 und 2008 wurden im Kanton Eine Vernehmlassung bei den betroffenen Äm-
Thurgau die neun Regionalen Waldpläne tern und bei den Revierförstern sowie eine an-
Oberthurgau, Weinfelden, Diessenhofen, Frau- schliessende öffentliche Bekanntmachung im
enfeld-Süd, Tannzapfenland, Region Kreuzlin- vergangenen Herbst stellte die Mitwirkung si-
gen, Seerücken West, Münchwilen-Ost und cher und sorgte für eine breite Abstützung des
Bischofszell erarbeitet. Diese sind mittlerwei- neuen Waldentwicklungsplans. Bei der Be-
le teilweise veraltet, weshalb eine Überarbei- kanntmachung gingen 56 Eingaben mit über
tung nötig wurde. Da heutige Anliegen wie 200 einzelnen Anträgen und Hinweisen ein. Be-
Erholung und Sport im Wald oder auch Biodi- sonders viele Meldungen gab es dabei zu den
versität vermehrt eine Betrachtung über die Themen Erholung, Biodiversität und Erschlies
Regionen hinaus notwendig machen, wurde sung. Mehr als die Hälfte der eingegangenen
beschlossen, neu einen kantonalen Waldent- Anträge und Hinweise aus der Bekanntmachung
wicklungsplan zu erstellen und nicht mehr in konnten bei der abschliessenden Überarbeitung
Regionen zu planen. Der neue Waldentwick- ganz oder teilweise berücksichtigt werden.
lungsplan wurde vom Forstamt ausgearbeitet, Am 29. Juni 2021 hat der Regierungsrat den
wobei die Inhalte der Regionalen Waldpläne neuen Waldentwicklungsplan nun genehmigt
als Grundlage dienten und eine kantonal ein- und auf den 1. Juli 2021 in Kraft gesetzt. Die
heitliche Planung angestrebt wurde. Regionalen Waldpläne wurden damit abgelöst
und aufgehoben. Der neue Waldentwicklungs-
Erholung, Biodiversität und Klimawandel plan ist auf der Webseite des Forstamtes
mehr gewichtet (https://forstamt.tg.ch) und auf der kanto
Im neuen Waldentwicklungsplan werden die nalen Geoinformationsplattform ThurGIS
Waldfunktionen Holzproduktion, Schutz vor (https://map.geo.tg.ch) aufgeschaltet. Der Be-
Naturgefahren, Biodiversität und Erholung de- richt kann beim Forstamt bezogen werden.
finiert, gewichtet und auf der Karte der Wald- Claudia Kuratli
funktionen lokalisiert. Im zugehörigen Bericht Abteilung Planung und Beiträge
12 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
Ausschnitt aus der Karte der Waldfunktionen des neuen Waldentwicklungsplans Thurgau.
Karte: Forstamt / swisstopo
BTW 3/2021 13Forstamt und Forstdienst
Bienen b e h a u s u n g en am W ald rand un d im Wal d
Haben Sie sich auch schon gefragt, weshalb einen geeigneten Standort der Behausungen.
eigentlich Bienenhäuser, wie dieses auf dem Folgende Kriterien sollte ein Bienenstandort
Bild aus Mettendorf, am Waldrand stehen? aufweisen:
–– direkte Morgensonne auf die Fluglöcher
Die ersten Bienenarten entwickelten sich vor –– in der Nähe einer Wasserquelle
ca. 100 Millionen Jahren zur selben Zeit wie –– windgeschützt (Westwind und Bise)
die ersten Blütenpflanzen. Weltweit gibt es –– breites Nahrungsangebot wie Hecken, Wald,
rund 30 000 Bienenarten. Davon kommen in Obstgärten und Siedlungen
der Schweiz fast 620 Arten vor. Nur gerade
10% dieser Arten leben als Sozialstaaten, eine Was können Sie als Waldbesitzer und
davon ist die Europäische Honigbiene (Apis -bewirtschafter für die Honigbienen tun?
mellifera). Nach den gemähten Blumenwiesen (Grün
Die Hochblüte der Imkerei war im Mittelal- steppen) im Juni/Juli ist der Wald eine sehr
ter (300 bis 1500 n. Chr.). Damals wurden die wichtige Nahrungsquelle. Durch eine grosse
Bienen in Tonröhren, liegenden Holzkästen Kraut-, Strauch- und Baumvielfalt im Wald fin-
und Strohkörben gehalten. Zur selben Zeit den die Bienen genügend Blüten, um das feh-
entwickelte sich in Nordosteuropa auch die lende Nahrungsangebot des Offenlandes zu
Waldbienenzucht (Zeidlerei). Die Bienen wur- ersetzen. Alle sechs bis zehn Jahre, wenn die
den in künstlichen Baumhöhlen auf ca. 5 bis Wetterlage für die Läuse optimal ist, gibt es
10 m Höhe gehalten. von den Weisstannen den leckeren und be-
Erst um 1770 wurden mobile Beuten (z.B. liebten Waldhonig. Aber auch die Brom- und
Körbe) und Kästen entwickelt, so wie wir sie Himbeeren sind für eine ausgewogene Ernäh-
heute kennen. Dies hat den Vorteil, dass bei rung wichtig. Aus diesem Grund sollten Jung-
der Honigernte kein Wabenbau zerstört wird bäume vermehrt mit der Sichel ausgetrichtert
und das Inhaltsvolumen der Bienenvolkgrös und nicht die gesamte Fläche mit dem Frei-
se angepasst werden kann. schneider gemulcht werden.
Um für die Bienen optimale Bedingungen Gerade bei der Jungwaldpflege kann den
zur Volksentwicklung zu geben, braucht es Bienen noch verstärkt geholfen werden. Man
lässt weiche Laubhölzer wie Weide, Faul-
baum, Haselnuss und Aspen stehen, solange
diese keine anderen Bäume bedrängen. Be-
sonders die Weiden sind für die Bienen im
März die ersten und wichtigsten Pollen- und
Nektarspender.
Vorbereiten auf den Winter
Mit der Sonnenwende am 21. Juni bereiten
sich die Bienen bereits auf den kommenden
Winter vor. Als Sozialstaat überwintert das
ganze Bienenvolk, und nicht, wie bei den So-
litärbienen, die Puppe. Ab August schlüpfen
die ersten Winterbienen; deren Lebensdauer
Bienenhaus am Waldrand in Mettendorf. Foto: Philipp beträgt rund sechs bis neun Monate. Eine
Eigenmann Sommerbiene hingegen lebt nur rund vier bis
14 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
sechs Wochen. Das Verhalten der Winterbiene können Bienen durch Erschütterungen von
ist wesentlich passiver im Vergleich zu dem den Waben fallen und auf dem Kastenboden
der Sommerbiene (Workaholic). Die Bienen erfrieren.
halten keinen Winterschlaf, sondern versetzen
sich in Ruhephasen. Sinken die Aussentempe- Holzschläge und Bienen
raturen unter 10° Celsius, verlassen die Bienen Wenn Holzschläge neben einem Bienenstand
ihre warme Behausung nicht mehr und sam- geplant werden, sollte vorher immer der Im-
meln sich zu einer Traube. Durch das Zittern ker informiert werden. Ist nicht bekannt, wer
ihrer Brustmuskulatur wärmen und halten sie der Halter dieser Bienen ist, kann dies einfach
die Traube zwischen 20 bis 30° Celsius warm. mittels ThurGis (https://map.geo.tg.ch) ermit-
telt werden. Dazu im Suchfeld «Bienenstand-
orte» eingeben, und schon erscheinen diese.
Mit dem Anwählen des Standes erhält man
die Informationen.
Holzschläge neben Bienenständen sollten,
wenn möglich, im Herbst ausgeführt werden
und nie im kalten Januar und Februar. Am
besten ist es, wenn der Bienenhalter im Som-
mer über den geplanten Holzschlag informiert
Temperaturverteilung der Bienen in einer Winter worden ist und die Möglichkeit hat, die Bie-
traube. Abbildung: Verband Bienen Schweiz nen an einem anderen Ort aufzustellen.
Mit wenigen Massnahmen kann den Bienen
In dieser Phase sollte das Bienenvolk mög- geholfen werden. Wenn sie für den kommen-
lichst nicht gestört werden. Jede Erschüt den Winter einen Holzschlag neben einem
terung bringt das Volk in Aufregung und Bienenstand planen, dann ist jetzt der ideale
Alarmbereitschaft. Dadurch verbrauchen sie Zeitpunkt, den Imker zu informieren.
wesentlich mehr des eingelagerten Wintervor- Philipp Eigenmann
rats, was zum Hungertod führen kann. Auch Revierförster Forstrevier 110
ThurGis-Layer für Bienenstände. Karte: Kanton TG/Swisstopo
BTW 3/2021 15Forstamt und Forstdienst
Revierbesuche von Carmen Haag
Gleich drei Forstreviere erhielten diesen Früh-
ling / Sommer Besuch von Regierungsrätin
Carmen Haag, Chefin des Departementes für
Bau und Umwelt (DBU). Neben dem Besuch
des Forstreviers Müllheim wurde der im 2020
coronabedingt verschobene Revierbesuch in
den Forstrevieren Tägerwilen und Kreuzlin-
gen nachgeholt.
Bei ihren Besuchen traf die Departementsche-
fin als oberste Verantwortliche des Thurgauer
Waldes Reviervorstände, Revierförster sowie
Vertreter der grossen Waldeigentümer und der Revierförster Urs Bühler erklärt Regierungsrätin
Politischen Gemeinden. Im Forstrevier Müll- Carmen Haag und Kantonsforstingenieur Daniel Böhi,
wie im Revier Müllheim gearbeitet wird.
heim waren diese vertreten durch die Gemein- Foto: Ulrich Ulmer
depräsidentinnen Jacqueline Müller (Pfyn) und
Sonja Wiesmann (Wigoltingen) sowie den Ge- Arbeiten im Revier organisiert und abgerech-
meindepräsidenten Urs Forster (Müllheim). net werden. Im Gebiet Oberi Wiide in Pfyn
Revierpräsident Felix Goldinger, der sein Amt präsentierte der Pfyner Bürgerpräsident Ste-
nach zehn Jahren an Peter Siegwart übergibt, fan Rechberger die Auswirkungen des Kon-
stellte das Forstrevier Müllheim vor und man zeptes Thur+ auf den Wald der Bürgergemein-
diskutierte über aktuelle Waldthemen. de Pfyn.
Im zweiten Teil des Anlasses vom 25. Juni In den Revieren Kreuzlingen und Tägerwi-
2021 zeigte Revierförster Urs Bühler am Bei- len trafen sich die Vertreter trotz gewisser
spiel der Aufarbeitung von Sturm-, Schnee- immer noch bestehender Einschränkungen
bruch und Käferholz sehr anschaulich, wie die (beide Reviere separat, je max. 15 Teilneh-
Regierungsrätin Carmen Haag im Gespräch mit Vertretern des Forstreviers Müllheim und der Politischen
Gemeinden. Foto: Ulrich Ulmer
16 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
mer). Man war froh, dass sich die Vertreter
von Waldeigentümern und Forstdienst mit
den Gemeindepräsidenten und -präsidentin-
nen im Einzugsgebiet endlich wieder physisch
draussen treffen und austauschen konnten
und dass die beteiligten Revierförster vor Ort
einen Einblick in aktuelle forstliche Themen
gaben.
In den beiden Revieren waren die Auswir-
kungen der stark gesteigerten Naherholungs-
nutzung des Waldes über die Pandemiezeit
hinweg ein Hauptthema. (Wie viel Corona er-
trägt der Lebensraum Wald?) Förster und
Waldeigentümer wiesen dabei insbesondere Beispiel eines Ufergehölzes am Bodensee.
auf die waldschädigenden Auswirkungen auf- Foto: Sandra Horat
grund der beobachteten starken Zunahme il-
legaler Bike-Aktivitäten oder wilder Feuerstel- ohne Bewilligung, Mähen der Bodenvegetati-
len hin. on, Platzierung waldfremder Anlagen und Ein-
In Tägerwilen gelang es Revierförster Pas- richtungen etc.). Im Revier Kreuzlingen hatte
cal Epper zudem, die Bedeutung der Wald- sich der Präsident der Schuppiskorporation
pflege anhand der Entwicklung von Lothar- Emmishofen vorgängig mit konkreten Fragen
Flächen mit und ohne forstliche Eingriffe gemeldet. Revierförster Tobias Fischer führte
eindrücklich aufzuzeigen. Im Revier Kreuzlin- die Teilnehmer zu Standorten im Wald, wo
gen führte Revierförsterin Sophia Steimle an- diese Fragen anhand konkreter Praxisbeispie-
hand eines krassen Beispiels vor, wie stark len diskutiert werden konnten.
die Seeufergehölze unter andauerndem Druck
der schleichenden Zweckentfremdung und Ulrich Ulmer, Kreisforstingenieur FK3
Umwandlung zu Privatgärten stehen (Holzerei Erich Tiefenbacher, Kreisforstingenieur FK2
Beispiel einer illegal errichteten Feuerstelle im Wald. Foto: Erich Tiefenbacher
BTW 3/2021 17Forstamt und Forstdienst
Zu r Pe n s i o n i e r u ng v o n D ani ela Straub
17 Jahre lang arbeitete Daniela Straub als
Ressortleiterin GIS im Forstamt. Ende Mai
2021 trat sie nun den wohlverdienten Ruhe-
stand an.
Daniela Straub arbeitete an der ETH Zürich, be-
vor sie im Juli 2003 eine Stelle als Sachbearbei-
terin im Hochbauamt antrat. Im April 2004
wechselte sie dann schliesslich verwaltungsin-
tern zum Forstamt. Ihre Aufgabe im Forstamt
war es, Kartenmaterial digital zu erfassen, lau-
fend zu aktualisieren und die Karten für die Daniela Straub. Foto: Sandra Horat
Anwenderinnen und Anwender in geeigneter
Form, in der Regel ausgedruckt als Plan, zur einmal sichtbar wären, bei der digitalen Wei-
Verfügung zu stellen. Beispiele hierfür sind die terverarbeitung zu Fehlern führen können. Da-
Bestandeskarten oder die Pläne zur Ausfüh- niela Straub hat mit ihrer ruhigen Art und mit
rungsplanung. Digital erfasste Karten werden bemerkenswerter Ausdauer diese Tücken, von
als Geoinformationen bezeichnet und sind so- den Tücken der GIS-Programme gar nicht zu
mit Informationen mit einem räumlichen Bezug. sprechen, mit Bravour gemeistert und über-
Sogenannte Geografische Informationssysteme lässt ihrem Nachfolger eine übersichtliche
– kurz GIS genannt – dienen der Verwaltung Sammlung der forstlichen Geoinformationen.
und der Bearbeitung von Geoinformationen. Daniela Straub war während ihrer Zeit beim
Als Daniela Straub ihre Arbeit 2004 aufnahm, Forstamt eine sehr zurückhaltende und ruhige
war GIS eine Technologie, die lediglich in aus- Persönlichkeit. In ihren Ferien reiste sie im-
gewählten Fachgebieten ihre Anwendung fand. mer wieder gerne nach Italien, hat sie doch
Mit der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes italienische Wurzeln. Aber auch andere Län-
über Geoinformation 2007 hielten Geoinforma- der fand sie reizvoll. Um bereits den Sommer
tionen in der kantonalen Verwaltung des Thur- 2021 in Ruhe zu geniessen und sich ihren Bal-
gaus breit Einzug. Heute hat jeder mit ThurGIS konpflanzen zu widmen, hat sie von der Mög-
(https://map.geo.tg.ch) Zugriff auf einen Gross- lichkeit einer vorzeitigen Pensionierung gerne
teil der vom Forstamt erstellten Geoinformatio- Gebrauch gemacht. Ganz ruhig aber ist es für
nen. Im ThurGIS sind die Themen «Waldreser- Daniela Straub doch noch nicht geworden, da
vate», «Forstliche Bestandeskarte» oder ganz sie auf dem Forstamt auch jetzt beim einen
aktuell im Zuge der Inkraftsetzung des Wald- oder anderen brennenden Geschäft, bei wel-
entwicklungsplans Thurgau 2020 «Waldfunkti- chem geografische Informationsdaten ge-
onen Waldentwicklungsplan» Produkte von braucht werden, aushilft, bis ihr Nachfolger
Daniela Straubs Arbeit. per 1. September 2021 die Stelle antritt.
Daniela Straub hatte mit der GIS-Stelle eine Liebe Daniela, wir danken dir für deine
herausfordernde Aufgabe in einem technolo- Arbeit als Hüterin der Geoinformationen des
gisch sich rasch verändernden Umfeld, die ein Forstamts, die du voll und ganz wahrgenom-
hohes Mass an Akribie erforderte. Eine der men hast, und wünschen dir für die Zukunft
Tücken der digitalen Welt ist nämlich, dass alles Gute!
kleinste Ungenauigkeiten in der Geoinforma Jochen Breschan
tion, die auf einer gezeichneten Karte nicht Leiter Planung und Beiträge
18 BTW 3/2021Forstamt und Forstdienst
Zu r Pe n s i o n i e r u ng v o n W alter Acke rman n
Nach fast 50 Jahren Tätigkeit im Wald, davon
34 Jahre als Revierförster in Basadingen im
heutigen Revier Unterthurgau, trat Walter
Ackermann Ende Juni 2021 in den wohlver-
dienten Ruhestand.
Begonnen hatte Walter Ackermann seine
forstliche Laufbahn mit der Forstwartlehre,
die er 1972 – 1975 bei der Waldkorporation
Romanshorn-Uttwil absolvierte. Von 1975 –
1978 arbeitete er unter anderem auf dem
Kantonsforstamt und bei der Bürgergemeinde Walter Ackermann. Foto: Stephan Frei
Frauenfeld bei Hugo Traber. 1978/79 besuchte
er die Försterschule in Maienfeld. Seine erste bau weiter und verfeinerte ihn zum Dauer-
Anstellung als Förster nahm er in Pfeffikon LU wald. Auf unzähligen Waldführungen gab der
am Hallwilersee an. anerkannte Dauerwaldexperte sein Wissen
Am 1. Juli 1987 wurde Walter Ackermann von weiter. Regelmässig besuchten Försterschu-
der Bürgergemeinde Basadingen als Nachfol- len, die ETH Zürich und die Fachhochschule
ger von Förster Peter Ulrich angestellt. Er war Weihenstephan München den Basadinger
zuständig für den Wald in Basadingen (Bürger- Wald. Wer einmal dabei war, war beeindruckt
gemeinde und Privatwald, rund 250 ha Wald). von seinem riesigen Wissen über die Tier- und
Mit der Gründung des Forstreviers Basadingen- Pflanzenwelt und seiner Beobachtungsgabe.
Schlattingen kam 2003 der Wald von Schlattin- Die sorgfältige und rücksichtsvolle Bewirt-
gen dazu und die Anstellung wechselte von schaftung des Basadinger Waldes war immer
der Bürgergemeinde Basadingen zum Forstre- sein Hauptanliegen, der multifunktionale
vier Basadingen-Schlattingen (rund 450 ha Wald sein Ziel: ein Wald, der gleichzeitig wert-
Wald) gemäss dem Grundsatz des Thurgauer volles Holz liefert, Lebensraum für Tiere,
Waldgesetzes von 1994, das besagt, dass sich Pflanzen, Flechten und Moose und ein ruhiger
Forstrevierkörperschaften bilden, die den Förs- Ort für Erholungssuchende ist und erst noch
ter anstellen. 2014 folgte der Zusammen- Trinkwasser filtert.
schluss zum Forstrevier Unterthurgau. Wäh- Die Verleihung des Binding Waldpreises
rend Walter Ackermann weiterhin die Wälder in 2016 an die Bürgergemeinde Basadingen-
Basadingen-Schlattingen betreute, übernahm Schlattingen war der Höhepunkt in der forstli-
Simon Pachera die Verantwortung für die Wäl- chen Karriere von Walter Ackermann, dem ein
der in Schlatt von Kurt Engel. Mit der Pen grosser Anteil dieser Auszeichnung gebührt.
sionierung von Walter Ackermann ist Simon Nun endet eine grosse Försterlaufbahn. Wir
Pachera nun für das gesamte Revier Unter möchten dir, Walter, danken für dein Wirken
thurgau zuständig (rund 850 ha Wald). und deinen grossen Einsatz während fast 50
Von Beginn an verzichtete Walter Acker- Jahren im Wald, davon 34 Jahre als Revier
mann auf flächige Verjüngungen. Der Wald- förster in Basadingen. Wir wünschen dir und
bau in den stufigen, parkartigen, plenterarti- deiner Familie alles Gute für die weitere Zu-
gen Wäldern in der Region Diessenhofen war kunft und vor allem gute Gesundheit.
schon seit Jahrzehnten eine Besonderheit. Ulrich Ulmer
Walter Ackermann entwickelte diesen Wald- Kreisforstingenieur Forstkreis 3
BTW 3/2021 19Aus Verbänden und Branchen
Gefragter und erfolgreicher Forstnachwuchs
Die Thurgauer Forstbranche verfügt über (Staatswald Seerücken-Rhein), Patrik Niederer
sechs neue, gut qualifizierte Forstwarte EFZ! (Bürgergemeinde Tägerwilen) und Nils Pfister
Am Freitag, 9. Juli 2021, durften sechs junge (Staatswald Seerücken-Rhein).
Forstwarte in der Reha-Klinik Dussnang ihr Wie üblich wurden im Rahmen dieser Feier
eidg. Fähigkeitszeugnis als Forstwart entge- auch die Preisträger der schönsten Herbarien ge-
gennehmen. kürt. Diese wurden jeweils separat von einer
Fachjury und dem Publikum bewertet. In beiden
Stimmung und Atmosphäre konnten beim Be- Kategorien belegte Brendan Hafen den ersten
grüssungsapéro nicht passender sein. Unter Platz. In der Wertung der Fachjury belegte David
den stattlichen Bäumen im Garten der Klinik Keller den zweiten und Nils Pfister den dritten
begrüsste Roger Hollenstein Absolventen, El- Rang. In der Publikumsbewertung erreichte
tern, Angehörige, Berufsbildner und Gäste. Im Marco Meili den zweiten und Nils Pfister den drit-
Anschluss begab man sich zum festlichen ten Rang. Die Publikumsbewertung fand corona-
Abendessen in den grossen Saal. Die Festan- bedingt nur durch die Lernenden der drei Forst-
sprache wurde dieses Jahr durch Jakob Hug, wartklassen statt. Ebenfalls gab es Preise für die
Vizepräsident von WaldThurgau, gehalten. Er besten Lerndokumentationen. Hier erreichte
gratulierte den künftigen Forstwarten und er- David Keller den ersten, Brendan Hafen den
wähnte, dass der Thurgauer Wald stolz sein zweiten und Marco Meili den dritten Rang. David
darf auf die neuen Berufsleute. Ebenfalls be- Keller darf mit seiner Lerndokumentation zudem
tonte er die Wichtigkeit des Berufsnachwuch- an der nationalen Prämierung teilnehmen.
ses für die zukünftige Holznutzung und Wald- Mit Erhalt des eidg. Fähigkeitszeugnis Forst
pflege sowie seine Bedeutung als Artenförderer wart/-in haben diese jungen Berufsleute eine
und Lebensraumerhalter. gute Grundlage für das bevorstehende Berufs-
Am Höhepunkt des Abends überreichte der leben erreicht. Die OdA Wald Thurgau gratuliert
Chefexperte Urs Badertscher mit einem gros ihnen herzlich zum erfolgreichen Lehrabschluss
sen Lob die eidg. Fähigkeitszeugnisse an und wünscht allen viel Erfolg und Freude im
Brendan Hafen (ThurForst), Steven Hutter zukünftigen Berufsleben!
(Waldkorporation Romanshorn-Uttwil), David Roman Schnyder
Keller (Forstrevier Mittelthurgau), Marco Meili Ausbildungsleiter Forstamt
Die erfolgreichen Lehrabgänger (von links nach rechts): Brendan Hafen, Steven Hutter, David Keller, Marco Meili,
Patrik Niederer und Nils Pfister. Foto: R. Schnyder
20 BTW 3/2021Aus Verbänden und Branchen
Geschäftsführer Lignum Ost: Eine interessante Tätigkeit?
Im Bereich Wald und Holz werden unter-
schiedliche Tätigkeiten durch verschiedene
Menschen wahrgenommen. Welche Aufgaben
beinhalten diese Tätigkeiten? Was für Men-
schen stehen dahinter? In dieser Ausgabe
wird Simon Biegger, Geschäftsführer der Lig-
num Ost, zu seinem Tätigkeitsfeld interviewt.
Was ist dein Werdegang?
Als Bauernsohn aufgewachsen, bin ich mit
dem Wald vertraut. Nach einer Lehre als
Schreiner und einer Weiterbildung arbeitete
ich im Bereich Marketing bei der sia Abrasi- Seit drei Jahren arbeitet Simon Biegger als Geschäfts-
ves. Mein Schwager zeigte mir das Stellen führer der Lignum Ost. Foto: Sandra Horat
inserat für den Posten als Geschäftsführer der
Lignum Ost. Dieses hat mich sehr angespro- was erzähle ich den Leuten, wenn ich erklären
chen, ich habe mich beworben und seit drei muss, was die Lignum Ost macht. Daraus er-
Jahren bin ich nun zu 60% als Geschäftsführer gaben sich drei Schlagworte: Informieren,
tätig. Vernetzen, Handeln. Auch heute würden wir
als Vorstand diese Schlagworte noch auffüh-
Lignum Ost ist eine Branchenorganisation. ren. Die Lignum Ost ist als Verein aufgebaut.
Was war deine Motivation, die Tätigkeit als Die Hauptträger sind z.B. das Forstamt, Wald-
Geschäftsführer der Lignum Ost zu überneh- Thurgau, die Schreiner Thurgau, die Holzin-
men? dustrie, die Holzbauer Thurgau, der Forstper-
Ich war schon immer ein Holzfan, habe als sonalverband etc. Durch das erfolgreich
Kind schon immer viel mit Holz gebastelt und abgeschlossene NRP-Projekt (Neue Regional-
bin als gelernter Schreiner nahe am Holz. Mei- politik) letztes Jahr ist nun auch das Zürcher
ne Vorliebe kam mir hier entgegen, da sich Oberland bei der Lignum Ost dabei und der
die Lignum mit Holz beschäftigt. Zusätzlich Wirkungsperimeter wird grösser. Die aufge-
bin ich Präsident des Weihnachtsmarktes zählten Verbände sind die gewichtigen Mit-
Frauenfeld und kann hier auf ein bestehendes glieder. Dann kommen die Trägermitglieder,
Netzwerk zurückgreifen. Die Stelle beinhaltet z.B. ein grosser Holzbauer, und schliesslich
auch, dass man verschiedenste Themen unter die Basismitglieder, z.B. eine einzelne Zimme-
einen Hut bringen muss. Dadurch wird die Ar- rei oder ein Forstrevier, dazu. Mit diesen Mit-
beit vielfältig. Das hat mich angesprochen. gliedern werden Vorstandssitzungen als run-
Die Stellenbeschreibung tönte gut und ich de Tische veranstaltet. Aktuelles Thema hier
sah Potenzial für die Zukunft. Die Stelle bietet sind die Holzlieferengpässe. Durch die Breite
einen gewissen Freiraum und man hat die der Mitglieder, die ganze Holzkette ist da,
Möglichkeit, selber zu gestalten. wird eine Zusammenarbeit vereinfacht. Lig-
num Ost veranstaltet für seine Mitglieder In-
Was macht der Geschäftsführer der Lignum formationsanlässe mit unterschiedlichem Fo-
Ost? kus: mal für Architekten, dann für Holzbauer
Es gibt verschiede Bereiche. Als ich bei der usw. Sie stärkt das Netzwerk, um damit die
Lignum Ost begann, musste ich überlegen, gemeinsamen Interessen zu unterstützen, in-
BTW 3/2021 21Diverses
dem sie versucht, manchmal diametrale Inte- Wie hat sich die aktuelle pandemische Lage
ressen auszugleichen und nach aussen hin auf deine Arbeit ausgewirkt?
geeint aufzutreten. Auch werden neue Ideen Auf der Seite der Lignum waren die Auswir-
aufgenommen und es wird versucht, diese kungen klein. Ich arbeitete mehrheitlich von
einzubringen. zu Hause aus. Wir konnten 2020 alle geplan-
Die Geschäftsstelle ist selber ein kleines ten Veranstaltungen durchführen. Die Lignum
Kompetenzzentrum. Neben der Lignum Ost führt auch noch ein Mandat für Holzenergie
arbeitet auch der Geschäftsführer des Schrei- Thurgau. Hier mussten einzelne Veranstaltun-
nerverbandes im selben Bürotrakt und die gen und Kurse abgesagt werden. Rein tech-
Lignum Ost macht das Sekretariat für Holzbau nisch gesehen, war vonseiten Lignum Ost die
Thurgau und die Buchhaltung für den Schrei- Pandemie kein Problem.
nerverband.
Welche Herausforderungen siehst du für
Was ist das Interessanteste an deiner deine Arbeit bei der Lignum Ost in den
Tätigkeit? nächsten Jahren? Welche Schwerpunkte gibt
Die Vielseitigkeit. Dadurch, dass verschiedene es?
Branchen in der Lignum Ost zusammenkom- Grundsätzlich geht es der Lignum Ost gut. Un-
men, wird die Arbeit vielfältig und die Arbeit sere Mitgliederzahl steigt. Zukünftige Schwer-
ist nicht theoretisch, sondern beinhaltet viel punkte sind die Themen nachhaltiges Bauen,
Praktisches. Es ist eine gestalterische Bran- ressourcenschonendes Bauen und CO2-bin-
che. dendes Bauen. Aktuell ist die neu entfachte
Diskussion über Regionalität; dies in Zusam-
Welche Fähigkeiten muss man deiner menhang mit den Lieferengpässen von Holz.
Meinung nach mitbringen, um seinen Job als Hätte man vor zehn Jahren die heimische In-
Geschäftsführer der Lignum Ost erfolgreich dustrie ausbauen können, wäre es im Mo-
zu bestreiten? ment einfacher. Der Endkunde kann seinen
Die Freude an der Materie Holz muss gegeben Teil dazu beisteuern, indem er nach einheimi-
sein, da das Material Dreh- und Angelpunkt schem Holz verlangt. Auch sollten die Holz-
ist. Man muss gerne mit Leuten zusammenar- verarbeiter vermehrt auf Regionalität setzen.
beiten. Die in der Lignum Ost tätigen Leute, Es ist zu hoffen, dass die Impulse zur Förde-
z.B. der Präsident Paul Koch, sind sehr gut rung von Regionalität längerfristig anhalten.
und agil. Dadurch sieht man bei Entwicklun- Interview: Sandra Horat
gen eher Chancen anstatt Probleme und hat
positive Ansichten.
Eidgenössisches Kompetenzzentrum
Gibt es etwas, was du in deiner Tätigkeit für Holztechnologie, Gebäude-IoT &
weniger gerne machst? Wenn ja, was wäre Nachhaltigkeit
das? Die Lignum Ost engagiert sich sehr für das
Die Organisation der Generalversammlung. Eidgenössische Kompetenzzentrum für
Sie wurde nun zum zweiten Mal verschoben. Holztechnologie, Gebäude-IoT & Nachhal-
Da die Lignum Ost vor allem durch ihr Netz- tigkeit, welches sie als Projekt für den
werk lebt, ist eine physische Versammlung, Wettbewerb zur Verwendung der TKB-Milli-
bei der sich die Leute treffen können, wichtig, onen erarbeitet hat. Das Projekt möchte
und so habe ich gestern die dritte Einladung u.a. Innovationen im Holzbau fördern und
für diesen Juli verschickt und ich freue mich mittels Holzhochhaus ein Signal senden.
schon jetzt auf diese Live-Versammlung!
22 BTW 3/2021Diverses
Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen,
Nachschau Binding Waldpreis 2016
2016 erhielt die Bürgergemeinde Basadin- Ende Juni 2021 überzeugten sich nun die Ver-
gen-Schlattingen den Binding Waldpreis für antwortlichen der Sophie und Karl Binding
ihre vorbildliche Waldbewirtschaftung. Nach Stiftung von der Umsetzung und zogen Bilanz
fünf Jahren wurde nun Bilanz gezogen. über die Projekte, die in den vergangenen fünf
Jahren realisiert wurden. Willi Itel, Präsident
Beim Binding Waldpreis 2016 handelte es der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen,
sich um die 30. und letzte Verleihung dieses begrüsste Ulrich Vischer (Stiftungsratspräsi-
mit 200 000 Franken höchstdotierten Umwelt- dent), Monika Wirth (Geschäftsführerin) und
preises der Schweiz. Das Thema des Preises Jan Schudel (Projektleiter Umwelt und Sozia-
war «Weniger ist mehr – Suffizienz als Schlüs- les) zur Nachschau. Georg Schoop, ehemaliger
sel zum Erfolg». Suffizienz lässt sich am bes- Präsident des Kuratoriums für den Binding
ten mit «Genügsamkeit» übersetzen. Suffizi- Waldpreis, rief die Gründe für die Preisvergabe
enz in der Waldbewirtschaftung bedeutet vor in Erinnerung und lobte alle Beteiligten für
allem eine ressourcenschonende, massvolle die vorbildliche Umsetzung der Projekte. Die
Holznutzung, die das Optimum anpeilt, nicht beiden Revierförster Walter Ackermann und
das Maximum. Simon Pachera zeigten auf einem Rundgang
Mit dem zweckgebundenen Preisgeld wur- Ergebnisse aus den verschiedenen Projekten.
den fünf Projekte realisiert: Stiftungsratspräsident Ulrich Vischer dank-
–– Durchführung von zahlreichen Waldführun- te allen Beteiligten für ihr Engagement und
gen für Fachleute und Laien das Gelingen und stellte den neuen «Binding
–– Einrichtung eines Marteloskops (ein Hektar Preis für Biodiversität» der Stiftung vor, der
grosses Waldstück, wo die Anzeichnung im Juni 2021 zum ersten Mal vergeben wurde.
von Holzschlägen geübt werden kann) 100 000 Franken für das beste Projekt im
–– Eichenförderung mit Saat, Pflanzung, Wild- Siedlungsraum gingen an das Projekt «Natur
zäunen und Einzelschützen findet Stadt» des Naturama Aargau, ein Ver-
–– Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen bundprojekt von Gemeinden und Privaten im
Jagd- und Forstwirtschaft Kanton Aargau.
–– Montage von Solaranlagen auf den Dächern Ulrich Ulmer
der beiden Werkhöfe Kreisforstingenieur Forstkreis 3
Schlussvisite der Binding Stiftung im Wald der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen. Walter Ackermann
zeigt die Stöcke der drei Ahnen, der berühmten grossen Fichten, die 2018 wegen Borkenkäferbefalls gefällt
werden mussten. Foto: Ulrich Ulmer
BTW 3/2021 23Diverses
250 J a h r e W a l dko rpo rati o n G ütti n ge n –
D ie Ei c h e i m Gütti ng er W ald
Der Güttinger Wald ist bekannt für seine vie-
len grossen Eichen. Die Eiche ist sowohl wirt- Die Waldkorporation Güttingen feiert 2021
schaftlich als auch ökologisch eine beson- ihr 250-jähriges Bestehen. «Solange Sonne,
ders wertvolle Baumart. Der hohe Eichenanteil Mond und Sterne am Himmel stehn», heisst
ist nicht natürlich, sondern eine Folge der es in der Schenkungsurkunde, mit welcher
über Jahrhunderte praktizierten Mittelwald- der Konstanzer Bischof Franz Konrad im
bewirtschaftung. Jahre 1771 den Güttingern 172 ha Wald
übergab. Dies ist auch der Titel des Buches,
Der Wald der Waldkorporation Güttingen ist das zum Jubiläum erschienen ist. Aufgeglie-
sehr eichenreich und beeindruckt vor allem dert in vier Berichte werden Auszüge daraus
durch die zahlreichen mächtigen Eichen. Der in den «Blättern aus dem Thurgauer Wald»
Anteil der Eichen am stehenden Holzvorrat be- wiedergegeben.
trägt 24%. Dies ist rund dreimal mehr als im Buchbezug bei R. Schum, Tel. 071 695 23 85,
Kanton Thurgau (8%) und rund zehnmal mehr, E-Mail: fam.schum@bluewin.ch
als von Natur aus vorhanden wären. Denn Preis: Fr. 25.– + Versand
ohne den Einfluss des Menschen würden bei
uns vor allem Buchen, Bergahorne, Bergulmen,
Eschen und Schwarzerlen die Wälder bilden. tinger Wald wurde bis in die 1940er-Jahre
Die Eiche wurde wegen ihres wertvollen Holzes im Mittelwaldbetrieb bewirtschaftet. Der hohe
über Jahrhunderte gefördert. Dies vor allem im Eichenanteil ist also ein Kulturrelikt.
Mittelwald, dieser zweischichtigen Waldform Heute stocken auf 31% der Waldfläche der
aus einer Hauschicht mit Stockausschlägen Waldkorporation Güttingen eichenreiche Be-
und mächtigen, grosskronigen Eichen. Der Güt- stände, im Jungwald beträgt der Anteil sogar
Charakteristisch für den Mittelwald sind die vielen grossen Eichen. Mittelwald nach dem Schlag 1924/25.
Foto: Hans Burger, 1925
24 BTW 3/2021Diverses
44%. Seit 1970 wurden rund 40 ha eichenrei-
che Jungbestände geschaffen. Trotz dieser
grossen Anstrengungen ist die Eiche über
altert.
Die Eiche liefert seit Jahrzehnten sehr wert-
volles Holz, das bei Versteigerungen gute
Preise erzielt. Die mächtigen, grosskronigen
Eichen sind aber gleichzeitig auch wertvoller
Lebensraum für viele Vögel, Insekten, Flech-
ten und Moose. So zum Beispiel auch für den
Mittelspecht, der sich in Wäldern mit vielen
alten Eichen sehr wohl fühlt.
Die Eichenstube
Einer der eindrücklichsten und wertvollsten Ei-
chenbestände im Korporationswald ist die so-
genannte Eichenstube. Auf einer Fläche von
123 Aren stehen heute 43 grosse Eichen mit
Brusthöhendurchmessern zwischen 50 und
140 cm, die Hälfte davon sogar mit mehr als
100 cm. Ihr Alter wird auf rund 200 Jahre Blick in die Güttinger Eichenstube. Foto: Ruedi Schum
geschätzt. Zwischen 1989 und 2014 sind die
Eichen im Schnitt immer noch um 8 cm ge- 1990 beschlossen, diesen einzigartigen Be-
wachsen, was einer Jahrringbreite von durch- stand zu schonen und nur abgehende Eichen
schnittlich 1,7 mm entspricht. Die Waldkommis- zu nutzen. Seit 2015 ist die Eichenstube Teil
sion, der Vorstand der Waldkorporation, hat des Sonderwaldreservates «Güttingerwald».
Sechsspänniges Fuhrwerk führt im Jahre 1910 eine von der Firma Spengler AG, Lengwil, gekaufte Eiche. 1914
wurde eine Güttinger Eiche an der Landesausstellung in Bern präsentiert. Foto: Waldkorporation Güttingen, Archiv
BTW 3/2021 25Sie können auch lesen