Blätter aus dem Thurgauer Wald

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Blätter aus dem Thurgauer Wald
Bl ä t t e r a u s d e m
T h u r g a u e r Wa l d
Informationen für Waldeigentümer und Forstreviere
28. Jahrgang, Nr. 3, August 2021
Blätter aus dem Thurgauer Wald
2
Blätter aus dem Thurgauer Wald
Edit or i a l

Geschätzte Leserinnen und Leser

Nasses, eher kühles Wetter – für die Landwirt-    Sei es in Form einer Altholzinsel (die in die-
schaft und auch den Tourismus nicht wirklich      sem Heft beschriebene Schrandle als Bei-
erfreulich. Im Wald zeigt dieses Wetter aber      spiel) oder in Form einer traditionellen Wald-
seine positiven Seiten: Borkenkäfer reagieren     korporation, die sich den Herausforderungen
auf das herrschende Wetter mit einer Verzö-       der Zukunft stellen muss. So wird die Wald-
gerung in ihrer Entwicklung. So treten im Ver-    korporation Güttingen, welche dieses Jahr ihr
gleich zum letzten Jahr in Thurgauer Wäldern      250-Jahr-Jubiläum feiert, in mehreren Aus­
bis jetzt geringere Schäden auf und weniger       gaben der «Blätter» von verschiedenen Sei-
Schadholz fällt an. Es ist zu hoffen, dass die-   ten her beleuchtet.
ser positive Effekt anhält.                         Mit Daniela Straub und Walter Ackermann
   Trotz des Wetters, welches es einem schwer     werden in dieser Ausgabe zwei langjährige
macht, an eine Klimaerwärmung zu glauben,         Mitarbeitende in ihre wohlverdiente Pension
machen sich Förster und Wissenschaft fit für      verabschiedet. Pensionierungen haben immer
den Wald der Zukunft. In einer Weiterbil-         zwei Seiten. So bringen neue Angestellte fri-
dungsveranstaltung für die Thurgauer Förster      sche Ideen mit. Andererseits geht, gerade
diesen Juni in Homburg wurde die praktische       wenn ein langjähriger Revierförster pensio-
Anwendung der Tree-App, die den Förster bei       niert wird, viel Fachwissen verloren. So wurde
der zukünftigen Baumartenwahl auf der Flä-        der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen
che unterstützen soll, geübt und Vor- und         auch dank des Wissens und langjährigen En-
Nachteile der App wurden erläutert. Auf drei      gagements von Walter Ackermann 2016 der
Testflächen konnte die App durch die Förster      Binding Waldpreis, der damals bestdotierte
unter fachkundiger Begleitung ausprobiert         Umweltpreis, verliehen. Lesen Sie in diesem
werden und Vorschläge für Baumarten, wel-         Heft, was die Bürgergemeinde Basadingen-
che in der Zukunft auf unseren Standorten         Schlattingen mit dem Preisgeld alles erreicht
mit geänderten Standortbedingungen gedei-         hat.
hen können, wurden diskutiert.
   Woher kommt aber geeignetes Saatgut,              Schliesslich wünsche ich Ihnen – geschätzte
falls die vorhandene Verjüngung nicht aus-        Leserinnen und Leser – eine abwechslungsrei-
reicht oder man die Baumartenvielfalt am          che Lektüre mit den BTW und einen hoffent-
Standort erhöhen möchte? Europaweit gibt es       lich etwas trockeneren, schönen Spätsommer.
Projekte zur Erhaltung der genetischen Vielfalt
der einheimischen Baumarten. Schweizweit
werden für die in den jeweiligen Kantonen
wichtigen Baumarten Generhaltungsgebiete
ausgeschieden. Durch eine Sicherung der ge-
netischen Vielfalt bei Bäumen möchte man so
für zukünftige klimatische Veränderungen ge-
rüstet sein. Lesen Sie hierzu den Artikel in
diesem Heft ab S. 5.
   Die Ausrichtung auf zukünftige Wälder ist
ein wichtiges Thema, genauso wertvoll sind                Sandra Horat
aber Aspekte der Erhaltung und Bewahrung.               Redaktorin BTW

                                                                                     BTW 3/2021 3
Blätter aus dem Thurgauer Wald
Inha lt

  Forstamt und Forstdienst
 Generhaltungsgebiete im Thurgauer Wald                                     5
 Tree-App – Baumartenempfehlung im Klimawandel                              8
 Die Schrandle – Der Zauberwald der Bürgergemeinde Kreuzlingen              10
 Der neue Waldentwicklungsplan Thurgau ist in Kraft                         12
 Bienenbehausungen am Waldrand und im Wald                                  14
 Revierbesuche von Carmen Haag                                              16
 Zur Pensionierung von Daniela Straub                                       18
 Zur Pensionierung von Walter Ackermann                                     19

  Aus Verbänden und Branchen
 Gefragter und erfolgreicher Forstnachwuchs                                 20
 Geschäftsführer Lignum Ost: Eine interessante Tätigkeit?                   21

  Diverses
 Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen, Nachschau Binding Waldpreis 2016   23
 250 Jahre Waldkorporation Güttingen – Die Eiche im Güttinger Wald          24
 Der Güttinger Eichenweg ist einen Ausflug wert                             27

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Forstamt und Forstdienst

G enerh a l t u n g s g eb i ete i m Thu rg au e r Wal d

Generhaltungsgebiete dienen der langfristi-             mischen Generhaltung erfüllen. Bedeutende
gen Erhaltung der genetischen Vielfalt von              Generhaltungsleistungen können dadurch ak-
Baumarten. Um eine optimale Dokumentation               tiviert werden. Mittel- bis längerfristig findet
der Baumarten zu gewährleisten, werden die              eine koordinierte Sicherung jeder Art über ihr
Baumarten sowohl im nationalen Generhal-                ganzes Verbreitungsgebiet statt und ein sys-
tungsgebiete-Kataster als auch in der euro-             tematisches Monitoring demografischer und
päischen Generhaltungsgebiete-Datenbank                 genetischer Veränderungen ist gewährleistet.
EUFGIS verzeichnet.
                                                        Genetische Vielfalt erhalten
Das Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz                Mit der Naturverjüngung bleiben in der Regel
nutzt Synergien mit bestehenden Schutzge-               heimische, an den Standort angepasste und
bieten, insbesondere Waldreservaten, welche             genetisch vielfältige Baumpopulationen er-
bereits teilweise Aufgaben im Sinne der dyna-           halten. Wo die natürliche Verjüngung von

Das Vorgehen zur Festlegung und Ausscheidung von Generhaltungsgebieten wurde für die Schweiz in einem
Projekt festgelegt. Auszug aus dem Factsheet 1, Projekt Generhaltungsgebiete Schweiz, GCU_FS1_d/07.11.2019

                                                                                                BTW 3/2021 5
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                                                        die genetische Vielfalt und Anpassungsfähig-
                                                        keit der Baumarten von zunehmender Bedeu-
                                                        tung.
                                                           Da die Verbreitungsgebiete der Arten über
                                                        die Landesgrenzen hinausgehen, stützt sich
                                                        die Erhaltung forstlicher Genressourcen auf
                                                        eine paneuropäisch koordinierte Strategie ab.
                                                        Die Schweiz ist Mitglied des Programmes und
                                                        wirkt in den EUFORGEN-Arbeitsgruppen mit
                                                        (ETHZ/BAFU). Die Ausscheidung von Waldreser-
                                                        vaten, die als Generhaltungsgebiete dienen,
                                                        wird als eine wichtige Massnahme zur Siche-
                                                        rung und Beobachtung ausgewählter Populati-
                                                        onen der Baumarten vorgesehen. Die Aus-
                                                        scheidung von Generhaltungsgebieten erfolgt
                                                        in enger Zusammenarbeit mit den Kantonen.
 Autochthone Schwarzpappel im Schäffäuli, Neunforn.
 Foto: Ruedi Lengweiler                                 Welche Baumarten sind betroffen?
                                                        Zielbaumarten sind primär wichtige Haupt-
 Waldbäumen und -sträuchern, die genetische             baumarten der Schweiz, aber auch einige be-
 Nachhaltigkeit oder die angestrebte geneti-            deutende, ausgewählte Nebenbaumarten. Sie
 sche Vielfalt nicht genügt, kann es aber sinn-         entsprechen den europaweit priorisierten
 voll sein, gezielte und ergänzende Pflanzun-           Arten (EUFORGEN-Modellarten). Die Ausschei-
 gen durchzuführen. Angesichts der erwarteten           dung der Baumarten wurde in drei Stufen
 Umweltveränderungen wie Klimawandel sind               vorgenommen:

 Acht Generhaltungsgebiete der 1. Baumartenserie im Kanton Thurgau (Stand 15.06.2020).
 Karte: Generhaltungsgebiete Schweiz, Generhaltungsgebiete TG

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Eibenbestand im Waldreservat Wellenberg, Hütt­lingen. Foto: Ruedi Lengweiler

–– Serie 1 (2013 ff ): Tanne, Buche, Fichte,              Das Ausscheiden von Generhaltungsgebieten
   Arve, Schwarzpappel, Elsbeere, Eibe.                   für weitere Baumarten durch die Kantone ist
–– Serie 2 (2016 ff ): Waldföhre, Lärche,                 möglich und wird durch das Projekt beratend
   Bergahorn, Esche, Traubeneiche, Stiel­                 unterstützt.
   eiche, Flaum­eiche.                                                               Ruedi Lengweiler
–– Serie 3 (2020 ff ): in Diskussion                                   Abteilung Planung und Beiträge

Zielbaumart           Lokalname             Teilflächen           Schutzgebietstyp    Fläche (ha)

Tanne                 –

Fichte                Basadinger Wald                             Samenerntebestand   155,0

Buche                 Seerücken             Dietenhuserhau        NWR                 130,0
                                            Althau                NWR
                                            Hinterholz            SWR
                                            Speckbachtobel        SWR

Schwarzpappel         Thurauen              Schäffäuli            NWR / SWR           48,3
                                            Schwarzmeerli
                                            Wuer
                                            Hau-Äuli
                                            Wyden
                                            Underwyde / Chuesteli

Elsbeere              Mammernwald                                 NWR / SWR           273,1
                      Wellenberg                                                      223,0

Eibe                  Mammernwald                                 NWR / SWR           273,1
                      Wellenberg                                                      223,0
                      Höllwald                                                         66,2
                      Hörnli ZH

Gesicherte Generhaltungsgebiete im Thurgau der 1. Serie in Samenerntebeständen, Naturwaldreservaten (NWR)
und Sonderwaldreservaten (SWR). Tabelle: Generhaltungsgebiete Schweiz, Generhaltungsgebiete TG

                                                                                               BTW 3/2021 7
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 Weiterbildung für das Thurgauer Forstpersonal:
 Tree-App – Baumartenempfehlung im Klimawandel

 Ursprünglich geplant für Frühjahr 2020, coro-
 nabedingt aber verschoben, fand am 4. Juni
 2021 für die Thurgauer Förster ein Kurs zur
 praktischen Anwendung der Tree-App, eines
 Hilfsmittels, um den Wald klimafit zu machen,
 statt.

 Ein erster Kurs zu diesem Thema im Herbst
 2019 vermittelte den Förstern die theoreti-
 schen Grundlagen (vgl. BTW 3/2019). Da seit
 dem ersten Kurs eineinhalb Jahre vergangen
 sind, wurden die damals vermittelten Inhalte
 in der Heubode-Schüür bei Homburg durch                 Als Kursverantwortlicher führte Roman Schnyder
 Monika Frehner, die bei der Entwicklung die-            durch die Veranstaltung.
 ses Tools beteiligt war, nochmals kurz erläu-
 tert und Weiterentwicklungen der Grundlagen             den, schlägt die App eine Palette von Baum­
 und Modelle der zur Übung vorgesehenen                  arten vor, die auf diesem Standort mit den
 Tree-App vorgestellt. Der Kanton Thurgau ist            sich ändernden Klimabedingungen zurecht-
 nach dem Kanton Luzern der zweite Kanton,               kommen. Mittels Standortsansprache sieht
 in dem diese Web-Anwendung praktisch aus-               der Förster, welche Baumarten im Jungwuchs
 probiert werden kann.                                   bereits heute vorhanden sind. Nun unter-
                                                         stützt ihn die App bei der Wahl, welche der
 Praktische Übungen an drei Waldstandorten               vorhandenen Baumarten förderungswürdig
 Die rund 30 Teilnehmenden wurden in Grup-               sind und welche auf diesem Standort eher
 pen aufgeteilt und durften einen Parcours mit           keine Zukunft haben. Durch die Wahl mehre-
 drei Standorten im Gebiet Grooswald bei                 rer Baumarten kann das Risiko eines Total-
 Homburg absolvieren. Das Ziel der Übungen               ausfalles für die Zukunft verkleinert werden.
 war, erste praktische Erfahrungen mit der App           Förster oder Försterinnen können so das na-
 zu machen. Ist der korrekte Standort gefun-             türlich vorhandene Baumartenpotenzial opti-

 Waldstandort: Typischer Waldhirsen-Buchenwald. Die Teilnehmenden mussten mithilfe der App
 beurteilen, welche Baumarten der natürlichen Verjüngung sie als zukunftsfähig ansehen und welche nicht.
 Alle Fotos: Sandra Horat

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mal nutzen und allenfalls weitere Baumarten
zur Ergänzung vorschlagen.

Tücken der Technik
Für die Übung wurde eine eigens dafür er-
stellte Testversion, der die Waldstandortkar-
tierung des Thurgaus hinterlegt ist, zur Ver­
fügung gestellt. Da die App auf die ganze
Schweiz ausgelegt ist, erschienen bei den
Baumartenempfehlungen Baumarten, die z.B.
im Tessin eine Option sind, nicht aber im Mit-
telland. Auch greift die Tree-App zurzeit auf       Monika Frehner bei der Betreuung eines Übungs­
die von Fachleuten seinerzeit im Feld kartierte     standortes.
Standortkarte und die automatisch berechne-
ten Vegetationshöhenstufenkarten zur Herlei-        –– Die App ist für die ganze Schweiz gemacht,
tung der Baumartenempfehlung zu, was im                was dazu führt, dass die Besonderheiten
Übergangsbereich von einer zur nächsten Ve-            einzelner Regionen nicht abgedeckt sind.
getationshöhenstufe dazu führen kann, dass          –– Wünschenswert wäre, dass dem Förster
der kartierte Waldstandort innerhalb der be-           alle forstlich relevanten Daten in einer An-
rechneten Vegetationshöhenstufe nicht vor-             wendung wie ThurGIS zur Verfügung stehen
kommt. Im Moment ist hier keine Empfehlung             würden.
möglich. Die gesammelten Verbesserungsvor-
schläge aus der Weiterbildung werden an die         Damit eine bessere Einschätzung der jeweils
Entwickler gemeldet. Zusätzlich besteht die         vorgeschlagenen Baumartenpalette gemacht
Möglichkeit, auf kantonaler Ebene Anpassun-         werden kann, ist geplant, dass das Bundes-
gen vorzunehmen.                                    amt für Umwelt für die einzelnen Baumarten
                                                    Baumartenporträts zur Verfügung stellt.
Fazit und Ausblick                                     Für die Thurgauer Forstwarte wurde ein
–– Ein erstes Üben mit der App war möglich          ähnlicher Kurs angeboten, bei dem das Ge-
   und ein Einordnen der Möglichkeiten der          wicht stärker auf die standörtlichen Grundla-
   App konnte stattfinden.                          gen gelegt wurde. Die Tücke bei der Tree-App
–– Die App ist als Hilfsmittel für den Förster      ist nämlich die Einfachheit ihrer Anwendung,
   zur Standortbestimmung und Wahl zukünf-          die in zwei Minuten erklärt ist. Dies lässt ver-
   tiger Baumarten gedacht.                         muten, dass wohl nicht allzu viel hinter der
                                                    Baumartenempfehlung steckt. Dabei basiert
                                                    die Baumartenempfehlung auf Klimamodel-
                                                    len, auf der modellierten Ausbreitung einzel-
                                                    ner Baumarten unter Berücksichtigung des
                                                    Klimawandels und Experteneinschätzungen
                                                    zu einzelnen Baumarten. Und selbst mit so
                                                    viel geballtem Waldbauwissen auf dem Smart-
                                                    phone ist weiterhin eine fachliche Einschät-
                                                    zung der Baumartenempfehlung unter Einbe-
                                                    zug der Lokalkenntnisse unabdingbar.
                                                                                     Sandra Horat
Die Teilnehmenden bei der Anwendung der Tree-App.                                         Forstamt

                                                                                           BTW 3/2021 9
Blätter aus dem Thurgauer Wald
Forstamt und Forstdienst

  Die S c h r a n d l e – D er Zau b erwald d er Bürge rge me in de
  K r eu z l i n g e n

  Auf der leichten Anhöhe zwischen Bätershau-            Forstamt und der Waldeigentümerin, der Bür-
  sen und den Bommer Weihern steht sie, die              gergemeinde Kreuzlingen, auf mindestens
  Schrandle – eine Insel grosser, alter Bäume            25 Jahre hinaus als Altholzinsel von Holznut-
  mitten in jüngeren, intensiv gepflegten Wald-          zungen verschont. Dass dieser Wald seinen
  beständen. So ganz anders sieht es hier aus            urigen Charakter aber bis heute erhalten hat,
  als sonst bei uns im Wald. Grüne Gräser be-            ist einer Serie von gleich vier Glücksfällen zu
  decken den Waldboden, darunter knacken                 verdanken.
  Äste geheimnisvoll. Zwischen dem Grün liegt
  und steht viel Totholz herum. Urtümliche               Glücksfall 1: Zu abgelegen für die Holz­
  Baumriesen fallen auf, dazu auch teilweise             nutzung
  schiefe oder mehrstämmige Bäume. Im Som-               Bis 1935 waren die Wälder im Gebiet jahrhun-
  mer brummen Insekten, man trifft auf Frö-              dertelang als Mittelwald bewirtschaftet wor-
  sche, findet Schwarzspechthöhlen, hört beim            den. Die Hauschicht wurde dabei alle 25 Jahre
  Eindunkeln vielleicht einen Waldkauz oder              grossflächig geschlagen, um Brennholz zu
  erhascht das Flattern einer Fledermaus – ein           nutzen. Auf der Fläche blieben in grösseren
  richtiger Zauberwald!                                  Abständen einzelne wertvolle Kernwüchse
                                                         stehen. Ein Luftbild aus jener Zeit zeigt noch
  Sucht man diese Oase der Stille auf, ist ihr           deutlich diese zweischichtige Waldstruktur.
  wohltuender Charme sofort spürbar. So ge-              Eine besondere Erschliessung war nicht nötig.
  heimnisvoll wie der Bestand selbst ist auch            Zum Abtransport der dünnen Brennholzprügel
  sein Name. «Schrandle» bezeichnet einen                genügten einfache Mittel.
  länglichen, klaffenden Riss im Gelände und                Nach Aufgabe des Mittelwaldbetriebs liess
  könnte auf eine Gletscherabschürfung hinwei-           man die Hauschicht ohne weitere Eingriffe
  sen. Zu sehen ist aber nichts dergleichen. Vier        auswachsen. Später wurden diese qualitativ
  Meter Grundmoräne liegen über oberer Süss-             meist nicht sehr wertvollen Bestände flächig
  wassermolasse im ebenen Gelände.                       geschlagen und durch Pflanzung als Hoch-
    Vor über 80 Jahren haben hier Waldarbeiter           wald neu begründet. So heisst es im Wirt-
  mit ihren Sägen letztmals gewirkt. Seit 2015           schaftsplan von 1951 zur Schrandle: «Zur
  bleibt dieser 1,49 ha grosse Bestand durch             direkten Umwandlung 2. Dringlichkeit. Diese
  eine Vereinbarung zwischen dem kantonalen              Bestände sind nicht mehr zu durchforsten.»

  Vom Sturm geworfene Bäume bleiben in der Altholzinsel Schrandle liegen, um sie Insekten, Pilzen und anderen
  Lebewesen zu überlassen, die für ihr Überleben auf Totholz angewiesen sind. Foto: Erich Tiefenbacher

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Forstamt und Forstdienst

                                                       oberfläche. Um die heutige Altholzinsel wäre
                                                       es geschehen gewesen, hätten sich die Erdöl-
                                                       träume erfüllt. Für die zugehörigen Infrastruk-
                                                       turanlagen wären zweifellos weitere Rodun-
                                                       gen nötig geworden. Statt auf Erdöl stiess
                                                       man aber nur auf Salzwasser.

Der Ausschnitt aus der Landeskarte von 1957 zeigt,     Glücksfall 3: Verfehlte Autobahnplanung
wie die Schrandle damals noch abseits von              Schon kurz darauf zeichnete sich die nächste
Waldstrassen lag, die zur Holzabfuhr taugten.
                                                       Bedrohung ab: der Nationalstrassenbau. Das
                                                       Trassee der in den 1960er-Jahren vorgesehe-
Noch fehlten Waldstrassen zur Abfuhr des               nen Autobahn T13 Richtung Romanshorn hat-
schwerer gewordenen Holzes.                            ten die Planer genau durch die heutige Altholz­
                                                       insel hindurch gelegt. Zunächst allerdings war
Glücksfall 2: Geplatzte Erdölträume                    im Rahmen der Güterzusammenlegung Alters-
Die Erschliessung kam dann 1962, aber nicht            wilen das nötige Land für die Nationalstrasse
um Holz zu ernten, sondern um nach Erdöl (!)           auszuscheiden. Zum erneuten Glück für die
zu bohren. Ermutigt durch Funde im nahen               Schrandle zog sich dieses Verfahren von 1967
Süddeutschland, hatte die Schweizerische               an fast 20 Jahre lang dahin – und kurz vor
Erdöl AG unmittelbar westlich der heutigen             Abschluss strich das Bundesparlament die
Altholzinsel eine Konzession für die erste Erd-        umstrittene T13 aufgrund des unterdessen
öltiefbohrung im Thurgau erhalten. Für den             eingetretenen Politikwandels 1986 gar wieder
45 m hohen Bohrturm und die Schlammgrube               ganz aus dem Netz. Die Schrandle blieb so
musste eine halbe Hektare Wald vorüberge-              vorerst weiterhin «Niemandsland». Erst mit
hend gerodet werden. Auch hier ist auf einem           der Landumlegung Tägerwilen ging das Ei-
Luftbild von 1966 die damals wieder frisch be-         gentum 1998 unversehrt als Wald zurück an
stockte Kahlfläche noch deutlich erkennbar.            die Bürgergemeinde Kreuzlingen.
   Abgeteuft wurde die Bohrung während gut
drei Monaten bis auf 2560 m unter die Erd-             Glücksfall 4: Ein verständnisvoller Revier-
                                                       förster
                                                       Inzwischen hatte der unterdessen leider ver-
                                                       storbene Daniel Geiger als junger Förster mit
                                                       klaren waldbaulichen Vorstellungen das Re-
                                                       vier übernommen. Er besass aber auch den
                                                       Blick dafür, wo nach den unterdessen gewan-
                                                       delten Wertvorstellungen anderen Waldfunkti-
                                                       onen, wie hier eben der Biodiversität und
                                                       Waldästhetik, Priorität vor reiner Wirtschaft-
                                                       lichkeit beizumessen war. In seinen Jahrespla-
                                                       nungen «übersah» er darum dieses Waldstück
                                                       jeweils ganz bewusst. Zum Gedenken an ihn
                                                       hat die Bürgergemeinde nach seinem Tod den
                                                       Weiterbestand der Schrandle als Altholzinsel
Grosser Bildbericht im «Thurgauer Volksfreund» vom     auch formell gesichert.
28. Juli 1962 über die Bohrarbeiten im Wald westlich                               Erich Tiefenbacher
der Schrandle.
                                                                      Kreisforstingenieur Forstkreis 2

                                                                                           BTW 3/2021 11
Forstamt und Forstdienst

  Der n e u e Wa l d e ntw i cklu ng s plan Th urgau ist in Kraft

  Der Regierungsrat hat den neuen Waldent-            werden die Leistungen und Aufgaben des Wal-
  wicklungsplan Thurgau auf den 1. Juli 2021 in       des sowie die oft gegensätzlichen Ansprüche
  Kraft gesetzt. Dieser löst die neun Regionalen      der Gesellschaft an den Wald analysiert und
  Waldpläne Oberthurgau, Weinfelden, Dies­            abgewogen. Ziel ist, langfristig ein Gleichge-
  senhofen, Frauenfeld-Süd, Tannzapfenland,           wicht zwischen all den verschiedenen Interes-
  Region Kreuzlingen, Seerücken West, Münch­          sen zu gewährleisten. Dazu wurden zu über
  wilen-Ost und Bischofszell ab.                      zwanzig für den Wald relevanten Themen be-
                                                      hördenverbindliche Grundsätze und Ziele defi-
  Ein Waldentwicklungsplan ist ein forstliches Pla-   niert, Entwicklungen und Konflikte aufgezeigt,
  nungsinstrument auf überbetrieblicher Ebene         der Handlungsbedarf eruiert und Massnahmen
  und dient der Sicherstellung der öffentlichen       vorgeschlagen. Insbesondere die Themen Er-
  Interessen am Wald. Er besteht aus einem Be-        holung, Biodiversität und Klimawandel sind
  richt und der Karte der Waldfunktionen und ist      gemäss ihrer zunehmenden Bedeutung im
  für die Behörden von Kanton und Gemeinden           neuen Waldentwicklungsplan stärker gewich-
  verbindlich, aber nicht eigentümerverbindlich.      tet als noch in den Regionalen Waldplänen.

  Regionale Waldpläne dienten als Grundlage           Mitwirkung durch Bekanntmachung
  Zwischen 1997 und 2008 wurden im Kanton             Eine Vernehmlassung bei den betroffenen Äm-
  Thurgau die neun Regionalen Waldpläne               tern und bei den Revierförstern sowie eine an-
  Oberthurgau, Weinfelden, Diessenhofen, Frau-        schliessende öffentliche Bekanntmachung im
  enfeld-Süd, Tannzapfenland, Region Kreuzlin-        vergangenen Herbst stellte die Mitwirkung si-
  gen, Seerücken West, Münchwilen-Ost und             cher und sorgte für eine breite Abstützung des
  Bischofszell erarbeitet. Diese sind mittlerwei-     neuen Waldentwicklungsplans. Bei der Be-
  le teilweise veraltet, weshalb eine Überarbei-      kanntmachung gingen 56 Eingaben mit über
  tung nötig wurde. Da heutige Anliegen wie           200 einzelnen Anträgen und Hinweisen ein. Be-
  Erholung und Sport im Wald oder auch Biodi-         sonders viele Meldungen gab es dabei zu den
  versität vermehrt eine Betrachtung über die         Themen Erholung, Biodiversität und Erschlies­
  Regionen hinaus notwendig machen, wurde             sung. Mehr als die Hälfte der eingegangenen
  beschlossen, neu einen kantonalen Waldent-          Anträge und Hinweise aus der Bekanntmachung
  wicklungsplan zu erstellen und nicht mehr in        konnten bei der abschliessenden Überarbeitung
  Regionen zu planen. Der neue Waldentwick-           ganz oder teilweise berücksichtigt werden.
  lungsplan wurde vom Forstamt ausgearbeitet,            Am 29. Juni 2021 hat der Regierungsrat den
  wobei die Inhalte der Regionalen Waldpläne          neuen Waldentwicklungsplan nun genehmigt
  als Grundlage dienten und eine kantonal ein-        und auf den 1. Juli 2021 in Kraft gesetzt. Die
  heitliche Planung angestrebt wurde.                 Regionalen Waldpläne wurden damit abgelöst
                                                      und aufgehoben. Der neue Waldentwicklungs-
  Erholung, Biodiversität und Klimawandel             plan ist auf der Webseite des Forstamtes
  mehr gewichtet                                      (https://forstamt.tg.ch) und auf der kanto­
  Im neuen Waldentwicklungsplan werden die            nalen Geoinformationsplattform ThurGIS
  Waldfunktionen Holzproduktion, Schutz vor           (https://map.geo.tg.ch) aufgeschaltet. Der Be-
  Naturgefahren, Biodiversität und Erholung de-       richt kann beim Forstamt bezogen werden.
  finiert, gewichtet und auf der Karte der Wald-                                      Claudia Kuratli
  funktionen lokalisiert. Im zugehörigen Bericht                     Abteilung Planung und Beiträge

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Forstamt und Forstdienst

Ausschnitt aus der Karte der Waldfunktionen des neuen Waldentwicklungsplans Thurgau.
Karte: Forstamt / swisstopo

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  Bienen b e h a u s u n g en am W ald rand un d im Wal d

  Haben Sie sich auch schon gefragt, weshalb            einen geeigneten Standort der Behausungen.
  eigentlich Bienenhäuser, wie dieses auf dem           Folgende Kriterien sollte ein Bienenstandort
  Bild aus Mettendorf, am Waldrand stehen?              aufweisen:
                                                        –– direkte Morgensonne auf die Fluglöcher
  Die ersten Bienenarten entwickelten sich vor          –– in der Nähe einer Wasserquelle
  ca. 100 Millionen Jahren zur selben Zeit wie          –– windgeschützt (Westwind und Bise)
  die ersten Blütenpflanzen. Weltweit gibt es           –– breites Nahrungsangebot wie Hecken, Wald,
  rund 30 000 Bienenarten. Davon kommen in                 Obstgärten und Siedlungen
  der Schweiz fast 620 Arten vor. Nur gerade
  10% dieser Arten leben als Sozialstaaten, eine        Was können Sie als Waldbesitzer und
  davon ist die Europäische Honigbiene (Apis            -bewirtschafter für die Honigbienen tun?
  mellifera).                                           Nach den gemähten Blumenwiesen (Grün­
     Die Hochblüte der Imkerei war im Mittelal-         steppen) im Juni/Juli ist der Wald eine sehr
  ter (300 bis 1500 n. Chr.). Damals wurden die         wichtige Nahrungsquelle. Durch eine grosse
  Bienen in Tonröhren, liegenden Holzkästen             Kraut-, Strauch- und Baumvielfalt im Wald fin-
  und Strohkörben gehalten. Zur selben Zeit             den die Bienen genügend Blüten, um das feh-
  entwickelte sich in Nordosteuropa auch die            lende Nahrungsangebot des Offenlandes zu
  Waldbienenzucht (Zeidlerei). Die Bienen wur-          ersetzen. Alle sechs bis zehn Jahre, wenn die
  den in künstlichen Baumhöhlen auf ca. 5 bis           Wetterlage für die Läuse optimal ist, gibt es
  10 m Höhe gehalten.                                   von den Weisstannen den leckeren und be-
     Erst um 1770 wurden mobile Beuten (z.B.            liebten Waldhonig. Aber auch die Brom- und
  Körbe) und Kästen entwickelt, so wie wir sie          Himbeeren sind für eine ausgewogene Ernäh-
  heute kennen. Dies hat den Vorteil, dass bei          rung wichtig. Aus diesem Grund sollten Jung-
  der Honigernte kein Wabenbau zerstört wird            bäume vermehrt mit der Sichel ausgetrichtert
  und das Inhaltsvolumen der Bienenvolkgrös­            und nicht die gesamte Fläche mit dem Frei-
  se angepasst werden kann.                             schneider gemulcht werden.
     Um für die Bienen optimale Bedingungen                Gerade bei der Jungwaldpflege kann den
  zur Volksentwicklung zu geben, braucht es             Bienen noch verstärkt geholfen werden. Man
                                                        lässt weiche Laubhölzer wie Weide, Faul-
                                                        baum, Haselnuss und Aspen stehen, solange
                                                        diese keine anderen Bäume bedrängen. Be-
                                                        sonders die Weiden sind für die Bienen im
                                                        März die ersten und wichtigsten Pollen- und
                                                        Nektarspender.

                                                        Vorbereiten auf den Winter
                                                        Mit der Sonnenwende am 21. Juni bereiten
                                                        sich die Bienen bereits auf den kommenden
                                                        Winter vor. Als Sozialstaat überwintert das
                                                        ganze Bienenvolk, und nicht, wie bei den So-
                                                        litärbienen, die Puppe. Ab August schlüpfen
                                                        die ersten Winterbienen; deren Lebensdauer
  Bienenhaus am Waldrand in Mettendorf. Foto: Philipp   beträgt rund sechs bis neun Monate. Eine
  Eigenmann                                             Sommerbiene hingegen lebt nur rund vier bis
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sechs Wochen. Das Verhalten der Winterbiene            können Bienen durch Erschütterungen von
ist wesentlich passiver im Vergleich zu dem            den Waben fallen und auf dem Kastenboden
der Sommerbiene (Workaholic). Die Bienen               erfrieren.
halten keinen Winterschlaf, sondern versetzen
sich in Ruhephasen. Sinken die Aussentempe-            Holzschläge und Bienen
raturen unter 10° Celsius, verlassen die Bienen        Wenn Holzschläge neben einem Bienenstand
ihre warme Behausung nicht mehr und sam-               geplant werden, sollte vorher immer der Im-
meln sich zu einer Traube. Durch das Zittern           ker informiert werden. Ist nicht bekannt, wer
ihrer Brustmuskulatur wärmen und halten sie            der Halter dieser Bienen ist, kann dies einfach
die Traube zwischen 20 bis 30° Celsius warm.           mittels ThurGis (https://map.geo.tg.ch) ermit-
                                                       telt werden. Dazu im Suchfeld «Bienenstand-
                                                       orte» eingeben, und schon erscheinen diese.
                                                       Mit dem Anwählen des Standes erhält man
                                                       die Informationen.
                                                          Holzschläge neben Bienenständen sollten,
                                                       wenn möglich, im Herbst ausgeführt werden
                                                       und nie im kalten Januar und Februar. Am
                                                       besten ist es, wenn der Bienenhalter im Som-
                                                       mer über den geplanten Holzschlag informiert
Temperaturverteilung der Bienen in einer Winter­       worden ist und die Möglichkeit hat, die Bie-
traube. Abbildung: Verband Bienen Schweiz              nen an einem anderen Ort aufzustellen.
                                                          Mit wenigen Massnahmen kann den Bienen
   In dieser Phase sollte das Bienenvolk mög-          geholfen werden. Wenn sie für den kommen-
lichst nicht gestört werden. Jede Erschüt­             den Winter einen Holzschlag neben einem
terung bringt das Volk in Aufregung und                Bienenstand planen, dann ist jetzt der ideale
Alarmbereitschaft. Dadurch verbrauchen sie             Zeitpunkt, den Imker zu informieren.
wesentlich mehr des eingelagerten Wintervor-                                       Philipp Eigenmann
rats, was zum Hungertod führen kann. Auch                                Revierförster Forstrevier 110

ThurGis-Layer für Bienenstände. Karte: Kanton TG/Swisstopo

                                                                                           BTW 3/2021 15
Forstamt und Forstdienst

  Revierbesuche von Carmen Haag

  Gleich drei Forstreviere erhielten diesen Früh-
  ling / Sommer Besuch von Regierungsrätin
  Carmen Haag, Chefin des Departementes für
  Bau und Umwelt (DBU). Neben dem Besuch
  des Forstreviers Müllheim wurde der im 2020
  coronabedingt verschobene Revierbesuch in
  den Forstrevieren Tägerwilen und Kreuzlin-
  gen nachgeholt.

  Bei ihren Besuchen traf die Departementsche-
  fin als oberste Verantwortliche des Thurgauer
  Waldes Reviervorstände, Revierförster sowie
  Vertreter der grossen Waldeigentümer und der             Revierförster Urs Bühler erklärt Regierungsrätin
  Politischen Gemeinden. Im Forstrevier Müll-              Carmen Haag und Kantonsforstingenieur Daniel Böhi,
                                                           wie im Revier Müllheim gearbeitet wird.
  heim waren diese vertreten durch die Gemein-             Foto: Ulrich Ulmer
  depräsidentinnen Jacqueline Müller (Pfyn) und
  Sonja Wiesmann (Wigoltingen) sowie den Ge-               Arbeiten im Revier organisiert und abgerech-
  meindepräsidenten Urs Forster (Müllheim).                net werden. Im Gebiet Oberi Wiide in Pfyn
  Revierpräsident Felix Goldinger, der sein Amt            präsentierte der Pfyner Bürgerpräsident Ste-
  nach zehn Jahren an Peter Siegwart übergibt,             fan Rechberger die Auswirkungen des Kon-
  stellte das Forstrevier Müllheim vor und man             zeptes Thur+ auf den Wald der Bürgergemein-
  diskutierte über aktuelle Waldthemen.                    de Pfyn.
     Im zweiten Teil des Anlasses vom 25. Juni               In den Revieren Kreuzlingen und Tägerwi-
  2021 zeigte Revierförster Urs Bühler am Bei-             len trafen sich die Vertreter trotz gewisser
  spiel der Aufarbeitung von Sturm-, Schnee-               immer noch bestehender Einschränkungen
  bruch und Käferholz sehr anschaulich, wie die            (beide Reviere separat, je max. 15 Teilneh-

  Regierungsrätin Carmen Haag im Gespräch mit Vertretern des Forstreviers Müllheim und der Politischen
  Gemeinden. Foto: Ulrich Ulmer

16 BTW 3/2021
Forstamt und Forstdienst

mer). Man war froh, dass sich die Vertreter
von Waldeigentümern und Forstdienst mit
den Gemeindepräsidenten und -präsidentin-
nen im Einzugsgebiet endlich wieder physisch
draussen treffen und austauschen konnten
und dass die beteiligten Revierförster vor Ort
einen Einblick in aktuelle forstliche Themen
gaben.
   In den beiden Revieren waren die Auswir-
kungen der stark gesteigerten Naherholungs-
nutzung des Waldes über die Pandemiezeit
hinweg ein Hauptthema. (Wie viel Corona er-
trägt der Lebensraum Wald?) Förster und
Waldeigentümer wiesen dabei insbesondere                    Beispiel eines Ufergehölzes am Bodensee.
auf die waldschädigenden Auswirkungen auf-                  Foto: Sandra Horat
grund der beobachteten starken Zunahme il-
legaler Bike-Aktivitäten oder wilder Feuerstel-             ohne Bewilligung, Mähen der Bodenvegetati-
len hin.                                                    on, Platzierung waldfremder Anlagen und Ein-
   In Tägerwilen gelang es Revierförster Pas-               richtungen etc.). Im Revier Kreuzlingen hatte
cal Epper zudem, die Bedeutung der Wald-                    sich der Präsident der Schuppiskorporation
pflege anhand der Entwicklung von Lothar-­                  Emmishofen vorgängig mit konkreten Fragen
Flächen mit und ohne forstliche Eingriffe                   gemeldet. Revierförster Tobias Fischer führte
eindrücklich aufzuzeigen. Im Revier Kreuzlin-               die Teilnehmer zu Standorten im Wald, wo
gen führte Revierförsterin Sophia Steimle an-               diese Fragen anhand konkreter Praxisbeispie-
hand eines krassen Beispiels vor, wie stark                 len diskutiert werden konnten.
die Seeufergehölze unter andauerndem Druck
der schleichenden Zweckentfremdung und                               Ulrich Ulmer, Kreisforstingenieur FK3
Umwandlung zu Privatgärten stehen (Holzerei                    Erich Tiefenbacher, Kreisforstingenieur FK2

Beispiel einer illegal errichteten Feuerstelle im Wald. Foto: Erich Tiefenbacher

                                                                                                       BTW 3/2021 17
Forstamt und Forstdienst

  Zu r Pe n s i o n i e r u ng v o n D ani ela Straub

  17 Jahre lang arbeitete Daniela Straub als
  Ressortleiterin GIS im Forstamt. Ende Mai
  2021 trat sie nun den wohlverdienten Ruhe-
  stand an.

  Daniela Straub arbeitete an der ETH Zürich, be-
  vor sie im Juli 2003 eine Stelle als Sachbearbei-
  terin im Hochbauamt antrat. Im April 2004
  wechselte sie dann schliesslich verwaltungsin-
  tern zum Forstamt. Ihre Aufgabe im Forstamt
  war es, Kartenmaterial digital zu erfassen, lau-
  fend zu aktualisieren und die Karten für die        Daniela Straub. Foto: Sandra Horat
  Anwenderinnen und Anwender in geeigneter
  Form, in der Regel ausgedruckt als Plan, zur        einmal sichtbar wären, bei der digitalen Wei-
  Verfügung zu stellen. Beispiele hierfür sind die    terverarbeitung zu Fehlern führen können. Da-
  Bestandeskarten oder die Pläne zur Ausfüh-          niela Straub hat mit ihrer ruhigen Art und mit
  rungsplanung. Digital erfasste Karten werden        bemerkenswerter Ausdauer diese Tücken, von
  als Geoinformationen bezeichnet und sind so-        den Tücken der GIS-Programme gar nicht zu
  mit Informationen mit einem räumlichen Bezug.       sprechen, mit Bravour gemeistert und über-
  Sogenannte Geografische Informationssysteme         lässt ihrem Nachfolger eine übersichtliche
  – kurz GIS genannt – dienen der Verwaltung          Sammlung der forstlichen Geoinformationen.
  und der Bearbeitung von Geoinformationen.              Daniela Straub war während ihrer Zeit beim
  Als Daniela Straub ihre Arbeit 2004 aufnahm,        Forstamt eine sehr zurückhaltende und ruhige
  war GIS eine Technologie, die lediglich in aus-     Persönlichkeit. In ihren Ferien reiste sie im-
  gewählten Fachgebieten ihre Anwendung fand.         mer wieder gerne nach Italien, hat sie doch
  Mit der Inkraftsetzung des Bundesgesetzes           italienische Wurzeln. Aber auch andere Län-
  über Geoinformation 2007 hielten Geoinforma-        der fand sie reizvoll. Um bereits den Sommer
  tionen in der kantonalen Verwaltung des Thur-       2021 in Ruhe zu geniessen und sich ihren Bal-
  gaus breit Einzug. Heute hat jeder mit ThurGIS      konpflanzen zu widmen, hat sie von der Mög-
  (https://map.geo.tg.ch) Zugriff auf einen Gross-    lichkeit einer vorzeitigen Pensionierung gerne
  teil der vom Forstamt erstellten Geoinformatio-     Gebrauch gemacht. Ganz ruhig aber ist es für
  nen. Im ThurGIS sind die Themen «Waldreser-         Daniela Straub doch noch nicht geworden, da
  vate», «Forstliche Bestandeskarte» oder ganz        sie auf dem Forstamt auch jetzt beim einen
  aktuell im Zuge der Inkraftsetzung des Wald-        oder anderen brennenden Geschäft, bei wel-
  entwicklungsplans Thurgau 2020 «Waldfunkti-         chem geografische Informationsdaten ge-
  onen Waldentwicklungsplan» Produkte von             braucht werden, aushilft, bis ihr Nachfolger
  Daniela Straubs Arbeit.                             per 1. September 2021 die Stelle antritt.
     Daniela Straub hatte mit der GIS-Stelle eine        Liebe Daniela, wir danken dir für deine
  herausfordernde Aufgabe in einem technolo-          Arbeit als Hüterin der Geoinformationen des
  gisch sich rasch verändernden Umfeld, die ein       Forstamts, die du voll und ganz wahrgenom-
  hohes Mass an Akribie erforderte. Eine der          men hast, und wünschen dir für die Zukunft
  Tücken der digitalen Welt ist nämlich, dass         alles Gute!
  kleinste Ungenauigkeiten in der Geoinforma­                                       Jochen Breschan
  tion, die auf einer gezeichneten Karte nicht                          Leiter Planung und Beiträge

18 BTW 3/2021
Forstamt und Forstdienst

Zu r Pe n s i o n i e r u ng v o n W alter Acke rman n

Nach fast 50 Jahren Tätigkeit im Wald, davon
34 Jahre als Revierförster in Basadingen im
heutigen Revier Unterthurgau, trat Walter
Ackermann Ende Juni 2021 in den wohlver-
dienten Ruhestand.

Begonnen hatte Walter Ackermann seine
forstliche Laufbahn mit der Forstwartlehre,
die er 1972 – 1975 bei der Waldkorporation
Romanshorn-Uttwil absolvierte. Von 1975 –
1978 arbeitete er unter anderem auf dem
Kantonsforstamt und bei der Bürgergemeinde        Walter Ackermann. Foto: Stephan Frei
Frauenfeld bei Hugo Traber. 1978/79 besuchte
er die Försterschule in Maienfeld. Seine erste    bau weiter und verfeinerte ihn zum Dauer-
Anstellung als Förster nahm er in Pfeffikon LU    wald. Auf unzähligen Waldführungen gab der
am Hallwilersee an.                               anerkannte Dauerwaldexperte sein Wissen
   Am 1. Juli 1987 wurde Walter Ackermann von     weiter. Regelmässig besuchten Försterschu-
der Bürgergemeinde Basadingen als Nachfol-        len, die ETH Zürich und die Fachhochschule
ger von Förster Peter Ulrich angestellt. Er war   Weihenstephan München den Basadinger
zuständig für den Wald in Basadingen (Bürger-     Wald. Wer einmal dabei war, war beeindruckt
gemeinde und Privatwald, rund 250 ha Wald).       von seinem riesigen Wissen über die Tier- und
Mit der Gründung des Forstreviers Basadingen-     Pflanzenwelt und seiner Beobachtungsgabe.
Schlattingen kam 2003 der Wald von Schlattin-        Die sorgfältige und rücksichtsvolle Bewirt-
gen dazu und die Anstellung wechselte von         schaftung des Basadinger Waldes war immer
der Bürgergemeinde Basadingen zum Forstre-        sein Hauptanliegen, der multifunktionale
vier Basadingen-Schlattingen (rund 450 ha         Wald sein Ziel: ein Wald, der gleichzeitig wert-
Wald) gemäss dem Grundsatz des Thurgauer          volles Holz liefert, Lebensraum für Tiere,
Waldgesetzes von 1994, das besagt, dass sich      Pflanzen, Flechten und Moose und ein ruhiger
Forstrevierkörperschaften bilden, die den Förs-   Ort für Erholungssuchende ist und erst noch
ter anstellen. 2014 folgte der Zusammen-          Trinkwasser filtert.
schluss zum Forstrevier Unterthurgau. Wäh-           Die Verleihung des Binding Waldpreises
rend Walter Ackermann weiterhin die Wälder in     2016 an die Bürgergemeinde Basadingen-
Basadingen-Schlattingen betreute, übernahm        Schlattingen war der Höhepunkt in der forstli-
Simon Pachera die Verantwortung für die Wäl-      chen Karriere von Walter Ackermann, dem ein
der in Schlatt von Kurt Engel. Mit der Pen­       grosser Anteil dieser Auszeichnung gebührt.
sionierung von Walter Ackermann ist Simon            Nun endet eine grosse Försterlaufbahn. Wir
Pachera nun für das gesamte Revier Unter­         möchten dir, Walter, danken für dein Wirken
thurgau zuständig (rund 850 ha Wald).             und deinen grossen Einsatz während fast 50
   Von Beginn an verzichtete Walter Acker-        Jahren im Wald, davon 34 Jahre als Revier­
mann auf flächige Verjüngungen. Der Wald-         förster in Basadingen. Wir wünschen dir und
bau in den stufigen, parkartigen, plenterarti-    deiner Familie alles Gute für die weitere Zu-
gen Wäldern in der Region Diessenhofen war        kunft und vor allem gute Gesundheit.
schon seit Jahrzehnten eine Besonderheit.                                            Ulrich Ulmer
Walter Ackermann entwickelte diesen Wald-                        Kreisforstingenieur Forstkreis 3

                                                                                         BTW 3/2021 19
Aus Verbänden und Branchen

  Gefragter und erfolgreicher Forstnachwuchs

  Die Thurgauer Forstbranche verfügt über                   (Staatswald Seerücken-Rhein), Patrik Niederer
  sechs neue, gut qualifizierte Forstwarte EFZ!             (Bürgergemeinde Tägerwilen) und Nils Pfister
  Am Freitag, 9. Juli 2021, durften sechs junge             (Staatswald Seerücken-Rhein).
  Forstwarte in der Reha-Klinik Dussnang ihr                   Wie üblich wurden im Rahmen dieser Feier
  eidg. Fähigkeitszeugnis als Forstwart entge-              auch die Preisträger der schönsten Herbarien ge-
  gennehmen.                                                kürt. Diese wurden jeweils separat von einer
                                                            Fachjury und dem Publikum bewertet. In beiden
  Stimmung und Atmosphäre konnten beim Be-                  Kategorien belegte Brendan Hafen den ersten
  grüssungsapéro nicht passender sein. Unter                Platz. In der Wertung der Fachjury belegte David
  den stattlichen Bäumen im Garten der Klinik               Keller den zweiten und Nils Pfister den dritten
  begrüsste Roger Hollenstein Absolventen, El-              Rang. In der Publikumsbewertung erreichte
  tern, Angehörige, Berufsbildner und Gäste. Im             Marco Meili den zweiten und Nils Pfister den drit-
  Anschluss begab man sich zum festlichen                   ten Rang. Die Publikumsbewertung fand corona-
  Abendessen in den grossen Saal. Die Festan-               bedingt nur durch die Lernenden der drei Forst-
  sprache wurde dieses Jahr durch Jakob Hug,                wartklassen statt. Ebenfalls gab es Preise für die
  Vizepräsident von WaldThurgau, gehalten. Er               besten Lerndokumentationen. Hier erreichte
  gratulierte den künftigen Forstwarten und er-             David Keller den ersten, Brendan Hafen den
  wähnte, dass der Thurgauer Wald stolz sein                zweiten und Marco Meili den dritten Rang. David
  darf auf die neuen Berufsleute. Ebenfalls be-             Keller darf mit seiner Lerndokumentation zudem
  tonte er die Wichtigkeit des Berufsnachwuch-              an der nationalen Prämierung teilnehmen.
  ses für die zukünftige Holznutzung und Wald-                 Mit Erhalt des eidg. Fähigkeitszeugnis Forst­
  pflege sowie seine Bedeutung als Artenförderer            wart/-in haben diese jungen Berufsleute eine
  und Lebensraumerhalter.                                   gute Grundlage für das bevorstehende Berufs-
     Am Höhepunkt des Abends überreichte der                leben erreicht. Die OdA Wald Thurgau gratuliert
  Chefexperte Urs Badertscher mit einem gros­               ihnen herzlich zum erfolgreichen Lehrabschluss
  sen Lob die eidg. Fähigkeitszeugnisse an                  und wünscht allen viel Erfolg und Freude im
  Brendan Hafen (ThurForst), Steven Hutter                  zukünftigen Berufsleben!
  (Waldkorporation Romanshorn-Uttwil), David                                               Roman Schnyder
  Keller (Forstrevier Mittelthurgau), Marco Meili                                Ausbildungsleiter Forstamt

  Die erfolgreichen Lehrabgänger (von links nach rechts): Brendan Hafen, Steven Hutter, David Keller, Marco Meili,
  Patrik Niederer und Nils Pfister. Foto: R. Schnyder

20 BTW 3/2021
Aus Verbänden und Branchen

Geschäftsführer Lignum Ost: Eine interessante Tätigkeit?

Im Bereich Wald und Holz werden unter-
schiedliche Tätigkeiten durch verschiedene
Menschen wahrgenommen. Welche Aufgaben
beinhalten diese Tätigkeiten? Was für Men-
schen stehen dahinter? In dieser Ausgabe
wird Simon Biegger, Geschäftsführer der Lig-
num Ost, zu seinem Tätigkeitsfeld interviewt.

Was ist dein Werdegang?
Als Bauernsohn aufgewachsen, bin ich mit
dem Wald vertraut. Nach einer Lehre als
Schreiner und einer Weiterbildung arbeitete
ich im Bereich Marketing bei der sia Abrasi-       Seit drei Jahren arbeitet Simon Biegger als Geschäfts-
ves. Mein Schwager zeigte mir das Stellen­         führer der Lignum Ost. Foto: Sandra Horat
inserat für den Posten als Geschäftsführer der
Lignum Ost. Dieses hat mich sehr angespro-         was erzähle ich den Leuten, wenn ich erklären
chen, ich habe mich beworben und seit drei         muss, was die Lignum Ost macht. Daraus er-
Jahren bin ich nun zu 60% als Geschäftsführer      gaben sich drei Schlagworte: Informieren,
tätig.                                             Vernetzen, Handeln. Auch heute würden wir
                                                   als Vorstand diese Schlagworte noch auffüh-
Lignum Ost ist eine Branchenorganisation.          ren. Die Lignum Ost ist als Verein aufgebaut.
Was war deine Motivation, die Tätigkeit als        Die Hauptträger sind z.B. das Forstamt, Wald-
Geschäftsführer der Lignum Ost zu überneh-         Thurgau, die Schreiner Thurgau, die Holzin-
men?                                               dustrie, die Holzbauer Thurgau, der Forstper-
Ich war schon immer ein Holzfan, habe als          sonalverband etc. Durch das erfolgreich
Kind schon immer viel mit Holz gebastelt und       abgeschlossene NRP-Projekt (Neue Regional-
bin als gelernter Schreiner nahe am Holz. Mei-     politik) letztes Jahr ist nun auch das Zürcher
ne Vorliebe kam mir hier entgegen, da sich         Oberland bei der Lignum Ost dabei und der
die Lignum mit Holz beschäftigt. Zusätzlich        Wirkungsperimeter wird grösser. Die aufge-
bin ich Präsident des Weihnachtsmarktes            zählten Verbände sind die gewichtigen Mit-
Frauenfeld und kann hier auf ein bestehendes       glieder. Dann kommen die Trägermitglieder,
Netzwerk zurückgreifen. Die Stelle beinhaltet      z.B. ein grosser Holzbauer, und schliesslich
auch, dass man verschiedenste Themen unter         die Basismitglieder, z.B. eine einzelne Zimme-
einen Hut bringen muss. Dadurch wird die Ar-       rei oder ein Forstrevier, dazu. Mit diesen Mit-
beit vielfältig. Das hat mich angesprochen.        gliedern werden Vorstandssitzungen als run-
Die Stellenbeschreibung tönte gut und ich          de Tische veranstaltet. Aktuelles Thema hier
sah Potenzial für die Zukunft. Die Stelle bietet   sind die Holzlieferengpässe. Durch die Breite
einen gewissen Freiraum und man hat die            der Mitglieder, die ganze Holzkette ist da,
Möglichkeit, selber zu gestalten.                  wird eine Zusammenarbeit vereinfacht. Lig-
                                                   num Ost veranstaltet für seine Mitglieder In-
Was macht der Geschäftsführer der Lignum           formationsanlässe mit unterschiedlichem Fo-
Ost?                                               kus: mal für Architekten, dann für Holzbauer
Es gibt verschiede Bereiche. Als ich bei der       usw. Sie stärkt das Netzwerk, um damit die
Lignum Ost begann, musste ich überlegen,           gemeinsamen Interessen zu unterstützen, in-

                                                                                             BTW 3/2021 21
Diverses

  dem sie versucht, manchmal diametrale Inte-       Wie hat sich die aktuelle pandemische Lage
  ressen auszugleichen und nach aussen hin          auf deine Arbeit ausgewirkt?
  geeint aufzutreten. Auch werden neue Ideen        Auf der Seite der Lignum waren die Auswir-
  aufgenommen und es wird versucht, diese           kungen klein. Ich arbeitete mehrheitlich von
  einzubringen.                                     zu Hause aus. Wir konnten 2020 alle geplan-
     Die Geschäftsstelle ist selber ein kleines     ten Veranstaltungen durchführen. Die Lignum
  Kompetenzzentrum. Neben der Lignum Ost            führt auch noch ein Mandat für Holzenergie
  arbeitet auch der Geschäftsführer des Schrei-     Thurgau. Hier mussten einzelne Veranstaltun-
  nerverbandes im selben Bürotrakt und die          gen und Kurse abgesagt werden. Rein tech-
  Lignum Ost macht das Sekretariat für Holzbau      nisch gesehen, war vonseiten Lignum Ost die
  Thurgau und die Buchhaltung für den Schrei-       Pandemie kein Problem.
  nerverband.
                                                    Welche Herausforderungen siehst du für
  Was ist das Interessanteste an deiner             deine Arbeit bei der Lignum Ost in den
  Tätigkeit?                                        nächsten Jahren? Welche Schwerpunkte gibt
  Die Vielseitigkeit. Dadurch, dass verschiedene    es?
  Branchen in der Lignum Ost zusammenkom-           Grundsätzlich geht es der Lignum Ost gut. Un-
  men, wird die Arbeit vielfältig und die Arbeit    sere Mitgliederzahl steigt. Zukünftige Schwer-
  ist nicht theoretisch, sondern beinhaltet viel    punkte sind die Themen nachhaltiges Bauen,
  Praktisches. Es ist eine gestalterische Bran-     ressourcenschonendes Bauen und CO2-bin-
  che.                                              dendes Bauen. Aktuell ist die neu entfachte
                                                    Diskussion über Regionalität; dies in Zusam-
  Welche Fähigkeiten muss man deiner                menhang mit den Lieferengpässen von Holz.
  Meinung nach mitbringen, um seinen Job als        Hätte man vor zehn Jahren die heimische In-
  Geschäftsführer der Lignum Ost erfolgreich        dustrie ausbauen können, wäre es im Mo-
  zu bestreiten?                                    ment einfacher. Der Endkunde kann seinen
  Die Freude an der Materie Holz muss gegeben       Teil dazu beisteuern, indem er nach einheimi-
  sein, da das Material Dreh- und Angelpunkt        schem Holz verlangt. Auch sollten die Holz-
  ist. Man muss gerne mit Leuten zusammenar-        verarbeiter vermehrt auf Regionalität setzen.
  beiten. Die in der Lignum Ost tätigen Leute,      Es ist zu hoffen, dass die Impulse zur Förde-
  z.B. der Präsident Paul Koch, sind sehr gut       rung von Regionalität längerfristig anhalten.
  und agil. Dadurch sieht man bei Entwicklun-                             Interview: Sandra Horat
  gen eher Chancen anstatt Probleme und hat
  positive Ansichten.
                                                     Eidgenössisches Kompetenzzentrum
  Gibt es etwas, was du in deiner Tätigkeit          für Holztechnologie, Gebäude-IoT &
  weniger gerne machst? Wenn ja, was wäre            Nachhaltigkeit
  das?                                               Die Lignum Ost engagiert sich sehr für das
  Die Organisation der Generalversammlung.           Eidgenössische Kompetenzzentrum für
  Sie wurde nun zum zweiten Mal verschoben.          Holz­technologie, Gebäude-IoT & Nachhal-
  Da die Lignum Ost vor allem durch ihr Netz-        tigkeit, welches sie als Projekt für den
  werk lebt, ist eine physische Versammlung,         Wettbewerb zur Verwendung der TKB-Milli-
  bei der sich die Leute treffen können, wichtig,    onen erarbeitet hat. Das Projekt möchte
  und so habe ich gestern die dritte Einladung       u.a. Innovationen im Holzbau fördern und
  für diesen Juli verschickt und ich freue mich      mittels Holzhochhaus ein Signal senden.
  schon jetzt auf diese Live-Versammlung!
22 BTW 3/2021
Diverses

Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen,
Nachschau Binding Waldpreis 2016

2016 erhielt die Bürgergemeinde Basadin-                 Ende Juni 2021 überzeugten sich nun die Ver-
gen-Schlattingen den Binding Waldpreis für               antwortlichen der Sophie und Karl Binding
ihre vorbildliche Waldbewirtschaftung. Nach              Stiftung von der Umsetzung und zogen Bilanz
fünf Jahren wurde nun Bilanz gezogen.                    über die Projekte, die in den vergangenen fünf
                                                         Jahren realisiert wurden. Willi Itel, Präsident
Beim Binding Waldpreis 2016 handelte es                  der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen,
sich um die 30. und letzte Verleihung dieses             begrüsste Ulrich Vischer (Stiftungsratspräsi-
mit 200 000 Franken höchstdotierten Umwelt-              dent), Monika Wirth (Geschäftsführerin) und
preises der Schweiz. Das Thema des Preises               Jan Schudel (Projektleiter Umwelt und Sozia-
war «Weniger ist mehr – Suffizienz als Schlüs-           les) zur Nachschau. Georg Schoop, ehemaliger
sel zum Erfolg». Suffizienz lässt sich am bes-           Präsident des Kuratoriums für den Binding
ten mit «Genügsamkeit» übersetzen. Suffizi-              Waldpreis, rief die Gründe für die Preisvergabe
enz in der Waldbewirtschaftung bedeutet vor              in Erinnerung und lobte alle Beteiligten für
allem eine ressourcenschonende, massvolle                die vorbildliche Umsetzung der Projekte. Die
Holznutzung, die das Optimum anpeilt, nicht              beiden Revierförster Walter Ackermann und
das Maximum.                                             Simon Pachera zeigten auf einem Rundgang
   Mit dem zweckgebundenen Preisgeld wur-                Ergebnisse aus den verschiedenen Projekten.
den fünf Projekte realisiert:                               Stiftungsratspräsident Ulrich Vischer dank-
–– Durchführung von zahlreichen Waldführun-              te allen Beteiligten für ihr Engagement und
   gen für Fachleute und Laien                           das Gelingen und stellte den neuen «Binding
–– Einrichtung eines Marteloskops (ein Hektar            Preis für Biodiversität» der Stiftung vor, der
   grosses Waldstück, wo die Anzeichnung                 im Juni 2021 zum ersten Mal vergeben wurde.
   von Holzschlägen geübt werden kann)                   100 000 Franken für das beste Projekt im
–– Eichenförderung mit Saat, Pflanzung, Wild-            Siedlungsraum gingen an das Projekt «Natur
   zäunen und Einzelschützen                             findet Stadt» des Naturama Aargau, ein Ver-
–– Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen              bundprojekt von Gemeinden und Privaten im
   Jagd- und Forstwirtschaft                             Kanton Aargau.
–– Montage von Solaranlagen auf den Dächern                                                 Ulrich Ulmer
   der beiden Werkhöfe                                                  Kreisforstingenieur Forstkreis 3

Schlussvisite der Binding Stiftung im Wald der Bürgergemeinde Basadingen-Schlattingen. Walter Ackermann
zeigt die Stöcke der drei Ahnen, der berühmten grossen Fichten, die 2018 wegen Borkenkäferbefalls gefällt
werden mussten. Foto: Ulrich Ulmer

                                                                                                  BTW 3/2021 23
Diverses

  250 J a h r e W a l dko rpo rati o n G ütti n ge n –
  D ie Ei c h e i m Gütti ng er W ald

  Der Güttinger Wald ist bekannt für seine vie-
  len grossen Eichen. Die Eiche ist sowohl wirt-            Die Waldkorporation Güttingen feiert 2021
  schaftlich als auch ökologisch eine beson-                ihr 250-jähriges Bestehen. «Solange Sonne,
  ders wertvolle Baumart. Der hohe Eichenanteil             Mond und Sterne am Himmel stehn», heisst
  ist nicht natürlich, sondern eine Folge der               es in der Schenkungsurkunde, mit welcher
  über Jahrhunderte praktizierten Mittelwald-               der Konstanzer Bischof Franz Konrad im
  bewirtschaftung.                                          Jahre 1771 den Güttingern 172 ha Wald
                                                            übergab. Dies ist auch der Titel des Buches,
  Der Wald der Waldkorporation Güttingen ist                das zum Jubiläum erschienen ist. Aufgeglie-
  sehr eichenreich und beeindruckt vor allem                dert in vier Berichte werden Auszüge daraus
  durch die zahlreichen mächtigen Eichen. Der               in den «Blättern aus dem Thurgauer Wald»
  Anteil der Eichen am stehenden Holzvorrat be-             wiedergegeben.
  trägt 24%. Dies ist rund dreimal mehr als im              Buchbezug bei R. Schum, Tel. 071 695 23 85,
  Kanton Thurgau (8%) und rund zehnmal mehr,                E-Mail: fam.schum@bluewin.ch
  als von Natur aus vorhanden wären. Denn                   Preis: Fr. 25.– + Versand
  ohne den Einfluss des Menschen würden bei
  uns vor allem Buchen, Bergahorne, Bergulmen,
  Eschen und Schwarzerlen die Wälder bilden.               tinger Wald wurde bis in die 1940er-Jahre
  Die Eiche wurde wegen ihres wertvollen Holzes            im Mittelwaldbetrieb bewirtschaftet. Der hohe
  über Jahrhunderte gefördert. Dies vor allem im           Eichenanteil ist also ein Kulturrelikt.
  Mittelwald, dieser zweischichtigen Waldform                 Heute stocken auf 31% der Waldfläche der
  aus einer Hauschicht mit Stockausschlägen                Waldkorporation Güttingen eichenreiche Be-
  und mächtigen, grosskronigen Eichen. Der Güt-            stände, im Jungwald beträgt der Anteil sogar

  Charakteristisch für den Mittelwald sind die vielen grossen Eichen. Mittelwald nach dem Schlag 1924/25.
  Foto: Hans Burger, 1925

24 BTW 3/2021
Diverses

44%. Seit 1970 wurden rund 40 ha eichenrei-
che Jungbestände geschaffen. Trotz dieser
grossen Anstrengungen ist die Eiche über­
altert.
   Die Eiche liefert seit Jahrzehnten sehr wert-
volles Holz, das bei Versteigerungen gute
Preise erzielt. Die mächtigen, grosskronigen
Eichen sind aber gleichzeitig auch wertvoller
Lebensraum für viele Vögel, Insekten, Flech-
ten und Moose. So zum Beispiel auch für den
Mittelspecht, der sich in Wäldern mit vielen
alten Eichen sehr wohl fühlt.

Die Eichenstube
Einer der eindrücklichsten und wertvollsten Ei-
chenbestände im Korporationswald ist die so-
genannte Eichenstube. Auf einer Fläche von
123 Aren stehen heute 43 grosse Eichen mit
Brusthöhendurchmessern zwischen 50 und
140 cm, die Hälfte davon sogar mit mehr als
100 cm. Ihr Alter wird auf rund 200 Jahre                 Blick in die Güttinger Eichenstube. Foto: Ruedi Schum
geschätzt. Zwischen 1989 und 2014 sind die
Eichen im Schnitt immer noch um 8 cm ge-                  1990 beschlossen, diesen einzigartigen Be-
wachsen, was einer Jahrringbreite von durch-              stand zu schonen und nur abgehende Eichen
schnittlich 1,7 mm entspricht. Die Waldkommis-            zu nutzen. Seit 2015 ist die Eichenstube Teil
sion, der Vorstand der Waldkorporation, hat               des Sonderwaldreservates «Güttingerwald».

Sechsspänniges Fuhrwerk führt im Jahre 1910 eine von der Firma Spengler AG, Lengwil, gekaufte Eiche. 1914
wurde eine Güttinger Eiche an der Landesausstellung in Bern präsentiert. Foto: Waldkorporation Güttingen, Archiv

                                                                                                     BTW 3/2021 25
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